Erstaunliche Tiergeschichten nach wahren Begebenheiten - L. Laddy - E-Book

Erstaunliche Tiergeschichten nach wahren Begebenheiten E-Book

L. Laddy

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Beschreibung

Die Freundschaft zwischen Mensch und Tier ist fast so alt, wie die Menschheit selbst. Manche dieser Freundschaften oder Erlebnisse sind einzigartig. Wie zum Beispiel das des Forstinspektors Sergej aus Sibirien, der in größter Not unerwartete Hilfe von wilden Wölfen bekam. Zwei Wilderer überwältigen den Tierschützer und ketten ihn aus Rache an ein Bahngleis. Als sich ein Güterzug nähert, wird Sergej plötzlich von einem Wolfsrudel umringt. Kann der Fahrer des sich nähernden Güterzuges das lebende Schutzschild erkennen und rechtzeitig stoppen? Den Marokkaner Salim und dessen Stute Kala verbindet tiefe Freundschaft. Als Salim erkrankt und für Tod gehalten wird, spürt Kala, dass er ihre Hilfe braucht. Kann das Pferd Salim davor retten lebendig begraben zu werden? Laddy berichtet in diesem Buch über diese beiden und fünf weitere spannende Geschichten nach wahren Begebenheiten. Ein Buch, das von Beginn an seine Leserschaft fesselt

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Tiere können das Wort Liebe nicht schreiben, aber umso besser können sie es zeigen.

Unbekannter Verfasser

Pixabay Lizenz: https://pixabay.com/de/service/license/

Inhaltsverzeichnis

Das sibirische Wolfsrudel

Der Fischer und der Weiße Hai

Pferdeliebe

Hundetreue trotz Todesgefahr

Jikitaya, der Jaguar

Ein Wolf namens „Ear“

Mansur, der Bär

Das sibirische Wolfsrudel

Nicht viele können von sich behaupten, dass sie bereit wären, sich zum Wohle eines anderen Menschen zu opfern. Erst recht nicht für eine Person, die sie nicht einmal kennen. Umso unglaublicher ist die Geschichte des sibirischen Forstinspektors Sergej. Denn er wurde von Wildtieren gerettet, genauer von einem Wolfsrudel, das bereit war, sich für ihn zu opfern.

Dimitri wurde in eine sibirische Eisenbahnerfamilie hineingeboren. Das Dorf, in dem er lebte, lag weit abseits des großen Irkutsk und die Eisenbahn war im näheren Umkreis nicht nur der größte, sondern auch der einzige Arbeitgeber. Zumindest wenn man eine sichere Stellung suchte. Man konnte noch wählen, ob man Mechaniker wurde oder den Beruf des Lokführers anstrebte.

Nachdem Dimitri die Schule beendet hatte, versuchte er sein Glück zunächst im weit entfernten Irkutsk, um dort ein Ingenieursstudium zu beginnen.

Bereits nach wenigen Monaten merkte er schnell, dass die Großstadt ihn erdrückte. Also folgte der junge Mann der Familientradition und wurde, wie schon sein Vater und auch dessen Vater, Lokführer. Ein neuer Traum war geboren. Sein Ziel war es, einer der Lokführer auf der berühmtesten Eisenbahnstrecke der Welt zu werden. Dimitri wollte im Führerhaus der Transsibirischen Eisenbahn den 9.288 Kilometer langen Weg von Moskau bis nach Wladiwostok fahren.

Nach erfolgreicher Ausbildung fuhr er zuerst als zweiter Lokführer auf verschiedenen Strecken und bereits nach kurzer Zeit wurden ihm als erster Lokführer Güterzüge anvertraut. Das war die Vorstufe zum ersehnten Ziel.

Dimitri liebte seinen Beruf und genoss es, Winter wie Sommer durch das weite sibirische Land zu fahren, um seine tonnenschwere Fracht von Stadt zu Stadt zu bringen. Er verschmolz bei jeder Fahrt mit der Größe, der Schönheit und auch mit der Einsamkeit des schier unendlichen Sibiriens. Der junge Mann mochte sowohl die heißen, kurzen Sommer als auch die eisig kalten, langen Winter. Sibirien war für ihn das schönste und abenteuerlichste Land auf der ganzen Erde.

Dimitri war von seiner aktuellen Route begeistert. Niemals war die Strecke gleich, und egal wie oft er sie schon gefahren war, er entdeckte immer wieder neue Schönheiten.

Eines Tages sollte er jedoch etwas erleben, das er bis zum Ende seines Lebens niemals vergessen würde.

