Erfolgsstrategien für die Mitarbeiterführung in der Pflege - Nicole Ott - E-Book

Erfolgsstrategien für die Mitarbeiterführung in der Pflege E-Book

Nicole Ott

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Beschreibung

Motivation allein genügt nicht. Vergessen Sie das alte "Weiter so"!." Schalten Sie um auf "Ab jetzt geht`s anders!" In diesem Buch findet sich eine Fülle von erfolgreichen Strategien zur modernen Mitarbeiterführung in der Pflege. Allesamt clevere Tipps, direkt aus der Praxis, also erprobt und kurzfristig mit einfachsten Mitteln umsetzbar. Damit lassen sich z. B. die großen Probleme lösen: Das Dilemma des Schichtdienstes, die Organisation der pflegerischen Vorbehaltsaufgaben und der Einsatz von Assistenzkräften. Noch mehr Motivation war gestern. Heute geht es um gute Arbeitsbedingungen und die fangen bei der Selbstführung der Vorgesetzten an. Erst dann gelingt es, Teams strategisch aufzubauen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf umzusetzen und Ziele nachhaltig zu erreichen.

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Nicole Ott ist Unternehmensberaterin für Einrichtungen im Gesundheitssektor (www.qualitaetsberatung-ott.com). Als examinierte Gesundheitsund Krankenpflegerin, Qualitätsmanagerin und langjährige Leistungskraft kennt sie die Abläufe in der Pflege von Grund auf. Ihr Fachwissen gibt sie als Fachautorin und Dozentin der Erwachsenenbildung weiter. Sie ist im gesamten Bundesgebiet für Auftraggeber der privaten Wirtschaft und öffentliche Trägerschaften tätig.

» Wenn wir eine qualitativ hochwertige Pflege leisten wollen, brauchen wir eine moderne Mitarbeiterführung.«

NICOLE OTT

pflegebrief

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

ISBN 978-3-8426-0860-3 (Print)ISBN 978-3-8426-9106-3 (PDF)ISBN 978-3-8426-9107-0 (EPUB)

© 2021 Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Hans-Böckler-Allee 7, 30173Hannover,www.schluetersche.de

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden. Alle Angaben erfolgen ohne jegliche Verpflichtung oder Garantie der Autoren und des Verlages.

Autoren und Verlag haben dieses Buch sorgfältig erstellt und geprüft. Für eventuelle Fehler kann dennoch keine Gewähr übernommen werden. Weder Autoren noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus in diesem Buch vorgestellten Erfahrungen, Meinungen, Studien, Therapien, Medikamenten, Methoden und praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen. Insgesamt bieten alle vorgestellten Inhalte und Anregungen keinen Ersatz für eine medizinische Beratung, Betreuung und Behandlung.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde in diesem Buch gelegentlich die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich Personenbezeichnungen gleichermaßen auf Angehörige des männlichen und weiblichen Geschlechts sowie auf Menschen, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen. Etwaige geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass es sich um freie Warennamen handelt.

Lektorat: Claudia Flöer, Text & Konzept FlöerCovermotiv: Monkey Business – stock.adobe.comCovergestaltung und Reihenlayout: Lichten, Hamburg

Inhalt

Die sehr gute Mitarbeiterführung ist in der Pflege möglich

1Vorbild? Selber!

1.1Entwickeln Sie ein (neues) Rollenbewusstsein

1.2Weiten Sie Ihren Horizont

1.3Strukturieren Sie Ihre To-do’s und optimieren Sie Ihre Arbeitszeit

1.4Übernehmen Sie Verantwortung

1.5Treten Sie souverän und selbstsicher auf

1.6Stellen Sie sich auch unangenehmen Aufgaben

1.7Ernähren Sie sich gesund

1.8Achten Sie auf eine vorbildliche Pausenkultur

1.9Balancieren Sie Arbeits- und Privatleben klug aus

1.10Optimieren Sie Ihre Arbeitszeit und machen Sie pünktlich Feierabend

1.10.1Schaffen Sie die richtigen Rahmenbedingungen

1.10.2Perfektionieren Sie Ihre sinnvolle Eigenorganisation

1.10.3Nutzen Sie den Endspurt-Effekt

2Beruf und Familie? Durchaus vereinbar!

