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Die Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse ist ein 1817 in Heidelberg erschienenes Werk des deutschen Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831). Es enthält seine als allumfassendes System gestaltete Philosophie und war zugleich als Vorlesungskompendium gedacht. Es ist eines der Hauptwerke des deutschen Idealismus, welches sich insbesondere mit Themen der Metaphysik und Ontologie wie dem "göttlich-Absoluten" und der "Idee" beschäftigt, aber auch mit der Totalität der Wirklichkeit und des Wissbaren. Auch die Hegelsche Dialektik wird hier dargestellt. 1827 erschien die 2., fast doppelt so dicke Auflage, 1830 die Dritte, noch einmal veränderte Auflage. Die heutigen Neudrucke (etwa in der verbreiteten Ausgabe bei Suhrkamp) basieren auf dieser 3. Auflage, vermehrt um die "Zusätze", die die "Freunde des Verewigten" aus Manuskripten und Schülermitschriften von Vorlesungen hinzufügten. Die Zusätze sind nach den heutigen philologischen Maßstäben problematisch. (aus wikipedia.de)
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Seitenzahl: 780
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Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse
Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Inhalt:
Georg Friedrich Wilhelm Hegel – Biografie und Bibliografie
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse
Vorrede zur ersten Ausgabe
Vorrede zur zweiten Ausgabe
Vorwort zur dritten Ausgabe
Einleitung
Erster Teil - Die Wissenschaft der Logik
Vorbegriff
A. Erste Stellung des Gedankens zur Objektivität
B. Zweite Stellung des Gedankens zur Objektivität
C. Dritte Stellung des Gedankens zur Objektivität. Das unmittelbare Wissen
Näherer Begriff und Einteilung der Logik
Erste Abteilung der Logik - Die Lehre vom Sein
A. Qualität
B. Quantität
C. Das Maß
Zweite Abteilung der Logik - Die Lehre vom Wesen
A. Das Wesen als Grund der Existenz
B. Die Erscheinung
C. Die Wirklichkeit
Dritte Abteilung der Logik - Die Lehre vom Begriff
A. Der subjektive Begriff
B. Das Objekt
C. Die Idee
Zweiter Teil - Die Naturphilosophie
Einleitung
Betrachtungweisen der Natur
Begriff der Natur
Einteilung
Erste Abteilung der Naturphilosophie - Die Mechanik
A. Raum und Zeit
B. Materie und Bewegung. Endliche Mechanik
C. Absolute Mechanik
Zweite Abteilung der Naturphilosophie - Die Physik
A. Physik der allgemeinen Individualität
B. Physik der besonderen Individualität
C. Physik der totalen Individualität
Dritte Abteilung der Naturphilosophie - Organische Physik
A. Die geologische Natur
B. Die vegetabilische Natur
C. Der tierische Organismus
Dritter Teil - Die Philosophie des Geistes
Einleitung
Begriff des Geistes
Einteilung
Erste Abteilung der Philosophie des Geistes - Der subjektive Geist
A. Anthropologie. Die Seele
B. Die Phänomenologie des Geistes. Das Bewußtsein
C. Psychologie. Der Geist
a. Der theoretische Geist
Zweite Abteilung der Philosophie des Geistes - Der objektive Geist
A. Das Recht
B. Die Moralität
C. Die Sittlichkeit
b. Die bürgerliche Gesellschaft
Dritte Abteilung der Philosophie des Geistes - Der absolute Geist
A. Die Kunst
B. Die geoffenbarte Religion
C. Die Philosophie
Aristoteles Metaphysik XII 7
Fußnoten
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften, G. W. Hegel
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
Loschberg 9
86450 Altenmünster
ISBN: 9783849616915
www.jazzybee-verlag.de
Frontcover: © Vladislav Gansovsky - Fotolia.com
Geb. 27. August 1770 in Stuttgart, studierte in Tübingen Theologie und Philosophie, war erst Hauslehrer in Bern, dann in Frankfurt. a. M., habilitierte sich 1801 in Jena, wo er Mitherausgeber des »Kritischen Journal der Philosophie« wurde find eine außerordentliche Professur erhielt, die er 1805 aufgab. 1805-1808 war er Redakteur der »Bamberger Zeitung«, 1808-1816 Direktor des Ägidiengymnasiums in Nürnberg, 1816-1818 Prof. in Heidelberg, von da an Prof. in Berlin, wo er eine außerordentliche Zahl von Hörern hatte und als »preußischer Staatsphilosoph« galt. Er starb (an der Cholera) am 14. November 1831 in Berlin.
H. ist der bedeutendste Philosoph des 19. Jahrhunderts. Schwerfällig und in seiner Ausdrucksweise oft dunkel, beweist er doch eine gewaltige logisch-spekulative Kraft, mit der er den Erfahrungsinhalt zur Einheit eines Systems des absoluten Idealismus zu verarbeiten sucht. Von Heraklit, Plato, Aristoteles, dem Neuplatonismus, Spinoza, Leibniz, Herder. Kant, Fichte und Schelling beeinflusst, ist er der Begründer einer neuen Weltanschauung und Methodik geworden, des Panlogismus, der aus einer logischen (»dialektischen«) Denkbewegung den Erkenntnisinhalt ableitet und begreiflich macht und zugleich in der Welt selbst die Entfaltung eines objektiven Denkens oder Gedankengehaltes (»Begriffs«) erblickt. Alles Seiende ist Manifestation (objektive Erscheinung) einer absoluten Wirklichkeit, welche Idee, Vernunft, Denken ist und sich in der Natur wie im Bewusstsein entfaltet. Aus seiner abstraktesten, allgemeinsten Form entwickelt sich (logisch, nicht zeitlich) das Absolute (das Weltsubjekt) bis zur Stufe des selbstbewussten, sein Wesen erfassenden absoluten Geistes. Im philosophischen Erkennen wiederholt sich der Weltprozeß und so wird durch die Spekulation der Vernunft (das absolute Wissen) der Subjektivismus und Relativismus des mir auf endliche, »unwahre« Seinsbestimmungen gerichteten abstrakten Standpunktes der Reflexion, des Verstandes (vgl. Jacobi, Schelling) überwunden und auch der Kritizismus Kants nur als Durchgangsphase anerkannt. Das Vertrauen zur konstruktiv-deduktiven Macht des spekulativen Denkens erscheint bei H. in seiner höchsten Potenz, wenn H. auch den nicht zu überwindenden irrationalen Rest in der Natur anerkennt.
Die Philosophie ist formal »denkende Betrachtung der Gegenstände«, material »Wissenschaft des Absoluten«, als die sich denkende Idee, die wissende Wahrheit. Das Seiende zu begreifen ist die Aufgabe der Philosophie. Sie ist »zeitloses Begreifen, auch der Zeit und aller Dinge überhaupt, nach ihrer ewigen Bestimmung«, sie will erkennen, »was unveränderlich, ewig, an und für sich ist«, sie will den Gedanken, den Begriff mit der Wirklichkeit versöhnen. Sie zerfällt in Logik, Natur- und Geistesphilosophie, indem sie zuerst die Idee, das Logische an sich (als reines Denken, als Idealität, als System der Kategorien), dann die entäußerte, objektivierte Idee, d.h. die Natur, endlich die Idee in ihrem Beisichsein, ihrem An und für sich als Geist betrachtet. Die Identität von Denken und Sein, Natur und Geist, darf nicht wie bei Schelling »aus der Pistole geschossen« sein, sondern muss deduziert werden. Das Vernünftige muss als wirklich, das Wirkliche als vernünftig dargetan werden, wobei nicht alles Zufällige oder Vorübergehende als »wirklich« (im vollsten Sinne) zu gelten hat, so dass es natürlich in der Erfahrung auch Unvernünftiges gibt, das zu überwinden ist.
Die Methode der H.schen Philosophie ist die dialektische als Gegenstück zur objektiven Dialektik des Weltprozesses, der im philosophischen Denken zum Bewusstsein seiner selbst gelangt; denn das Sein selbst ist Denken, Denkentwicklung. Der »Widerspruch« (Gegensatz) ist die Triebkraft dieser Denkbewegung, die im Dreischritt von Thesis, Antithesis, Synthesis (vgl. Fichte, ferner Kants Antinomien, Heraklit) erfolgt und zur »Aufhebung« des Gegensatzes in einem höheren Begriff führt, der wieder seinen Gegensatz hat usw. Alles existiert zunächst »an sich«, in der Unmittelbarkeit der Potenz zu einem besonderen Sein (wie z. B, der Keim zu einer Pflanze), dann »für sich«, als Einzelnes, schließlich »an und für sich« als Konkret-Allgemeines, als Einheit in der Mannigfaltigkeit seiner Bestimmungen, als objektiver »Begriff«, der zugleich den Gehalt, das Wesen des Dinges bildet. Indem das philosophische Denken die Selbstentfaltung der Idee zum Gegenstände hat, macht es den Geheilt des Seins selbst zum Objekt; das System des Denkens erzeugt so aus sich das System der Erfahrung, der Panlogismus wird zu einem »Panempirismus« (Külpe). Das dialektische Denken ist ein »Totalitätsdenken« (M. Adler), in der die Tatsachen selbst zum Ausdruck kommen sollen. Die Idee ist das Denken »als die sich entwickelnde Totalität seiner eigentümlichen Bestimmungen und Gesetze, die es sich selbst gibt«. Die Dialektik entsteht dadurch, dass das Denken »sich in Widersprüche verwickelt, d. i. sich in die feste Nichtidentität der Gedanken verliert, somit sich selbst nicht erreicht, vielmehr in seinem Gegenteil befangen bleibt«.- Als Verstand muss das Denken in das »Negative seiner selbst, in den Widerspruch geraten«. Die Kategorien des Verstandes sind als solche beschränkte Bedingungen, Formen des Bedingten, abstrakt, unwahr. Das dialektische Moment ist nun »das eigene Sichaufheben solcher endlicher Bestimmungen und ihr Übergehen in ihre entgegengesetzte«. »Alles Endliche ist dies, sich selbst aufzuheben.« Durch Negation der Negation wird der Widerspruch beseitigt; so ist z.B. das Nichts die Negation des Seins, mit dem zusammen es im »Werden« aufgehoben wird. Diese Dialektik ist ein »Waltenlassen der Sache selbst oder der allgemeinen Vernunft in uns, die mit dem Wesen der Dinge identisch ist«. Das Denken selbst löst seine eigenen Widerspräche auf. Dem analog ist das Absolute die eine Idee, die als urteilend sich zum System der bestimmten Ideen besondert, die wieder in die eine Idee zurückgehen. Die Idee ist selbst die Dialektik, eine ewige Schöpfung, ewige Lebendigkeit, ewiger Geist, ewiges Anschauen ihrer selbst im andern.
