Extreme Ownership - mit Verantwortung führen - Jocko Willink - E-Book + Hörbuch

Extreme Ownership - mit Verantwortung führen Hörbuch

Jocko Willink

3,0

Beschreibung

Mit Verantwortung zu mehr Erfolg Die Seal-Offiziere Jocko Willink und Leif Babin führten verschiedene Special-Forces-Einheiten erfolgreich durch die blutigen Wirren des Irakkriegs. Um diese ultimativen Stresssituationen zu überstehen, entwickelten sie eine ganz spezielle Kultur der Disziplin und Verantwortung, die sie für die nächste Generation der Seal-Führungsebene zusammengefasst haben. In ihrem Buch erläutern die beiden Elitesoldaten, wie sie ihre Einheiten durch schwierigste Kriegseinsätze führen konnten und demonstrieren, wie ihre effektiven Führungsprinzipien vom Schlachtfeld optimal in das unternehmerische Umfeld, auf Teams und auf den Alltag übertragen werden können. Ihr Erfolgsgeheimnis: Verantwortung für die eigenen Fehler übernehmen, aus den Misserfolgen lernen und auf dieser Grundlage neue Lösungsansätze entwickeln.

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Zeit:9 Std. 29 min

Sprecher:Sebastian Pappenberger
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

 

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

 

6. Auflage 2024

 

© 2019 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

 

© der Orginalausgabe 2015 by Jocko Willink und Leif Babin.

Die englische Originalausgabe erschien 2015 bei St. Martin’s Press unter dem Titel Extreme Ownership.

 

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.

 

Übersetzung: Jordan T. A. Wegberg, Berlin

Redaktion: Matthias Michel, Wiesbaden

Umschlaggestaltung: Laura Osswald, München

Satz und E-Book: Daniel Förster, Belgern

 

ISBN Print 978-3-86881-727-0

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96267-064-1

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96267-065-8

 

 

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.redline-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Für Marc Lee, Mike Monsoor und Ryan Job – drei mutige Kämpfer, SEAL-Teamkameraden und Freunde –, die in den gefährlichen Straßen von Ramadi heldenhaft ihre Maschinengewehre bedienten und ihr Leben hingaben, damit andere leben können.

Inhalt

Vorwort

EinleitungRamadi, Irak: das Dilemma des militärischen Führers

Führung: der wichtigste Faktor von allen

Organisation und Struktur

Teil IDen inneren Krieg gewinnen

Kapitel 1: Extreme Ownership

Ma’laab-Bezirk, Ramadi, Irak: der Nebel des Krieges

Das Prinzip

Geschäftliche Umsetzung

Kapitel 2: Es gibt keine schlechten Teams, nur schlechte Führer

Coronado, Kalifornien: Basic Underwater Demolition/SEAL-Ausbildung

Das Prinzip

Geschäftliche Umsetzung

Kapitel 3: Glaube

Sharkbase, Camp Ramadi, Irak: Mission mit Fragezeichen

Das Prinzip

Geschäftliche Umsetzung

Kapitel 4: Das Ego unter Kontrolle halten

Camp Corregidor, Ramadi, Irak: Willkommen in Ramadi

Das Prinzip

Geschäftliche Umsetzung

Teil IIDie Gesetze des Kampfes

Kapitel 5: Deckung und Bewegung

Süd-Ramadi, Irak: Die Flanke decken

Das Prinzip

Geschäftliche Umsetzung

Kapitel 6: Einfach

COP Falcon, Ramadi, Irak: auf in den Kampf

Das Prinzip

Geschäftliche Umsetzung

Kapitel 7: Prioritäten setzen und ausführen

Süd-Ramadi, Irak: Das Wespennest

Das Prinzip

Geschäftliche Umsetzung

Kapitel 8: Dezentrales Kommando

Süd-Ramadi, Irak: Abrechnung

Das Prinzip

Geschäftliche Umsetzung

Teil IIIDen Sieg bewahren

Kapitel 9: Planung

Ramadi, Irak: Geiselrettung

Das Prinzip

Geschäftliche Umsetzung

Kapitel 10: Führen innerhalb der Befehlskette

Führung nach unten

Das Prinzip

Führung nach oben

Das Prinzip

Geschäftliche Umsetzung

Kapitel 11: Entschlossenheit bei Ungewissheit

Scharfschützenüberwachung, Ramadi, Irak: ins Schwarze treffen

Das Prinzip

Geschäftliche Umsetzung

Kapitel 12: Disziplin gleich Freiheit – der Zwiespalt des Führens

Bagdad, Irak: Disziplinwandel

Das Prinzip

Geschäftliche Umsetzung

Nachwort

Über die Autoren

Vorwort

»Da war ich nun also …«

Viele verklärende Kriegsgeschichten fangen so an. In den SEAL-Teams machen wir uns lustig über Leute, die mit ausgeschmückten Geschichten über ihre Heldentaten aufwarten. Wenn wir im Scherz davon erzählen, was ein SEAL getan hat, beginnt eine typische Kriegsgeschichte so: »Tja, da war ich nun also … Ich sag euch, ohne Scheiß, bis zu den Knien stand ich in Handgranatensplinten …«

Dieses Buch soll kein verklärender Kriegsbericht von zwei Individuen sein. Als SEALs operieren wir in einem Team hoch qualifizierter, vielseitig begabter Individuen, welche die vielleicht härteste militärische Ausbildung und das rigoroseste Auswahlverfahren der Welt durchlaufen haben. Doch bei der Zielsetzung der SEALs geht es ausschließlich um das Team – die Summe ist weitaus größer als die Teile. Unsere professionelle Kriegsführungsgemeinschaft bezeichnen wir einfach als »die Teams«, und wir nennen uns selbst »Teamkameraden«. In diesem Buch beschreiben wir Kampfeinsätze und Ausbildung der SEALs aus unserem Blickwinkel – und übertragen unsere Erfahrungen auf Führungs- und Managementmethoden in der Geschäftswelt.

Doch bei unseren SEAL-Einsätzen ging es nicht um uns als Individuen; unsere Geschichten handeln von dem SEAL-Zug und der Task Unit, die zu führen wir das Glück hatten. Chris Kyle, SEAL-Scharfschütze (»Sniper«) und Autor des Bestsellers American Sniper, der als Vorlage für den gleichnamigen Film diente, war ein Angehöriger dieses Zuges (»Platoon«) und dieser Task Unit – führender Scharfschütze bei der Einheit »Charlie Platoon« und Point Man, also der vorangehende Soldat in einer Patrouille, in der Task Unit »Bruiser«. Er spielte eine Rolle in den Kampfbeispielen in diesem Buch, genau wie eine Reihe anderer Teamkameraden, die zwar Anerkennung verdienen, aber außerhalb des Rampenlichts bleiben. Die Kriegsgeschichten in diesem Buch sind keineswegs nur allein unsere, sondern sie stammen von den Brüdern und Vorgesetzten, unter denen wir dienten und an deren Seite wir kämpften – dem Team. Die Szenarien schildern, wie wir Hindernissen als Team begegneten und die Herausforderungen gemeinsam meisterten. Schließlich kann es ohne Team keine Führung geben.

Zwischen dem Ende des Vietnamkriegs und dem Beginn des weltweiten Kampfs gegen den Terrorismus war das amerikanische Militär dreißig Jahre lang in keinerlei anhaltende Kampfhandlungen involviert. Sieht man von einigen Konflikten wie Grenada, Panama, Kuwait, Somalia ab, so verfügte im Führungspersonal des US-Militärs nur eine Handvoll über irgendeine tatsächliche, substanzielle Kampferfahrung. Bei den SEAL-Teams waren das die »mageren Jahre«. Mit dem Dienstausscheiden derjenigen, die im vietnamesischen Dschungel in heftige Schlachten verwickelt gewesen waren, verblassten auch ihre Lektionen in Sachen Führung und Kampf.