2.1Achten Sie auf die Pflegefachlichkeit

2.2Die Zentrale Einsatzplanung (ZEP) – ein Erfolgsmodell fürs Personaleinsatzmanagement

2.2.1Implementieren Sie die ZEP als Stabsstelle

2.2.2Geben Sie der der Stabsstelle den richtigen Rahmen

2.3Dienstplanchecklisten erleichtern Ihre Arbeit

2.4Stand-by-Dienste ergänzen Ihr Dienstplankonzept

2.5Bauen Sie einen Aushilfs-Pool auf

2.6Planen Sie den Teamtausch

2.7Legen Sie Wert auf eine gute Einarbeitung

2.7.1Das Einarbeitungskonzept und der Mentor

2.8Das lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodell

2.8.1Lebensphase Elternschaft

2.8.2Lebensphase Pflege

2.8.3Lebensphase Lebens- und Arbeitssituation des Partners

2.8.4Lebensphase soziale Netzwerke

2.8.5Lebensphase Ehrenamt

2.8.6Lebensphase Hobby

2.8.7Lebensphase Krankheit

2.8.8Lebensphase Nebentätigkeit

2.8.9Lebensphase privat initiierte Weiterbildung

2.8.10Lebensphase Verschuldung

2.8.11Lebensphase traumatisches/kritisches Ereignis

2.9So wird das Betriebsklima lebenswert

3Die pflegerischen Vorbehaltsaufgaben

3.1Vorbehaltsaufgaben haben nichts mit der Behandlungspflege zu tun

3.2Die pflegerische Anamnese gehört in Fachkrafthand

3.3Steuern Sie den Pflegeprozess selbst

3.3.1Alleinstellungsmerkmal professioneller Pflege

3.4Die Auswertung gehört in Fachkräftehand

3.5Integrieren Sie die Vorbehaltsaufgaben in den Alltag

4Pflegefachkräfte und Assistenzkräfte

4.1Sorgen Sie für eine gezielte Aufgabenverteilung unter Ihren Fachkräften

4.2Stärken Sie die Kompetenz Ihrer Pflegehilfskräfte mit einem strukturierten Prozedere

4.3Schaffen Sie eine zusätzliche Berufsgruppe

4.4Bilden Sie interne Experten aus

4.5Die PDL unter der Lupe

5Direkte Mitarbeiterführung im persönlichen Gespräch

5.1Wirken Sie einer Lästerkultur entgegen

5.2Stellen Sie sich der Gefühlsarbeit

5.3Strukturieren Sie Ihre Personalgespräche

5.3.1Nennen Sie den Anlass

5.4Gehen Sie souverän mit Beschwerden um

5.5Richtig loben – Ihr erster Erfolgsgarant in der Mitarbeiterführung

5.5.1Kommunizieren Sie offen

5.6Richtig kritisieren – Ihr zweiter Erfolgsgarant in der Mitarbeiterführung

5.6.1Ehrliches Feedback als große Herausforderung

5.7Aus Fehlern lernen – so gelingt es im Team

5.8Sind Sie Wolf oder Giraffe? – Die zielführendste Art der Kommunikation

5.8.1Wolf versus Giraffe

5.9Weg vom Kritikerpfad, rauf auf den Erfolgsweg

5.10Whistleblower?!

