Ethik für Dummies - Christopher Panza - E-Book

Ethik für Dummies E-Book

Christopher Panza

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Beschreibung

Richtig oder falsch? Moralisch oder unmoralisch? Das ist hier die Frage

Wo ziehen wir die Linie zwischen richtig und falsch? Wo die zwischen gutem und schlechtem Handeln? Und wie positionierten sich Denker wie Immanuel Kant, John Stuart Mill und Thomas Hobbes zu diesem Thema? Christopher Panza und Adam Potthast nehmen Sie mit auf eine Erkundungsreise zu diesen scheinbar einfachen Fragen und den dazugehörigen, oftmals überraschend komplexen, Antworten. Sie verdeutlichen das Verhältnis von Wissenschaft und Religion zur Ethik, entfalten die Bedeutung der Goldenen Regel und vieles mehr. Dieses Buch ist daher Ihr idealer Begleiter, wenn Sie sich systematisch den vielschichtigen Aspekten der Ethik und den daraus resultierenden Fragen nähern möchten.

Sie erfahren

  • Welche Sicht die Tugendethik, die Prinzipien- und Vertrags-ethik, die utilitaristische und die feministische Ethik vertreten
  • Welche Auswirkungen sie auf unser moralisches Verständnis haben
  • Welch tiefgründigen Fragestellungen die Medizin-, Umwelt- und Sexualethik beschäftigen.

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Seitenzahl: 659

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Ethik für Dummies

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ETHISCHE POSITIONEN IM ÜBERBLICK

Subjektivismus: Der Subjektivismus behauptet, ethische Aussagen sind einfach nur Meinungsaussagen und weiter nichts. Wenn allerdings ethische Aussagen nur Meinungen sind, dann sind ethische Debatten, in denen es schließlich um die Suche nach verbindlichen Urteilen geht, sinnlos. Anders ausgedrückt: Der Subjektivismus glaubt, dass jeder Mensch etwas anderes für richtig oder falsch hält. Richtig oder falsch ist nur eine Meinung. Weil aber jede Meinung gleich viel wert ist, ist jede ethische Debatte letztlich sinnlos.

Kulturrelativismus: Kulturrelativismus (manchmal auch Konventionalismus genannt) ist eine ethische Theorie, die besagt, dass »richtig« und »falsch« von der eigenen Kultur abhängen. Laut dieser Theorie steht kein einziger ethischer Standard höher als die ihn umgebende Kultur. Individuen orientieren sich an den moralischen Ansichten, die in ihrem jeweiligen Kulturkreis üblich sind.

Emotivismus: Im Emotivismus geht es weniger darum, was Menschen tun oder lassen sollten, sondern darum, dass ethische Aussagen im Grunde nur Ausdruck von Empfindungen sind und nicht Ausdruck von Fakten. Laut den Emotivisten kann man keine ethische Aussage treffen, ohne nicht zugleich emotional in diese involviert zu sein. Und sie sind er Auffasung, dass ihr Ausdruck von Gefühlen dahin gerichtet ist, das Verhalten anderer zu ändern oder sie mit einem bestimmten Gefühl anzustecken.

Determinismus: Anhänger des harten Determinismus sind der Ansicht, dass unsere menschliche Natur uns einen freien Willen verwehrt. Wir mögen zwar glauben, frei zu sein und freie Entscheidungen zu treffen, aber der Schein trügt. Alles, wofür wir uns entscheiden, ist bereits festgeschrieben – es gab nie eine wirkliche Alternative. Die Illusion, einen freien Willen zu haben, ist letztendlich etwas ganz anderes als tatsächlich einen freien Willen zu haben. Es gibt aber auch »gemäßitere« Formen des Determinismus, nach denen zum Beispiel Charakter und Verhalten eines Menschen werden durch dessen Erbgut bestimmt werden (genetischer Determinismus) oder ein allwissender Gott hat von der Wiege bis zur Bahre festgeschrieben, was wir tun und wie wir uns verhalten werden (theologischer Determinismus)

Tugendethik: In der Tugendethik liegt der Schwerpunkt auf dem Besitz eines guten Charakters. Guter Charakter lässt sich an dem Grad erkennen, in dem ein Mensch als guter oder herausragender Mensch gilt. Sich auf den Charakter zu konzentrieren, bedeutet jedoch nicht, dass Handlungen keine Rolle spielen. Ein guter Charakter bedingt, dass man in Situationen, die nach einer tugendhaften Reaktion verlangen, dazu angetrieben wird, auf eine ethisch vorbildliche Weise zu handeln. Statt Tugenden als etwas zu sehen, das man ein- und ausschalten kann, sieht man Tugend als Teil des eigenen Daseins, das bis ins Innerste der Person hineinreicht.

Utilitarismus: Der Utilitarismus ist leicht zu verstehen. In seiner einfachsten Form sagt er, dass man, wenn man die Möglichkeit hat, das allgemeine Glück auf der Welt irgendwie zu vermehren, es tun sollte. Durch die Konzentration auf das Glück treffen die Utilitaristen eine Aussage darüber, was das Ergebnis oder die Konsequenz eines Handelns in ihren Augen zu etwas Gutem macht. Nicht alle Konsequentialisten glauben, dass Glück die einzige gute Sache ist, aber der Utilitarismus ist die bekannteste Form des Konsequentialismus.

Konsequentialismus: Manche Menschen (Konsequentialisten) können nicht anders, als Ethik grundsätzlich als etwas zu betrachten, das von den Konsequenzen einer Tat handelt. Laut diesen Menschen ist eine Tat, die zwar im Allgemeinen als falsch angesehen wird, aber niemanden (auch den Täter nicht!) unglücklich macht, ethisch egal. Oder mehr noch, wenn die Tat niemandem schadet, weshalb sollte sie dann falsch sein?

Kant'sche Ethik: Kant, ein deutscher Philosoph des 18. Jahrhunderts, bemerkte, wie wichtig Prinzipien für die Ethik sind, er glaubte, dass ein einzelnes, allen anderen zugrunde liegendes beziehungsweise ihnen übergeordnetes ethisches Prinzip – er nannte es den kategorischen Imperativ – Ursprung aller anderen ethischen Prinzipien sei. Er war davon überzeugt, dass jeder Mensch Zugang zu diesem Prinzip finden könne, mittels etwas, das er praktische Vernunft nannte. Und er glaubte, dass die zwingende Kraft jenes Prinzips in seiner Plausibilität selbst steckt und nicht daher kommt, dass es zu guten Konsequenzen führt, oder daher, dass Gott es befohlen hat. Bis heute wird die Prinzipienethik maßgeblich von Kants Überlegungen und seinem kategorischen Imperativ bestimmt, der folgendermaßen lautet: Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.

Vertragstheorie: Nach dieser Theorie gibt es keine Ethik, solange die Menschen nicht zu einer Übereinkunft darüber gelangen, was sie einander antun dürfen oder voneinander erwarten können. Eine solche Überein kunft nennt man Vertrag beziehungsweise Kontrakt. Die ethische Theorie, die auf diesem Vertragsgedanken aufbaut, nennt man Kontraktivismus. Das ist kein schönes Wort, deshalb reden wir lieber von der Vertragstheorie.

Fürsorgeethik: Anders als traditionelle Ethik, bei der abstrakte Prinzipien wie Gerechtigkeit, Rechte und Objektivität im Vordergrund stehen, liegt bei der Fürsorgeethik die Betonung auf dem Schutz von Bindungen. Fürsorgeethik betont die Wichtigkeit, Gefühle und Empfindungen wie Mitleid und Mitgefühl zu entwickeln und sich auf die Umstände einer moralischen Situation einzulassen. In der Fürsorgeethik ist es wichtig, wie Menschen auf andere Personen (gegebenenfalls auch Tiere) reagieren, mit denen sie sich in einer engen Beziehung befinden. Die Bedürfnisse anderer zu spüren und für ihr Wohlergehen einzustehen, wird vorrangig. Die Fürsorgeethik ist eng mit dem Feminismus verbunden.

 

Ethik für Dummies

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

2. Auflage 2024

© 2024 Wiley-VCH GmbH, Boschstraße 12, 69469 Weinheim, Germany

Original English language edition Ethics For Dummies © 2010 by Wiley Publishing, Inc. All rights reserved including the right of reproduction in whole or in part in any form. This translation published by arrangement with John Wiley and Sons, Inc.

Copyright der englischsprachigen Originalausgabe Ethics für Dummies © 2010 by Wiley Publishing, Inc. Alle Rechte vorbehalten inklusive des Rechtes auf Reproduktion im Ganzen oder in Teilen und in jeglicher Form. Diese Übersetzung wird mit Genehmigung von John Wiley and Sons, Inc. publiziert.

Wiley, the Wiley logo, Für Dummies, the Dummies Man logo, and related trademarks and trade dress are trademarks or registered trademarks of John Wiley & Sons, Inc. and/or its affiliates, in the United States and other countries. Used by permission.

Wiley, die Bezeichnung »Für Dummies«, das Dummies-Mann-Logo und darauf bezogene Gestaltungen sind Marken oder eingetragene Marken von John Wiley & Sons, Inc., USA, Deutschland und in anderen Ländern.

Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie eventuelle Druckfehler keine Haftung.