Die Wissenschaft der »reinen Idee«, der Idee als solcher ist die Logik, die zugleich Erkenntnistheorie und Ontologie (Metaphysik) ist, da das Sein selbst Begriff ist. Sie enthält den »Gedanken, insofern er ebenso sehr die Sache an sich selbst ist«. Sie ist die Wissenschaft der Idee im abstrakten Elemente des Denkens, die Wissenschaft vom Logos, von der Vernunft als solcher, von der Wahrheit an sich, die »Darstellung Gottes, wie er in seinem ewigen Wesen, vor der Erschaffung der Natur und eines endlichen Geistes ist«, die »Wissenschaft der Dinge in Gedanken gefasst«. Sie zerfällt in die Lehre vom Sein (vom Gedanken in seiner Unmittelbarkeit), die Lehre vom Wesen (vom Gedanken in seiner Reflexion) und die Lehre vom Begriff und der Idee (vom Gedanken in seinem Beisichsein). Oder (in der »Enzyklopädie«) in die »objektive« und die »subjektive« Logik. Diese »spekulative« Logik, 'welche Form und Inhalt des Denkens nicht isoliert, stellt die innerliche und apriorische Notwendigkeit der Gedanken und damit auch der Sachen dar. Es wird von H. betont, der Inhalt der Philosophie sei kein anderer als »der im Gebiete des lebendigen Geistes ursprünglich hervorgebrachte und sich hervorbringende, zur Welt, äußeren und inneren Welt des Bewusstseins gemachte Gehalt«, die Wirklichkeit im Unterschiede von der Erscheinung, d.h. dein, was »vorübergehend und bedeutungslos« ist. Die Übereinstimmung mit der Wirklichkeit und Erfahrung ist notwendig trotz alles Apriorismus und Rationalismus. Die spekulative Logik anerkennt den Inhalt der Erfahrung und die Gesetze der Wissenschaft, aber sie bildet sie mit weiteren Kategorien weiter und um. Das Aufnehmen des von den Wissenschaften verarbeiteten Inhalts durch die Philosophie ist zugleich ein »Entwickeln des Denkens aus sich selbst«, wodurch die Philosophie diesem Inhalte die Gestalt des Apriorischen und die Bewährung der Notwendigkeit gibt. Die Wissenschaft des Absoluten, der Idee ist System, »weil das Wahre als konkret nur als sich in sich entfaltend und in Einheit zusammennehmend und haltend, d. i. als Totalität ist«. Die Idee ist »das Denken nicht als formales, sondern als die sich entwickelnde Totalität seiner eigentümlichen Bestimmungen und Gesetze, die es sich selbst gibt, nicht schon hat und in sich vorfindet«. Das Denken als Tätigkeit ist das »tätige Allgemeine«, dessen Tat eben das Allgemeine ist; es ist von der Vorstellung scharf zu unterscheiden. Das Allgemeine als Produkt der Denktätigkeit ist die Sache, das Wesentliche, das Wahre. Nach der Subjektivität ist das Denken das Erzeugnis des Geistes als denkendes Subjekt, ein Akt der Freiheit. Insofern die Gedanken Ausdruck der Sachen sind, sind sie »objektive Gedanken«. »Dass Verstand, Vernunft in der Welt ist, sagt dasselbe, was der Ausdruck: objektiver Gedanke enthält.« Der objektive Gedanke bezeichnet die Wahrheit, welche »absolut an und für sich ist«. Der Empirismus ist insoweit berechtigt, als das, was wahr ist, »in der Wirklichkeit sein und für die Wahrnehmung da sein muss«. Der Kritizismus betont mit Recht, dass es die Kategorien sind, wodurch die bloße Wahrnehmung zur Objektivität, zur Erfahrung erhoben wird. Aber wie sie der Verstand festhält, sind die Kategorien »beschränkte Bestimmungen, Formen des Bedingten, Abhängigen, Vermittelten«. Die Einseitigkeit und Beschränktheit der Verstandesbestimmungen wird nun durch die Dialektik überwunden und die Kategorien werden jetzt zu Momenten der Denkentwicklung und damit zu Formen des Weltinhalts selbst.
Vom reinen Sein geht das Denken aus, weil jenes sowohl reiner Gedanke als das unbestimmte einfache Unmittelbare ist. Das Sein schlägt als die reine Abstraktion, als das absolut Negative (Inhaltslose) in das Nichts um. Dieses ist dasselbe wie das Sein und die Wahrheit beider; deren Einheit ist das Werden, die »Unruhe in sich«. Das Sein ist das Übergehen in nichts und das Nichts das Übergehen ins Sein, das Werden das Resultat von Sein und Nichts. Alles Sein ist Werden, Prozess. Aus dem Sein geht das Dasein hervor, das bestimmte Sein, welches seine Qualität hat, deren Sein als solches Ansichsein ist. Etwas wird ein Anderes, dieses ist selbst wieder ein. Etwas, das ein Anderes wird, und so fort; dies ergibt die (»schlechte«, »negative«) Unendlichkeit als bloße Negation des Endlichen, als Progress ins Unendliche. Indem das Etwas in seinem Übergehen in Anderes nur mit sich selbst zusammengeht, entsteht die wahre Unendlichkeit und das Dasein wird Fürsichsein. Die Wahrheit des Endlichen ist seine Idealität, denn das Wahre und Wirkliche an ihm ist das Unendliche (Absolute). Das aufgehobene Fürsichsein ist die Quantität als reine Quantität, Quantum, Grad. Das qualitative Quantum ist das Maß. Das Sein, welches aus seiner Unmittelbarkeit zu sich zurückgekehrt, mit sich selbst vermittelt ist, ist das Wesen, das »Sein als Scheinen in sich selbst«. Als Beziehung auf sich ist es Identität mit sich, als Abstehen seiner von sich selbst ist es Unterschied; die Einheit beider ist der Grund. Aus ihm geht die Existenz hervor. Das Existierende ist das Ding mit Eigenschaften; es zerfällt in Materie und Form. Als sich selbst aufhebend ist die Existenz Erscheinung.
Das Wesen muss erscheinen, das entwickelte Scheinen ist die Erscheinung. Das Wesen ist nicht hinter oder jenseits der Erscheinung. Die Form ist das »Gesetz der Erscheinung«, sie schlägt in Inhalt um und dieser in Form. So ergibt sich das Verhältnis. Das unmittelbare Verhältnis ist das des Ganzen zu den Teilen. Das mit sich identische Ganze ist die Kraft, deren Äußerung sie selbst zum Ausdruck bringt; das Äußere ist derselbe Inhalt wie das Innere. Die Identität beider ist die Wirklichkeit, die »unmittelbar gewordene Einheit, des Wesens und der Existenz«. Hierher gehört das Substantialitätsverhältnis. Die Substanz ist die »Totalität der Akzidenzen, in denen sie sich als deren absolute Negativität, d. i. als absolute Macht und zugleich als den Reichtum alles Inhalts offenbart«. Die Substantialität ist die »absolute Formtätigkeit«. Die Substanz ist Ursache als die ursprüngliche Sache und als die Wirkung setzend. Dieses Gesetztsein ist die Reflexion der Ursache in sich selbst, daher ist die Ursache an und für sich »causa sui«. Die Reihe der Ursachen und Wirkungen geht ins Unendliche. Dieser Prozess ist in der Wechselwirkung aufgehoben, zu einem in sich geschlossenen Verhältnis umgebogen. Die Wahrheit der Substanz ist der Begriff als die Wahrheit des Seins und des Wesens; das Sein ist nur ein Moment des Begriffs. – Der Übergang von der Notwendigkeit zur Freiheit ist damit gegeben und damit die »subjektive« Logik. Der Begriff ist »das Freie als die für sich seiende substantielle Macht und ist Totalität«. Das Fortgehen des Begriffes ist nicht mehr Übergehen, noch Scheinen in Anderes, sondern (logische) »Entwicklung«. Der Begriff tritt auf als subjektiver oder formeller Begriff, als »Objektivität«, als »Idee« (Subjekt – Objekt). Der Begriff ist das »schlechthin Konkrete«; Allgemeinheit, Besonderheit, Einzelheit sind in ihm vereinigt. Das Bestimmen des Begriffes ist das Urteil, d.h. der »Begriff in seiner Besonderheit, als unterscheidende Beziehung seiner Momente«. Alle Dinge sind ein Urteil, d.h. sie sind einzelne, welche eine Allgemeinheit oder innere Natur in sich sind, oder ein Allgemeines, das vereinzelt ist. Die Einheit des Begriffe und des Urteils ist der Schluss. Er ist das Vernünftige: Alles ist ein Schluss, alles wird mit sich selbst zusammengeschlossen. Diese Realisierung des Begriffs, in welcher das Allgemeine diese eine in sich zurückgegangene Totalität ist, ist das Objekt. Dieses tritt auf als Mechanismus, Chemismus, Teleologie. Der Zweck ist der »in freie Existenz getretene, für-sich-seiende Begriff vermittelst der Negation der unmittelbaren Objektivität«. Die Zweckmäßigkeit ist eine innere. Der erreichte Zweck wird Mittel für andere Zwecke. Im Zweck vermittelt sich der Begriff mit sich selbst, – Es wird so die an sich seiende Einheit des Subjektiven und Objektiven als für sich seiend gesetzt: die Idee. Diese ist die »absolute Einheit des Begriffs und der Objektivität«. Das Absolute ist die Idee. Alles Wirkliche, sofern es ein Wahres ist, ist die Idee und hat seine Wahrheit nur durch diese. »Das einzelne Sein ist irgend eine Seite der Idee.« Das Absolute ist als Idee nicht bloß die allgemeine Substanz, sondern als entwickelte wahrhafte Wirklichkeit Subjekt, Geist. Die Idee ist die Vernunft, das Subjekt-Objekt, die Einheit des Ideellen und Reellen, des Endlichen und Unendlichen, der Seele und des Leibes, sie ist ewige Schöpfung, welche dies alles in sich unterscheidet, sie ist wesentlich »Prozess«. Die unmittelbare Idee ist das Leben. Der Begriff ist als Seele in einem Leibe realisiert. Der Tod der nur unmittelbaren einzelnen Lebendigkeit ist das Hervorgehen des Geistes. Die Idee tritt ferner als das Erkennen auf, als theoretisches Erkennen und als Wollen, als Trieb, sich zu realisieren. Die absolute Idee ist die Einheit der subjektiven und der objektiven Idee, der Begriff der Idee, dem die Idee als solche der Gegenstand ist, die sich selbst denkende Idee. Als Form ist sie die Methode ihres Inhalts. Die Wissenschaft ist die reine Idee, für welche die Idee ist. – Die anschauende Idee ist Natur. »Als Anschauen aber ist die Idee in einseitiger Bestimmung der Unmittelbarkeit oder Negation durch äußerliche Reflexion gesetzt,«