6Bewahren Sie Ruhe – auch in stressigen Zeiten

6.1Werden Sie revolutionär: Tiefe braucht Mut

6.1.1Ein kleiner Moment der Dankbarkeit jeden Tag

6.1.2Erkämpfen Sie sich eine Insel

6.1.3Leben Sie Ihre innere Stille

6.2Hätte, wäre, wenn…? Interessante Erkenntnisse aus der Palliativpflege

6.2.1Was am Ende wirklich zählt

6.3So verkraften Sie Rückschläge und bleiben trotzdem gelassen

6.3.1Setzen Sie auf die positiven Aspekte

6.3.2Vertreten Sie Ihre Meinung

6.3.3Misserfolge sind eigentlich auch Erfolge

6.3.4Sie müssen nicht immer perfekt sein

6.3.5»Ich bin okay – Du bist okay«

6.4Lieben Sie Ihr Leben, aber nie Ihren Job

7Mit der richtigen Strategie zum Erfolg

7.1Ohne Motivation geht nichts

7.1.1Das FISH-Philosophie

7.2Arbeit hat Sinn – vermitteln Sie ihn Ihren Mitarbeiter* innen

7.2.1Begründen Sie Ihre Erwartungen

7.2.2Vermitteln Sie Ihre Visionen

7.2.3Nehmen Sie Ihre Vorbildfunktion wahr

7.3Zufriedenheit – mit glücklichen Mitarbeiter* innen macht die Arbeit Freude

7.4Prüfen Sie die beruflichen Handlungskompetenzen Ihrer Mitarbeiter*innen

7.5Handlungskompetenzen – der Test

7.6Kaizen hilft Ihnen bei der zwischenmenschlichen Zusammenarbeit

7.7Wenn gar nichts mehr geht – die Kündigung

7.7.1Die betriebsbedingte Kündigung

7.7.2Die verhaltensbedingte Kündigung

7.7.3Die personenbedingte Kündigung

8Ziele setzen und erreichen

8.1Überwinden Sie Ihre Scheu – Sprechen vor Publikum ist gar nicht so schwierig

8.2Wählen Sie gezielt die Fortbildungen aus

8.2.1Vorüberlegungen

8.2.2Während der Fort- oder Weiterbildung

8.2.3Die Umsetzung des Gelernten

8.3Mit der SMART-Formel erreichen Sie Ihre persönlichen Ziele leichter

8.3.1Ein Praxisbeispiel: Viktorias Weiterbildung

8.4Reflektieren Sie (sich) regelmäßig

8.4.1So bauen Sie das Reflexionsgespräch auf

8.5Zauberkraft Resilienz – Bleiben Sie auch in der Krise stark

8.5.1Die 7 Schlüssel der Resilienz

8.6Achten Sie auf den Persönlichkeitsstil Ihrer Vorgesetzten

8.7Bestehen Sie einer angemessenen Entlohnung

8.8Stärken Sie Ihre Selbstachtung

8.9Die acht Stärken der Selbstachtung

Mein Fazit: Konzentrieren Sie Ihre Energie auf die Basics

Literatur

Register

Die sehr gute Mitarbeiterführung ist in der Pflege möglich

Die Mitarbeiterführung ist heute eine der wichtigsten Aufgaben von Pflegefachkräften. Ich schreibe hier absichtlich zuerst allgemein von Pflegefachkräften, denn bereits eine reguläre Schichtleitung trägt heutzutage eine große Verantwortung. Die direkte Anleitung und Beaufsichtigung von Pflegehilfs- und Assistenzkräften, die Verantwortung für eine fachlich fundierte Versorgung und Betreuung aller Pflegekunden und das Sicherstellen eines reibungslosen organisatorischen Ablaufs der Schicht ist eine komplexe und fordernde Aufgabe. Denn nicht erst seit der Corona-Pandemie wissen wir, dass Pflegekräfte systemrelevant sind.

Das umfangreiche professionelle Know-how in vielen unterschiedlichen Bereichen ist bei der Führungskraft von heute gefragt. Und je höher Ihre Position ist – von der normalen Pflegefachkraft bis zur Schichtleitung, über die Wohnbereichs- oder Gruppenleitung, hin zur Pflegedienstleitung und schließlich zur Einrichtungsleitung oder Geschäftsführung – desto anspruchsvoller werden die Aufgabenbereiche. Die Führung von Mitarbeiter*innen gehört dabei immer, und in den letzten Jahren immer stärker, zu den unverzichtbaren Kernbereichen. Den Spagat zu finden zwischen Antreiber und Kontrolleur, gleichzeitig aber auch Verständnis zeigen und die soft skills der Mitarbeiter im Blick haben – das ist komplex und nicht immer einfach zu bewerkstelligen.