Coverfoto: © c mimadeo / stock.adobe.comKorrektur: Petra Heubach-Erdmann, Düsseldorf

Print ISBN: 978-3-527-72031-6ePub ISBN: 978-3-527-84070-0

Über die Autoren

Christopher Panza wurde in New York geboren und ist dort aufgewachsen. Nachdem er mehrere Jahre erfolglos versucht hatte, herauszufinden, wie man richtig lebt, schrieb er sich an der Universität New York in Literatur und Philosophie ein. Hier erhielt er viele Hinweise, aber nur wenige Antworten. Nun versuchte er sich in der Privatwirtschaft und stellte die Sinnfrage erst einmal hintenan. Auch die folgende Promotion half ihm nicht weiter. Das Ergebnis war, dass er einen Abschluss und mehrere Hinweise mehr hatte, aber immer noch keine sicheren Antworten. Nun akzeptierte er, dass er an der Universität wohl nicht lernen würde, wie man »gut« ist, aber er beschloss, dies wenigstens zu lehren. Seit 2002 ist er Professor für Philosophie an der Drury Universität in Springfield, Missouri.

Adam Potthast wurde in Missouri geboren und ist dort aufgewachsen. Nachdem ihn die Regisseure bei der Besetzung von Theaterstücken nicht berücksichtigten, blieb ihm nur eine Wahl: Er begab sich in den Schoß der Intellektualität. Da er sich mit dem schwersten Fach beschäftigen wollte, das er sich vorstellen konnte und zu dem er die geistigen Voraussetzungen hatte (so fielen Physik und Musik heraus), schrieb er sich für Philosophie ein. Er promovierte in Connecticut und fand dort heraus, dass, obwohl das alles Meinungssache ist, Ethik anregend wirkt und Spaß macht.

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titelblatt

Impressum

Über die Autoren

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Über dieses Buch

Wie dieses Buch aufgebaut ist

Was Sie nicht lesen müssen

Törichte Annahmen über den Leser

Wie dieses Buch aufgebaut ist

Symbole in diesem Buch

Wie es weitergeht

Teil I: Das Ethik-Einmaleins – Nur die Grundlagen, bitte

Kapitel 1: Kommen Sie ruhig näher: Was Ethik ist und warum es Sie kümmern sollte

Da fehlen einem die Worte – oder: Das Vokabular der Ethik

Sollte und müsste

Warum es wichtig ist, Ethik und Moral voneinander zu unterscheiden

Und was ist mit dem Gesetz?

Verlangen, Verbieten, Erlauben: Die nützlichsten Worte der Ethik

Zwei Gründe für moralisches Handeln

Es lohnt sich!

Sie werden ein integres Leben führen!

Wie man ein moralisches Leben führt

Bestandsaufnahme: Erkenne dich selbst!

Einen moralischen Rahmen bauen

Das Ziel vor Augen haben

Kapitel 2: Auf Kollisionskurs: Ist Ethik einfach nur Ansichtssache?

Subjektivismus: Ethik ist Ausdruck privater Meinungen

Wir haben beide recht: Die subjektivistische Sichtweise

Subjektivismus kann keine Konflikte lösen

Was am Subjektivismus stimmt

Kulturrelativismus: Ethik als Spiegel unserer kulturellen Vorstellungen

Emotivismus: Ethik als Art, sich auszudrücken

Teil II: Die Wurzeln der Ethiklehre

Kapitel 3: Ethik und die Natur des Menschen: Zwei große Fragen

In Sachen menschlicher Natur und Ethik

Von der Ethik und der Freiheit

Die Natur des Menschen: Gut, schlecht oder neutral?

Die menschliche Natur ist schlecht

Der Mensch ist weder gut noch schlecht

Kapitel 4: Wie Ethik, Religion und Wissenschaft zusammenhängen

Wie Gott, Religion und der ethische Kodex zusammenhängen

Weil Gott es sagt: Die Theorie von der göttlichen Fügung

Das Zeitalter der Wissenschaft: Kann Ethik in einer säkularen Welt überleben?

Evolution und Ethik: Das Gesetz des Dschungels hinter sich lassen

Kapitel 5: Wenn Ethik schadet: Drei berühmte Kritiken

Wieso sollte man Ethik überhaupt kritisieren?

Nietzsche: Vom Notwendigen, um eine Ethik der Schwäche zu vermeiden

Kierkegaard: Zu viel Ethik distanziert den Menschen von Gott

Taoismus: Ethik ist nichts Natürliches

Teil III: Grundlegende ethische Theorien

Kapitel 6: Ein guter Mensch sein: Tugendethik

Der Kern der Tugendethik: Die Bedeutsamkeit des Charakters

Was Tugenden sind

Zum Guten streben

Aristoteles und Konfuzius: Zwei Auffassungen vom guten Leben

Wie man Tugenden erlangt

Kritik an der Tugendethik

Kapitel 7: Mehr vom Guten: Die utilitaristische Ethik

Was hinten rauskommt, zählt: Konsequenzen und Konsequentialismus

Was Konsequenzen gut macht

Zwei Wege, um ein erfolgreicher Utilitarier zu werden

Traditionelle Probleme mit dem Utilitarismus

Kapitel 8: Seine Pflicht tun: Die Prinzipienethik

Kants Ethik: Handeln aus vernünftigen Prinzipien

Kants Ethik erklärt: Der Widerstreit zwischen Natur und Vernunft

Autonomie: Sein eigenes Gesetz sein

Leben mit dem kategorischen Imperativ: Vernünftige Prinzipien

Wie sieht der kategorische Imperativ aus?

Der kategorische Imperativ und der Alltag

Kritik an Kant

Kapitel 9: Bitte unterschreiben Sie hier: Die Vertragsethik

Ethik per Vertrag

Rawls' Theorie der Gerechtigkeit

Der Urzustand und der Schleier des Nichtwissens

Bitte unterschreiben Sie nicht: Kritik an der Vertragstheorie

Kapitel 10: Die Goldene Regel oder: Die Ethik des gesunden Menschenverstandes

Warum die Goldene Regel so berühmt ist

Sich selbst mit den Augen des anderen sehen: Wie man die Goldene Regel anwendet

Die zwei Arten der Goldenen Regel

Die Goldene Regel in Christentum und Konfuzianismus

Kapitel 11: Wider das Testosteron! – Die feministische Fürsorgeethik

Die feministische Kritik: Traditionelle Ethik ist männlich befangen

Eine Fallstudie männlicher Befangenheit: Kohlbergs Stufentheorie des moralischen Verhaltens

Gilligans Kritik an Kohlbergs Modell

Wie man eine feministische Fürsorgeethik errichtet

Kritik an der Fürsorgeethik

Teil IV: Ethik im Alltag

Kapitel 12: Irre Wissenschaft! Vom Umgang mit der Biomedizin

Grundlegende Prinzipien der biomedizinischen Ethik

Abtreibung: Eine äußerst vertrackte Sache

Klonen: gut oder schlecht?

Mögliche ethische Probleme der Gentechnologie

In Würde sterben: Das Problem der Sterbehilfe

Kapitel 13: Die Welt bewahren: Umweltethik

Was ist Umweltethik?

Wessen Interessen zählen?

Wie soll man die Umwelt schützen?

Kritik an der Umweltethik

Kapitel 14: Im Dienst der Allgemeinheit: Professionsethik

Was ist Professionsethik?

Wie verschieden Professionsethik sein kann

Kapitel 15: Wir bringen Euch Freiheit: Ethik und die Menschenrechte

Zuerst mal: Das Einmaleins der Menschenrechte

Zwei verschiedene Arten von Menschenrechten

Menschenrechte in der ethischen Tradition

Kritik an den Menschenrechten

Kapitel 16: Die Sexualethik

Verantwortungsvolle Sexualethik: Die hohe Kunst des Verkehrs

Geschlechtskrankheiten

Was ist mit Homosexualität?

Ethik und Pornografie

Sex für Geld: Ist Prostitution ethisch?