Das alles änderte sich am 11. September 2001, als die schrecklichen Terrorangriffe auf eigenem Boden die Vereinigten Staaten erneut in einen anhaltenden Konflikt verwickelten. Über ein Jahrzehnt kontinuierlicher Kriegsführung und massiver Kämpfe im Irak und in Afghanistan brachten eine neue Generation von Führungskräften in den Rängen der amerikanischen Streitkräfte hervor. Sie wurden nicht durch theoretischen Unterricht in Schulungsräumen geprägt, sondern durch praktische Erfahrungen an vorderster Front.* Theorien über Führung wurden im direkten Einsatz erprobt; Hypothesen unter Beschuss genommen. In den Rängen des US-Militärs wurden vergessene Kriegslektionen neu geschrieben – mit Blut. Einige Führungsprinzipien, die in der Ausbildung entwickelt worden waren, erwiesen sich im Kampf als wirkungslos. Daher wurden effektive Führungsqualitäten gefördert, während solche, die sich als impraktikabel erwiesen, verworfen wurden, und das brachte eine neue Generation von militärischen Führern aus allen Rängen unserer Streitkräfte – Army (Heer), Marine Corps (Marineinfanterie, kurz Marines), Navy (Marine) und Air Force (Luftwaffe) – und denen unserer Verbündeten hervor. Die US Navy-SEALs standen an der Spitze dieses Führungswandels; aus den Triumphen und Tragödien des Krieges traten sie mit einem zugespitzten Verständnis dessen hervor, was nötig ist, um unter den schwierigsten Bedingungen erfolgreich zu sein.

Es gibt viele Kriegsgeschichten in dieser neuen Generation von Kampfführern. Nach Jahren erfolgreicher Operationen, darunter der heldenhafte Einsatz, bei dem Osama bin Laden getötet wurde, haben die US-Navy-SEALs das Interesse der Öffentlichkeit geweckt und mehr Aufmerksamkeit auf sich gelenkt, als den meisten von uns lieb war. Diese Herausstellung hat auch ein Licht auf Aspekte unserer Organisation geworfen, die hätten geheim bleiben sollen. Wir haben beim Schreiben dieses Buches darauf geachtet, den Schleier nicht noch weiter zu lüften. Wir sprechen nicht über geheime Einsätze oder verstoßen gegen Verschwiegenheitsklauseln im Zusammenhang mit den von uns durchgeführten Operationen.

Zahlreiche SEAL-Erinnerungen wurden zu Papier gebracht – einige von erfahrenen und angesehenen SEALs, welche die Heldentaten und Errungenschaften unserer Truppe überliefern wollten, andere dagegen von solchen, die sich nur wenig Respekt unter ihresgleichen verdient und nie viel zu unserer Gemeinschaft beigetragen haben. Wie viele unserer SEAL-Kameraden haben auch wir die Augen verdreht, als auf einmal Bücher über unsere Organisation veröffentlicht wurden.

Warum, könnte man nun fragen, haben wir uns dann ebenfalls zum Schreiben eines Buches entschlossen? Als Einsatzführer haben wir gleichermaßen durch Erfolg wie durch Misserfolg extrem wertvolle Lektionen gelernt. Wir haben Fehler gemacht und daraus gelernt, wir haben entdeckt, was funktioniert und was nicht. Wir haben SEAL-Führungskräfte ausgebildet und beobachtet, wie sie Prinzipien umsetzten, die wir mit demselben Erfolg in schwierigen Operationsgebieten gelernt hatten. Und als wir mit Unternehmen im zivilen Bereich zusammenarbeiteten, erkannten wir auch hier, wie die Prinzipien, denen wir bei der Einsatzführung gefolgt waren, den von uns gecoachten Firmen und Führungskräften zum Erfolg verhalfen. Viele Menschen, sowohl in den SEAL-Teams als auch in den Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiteten, haben uns gebeten, die von uns vermittelten Lektionen auf so genaue Weise zu niederzuschreiben, dass Führungskräfte daraus lernen können.

Wir haben das vorliegende Buch geschrieben, um diese Führungsprinzipien für künftige Generationen festzuhalten, damit sie nicht in Vergessenheit geraten und solche entscheidenden Lektionen nicht ganz neu gelernt werden müssen, wenn weitere Kriege beginnen und enden – neu geschrieben mit noch mehr Blut. Wir haben das Buch geschrieben, damit die Führungslektionen weiterhin auf Teams jenseits des Schlachtfelds in allen Führungssituationen wirken können – in jedem Unternehmen, jeder Abteilung oder jeder Organisation, in denen eine Gruppe von Menschen ein Ziel verfolgt und eine Mission erfüllen will. Wir haben dieses Buch für Führungskräfte in allen Bereichen geschrieben, um anhand der von uns vermittelten Prinzipien zu führen und zu gewinnen.

Wer sind wir, dass es uns zusteht, ein solches Buch zu schreiben? Es scheint, als halte sich jeder, der ein Buch über Führungsmethoden verfassen zu können glaubt, für den Inbegriff dessen, wonach jede Führungskraft streben sollte. Aber wir sind keineswegs perfekt. Wir wachsen und lernen als Führungskräfte mit jedem neuen Tag, so wie das jeder Vorgesetzte muss, der wirklich ehrlich mit sich selbst ist. Wir hatten einfach das Glück, mit einer Reihe von Führungsaufgaben betraut gewesen zu sein, die uns wertvolle Lektionen vermittelt haben. Dieses Buch ist unser Versuch, diese Lektionen weiterzugeben, nicht vom Katheder herab oder aus einer Position der Überlegenheit heraus, sondern mit der Bescheidenheit, die immer noch die Narben unseres Scheiterns zeigt.

Wir sind Jocko Willink und Leif Babin, SEAL-Offiziere, die gemeinsam während der Operation Iraqi Freedom im irakischen Ramadi gedient haben. Dort wurden uns die demütigenden Prüfungen des Krieges nur allzu vertraut. Wir hatten das Glück, starke Teams – Siegerteams – aufzubauen, auszubilden und zu führen, die sich als überaus effektiv erwiesen. Die Gefahren der Selbstgefälligkeit haben wir aus erster Hand mitbekommen, denn wir dienten auf einem Feld, auf dem die Möglichkeit, jederzeit von einer großen Streitkraft gut bewaffneter Feinde überrannt zu werden, sehr real war. Wir wissen, was Scheitern bedeutet – zu verlieren, überrascht zu werden, ausgetrickst oder einfach geschlagen zu werden. Diese Lektionen waren die schwersten, aber vielleicht die wichtigsten. Wir haben gelernt, dass Führung den Glauben an die Mission und den unnachgiebigen Willen zum Sieg erfordert, insbesondere wenn Zweifler die Möglichkeit dieses Sieges infrage stellen. Als SEAL-Führer haben wir eine Reihe von Führungslektionen sowie Methoden für den Management- und Organisationserfolg entwickelt, getestet, bestätigt und verstanden. Dann haben wir das SEAL-Führungstraining aufgebaut und durchgeführt und mitgeholfen, die Doktrin für die nächste Generation von SEAL-Führern zu verfassen.

Unsere SEAL-Einheit diente in den Wirren dessen, was als »Schlacht von Ramadi« bekannt geworden ist. Aber dieses Buch ist nicht als historische Darstellung dieser Kampfoperationen gedacht. In einem begrenzten Umfang wie diesem können wir niemals die Geschichte von Einsatz und Aufopferung all der amerikanischen Soldatinnen und Soldaten erzählen, die dort gedient, gekämpft, ihr Blut gegeben und ihr Leben verloren haben. Wir – die Autoren und die SEALs, an deren Seite wir in Ramadi gedient haben – waren über die Maßen beeindruckt von dem Mut, der Hingabe, der Professionalität, der Selbstlosigkeit und der Opferbereitschaft der Einheiten, mit denen zusammen wir sowohl in der 2. Brigade, 28. Infanterie­brigade als auch in der 1. Brigade, 1. Panzerdivision gekämpft haben – dem Ready First Brigade Combat Team. Dazu gehört eine herausragende Liste von mutigen und legendären Einheiten sowohl der Army als auch des Marine Corps. Es bräuchte ein ganzes Buch (oder eine Buchreihe), um ihre Heldenhaftigkeit und ihre unverbrüchliche Hingabe an die Mission und an unser Land auch nur annähernd detailliert zu schildern. Gott segne sie alle.

Zu diesem Band der Bruderschaft, das den Kampf um Ramadi bestritt, gehörte unsere SEAL-Einheit, die Naval Special Warfare Task Unit Bruiser. Um es noch einmal zu wiederholen: Die in den folgenden Kapiteln geschilderten Kampferfahrungen sind keine historische Darstellung. Wir haben Zitate genutzt, um die Botschaft von Gesprächen zu vermitteln, die wir führten, aber sie sind sicher nicht wortgetreu und unterliegen den Zeitläufen, den Beschränkungen des Buchformats und der Lückenhaftigkeit der individuellen Erinnerung. Unsere in diesem Buch geschilderten Kampferfahrungen wurden sorgfältig bearbeitet oder verändert, wenn es nötig war, spezielle Taktiken, Techniken und Vorgehensweisen zu verschleiern und geheime Informationen darüber zu schützen, wann und wo bestimmte Operationen stattgefunden haben und wer daran beteiligt war. Das Manuskript wurde dem US-Verteidigungsministerium zur Prüfung und zur Abstimmung mit den Sicherheitsregeln der Landesverteidigung zugesandt. Wir haben unser Möglichstes getan, um die Identitäten unserer Brüder in den SEAL-Teams zu schützen, mit denen wir gedient haben, und um Schaden von denen abzuwenden, die immer noch im Dienst sind. Sie sind stille Profis und jagen nicht nach Anerkennung. Wir nehmen die Verantwortung sehr ernst, sie mit der größtmöglichen Seriosität zu schützen.