»It’s a people’s business!«

Im Mai 2010 war der damalige Chef der Deutschen Bank Josef Ackermann in der ZDF-Sendung »Maybritt Illner« zu Gast. Er wurde gefragt, ob es ethisch vertretbar sei, dass manche seiner Bankmitarbeiter*innen Millionen im Jahr verdienen. Wo denn da die Nachhaltigkeit bliebe. Jemand, der mit einem Jahr Arbeit bereits so viel verdient hat, dass er theoretisch bis an sein Lebensende nie mehr arbeiten müsse, dem sei die längerfristige Verantwortung für sein Tun doch gleich, oder? Ackermann gab die lapidare Antwort: »It’s a people’s business!« Übersetzt: Gute Leute zu bekommen, sei sehr, sehr schwierig. So hänge etwa das Investmentgeschäft maßgeblich von den richtigen Mitarbeiter*innen und den richtigen Köpfen ab. Da es davon nur wenige wirklich Gute gäbe, könnten diese entsprechende Gehälter in Millionenhöhe fordern.

Komplexe Anforderung und steigende Belastungen

Ist eine solche Entwicklung nicht längst auch in der Pflegebranche angekommen? Natürlich nicht in Bezug auf die Gehälter, aber in Bezug auf das »people’s business«? Haben wir nicht auch immer weniger richtig gute Fach- und Führungskräfte? Ich meine – leider ja. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Zum einen leidet die Pflege seit Jahren an einem extremen Personalmangel. Wo generell zu wenig Personal ist, sind zwangsläufig auch zu wenig Führungskräfte auf dem Markt.

Zum anderen sollte uns diese Zahl zu denken geben: Eine engagierte Pflegefachkraft verlässt im Durchschnitt nach 7–8 Jahren für immer den Beruf.1 Nicht, weil die Schicksale der Pflegekunden sie so sehr belasten und auch nicht, weil die Arbeit mit anderen beteiligten Partner*innen wie Ärzt*innen oder Angehörigen so anstrengend ist, sondern weil sie ausgebrannt und müde ist. Ausgebrannt und müde vor allem deshalb, weil sie so oft am Ende des Arbeitstages das Gefühl haben, »eigentlich heute gar nichts geschafft zu haben!« Permanente Unterbrechungen im Alltag, tausend To do’s, die am besten gestern erledigt werden sollten, stetig steigende Anforderungen und hochkomplexe fachliche Anforderungen führen dazu, dass Pflegekräfte häufig alles hinschmeißen (möchten).

Ende April 2021 veröffentlichte der DBfK eine interessante diesbezügliche Pressemitteilung, in der die aktuellen Erkenntnisse zum »Pflexit« nach gut einem Jahr Corona-Pandemie folgendermaßen zusammengefasst wurden: »Den »Pflexit«, an den laut der jüngsten Umfrage des DBfK etwa 30 Prozent der Pflegenden häufig denken, haben viele Kolleg*innen schon längst vollzogen. Das zeigt eine aktuelle Studie der Arbeitnehmerkammer Bremen und SOCIUM der Universität Bremen, die sich mit der potenziellen Rückgewinnung von Pflegenden beschäftigt. Covid-19 macht das nicht einfacher: Mehr als 30 Prozent der in der Krankenpflege und gut 15 Prozent der in der Langzeitpflege Beschäftigten geben bei der Befragung an, dass die Pandemie ihre diesbezügliche Bereitschaft mindert. Und an eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen infolge der Pandemie glauben nur 4 Prozent. Diese Desillusionierung wundert Martin Dichter, den Vorsitzenden des DBfK Nordwest, nicht. »Mit einem Prämienpflästerchen hier und einer Mindestlohnerhöhung dort ist es eben nicht getan. Wir brauchen deutlich überzeugendere Maßnahmen – z.B. ein Bruttoeinstiegsgehalt von 4000 Euro. Für die Gesellschaft wertvolle Tätigkeiten – und dazu gehört die berufliche Pflege in erster Linie – brauchen eine leistungs- und verantwortungsgerechte Vergütung und gesunde Arbeitsbedingungen. Beides ist in der beruflichen Pflege aktuell nicht vorhanden.« Dichter verweist in diesem Zusammenhang auf die Top-10 der Wiedereinstiegskriterien für »Pflexiteers« aus der Bremer Untersuchung:

•Wertschätzung durch Vorgesetzte

•Zeit für qualitativ hochwertige Pflege

•Bedarfsorientierte Personalbemessung

•Sensibilität von Vorgesetzten für Belastungen in der Pflege

•Tarifbindung

•Mehr Zeit für menschliche Zuwendung

•Garantie, an freien Tagen nicht arbeiten zu müssen

•Betriebliche Interessenvertretung

•Höheres Grundgehalt

•Höhere Zulagen für besondere Tätigkeiten

»Das sind die entscheidenden Stellschrauben, an denen die Politik drehen muss«, fordert Dichter. »Damit kämen nicht nur Berufsaussteiger/innen zurück, so könnte man auch viele Pflegende zum Aufstocken der Arbeitszeit bewegen«. Hier gibt es der Studie zufolge enormes Potenzial, denn die Teilzeitquote im Land Bremen beläuft sich auf ca.52 % im Krankenhaus, 69 % in der stationären und 79% in der ambulanten Pflege. Hinzu kommen die Abbrecherquoten unter den Auszubildenden bzw. Berufsanfänger/innen: 25% brechen ab und weitere 25 % verlassen den Pflegeberuf in den ersten fünf Jahren nach der Ausbildung. »Auch hier müssen wir genau hinschauen«, sagt Dichter. »Offensichtlich werden junge Pflegende demotiviert, so dass eine berufliche Karriere in der Pflege keine Option ist. Damit wird die Hoffnung auf sinkenden Pflegepersonalmangel durch steigende Ausbildungszahlen zunichte gemacht.«

Die gute Mitarbeiterführung als Erfolgsrezept

Doch Stopp! Es gibt einen Ausweg aus dieser Negativ-Spirale. Eine gute und strukturierte Mitarbeiterführung kann zu Ihrem Erfolgsrezept werden! Aufgaben sinnvoll aufzuteilen, aktiv zu agieren, anstatt von außen getrieben nur passiv zu reagieren, die Vorteile der pflegefachlichen Vorbehaltsaufgaben klug nutzen und die eigenen Mitarbeiter*innen modern zu führen ist kein Hexenwerk.

Werfen Sie mit mir einen kurzen Blick in die Vergangenheit eines Seniorenpflegeheims. Die Bereichsleitungen im Haus schreiben jeden Monat die Dienstpläne für ihre Teams, die Pflegedienstleitung überprüft diese und gibt sie frei. So weit, so gut und deutschlandweit das übliche Procedere. Aber irgendwann funktionierte dieses System nicht mehr! Was war geschehen? Was musste jetzt passieren? Ich sprach darüber mit der PDL Andrea.

Was waren die Probleme bei Eurer Dienstplanung?

»Der übliche Weg – die Bereichsleitungen schreiben die Dienstpläne, ich prüfe, ob auch alle arbeitsrechtlichen Vorgaben eingehalten wurden und gebe sie frei – hat immer weniger funktioniert. Gründe gab es dafür viele: Meine Bereichsleitungen haben mir immer öfter berichtet, dass sie kaum noch zu ihrer normalen Arbeit kommen. »Ich mache den ganzen Tag fast nichts anderes mehr als Dienstplanung! Kompensation bei kurzfristigen Ausfällen, Diskussion mit meinen Mitarbeitern, warum der Kollege XY einen so viel besseren Dienstplan bekommen hat und ein immer größeres ›Wunschkonzert‹ von zunehmend mehr Beschäftigten blockieren meine wertvolle Arbeitszeit!«, erzählte mir beispielsweise unsere Bereichsleitung Evi.

Und ich musste ihr recht geben: Während wir früher mit einem Früh-, einem Spätund einem Nachtdienst ausgekommen sind, hat sich schon seit Jahren abgezeichnet, dass das nicht mehr den Bedürfnissen unserer Mitarbeiter entspricht. Eine Kollegin ist alleinerziehend und kann erst frühestens um 08.30 Uhr ihren Dienst beginnen. Ein anderer Mitarbeiter möchte wegen seines Bio-Rhythmus nur Spätdienst arbeiten. Eine dritte Kollegin pflegt ihre Eltern und kann deshalb schlecht am Wochenende arbeiten. Wie Evi formulierte: Das ›Wunschkonzert‹, also die individuellen Bedürfnisse jedes Mitarbeiters, nahm immer mehr Raum ein. Hinzu kam fast gleichzeitig die massive Zunahme pflegefachlicher Anforderungen: Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff, die Umstellung von Pflegestufen auf Pflegegrade, die Einführung des Strukturmodells bei gleichzeitig immer weniger guten Fachkräften – all das brachte unser System komplett an seine Grenzen.«

Wie habt Ihr darauf reagiert?