So kommen wir zur Naturphilosophie, zur denkenden, begreifenden Betrachtung der Natur. Die Philosophie muss mit der Naturerfahrung übereinstimmen, ohne in Bezug auf die Notwendigkeit ihres Inhalts sich auf die Erfahrung zu berufen. Sie betrachtet diesen Inhalt »in seiner eigenen immanenten Notwendigkeit nach der Selbstbestimmung des Begriffs«. Die Naturphilosophie betrachtet, »wie die Natur an ihr selbst dieser Prozess ist, zum Geiste zu werden, ihr Anderssein aufzuheben«. Sie ist die »Wissenschaft der Idee in ihrem Anderssein«. Die Natur ist das »Aus-sich-heraustreten der Idee«, daher zeigt sie in ihrem Dasein keine Freiheit, sondern Notwendigkeit und Zufälligkeit. An sich, in der Idee, ist sie göttlich, aber wie sie ist, entspricht ihr Sein ihrem Begriffe nicht, sie ist der »unaufgelöste Widerspruch«, eine Art Abfall der Idee von sich selbst. »Die Natur ist der sich entfremdete Geist, der darin nur ausgelassen ist.« »Von der Idee entfremdet ist die Natur nur der Leichnam des Verstandes.« Die Natur ist ein »System von Stufen«, »deren eine aus der andern notwendig hervorgeht...., aber nicht so, dass die eine aus der andern natürlich erzeugt würde, sondern in der inneren, den Grund der Natur ausmachenden Idee«. Also kein eigentlicher Evolutionismus in der Natur, denn die »Metamorphose« kommt nur dem Begriffe (und Geiste) zu, dessen Veränderung allein »Entwicklung« ist. Es besteht eine »Ohnmacht der Natur, den Begriff in seiner Ausführung festzuhalten«. Die Natur ist an sich ein »lebendiges Ganzes«. Ihre Bewegung ist die, dass die Idee sich als das setze, was sie an sich ist (Potentialität-Aktualität) oder »dass sie aus ihrer Unmittelbarkeit und Äußerlichkeit, welche der Tod ist, in sich gehe, um zunächst als Lebendiges zu sein, aber ferner auch diese Bestimmtheit, in welcher sie mir Leben ist, aufhebe und sich zur Existenz des Geistes hervorbringe, der die Wahrheit und der Endzweck der Natur und die wahre Wirklichkeit der Idee ist«. Die Naturphilosophie ist Mechanik, Physik und Organik.
Zur Mechanik gehört die Betrachtung von Raum und Zeit. Der Raum ist die ganz abstrakte Allgemeinheit des Außersichseins der Natur, das »ganz ideelle Nebeneinander«. Die Zeit ist die »negative Einheit des Außersichseins«, ein Ideelles wie der Raum, das »angeschaute Werden«. Raum und Zeit sind Anschauungsformen. Nur das Natürliche ist der Zeit unterworfen, der Begriff (Geist) hingegen ist überzeitlich, ist die »Macht der Zeit«, der Geist ist ewig. Die Zeit ist ein Produkt des Weltprozesses selbst, nicht dessen Faktor. Die Zeit selbst ist das Werden, das »seiende Abstrahieren«. Sie ist der »aufgehobene Raum«. Das Vergehen und Sichwiedererzeugen des Raums in Zeit und der Zeit in Raum ist die Bewegung. Die unmittelbar identisch daseiende Einheit von Raum und Zeit ist die Materie. Die Substanz der Materie ist die Schwere. Die Einzelheiten der Mechanik und Physik übergehen wir hier. Der unendliche, sich selbst anfachende und unterhaltende Prozess ist der Organismus, als geologischer, vegetabilischer und animalischer Organismus. In letzterem erhält sich die selbstische Einheit. Das Lebendige ist nur, indem es sich zu dem macht, was es ist; es ist »vorausgehender Zweck, der selbst nur das Resultat ist«. Die auf bewusstlose Weise wirkende Zwecktätigkeit ist der Instinkt. Die Natur bildet die Organismen an die Umwelt an, schmiegt sie dieser an. Die Unangemessenheit des Lebewesens zur Allgemeinheit ist der angeborene Keim des Todes. Durch diesen wird die Unangemessenheit aufgehoben, das letzte Außersichsein der Natur fällt weg, der in ihr nur an sich seiende Begriff ist für sich geworden. Aus dem »Tode des Natürlichen« geht so der Geist hervor als die Wahrheit, das Ziel der Natur, das »Bei-sich-selbst-sein« der Idee, die »unendliche Subjektivität« derselben.
Die Philosophie des Geistes ist die Wissenschaft der Idee, die aus ihrem Anderssein in sich zurückkehrt. – Schon in der »Phänomenologie« wird die Entwicklung des Geistes von seiner niedrigsten bis zu seiner höchsten Bewußtseinsstufe und die Notwendigkeit seines Fortgangs bis zum absoluten Standpunkt dargestellt. Diese Phänomenologie bildet auch einen Teil der Geistesphilosophie (in der »Enzyklopädie«). Die Geistes- und Geschichtsphilosophie ist die Hauptleistung Hegels. – Der Geist, der an sich das Prius der Natur ist, macht sich selbst zu dem, was er ist. Seine Tätigkeit ist »Hinausgehen über die Unmittelbarkeit, das Negieren derselben und Rückkehr in sich«. Das Wesen des Geistes ist die Freiheit, seine Bestimmtheit die Manifestation. Der Geist ist 1. subjektiver Geist (in der Form der Beziehung auf sich selbst), 2. objektiver Geist (»in der Form der Realität als einer von ihm hervorzubringenden und hervorgebrachten Welt.., in welcher die Freiheit als vorhandene Notwendigkeit ist«), 3. absoluter Geist (»in an und für sich seiender und ewig sich hervorbringender Einheit der Objektivität des Geistes und seiner Identität oder seines Begriffs.., der Geist in seiner absoluten Wahrheit«). Die verschiedenen Stufen der Geistestätigkeit sind Stufen seiner Befreiung, seines zu sich selbst Kommens.
Der subjektive Geist ist a) an sich oder unmittelbar als Seele oder Naturgeist (Anthropologie), b), für sich und vermittelt als Bewusstsein (Phänomenologie), c) der in sich bestimmende Geist als Subjekt für sich (Psychologie). Die Seele ist die »allgemeine Immaterialität der Natur, deren einfaches ideelles Leben« (der »passive Geist« des Aristoteles). Der Geist ist die »existierende Wahrheit der Materie«. In der natürlichen Seele lebt der Geist das allgemeine planetarische Leben mit. Die Empfindung ist »die Form des dumpfen Webens des Geistes in seiner bewusst- und verstandlosen Individualität, in der alle Bestimmtheit noch unmittelbar ist«. Das Gedächtnis ist der »Mechanismus der Intelligenz«, die Gewohnheit der »Mechanismus des Selbstgefühls« (Mechanisierung). Seele und Leib sind an sich identisch. Die Seele ist in ihrer Leiblichkeit als einzelnes Subjekt für sich und die Leiblichkeit ist die Äußerlichkeit, das Zeichen der Seele. Das Fürsichsein der freien Allgemeinheit ist das Erwachen der Seele zum Ich und zum Bewusstsein. »Ich« ist die unendliche Beziehung des Geistes auf sich, aber als subjektive, als Gewissheit seiner selbst. Der Geist ist als das Ich Wesen, als Bewusstsein aber nur das Erscheinen des Geistes (daher die »Phänomenologie« des Geistes). Die Stufen des Bewusstseins sind: Bewusstsein überhaupt, Selbstbewusstsein, Vernunft (Einheit beider). Das sinnliche Bewusstsein ist das reichste an Inhalt, das ärmste an Gedanken; dann folgen das Wahrnehmen und der Verstand. In Wirklichkeit ist alles Bewusstsein eines anderen Gegenstandes zugleich Selbstbewusstsein. Dieses tritt auf als Begierde, anerkennendes Selbstbewusstsein, allgemeines Selbstbewusstsein. Die Vernunft ist die Identität der Subjektivität und Objektivität, des allgemeinen Objekts und des »reinen Ich« (der »reinen Form«). Die »wissende Wahrheit« ist der Geist (im engeren Sinne), dessen Fortschreiten Entwicklung ist; Ziel des Geistes ist, die objektive Erfüllung und damit die Freiheit seines Wissens hervorzubringen. Der Begriff selbst ist der Endzweck, Der Geist ist theoretischer, praktischer und freier Geist. Der theoretische Geist ist die Intelligenz, das Wissen, Erkennen. Kein Wille ohne Intelligenz, keine Intelligenz ohne Willen. Das Erkennen tritt auf als Anschauung, Vorstellung (»erinnerte Anschauung«), Denken. Der praktische Geist, die Intelligenz sich wissend als das Bestimmende des Inhalts, ist Wille, als welcher der Geist in Wirklichkeit tritt. Die wahre Freiheit des (denkenden) Willens ist, dass er einen allgemeinen Inhalt zu seinen Zwecken hat. Der Wille tritt auf als praktisches Gefühl. Trieb und Willkür und wird endlich zum freien Geist (freien Willen), zum Geist, »der sich als frei weiß und sich als diesen seinen Gegenstand will, d. i. sein Wesen zur Bestimmung und zum Zwecke hat«. Es ist dies der »vernünftige Wille«. Die Idee erscheint hier im endlichen Willen, der die Tätigkeit ist, sie zu entwickeln und ihren sich entfaltenden Inhalt zu verwirklichen – als objektiver Geist.
