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Die EU-Entwaldungsverordnung (kurz: EUDR) stellt einen Teil des EU-Green-Deals dar, der durch die EU, als Teilelement zur Zielerreichung der Sustainable Development Goals (SDGs) der UN, erlassen wurde. Konkretes Ziel der EUDR ist es, die weltweite Entwaldung zu reduzieren und damit negativen Effekten entgegenzuwirken, die die Umwandlung von Waldflächen in landwirtschaftlich genutzte Gebiete mit sich bringen. Schützenswert sind dabei insbesondere die Fähigkeit von Wäldern, den Gehalt an Treibhausgasen in der Atmosphäre zu reduzieren, sowie die Erhaltung der Biodiversität durch intakte Waldgebiete. Damit einher geht der Schutz von Rechten indigener Völker und der Menschenrechte im Allgemeinen. Um diese Ziele zu erreichen, wird das Inverkehrbringen, die Bereitstellung auf dem Markt und der Export bestimmter Rohstoffe und Produkte in bzw. aus der EU reguliert. Betroffen sind Holz, Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk und Soja und hieraus erschaffene Erzeugnisse. Ein vollständiges Verbot gilt ab dem 30.12.2024 für nicht entwaldungsfreie Produkte. Hierfür sind Sorgfaltspflichten im Rahmen der Lieferketten-Compliance zu implementieren und anzuwenden. Die Einhaltung der Regelungen muss durch Einreichung einer Sorgfaltserklärung bestätigt werden. Im Falle von Verstößen haben Unternehmen mit verschiedenen Arten von Sanktionen zu rechnen, die neben finanziellen Auswirkungen auch die Reputation des Unternehmens beeinträchtigen können. Hierauf geht vorliegendes Werk ein und soll damit eine erste ausführlichere Einordnung der An- und Herausforderungen der EUDR an Unternehmen ermöglichen.
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Seitenzahl: 148
von
Patrick Orth, LL.M., MBA
Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main
Gender-Hinweis Zur besseren Lesbarkeit wird in diesem Werk überwiegend das generische Maskulinum verwendet. Die verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.
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ISBN: 978-3-8005-1924-8
© 2024 Deutscher Fachverlag GmbH, Fachmedien Recht und Wirtschaft, Frankfurt am Main www.ruw.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Druck: WIRmachenDRUCK GmbH, Backnang
Der Bereich der Lieferketten-Compliance steht unter einem enormen Anpassungsdruck. Insbesondere der europäische Gesetzgeber hat sich das Thema Nachhaltigkeit in der Lieferkette als eines seiner Hauptregulierungsziele gesetzt. Hierzu gehört, neben der derzeit medial durchaus präsenteren Corporate Sustainability Due Diligence Directive, auch das Thema der Entwaldung – was offen gestanden ein etwas seltsamer Begriff ist, vermutlich wäre Waldschädigung eingänglicher. Die Wahl der Bezeichnung der Verordnung ändert aber glücklicherweise nichts daran, dass rechtliche Grundlagen der Nachhaltigkeit essenziell für die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft in Richtung eines nachhaltigen Wirtschaftens bzw. eines nachhaltigen Lebensstils sind und dass dies durch den europäischen Gesetzgeber erkannt wurde. Eine Umsetzung erfolgt nun unter anderem durch die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR).
Wie gut und effizient diese Umsetzung gelungen ist und welche Herausforderungen sich aus dieser ergeben, wird in diesem Werk dargestellt.
Für die Erstellung des Werkes sind nahezu alle verfügbaren Literaturbeiträge Stand April 2024 eingeflossen, was eine umfängliche Beurteilung der Rechtslage erlaubt.
Klar sollte sein – was sich auch im hinteren Teil des Werkes verdichtet –, dass vor allem die EU-Kommission durch Aktualisierungen von FAQ und die Veröffentlichung von Guidelines noch Beiträge zur praktische Umsetzung der Verordnung leisten wird (und muss).