»Du musst Dir das Ganze als Prozess vorstellen – wenn man tagtäglich seiner normalen Arbeit nachgeht, nimmt man zwar viele Dinge wahr, aber es fehlt oft der neutrale Blick von außen, der einzelne Erkenntnisse bündelt, zusammenfasst und Lösungen sucht. An dieser Stelle kamst ja du damals mit an Bord und hast uns unterstützt.«

Ich erinnere mich sehr gut an eure damalige Situation. Ihr hattest mich zur Hilfe gerufen, weil ihr mit der Umstellung eurer alten AEBDL-Pflegeplanungen auf die SIS® nicht weitergekommen seid. Im Gespräch haben wir dann recht schnell rausgefunden, dass der Hauptgrund dafür die mangelnden Zeitressourcen bei den Leitungskräften war. Deine Bereichsleitungen, deren Vertretungen und auch Du als PDL ward gefühlt nur ans Thema Dienstplan gebunden – für etwas anderes fehlte Euch Zeit und Kraft. Wir haben dann recht schnell herausgefunden: Lösen wir das Thema Dienstplan auf, lösen sich viele andere Anforderungen und Konflikte auch. Weißt Du noch, was wir als ersten großen Schritt gemacht haben?

»Als wäre es gestern gewesen: Wir haben in einer gemeinsamen Runde zusammengetragen, was meine Bereichsleitungen und ich an Kernaufgaben haben und was generell im Unternehmen aufgrund unserer Rolle von uns erwartet wird. Ich sehe die immer länger werdende Liste noch gut vor mir! Die einzelnen Spiegelstriche haben gar nicht mehr aufgehört:

• die qualitativ hochwertige pflegerische Versorgung jeden Tag sicherstellen,

• komplexer werdende Neuaufnahmen von multimorbiden Pflegekunden durchführen,

• palliative Versorgungen durchführen,

• Arztvisiten vorbereiten, durchführen und nachbereiten,

• Medikamente richten,

• Angehörigenberater sein,

• Mitarbeiterausfälle abdecken,

• neueste Entwicklungen in der Pflegebranche wie eben die Einführung des Strukturmodells begleiten,

• und, und, und

Du hast uns danach gesagt, wir sollten diese Riesenliste auf uns wirken lasse und dann realistisch überlegen, ob überhaupt ein Mensch all diese Aufgaben hundertprozentig und zu seiner eigenen Zufriedenheit jemals wird erledigen können. Unsere Antwort kam schnell: Nein, das würde nicht mal Superwoman schaffen! Also haben wir überlegt: Welche Aufgabe stresst uns alle im Alltag am meisten und frisst die meiste Zeit? Die einhellige Antwort: Die Dienstplanung! Immer komplexere Dienstpläne anhand der Mitarbeiterbedürfnisse schreiben und die Abdeckung der Dienste bei Arbeitsunfähigkeiten regeln waren die wichtigsten Punkte. Du hast uns dann noch zusätzlich auf diese drei Gedanken gebracht:

1. Ist es betriebswirtschaftlich sinnvoll, wenn jede Bereichsleitung lediglich ihren Bereich bei der Dienstplanung betrachtet?

2. Kann eine moderne Form der Dienstplanung nicht auch ein tolles Instrument werden, um Mitarbeiter*innen zu gewinnen und zu binden?

3. Haben wir Pflegefachkräfte eigentlich eine Ausbildung für Dienstplanung gemacht oder eine für qualitativ hochwertige Pflege?

Abschließend war es ganz logisch für uns, dass wir uns ein System erarbeiten, indem der Themenkomplex Dienstplanung (mit allem was dazu gehört – Personalrecruitings, Instrument der Mitarbeiterzufriedenheit, Standby-Diensten etc.) an eine Stabsstelle übergeht. Und das im besten Fall so gut, dass wir Leitungskräfte in der Pflege nie mehr etwas davon hören – die Zentrale Einsatzplanung, kurz ZEP (Kap. 2.2), war geboren!«

Der Weg zur mustergültigen Implementierung dieser ganz neuen Stelle war nicht immer einfach, aber am Ende eine wirkliche Erfolgsgeschichte! Ich konnte in den letzten Jahren die Idee in vielen weiteren Einrichtungen umsetzen und nicht eine hat die Einführung der ZEP seither bereut. Wie sind dabei deine Erfahrungen Andrea?