Teil V: Der Top-Ten-Teil

Kapitel 17: Zehn »Klassiker« der Ethik und ihre Theorien

Konfuzius: Tugend liegt in der Gemeinschaft

Platon: Gerechtigkeit durch Ausgewogenheit

Aristoteles: Tugend ist Lernsache

Hobbes: Begründung der Vertragstheorie

Hume: Gefühle sind die Quelle der Moral

Rousseau: Zurück zum Urzustand

Kant: Ethik macht den Menschen frei

Mill: Wichtig ist, was den meisten nützt

Nietzsche: Von Macht und Moral

Rawls: Die am wenigsten Begüterten zählen

Kapitel 18: Zehn relevante Gegenwartsethiker

Du Bois: Kämpferisches Denken gegen Rassismus

Bonhoeffer: Widerstand und Verantwortungsethik

Arendt: Theoretikerin gegen den Totalitarismus

MacIntyre: Tugenden in der modernen Welt

Foucault: Radikale Machtanalyse

Derrida: Dekonstruktion und Ethik der Gastfreundschaft

Spivak: Die Stimme der Unterdrückten

Singer: Der moderne Utilitarismus

Nussbaum: Für Gerechtigkeit und emotionale Intelligenz

Butler: Die Pionierin der Gender-Theorie

Kapitel 19: Zehn gegenwärtige Herausforderungen für die Ethik

Klimawandel

Überbevölkerung und Ernährungssicherheit

Umgang mit Tieren

Biotechnologie und Enhancement

Ethisches Wirtschaften

Post- und Neokolonialismus

Sicherung des Friedens

Fake News und alternative Fakten

Soziales Miteinander in digitalen Räumen

Künstliche Intelligenz

Stichwortverzeichnis

End User License Agreement

Tabellenverzeichnis

Kapitel 6

Tabelle 6.1: Tugenden und Laster

Kapitel 12

Tabelle 12.1: Betrachtungen verschiedener Aspekte bei der Sterbehilfe

Orientierungspunkte

Cover

Titelblatt

Impressum

Über die Autoren

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Fangen Sie an zu lesen

Stichwortverzeichnis

End User License Agreement

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Einleitung

Natürlich liegt uns Ethik sehr am Herzen, sonst hätten wir dieses Buch nicht geschrieben. Ethik, kurz: das Nachdenken über Moral und Sitte, stellt einen der faszinierendsten – und komplexesten – Aspekte des menschlichen Daseins dar. Egal, ob Sie nun Universitätsstudent sind, der ein Ethikseminar belegt hat und einige der dort behandelten Theorien näher erklärt haben möchte, oder ob Sie jemand sind, der sein Leben stärker danach ausrichten möchte, was richtig ist: Ethik für Dummies ist genau das richtige Buch für Sie. Philosophieseminare über Ethik können ziemlich ausufernd sein. Dieses Buch versucht, sofort auf den Punkt zu kommen und Ihnen alles nötige Wissen zu vermitteln, wenn möglich auf humorvolle Weise.

Ethik bzw. die Erkundung dessen, was Ethik ist, ernst zu nehmen, heißt, sich kopfüber in die Wertedebatte zu stürzen. Es bedeutet, sich an jenem undurchschaubar verworrenen Streit zu beteiligen, bei dem es darum geht, was man tun sollte und was nicht, wodurch sich ein gutes Leben auszeichnet, wonach wir streben sollten und so weiter. Ethik ernst zu nehmen, bedeutet, zu respektieren, dass es verschiedene Antworten auf die Frage gibt, wie man mit der Welt um sich herum umzugehen hat. Das heißt wiederum Nachdenken darüber, wie man mit anderen Menschen, Tieren, Arbeitskollegen oder der Umwelt umgehen sollte. Wenn Sie mit diesem Buch durch sind, wird Ethik nicht länger ein Mysterium für Sie sein. Sie wird Ihnen so vertraut sein wie Ihre Hosentasche.

Über dieses Buch

Wir – die ehrwürdigen Autoren – sind beide Universitätsprofessoren. Jeder von uns gibt regelmäßig Ethikseminare an Universitäten. Infolgedessen sind wir überaus vertraut damit, wie schwierig und frustrierend Ethik sein kann für Studenten oder andere Menschen, die wenig über das Thema wissen und zum ersten Mal damit konfrontiert werden. Wir waren auch einmal an diesem Punkt.

Dass wir wissen, wie schwer es ist, Ethik zu lehren, war unser Vorteil beim Schreiben dieses Buches. Wir haben es so angelegt, dass es einen besseren Überblick über die verschiedenen Themengebiete der Ethik verschafft, die Sie wahrscheinlich am meisten interessieren. Unser Ziel dabei ist es, die mitunter verwirrenden Themengebiete in klar verständliches Deutsch zu übertragen. Ganz egal, ob Sie ein Hochschulseminar über Ethik besuchen und einen Punkt gerne etwas aufgehellt hätten oder ob Sie sich einfach für das Gebiet an sich interessieren, hoffen wir, dass unsere Erläuterungen Ihnen helfen, eine Ahnung von den zentralen Ideen der Ethik zu bekommen.

Insbesondere haben wir dieses Buch so angeordnet, dass Sie es nicht wie einen Roman von vorn nach hinten lesen müssen. Tun Sie sich keinen Zwang an, vorzublättern! Sie können das Buch auf jeder beliebigen Seite aufschlagen und zu lesen anfangen. Es ist so verfasst, dass Sie jedes Kapitel verstehen, ohne notwendigerweise die anderen gelesen haben zu müssen. Gleichzeitig ist das Buch so aufgebaut, dass es durchaus lohnend sein kann, es in der vorgegebenen Reihenfolge von Anfang bis Ende zu lesen. Ethik hat viele Randzonen und Eigenheiten, in die Sie sich jetzt noch nicht vertiefen müssen, also geben wir Ihnen nur die allerwichtigsten Informationen zu jedem Thema.

Wir haben versucht, dieses Buch in humorvoller Weise zu verfassen. Philosophie und Ethik können sehr trocken sein, und deshalb haben wir unser Bestes getan, dass unser Buch nicht ebenso trocken daherkommt. Wir wollen, dass Ethik für Dummies informativ und hilfreich ist, aber wir wollen auch, dass das Lesen Spaß macht.

Wie dieses Buch aufgebaut ist

Um den Text zugänglicher und leichter lesbar zu machen, tauchen ein paar Dinge in diesem Buch immer wieder auf. Achten Sie auf Folgendes:

Lehrsätze sowie die Schlüsselworte in Aufzählungen sind

fett

.

Neu auftauchende Begriffe sind

kursiv

, und damit Sie wissen, worum es geht, liefern wir die Definition immer gleich mit.

Wir neigen dazu, einige Dinge in diesem Buch unter den Teppich fallen zu lassen, um direkter zum Kern einer Sache vorzustoßen und die Sache nicht allzu sehr zu verkomplizieren. Anstatt also ständig Einwände anzuführen und Sie auf einen Haufen kleinstgedruckter Fußnoten am Ende des Buches zu verweisen, verweisen wir Sie auf folgende Vereinfachungen:

Wir haben dieses Buch so verfasst, als läge Ihnen unbedingt daran, ein besserer und moralischerer Mensch zu werden. Das geht ein wenig in Richtung Tugendlehre. Andererseits wird Ihnen das Studium der Ethik nicht viel bringen, wenn Sie nicht anzuwenden versuchen, was Sie gelernt haben.

Wir glauben, dass Menschen aller Konfessionen und Geisteshaltungen – und selbst solche ohne Glauben oder Geisteshaltungen – in einer kritischen Diskussion über ihre ethischen Überzeugungen und deren Grundlagen zusammenkommen können. Deshalb ist dieses Buch nicht für diese oder jene Gruppierung verfasst. Jeder kann aus der Lektüre lernen.

Gelegentlich mag es so scheinen, als würden wir moralisieren oder Dinge zu schnell abhandeln. Wir tun dies, um Sie als Leser herauszufordern, und nicht, weil wir uns für die klügeren Philosophen halten. Und manchmal auch, weil wir leider nicht allen Platz der Welt zwischen den Buchdeckeln haben. Vertrauen Sie uns: Was in diesem Buch steht, ist nur die Spitze des streitbaren Eisbergs.

Was Sie nicht lesen müssen

Weil unser Herzblut in diesem Buch steckt, wünschen wir uns, dass Sie alles Wort für Wort lesen. Nichtsdestotrotz wissen wir, dass Sie als Ethikstudent nicht übermäßig viel Zeit haben und nur das lesen wollen, was Sie brauchen. Aus diesem Grund sagen wir Ihnen gleich, dass Sie die grau unterlegten Textkästen, die in diesem Buch gelegentlich auftauchen, nicht lesen müssen. Es sind in der Regel amüsante Anekdoten am Rande, von denen wir sicher sind, dass Sie sie unterhaltsam finden werden und die bestimmt tollen Konversationsstoff auf Partys abgeben. Aber sie sind nicht nötig, um ein Ethiküberflieger zu werden. Es ist nicht unethisch, sie zu überspringen!

Törichte Annahmen über den Leser

Als Autor ist es schwer, nicht zumindest ein paar grundlegende Annahmen zu treffen über das Gebiet, über das man schreibt – und viel wichtiger: über die Leser, an die man sich richtet. Bevor wir also mit dem Schreiben begannen, trafen wir folgende Annahmen und gingen davon aus, dass mindestens eine, vielleicht auch mehrere davon auf Sie zutreffen:

Sie haben vielleicht ein Ethikseminar belegt und brauchen ein paar Dinge von dem, was Sie da studieren, kurz klargestellt. Wenn das der Fall ist, überfliegen Sie bitte das Inhaltsverzeichnis. Sie werden feststellen, dass es so angeordnet ist, dass die Bezüge zu Ihren Seminaren klar ersichtlich sind: Sie sehen die Theorien, Anhänge und grundlegenden Fragen. Universitätslehrpläne sind für gewöhnlich genauso strukturiert.

Sie wissen vielleicht nicht allzu viel über das Thema, haben allerdings ein grundlegendes Interesse an diesem Gebiet. Wir haben unser Bestes gegeben, alle Theorien in diesem Buch so überzeugend wie möglich darzulegen – ohne dabei Partei zu ergreifen. Es ist wichtig, dass Sie sich selbst darüber den Kopf zerbrechen, was richtig ist. Also haben wir versucht, neutral zu bleiben (was aber nicht heißt, dass nicht auch wir ein paar Lieblingstheorien haben … wir können uns nur nicht einigen, welche die beste ist!).