Im objektiven Geiste erhält die Freiheit, zur Wirklichkeit einer Welt gestaltet, die Form der Notwendigkeit und Macht. Recht, Moralität, Sittlichkeit sind die Formen des objektiven Geistes. Das Recht ist das »Dasein der Freiheit im Äußerlichen«; es hat nur in der Gesellschaft seine Wirklichkeit, ist die Verwirklichung der Freiheit in der Gesellschaft. Das Verbrechen ist die Negation des Rechts, die Strafe die Negation dieser Negation (Vergeltung) das »Recht des Verbrechers«. Die Moralität ist die subjektive Sittlichkeit, die Sphäre der Gesinnung, des Charakters usw. Das Gute ist der Inhalt des allgemeinen Willens; es ist der absolute Endzweck der Welt, die Pflicht, des Subjekts. Das Gewissen ist der Wille des Guten. Die Sittlichkeit ist das objektivierte Gute, der objektivierte freie, vernünftige Wille. Die Gesetze der Sittlichkeit sind das Vernünftige selbst. Die Sittlichkeit ist »die Idee der Freiheit, als das lebendige Gute«. Die frei sich wissende Substanz, in welcher das absolute Sollen ebenso sehr Sein ist, hat als Geist eines Volkes Wirklichkeit, der sich in Personen vereinzelt. Die Sittlichkeit ist »der göttliche Geist als inwohnend dem Selbstbewusstsein in dessen wirklicher Gegenwart als eines Volkes und der Individuen derselben«. In sozialen und staatlichen Gebilden ist also nach H.s ethischem »Universalismus« die Sittlichkeit verkörpert; der Einzelne ist dem Ganzen untergeordnet. Die »sittliche Substanz« tritt auf als Familie, als bürgerliche Gesellschaft und als Staatsverfassung (d.h. als »der zu einer organischen Wirklichkeit entwickelte Geist«). Der Staat ist die »selbstbewusste sittliche Substanz«, »der vernünftige, göttliche Wille, der sich so organisiert hat«. Er ist eine Persönlichkeit, ein Individuum. Die Gesetze sprechen die »Inhalts-Bestimmungen der objektiven Freiheit« aus. Die Verfassung ist die »existierende Gerechtigkeit«; sie ist ein Produkt des Volksgeistes und dessen Geschichte, nichts Künstliches. – Der Volksgeist geht in die allgemeine Weltgeschichte über, deren Begebenheiten die »Dialektik der besonderen Volksgeister, das Weltgericht« darstellt. Die Geschichte ist »der Weg zur Befreiung der geistigen Substanz, die Tat, wodurch der absolute Endzweck der Welt sich in ihr vollführt, der nur erst an sich seiende Geist sich zum Bewusstsein und Selbstbewusstsein und damit zur Offenbarung und Wirklichkeit seines an und für sich seienden Wesens bringt und sich auch zum äußerlich allgemeinen, zum Weltgeist, wird«. Die einzelnen Momente und Stufen der historischen Entwicklung sind die Völkergeister, deren jeder seine ganz besondere Leistung hat, so dass Vernunft in der Geschichte herrscht. Der Zweck jedes Volkes liegt in seiner Staatlichkeit. Das Selbstbewusstsein eines besonderen Volkes ist Träger der jedesmaligen Entwicklungsstufe des allgemeinen Geistes. Die Weltgeschichte ist der »vernünftige, notwendige Gang des Weltgeistes«. Sie ist der »Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit«. Es ist die »List der Vernunft«, die Interessen und Leidenschaften der Individuen für ihre Zwecke arbeiten, den Willen des Weltgeistes erfüllen zu lassen, den besonders die »Heroen« realisieren. Die erste Stufe der Geschichte ist das »Versenktsein des Geistes in die Natürlichkeit«, die zweite das »Heraustreten desselben in das Bewusstsein seiner Freiheit«, die dritte das »Selbstbewusstsein und Selbstgefühl des Wesens der Geistigkeit«. Bei den Orientalen ist einer, bei den Griechen mehrere frei, bei den Germanen (im Christentum) ist der Mensch als Mensch, die ganze Menschheit frei.
Der absolute Geist ist der sich als solchen wissende Geist, der Geist in seiner absoluten Wahrheit, als an und für sich seiende und sich ewig hervorbringende Einheit der Objektivität des Geistes und seiner Idealität oder seines Begriffs. In der Kunst, Religion und Philosophie stellt er sich auf verschiedene Weise (in der Anschauung, in der Vorstellung, im Denken) dar.
Die Ästhetik ist »Philosophie der Kunst«. Die Kunst ist die sinnliche Vorstellung des Absoluten und tritt als klassische, symbolische, romantische Kunst auf. Nur als den Geist bedeutende, charakteristische, sinnvolle Naturform ist die Wirklichkeit durch die Kunst nachzuahmen. Die Ästhetik H.s ist eine spekulativ-idealistische Gehalts-Ästhetik. Das Schöne ist das »sinnliche Scheinen der Idee«. Die Gestalt ist hier Zeichen, unmittelbarer Ausdruck der Idee, des Geistigen. In der klassischen Kunst liegt die Vollendung der Schönheit, in der symbolischen die Erhabenheit; hier ist die der Idee angemessene Gestaltung noch nicht gefunden. Die romantische Kunst stellt das Göttliche als Innigkeit in der Äußerlichkeit dar.
In der Religion ist der Inhalt der Idee als absoluter Geist für den Geist. Die Religion ist das »Wissen des endlichen Geistes von seinem Wesen als absoluter Geist«, das »Selbstbewusstsein Gottes« im Menschen, die vorstellungsmäßige (nicht rein begriffliche) Erfassung des absoluten Geistes, der sich im Bewusstsein des Menschen offenbart. »Gott ist nur Gott, insofern er sich selber weiß; sein Sichwissen ist ferner sein Selbstbewusstsein im Menschen.« Der Mensch weiß nur von Gott, sofern Gott im Menschen von sich weiß. Die Stufen der Religion sind: die Naturreligion, die Religion der geistigen Individualität, die absolute Religion. Gott ist (analog der christlichen Dreieinigkeit) a) als in seiner Manifestation bei sich selbst bleibender, ewiger Inhalt, Gedanke (Gott als Vater), b) als Unterscheidung des ewigen Wesens von seiner Manifestation in Natur und endlichem Geist (Sohn); c) als unendliche Rückkehr und Versöhnung der entäußerten Welt mit dem ewigen Wesen. Schöpfung, Sündenfall, Erlösung sind ewige Prozesse, welche auf dem Standpunkte der Vorstellung zu einmaligen Vorgängen werden (Spekulative Dogmendeutung), Gott ist nicht eins mit der Welt, sondern die Geisteseinheit, die die Welt ewig von sich unterscheidet. (Idealistischer Pantheismus im Gegensatze zum naturalistischen »Pantheismus«.) Das »ontologische« Argument für das Sein des Absoluten steht in Kraft.
Die Einheit der Kunst und Religion ist die Philosophie, deren Definition wir oben anführten. Sie ist »die sich denkende Idee«, die »wissende Wahrheit«, die »sich wissende Vernunft«, die noêsis noêseôs des Aristoteles. In der Philosophie wird das Absolute durch reines, unsinnliches Denken erfasst; das philosophische Denken ist geradezu eine Reproduktion der Dialektik des Weltprozesses, in dem sich Gott offenbart, das Absolute zu sich kommt. Die Geschichte der Philosophie wiederholt die Phasen des philosophischen Denkens. Die Aufeinanderfolge der Systeme der Philosophie ist dieselbe wie die Aufeinanderfolge in der logischen Ableitung der Begriffsbestimmungen der Idee. Die letzte Philosophie ist das Resultat aller früheren, die als aufgehobene Momente in ihr erhalten bleiben: daher ist sie, wenn sie wahrhafte Philosophie ist, die entfaltetste, reichste und konkreteste. Die Geschichte der Philosophie ist die Geschichte des Sichselbstfindens des Gedankens.