»Seit wir die ZEP eingeführt haben, kommen Bewerber*innen von sich aus auf uns zu und sagen im Vorstellungsgespräch schon mal: »Ich habe gehört, bei Euch kann man zeitlich arbeiten, wie man will?« – Ich muss dann immer lachen! Ganz so ist es nicht, aber klar: Durch unsere ZEP sind wir wesentlich flexibler geworden und haben die individuelle Dienstplanung nach den eigenen Bedürfnissen sogar zu unserem Markenzeichen gemacht. Daran sieht man gut, wie Du schon gesagt hast: Wir Führungskräfte müssen uns immer wieder fragen: Was brauchen meine Mitarbeiter*innen eigentlich gerade? Und daran sollten wir ansetzen.«

Soweit die PDL Andrea. Wie denken Sie darüber? Lesen Sie im zweiten Kapitel des Buches mehr über die ZEP und halten Sie sich immer wieder vor Augen: Gute Mitarbeiterführung ist nicht etwas, was man naturgemäß kann oder nicht kann. Eine professionelle Mitarbeiterführung kann – und sollte! – jede Führungskraft lernen und sich aneignen. Den ersten Schritt haben Sie mit dem Kauf des Buchs getan! Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen mit der Lektüre der erfolgreichen Strategien und hoffe, Sie können ganz viel davon in Ihrem Berufsalltag umsetzen.

Gut zu wissen: Bevor Sie Ihre Mitarbeiter*innen führen wollen, sollten Sie zuerst bei sich ansetzen. Nur wer sich selbst gut führt, kann auch andere begeistern und leiten. Im ersten Kapitel dreht sich deshalb alles um Ihre persönliche Rolle als Leitungskraft. Los geht’s!

_________________

1https://www.dbfk.de/manifest/

1 Vorbild? Selber!

»Wer sich selbst nicht führt,kann das auch bei anderen nicht tun –Selbstführung tut not.«

1.1Entwickeln Sie ein (neues) Rollenbewusstsein

Eine Rolle ist die Summe der von einer Person erwarteten Verhaltensweisen, die auf das Verhalten anderer Personen abgestimmt ist. Jede Rolle existiert unabhängig vom Rollenträger. Sie besteht aus allgemeinen Erwartungen, die der Rolleninhaber erfüllen muss. In der Pflegebranche erleben wir es häufiger, dass ein bislang gleichrangiger Kollege plötzlich in eine höhere Position aufsteigt, etwa von der normalen Fachkraft zur Bereichsleitung. Oder ein Kollege geht von der Position der Bereichsleitung direkt in die Position der Pflegedienstleitung. Ist es Ihnen auch so ergangen?

Bei allen neuen fachlichen Herausforderungen, die plötzlich auf einen zukommen, wird der Wechsel in die neue Rolle oft nicht richtig bewusst wahrgenommen. Das bereitet den Nährboden für spätere Konflikte.

BeispielNeue Rolle, andere Erwartungen

Die Pflegekraft Katja ist es gewohnt, während ihrer Dienste regelmäßig mit ihren Bereichskolleg*innen eine Rauchpause einzulegen. Als sie einige Monate später in die Position der PDL aufgestiegen ist, verlangt die Geschäftsführung von ihr, die ausufernden Rauchpausen im Unternehmen in den Griff zu bekommen. Katja schreibt eine entsprechende Dienstanweisung. Jetzt sind ihre früheren Kolleg* innen sauer: »Der ist wohl die neue Position zu Kopf gestiegen! Jetzt will sie uns verbieten, was sie selbst immer gemacht hat!«

Das Beispiel zeigt deutlich auf, dass jede Rolle mit unterschiedlichen Erwartungen verbunden ist. Erwartungen, die der Rollenträger an sich selbst hat, aber auch Erwartungen, die andere mit der Rolle verbinden. Im Fall von Katjas Kolleg*innen besteht die Erwartung darin, dass die PDL als Vorbild anders agieren sollte als ein normaler Kollege.