Sie haben vielleicht die Schnauze voll von dem ganzen kaputten Zeug, das in der Welt abgeht, und wüssten gern, was Sie davon halten sollen. Falls Sie nach den richtigen Worten suchen, um Ihrem Frust Ausdruck zu verleihen – wir haben sie.

Wie dieses Buch aufgebaut ist

Um Ihnen einen Eindruck davon zu vermitteln, wie wir dieses Buch strukturiert haben, bietet das folgende Unterkapitel einen Einblick darin, was wir mit jedem Teil erreichen wollen. Diese Übersicht mag Ihnen helfen, einen Einstiegspunkt für das von Ihnen bevorzugte Thema zu finden.

Teil I: Das Ethik-Einmaleins – Nur die Grundlagen, bitte

Ethik ist ein weites Feld, deshalb kann man viel drüber schreiben! Aber gerade weil das Gebiet so unüberschaubar ist, benötigen Sie eine Einstiegshilfe in Form einiger grundlegender Probleme und Fragenkomplexe, die unbedingt angesprochen werden sollten, ehe Sie in das komplexere Zeug einsteigen. Wir bieten diese Einstiegshilfe in Teil I, indem wir erst einmal auf die fundamentale Frage »Was ist Ethik?« eingehen. Wir vermitteln ein wenig grundlegendes Vokabular, dröseln alles ein wenig auseinander und fragen uns, weshalb Ethik eigentlich so schwierig ist. Schließlich schreiben wir ein wenig über Relativismus und untersuchen, ob Ethik wahr und gerechtfertigt ist oder einfach nur Ansichtssache.

Teil II: Die Wurzeln der Ethiklehre

Dass Menschen, wenn sie sich mit Ethik beschäftigen, wissen wollen, ob diese in einen größeren Gesamtzusammenhang passt, lässt sich kaum vermeiden. Angesichts dessen beschäftigen wir uns in diesem Teil des Buches damit, wie Ethik und die Natur des Menschen zusammengehören mögen sowie mit den möglichen Zusammenhängen (oder Nicht-Zusammenhängen) zwischen Ethik und Gott beziehungsweise Ethik und Wissenschaft. Wir beenden diesen Teil mit einem Kapitel über drei legendäre Herausforderungen an die Idee der Ethik.

Teil III: Grundlegende ethische Theorien

Das Filetstück des Buches. Jedes Kapitel widmet sich einer der zentralen Theorien der Ethik. Wir beginnen mit dem, was wir für die »großen Drei« der Theorien halten: die Tugendethik, die Kant'sche Ethik und der Utilitarismus. Alle drei Theorien sind regelmäßig heiße Kandidaten für die Frage nach der wichtigsten Ethiktheorie überhaupt, wobei keine von ihnen bisher wirklich diesen Titel errungen hat. Danach gehen wir über zu drei weiteren populären Ansätzen: der Vertragsethik, der praktischen Ethik beziehungsweise der bekannten »Goldenen Regel« (»Was du nicht willst, das man dir tu …«) sowie dem feministischen Ansatz der Fürsorgeethik.

Teil IV: Ethik im Alltag

Es ist ja toll, knietief in die Theorie einzusteigen und herauszufinden, was woher kommt, aber gelegentlich muss man sich auch um die knochenharten Folgen der Theorien kümmern. In diesem Teil beschäftigen wir uns mit konkreten Anwendungsfeldern der Ethik. Die einzelnen Kapitel drehen sich um biomedizinische Ethik, Ethik des Umweltschutzes, Ethik im Beruf, Menschenrechte sowie sexuelle Ethik. Wenn es Ihnen um die Anwendung von Ethik im Alltag geht, ist dieses Kapitel Ihr Ding!

Teil V: Der Top-Ten-Teil

Jedes … für Dummies-Buch hat diese Hitliste, und wir werden sie Ihnen auch in diesem Buch nicht vorenthalten. Hier listen wir zweimal zehn der bekanntesten Autoren zum Thema Ethik auf (einmal die »Klassiker«, einmal gegenwärtige Denker), verweisen auf ihre bekanntesten Werke zur Ethik und die Kernthesen darin. Danach listen wir zehn der größten Gegenwartsherausforderungen auf, denen sich die Ethik stellen muss, inklusive der Erklärung, weshalb diese so vertrackt sind.

Symbole in diesem Buch

Wie in allen Büchern der Dummies-Reihe so gibt es auch in diesem Symbole und die haben folgende Bedeutungen:

An diesen Stellen weisen wir Sie auf wichtige Inhalte hin, die Sie unbedingt behalten sollten, um ethische Theorien zu verstehen.

Hier machen wir Sie auf gern gemachte Trugschlüsse aufmerksam. Atmen Sie einfach durch und denken Sie noch einmal über das nach, was Sie gerade gelesen haben.

Mit diesem Symbol sind Zitate gekennzeichnet. Manchmal sind sie sehr klug und manchmal auch einfach nur amüsant.

Dieses Symbol markiert seltsame und nicht eingängige Stellen, die Sie Ihre üblichen Annahmen hinterfragen lassen.

Das Tipp-Symbol steht für (na was wohl?) Tipps. Hier helfen wir Ihnen, einen einfacheren Weg zu finden, einen komplizierten Zusammenhang zu verstehen.

Wie es weitergeht

Wir haben dieses Buch so aufgebaut, dass es einer ganzen Menge Zwecke dienlich ist und auf verschiedene Weise gelesen werden kann. Wenn Sie ein Neuling auf dem Gebiet der Ethik sind, dürfte es Ihnen helfen, mit Teil I zu beginnen, der die Grundlagen darlegt. Sie können freilich auch zum Inhaltsverzeichnis springen und nachsehen, welche Themen in diesem Buch abgehandelt werden. Wenn Sie Teilnehmer an einem Ethikseminar sind, das sich vorrangig mit den großen Thesen der Ethik beschäftigt, empfehlen wir Ihnen, das zu tun und von dort zu den entsprechenden Kapiteln zu wechseln. Wenn Sie stärker an angewandter Ethik interessiert sind, blättern Sie vor zu Teil IV und lesen Sie die Kapitel zu dem Thema, das Sie interessiert. Eine unethische Weise, dieses Buch zu lesen, gibt es nicht. Also gehen Sie ruhig so vor, wie es Ihnen gerade zupasskommt!

Teil I

Das Ethik-Einmaleins – Nur die Grundlagen, bitte

IN DIESEM TEIL …

Von allen Teilbereichen der Philosophie ist Ethik wohl die am praktischsten orientierte Disziplin. Simpel ist sie deshalb jedoch noch lange nicht. Um sie zu verstehen und begründete ethische Urteile treffen zu können, braucht es noch immer eine Menge Gehirnschmalz sowie eine Kenntnis der grundlegenden Konzepte der Ethik. Doch genau um diese Grundlagen soll es in diesem Teil des Buches gehen.

Sie werden einige Grundbegriffe der Ethik kennenlernen. Danach werden wir uns fragen, und Sie auch: Warum sollte Ihnen Ethik überhaupt wichtig sein? Um Ihnen zu helfen, ein paar oft gemachte Fehler zu vermeiden (wie die Annahme, dass Ethik einfach nur mit persönlichen Meinungen zu tun hat), haben wir ein ganzes Kapitel dazu geschrieben. Es ist wichtig, dass Sie lernen, solche Fehlannahmen zu vermeiden. Dadurch können Sie die Diskussionen über Ethik in den nächsten Teilen des Buches besser verstehen und schätzen.

Kapitel 1

Kommen Sie ruhig näher: Was Ethik ist und warum es Sie kümmern sollte

IN DIESEM KAPITEL

behandeln wir grundlegende ethische Festlegungen und Unterscheidungen, die Sie kennen müssenbeschreiben wir, weshalb Sie ethisch denken solltenlegen wir fest, was zu einem ethischen Leben dazugehört

Würden Sie versuchen, einen Kuchen ohne Zutaten, Form und Ofen zu backen? Nein, oder? Dasselbe gilt für den Versuch, sich ein Leben in Ethik, in Sitte und Moral zu backen. Sie brauchen einfach ein paar Grundzutaten, ehe Sie anfangen können, zu backen. Und obwohl es nicht immer ein Zuckerschlecken ist, ein ethisches Leben zu führen, kann man das Handwerkszeug dafür mit ein bisschen Übung gut beherrschen.

Wir beginnen dieses Kapitel mit einigen grundsätzlichen Aussagen zur Ethik, damit Sie ein stabiles Verständnis des Themas erlangen. Ein paar wichtige Unterschiede, die für Ihr weiteres Studium wichtig sind, werden herausgestellt. Wir erklären, weshalb ethisches Handeln wichtig ist. Beschließen werden wir das Kapitel mit einer Diskussion darüber, was ein ethisches Leben alles beinhaltet. Betrachten Sie dieses Kapitel als Sprungbrett in die reichhaltige Welt der Ethik.