Es ist schwierig, die wilde Schönheit Sibiriens in wenige Worte zu fassen. Das Land ist mit rund 16 Millionen Quadratkilometern größer als Europa und von Norden nach Süden reihen sich polare Wüste, Tundra, Taiga, Waldsteppe und Steppe aneinander. Unzählige Wildtiere leben in den weitläufigen Urwäldern. Leider gibt es viel zu wenige Forstinspektoren, die sich um den Schutz dieser Tiere kümmern und vor Wilderern schützen. Das Leben dieser schlecht bezahlten Männer ist karg, gefährlich und einsam. Streift man durch das Land, entdeckt man immer wieder Gräber mit Inschriften, auf denen man lesen kann, welcher Wildhüter einem oder mehreren Wilderern zum Opfer gefallen war.

Einer dieser tapferen Forstinspektoren war Sergej. Er hatte sein Leben vor mehr als 40 Jahren der Natur und den Tieren gewidmet. Der Forstinspektor lebte fernab jeglicher Zivilisation in einer staatlichen Blockhütte mitten in den Wäldern nahe dem Baikalsee. Zum nächsten Dorf waren es knapp zwei Tagesmärsche, nach Irkutsk benötigte Sergej vier bis fünf Tage. In die Stadt musste er zum Glück nur einmal im Jahr.

Der Forstinspektor liebte die Ruhe und die Wildnis. Er kümmerte sich um die Tiere, studierte ihr Verhalten, respektierte sie und jagte ihre menschlichen Feinde, die Wilderer. Er war der Herr des Waldes, kannte jeden Baum, jeden Pfad, jeden Hügel und jede Gefahrenstelle. Er konnte sich lautlos bewegen und unsichtbar machen. Sergej war bei Wilderern gefürchtet und seit er die beiden Gefährlichsten unter ihnen vor ein paar Jahren gefangen genommen und ins Gefängnis gebracht hatte, wurde sein Territorium von allen Wilderern gemieden.

Der Forstinspektor hasste die Tage, an denen er ins Dorf gehen musste zwar nicht, aber er mochte sie auch nicht sonderlich. Sie waren einfach notwendig, um seine Vorräte aufzufüllen und den monatlichen Bericht an das Büro in die Stadt zu senden. Dafür nutzte er das Faxgerät im Dorfladen.

Hier bekam er auch alles, was er zum Leben benötigte. Bohnen, Speck, Tee, Pfeifentabak, Gewehrpatronen und seinen geliebten Wodka. Sergej beendete jeden Abend mit einem Glas Wodka. Er schwor darauf, dass dies das Geheimnis seiner robusten Gesundheit war. Er konnte sich nicht erinnern, jemals bei einem Arzt gewesen zu sein. Abgesehen natürlich vom Zahnarzt. Den besuchte er bei den Besuchen in der Stadt. Ein Glas Wodka. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn die Flasche leer war, wusste er, dass es an der Zeit war, den Bericht zu erstellen und ins Dorf zu gehen.

Die Leute mochten den komischen Kauz, der aussah wie ein wilder Eremit, eine Art Robinson Crusoe aus dem Wald. Die zotteligen Haare waren unter einer Fellmütze verborgen. Der graue, lange Bart verdeckte große Teile des Gesichts. Er wirkte grummelig und wer ihn nicht kannte, machte einen Bogen um ihn, wenn er aus dem Wald trat, den Schlitten hinter sich herzog und das Gewehr geschultert hatte. Wer ihn hingegen kannte, freute sich, denn Sergej hatte immer eine lustige Geschichte zu erzählen.

Es war immer das Gleiche. Kaum hatte er die Dorfgrenze erreicht, war er schnell von Kindern umringt. Lachend und um ihn herumtanzend riefen sie: „Väterchen Sergej, erzähle uns eine Geschichte von den Wölfen oder den Bären.“

Der Forstinspektor rückte dann meist seine Pelzmütze zurecht, kratzte sich am langen grauen Bart und schmunzelte, bevor er zu erzählen begann. Seine Geschichte endete stets mit Betreten des Dorfladens und dort bekam jedes Kind von ihm etwas Süßes.

So wie jeden Monat stand die Ladenbesitzerin Ludmilla hinter dem Tresen und packte Sergejs Sachen zusammen, während dieser am Faxgerät stand und seinen Bericht absendete. Beide unterhielten sich und nachdem alles erledigt war, zahlte der Forstinspektor. Ludmilla nahm wie immer die Geldscheine, steckte sie in die Kasse und legte das Wechselgeld auf den Tisch.