Als Leitungskraft haben Sie gemäß Ihrer Position eine bestimmte Rolle inne. Erschwerend kommt hinzu, dass Sie im Alltag noch viel mehr Rollen innehaben. Als (Leitungs-) Teamkolleg*in, als Ehepartner, als Mutter/Vater, als Kind Ihrer Eltern, als Vereinskollege etc. Experten2 sind der Meinung, dass kein Mensch mehr als sieben Rollen gut ausfüllen kann. Überprüfen Sie einmal, welche Rollen Sie alle innehaben: Kommen Sie auf mehr als sieben? Dann sollten Sie überlegen, ob es Rollen gibt, die Sie vielleicht sogar ablegen können.

Übung

Ihre Rollen

Rollenerwartungen und -konflikte wird es immer geben. Ihre Aufgabe als Leitungskraft besteht darin, sich der Erwartungen von außen bewusst zu werden und Ihre eigenen Erwartungen herauszufinden. Gelingen kann Ihnen das mit dieser siebenschrittigen Übung:

1. Notieren Sie: Welche Führungsrolle im Unternehmen habe ich inne?

2. Was erwarte ich in dieser Rolle von mir selbst? (Möchten Sie z. B. immer gerecht handeln oder erwarten Sie von sich, dass Sie das größte Fachwissen zu einer bestimmten Thematik haben?)

3. Wie kann es mir gelingen, meine eigenen Erwartungen zu erfüllen? (Gut eignet sich dafür ein Brainstorming und/oder die Rücksprache mit einem persönlichen Coach.)

4. Notieren Sie alle relevanten Gruppen (z. B. ehemalige direkte Arbeitskolleg*innen, die neuen Kolleg*innen im Leitungsteam oder externe Kooperationspartner wie Behörden und Firmen, mit denen Sie es in Ihrer Position zu tun haben.)

5. Schreiben Sie auf, welche Erwartungen an Ihre Rolle von diesen verschiedenen Gruppen an Sie geknüpft werden. Was erwarten all diese Menschen von Ihnen?

6. Wie kann es Ihnen ab sofort gelingen, die Erwartungen der einzelnen Gruppen zu erfüllen?

7. Stellen Sie einen Plan zur Umsetzung Ihrer herausgefundenen Maßnahmen auf und versuchen Sie, ihn im Arbeitsalltag umzusetzen: Ein Beispiel:

– Ich bin Bereichsleitung im Unternehmen.

– Um diese Rolle gut auszufüllen, erwarte ich von mir, dass ich immer ein offenes Ohr für meine Mitarbeiter*innen habe. Zusätzlich muss es mir gelingen, zwischen dem Anspruch der Geschäftsführung und den Wünschen und Bedürfnissen meiner Mitarbeiter eine gute Balance herzustellen.

– Da ich in der Rolle der Bereichsleitung noch recht neu bin, wünsche ich mir persönliche Unterstützung, um die oben genannten Ziele zu erreichen. Eine erfahrene und gute Bereichsleitung als Coach an meiner Seite ist mir für die ersten Monate wichtig.

– Eine relevante Gruppe sind meine ehemaligen Arbeitskolleg*innen, die mich nun als neue Vorgesetzte akzeptieren sollten.

– Meine ehemaligen direkten Arbeitskolleg*innen wünschen sich, dass ich für sie kämpfe und ihre Interessen durchsetze. Dafür brauche ich ausreichende Zeitfenster zur direkten Kommunikation, aber auch zur anschließenden Umsetzung der Anliegen.

– Mein Zeitplan:

– Jeden ersten Montag im Monat möchte ich zwei Stunden mit meinem persönlichen Coach sprechen. Dabei ziehen wir uns beide aus der direkten Arbeit heraus und nehmen uns Zeit zur Reflexion.

– Für meine Mitarbeiter*innen biete ich jeden Mittwoch von 10.00–11.00 Uhr eine feste Sprechstunde an; hier können Sie die Rücksprache mit mir suchen und mir ihre Anliegen mitteilen.

1.2Weiten Sie Ihren Horizont