Dieselbe Vorsicht haben wir in Bezug auf die restlichen Soldaten des Ready First Brigade Combat Team walten lassen. Wir verwenden fast ausschließlich die Rangbezeichnungen, um diese tapferen Soldaten und Marines zu kennzeichnen. Das dient keineswegs dem Zweck, von ihrer Leistung abzulenken, sondern nur dem Schutz ihrer Privatsphäre und persönlichen Unversehrtheit.

Das Gleiche gilt für die Kunden unserer Führungs- und Managementberatungsfirma Echelon Front, LLC zu schützen. Wir nennen keine Unternehmensnamen, haben die Namen von Personen geändert, branchenspezifische Informationen abgewandelt und in einigen Fällen die Positionen der Führungskräfte und die Branchen verändert, um die Identität der Personen und der Firmen zu schützen. Diese Vertraulichkeit ist unantastbar. Auch wenn die in der Geschäftswelt erlernten Lektionen unmittelbar auf unseren tatsächlichen Erfahrungen basieren, haben wir in einigen Fällen Situationen miteinander kombiniert, Zeitabläufe verkürzt und Geschichten angepasst, um die Grundsätze deutlicher hervorzuheben, die wir darstellen wollen.

Die Idee zu diesem Buch ist aus der Erkenntnis erwachsen, dass die für den Kampferfolg der SEALs entscheidenden Prinzipien – wie sie ihre Führungskräfte ausbilden und vorbereiten, wie sie Hochleistungsteams aufbauen und entwickeln und wie sie sich im Kampf behaupten – unmittelbar auf den Erfolg jeder Gruppe, jeder Organisation, jedes Konzerns, jedes Unternehmens und auf breiterer Basis auch auf den Erfolg im Leben anwendbar sind. Dieses Buch vermittelt Ihnen, den Lesern, unsere Erfolgsformel: die Einstellung und die Leitprinzipien, die SEAL-Führer und Kampfeinheiten in die Lage versetzen, außergewöhnliche Ergebnisse zu erzielen. Es zeigt Ihnen, wie sie sich unmittelbar auf das Geschäfts- und auch auf das Privatleben anwenden lassen, um Siege zu erringen.

* Da es auf der Grundlage der Führungslektionen, die wir an der Front des Schlachtfelds gelernt haben, basiert, nannten wir unser Unternehmen Echelon Front, LLC.

EinleitungRamadi, Irak: das Dilemma des militärischen Führers

Leif Babin

Nur das leise Klopfen von Dieselmotoren war zu hören, als der Konvoi von Humvees** eine Pause am Rande der Kanalstraße einlegte. Bewirtschaftete Felder und Dattelpalmenhaine breiteten sich ringsum in alle Richtungen aus und verschmolzen mit der Dunkelheit. Die Nacht war still. Nur das Bellen eines Hundes in der Ferne und das einsame Flackern eines Lichtes deuteten auf das vor uns liegende irakische Dorf hin. Wenn die nachrichtendienstlichen Berichte stimmten, beherbergte dieses Dorf einen hochrangigen Terroristenanführer und vielleicht seine Entourage gut bewaffneter Kämpfer. Vom Konvoi aus war kein Licht zu sehen, Dunkelheit verbarg die Straße und den Großteil der Umgebung für das bloße Auge. Doch durch das grüne Glimmen unserer Nachtsichtbrillen konnten wir eine Vielzahl von Aktivitäten erkennen: ein Zug von Navy SEALs mit Helmen, Schutzanzügen, Waffen und Ausrüstung, daneben eine Gruppe irakischer Soldaten, die von den Fahrzeugen abgestiegen waren und sich rasch in Marschformation aufstellten.

Ein Bombenräumtechniker ging voraus und überprüfte eine Erdbrücke, die sich weiter vorne über den Kanal spannte. Oft platzierten die Aufständischen an solchen Engpässen tödlichen Sprengstoff. Manche Ladungen waren stark genug, um ein ganzes Fahrzeug und alle seine Insassen in einem plötzlichen Inferno von umherfliegenden Metallsplittern und flammender Hitze auszulöschen. Im Augenblick schien der Weg frei zu sein und die Sturmtruppe aus SEALs und irakischen Soldaten überquerte die Brücke vorsichtig zu Fuß in Richtung einer Gebäudegruppe, in der die Terroristen Zuflucht gesucht haben sollten. Der berüchtigte irakische al-Qaida-Führer, um den es ging, war ein besonders bösartiger Aufständischer, der für den Tod von amerikanischen Soldaten, irakischen Sicherheitskräften und unschuldigen Zivilisten verantwortlich war und der Festnahme seit Monaten erfolgreich entkommen. Jetzt war die entscheidende Gelegenheit gekommen, ihn gefangen zu nehmen oder zu töten, ehe er seinen nächsten Anschlag durchführen konnte.

Die SEAL-Einheit marschierte die schmale Straße zwischen den hohen Mauern der Wohngebäude hinauf und bewegte sich auf die Tür des Zielgebäudes zu.

BUMM!

Die heftige Erschütterung der Sprengladung zersplitterte die Stille der Nacht. Die Bewohner des Hauses wurden äußerst unsanft geweckt, als die Tür nach innen einstürzte und kampfbereite schwer bewaffnete Männer hereinstürmten, die Gewehre im Anschlag. Die Humvees drängten über die Brücke und die enge Straße entlang, die gerade genügend Platz für ein einzelnes Fahrzeug bot, und nahmen ihre Sicherungspositionen rund um das Zielgebäude ein. Im Geschützturm jedes Fahrzeugs befand sich ein SEAL, der ein schweres Maschinengewehr bediente und bereit war zu feuern, falls die Dinge aus dem Ruder liefen. Ich war der Befehlshaber der Bodentruppen, der leitende SEAL bei dieser Mission. Gerade war ich aus dem Kommandofahrzeug gestiegen und hatte meinen Fuß auf die Straße in der Nähe des Zielgebäudes gesetzt, als plötzlich jemand schrie: »Wir haben einen Squirter!« Es war unser Minenentschärfer, der den »Squirter« entdeckt hatte, also jemanden, der aus dem Zielgebäude flüchtete. Vielleicht war es der Terrorist selbst oder jemand, der Informationen über seinen Aufenthaltsort hatte. Wir konnten nicht zulassen, dass er uns entkam. Der Minenentschärfer und ich waren die Einzigen, die sich in der Position befanden, ihn verfolgen zu können, also rannten wir hinter dem Mann her. Wir jagten ihn eine enge Gasse entlang, um einige Häuser herum und dann eine andere dunkle Gasse herunter, die parallel zu der Straße verlief, in der unsere Humvees standen. Schließlich hatten wir ihn eingeholt, einen Iraker mittleren Alters im traditionellen arabischen Gewand, der Dischdascha. Wie wir es in unserer Ausbildung gelernt hatten, zwangen wir ihn rasch zu Boden und fixierten seine Hände. Er hielt keine Waffe in den Händen, aber er hätte eine Handgranate in der Tasche oder, schlimmer noch, einen Sprengstoffgürtel unter seiner Kleidung haben können. Jeder, der mit einem derart hochrangigen Terroristen in Verbindung stand, konnte solche tödlichen Waffen bei sich tragen, und wir konnten uns nicht erlauben, das nicht zu vermuten. Um sicher zu gehen, musste er rasch durchsucht werden.

In diesem Augenblick wurde mir bewusst, dass wir vollkommen allein auf der Welt waren, gänzlich abgeschnitten von unserer Einheit. Der Rest unseres SEAL-Trupps wusste nicht, wo wir waren. Es war nicht genügend Zeit gewesen, sie zu benachrichtigen. Ich wusste nicht einmal genau, wo wir uns im Verhältnis zu ihrer Position befanden. Um uns herum waren verdunkelte Fenster und Dächer nicht durchsuchter Gebäude, auf denen feindliche Kämpfer lauern konnten, die bereit waren, uns jeden Augenblick anzugreifen und zur Hölle zu schicken. Wir mussten zurück und uns schnellstmöglich mit unseren Kameraden in Verbindung setzen.