Nachdem die Hegelsche Philosophie lange Zeit eine gewaltige Herrschaft ausgeübt hatte, geriet sie infolge der Reaktion der naturwissenschaftlichen, positivistischen, realistischen, materialistischen Tendenzen schon bald nach H.s Tode in Verfall und wurde sogar vielfach sehr verachtet, wozu auch Schopenhauers Angriffe beigetragen haben. Seit einiger Zeit aber hat sie (in modifizierter Form) in England und Amerika eine Erneuerung gefunden und gegenwärtig ist sie auch wieder in Deutschland im Emporkommen, ganz abgesehen von dem Einflusse, den sie auf viele Philosophen schon geübt hat. – Das Organ der Hegelschen Schule waren die »Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik.« (1827-47). Nach H.s Tode trat eine Spaltung der Hegelschen Schule in eine »Rechte« (orthodox-theistische), gemäßigte und »Linke« (Junghegelianer), pantheistische oder geradezu naturalistische ein, deren Organ die »Hallischen Jahrbücher« (1838-43) waren. Zur »Rechten« bzw. zur »Mitte« gehören Gabler, Göschel, Hinrichs, Vatke, Daub, Marheineke, Conradi, K. Rosenkranz, J. E. Erdmann, G. Biedermann, A. E. Biedermann, K. Fischer, Schaller u. a., zur »Linken« Richter, Ruge, Bruno Bauer, D. Fr. Strauß, Feuerbach u. a. Von Hegel beeinflußt sind C. H. Weisse, Chalybaeus u. a., auch E. v. Hartmann, Wundt, Cohen, Kohler, Stirling, Höijer, Green, Bradley, Mc Taggart, Vera, Ceretti, Spaventa, Fiorentino, Croce, Monrad, Bolland, Cieszkowski, Bjelinskij, Strachow, Gogozkij, Tschitscherin und viele andere deutsche und ausländische Philosophen (vgl. Ueberweg-Heinze, Grundriß der Geschichte der Philosophie IV10, 1906).
SCHRIFTEN: Das Leben Jesu (1795; erschien erst 1906). – System der Sittlichkeit (erschien erst 1893). – Differenz des Fichteschen und Schellingschen Systems der Philosophie, 1801 (Schellings Identitätslehre wird dem »subjektiven« Idealismus als »absoluter« Idealismus gegenübergestellt). – Phänomenologie des Geistes, 1807; hrsg. von G. Lasson 1907 (Philos. Bibl.) u. Bolland 1907. – Wissenschaft der Logik, 1812-16. – Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse, 1817; 2. A. 1827; 3. A. 1830; 1905 (Philos. Bibl.), 1906. – Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821; 1902. – Vermischte Schriften, 1834 f. – Die Vorlesungen über die Naturphilosophie, über die Philosophie der Geschichte (auch in der Univ.-Bibl.), über die Ästhetik, über die Philosophie der Religion (auch 1901 und, hrsg. von Drews, 1905), über die Geschichte der Philosophie, die philosophische Propädeutik, die Briefe u. a. finden sich in der Gesamtausgabe von H.s Werken (19 Bde.), 1832 ff. – Vgl. K. ROSENKRANZ, G. W. F. Hegels Leben, 1844; H. 1870. – R. HAYM, Hegel und seine Zeit, 1857. – DILTHEY, Die Jugendgeschichte H.s, 1905. – H. NOHL, H.s theologische Jugendschriften nach den Handschriften der kgl. Bibliothek zu. Berlin, 1907. – K. KÖSTLIN, H., 1870. – E. CAIRD, H., 1883. – P. BARTH, Die Geschichtsphilosophie H.s u. der Hegelianer, 1890. – K. FISCHER, Gesch. d. Philosophie VIII. – VERA, Introduct. à la philos. de H., 1855. – STIRLING, The Secret of H., 1898. – CROCE, Lebendiges u. Totes in H.s Philosophie, 1909. – WINDELBAND, D. Erneuer. d. Hegelianism., 1910.
Das Bedürfnis, meinen Zuhörern einen Leitfaden zu meinen philosophischen Vorlesungen in die Hände zu geben, ist die nächste Veranlassung, daß ich diese Übersicht des gesamten Umfanges der Philosophie früher ans Licht treten lasse, als mein Gedanke gewesen wäre.
Die Natur eines Grundrisses schließt nicht nur eine erschöpfendere Ausführung der Ideen ihrem Inhalte nach aus, sondern beengt insbesondere auch die Ausführung ihrer systematischen Ableitung, welche das enthalten muß, was man sonst unter dem Beweise verstand und was einer wissenschaftlichen Philosophie unerläßlich ist. Der Titel sollte teils den Umfang eines Ganzen, teils die Absicht anzeigen, das Einzelne dem mündlichen Vortrage vorzubehalten.
Bei einem Grundrisse kommt aber dann mehr bloß eine äußerliche Zweckmäßigkeit der Anordnung und Einrichtung in Betrachtung, wenn es ein schon vorausgesetzter und bekannter Inhalt ist, der in einer absichtlichen Kürze vorgetragen werden soll. Indem gegenwärtige Darstellung nicht in diesem Falle ist, sondern eine neue Bearbeitung der Philosophie nach einer Methode aufstellt, welche noch, wie ich hoffe, als die einzig wahrhafte, mit dem Inhalt identische anerkannt werden wird, so hätte ich es derselben dem Publikum gegenüber für vorteilhafter halten können, wenn mir die Umstände erlaubt hätten, eine ausführlichere Arbeit über die anderen Teile der Philosophie vorangehen zu lassen, dergleichen ich über den ersten Teil des Ganzen, die Logik, dem Publikum übergeben habe. Ich glaube übrigens, obgleich in gegenwärtiger Darstellung die Seite, wonach der Inhalt der Vorstellung und der empirischen Bekanntschaft näherliegt, beschränkt werden mußte, in Ansehung der Übergänge, welche nur eine durch den Begriff zu geschehende Vermittlung sein können, so viel bemerklich gemacht zu haben, daß sich das Methodische des Fortgangs hinreichend sowohl von der nur äußerlichen Ordnung, welche die anderen Wissenschaften aufsuchen, als auch von einer in philosophischen Gegenständen gewöhnlich gewordenen Manier unterscheidet, welche ein Schema voraussetzt und damit die Materien ebenso äußerlich und noch willkürlicher, als die erste Weise tut, parallelisiert und, durch den sonderbarsten Mißverstand, der Notwendigkeit des Begriffs mit Zufälligkeit und Willkür der Verknüpfungen Genüge geleistet haben will.
Dieselbe Willkür sahen wir auch sich des Inhalts der Philosophie bemächtigten, auf Abenteuer des Gedankens ausziehen und dem echtgesinnten und redlichen Streben eine Zeitlang imponieren, sonst aber auch für eine selbst bis zur Verrücktheit gesteigerte Aberwitzigkeit gehalten werden. Statt des Imposanten oder Verrückten ließ der Gehalt eigentlicher und häufiger wohlbekannte Trivialitäten, sowie die Form die bloße Manier eines absichtlichen, methodischen und leicht zu habenden Witzes barocker Verknüpfungen und einer erzwungenen Verschrobenheit, sowie überhaupt hinter der Miene des Ernstes Betrug gegen sich und gegen das Publikum erkennen. Auf der andern Seite sahen wir dagegen die Seichtigkeit den Mangel an Gedanken zu einem sich selbst klugen Skeptizismus und vernunftbescheidenen Kritizismus stempeln und mit der Leerheit an Ideen in gleichem Grade ihren Dünkel und Eitelkeit steigern. - Diese beiden Richtungen des Geistes haben eine geraume Zeit den deutschen Ernst geäfft, dessen tieferes philosophisches Bedürfnis ermüdet und eine Gleichgültigkeit, ja sogar eine solche Verachtung gegen die Wissenschaft der Philosophie zur Folge gehabt, daß nun auch eine sich so nennende Bescheidenheit über das Tiefste der Philosophie mit- und absprechen und demselben die vernünftige Erkenntnis, deren Form man ehemals unter den Beweisen begriff, abzuleugnen sich herausnehmen zu dürfen meint.
Die erste der berührten Erscheinungen kann zum Teil als die jugendliche Lust der neuen Epoche angesehen werden, welche im Reiche der Wissenschaft wie in dem politischen aufgegangen ist. Wenn diese Lust die Morgenröte des verjüngten Geistes mit Taumel begrüßte und ohne tiefere Arbeit gleich an den Genuß der Idee ging und in den Hoffnungen und Aussichten, welche diese darbot, eine Zeitlang schwelgte, so versöhnt sie leichter mit ihren Ausschweifungen, weil ihr ein Kern zugrunde liegt und der oberflächliche Dunst, den sie um denselben ausgegossen, sich von selbst verziehen muß. Die andere Erscheinung aber ist widriger, weil sie die Ermattung und Kraftlosigkeit zu erkennen gibt und sie mit einem die philosophischen Geister aller Jahrhunderte meisternden, sie und am meisten sich selbst mißkennenden Dünkel zu bedecken strebt.
Um so erfreulicher ist aber wahrzunehmen und noch zu erwähnen, wie sich gegen beides das philosophische Interesse und die ernstliche Liebe der höheren Erkenntnis unbefangen und ohne Eitelkeit erhalten hat. Wenn dies Interesse sich mitunter mehr auf die Form eines unmittelbaren Wissens und des Gefühls warf, so beurkundet es dagegen den inneren, weitergehenden Trieb vernünftiger Einsicht, welche allein dem Menschen seine Würde gibt, dadurch am höchsten, daß ihm selbst jener Standpunkt nur als Resultat philosophischen Wissens wird, somit dasjenige von ihm als Bedingung wenigstens anerkannt ist, was es zu verschmähen scheint. - Diesem Interesse am Erkennen der Wahrheit widme ich diesen Versuch, eine Einleitung oder Beitrag zu seiner Zufriedenheit zu liefern; ein solcher Zweck möge ihm eine günstige Aufnahme verschaffen.