Sie hatte den kleinen Laden vor ein paar Jahren von ihren Eltern übernommen und kannte Sergej seit ihrer Kindheit. Entsprechend war auch ihre Ansprache geblieben. „Väterchen Sergej, wie lange willst du denn noch dort draußen im Wald leben? Solltest du nicht längst im Ruhestand sein?“

Der Forstinspektor verstaute den Einkauf und schob die zwei Rubel Wechselgeld in seine Hosentasche. Der Tonfall in Ludmillas Stimme ließ ihn aufhorchen. Er bemerkte Sorgenfalten an ihrer Stirn. „Nun“, räusperte er sich, „eigentlich wäre es mein letztes Jahr, aber ich habe die Genossen in der Führung um Verlängerung gebeten. Ich denke, dass ich noch gut und gerne fünf Jahre arbeiten kann.“

Ludmilla schloss die Kasse. „Du weißt, dass du hier im Dorf sehr willkommen bist. Vor kurzem ist die kleine Wohnung von meinem Onkel frei geworden. Er ist endgültig in die Stadt gezogen. Die kostet nicht viel Miete und …“

„Kindchen“, fuhr ihr Sergej ins Wort, „ich gehöre in den Wald und ich fühle mich in meiner Blockhütte gut aufgehoben.“

Sie schwiegen sich kurz an. Dann schob Sergej nach: „Nun sag schon, was los ist. Ich sehe es dir an. Es geht nicht um meinen Ruhestand.“

Sie nickte. „Ich habe es in der Zeitung gelesen“, begann sie mit gedämpfter Stimme, „sie wurden entlassen.“

„Wer?“

„Die Brüder Osmanov. Du hast sie vor vier Jahren ins Gefängnis gebracht.“

Sergej nickte. „Ja, das waren zwei harte Burschen. Ich habe sie damals auf frischer Tat erwischt. Einer hatte sogar auf mich angelegt und abgedrückt, doch seine Flinte hatte eine Hemmung. Als ich sagte, dass mein Gewehr funktionieren würde, und auf sie zielte, hatten sie sich ergeben.“ Sein Blick verdunkelte sich. „Sie hatten zahlreiche Pelze in ihrem Versteck. Das Strafmaß für beide war noch viel zu mild.“

Ludmilla stimmte zu. Sergej machte eine abfällige Handbewegung und wandte sich zum Gehen um. „Ich hoffe, sie haben ihre Lektion während der Haft gelernt.“

Ludmilla sprach lauter. „Sie haben damals Rache geschworen“, warnte sie.

Sergej ging zur Tür und öffnete sie. Kalter Wind blies in den Dorfladen. Er drehte sich noch einmal kurz um. „Kindchen, mach dir keine Sorgen. Sie möchten garantiert nicht mehr zurück ins Gefängnis. Seit die beiden Brüder weggesperrt waren, gab es in dieser Gegend keinen Wilderer mehr. Das hat abgeschreckt.“

Kaum ausgesprochen stapfte er zum Schlitten, verschnürte die Einkäufe und ging los. Ludmillas „Viel Glück, Väterchen Sergej“ hörte er nicht mehr.

Die Kunst, in eisiger Kälte ein Nachtlager zu errichten, beherrschte Sergej perfekt. Statt eine Schneehöhle zu errichten entschied er sich dafür, diese Nacht in einem Schneegraben zu verbringen. Ohne große Mühe war eine Mulde im Schnee ausgehoben und ein Feuerplatz eingerichtet. Etwas trockenes Holz hatte er extra für diesen Zweck auf dem Schlitten mitgeführt. Als Dach spannte er eine Zeltbahn über die Mulde und als Isolation am kalten Boden diente ihm ein großes Fell.

Der Forstinspektor legte noch zwei große Holzscheite in das knisternde Feuer, bevor er sich in seinen, ebenfalls aus Fellen geschneiderten, Schlafsack kuschelte. In der Ferne heulten Wölfe. Irgendwo brach ein Ast unter der Schneelast zusammen. Für Sergej waren das Alltagsgeräusche. Er war müde und schlief ein.

Ein stechender Schmerz riss den Forstinspektor unsanft aus dem Schlaf. Jemand hatte ihm etwas Hartes in die Seite gestoßen. Ein Schlag ins Gesicht und ein Tritt in die Rippen folgten. Sergej riss instinktiv die Arme nach oben, um den Kopf gegen weitere Schläge zu schützen. Ein Schrei kam über seine Lippen: „Ahh…“. Die Seite schmerzte höllisch. Rippenbruch. Er blinzelte, erkannte zwei Gestalten und wollte sich umdrehen, um nach seiner Waffe zu greifen.