Da fehlen einem die Worte – oder: Das Vokabular der Ethik

Obwohl Moral zu den Grundbausteinen menschlichen Daseins gehört, wissen viele Menschen nicht, wie sie angemessen darüber reden sollen. Gut, böse, richtig, falsch, toll und mies: Wer soll sich da schon zurechtfinden? Klar zu verstehen, was diese Worte bedeuten und was nicht, ist wichtig, damit später keine Missverständnisse aufkommen. Der folgende Abschnitt erläutert das ethische Grundvokabular und wie man es anwendet.

Sollte und müsste

Zum Glück sind es nicht allzu viele Begriffe. Tatsächlich lässt sich ein Großteil der Ethik auf eine simple Grundannahme eindampfen, die sich mit den Worten sollte und müsste ausdrücken lässt. Man sollte »Gutes« oder »Richtiges« tun und vermeiden, »schlechte« Charakterzüge zu entwickeln oder »falsch« zu handeln. Ist es nicht toll, wie zwei kleine Worte so viele ethische Konzepte zusammenfassen?

Um klar zu verstehen, was sollte und müsste im Bereich der Ethik bedeuten, folgendes Beispiel: Die meisten Menschen wissen ganz genau, wovon Wissenschaft handelt. Wissenschaft versucht zu ergründen, wie die Welt ist, war oder sein wird. Die folgenden sind allesamt wissenschaftliche Fragen (einige leichter, andere schwerer):

Was sind die Folgen einer Atomexplosion in einer Großstadt?

Wieso starb der Dodo aus?

Ist noch Bier im Kühlschrank?

Ethik handelt nicht nur davon, wie die Welt ist. Ja klar, man muss einiges darüber wissen, wie es in der Welt läuft, um Fragen der Ethik beantworten zu können. Dennoch ist Ethik an dieser Stelle ein bisschen anspruchsvoller als »normale« Wissenschaft. Sie handelt davon, wie die Welt sein müsste beziehungsweise wie sie sein sollte. Wenn wir uns darauf konzentrieren, wie die Welt sein sollte, bekommen die obigen Fragen gleich ein ganz anderes Gesicht. Ethische Fragen gehen ungefähr so:

Sollten wir eine Atombombe mitten in einer gewaltigen Menge Menschen hochgehen lassen?

Sollten aussterbende Arten geschützt werden?

Sollte ich das letzte Bier im Kühlschrank alle machen, bevor ich nach Hause fahre?

Viele Menschen verstehen nicht, worum es in ethischen Debatten geht, weil sie Fragen nach dem »sollte« verwechseln mit Fragen nach dem »ist«. Wie oft haben wir uns selbst dabei ertappt, Handlungen, von denen wir wissen, dass sie nicht okay waren, mit den Worten zu rechtfertigen: »Das Leben ist halt nicht fair«? Solche Entschuldigungen mögen eventuell zutreffen, wenn es darum geht, zu erklären, wie die Welt ist – aber das heißt nicht, dass es in der Welt so sein sollte. Und nicht selten tragen genau solche Argumentationen dazu bei, dass die Welt weiterhin so bleibt, wie sie nicht sein sollte. Das Leben ist vielleicht nicht fair – aber es sollte es sein.

Jetzt stellt sich Ihnen vielleicht eine wirklich drängende Frage: Wie finde ich heraus, wie die Welt sein sollte? Das ist eine wirklich gute Frage, und der ganze Rest des Buches handelt davon.

Warum es wichtig ist, Ethik und Moral voneinander zu unterscheiden

Zwar werden Moral und Ethik in der Alltagssprache häufig synonym verwendet. Genau genommen beschreiben sie jedoch zwei verschiedene Dinge – und es lohnt sich, hier sprachlich präzise zu unterscheiden.

Moral bezeichnet die Gesamtheit der Werte und Normen, die unser Handeln und unsere Entscheidungen leiten. Jeder von uns besitzt derlei Moralvorstellungen. Im Regelfall haben wir diese tief verinnerlicht. So bleiben wir beispielsweise intuitiv an einer roten Ampel stehen, weil uns die Regel »bei Grün gehen, bei Rot stehen« tief ins Gedächtnis eingeschrieben ist. Und so lehnen wir es instinktiv ab, einen Hund zu treten, weil wir fest davon überzeugt sind, dass es falsch ist, anderen Lebewesen Leid anzutun.

Ethik hingegen beschreibt das bewusste Nachdenken über Moral. Ihr geht es erstens darum, beobachtend herauszuarbeiten, welchen moralischen Regeln wir in unserem Alltag folgen und welche Werte uns wichtig sind. Zweitens geht es ihr auch darum, unsere moralischen Vorstellungen zu hinterfragen – sind unsere Werte, zum Beispiel niemandem willkürlich Leid zuzufügen, noch richtig und sind unsere Regeln noch sinnvoll? Und drittens geht es darum, moralische Fragen, die sich nicht ganz so einfach beantworten lassen wie das Beispiel von der roten Ampel oder des Hundetretens (zum Beispiel sollte ich meinen Banknachbarn in der Schule abschreiben lassen, damit er nicht durchfällt?), begründet zu entscheiden.

»Moment mal!«, sagen Sie jetzt vielleicht. »So unterschiedlich sind Moral und Ethik gar nicht. Ihnen beiden geht es doch um die Frage, was ein gutes Leben ist.« Und mit diesem Einwand haben Sie absolut recht. Moral und Ethik lassen sich niemals voneinander separieren. Denn Ethik denkt immer über Moral nach, sodass eine Ethik ohne Moral gegenstands- und sinnlos wäre. Gleichermaßen entspringen viele unserer moralischen Vorstellungen ethischen Überlegungen, sodass eine Moral ohne Ethik blind wäre. So sind wir beispielsweise moralisch davon überzeugt, dass wir Hunde nicht treten sollten, weil wir durch ethisches Nachdenken zu dem Schluss gekommen sind, dass wir keinem Lebewesen willkürlich Leid zufügen sollten. Moral und Ethik sind damit wechselseitig aufeinander bezogen – und deshalb nicht voneinander zu trennen.

Auch wenn es auf den ersten Blick befremdlich wirken mag, zwischen Moral und Ethik zu unterscheiden, kann diese Unterscheidung doch äußerst hilfreich sein. Sie kann dabei helfen, begriffliche Klarheit zu schaffen und Ordnung in unser ethisches Nachdenken zu bringen.

Und was ist mit dem Gesetz?

Eine weitere Unterscheidung, die grundlegend ist, ist die zwischen Ethik und Gesetz. Denn ethisch richtiges Handeln ist etwas völlig anderes als gesetzlich richtiges Handeln – auch wenn sie in ihrer Umsetzung häufig auf dasselbe oder Ähnliches hinauslaufen. Nehmen wir als Beispiel die Geschwindigkeitsübertretung. Rasen ist illegal, aber das heißt nicht, dass es immer unethisch ist. Ethisch gesehen scheint es etwa okay zu rasen, um jemanden in einem Notfall schnellstmöglich in ein Krankenhaus zu bringen. Das Gesetz bestraft Sie vielleicht trotzdem dafür, aber deshalb war Ihr Handeln noch lange nicht unethisch.

Manchmal gestattet das Gesetz den Menschen sogar unethisches Handeln. Moralisch gesehen gilt Fremdgehen als falsch. Aber in den allermeisten Fällen wird es ist nicht als Gesetzesübertretung geahndet, sich außerhalb von Beziehung zu »vergnügen«.

Sollten alle unethischen Handlungen zugleich illegal sein? Vermutlich nicht. Zwar mag das Gesetz von der Ethik inspiriert sein, trotzdem ist es in vielen Fällen besser, keine Gesetze gegen unethisches Verhalten zu installieren. Für gewöhnlich regeln Menschen derlei unter sich. Außerdem könnte es schlicht zu teuer sein, entsprechende Gesetze durchzuführen. (Lüge ist im Allgemeinen unethisch, aber wie voll wären die Gefängnisse, wenn neben den ganzen Dieben, Steuerbetrügern, Mördern und Vergewaltigern auch noch all die Lügner inhaftiert würden?)

Warum es wichtig ist, zwischen Ethik und Gesetz zu unterscheiden, lässt sich an einem etwas ungewöhnlichen Exempel demonstrieren. Wenn, nur als Beispiel, der Bundestag ein Gesetz bestimmt, laut dem alle braunhaarigen Menschen donnerstags gepunktete Unterhosen tragen oder anderenfalls ins Gefängnis müssen, dann wäre dieses Gesetz furchtbar ungerecht. Kritisieren könnte man diese Ungerechtigkeit freilich nur, wenn es einen übergreifenden Standard gäbe, an dem man dieses Gesetz messen könnte. Diesen Standard liefert die Ethik. Statt als Gesetze zu gelten, dienen ethische Standards also dazu, Gesetze zu beurteilen. Um das zu können, müssen Ethik und Gesetz zwei verschiedene Dinge sein.

Das vielleicht beste Beispiel für ein ungerechtes Gesetz ist die Legalität der Sklaverei in den Südstaaten der USA vor dem Bürgerkrieg. Egal, was die Leute damals dachten (ein paar sicher nichts Gutes), heute gilt dieses Gesetz als zutiefst falsch. Ohne die Trennung von Ethik/Moral einerseits und dem Gesetz andererseits wäre ein solches Urteil allerdings gar nicht möglich.