Doch noch ehe wir den Mann mit Handschellen fesseln und nach Waffen abklopfen konnten, hörte ich, wie sich etwas bewegte. Als ich durch meine Nachtsichtbrille die Straße entlangschaute, bogen plötzlich sieben oder acht Männer keine vierzig Meter von uns entfernt um die Ecke. Sie waren schwer bewaffnet und kamen rasch auf uns zu. Einen Sekundenbruchteil lang bezweifelte mein Verstand, was meine Augen sahen. Doch dann erkannte ich sie: die unverwechselbaren Umrisse von AK-47-Sturmgewehren, eine Panzerbüchse vom Typ RPG-7*** und mindestens ein Maschinengewehr samt Munitionsgürtel. Die Kerle waren nicht gekommen, um uns die Hand zu schütteln. Das waren bewaffnete Feinde im Angriffsmodus.

Wir waren ganz schön in der Bredouille. Den möglichen Terroristen hatten wir zwar festnehmen, aber noch nicht auf Waffen durchsuchen können, was ein erhebliches Risiko darstellte. Wir mussten zurück zu unserer Truppe, standen aber einer zahlen- und waffenmäßig überlegenen Gruppe feindlicher Kämpfer gegenüber. Statt mich noch länger mit dem Gefangenen aufzuhalten, musste ich schleunigst zurück in meine Rolle als Befehlshaber der Bodentruppen, den Sturmtrupp und unsere Fahrzeuge befehligen und kontrollieren sowie mich um die Koordination mit unseren aus der Ferne agierenden Unterstützungskommandos kümmern. All das war dringend zu erledigen.

Zwar war ich schon vorher in Einsätzen im Irak gewesen, aber noch nie in einer Situation wie dieser. Kampfhandlungen werden oft in Filmen und Videospielen abgebildet, doch das hier war kein Film und alles andere als ein Spiel. Das hier waren schwer bewaffnete und gefährliche Männer voller Entschlossenheit, amerikanische und irakische Soldaten zu töten. Wenn einer von uns ihnen in die Hände fiel, konnten wir damit rechnen, auf unvorstellbare Weise gefoltert und dann vor laufender Videokamera enthauptet zu werden, damit alle Welt dabei zuschauen konnte. Sie wollten nichts mehr, als uns zu töten, und waren dafür bereit, dutzendweise zu sterben.

Während das Adrenalin durch meine Blutbahn schoss, wusste ich, dass jede Nanosekunde zählte. Diese Situation hätte die kompetentesten Führungskräfte und die erfahrensten Kriegsveteranen aus dem Konzept bringen können. Doch in meinem Kopf erklangen die Worte meines unmittelbaren Vorgesetzten – unseres Truppenkommandanten Lieutenant Commander Jocko Willink –, Worte, die ich in einem ganzen Jahr intensiver Ausbildung und Vorbereitung immer wieder gehört hatte: »Bleibt ruhig. Schaut euch um. Trefft eine Entscheidung.« Unser SEAL-Zug und unsere Einheit hatten Dutzende von verzweifelten, chaotischen und schwer zu bewältigenden Situationen geübt, um genau auf einen solchen Augenblick vorbereitet zu sein. Ich erkannte, wie ich die Gesetze des Kampfes umsetzen konnte, die Jocko uns gelehrt hatte: Deckung und Bewegung, Einfachheit, Prioritäten setzen und ausführen sowie Dezentrales Kommando. Die Gesetze des Kampfes waren der Schlüssel, nicht nur um eine schlimme Situation wie diese zu überleben, sondern um tatsächlich daran zu wachsen, um uns in die Lage zu versetzen, den Feind vollständig zu beherrschen und zu gewinnen. Sie lenkten meine nächsten Schritte.

Prioritäten setzen: Wenn ich mich bei all den drängenden Aufgaben nicht als Erstes um die bewaffneten feindlichen Kämpfer kümmerte, die sich uns näherten, käme es innerhalb der nächsten paar Sekunden auf gar nichts mehr an. Wir wären tot. Schlimmer noch, die Feinde würden ihren Angriff fortsetzen und noch weitere Kameraden unserer SEAL-Einsatztruppe töten. Das war meine oberste Priorität.

Ausführen: Ohne zu zögern trat ich den auf uns zukommenden Feinden mit meinem Colt-M4-Karabiner entgegen und schoss dem ersten Aufständischen in der Reihe, der die RPG trug, drei oder vier Salven in die Brust, ins Todeszentrum. Als er zusammenbrach, lenkte ich das Feuer rasch auf den nächsten Halunken, dann auf den nächsten. Das Mündungsfeuer und die Schüsse kündigten allen in Hörweite an, dass ein Gefecht im Gange war. Die Angreifer hatten damit nicht gerechnet. Sie gerieten in Panik, und diejenigen, die noch laufen konnten, traten einen hastigen Rückzug in die Richtung an, aus der sie gekommen waren. Einige krochen, andere zerrten die Verwundeten und Sterbenden um die Straßenbiegung und außer Sichtweite, während ich sie weiterhin beschoss. Ich wusste, dass ich mindestens drei oder vier von ihnen getroffen hatte. Auch wenn die Salven präzise gewesen waren und die Körpermitte der Feinde getroffen hatten, waren die 5.56-mm-Geschosse einfach zu klein, um viel Schaden anrichten zu können. Jetzt waren die Kerle um die Ecke verschwunden, einige von ihnen zweifellos tot oder schwer genug verletzt, um bald zu sterben. Doch mit Sicherheit würden sich diejenigen, die unverletzt geblieben waren, erneut zusammenrotten und noch einmal angreifen, wahrscheinlich mit weiteren Kämpfern an ihrer Seite.

Wir mussten hier weg. Die Zeit reichte nicht aus für einen komplexen Plan. Ich verfügte auch nicht über den Luxus, meinem Waffenbruder, dem Minenentschärfer gleich neben mir, konkrete Anweisungen zu geben. Aber wir mussten umgehend handeln. Nachdem wir die Aufgabe mit der höchsten Priorität erledigt hatten – bewaffnete feindliche Kämpfer im Angriffsmodus – und diese Bedrohung (zumindest vorübergehend) unter Kontrolle war, bestand unsere nächste Priorität darin, zurückzukehren und uns wieder mit unserem SEAL-Einsatzkommando zusammenzuschließen. Zu diesem Zweck nutzten wir die Methode Deckung und Bewegung. Ich gab meinem Kameraden Feuerschutz, während er in eine Position rannte, aus der er mir Deckung verschaffen konnte. Dann bewegte ich mich zu einer neuen Position, aus der heraus ich wieder ihn decken konnte. Auf diese Weise bahnten wir uns mit dem Gefangenen im Schlepptau den Weg zurück zu unserem übrigen Team. Sobald wir im Schutz einer Betonmauer in einer angrenzenden Gasse waren, hielt ich mein Gewehr schussbereit, während mein Gefährte den Gefangenen rasch durchsuchte. Nachdem er keine Waffen gefunden hatte, setzten wir den Rückweg fort, stießen wieder zu unserem Team und übergaben dort den Gefangenen an die in unserer Truppe dafür zuständigen Kameraden. Dann übernahm ich wieder meine Rolle als Kommandeur der Bodentruppen und wies den für die Fahrzeuge zuständigen Kommandanten an, einen Humvee mit einem .50er-Maschinengewehr an eine Position zu bringen, von der aus wir weitere Angriffe aus der Richtung abwehren konnten, aus der die feindlichen Kämpfer gekommen waren. Anschließend ließ ich unsere SEAL-Funker mit unserem meilenweit entfernten Tactical Operations Center (TOC) Kontakt aufnehmen, um es zu informieren und Unterstützung aus der Luft koordinieren zu lassen.