Hämisches Lachen ertönte. „Suchst du das hier, alter Mann?“, fragte einer der Männer.

„Los, erschieß ihn!“, forderte der zweite Kerl.

Ein Adrenalinstoß durchfuhr Sergej. Das waren unverkennbar die Brüder Osmanov. Die beiden Wilderer mussten ihn im Dorf gesehen haben und seiner Spur gefolgt sein. Gänsehaut bildete sich in seinem Nacken und zog sich über den Rücken hinunter bis zu den Fußspitzen.

„Was wollt ihr?“, haspelte er. Innerlich verfluchte er sich. Früher wäre das nicht passiert. Sein Schlaf war immer so leicht, dass er sogar sich annähernde Tiere gehört hatte. Wie konnte das nur passieren? Hätte er doch nur auf Ludmillas Warnung gehört. Gleich war sein Leben vorbei. Beendet von zwei Verbrechern, die danach loszogen, um etliche Wildtiere zu töten, um deren Felle zu verkaufen. Oder die Bären erlegten, um die in China begehrten Pfoten anzubieten. Wut kochte hoch. Sergejs rechte Hand wanderte kaum merklich zu seinem Gürtel. Dort steckte sein Messer. Er würde sich wehren. Er konnte nicht zulassen, dass diese beiden Männer weiter wilderten.

„Nein, nicht hier. Er soll leiden. Er soll wissen, dass er sterben wird und auf den Tod warten, so wie wir im Gefängnis vier Jahre lang auf den Tag der Entlassung gewartet haben.“

Das Geheule eines Wolfes durchbrach die Stille. Weitere Wölfe stimmten ein.

Einer der Brüder lachte und deutete in die dunkle Nacht. „Sie singen dein Todeslied!“

Der Gewehrkolben krachte gegen Sergejs Kopf. Das letzte Geräusch, dass er hörte, war das immer stetig anwachsende Heulen der Wölfe.

Als Sergej wieder zu sich kam, war die Sonne aufgegangen. Er blickte direkt in die gelblichen Augen eines Wolfes. Angst durchfuhr ihn. Sergej riss den Mund auf, um zu schreien, doch kein Ton kam über seine Lippen. Seine Atemwolke kreuzte sich mit der des Tieres. Der Wolf stand ruhig vor ihm und starrte ihn an. Kein Zähnefletschen, keine hastige Bewegung, kein Knurren. Er stand einfach nur da und starrte ihn an. Beinahe sanftmütig war der Blick.

Sergej glaubte, er leide an Wahnvorstellungen. Es musste mit dem Schlag auf den Kopf zu tun haben, redete er sich ein. Der Fortinspektor versuchte sich zu bewegen. Sofort zuckte er vor Schmerzen zusammen. Die beiden Wilderer hatten ihm mindestens ein oder zwei Rippen gebrochen. Wie Lanzen bohrten sie sich in die Seite. Zudem lag er auf etwas sehr Hartem und der Kopf dröhnte fürchterlich. Als er versuchte, Arme und Beine zu bewegen, musste er feststellen, dass er mit Handschellen und Eisenketten an Schienen festgebunden war. Sergej hob den Kopf so hoch wie möglich und erschrak zu Tode.

Um ihn herum befanden sich mindestens zehn bis zwölf Wölfe. Die Tiere, die er vier Jahrzehnte lang beschützt hatte, würden ihn in Kürze töten und fressen. Er hoffte auf einen schnellen Todesbiss, damit er die Schmerzen nicht spüren musste, wenn sie ihn bei lebendigem Leib fressen würden. Sergej hatte fürchterliche Angst. Todesangst.

Für einen Moment wünschte er sich, die Wilderer hätten ihn erschossen. Dann läge er im Wald und würde nichts mehr spüren. Jetzt musste er sich seinem Schicksal ergeben. Er war dem Wolfsrudel wehrlos ausgeliefert.

Sergej schloss für einen Moment die Augen. Er beschloss, seinen Kopf so weit wie möglich nach hinten zu beugen, um den Hals für einen gnadenhaften Todesbiss freizulegen. Der Wolf vor ihm kam näher und schnupperte. Er spürte den heißen Atem des Tieres im Gesicht. Der gefesselte und verletzte Mann zitterte am ganzen Körper.