Verlangen, Verbieten, Erlauben: Die nützlichsten Worte der Ethik

Sie müssen nicht nur wissen, was Ethik ist, sondern auch in der Lage sein, es zum Ausdruck zu bringen. Natürlich können Sie Worte wie »richtig«, »falsch«, »böse«, »schlecht« oder »gut« verwenden, aber diese sind nicht sonderlich genau. In ethischen Fragen ist es allerdings nützlich, sich so präzise wie möglich auszudrücken, weil das Themengebiet schon ohne missverständliche Begriffe schwer genug ist.

Am praktikabelsten sortiert man den Ausdruck für jede Handlung, Einstellung oder charakterliche Ausprägung in eine von drei Kategorien: »ethisch notwendig«, »ethisch erlaubt« und »ethisch verboten«. Diese drei Kategorien überbrücken die Schlucht, die durch eine simple Aufteilung in gut/böse, richtig/falsch und so weiter entsteht.

Nehmen wir als Beispiel die Todesstrafe für Schwerverbrecher. Die Leute stehen ganz unterschiedlich dazu, aber in der Regel finden sie sie entweder richtig oder falsch. Die, die sie für falsch halten, haben einen klaren Standpunkt. Sie sagen, dass die Todesstrafe verboten gehört. Dagegen haben diejenigen, die Todesstrafe für richtig halten, einiges an Erklärungsarbeit zu leisten. »Richtig« könnte nämlich zwei Dinge bedeuten, die man nicht verwechseln darf:

Es könnte bedeuten, dass die Gesellschaft die Pflicht hat, alle Mörder hinzurichten (»ethisch notwendig«), was eine sehr absolute Einstellung wäre.

Es könnte bedeuten, dass die Gesellschaft das Recht hat, Mörder für ihre Verbrechen hinzurichten, wenn die Umstände eindeutig genug sind (»ethisch erlaubt«). Die meisten Befürworter der Todesstrafe vertreten diesen Punkt.

Beides einfach nur als »richtig« zu bezeichnen, kann dazu führen, dass man notwendige Unterschiede zwischen zwei verschiedenen Positionen übersieht.

Zwei Gründe für moralisches Handeln

Wenn Sie sich mit Ethik beschäftigen, ist Ihnen vermutlich die grundlegendste Frage von allen gekommen: warum überhaupt moralisch handeln? Ohne eine Antwort auf diese Frage haben Sie kaum genug Gründe, dieses Buch noch weiter zu lesen! Deshalb behandelt dieser Abschnitt des Buches die zwei grundlegenden Antworten auf diese Frage.

Es lohnt sich!

Häufig fragen die Menschen: »Warum soll ich moralisch handeln?« Oftmals scheint man durch unethisches Handeln kurzfristige Vorteile erreichen zu können. Beispielsweise wenn Sie beim Spielen schummeln und gewinnen. Doch die meisten Menschen finden es nicht besonders toll, wenn man beim Spielen (oder anderswo) betrügt oder Unwahrheiten erzählt. Und wenn sich derlei Fälle wiederholen, kommt es schnell dazu, dass sich Ihre Freunde von Ihnen distanzieren, nicht mehr mit Ihnen spielen wollen – und Sie allein dastehen. Mittel- bis langfristig hat es demnach enorme Vorteile, sich ethisch zu verhalten.

Hinzu kommt, dass man durch moralisches Handeln einigen Stress vermeiden kann. Sie müssen sich keine Sorgen darüber machen, wie Sie Ihre Lügen verbergen (oder gar Ihre metaphorischen Leichen im Keller!). Ihr Privatleben ist unbeschwerter und damit tendenziell erfüllter. Ihre Beziehungen zu anderen Menschen erhalten eine ganz andere Qualität, weil die Menschen um Sie herum Ihnen vertrauen, dass Sie das Richtige tun – und nicht etwa, dass Sie Ihre Freunde für einen kurzfristigen Profit verraten.

Wenn Sie uns nicht glauben, dann glauben Sie den Worten des berühmten englischen Philosophen Thomas Hobbes: Er nannte ein Leben, in dem die Menschen nicht ethisch kooperieren würden, »einsam, armselig, betrüblich, brutal und kurz«. Hobbes war der Meinung, dass nur eine von den Menschen gewählte übergeordnete Instanz klar zwischen richtig und falsch unterscheiden könne und in der Lage sei, die Menschen aus ihrem betrüblichen und unerwünschten Zustand zu erheben, damit sie eine Gemeinschaft bilden und Neues schaffen könnten. Ein solches Arrangement wäre sehr viel mehr im Selbstinteresse aller Menschen als ein Dasein im primitiven Naturzustand. In Kapitel 9 finden Sie mehr über Hobbes.

Hobbes' Standpunkt führt einen weiteren Grund für ethisches Handeln an: Selbst wenn Ihr eigenes Leben nicht besonders gut läuft, obwohl Sie nach bestem Wissen und Gewissen ethisch richtig handeln, ist moralisches Verhalten für den Zusammenhalt der Gesellschaft notwendig. Ihr richtiges Handeln unterstützt den Zusammenhalt der Gesellschaft. Wie Hobbes hier vermutlich nicht ohne innere Genugtuung darlegen würde, ist es viel angenehmer für jedermann, in einer Gesellschaft zu leben, die von Zusammenhalt geprägt ist, als in einer Gesellschaft von Lügnern und Betrügern.

Bis hierhin ging es darum, was der Vorteil von ethischem Handeln im Diesseits sein mag. Einige Religionen, vor allem die abrahamitischen des Judentums, des Christentums und Islams, versprechen zusätzlich, dass ethisches Handeln im Diesseits mit Vorteilen im jenseitigen Leben vergolten werden wird. Wenn so ein Versprechen einen religiösen Menschen nicht dazu bringt, ethisch zu handeln (insbesondere angesichts dessen, was im Volksglauben als angedrohte Alternative nach dem Tod erachtet wird), dann ist schwer einzusehen, was einen solchen Menschen überhaupt zum ethischen Handeln bringen soll.

Sie werden ein integres Leben führen!

Wenn es um die Frage nach der Wichtigkeit ethischen Handelns geht, darf man nicht vergessen, dass einige der überzeugendsten Gründe hierfür nichts damit zu tun haben, ob es sich lohnt oder nicht. Ein integres (oder altmodisch: rechtschaffenes) Leben zu führen, ist einer der wichtigsten dieser Gründe. Ethik ist unumgänglich für ein rechtschaffenes Leben, denn sie ermöglicht es – einfach ausgedrückt –, das Richtige zu tun. Keinerlei Integrität zu besitzen, besagt andererseits nichts anderes, als dass man feige oder schwach ist. In unseren Augen sind zwei Bestandteile der Integrität besonders wichtig:

Integrität beschreibt einen Zustand der Ganzheitlichkeit. Anders ausgedrückt, wenn es einem Menschen an Integrität mangelt, dann fehlt seinem Charakter etwas, das er eigentlich haben sollte. Wir nennen das »interne Integrität«. Interne Integrität beinhaltet zuallererst eine klare Vorstellung davon, wer man eigentlich sein möchte. Es beinhaltet eine Vorstellung vom idealen Ich und davon, wie man ein gutes Leben führt. Interne Integrität ist erreicht, wenn die Person, die man ist, mit der Person übereinstimmt, die man sein möchte. Man ist mit sich selbst im Reinen: Was man tun oder wie man sein sollte, erzeugt keinerlei Widerspruch zu dem, was man ist und macht.

In der Lage zu sein, sein jetziges Leben mit dem angestrebten Idealleben zu vergleichen, ist eine typisch menschliche Tätigkeit. Hunde sitzen nicht rum und fragen, was für ein Leben sie führen sollten, und beheulen dann den Mangel an Integrität, wenn ein Widerspruch aufklafft zwischen dem, was ist, und dem, was sein sollte. Freilich sind Sie kein Hund, und ohne Integrität wäre Ihr Leben ziemlich, nun ja, auf den Hund gekommen. Mit sich selbst im Reinen zu leben, ist sehr viel wichtiger als die Frage, ob und wie sich Ethik »lohnt«.

Integrität beinhaltet die Bedeutsamkeit, sein Leben nach ethischen Prinzipien zu leben und danach zu handeln und moralisches Vorbild zu sein. Wir nennen das externe Integrität, und sie weist darauf hin, wie wichtig es ist, dass die Prinzipien, Charaktereigenschaften oder Verhaltensweisen, die Ihre persönliche ideale Lebensweise bilden, auch »wirklich richtig« sind. Der einzige Weg herauszufinden, ob das der Fall ist, ist die Auseinandersetzung mit den ethischen Theorien, die wir in diesem Buch darlegen, und Ihre eigenen Vorstellungen an diesen zu prüfen und zu messen. Falls diese Prüfung Zweifel aufkommen lässt, dann bietet das Buch die nötigen Werkzeuge, um Ihre moralischen Einstellungen zu justieren.

Der Wunsch nach externer Integrität ist dann auch einer der Kernbestandteile der Antwort auf die Frage, weshalb man ethisch handeln sollte: weil es einfach richtig ist. Ist das nicht Antwort genug? Es mag ja nett sein, wenn Ethik und Moral sich langfristig auszahlen (was sie oft tun). Aber sich ganz von der Vorstellung zu lösen, dass Ethik für und aus sich selbst heraus Bestand hat, ist problematisch. Wenn es falsch ist, meine Freundin zu betrügen, dann sollte es egal sein, ob es sich »lohnt«, wenn ich es dennoch tue.