In der nächsten halben Stunde versuchten die Aufständischen einen Angriff auf uns und feuerten Hunderte Geschosse in unsere Richtung ab. Doch wir blieben ihnen immer einen Schritt voraus und schlugen ihre Attacken wiederholt zurück. Der Mann, den wir gefangen genommen hatten, war, wie sich herausstellte, nicht unsere Zielperson. Er wurde kurz einer Befragung unterzogen und arrestiert, dann aber freigelassen. In dieser Nacht fanden wir unsere Zielperson nicht. Der irakische al-Qaida-Führer war offensichtlich schon vor unserer Ankunft verschwunden. Aber wir töteten zumindest eine Handvoll seiner Leute und erhoben wertvolle Informationen über sein Vorhaben und seine Organisation. Auch wenn die Operation ihr Hauptziel nicht erreicht hatte, zeigten wir dem Terroristen und seinen Kumpanen, dass es keinen Ort gab, in dem sie sicheren Unterschlupf fanden. Das würde ihn (wenigstens kurzfristig) zwingen, seine Bemühungen auf seine eigene Sicherheit zu richten statt auf die Planung des nächsten Angriffs. Dadurch schützten wir amerikanische Leben und darüber hinaus die irakischen Sicherheitskräfte und unschuldige Zivilisten, was zumindest einen Trostpreis darstellte.

Für mich bestand der größte Gewinn in den Führungslektionen, die ich gelernt hatte. Einige davon waren simpel, zum Beispiel die Erkenntnis, dass ich vor jedem Kampfeinsatz viel gründlicher die Karten studieren musste, um mir den grundlegenden Aufbau und das Gebiet rund um das Ziel herum einzuprägen für die Fälle, in denen ich keinen unmittelbaren Zugriff auf Kartenmaterial hatte. Einige Lektionen betrafen die Vorgehensweise, etwa das Erstellen einer klaren Richtlinie für all unsere Einsatzkräfte, wie weit ein Gefangener verfolgt werden sollte, ohne dies zunächst mit dem restlichen Team abzustimmen. Wieder andere Lektionen waren strategischer Natur: Durch das Verständnis und die sachgerechte Anwendung der Gesetze des Kampfes hatten wir eine schwierige und gefährliche Situation nicht nur überlebt, sondern auch beherrscht. Wie eine ganze Generation von SEAL-Anführern und ich lernen sollten, konnten die Gesetze des Kampfes ebenso wirkungsvoll in einem heftigen Feuergefecht angewandt werden wie in weitaus weniger dynamischen oder drängenden Situationen. Sie leiteten mich durch monatelang anhaltende Straßenkämpfe in Ramadi, durch meine Karriere als SEAL-Offizier und darüber hinaus.

Eben diese Grundsätze sind der Schlüssel für den Erfolg jedes Teams, sei es auf dem Schlachtfeld oder in der Geschäftswelt – für jede Situation, in der eine Gruppe von Menschen zusammenarbeiten muss, um eine Aufgabe auszuführen und eine Mission zu erfüllen. Egal auf welches Team, auf welche Gruppe oder Organisation man sie anwendet, das Verständnis und die sachgerechte Anwendung der Gesetze des Kampfes bedeutet immer eins: den Sieg.

** High Mobility Multipurpose Wheeled Vehicle (Hochgeschwindigkeits-Mehrzweckfahrzeug), abgekürzt HMMWV, ausgesprochen »Humvee«.

*** RPG-7, russische Panzerbüchse, unter den Feinden Amerikas wegen ihrer tödlichen Präzision weit verbreitete und überaus beliebte Waffe. Anders als allgemein angenommen steht »RPG« nicht für »Rocket Propelled Grenade«, sondern ist ein Akronym des russischen Begriffs »Rutschnoi Protiwotankowy Granatamjot«, was in etwa so viel heißt wie »Hand-Panzerabwehrgranatwerfer«.

Führung: der wichtigste Faktor von allen

Leif Babin und Jocko Willink

In diesem Buch geht es um Führung. Es wurde geschrieben für die Leiter von großen und kleinen Teams, für Männer und Frauen, für alle, die besser werden wollen. Auch wenn es spannende Berichte über SEAL-Kampfeinsätze enthält, ist es keine bloße Kriegserinnerung. Vielmehr handelt es sich bei diesem Buch um eine Sammlung von Lektionen, die wir aus unseren Erfahrungen gewonnen haben und mit denen wir anderen Führungskräften zum Sieg verhelfen wollen. Wenn es eine nützliche Richtlinie für Führungskräfte darstellt, die leistungsstarke Siegerteams aufbauen, schulen und führen wollen, dann hat es seinen Zweck erfüllt.

Wir haben festgestellt, dass viele der zahllosen Bücher über Führung sich auf individuelle Vorgehensweisen und persönliche Charaktereigenschaften konzentrieren. Weiterhin ist uns aufgefallen, dass viele Unternehmensschulungen für Führungskräfte und Managementberatungsfirmen dasselbe tun. Aber ohne ein Team – eine Gruppe von Einzelnen, die an der Erfüllung einer Mission arbeiten – kann es keine Führung geben. Der einzige entscheidende Messwert für einen Führenden ist, ob sein Team erfolgreich ist oder nicht. Unter all den Definitionen, Beschreibungen und Charakterisierungen von Führungspersönlichkeiten gibt es nur zwei, die von Bedeutung sind: effektiv und ineffektiv. Effektive Führungskräfte führen erfolgreiche Teams, die ihre Mission erfüllen und gewinnen. Ineffektive Führungskräfte tun das nicht. Die in diesem Buch vorgestellten Prinzipien und Konzepte versetzen bei richtigem Verständnis und sachgerechter Umsetzung jeden Führenden in die Lage, effektiv zu werden und sein Kampfgebiet zu beherrschen.

Jede Führungskraft und jedes Team scheitert irgendwann und muss sich diesem Misserfolg stellen. Auch das ist ein wesentlicher Teil dieses Buches. Wir sind keineswegs unfehlbare Vorgesetzte; niemand ist das, egal wie erfahren er sein mag. Wir haben nicht auf alles eine Antwort; keine Führungskraft hat das. Wir haben große Fehler gemacht – und oft haben unsere Fehler uns die besten Lektionen erteilt, haben uns Bescheidenheit gelehrt und uns in die Lage versetzt, an unserer Aufgabe zu wachsen und besser zu werden. Die Demut, Fehler einzuräumen, für sie geradezustehen und einen Plan zu ihrer Überwindung zu entwickeln, ist entscheidend für den Führungserfolg. Die besten Führungskräfte werden nicht von ihrem Ego oder persönlichen Zielen angetrieben. Sie sind einfach auf die Mission fokussiert und darauf, wie sie am besten erfüllt werden kann.

Als Führende haben wir sowohl Triumphe als auch Tragödien erlebt. Der Großteil unserer Kampferfahrungen und der in diesem Buch erzählten Geschichten geht auf das zurück, was für immer der Höhepunkt unserer militärischen Laufbahnen sein wird: SEAL-Team Three, Task Unit Bruiser, und unser historischer Einsatz im Irak im Jahr 2006 bei dem, was als »Schlacht von Ramadi« bekannt wurde. Leif und seine SEALs von Charlie Platoon, darunter der führende Scharfschütze und Point Man Chris Kyle, der »American Sniper«, sowie ihre SEAL-Brüder in Delta Platoon haben in den heftigsten, anhaltendsten Straßengefechten in der Geschichte der SEALs gekämpft. Die Bruiser-SEALs spielten eine bedeutende Rolle bei der Strategie »Seize, Clear, Hold, and Build« (erobern, räumen, halten und aufbauen) der 1. Panzerdivision, Ready First Brigade, bei der die vom Krieg gebeutelte, von Aufständischen besetzte Stadt Ramadi systematisch befreit und das Maß an Gewalt radikal vermindert wurde. Diese Operationen schufen Sicherheit in der seinerzeit gefährlichsten und unbeständigsten Gegend des Irak und die Bedingungen für das »Anbar Awakening«, »das Erwachen Anbars«, eine Bewegung, die letztlich das Blatt zugunsten der Vereinigten Staaten wendete.

Als die Task Unit Bruiser 2006 in Ramadi eintraf, war die vom Krieg erschütterte Hauptstadt der Provinz al-Anbar das tödliche Epizentrum der irakischen Aufständischen. Die Stadt mit ihren 400.000 Einwohnern war auf ihrer gesamten Fläche ein Kriegsgebiet, durch Ruinen und Bombenkrater verunstaltet – die Wunden und Narben fortgesetzter Gewalt. Zu dieser Zeit kontrollierten die US-Streitkräfte nur ungefähr ein Drittel der Stadt. Den größeren Teil hatte eine brutale Truppe von schwer bewaffneten und entschlossenen Aufständischen unter ihrer Kontrolle. Täglich wurden tapfere amerikanische Soldaten und Marines verwundet. Immer neue Schwerverletzte oder Gefallene wurden in die Klinik von Camp Ramadi eingeliefert, wo heldenhafte amerikanische Militärärzte einen verzweifelten Kampf um ihr Leben führten. Ein US-Geheimdienstbericht, der an die Presse durchsickerte, bezeichnete Ramadi und die Provinz al-Anbar als »so gut wie verloren«. Praktisch niemand hielt es für möglich, dass die amerikanischen Streitkräfte die dortige Situation wenden und gewinnen könnten.