Offenbach, Mai 2024
Patrick Orth
Vorwort
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die EU-Entwaldungsverordnung (EU) 2023/1115
2.1. Ziele der EU-Entwaldungsverordnung und sachlicher Anwendungsbereich
2.1.1. Relevante Rohstoffe und Erzeugnisse
2.1.2. Entwaldung und Waldschädigung
2.1.3. Treibhausgasemission
2.1.4. Biodiversität
2.1.5. Schutz indigener Völker und der Menschenrechte
2.2. Einordnung der EU-Entwaldungsverordnung in bestehende Regelungsgefüge
2.2.1. Die EU-Entwaldungsverordnung im Kontext des EU-Green-Deals und der Sustainable Development Goals
2.2.1.1. Der EU-Green-Deal
2.2.1.2. Die Sustainable Development Goals (SDGs)
2.2.2. Die EU-Entwaldungsverordnung im Kontext der Lieferketten-Compliance
2.2.2.1. Compliance und Compliance Management Systeme (CMS)
2.2.2.2. Lieferketten-Compliance
2.2.3. Die Rechtslage vor der EU-Entwaldungsverordnung
2.3. Die Anforderungen der EU-Entwaldungsverordnung
2.3.1. Das Verbot gemäß Art. 3 EUDR
2.3.1.1. Entwaldungsfrei
2.3.1.2. Übereinstimmung mit nationalen Vorschriften des Erzeugerlandes
2.3.1.3. Sorgfaltserklärung
2.3.2. Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs
2.3.3. Sorgfaltspflicht
2.3.3.1. Informationsbeschaffung
2.3.3.2. Risikobewertung
2.3.3.3. Risikominderung
2.3.3.4. Erleichterungen für KMU, Klein- und Kleinstunternehmen
2.3.3.5. Fazit Sorgfaltspflicht
2.3.4. Weitere Pflichten
2.3.4.1. Einführung von Verfahren und Maßnahmen zur Einhaltung der Sorgfaltspflicht
2.3.4.2. Berichtspflicht
2.3.4.3. Pflicht zur Informationsweitergabe
2.3.5. Vergleich der Sorgfaltspflichten gemäß EUDR mit denen nach dem LkSG
2.4. Behörden, Kontrollen, Sanktionen und Unterstützung
2.4.1. Zuständige Behörde
2.4.2. Möglichkeiten der Kontrolle durch die BLE
2.4.3. Sanktionen und Maßnahmen
2.4.3.1. Vorläufige Maßnahmen
2.4.3.2. Maßnahmen und Sanktionen
2.4.3.3. Berichterstattung durch die Mitgliedstaaten
2.4.4. Unterstützung der Marktteilnehmer durch die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission
2.4.4.1. Das Informationssystem
2.4.4.2. FAQ und Guidelines
2.4.4.3. Die EU-Beobachtungsstelle
2.5. Praktische Herausforderungen und Lösungsansätze
2.5.1. Abhängigkeit von Informationen aus der Lieferkette
2.5.2. Ungewissheit zum Status Quo am 30. Dezember 2024 und erwarteter Aufwand
2.5.3. Erhalt der Konkurrenzfähigkeit am Weltmarkt und Handelsdiskriminierung
2.5.4. Problematik der Vermischungen von Rohstoffen oder Erzeugnissen
2.5.5. Gefahr von Lieferengpässen und signifikanten Preiserhöhungen
2.5.6. Überforderung der zuständigen Behörde und Folgen daraus
2.5.7. Datenschutz und Geschäftsgeheimnisse
3. Schlussbetrachtung
Anhang I
Anhang II
Anhang III
Anhang IV
Literaturverzeichnis
Abs.
Absatz
Art.
Artikel
CMS
Compliance Management System
CO2
Kohlenstoffdioxid
CS3D
Corporate Social Due Diligence Directive
d.h.
das heißt
ErwG.