Wie man ein moralisches Leben führt

Für einen ersten Schritt in ein moralisches Leben brauchen Sie die Bereitschaft, tatsächlich ein Leben nach ethischen Prinzipien führen zu wollen. Natürlich ist uns bewusst, dass Sie dieses Buch vielleicht nur lesen, weil Sie wissen wollen, was in der Theorie der Ethik gerade angesagt ist und was nicht, und natürlich hilft Ihnen das Buch auch dabei. Nichtsdestotrotz würden sich mit Sicherheit alle Autoren aller in diesem Buch angesprochenen Theorien freuen, wenn Sie sich beim Lesen dieses Buches Gedanken machen, wie Sie ein ethisches Leben führen können. Der folgende Abschnitt geleitet Sie auf den ersten Schritten entlang dieses Weges.

Bestandsaufnahme: Erkenne dich selbst!

Ihr Versuch, sich darüber klar zu werden, wie Sie Ihr zukünftiges Leben gestalten wollen, sollte damit beginnen, dass Sie sich darüber klar werden, wo Sie jetzt stehen. Die zwei zentralen Bestandteile eben dieses Vorgangs beinhalten, dass Sie sich über Ihre gegenwärtigen Verhaltensweisen und moralischen Weltanschauungen klar werden. Um eine ethische Bestandsaufnahme von sich selbst zu machen, müssen Sie:

Ihre Achtsamkeit ermitteln. Eine achtsame Person achtet darauf, was sie im Alltag tut, wie sie in speziellen Situationen reagiert und was sie als Reaktion auf spezifische Ereignisse empfindet. Eine achtsame Person ist aufmerksam den eigenen Denkmustern gegenüber und sich der Annahmen und Vermutungen bewusst, die den moralischen Kern ihres Daseins formen.

Zeichnen Sie eine Woche lang all Ihre Handlungen, Gedanken und alltäglichen Abläufe auf. Sind Sie nett zu anderen? Distanziert? Essen Sie Fleisch? Achten Sie mehr auf das Gute oder das Schlechte in anderen Menschen? Finden Sie Abtreibung schlecht? Erzeugt die aktuelle Debatte über Folter starke Emotionen in Ihnen? Halten Sie Notlügen für akzeptabel? Finden Sie es in Ordnung, andere nicht so zu behandeln, wie Sie selbst behandelt werden wollen? Trennen Sie den Hausmüll? Sind Sie faul oder fleißig? Behandeln Sie Ihnen Untergebene auf der Arbeit mit Achtung oder nicht?

Erwägen Sie in jedem dieser Fälle, ob Sie Ihre Handlungen für notwendig, verboten oder einfach nur erlaubt halten. Denken Sie darüber nach, ob Ihre Gedanken in ethischen Bahnen verlaufen. Selbstkritik ist hier das A und O. Sie müssen wissen, was Sie tun, was Sie denken und was Sie zu bestimmten Dingen empfinden.

Arbeiten Sie Ihre Weltanschauung heraus. Ihre Weltanschauung zu erkennen, ist wichtig, weil diese Ihren »moralischen Kern« bildet. Sie bildet den Leim, der Ihre Persönlichkeit zusammenhält. Lernen Sie Ihren Kern kennen, indem Sie sich ein paar Fragen stellen: Wenn Sie über Themen nachdenken wie Abtreibung, die Todesstrafe oder die Frage, ob man grundsätzlich alle Menschen gleich behandeln sollte, empfinden Sie dann eine klare Einstellung zu Menschenrechten an sich, zu den Rechten Ungeborener oder zur Würde des Menschen? Schreiben Sie diese Einstellungen auf. Ist Ihnen die Familie wichtig? Einige Tugendethiker setzen das als grundlegend voraus. Ist unnötiges Leid okay? Während Sie lernen, Ihren ethischen Weltanschauungen gegenüber achtsam zu werden, werden Sie gleichzeitig besser darin, sie als solche zu erkennen.

Sie werden feststellen, dass einige Ihrer Handlungen und Einstellungen im Konflikt zueinander stehen. Keine Sorge, das kommt vor. Um innere Integrität zu erlangen, werden Sie diese Konflikte lösen müssen. Aber zum jetzigen Zeitpunkt reicht es, wenn Sie wissen, dass die Konflikte existieren – und die Bereitschaft haben, an diesen Punkten zu arbeiten.

Einen moralischen Rahmen bauen

Obwohl es wichtig ist festzustellen, wo Sie jetzt stehen (siehe voriger Abschnitt), könnten Sie dabei feststellen, dass Ihr gegenwärtiger moralischer Kern nicht stabil ist. Einige Ihrer moralischen Anschauungen könnten ethisch fragwürdig oder gar vollkommen falsch sein. Das herauszufinden, verlangt, dass Sie über ethische Theorien nachdenken, um festzustellen, ob Sie sich aus einigen der darin mitgelieferten Inhalte einen stabilen ethischen Rahmen bauen können. Zugleich verlangt es, dass Sie in der Lage sind, Ihre Anschauungen aus der Sicht gegenläufiger Theorien kritisch zu betrachten. Sie werden aus dieser Auseinandersetzung mit den Theorien und den dazugehörigen verschiedenfältigen Themengebieten und Problemen mit einem stabileren moralischen Kern herausgehen.

Dieses Buch ist bewusst so aufgebaut, dass Sie analysieren können, was Ihr idealer ethischer Rahmen ist. Während Sie sich durch jede der vorgestellten Theorien arbeiten (vor allem in den Teilen II und III), werden Sie jeweils eine andere Vorstellung davon erhalten, was richtig ist und wie man über Moral und Ethik denken sollte. Behalten Sie achtsam Ihre Weltanschauung im Blick und prüfen Sie, welche der Theorien Ihrer eigenen Denkweise am nächsten kommt. Eine der dargelegten Theorien mag Sie ganz besonders ansprechen. Wenn das der Fall ist, versuchen Sie, diese Theorie so weit zu verstehen, wie es notwendig ist, damit Sie sie auf Ihre Weltanschauungen anwenden können. Sich einen Ethikrahmen zu bauen, ist harte Arbeit. Es kann sogar sein, dass Sie einigen der Behauptungen in Ihrer Lieblingstheorie standhaft widersprechen müssen. Aber das ist der Preis, den man für ernsthafte ethische Auseinandersetzung zahlt.

Selbst wenn Sie eine Lieblingstheorie haben, vergessen Sie darüber nicht die übrigen! Betrachten Sie die übrigen Theorien als aktive Kritik an Ihrer eigenen Vorstellung von richtig und falsch. Oder nehmen Sie es sportlich: Schauen Sie, wer die besten Argumente hat. Nehmen Sie jeden Ansatz ernst und betrachten Sie jede Theorie als würdigen Gegner. Denn trotz allem steckt in diesen Theorien vielleicht etwas, das Sie zum Nachdenken anregt oder dazu, Ihrer Weltanschauung hier oder da ein wenig Feinschliff zu geben. Wenn Sie Behauptungen oder Aussagen ablehnen, dann niemals ohne einen guten Grund! Alle vorgestellten Ansätze haben Schwachpunkte und kritische Argumente gegen sie. Selbst wenn Sie also eine ethische Theorie als die für Sie beste auswählen, scheuen Sie nicht davor zurück, hier oder da ein paar verstärkende Argumente aus anderen Theorien hinzuzuziehen.

Das Ziel vor Augen haben

Ihre Weltanschauung zu festigen und sich einen soliden moralischen Kern zu schaffen, sind nur zwei Schritte auf dem Weg hin zu einem ethischen Leben. Zusätzlich dazu, dass Sie ethische Urteile fällen, müssen Sie auch einfach mal den Hintern hochkriegen und Dinge tun! Finden Sie heraus, was Ihre neue Weltanschauung von Ihnen verlangt. Vielleicht verlangt sie Dinge von Ihnen, die Sie gegenwärtig nicht tun. Vielleicht verlangt sie, dass Sie von ein paar Ihrer alten Gewohnheiten lassen. Jammern Sie nicht: Wenn Ethik nicht schwierig ist, ist sie es nicht wert.

Nach ethischen Prinzipien zu leben, findet nicht nur in Ihrem Kopf statt. Sie müssen sich auch ein aktives Leben entlang der von Ihnen gewählten Prinzipien aufbauen. Wenn etwa die von Ihnen gewählten Prinzipien oder Charakterzüge verlangen, dass Sie – wo immer möglich – das Leid auf der Welt mindern, dann könnte das bedeuten, dass Sie aufhören, Fleisch zu essen. Ein wirklich ethisch handelnder Mensch versucht, sich nicht mit vorgeschobenen Entschuldigungen vor solchen Entscheidungen zu drücken. Wenn Sie ein Utilitarist sind (siehe Kapitel 7), dann ist der Verzehr von Fleisch nur schwer zu rechtfertigen. Wenn Sie also den Utilitarismus für die Ihrem eigenen Denken am nächsten kommende Sichtweise halten, ignorieren Sie nicht einfach das Problem, dass da gerade ein herzhaftes Steak auf Ihrem Teller dampft. Sie können Ethik nicht einfach vor die Tür schicken, wenn es gerade mal schwierig wird. Finden Sie heraus, wer beziehungsweise wie Sie sein wollen, und dann ziehen Sie das durch und bemühen Sie sich darum, dass Ihr Leben und Ihre Handlungen Ihre moralischen Weltanschauungen und Werte widerspiegeln. Einen anderen Weg, ethisch und integer zu leben, gibt es nicht.