Im Sommer und Herbst 2006 organisierte Jocko den Beitrag der Task Unit Bruiser zu den Bemühungen der Ready First Brigade; seine SEAL-Züge kämpften Seite an Seite mit den Soldaten und Marines, um vom Feind besetzte Bereiche der Stadt aufzuklären. Leif führte die SEALs von Charlie Platoon in zahlreichen gewaltsamen Auseinandersetzungen und hocheffektiven Scharfschützenüberwachungskommandos. Auch Delta Platoon war in eine Reihe von heftigen Kämpfen verwickelt. Gemeinsam töteten die SEALs der Task Unit Bruiser – Scharfschützen, Schützen und Maschinengewehrschützen – Hunderte feindlicher Kämpfer und verhinderten Angriffe auf Soldaten, Marines und irakische Sicherheitskräfte.

Bruiser-SEALs waren häufig die Ersten bei den Ready-First-Einsätzen in den gefährlichsten, vom Feind besetzten Vierteln. Wir durchsuchten Gebäude, nahmen sie ein und boten Feuerschutz, während die Soldaten und die Marines in umkämpfte Bereiche eindrangen und die Pioniere sich unerschrocken vorarbeiteten, um Stützpunkte in feindlichem Territorium zu errichten und zu festigen. Zwischen den Bruiser-SEALs und den Soldaten und Marines von Ready First entstand eine Bindung, die für immer im Gedächtnis derjenigen verankert bleiben wird, die dort dienten. Mit viel Blut, Schweiß und Plackerei erfüllten das Ready First Combat Team und die Task Unit Bruiser die Mission. Der gewaltsame Aufstand wurde von der Stadt weggelenkt, Stammesführer in Ramadi verbündeten sich mit den US-Streitkräften und das »Erwachen Anbars« war geboren. In den Monaten nach dem Abzug der Task Unit Bruiser wurde Ramadi schließlich stabilisiert und die Gewaltquote sank auf ein zuvor undenkbares Maß.

Tragischerweise bezahlte die Task Unit Bruiser einen hohen Preis für den Erfolg dieser Mission: Acht SEALs wurden verwundet, und drei unserer besten nur vorstellbaren Kameraden verloren ihr Leben. Marc Lee und Mike Monsoor fielen im Einsatz; Ryan Job erblindete und starb später im Krankenhaus, während er sich von der Operation seiner Verletzungen erholte. Diese Verluste waren mehr als verheerend für uns. Und doch waren dies nur drei von fast einhundert im Einsatz gefallenen US-Soldaten, die zum Ready First Brigade Combat Team gehörten, jeder Einzelne ein tragischer, unermesslicher Verlust.

Allen Zweiflern und Schwarzsehern zum Trotz wurde Ramadi eingenommen, die Stadt stabilisiert und die Sicherheit der Bevölkerung hergestellt. Bis Anfang 2007 waren die feindlichen Angriffe von durchschnittlich dreißig bis fünfzig pro Tag während eines Großteils des Jahres 2006 auf durchschnittlich einen pro Woche zurückgegangen, dann sanken sie auf einen pro Monat. Ramadi blieb über Jahre hinweg ein Beispiel für Stabilität und eine der sichersten Regionen des Irak, vom historisch stabilen kurdisch kontrollierten Norden abgesehen.

Diese Einsätze waren siegreich, aber auch äußerst ernüchternd; die Einsichten – sowohl die guten als auch die schlechten – gewaltig. Die Schlacht von Ramadi bot eine ganze Reihe von Lektionen, die wir festhalten und weitergeben konnten. Die bedeutendste davon war die Erkenntnis, dass Führung auf dem Schlachtfeld der wichtigste Faktor ist, der maßgebliche Grund für den Erfolg jedes Teams. Mit Führung meinen wir nicht nur den obersten Kommandeur, sondern die wichtigen Führungskräfte auf jeder Teamebene: die Unteroffiziere, die Truppführer, die für jeweils vier Mann verantwortlich sind, die Squad-Führer, die acht Mann unter sich haben, und die rangniedrigeren Unteroffiziere, die dann aufgestiegen sind, Verantwortung getragen und Führungspositionen eingenommen haben. Jeder von ihnen spielte eine unverzichtbare Rolle für den Erfolg unseres Teams. Unser Glück war die Möglichkeit, eine so großartige Gruppe von SEALs zu führen, die in diesem schwierigen Kampf triumphierte.

Nach der Rückkehr aus dem Kampfeinsatz übernahmen wir wichtige Rollen als Führungsausbilder. Viele Jahre lang bestand das Navy-SEAL-Führungstraining fast ausschließlich aus praktischer Ausbildung und Mentoring. Wie sich der Nachwuchs entwickelte, beruhte gänzlich auf der Stärke, der Erfahrung und der geduldigen Anleitung eines Mentors. Einige Mentoren waren außergewöhnlich, andere hatten ihre Schwächen. Weil eine Betreuung durch die richtigen Mentoren entscheidend ist, führte dies zu einem Auseinanderklaffen in den grundlegenden Kenntnissen und im Verständnis von Führung. Wir haben geholfen, das zu ändern, und einen Lehrplan für die Führungsausbildung entwickelt, mit dem eine starke Grundlage für alle SEAL-Führungskräfte geschaffen werden konnte.

Als befehlshabender Offizier für die gesamte Ausbildung der Westcoast-SEAL-Teams erteilte Jocko eine der realistischsten und härtesten Kampfausbildungen der Welt. Besonderen Wert legte er darauf, die Führungskräfte im Treffen wichtiger Entscheidungen und in einer effektiven Kommunikation in Hochdrucksituationen anzuleiten, um sie besser auf den Kampf vorzubereiten. Leif leitete die Ausbildung für SEAL-Nachwuchsoffiziere, das elementare Führungsprogramm für jeden Offizier, der die SEAL-Grundausbildung erfolgreich abgeschlossen hatte. Dort unterzog er das Training einer Umgestaltung und Verbesserung, um die entscheidenden Führungsgrundlagen wirkungsvoller zu verankern, die neue SEAL-Offiziere brauchen, um im Einsatz erfolgreich zu sein. In diesen Positionen halfen wir mit, eine neue Generation von SEAL-Führungskräften anzuleiten, die nach wie vor beispiellose Erfolge im Feld erzielen und dadurch die Führungsprinzipien bestätigen, die wir ihnen beigebracht haben.

Vielleicht fragt sich jetzt der eine oder die andere von Ihnen, wie sich die Kampfprinzipien von Navy SEALs auf den außermilitärischen Bereich übertragen lassen, um ein beliebiges Team von beliebiger Größe zu führen. Doch der Kampf ist nichts anderes als eine Spiegelung des Lebens, nur verstärkt und intensiviert. Entscheidungen haben unmittelbare Konsequenzen und es steht alles – absolut alles – auf dem Spiel. Die richtige Entscheidung kann, selbst wenn alles verloren scheint, den Sieg aus den Klauen der Niederlage reißen. Die falsche Entscheidung kann, selbst wenn der Sieg bereits sicher scheint, zu einem tödlichen, katastrophalen Scheitern führen. In dieser Hinsicht kann ein Gefechtsführer ein ganzes Lebenswerk an Führungslektionen erwerben, die in nur einigen wenigen Einsätzen gelernt wurden.

Wir möchten gerne mit dem Mythos aufräumen, dass militärische Führung leicht sei, weil die Untergebenen roboterhaft und blind den Befehlen folgten. Im Gegenteil, die Angehörigen des amerikanischen Militärs sind kluge, kreative, frei denkende Individuen – Menschen eben. Sie müssen im wahrsten Sinne des Wortes Leib und Leben aufs Spiel setzen, um die Mission zu erfüllen. Aus diesem Grund müssen sie an die Sache glauben, für die sie kämpfen. Sie müssen an den Plan glauben, den umzusetzen sie aufgefordert sind, und was am wichtigsten ist, sie müssen dem Vorgesetzten glauben und vertrauen, dem zu folgen sie aufgefordert sind. Dies gilt insbesondere für die SEAL-Teams, in denen Innovation und Anregungen von jedem (selbst in den niedrigsten Rängen) erwünscht sind.