Erwägungsgrund
EU
Europäische Union
EUDR
European Union Deforestation Regulation
EUTR
European Union Timber Regulation
FAQ
Frequently Asked Questions
f.
folgende
ff.
fortfolgende
FLEGT
Forest Law Enforcement, Governance and Trade
HolzSiG
Holzhandels-Sicherungs-Gesetz
KMU
Kleine und mittlere Unternehmen
LkSG
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Nr.
Nummer
OWiG
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
RL
Richtlinie
Rn.
Randnummer
S.
Seite
s.
siehe
SDG(s)
Sustainable Development Goals
vgl.
vergleiche
VO
Verordnung
Abb. 1: Der europäische Grüne Deal
18
Abb. 2: Verhältnis United Nations/EU/Unternehmen
21
Abb. 3: SDG-Report 2023, Deutschland
22
Abb. 4: Beispielübersicht Lieferkette und Sorgfaltspflichten
72
Entwaldung, entwaldungsfreie Lieferkette und Geolokalisierung. Hierbei handelt es sich um Begrifflichkeiten, die bis dato keine allzu häufige Verwendung im Rahmen der Lieferketten-Compliance aufwiesen. Doch das soll sich nun ändern – zumindest für diejenigen Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der EU-Entwaldungsverordnung fallen.
Mit dieser gesetzlichen Regelung auf EU-Ebene soll der durch die Wirtschaft begründete Rückgang der aus mehrerlei Gründen schützenswerten Waldbestände gestoppt werden. Tatsache ist, dass Wälder einen enormen Nutzen bringen. In ökologischer, wirtschaftlicher, aber auch sozialer Hinsicht. So ist der Wald elementarer Bestandteil für die Regulierung des CO2-Anteils in der Luft, dient er doch als Kohlenstoffsenke1 und wirkt damit dem Klimawandel entgegen.2 Das Holz des Waldes ist darüber hinaus ein wichtiges Wirtschaftsgut, auch oder insbesondere in der heutigen Zeit, wo die Nachfrage nach nachhaltigen Baustoffen spürbar steigt.3 Darüber hinaus verfügen Wälder über den größten Anteil der weltweiten Biodiversität4. Mehr als 80 % der biologischen Vielfalt findet sich dort.5
Zugleich ist jedoch festzustellen, dass die Entwaldung, wie auch die Schädigung des Waldes,6 mit enormer Geschwindigkeit voranschreiten. So wird davon ausgegangen, dass in den 30 Jahren zwischen 1990 und 2020 über 400 Millionen Hektar Wald „verloren gegangen sind“. Das entspricht ca. 10 % der nun noch verbleibenden Wälder und ist eine Fläche, die größenmäßig die Fläche der EU übertrifft.7
Neben dem Klimawandel mit seinen Auswirkungen auf den Wald (etwa dürrebedingte Waldbrände, die Ausbreitung von Schädlingen aufgrund gestiegener Temperaturen etc.), ist die Nutzung der Waldflächen durch die Landwirtschaft treibender Faktor eben dieser Waldschädigungen.8 Letztere soll dabei ca. 90 % des globalen Waldverlustes verantworten.9 Im Umkehrschluss bleiben für Klimawandel und weitere Faktoren somit nur noch 10 %, was die potenzielle Hebelwirkung, die durch eine Regulierung der Entwaldung erzeugt werden kann, eindrücklich verdeutlicht.