Heidelberg, im Mai 1817
Der geneigte Leser wird in dieser neuen Ausgabe mehrere Teile umgearbeitet und in nähere Bestimmungen entwickelt finden; dabei bin ich bemüht gewesen, das Formelle des Vertrags zu mildern und zu mindern, auch durch weitläuftigere exoterische Anmerkungen abstrakte Begriffe dem gewöhnlichen Verständnisse und den konkreteren Vorstellungen von denselben näherzurücken. Die gedrängte Kürze, welche ein Grundriß nötig macht, in ohnehin abstrusen Materien, läßt aber dieser zweiten Auflage dieselbe Bestimmung, welche die erste hatte, zu einem Vorlesebuch zu dienen, das durch mündlichen Vortrag seine nötige Erläuterung zu erhalten hat. Der Titel einer Enzyklopädie sollte zwar anfänglich einer minderen Strenge der wissenschaftlichen Methode und einem äußerlichen Zusammenstellen Raum lassen; allein die Natur der Sache bringt es mit sich, daß der logische Zusammenhang die Grundlage bleiben mußte.
Es wären nur zu viele Veranlassungen und Anreizungen vorhanden, die es erforderlich zu machen schienen, mich über die äußere Stellung meines Philosophierens zu geistigen und geistlosen Betrieben der Zeitbildung zu erklären, was nur auf eine exoterische Weise, wie in einer Vorrede, geschehen kann; denn diese Betriebe, ob sie sich gleich ein Verhältnis zu der Philosophie geben, lassen sich nicht wissenschaftlich, somit überhaupt nicht in dieselbe ein, sondern führen von außen her und draußen ihr Gerede. Es ist mißliebig und selbst mißlich, sich auf solchen der Wissenschaft fremden Boden zu begeben, denn solches Erklären und Erörtern fördert dasjenige Verständnis nicht, um welches es allein zur wahrhaften Erkenntnis zu tun sein kann. Aber einige Erscheinungen zu besprechen mag nützlich oder vonnöten sein.
Worauf ich überhaupt in meinen philosophischen Bemühungen hingearbeitet habe und hinarbeite, ist die wissenschaftliche Erkenntnis der Wahrheit. Sie ist der schwerste Weg, aber der allein Interesse und Wert für den Geist haben kann, wenn dieser einmal auf den Weg des Gedankens sich begeben, auf demselben nicht in das Eitle verfallen ist, sondern den Willen und den Mut der Wahrheit sich bewahrt hat; er findet bald, daß die Methode allein den Gedanken zu bändigen und ihn zur Sache zu führen und darin zu erhalten vermag. Ein solches Fortführen erweist sich, selbst nichts anderes als die Wiederherstellung desjenigen absoluten Gehalts zu sein, über welchen der Gedanke zunächst hinausstrebte und sich hinaussetzte, aber eine Wiederherstellung in dem eigentümlichsten, freisten Elemente des Geistes.
Es ist ein unbefangener, dem Anschein nach glücklicher Zustand noch nicht gar lange vorüber, wo die Philosophie Hand in Hand mit den Wissenschaften und mit der Bildung ging, eine mäßige Verstandesaufklärung sich mit dem Bedürfnisse der Einsicht und mit der Religion zugleich zufriedenstellte, ebenso ein Naturrecht sich mit Staat und Politik vertrug und empirische Physik den Namen natürlicher Philosophie führte. Der Friede war aber oberflächlich genug, und insbesondere jene Einsicht stand mit der Religion wie dieses Naturrecht mit dem Staat in der Tat in innerem Widerspruch. Es ist dann die Scheidung erfolgt, der Widerspruch hat sich entwickelt; aber in der Philosophie hat der Geist die Versöhnung seiner mit sich selbst gefeiert, so daß diese Wissenschaft nur mit jenem Widerspruche selbst und mit dessen Übertünchung im Widerspruche ist. Es gehört zu den üblen Vorurteilen, als ob sie sich im Gegensatz befände gegen eine sinnige Erfahrungskenntnis, die vernünftige Wirklichkeit des Rechts und eine unbefangene Religion und Frömmigkeit; diese Gestalten werden von der Philosophie anerkannt, ja selbst gerechtfertigt; der denkende Sinn vertieft sich vielmehr in deren Gehalt, lernt und bekräftigt sich an ihnen wie an den großen Anschauungen der Natur, der Geschichte und der Kunst; denn dieser gediegene Inhalt ist, sofern er gedacht wird, die spekulative Idee selbst. Die Kollision gegen die Philosophie tritt nur insofern ein, als dieser Boden aus seinem eigentümlichen Charakter tritt und sein Inhalt in Kategorien gefaßt und von solchen abhängig gemacht werden soll, ohne dieselben bis zum Begriff zu führen und zur Idee zu vollenden.
Das wichtige negative Resultat, in welchem sich der Verstand der allgemeinen wissenschaftlichen Bildung befindet, daß auf dem Wege des endlichen Begriffs keine Vermittlung mit der Wahrheit möglich sei, pflegt nämlich die entgegengesetzte Folge von der zu haben, welche unmittelbar darin liegt. Jene Überzeugung hat nämlich das Interesse an der Untersuchung der Kategorien und die Aufmerksamkeit und Vorsicht in der Anwendung derselben vielmehr aufgehoben, statt die Entfernung der endlichen Verhältnisse aus dem Erkennen zu bewirken; der Gebrauch derselben ist, wie in einem Zustande der Verzweiflung, nur um so unverhohlener, bewußtloser und unkritischer geworden. Aus dem Mißverstande, daß die Unzureichendheit der endlichen Kategorien zur Wahrheit die Unmöglichkeit objektiver Erkenntnis mit sich bringe, wird die Berechtigung, aus dem Gefühle und der subjektiven Meinung zu sprechen und abzusprechen, gefolgert, und an die Stelle des Beweisens treten Versicherungen und die Erzählungen von dem, was sich in dem Bewußtsein für Tatsachen vorfinden, welches für um so reiner gehalten wird, je unkritischer es ist. Auf eine so dürre Kategorie, wie die Unmittelbarkeit ist, und ohne sie weiter zu untersuchen, sollen die höchsten Bedürfnisse des Geistes gestellt und durch sie entschieden sein. Man kann, besonders wo religiöse Gegenstände abgehandelt werden, finden, daß dabei ausdrücklich das Philosophieren beiseite gelegt wird, als ob hiermit alles Übel verbannt und die Sicherung gegen Irrtum und Täuschung erlangt wäre, und dann wird die Untersuchung der Wahrheit aus irgendwoher gemachten Voraussetzungen und durch Räsonnement veranstaltet, d. i. im Gebrauch der gewöhnlichen Denkbestimmungen von Wesen und Erscheinung, Grund und Folge, Ursache und Wirkung und so fort, und in dem üblichen Schließen nach diesen und den anderen Verhältnissen der Endlichkeit vorgenommen. »Den Bösen sind sie los, das Böse ist geblieben «, und das Böse ist neunmal schlimmer als vorher, weil sich ihm ohne allen Verdacht und Kritik anvertraut wird; und als ob jenes Übel, das entfernt gehalten wird, die Philosophie, etwas anderes wäre als die Untersuchung der Wahrheit, aber mit Bewußtsein über die Natur und den Wert der allen Inhalt verbindenden und bestimmenden Denkverhältnisse.
Das schlimmste Schicksal hat dabei die Philosophie selbst unter jenen Händen zu erfahren, wenn sie sich mit ihr zu tun machen und sie teils auffassen, teils beurteilen. Es ist das Faktum der physischen oder geistigen, insbesondere auch der religiösen Lebendigkeit, was durch jene es zu fassen unfähige Reflexion verunstaltet wird. Dieses Auffassen hat jedoch für sich den Sinn, erst das Faktum zu einem Gewußten zu erheben, und die Schwierigkeit liegt in diesem Übergange von der Sache zur Erkenntnis, welcher durch Nachdenken bewirkt wird. Diese Schwierigkeit ist bei der Wissenschaft selbst nicht mehr vorhanden. Denn das Faktum der Philosophie ist die schon zubereitete Erkenntnis, und das Auffassen wäre hiermit nur ein Nachdenken in dem Sinne eines nachfolgenden Denkens; erst das Beurteilen erforderte ein Nachdenken in der gewöhnlichen Bedeutung. Allein jener unkritische Verstand beweist sich ebenso ungetreu im nackten Auffassen der bestimmt ausgesprochenen Idee, er hat so wenig Arges oder Zweifel an den festen Voraussetzungen, die er enthält, daß er sogar unfähig ist, das bare Faktum der philosophischen Idee nachzusprechen. Dieser Verstand vereinigt wunderbarerweise das Gedoppelte in sich, daß ihm an der Idee die völlige Abweichung und selbst der ausdrückliche Widerspruch gegen seinen Gebrauch der Kategorien auffällt und daß ihm zugleich kein Verdacht kommt, daß eine andere Denkweise vorhanden sei und ausgeübt werde als die seinige und er hiermit anders als sonst denkend sich hier verhalten müsse. Auf solche Weise geschieht es, daß sogleich die Idee der spekulativen Philosophie in ihrer abstrakten Definition festgehalten wird, in der Meinung, daß eine Definition für sich klar und ausgemacht erscheinen müsse und nur an vorausgesetzten Vorstellungen ihren Regulator und Prüfstein habe, wenigstens in der Unwissenheit, daß der Sinn wie der notwendige Beweis der Definition allein in ihrer Entwicklung und darin liegt, daß sie aus dieser als Resultat hervorgeht. Indem nun näher die Idee überhaupt die konkrete, geistige Einheit ist, der Verstand aber darin besteht, die Begriffsbestimmungen nur in ihrer Abstraktion und damit in ihrer Einseitigkeit und Endlichkeit aufzufassen, so wird jene Einheit zur abstrakten geistlosen Identität gemacht, in welcher hiermit der Unterschied nicht vorhanden, sondern alles eins, unter anderem auch das Gute und Böse einerlei sei. Für spekulative Philosophie ist daher der Name Identitätssystem, Identitätsphilosophie bereits zu einem rezipierten Namen geworden. Wenn jemand sein Glaubensbekenntnis ablegte: »Ich glaube an Gott den Vater, den Schöpfer Himmels und der Erde«, so würde man sich wundern, wenn ein anderer schon aus diesem ersten Teile herausbrächte, daß der Bekenner an Gott den Schöpfer des Himmels glaube, also die Erde für nicht geschaffen, die Materie für ewig halte. Das Faktum ist richtig, daß jener in seinem Bekenntnis ausgesprochen hat, er glaube an Gott den Schöpfer des Himmels, und doch ist das Faktum, wie es vom anderen aufgefaßt worden, vollkommen falsch; so sehr, daß dies Beispiel für unglaublich und für trivial angesehen werden muß. Und doch ist der Fall mit dem Auffassen der philosophischen Idee diese gewaltsame Halbierung, so daß, um es nicht mißverstehen zu können, wie die Identität, welche der Versicherung nach das Prinzip der spekulativen Philosophie sei, beschaffen sei, die ausdrückliche Belehrung und respektive Widerlegung folgt, etwa daß das Subjekt vom Objekt verschieden sei, angleichen das Endliche vom Unendlichen usf., als ob die konkrete geistige Einheit in sich bestimmungslos wäre und nicht selbst den Unterschied in sich enthielte, als ob irgendein Mensch es nicht wüßte, daß das Subjekt von dem Objekte, das Unendliche von dem Endlichen verschieden sei, oder die Philosophie, in ihre Schulweisheit sich vertiefend, daran zu erinnern wäre, daß es außer der Schule die Weisheit gebe, welcher jene Verschiedenheit etwas Bekanntes sei.