Zur Gefechtsführung ist ein vielfältiges Team von Menschen in den verschiedensten Gruppen notwendig, um hochkomplexe Missionen zu erfüllen, mit denen strategische Ziele erreicht werden – genau wie es in jedem Unternehmen oder jeder Organisation der Fall ist. Dieselben Prinzipien, die SEAL-Führungskräfte und SEAL-Einheiten auf dem Schlachtfeld so erfolgreich machen, können mit vergleichbarem Erfolg auch in der Geschäftswelt angewendet werden.

Seit wir die SEAL-Teams verlassen haben, arbeiten wir mit Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen zusammen, von der Finanz-, Energie-, Technologie- und Baubranche bis hin zu Versicherungen, Fahrzeugbau, Einzelhandel, Produktionswirtschaft, Pharmazie und Dienstleistungsunternehmen. Bei unseren Schulungen und der Zusammenarbeit mit einer großen Zahl von Führungskräften und Firmenvorständen konnten wir erkennen, wie außergewöhnlich die Effizienz, die Produktivität und die Profitabilität steigen, wenn diese Prinzipien verstanden und sachgerecht umgesetzt werden.

Die in diesem Buch vorgestellten Führungs- und Teamwork-Konzepte sind keine abstrakten Theorien, sondern praktisch und anwendbar. Wir wollen Führungskräfte dazu ermuntern, das zu tun, von dem sie wahrscheinlich wissen, dass sie es tun sollten, das sie jedoch unterlassen. Durch dieses Versäumnis scheitern sie als Führungskräfte und enttäuschen ihre Teams. Auch wenn die Prinzipen ihre Wurzeln im gesunden Menschenverstand haben und auf praktischen Erfahrungen basieren, erfordert ihre Umsetzung eine gewisse Fertigkeit. Solche Konzepte sind einfach, aber nicht bequem****, und sie passen auf sprichwörtlich jede Situation – für jede Gruppe, jedes Team, jede Organisation oder jede Person, die ihre Leistung, ihre Kapazität, ihre Effizienz und ihre Teamarbeit verbessern will. Manchmal widersprechen sie der eigenen Intuition und erfordern konzentriertes Üben sowie ein erhebliches Maß an Disziplin bei ihrer Umsetzung. Doch dieses Buch bietet den notwendigen Leitfaden, mit dem jeder die Prinzipien anwenden, sie im Laufe der Zeit mit viel Hingabe und Disziplin beherrschen und somit zu einer effektiven Führungskraft werden kann.

Organisation und Struktur

Die Lektionen, die wir als SEAL-Führer in unserer gemeinsamen jahrelangen Erfahrung gelernt haben, sind zahlreich. Für dieses Buch haben wir uns auf die wichtigsten Aspekte konzentriert: die Grundbausteine des Führens. Der Titel des Buches bezieht sich auf das zugrunde liegende Prinzip, das heißt die Einstellung, welche die Basis für alle weiteren Prinzipien bildet: Extreme Ownership. Ein Führer muss für alles in seiner Welt die Verantwortung tragen. Es gibt niemand anderen, auf den sie abzuwälzen ist.

Dieses Buch ist in drei Teile gegliedert: In Teil I, »Den inneren Krieg gewinnen«, entwickeln wir die Grundbausteine und die innere Einstellung, die für das Führen und Siegen erforderlich sind. Teil II, »Die Gesetze des Kampfes«, deckt die (weiter oben beschriebenen) vier entscheidenden Konzepte ab, die ein Team in die Lage versetzen, Höchstleistungen zu erbringen und zu dominieren. Teil III, »Den Sieg bewahren«, beschäftigt sich schließlich mit der nuancierten und schwierigen Balance, die ein Führer halten muss, um seinen Vorsprung zu behaupten und das Team fortgesetzt auf höchstem Niveau agieren zu lassen.

Jedes Kapitel konzentriert sich auf ein anderes Führungskonzept, die alle eng miteinander zusammenhängen und oft einander gegenseitig unterstützen. Innerhalb jeden Kapitels gibt es drei Unterabschnitte. Der erste kennzeichnet eine Führungslektion, die wir im Rahmen unserer Kampf- oder Ausbildungserfahrungen als Navy-SEALs gelernt haben. Der zweite Abschnitt erklärt das Führungsprinzip. Der dritte zeigt, wie dieses Prinzip auf die Geschäftswelt angewendet wird, beruhend auf unserer Erfahrung mit einer Vielzahl von Unternehmen innerhalb einer großen Bandbreite von Branchen.

Wir glauben an diese Führungskonzepte, denn wir haben immer wieder erlebt, dass sie funktionieren, sowohl im Gefecht als auch im Geschäft. Ihre sachgerechte Anwendung und ihr Verständnis garantieren erfolgreiche Führungskräfte und leistungsstarke Teams, die außergewöhnliche Ergebnisse hervorbringen. Diese Prinzipien ermöglichen es den Teams, ihre Gefechtsstätten zu dominieren, indem sie ihre Führer in die Lage versetzen, ihren Zweck zu erfüllen: Führen und Siegen.

 

**** »Einfach, aber nicht bequem« ist eine Formulierung, die häufig von Dean Lister verwendet wird, einem früheren UFC-Kämpfer, Weltmeister im Brasilianischen Jiu-Jitsu, dreifachen Weltmeister im Submission Grappling und Träger des schwarzen Gürtels.

© Mit freundlicher Genehmigung der Autoren

 

Jocko Willink (links) und Leif Babin (rechts) beim Camp Marc Lee im Jahr 2006 vor einer Kampfmission in Ramadi, Irak, mit Task Unit Bruiser.

Teil IDen inneren Krieg gewinnen

Kapitel 1Extreme Ownership

Jocko Willink

Ma’laab-Bezirk, Ramadi, Irak: der Nebel des Krieges

Nebel hing in der Luft und dämpfte das erste Morgenlicht. Der Qualm von brennenden Autoreifen, die Aufständische in den Straßen angezündet hatten, vermischte sich mit dem Staub, den amerikanische Panzer und Humvees aufwirbelten, und dem pulverisierten Beton der vom Maschinengewehrfeuer zerstörten Gebäude. Als unser gepanzerter Humvee um die Ecke bog und auf das Geschützfeuer zuhielt, sah ich mitten auf der vor uns liegenden Straße den M1A2-Abrams-Panzer, den Geschützturm mit der riesigen Kanone auf ein Gebäude in nächster Nähe gerichtet.

In der staubgeschwängerten Luft hing ein rötlicher Rauch, eindeutig von einer Rauchbombe, wie sie von den amerikanischen Streitkräften in dieser Gegend als allgemeines Notsignal eingesetzt wurde.

Meine Gedanken überschlugen sich. Dies war unser erster großer Einsatz in Ramadi und es herrschte absolutes Chaos. Nicht nur der ganz wörtliche Nebel des Krieges, der uns die Sicht verschleierte, auch der metaphorische »Nebel des Krieges« lag über uns, ein Begriff, der dem preußischen Militärstrategen Carl von Clausewitz zugeschrieben wird*, und er setzte sich aus Verwirrung, ungenauen Informationen, abgerissener Kommunikation und Chaos zusammen. Für diesen Einsatz hatten wir vier verschiedene SEALs-Grundeinheiten in verschiedenen Sektoren dieser gewalttätigen, kriegsgeschundenen Stadt: zwei SEAL-Scharfschützenteams mit amerikanischen Kundschafter-Scharfschützen und einem Kontingent irakischer Soldaten sowie eine weitere Grundeinheit mit irakischen Soldaten und ihren amerikanischen Gefechtsberatern mit dem Auftrag, einen ganzen Sektor Gebäude für Gebäude freizuräumen. Schließlich begleiteten mein ranghöchster Unteroffizier (ein sehr erfahrener Soldat) und ich einen der Kompanieführer. Insgesamt waren rund 300 amerikanische und irakische Soldaten in diesem gefährlichen und heftig umkämpften Gebiet von Ost-Ramadi im Einsatz, das als Ma’laab-Bezirk bekannt ist. Es wimmelte von Mudsch, wie die amerikanischen Soldaten die Aufständischen nannten, in Anlehnung an ihre Selbstbezeichnung Mudschahedin, arabisch für »Kämpfer für den Dschihad«. Sie hatten sich einer gnadenlosen, militanten Version des Islams verschrieben und sie waren schlau, barbarisch und tödlich. Seit Jahren war der Ma’laab-Bezirk fest in ihrer Hand. Doch jetzt waren amerikanische Streitkräfte hier, um das zu ändern.