An vorgenanntem Umfang der Entwaldung trägt die EU einen beachtlichen Anteil. In den Jahren 1990–2008 hat die EU ca. ein Drittel der mit dem Thema Entwaldung verknüpften weltweit gehandelten landwirtschaftlichen Erzeugnisse erworben und verbraucht.10 Es kann darüber hinaus davon ausgegangen werden, dass sich dieser Verbrauch nicht reduziert, stattdessen weitere 248.000 Hektar Wald pro Jahr bis Ende 2030 „verloren gehen“, allein aufgrund des Konsums innerhalb der EU. Konsum umfasst an dieser Stelle die Nutzung der Rohstoffe Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Soja und Holz, die weltweit die größten Verursacher von Entwaldung sind.11
Die Herstellung dieser, die Entwaldung fördernden Rohstoffe verteilt sich in überwiegender Art und Weise auf die Länder Afrika, Südamerika, Asien, aber auch Nordamerika und Europa sind relevante Regionen für die direkte Entwaldung vor Ort.12
Bezogen auf konkrete Rohstoffe sieht die Verteilung aus wie folgt:
Südostasien: Ölpalme
Zentral- und Westafrika: Kakao und Kaffee
Südamerika: Soja und Rinder.13
Insbesondere Brasilien fällt in diesem Zusammenhang öfter auf. Allein in den Jahren 2001–2015 wurden dort acht Millionen Hektar Wald für den Anbau von Soja gerodet.14
Vor dem Hintergrund, dass die meisten dieser Rohstoffe – wie oben dargestellt – nicht in der EU angebaut oder erzeugt werden, kann an dieser Stelle auch von einer „importierten Entwaldung“ gesprochen werden. An der Verantwortung der Verbrauchenden ändert sich durch das Wort „importiert“ allerdings nichts. Diese Verantwortung ergibt sich aus der Notwendigkeit und Verpflichtung nachhaltigen Lebens auf der Erde, um diese für die nächste Generation und auch darauffolgende Generationen weiterhin bewohnbar zu halten.15
Der in diesem Zusammenhang verwendete (und allgemein anerkannte) Nachhaltigkeitsbegriff ergibt sich aus dem Modell der sog. Triple Bottom Line oder auch Drei-Säulen-Modell genannt. Hiernach umfasst Nachhaltigkeit die drei gleichberechtigten Faktoren Ökologie, Ökonomie und Soziales. Es geht somit um Natur, um Wirtschaft und um die Gesellschaft. Um Umwelt, Ressourcen, aber auch um Wertschöpfung und Wohlstand sowie um Kultur und Gerechtigkeit.16
Interessant vor dem thematischen Hintergrund dieses Werkes ist, dass die erstmalige Verwendung des Begriffs „Nachhaltigkeit“ auf die Forstwirtschaft zurückzuführen ist. Hans Carl von Carlowitz stellte 1713 in seinem Werk „Sylvicultura Oeconomica“ erstmals fest, dass eine nachhaltige Nutzung des Forstes notwendig sei, demnach nur das entnommen werden sollte, was in gleicher Zeit auch nachwachsen kann.17
Daran anlehnend sind nachhaltige Produkte folglich solche, die ökologische, ökonomische und soziale Vorteile im Vergleich zu anderen Produkten mit sich bringen – und dies über den gesamten Lebenszyklus.18
Voranstehendes aufgreifend, hat der europäische Gesetzgeber nun die diesem Praxisleitfaden thematisch zugrunde liegende Verordnung erlassen, die bestehende Regelungen zum Thema Nachhaltigkeit,19 insbesondere in Bezug auf die Entwaldung, ergänzen beziehungsweise ersetzen soll.
Die EU-Entwaldungsverordnung, nachfolgend aus der englischen Bezeichnung „EU-Deforestation-Regulation“ abgeleitet EUDR genannt, wurde am 09. Juni 2023 als Verordnung (EU) 2023/1115 im Amtsblatt der EU verkündet und entfaltet ab dem 30. Dezember 2024 ihre Geltung. Die komplette Bezeichnung der Verordnung lautet:
Verordnung über die Bereitstellung bestimmter Rohstoffe und Erzeugnisse, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen, auf dem Unionsmarkt und ihre Ausfuhr aus der Union sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 995/2010.
