Fälle zum Arbeitsrecht - Georg Friedrich Schade - E-Book

Fälle zum Arbeitsrecht E-Book

Georg Friedrich Schade

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Beschreibung

Das Studienbuch "Fälle zum Arbeitsrecht" wendet sich an alle Studierenden der Rechtswissenschaften sowie von Bachelor- und Masterstudiengängen an Universitäten, Fachhochschulen, Berufs-, Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, die an Arbeitsrechtsvorlesungen teilnehmen und in Klausuren auch Arbeitsrechtsfälle im Gutachtenstil zu lösen haben. Dabei haben die Autoren aktuelle Fälle ausgewählt, für die sie klar gegliederte, überschaubare und verständliche Lösungsvorschläge anbieten.

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Fälle zum Arbeitsrecht

von

Prof. Dr. Friedrich Schade MBAUniversität Sopron

Prof. Dr. Stephan Oliver PfaffSRH Hochschule Heidelberg

Prof. Dr. Eva FeldmannFachhochschule Südwestfalen Hagen

4., aktualisierte Auflage

Verlag W. Kohlhammer

4. Auflage 2023

Alle Rechte vorbehalten

W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN: 978-3-17-041572-0

E-Book-Formate:

pdf:  ISBN 978-3-17-041573-7

epub:  ISBN 978-3-17-041574-4

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

Das Studienbuch "Fälle zum Arbeitsrecht" wendet sich an alle Studierenden der Rechtswissenschaften sowie von Bachelor- und Masterstudiengängen an Universitäten, Fachhochschulen, Berufs-, Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, die an Arbeitsrechtsvorlesungen teilnehmen und in Klausuren auch Arbeitsrechtsfälle im Gutachtenstil zu lösen haben. Dabei haben die Autoren aktuelle Fälle ausgewählt, für die sie klar gegliederte, überschaubare und verständliche Lösungsvorschläge anbieten.

Prof. Dr. Friedrich Schade, MBA, lehrt seit 1994 Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht sowie Handels- und Wirtschaftsrecht an verschiedenen in- und ausländischen Hochschulen. Prof. Dr. Stephan Oliver Pfaff ist Rechtsanwalt und lehrt Arbeitsrecht, Bürgerliches Recht und Wirtschaftsrecht an der privaten, staatlich anerkannten SRH Hochschule Heidelberg. Prof. Dr. Eva Feldmann lehrt seit 2010 an staatlichen sowie staatlich anerkannten Universitäten und Hochschulen und bekleidet seit 2019 eine Rechtsprofessur an der Fachhochschule Südwestfalen.

Vorwort zur 4. Auflage

Die Autoren der Fallsammlung freuen sich sehr, nunmehr die 4. Auflage der „Fälle zum Arbeitsrecht“ vorlegen zu können. Von vielen Studierenden an den eigenen Hochschulen, aber auch an anderen Universitäten, Fachhochschulen, Berufs‑, Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien ist die Fallsammlung erfreulich aufgenommen worden. Die vielfältigen Hinweise, insbesondere aus dem Studierendenkreis, haben wir bei der Überarbeitung der Fallsammlung gerne berücksichtigt.

Neben dem Studium der Rechtswissenschaft sind heutzutage an den verschiedenen Hochschulen auch bei Bachelor- und Masterstudiengängen mit arbeitsrechtlichen Vorlesungen in Rechtsklausuren weiterhin Fälle zu lösen. Die Fallsammlung zum Arbeitsrecht soll den Studierenden dazu dienen, sich mit der Lösung von Fällen im Gutachtenstil vertraut zu machen, um in Klausuren erfreuliche Ergebnisse zu erzielen.

Die Autoren möchten an dieser Stelle auf das absichtlich in ungekürzter Form abgedruckte Vorwort zur 1. Auflage hinweisen und darum bitten, es auf jeden Fall durchzulesen. Das erste Vorwort soll den Studierenden weiterhin als Leitfaden zum Studieren der Fallsammlung, speziell auch als Einstieg zur Erarbeitung der Fälle im Selbststudium dienen. Insbesondere das Begreifen und Anwenden des Gutachtenstils, mit denen die Fälle in Rechtsklausuren zu lösen sind, bedürfen des ausgiebigen Trainings. Über weitere Anregungen und Kritik zur Verbesserung der Fallsammlung freuen wir uns.

Sopron/Heidelberg/Hagen, im Januar 2023

Friedrich SchadeStephan Oliver PfaffEva Feldmann

Vorwort

Das Arbeitsrecht ist auf den ersten Blick eine äußerst unübersichtliche Materie. Ursächlich dafür sind sicherlich auch die Vielzahl an Gesetzen und Normen, die das Arbeitsrecht beeinflussen und bestimmen. Mit ihrer neuen Fallsammlung haben sich die Autoren das Ziel gesetzt, dieses komplizierte Rechtsgebiet für die Studierenden, die in Arbeitsrechtsklausuren auch Rechtsfälle zu lösen haben, durch verständliche und gut prüfbare Übungsfälle mit Lösungen im Gutachtenstil vorzulegen. Der gewünschte Klausurerfolg stellt sich allerdings nur dann ein, wenn die Fallsammlung auch intensiv genutzt wird, d. h. laufend und selbstständig die Lösungen im Gutachtenstil erarbeitet werden – immer unter Beachtung des von der jeweiligen Hochschule für Arbeitsrechtsklausuren vorgegebenen Zeitrahmens.