Der Einsatz hatte vor Sonnenaufgang begonnen, und als nun die Sonne über den Horizont kroch, wurde überall geschossen. Die unzähligen Funknetzwerke (oder Funkverbindungen), die von den amerikanischen Land- und Luftstreitkräften verwendet wurden, dröhnten von Nachrichten und Berichten. Details über verwundete oder getötete amerikanische und irakische Truppen wurden aus verschiedenen Sektoren gemeldet. Sie wurden gefolgt von Berichten über getötete Gegner. Die amerikanischen Grundeinheiten versuchten zu entschlüsseln, was mit den anderen amerikanischen und irakischen Einheiten in den benachbarten Sektoren passierte. Marines des ANGLICO-Teams (Air-Naval Gunfire Liaison Company) stimmten sich mit den Kampffliegern über ihnen ab, um Bomben auf feindliche Stellungen abzuwerfen.

Nur wenige Stunden nach dem Beginn des Einsatzes waren meine beiden SEAL-Scharfschützeneinheiten angegriffen worden und jetzt in heftige Gefechte verwickelt. Als die Aufklärungseinheit aus irakischen und amerikanischen Soldaten und unseren SEALs die Gebäude im Sektor räumte, stieß sie auf erbitterten Widerstand: Dutzende von Gegnern griffen sie mit russischen PKC-Maschinengewehren**, schultergestützten RPG-7-Panzerbüchsen und Automatikgewehren vom Typ AK-47 (»Kalaschnikow«) an. Als wir den Funk überwachten, hörten wir die amerikanischen Militärberater, die zu einer der irakischen Einheiten gehörten, welche die Vorhut bildeten, berichten, dass sie in ein heftiges Gefecht verwickelt seien und die QRF (Quick Reaction Force) als Unterstützung anforderten. Diese spezielle QRF bestand aus vier gepanzerten Humvees, jeder bestückt mit einem schweren .50-Kaliber-Geschütz vom Typ M2 und besetzt mit rund einem Dutzend Soldaten, die Hilfe leisten konnten. Minuten später forderte eines meiner SEAL-Scharfschützenteams die »schwere QRF« an, eine Sektion (also zwei) M1A2-Abrams-Kampfpanzer, die ihre 120-mm-Kanonen und Maschinengewehre zum Donnern bringen konnten. Der Funkspruch löste Alarm aus. Unsere Jungs waren offensichtlich in arger Bedrängnis und brauchten dringend Hilfe. Ich bat den Kompanieführer, mit dem wir unterwegs waren, die Panzer einzubringen, und er kam dem Wunsch nach.

Unser Humvee stoppte hinter einem der Abrams-Panzer, dessen riesige Kanone direkt auf ein Gebäude gerichtet und zum Angriff bereit war. Ich stieß die dick gepanzerte Tür auf und trat auf die Straße. Ein ungutes Gefühl sagte mir, dass irgendetwas nicht in Ordnung war.

Ich rannte hinüber zu einem Gunnery Sergeant von ANGLICO und fragte ihn: »Was passiert hier?«

»Schöne Scheiße!«, rief er aufgeregt. »In dem Gebäude da vorne sind ein paar Mudsch, die es so richtig auf Ärger angelegt haben!« Mit seiner Waffe zeigte er auf das Haus auf der anderen Straßenseite. Ganz klar hielt er die Mudsch für harte Knochen. »Sie haben einen von unseren Irakern getötet, als wir das Gebäude betreten haben, und ein paar weitere verwundet. Wir haben sie unter Beschuss genommen und ich arbeite daran, ein paar Bomben auf sie abwerfen zu lassen.« Er war gerade dabei, einen Luftschlag von einem der über uns befindlichen Kampfflieger ausführen zu lassen, um die feindlichen Kämpfer auszulöschen, die sich in dem Gebäude verschanzt hatten.

Ich sah mich um. Das Gebäude, auf das er wies, war von Einschüssen durchsiebt. Die QRF-Humvees hatten über 150 Schüsse aus einem .50-Kaliber-Maschinengewehr darauf abgefeuert, dazu viele kleinere Geschosse aus ihren Gewehren und leichten Maschinengewehren. Jetzt richtete der Abrams seine riesige Kanone auf das Gebäude und machte sich bereit, es in Schutt und Asche zu legen und damit jeden zu töten, der sich darin aufhielt. Und wenn das immer noch nicht langte, würden als Nächstes Bomben von oben folgen.

Aber irgendetwas stimmte nicht. Wir waren extrem nahe an der Stelle, wo eines unserer SEAL-Scharfschützenteams sein sollte. Dieses Team hatte den Ort verlassen, an dem es ursprünglich hätte eingesetzt werden sollen, und war gerade dabei gewesen, zu einem neuen Gebäude zu wechseln, als die Schießerei begonnen hatte. In dem ganzen Durcheinander hatten die Kameraden ihren genauen Standort nicht durchgegeben, aber ich wusste, er musste ganz in der Nähe von meinem momentanen Standort sein, nahe bei dem Gebäude, das der Gunnery Sergeant gerade aufs Korn nahm. Was völlig unerklärlich schien, war, dass die irakischen Soldaten hier seit Stunden nicht eingetroffen sein sollten. Verbündete Einheiten durften diesen Sektor nicht betreten, bis wir ordnungsgemäß »aufgelöst« hatten – die genaue Position unseres SEAL-Scharfschützenteams bestimmt und diese Information an die verbündeten Einheiten weitergegeben hatten. Doch aus irgendeinem Grund befanden sich Dutzende von irakischen Truppen mit ihren amerikanischen Beratern in dem Bereich. Das ergab für mich keinen Sinn.

»Halt dich noch mal zurück, Kumpel. Ich checke die Lage«, sagte ich und näherte mich dem Gebäude, gegen das er dabei war, den Luftschlag zu organisieren. Er sah mich an, als wäre ich vollkommen verrückt. Seine Marines und ein ganzer Zug irakischer Soldaten hatten ein erbittertes Feuergefecht mit den Kämpfern im Inneren des Hauses geführt und sie nicht vertreiben können. Wer auch immer sie waren, sie hatten sich höllisch gut verteidigt. In der Vorstellung des Gunnery Sergeant war es glatter Selbstmord, sich diesem Ort auch nur zu nähern. Ich nickte meinem SEAL-Unteroffizier zu, er nickte zurück, und wir steuerten über die Straße auf das vom Feind besetzte Haus zu. Wie die meisten Häuser im Irak war es von einer über zwei Meter hohen Betonmauer umgeben. Wir näherten uns der Tür des Geländes, die ein Stück weit offen stand. Mit schussbereitem M4-Gewehr trat ich sie ganz auf und sah mich einem meiner Zug-Sergeanten gegenüber. Überrascht starrte er mich aus weit aufgerissenen Augen an.

»Was ist los?«, fragte ich ihn.

»Ein paar Mudsch haben das Gelände betreten. Wir haben einen von ihnen erschossen und sie haben angegriffen – mit voller Kraft. Echt heftig.« Ich erinnerte mich daran, was der Gunnery Sergeant mir gerade erzählt hatte: Einer ihrer irakischen Soldaten war erschossen worden, als sie das Gelände betreten hatten.

In diesem Moment wurde alles klar. In dem ganzen Chaos und Durcheinander war eine verdächtig wirkende irakische Einheit außerhalb der ihnen gesetzten Grenzen herumgestreunt und hatte versucht, das von unserem SEAL-Scharfschützenteam besetzte Gebäude zu betreten. Was das Team in der Morgendämmerung gesehen hatte, war die Silhouette eines Mannes mit einer AK-47, der auf das Gelände eindrang. Da sie nicht davon ausgingen, dass es irgendwelche Verbündeten in ihrer Nähe gab, dafür aber eine Menge feindlicher Kämpfer, schlussfolgerten unsere SEALs, angegriffen zu werden, und waren auf den Mann mit der Kalaschnikow losgegangen. Und dann brach die Hölle los.

Als aus dem Haus Schüsse zu hören waren, erwiderten die irakischen Soldaten außerhalb des Geländes das Feuer und zogen sich hinter den Schutz der Betonmauern auf der anderen Straßenseite sowie in die umliegenden Gebäude zurück. Sie riefen Verstärkung herbei, woraufhin Marines und Soldaten ein erbittertes Trommelfeuer auf das ihrer Meinung nach feindlich besetzte Haus abgaben. Mittlerweile waren unsere SEALs dort eingekesselt und konnten nicht mehr klar erkennen, dass es Verbündete