Diese Bezeichnung lässt bereits den Anwendungsbereich erahnen. Es geht um eine Regulierung des Inverkehrbringens von Produkten in der EU sowie der Ausfuhr aus dieser, sofern diese Produkte mit der Schädigung des Waldes in Verbindung stehen.
Im Rahmen dieses Praxisleitfadens wird auf die konkreten Anforderungen dieser neuen Regelungen eingegangen. Im Fokus stehen hierbei insbesondere die Pflichten und Anforderungen, die sich für die in den Anwendungsbereich der Verordnung fallenden Unternehmen ergeben. Wichtig sind dabei das Inverkehrbringen, das Bereitstellen auf dem Markt und die Ausfuhr von für die Entwaldung relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse.20
Daneben gilt es, den persönlichen Anwendungsbereich zu definieren21 und die hiervon abhängigen konkreten Pflichten22 der betroffenen Unternehmen aufzuzeigen. Bei diesen Pflichten handelt es sich insbesondere um eine dreistufige Due-Diligence, die aus der Informationsbeschaffung über die relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse sowie deren in der Lieferkette vorgelagerten Händler,23 einer Risikoanalyse darüber, ob die Produkte entwaldungsfrei sind24 und etwaigen Risiko mindernden Maßnahmen25 besteht.
Zuvor soll die EUDR allerdings noch in das Gefüge aus Sustainable Development Goals der United Nations26 und den EU-Green-Deal27 eingeordnet werden. Ferner findet eine Verortung der gegenständlichen Regelung in den Bereich der Lieferketten-Compliance statt.28 Hierbei sollen die Auswirkung, wie auch die Anforderung an die Compliance und an Compliance Management Systeme, herausgearbeitet werden, bevor sodann die konkreten Regelungen und etwaige Sanktionen im Falle der Nichtbeachtung betrachtet werden.
Darauf folgt eine Darstellung der zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Werkes noch bestehenden praktischen Herausforderungen.29 So wird in der Literatur vereinzelt sogar davon ausgegangen, dass sich Unternehmen durch die EUDR zukünftig „vollkommen neu organisieren müssen“.30
Wie weit die durch die EUDR geschaffenen, neuen Anforderungen tatsächlich gehen und was sie Unternehmen konkret abverlangen, soll im Rahmen dieses Werkes aufgezeigt werden.
1
Siehe hierzu Kapitel 2.1.3.
2
ErwG. 1, 3 EUDR; so auch Ofterdinger/Granzow, Entwaldungs- und umwandlungsfreie Lieferketten: Herausforderungen und Lösungsansätze am Beispiel von brasilianischem Soja, WWF Deutschland, S. 18.
3
Wittbrodt, InTeR 2022, S. 20, 20.
4
Siehe zur Biodiversität im Detail, Kapitel 2.1.4.
5
Harings/Hörnig, AW-Prax 2023, S. 435, 435.
6
Siehe zu den Begrifflichkeiten Entwaldung und Waldschädigung, Kapitel 2.1.2.
7
ErwG. 2 EUDR.
8
Von Henn, ZUR 2021, S. 413, 413.
9
Ofterdinger/Granzow, Entwaldungs- und umwandlungsfreie Lieferketten: Herausforderungen und Lösungsansätze am Beispiel von brasilianischem Soja, WWF Deutschland, S. 13.
10
Vgl. ErwG. 18 EUDR.
11
ErwG. 8 EUDR.
12
EU-Kommission, SWD/2021/326, S. 13.
13
EU-Kommission, SWD/2021/326, S. 13.
14
Ofterdinger/Granzow, Entwaldungs- und umwandlungsfreie Lieferketten: Herausforderungen und Lösungsansätze am Beispiel von brasilianischem Soja, WWF Deutschland, S. 9.
15
Vgl. der Ökologische Imperativ nach Hans Jonas, Habeck/Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 38.
16
Holzbaur, Nachhaltige Entwicklung, S. 3, 31f.
17
Hierauf hinweisend: Holzbaur, Nachhaltige Entwicklung, S. 47.