Indem die Philosophie in Beziehung auf die ihr nicht bekannt sein sollende Verschiedenheit bestimmter so verunglimpft wird, daß in ihr damit auch der Unterschied des Guten und Bösen wegfalle, so pflegt gern die Billigkeit und Großmut geübt zu werden, daß zugestanden wird, ›daß die Philosophen in ihren Darstellungen die verderblichen Folgerungen, die mit ihrem Satze verbunden seien, nicht immer ( - also doch vielleicht auch deswegen nicht, weil diese Folgerungen nicht ihnen angehören -) entwickeln‹1. Die Philosophie muß diese Barmherzigkeit, die man ihr angedeihen lassen will, verschmähen, denn sie bedarf derselben ebensowenig zur moralischen Rechtfertigung, als es ihr an der Einsicht in die wirklichen Konsequenzen ihrer Prinzipien gebrechen kann und sowenig sie es an den ausdrücklichen Folgerungen ermangeln läßt. Ich will jene angebliche Folgerung, nach welcher die Verschiedenheit von Gut und Böse zu einem bloßen Scheine gemacht werden soll, kurz beleuchten, mehr um ein Beispiel der Hohlheit solchen Auffassens der Philosophie zu geben, als diese zu rechtfertigen. Wir wollen zu diesem Behuf selbst nur den Spinozismus vornehmen, die Philosophie, in welcher Gott nur als Substanz und nicht als Subjekt und Geist bestimmt wird. Dieser Unterschied betrifft die Bestimmung der Einheit; hierauf kommt es allein an, doch wissen von dieser Bestimmung, obgleich sie Faktum ist, diejenigen nichts, welche die Philosophie Identitätssystem zu nennen pflegen und gar den Ausdruck gebrauchen mögen, daß nach derselben alles eins und dasselbe, auch Gut und Böse gleich sei, -welches alles die schlechtesten Weisen der Einheit sind, von welchen in spekulativer Philosophie die Rede nicht sein, sondern nur ein noch barbarisches Denken bei Ideen Gebrauch machen kann. Was nun die Angabe betrifft, daß in jener Philosophie an sich oder eigentlich die Verschiedenheit von Gut und Böse nicht gelte, so ist zu fragen, was denn dies »eigentlich« heiße? Heißt es die Natur Gottes, so wird doch nicht verlangt werden, daß in dieselbe das Böse verlegt werde; jene substantielle Einheit ist das Gute selbst; das Böse ist nur Entzweiung; in jener Einheit ist hiermit nichts weniger als eine Einerleiheit des Guten und des Bösen, das letztere vielmehr ausgeschlossen. Damit ist in Gott als solchem ebensowenig der Unterschied von Gut und Böse; denn dieser Unterschied ist nur im Entzweiten, einem solchen, in welchem das Böse selbst ist. Weiter kommt nun im Spinozismus auch der Unterschied vor: der Mensch verschieden von Gott. Das System mag nach dieser Seite theoretisch nicht befriedigen; denn der Mensch und das Endliche überhaupt, mag es nachher auch zum Modus herabgesetzt werden, findet sich in der Betrachtung nur neben der Substanz ein. Hier nun, im Menschen, wo der Unterschied existiert, ist es, daß derselbe auch wesentlich als der Unterschied des Guten und Bösen existiert, und hier nur ist es, wo er eigentlich ist, denn hier ist nur die eigentümliche Bestimmung desselben. Hat man beim Spinozismus nur die Substanz vor Augen, so ist in ihr freilich kein Unterschied des Guten und Bösen, aber darum, weil das Böse, wie das Endliche und die Welt überhaupt (s. § 50 Anm. S. 132), auf diesem Standpunkte gar nicht ist. Hat man aber den Standpunkt vor Augen, auf welchem in diesem Systeme auch der Mensch und das Verhältnis des Menschen zur Substanz vorkommt und wo nur das Böse im Unterschied desselben vom Guten seine Stelle haben kann, so muß man die Teile der Ethik nachgesehen haben, welche von demselben, von den Affekten, der menschlichen Knechtschaft und der menschlichen Freiheit handeln, um von den moralischen Folgerungen des Systems erzählen zu können. Ohne Zweifel wird man sich von der hohen Reinheit dieser Moral, deren Prinzip die lautere Liebe Gottes ist, ebensosehr als davon überzeugen, daß diese Reinheit der Moral Konsequenz des Systems ist. Lessing sagte zu seiner Zeit: die Leute gehen mit Spinoza wie mit einem toten Hunde um; man kann nicht sagen, daß in neuerer Zeit mit dem Spinozismus und dann überhaupt mit spekulativer Philosophie besser umgegangen werde, wenn man sieht, daß diejenigen, welche davon referieren und urteilen, sich nicht einmal bemühen, die Fakta richtig zu fassen und sie richtig anzugeben und zu erzählen. Es wäre dies das Minimum von Gerechtigkeit, und ein solches doch könnte sie auf allen Fall fordern.
Die Geschichte der Philosophie ist die Geschichte der Entdeckung der Gedanken über das Absolute, das ihr Gegenstand ist. So hat z.B. Sokrates, kann man sagen, die Bestimmung des Zwecks entdeckt, welche von Platon und insbesondere von Aristoteles ausgebildet und bestimmt erkannt worden ist. Bruckers Geschichte der Philosophie ist so unkritisch, nicht nur nach dem Äußerlichen des Geschichtlichen, sondern nach der Angabe der Gedanken, daß man von den älteren griechischen Philosophen zwanzig, dreißig und mehr Sätze als deren Philosopheme aufgeführt findet, von denen ihnen kein einziger angehört. Es sind Folgerungen, welche Brucker nach der schlechten Metaphysik seiner Zeit macht und jenen Philosophen als ihre Behauptungen andichtet. Folgerungen sind von zweierlei Art, teils nur Ausführungen eines Prinzips in weiteres Detail herunter, teils aber ein Rückgang zu tieferen Prinzipien; das Geschichtliche besteht eben darin, anzugeben, welchen Individuen eine solche weitere Vertiefung des Gedankens und die Enthüllung derselben angehöre. Aber jenes Verfahren ist nicht bloß darum ungehörig, weil jene Philosophen die Konsequenzen, die in ihren Prinzipien liegen sollen, nicht selbst gezogen und also nur nicht ausdrücklich ausgesprochen haben, sondern vielmehr weil ihnen bei solchem Schließen ein Geltenlassen und ein Gebrauch von Gedankenverhältnissen der Endlichkeit geradezu angemutet wird, die dem Sinne der Philosophen, welche spekulativen Geistes waren, geradezu zuwider sind und die philosophische Idee vielmehr nur verunreinigen und verfälschen. Wenn bei alten Philosophien, von denen uns nur wenige Sätze berichtet sind, solche Verfälschung die Entschuldigung des vermeintlichen richtigen Schließens hat, so fällt sie bei einer Philosophie hinweg, welche ihre Idee selbst teils in die bestimmten Gedanken gefaßt, teils den Wert der Kategorien ausdrücklich untersucht und bestimmt hat, wenn dessenungeachtet die Idee verstümmelt aufgefaßt, aus der Darstellung nur ein Moment herausgenommen und (wie die Identität) für die Totalität ausgegeben wird, und wenn die Kategorien ganz unbefangen nach der nächsten besten Weise, wie sie das alltägliche Bewußtsein durchziehen, in ihrer Einseitigkeit und Unwahrheit hereingebracht werden. Die gebildete Erkenntnis der Gedankenverhältnisse ist die erste Bedingung, ein philosophisches Faktum richtig aufzufassen. Aber die Roheit des Gedankens wird ausdrücklich durch das Prinzip des unmittelbaren Wissens nicht nur berechtigt, sondern zum Gesetz gemacht; die Erkenntnis der Gedanken und damit die Bildung des subjektiven Denkens ist sowenig ein unmittelbares Wissen als irgendeine Wissenschaft oder Kunst und Geschicklichkeit.