Basteln Sie sich (Stück für Stück) Ihre eigene Moraltheorie

Mit den Informationen in diesem Kapitel können Sie sich eine erste grobe »Landkarte« Ihrer moralischen Weltanschauungen basteln. Diese Karte ist nichts anderes als eine sehr simple Moraltheorie in Form einer Tabelle. Schreiben Sie in jede vertikale Spalte ein Problem oder eine Handlung, zu der Sie eine moralische Einstellung haben. Dann kreuzen Sie jeweils an, ob Sie das Problem oder die Handlung für ethisch notwendig, erlaubt oder verboten halten. Nehmen Sie als Beispiel diese Tabelle.

Fleisch essen

Am Sabbat arbeiten

Du sollst nicht töten

Ethisch notwendig

x

Ethisch erlaubt

x

Ethisch verboten

x

Versuchen Sie es selbst! Machen Sie eine Tabelle mit so vielen ethischen Themen, wie Ihnen einfallen, und finden Sie heraus, in welches Kästchen das Kreuz gehört. Wenn Sie dann dieses Buch gelesen haben, holen Sie diese Tabelle wieder hervor und schauen Sie nach, welche der Theorien Ihnen zu welchem Thema mehr oder weniger gute Gründe für oder gegen ein jeweiliges Kreuz bieten.

Kapitel 2

Auf Kollisionskurs: Ist Ethik einfach nur Ansichtssache?

IN DIESEM KAPITEL

lernen Sie Subjektivismus und seine Schwächen kennennehmen wir den kulturellen Relativismus unter die Lupebetrachten wir einige Chancen und Herausforderungen des Emotivismus

Eine der weitläufigsten Behauptungen zur Ethik ist die, dass ja doch alles nur eine Frage der Einstellung beziehungsweise eine Ansichtssache sei. Das ist dann die Kurzform dafür, dass man über Moral eigentlich nichts Objektives sagen könne. Aber wenn das so ist, warum lesen Sie dann dieses Buch?

Sicher, wenn zwei Menschen darüber debattieren, was richtig oder falsch ist, sind am Ende oft beide frustriert. Manchmal wird der Frust so stark, dass einer der beiden aufspringt und schreit: »Das ist doch nur deine Meinung!« Und was soll man dazu dann noch sagen? Eine Meinung darf schließlich jeder haben. Wie kann unsere Meinung besser sein als Ihre, gerade wenn es um Ethik geht?

In diesem Kapitel erkunden wir drei Theorien: den Subjektivismus, den kulturellen Relativismus und den Emotivismus. Alle drei versuchen, Ethik auf Meinungen oder Empfindungen zu begründen. Das ist in den Augen einer ganzen Reihe von Philosophen (und Theologen) ein gefährlich schwacher Ansatz. Wir setzen uns hier mit diesen Ansätzen auseinander, weil sie Denkweisen darstellen, die jedem von Zeit zu Zeit vertraut sind – und weil es wichtig ist zu sehen, unter welchen Umständen solche Gedanken einer Kritik nicht standhalten.

Subjektivismus: Ethik ist Ausdruck privater Meinungen

Die Vorstellung, dass Ethik auf Privatmeinungen basiert, mag auf den ersten Blick eingängig sein. In der Tat ist sie für viele Menschen sogar so eingängig, dass Philosophen ihr einen eigenen Namen gegeben haben: Subjektivismus. Der Subjektivismus behauptet, ethische Aussagen sind einfach nur Meinungsaussagen und weiter nichts. Wenn allerdings ethische Aussagen nur Meinungen sind, dann sind ethische Debatten, in denen es schließlich um die Suche nach verbindlichen Urteilen geht, sinnlos. Anders ausgedrückt: Der Subjektivismus glaubt, dass jeder Mensch etwas anderes für richtig oder falsch hält. Richtig oder falsch ist nur eine Meinung. Weil aber jede Meinung gleich viel wert ist, ist jede ethische Debatte letztlich sinnlos.

Man kann sich die Art, wie Subjektivisten über Ethik denken, leicht begreiflich machen, indem man sich Dinge vorstellt, die tatsächlich nur persönliche Meinungen oder Geschmackssache sind. Nehmen wir Pizza. Chris, Autor 1 dieses Buches, ist in New York aufgewachsen und ist, was seine Pizza angeht, ziemlich eigen, um nicht zu sagen stur. (Adam, Autor 2 dieses Buches, ist außerhalb von St. Louis aufgewachsen und sollte zu Pizza lieber nichts sagen.) Aber viele Leute können mit New Yorker Pizza nichts anfangen, vor allem nicht solche aus Chicago. Ein Streit eines New Yorkers mit einem Chicagoer über Pizza dürfte zumindest unterhaltsam sein. Aber ganz am Ende ist die Frage, welche Pizza besser ist, eine Frage des Geschmacks, der persönlichen Präferenz, eben der Meinung zu Pizza. Bis heute hat niemand eine Methode gefunden, um zu messen, welche Pizza die beste ist. Denn Pizza ist Geschmackssache, und Geschmack ist subjektiv.

Für Subjektivisten ist Ethik so etwas wie eine Pizza. Jeder Mensch hat andere Ansichten darüber, was richtig oder falsch ist. Letztlich handeln alle diese Differenzen nicht von etwas Objektivem. Nein, Ethik ist Ansichtssache, also sozusagen Geschmackssache. Wer so argumentiert, kommt in ethischen Diskussionen etwa so weit wie in einer Debatte über die wirklich beste Pizza.

In den folgenden Abschnitten geht es ausführlich darum, wie der Subjektivismus zur Ethik steht. Danach lassen wir uns über ein paar logische Konsequenzen dieser Sichtweise aus, weil eine Menge Philosophen davon ausgehen, dass Subjektivismus am Ende nur zu Widersprüchen führt.

Wir haben beide recht: Die subjektivistische Sichtweise

Subjektivisten glauben, dass Ethik einfach nur Ansichtssache ist. Bloß: Klingen ethische Debatten wirklich nach Streitgesprächen über unterschiedliche Ansichten (wie etwa, was die beste Fußballmannschaft ist oder das knuffigste Haustier)? Nein, oder? Sie klingen nach Gesprächen über etwas sehr viel Wichtigeren (wie politische Teilhabe oder Abtreibung). Laut den Subjektivisten muss, sofern Ethik nur eine Frage von Meinungen ist, folgender allgemeine Satz richtig sein:

»X ist richtig« heißt »X ist richtig für mich«, und »X ist falsch« heißt »X ist falsch für mich«.

Das kann man auch anders formulieren, nämlich: »Ich mag X« beziehungsweise »Ich mag X nicht«. Was die Subjektivisten sagen, ist also nur, dass »X ist richtig« ein anderer Ausdruck ist für »Ich mag X«. Mehr steckt für radikale Subjektivisten hinter der ganzen Ethik nicht!

Vielleicht haben Sie schon vom Relativismus gehört als eine Sicht auf die Ethik, die einigen Menschen Kopfzerbrechen macht. Nun, das hier ist Relativismus! Oder zumindest eine Form davon. Subjektivismus ist eine Form des Relativismus, weil er behauptet, dass richtig oder falsch ganz und gar von unseren eigenen Einstellungen zu etwas abhängen.

Wenn Subjektivisten über Ethik reden, dann gehen sie davon aus, dass es dabei nicht darum geht, was für jemand anderen richtig oder falsch ist. Nein, sagen sie, ethische Aussagen handeln immer nur vom Individuum und dessen Sichtweise – seinen Ansichten, Vorlieben und Abneigungen. Von diesem Ansatz versprechen sich Subjektivisten, einige Probleme zu lösen. Denn im Gefolge des Subjektivismus muss man nicht mehr darüber diskutieren, ob beispielsweise Steuerhinterziehung objektiv richtig oder objektiv falsch sei. Für eine Person kann es richtig sein, seine Steuern, euphemistisch ausgedrückt, flexibel zu handhaben – andere mögen dies als ein unmoralisches Vorgehen verstehen. So lassen sich einige Probleme von vornherein vermeiden. So wie Chris lieber Schokoladeneis mag und Adam lieber Vanille, kann für einen Subjektivisten etwas für eine Person falsch sein und für eine andere richtig. Ethik ist wie Eis (oder Pizza) eine Frage des Geschmacks, und der ist bei jedem anders.

Subjektivismus kann keine Konflikte lösen

Subjektivismus, der behauptet, dass Ethik Ansichtssache ist und Aussagen zur Ethik nur Ausdruck persönlichen Geschmacks sind, ist sicher eine interessante Methode, um einer Menge Debatten einfach aus dem Weg zu gehen. Aber sollte man ihn darum wirklich anwenden?