18
Thielen, AW-Prax 2023, S. 487, 488.
19
Siehe hierzu Kapitel 2.2.3.
20
Siehe Kapitel 2.1.1.
21
Siehe Kapitel 2.3.2.
22
Siehe Kapitel 2.3.3. samt Unterkapitel, insb. zu den Ausnahmen für KMU.
23
Siehe Kapitel 2.3.3.1.
24
Siehe hierzu Kapitel 2.3.3.2.
25
Siehe hierzu Kapitel 2.3.3.3.
26
Siehe Kapitel 2.2.1.2.
27
Siehe Kapitel 2.2.1.1.
28
Siehe hierzu Kapitel 2.2.2.
29
Siehe Kapitel 2.5.
30
Hasagic, ZLR4/2023, S. 485, 486, mit dieser Vehemenz alleinstehend. Everhardt, DB 2023, S. 2354, 2354 spricht von erheblichen Anpassungen in lieferkettenbezogenen Unternehmensprozessen; Jüttner/Marx, comply 2023, S. 54, 55 von „etlichen Stolpersteinen für Unternehmen“.
Gemäß Art. 1 der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR), regelt diese das Inverkehrbringen, den Export aus und das Bereitstellen auf dem Markt von relevanten Rohstoffen oder Erzeugnissen in der EU, die zur weltweiten Entwaldung oder Waldschädigung beitragen können. Geltungsbeginn dieser Regulierung für Unternehmen ist der 30. Dezember 2024.
Neben dem konkreten Schutz des Waldes vor Entwaldung oder Schädigung, spielen hierbei insbesondere die damit verbundene Reduktion von Treibhausgasen sowie das Stoppen der stetig sinkenden Biodiversität eine Rolle. Hieraus lassen sich die grundlegenden Ziele der Verordnung, wie auch deren sachlicher Anwendungsbereich ableiten.
So ist der sachliche Anwendungsbereich gemäß Art. 1 EUDR eröffnet, wenn relevante Rohstoffe oder Erzeugnisse angeboten, in Verkehr gebracht oder exportiert werden. Zu den relevanten Rohstoffen zählen neben Holz auch Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalmen, Soja und Kautschuk, vgl. Art. 2 Nr. 1 EUDR.
Dies sind die sieben Rohstoffe, deren Verbrauch in der Europäischen Union den größten Einfluss auf die weltweite Entwaldung hat. Im Rahmen einer Studie wurden dabei konkret folgende prozentuale Anteile an der Entwaldung ausgemacht: 34 % Ölpalme, 32,8 % Soja, 8,6 % Holz, 7,5 % Kakao, 7,0 % Kaffee, 5,0 % Rinder sowie 3,4 % Kautschuk.31
In Abgrenzung zu relevanten Rohstoffen, handelt es sich bei relevanten Erzeugnissen um Produkte, die relevante Rohstoffe beinhalten, die unter deren Nutzung produziert wurden oder aber mit relevanten Rohstoffen gefüttert wurden, Art. 2 Nr. 2 EUDR. Konkretisiert werden diese Erzeugnisse in Anhang I der Verordnung,32 der eine (zunächst) abschließende Liste aller Erzeugnisse, die unter die Verordnung fallen, darstellt.33
Dort wird den einzelnen Rohstoffen, unter Anwendung der zolltariflichen Codierung nach dem Harmonisierten System und der Kombinierten Nomenklatur inklusive der Zolltarifnummer (HS+KN-Code), eine Auflistung relevanter Erzeugnisse zugeordnet.34
Beim relevanten Rohstoff Rinder sind beispielsweise lebende Rinder, deren Fleisch, aber auch Leder und Felle aufgeführt. Für Kakao werden Kakaobohnen, Kakaopulver, aber auch Schokolade oder kakaohaltige Lebensmittel angeführt. Betrachtet man den Rohstoff Kautschuk, finden sich neben Naturkautschuk auch Produkte wie Förderbänder, Treibriemen, Luftreifen und -schläuche. Ähnlich komplex und vielfältig sind die relevanten Erzeugnisse, die sich aus der Ölpalme, Kaffee, Soja und Holz ergeben.