Die Religion ist die Art und Weise des Bewußtseins, wie die Wahrheit für alle Menschen, für die Menschen aller Bildung ist; die wissenschaftliche Erkenntnis der Wahrheit aber ist eine besondere Art ihres Bewußtseins, deren Arbeit sich nicht alle, vielmehr nur wenige unterziehen. Der Gehalt ist derselbe, aber wie Homer von einigen Dingen sagt, daß sie zwei Namen haben, den einen in der Sprache der Götter, den anderen in der Sprache der übertägigen Menschen, so gibt es für jenen Gehalt zwei Sprachen, die eine des Gefühls, der Vorstellung und des verständigen, in endlichen Kategorien und einseitigen Abstraktionen nistenden Denkens, die andere des konkreten Begriffs. Wenn man von der Religion aus auch die Philosophie besprechen und beurteilen will, so ist mehr erforderlich, als nur die Gewohnheit der Sprache des übertägigen Bewußtseins zu haben. Das Fundament der wissenschaftlichen Erkenntnis ist der innere Gehalt, die inwohnende Idee und deren im Geiste rege Lebendigkeit, wie nicht weniger die Religion ein durchgearbeitetes Gemüt, ein zur Besinnung erwachter Geist, ausgebildeter Gehalt ist. In der neuesten Zeit hat die Religion immer mehr die gebildete Ausdehnung ihres Inhalts zusammengezogen und sich in das Intensive der Frömmigkeit oder des Gefühls, und zwar oft eines solchen, das einen sehr dürftigen und kahlen Gehalt manifestiert, zurückgezogen. Solange sie ein Credo, eine Lehre, eine Dogmatik hat, so hat sie das, mit dem die Philosophie sich beschäftigen und in dem diese als solche sich mit der Religion vereinigen kann. Dies ist jedoch wieder nicht nach dem trennenden, schlechten Verstande zu nehmen, in dem die moderne Religiosität befangen ist und nach welchem sie beide so vorstellt, daß die eine die andere ausschließe oder sie überhaupt so trennbar seien, daß sie sich dann nur von außen her verbinden. Vielmehr liegt auch in dem Bisherigen, daß die Religion wohl ohne Philosophie, aber die Philosophie nicht ohne Religion sein kann, sondern diese vielmehr in sich schließt. Die wahrhafte Religion, die Religion des Geistes, muß ein solches Credo, einen Inhalt haben; der Geist ist wesentlich Bewußtsein, somit von dem gegenständlich gemachten Inhalt; als Gefühl ist er der ungegenständliche Inhalt selbst (qualiert nur, um einen J. Böhmeschen Ausdruck zu gebrauchen) und nur die niedrigste Stufe des Bewußtseins, ja in der mit dem Tiere gemeinschaftlichen Form der Seele. Das Denken macht die Seele, womit auch das Tier begabt ist, erst zum Geiste, und die Philosophie ist nur ein Bewußtsein über jenen Inhalt, den Geist und seine Wahrheit, auch in der Gestalt und Weise jener seiner, ihn vom Tier unterscheidenden und der Religion fähig machenden Wesenheit. Die kontrakte, auf das Herz sich punktualisierende Religiosität muß dessen Zerknirschung und Zermürbung zum wesentlichen Momente seiner Wiedergeburt machen; sie müßte aber sich zugleich erinnern, daß sie es mit dem Herzen eines Geistes zu tun hat, der Geist zur Macht des Herzens bestellt ist und diese Macht nur sein kann, insofern er selbst wiedergeboren ist. Diese Wiedergeburt des Geistes aus der natürlichen Unwissenheit sowohl als dem natürlichen Irrtum geschieht durch Unterricht und den durch das Zeugnis des Geistes erfolgenden Glauben der objektiven Wahrheit, des Inhaltes. Diese Wiedergeburt des Geistes ist unter anderem auch unmittelbar Wiedergeburt des Herzens aus der Eitelkeit des einseitigen Verstandes, auf den es pocht, dergleichen zu wissen, wie daß das Endliche von dem Unendlichen verschieden sei, die Philosophie entweder Vielgötterei oder in scharfdenkenden Geistern Pantheismus sein müsse, usf., - die Wiedergeburt aus solchen jämmerlichen Einsichten, auf welchen die fromme Demut gegen Philosophie wie gegen theologische Erkenntnis hoch herfährt. Verharrt die Religiosität bei ihrer expansions- und damit geistlosen Intensität, so weiß sie freilich nur von dem Gegensatze dieser ihrer bornierten und bornierenden Form gegen die geistige Expansion religiöser Lehre als solcher, wie philosophischer.2 Nicht nur aber beschränkt der denkende Geist sich nicht auf die Befriedigung in der reineren, unbefangenen Religiosität, sondern jener Standpunkt ist an ihm selbst ein aus Reflexion und Räsonnement hervorgegangenes Resultat; es ist mit Hilfe oberflächlichen Verstandes, daß er sich diese vornehme Befreiung von so gut als aller Lehre verschafft hat, und indem er das Denken, von dem er angesteckt ist, zum Eifern gegen Philosophie gebraucht, ist es, daß er sich auf der dünnen inhaltslosen Spitze eines abstrakten Gefühlszustandes gewaltsam erhält. - Ich kann mich nicht enthalten, die Paränesis des Herrn Franz von Baader über eine solche Gestaltung der Frömmigkeit auszugsweise anzuführen, aus den Fermenta Cognitionis, 5. Heft , Vorr. S. IX f.
»Solange«, sagt er, »der Religion, ihren Doktrinen, nicht wieder von Seite der Wissenschaft eine auf freies Forschen und sohin auf wahrhafte Überzeugung gegründete Achtung verschafft worden sein wird,... so lange werdet ihr, Fromme und Nichtfromme, mit all euren Geboten und Verboten, mit all eurem Gerede und Tun... dem Übel nicht abhelfen, und so lange wird auch diese nicht geachtete Religion nicht geliebt werden, weil man doch nur herzhaft und aufrichtig lieben kann, was man aufrichtig geachtet sieht und als achtbar unbezweifelt erkennt, so wie der Religion auch nur mit einem solchen amor generosus gedient sein kann... - Mit anderen Worten: wollt ihr, daß die Praxis der Religion wieder gedeihe, so sorgt doch dafür, daß wir wieder zu einer vernünftigen Theorie derselben gelangen, und räumt nicht euren Gegnern (den Atheisten) vollends das Feld mit jener unvernünftigen und blasphemischen Behauptung: daß an eine solche Religionstheorie, als an eine unmögliche Sache, durchaus nicht zu denken, daß die Religion bloße Herzenssache sei, bei der man des Kopfes sich füglich entäußern könne, ja müsse.«3
In Ansehung der Dürftigkeit an Inhalt kann noch bemerkt werden, daß von ihr nur als der Erscheinung an dem äußerlichen Zustande der Religion zu einer besonderen Zeit die Rede sein kann. Eine solche Zeit könnte beklagt werden, wenn es solche Not tut, nur den bloßen Glauben an Gott hervorzubringen, was dem edlen Jacobi so angelegentlich war, und weiter nur noch eine konzentrierte Christlichkeit der Empfindung zu erwecken; die höheren Prinzipien sind zugleich nicht zu verkennen, die selbst darin sich kundgeben (s. Einleitung zur Logik § 64 Anm.). Aber vor der Wissenschaft liegt der reiche Inhalt, den Jahrhunderte und Jahrtausende der erkennenden Tätigkeit vor sich gebracht haben, und vor ihr liegt er nicht als etwas Historisches, das nur andere besessen und für uns ein Vergangenes, nur eine Beschäftigung zur Kenntnis des Gedächtnisses und für den Scharfsinn des Kritisierens der Erzählungen, nicht für die Erkenntnis des Geistes und das Interesse der Wahrheit wäre. Das Erhabenste, Tiefste und Innerste ist zu Tage gefördert worden in den Religionen, Philosophien und Werken der Kunst, in reinerer und unreinerer, klarerer und trüberer, oft sehr abschreckender Gestalt. Es ist für ein besonderes Verdienst zu achten, daß Herr Franz von Baader fortfährt, solche Formen nicht nur in Erinnerung, sondern mit tief spekulativem Geiste ihren Gehalt ausdrücklich zu wissenschaftlichen Ehren zu bringen, indem er die philosophische Idee aus ihnen exponiert und erhärtet. Jakob Böhmes Tiefe gewährt insbesondere hierfür Gelegenheit und Formen. Diesem gewaltigen Geiste ist mit Recht der Name philosophus teutonicus zugelegt worden; er hat den Gehalt der Religion teils für sich zur allgemeinen Idee erweitert, in demselben die höchsten Probleme der Vernunft konzipiert und Geist und Natur in ihren bestimmteren Sphären und Gestaltungen darin zu fassen gesucht, indem er zur Grundlage nahm, daß nach dem Ebenbilde Gottes, freilich keines anderen als des dreieinigen, der Geist des Menschen und alle Dinge geschaffen und nur dies Leben sind, aus dem Verluste ihres Urbildes dazu reintegriert zu werden; teils hat er umgekehrt die Formen der natürlichen Dinge (Schwefel, Salpeter usf., das Herbe, Bittre usf.) gewaltsam zu geistigen und Gedankenformen verwendet. Die Gnosis des Herrn von Baader, welche sich an dergleichen Gestaltungen anschließt, ist eine eigentümliche Weise, das philosophische Interesse anzuzünden und zu befördern; sie stellt sich kräftig ebensosehr der Beruhigung bei der inhaltsleeren Kahlheit der Aufklärerei als der nur intensiv bleiben wollenden Frömmigkeit entgegen. Herr von Baader beweist dabei in allen seinen Schriften, daß er entfernt davon ist, diese Gnosis für die ausschließende Weise der Erkenntnis zu nehmen. Sie hat für sich ihre Unbequemlichkeiten, ihre Metaphysik treibt sich nicht zur Betrachtung der Kategorien selbst und zur methodischen Entwicklung des Inhalts fort; sie leidet an der Unangemessenheit des Begriffs zu solchen wilden oder geistreichen Formen und Gestaltungen; so wie sie überhaupt daran leidet, daß sie den absoluten Inhalt als Voraussetzung hat und aus derselben erklärt, räsoniert und widerlegt.4
An reineren und trüberen Gestaltungen der Wahrheit haben wir, kann man sagen, genug und zum Überfluß