Zu den relevanten Erzeugnissen, die aus zuvor genannten Rohstoffen bestehen, gehören ausdrücklich auch Holzkohle, Druckerzeugnisse und ausgewählte Palmölderivate, die nicht im ursprünglichen Verordnungsentwurf enthalten waren, ihren Weg stattdessen erst im Rahmen der Verhandlungen des Parlaments in den finalen Verordnungstext fanden.35 Insgesamt sind es 71 relevante Erzeugnisse, die anzahlmäßig ihren Schwerpunkt bei auf Holz basierenden Produkten finden.36
Das in Anhang I vor der Kodierung einiger Produkte stehende „ex“ steht hierbei für „Auszug“, was wiederum bedeutet, dass die in der Anlage angeführten Rohstoffe zu einer zolltariflichen Gruppe gehören, hier aber nur ein konkreter Auszug aus dieser Gruppe und nicht die ganze Gruppe in den Anwendungsbereich fällt. Als Beispiel kann „ex 9401“ genannt werden. Diese Gruppe umfasst grundsätzlich Sitzmöbel. In den Anwendungsbereich fallen sollen aber nur solche Sitzmöbel, die aus Holz hergestellt wurden.37
Ausdrücklich nicht zu den relevanten Rohstoffen gehören ferner Produkte, die zwar relevante Rohstoffe enthalten, nicht aber ausdrücklich in Anhang I aufgeführt sind.38 Als Beispiel kann hier Seife angeführt werden, die Palmöl enthalten kann, dennoch nicht unter die EUDR fällt. Anders verhält es sich bei Schokolade, die ein verarbeitetes Produkt auf Basis des relevanten Rohstoffs Kakao ist. Sie steht aber als relevantes Erzeugnis ausdrücklich in Anhang I und unterfällt somit den Regelungen der EUDR.39
Bereits an dieser Stelle wird klar, dass der Name der Verordnung, der zunächst vermuten lässt, dass nur holzbasierte Produkte in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen könnten, nicht wörtlich genommen werden darf. Die Tragweite der Verordnung durch ihren tatsächlichen Anwendungsbereich ist spürbar größer.40 Diese Tragweite wird dadurch verstärkt, dass die EUDR komplett auf Schwellenwerte oder Mindestmengen verzichtet.41
In der Literatur wird ausdrücklich ausgemacht, dass insbesondere Unternehmen aus nachfolgenden Bereichen ein Augenmerk auf die gesetzliche Neuregelung haben sollten:
– Fleisch- und Futtermittelunternehmen;
– Mit Leder handelnde Unternehmen;
– Die Lebensmittel- und Süßwarenindustrie (insbesondere Kaffee, Kakao und Schokolade);
– Die Bau- und Möbelindustrie;
– Unternehmen, die mit Brennholz und Kohle handeln;
– Papierhändler und damit einhergehend auch die Verpackungsindustrie.42
Darüber hinaus fallen auch Verlage und Buchhändler in den Anwendungsbereich der Verordnung,43 ferner sind die Branchen Maschinenbau, die Autoindustrie aber auch die Chemieindustrie betroffen.44
Auf konkrete Unternehmenstätigkeiten bezogen, können somit Unternehmen betroffen sein, die:
1. In der EU ansässig sind und hier relevante Produkte verarbeiten, beispielsweise Kakaobohnen;
2. Nicht in der EU ansässig sind und die relevante Rohstoffe in der EU in Verkehr bringen, beispielsweise Palmöl;
3. In der EU ansässig sind und relevante Rohstoffe innerhalb der EU verarbeiten und in Verkehr bringen, z.B. ein Holzproduzent aus Bayern.45