Die Autoren mit langjähriger Lehrerfahrung im Arbeitsrecht haben diese Fallsammlung für Studierende an rechtswissenschaftlichen Fakultäten sowie von Bachelor- und Masterstudiengängen mit arbeitsrechtlichen Lehrveranstaltungen an Universitäten, Fachhochschulen, Berufs‑, Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien verfasst, an denen auch Arbeitsrechtsklausuren erfolgreich zu absolvieren sind. Dabei werden neben der Lösung von Wissensfragen regelmäßig auch überschaubare Arbeitsrechtsfälle in Form eines Gutachtens zu erarbeiten sein.

Arbeitsrechtsklausuren sind üblicherweise in höheren Semestern zu bestehen. Deshalb haben die Autoren dieser Fallsammlung bewusst auf ein Kapitel „Methodik der Fallbearbeitung“ verzichtet. Denn die meisten Studierenden sind mit der Bearbeitung eines Rechtsfalls im Gutachtenstil durch Zivilrechts- oder Wirtschaftsprivatrechtsklausuren bereits vertraut. An dieser Stelle sei daher auf das Studienbuch von Schade/Teufer/Graewe, Fälle zum Wirtschaftsprivatrecht, 3., überarbeitete Auflage 2018, XIII, 116 Seiten, kart., € 24,00, ISBN 978-3-17-032902-7, verwiesen. Dort wird die Methodik der Fallbearbeitung detailliert dargestellt, welche auch für Falllösungen im Arbeitsrecht grundsätzlich anwendbar ist.

Auch bei der Fallsammlung zum Arbeitsrecht sind die einzelnen Fälle in drei Hauptteile gegliedert: den Sachverhalt, das Prüfungsschema und den Lösungsvorschlag im Gutachtenstil. Gerade zu Beginn des Trainings von Falllösungen im Gutachtenstil raten wir den Studierenden, den Sachverhalt in Ruhe mindestens dreimal zu lesen und danach eine Klausurgliederung, d. h. ein Prüfungsschema anzufertigen. Anhand einer solchen Gliederung lässt sich die Lösung im Gutachtenstil mit Sicherheit vollständiger und schneller erarbeiten. Erst nach der selbstständigen Bearbeitung der Falllösung sollte die eigene Lösung mit unserem Lösungsvorschlag im Gutachtenstil verglichen werden. An dieser Stelle sei aus Erfahrung angemerkt, dass nur durch stetes Erarbeiten von Falllösungen und Trainieren des Gutachtenstils mehr als zufriedenstellende Klausurergebnisse im Arbeitsrecht erzielt werden können.

Die Autoren bitten die Leserinnen und Leser um Verständnis, dass im vorliegenden Fallbuch Personengruppen überwiegend in der männlichen Form benannt sind.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur 4. Auflage

Vorwort

Abkürzungsverzeichnis

Fall 1:Begründung eines Arbeitsvertrags, Arbeitnehmerbegriff, arbeitnehmerähnliche Person

Fall 2:Arbeitnehmerähnliche Person, wirtschaftliche Abhängigkeit, im Verhältnis zum Arbeitnehmer vergleichbare soziale Stellung, Schutzwürdigkeit

Fall 3:Arbeitnehmerähnliche Person, wirtschaftliche Abhängigkeit, Anspruch auf Erholungsurlaub

Fall 4:Arbeitsvertrag, Teilzeitarbeitsverhältnis, Urlaubsanspruch

Fall 5:Voraussetzungen der Arbeitnehmereigenschaft, befristetes Arbeitsverhältnis, Feststellungsklage auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis

Fall 6:Arbeitsvertrag, Störung des Arbeitsverhältnisses, Weisungsrecht des Arbeitgebers

Fall 7:Arbeitsvertrag, allgemeiner arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz

Fall 8:Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Benachteiligungsverbot, Schadensersatz

Fall 9:Stellenausschreibung, Benachteiligungsverbot, Schadensersatz

Fall 10:Arbeitsvertrag, versäumte Arbeitszeit, Fixschuldcharakter der Arbeit, Unmöglichkeit

Fall 11:Arbeitsvertrag, Unmöglichkeit der Tätigkeit, Entfall der Vergütungspflicht, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Fall 12:Arbeitsvertrag, Betriebsrisiko, Annahmeverzug des Arbeitgebers

Fall 13:Arbeitsvertrag, krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, Entgeltfortzahlung bei krankheitsbedingter Kündigung

Fall 14:Arbeitsvertrag, Anfechtung des Arbeitsvertrags nach § 123 Abs. 1, 1. Alt. BGB bzw. § 119 Abs. 2 BGB, Beendigung des Arbeitsverhältnisses ex nunc

Fall 15:Inhaltskontrolle von Verträgen, Vertragsstrafe

Fall 16:Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Fall 17:Urlaub, Urlaubsabgeltung

Fall 18:Direktionsrecht, Zuweisung anderer Tätigkeit

Fall 19:Haftung des Arbeitnehmers

Fall 20:Wettbewerbsverbot

Fall 21:Erwerbstätigkeit während des Urlaubs

Fall 22:Betriebliche Übung, Gesamtzusage

Fall 23:Befristung, Schriftform

Fall 24:Schriftformerfordernis bei Befristung eines Arbeitsvertrags

Fall 25:Ende des befristeten Arbeitsvertrags, Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses

Fall 26:Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags ohne Sachgrund

Fall 27:Überraschungsklausel bei Befristung, Transparenzgebot

Fall 28:Schriftform bei Klageverzicht

Fall 29:Geschäftsführerbestellung, Wechsel von einem Arbeitsverhältnis in ein Geschäftsführerdienstverhältnis

Fall 30:Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes nach Betriebsübergang

Fall 31:Besonderer Kündigungsschutz bei Schwangerschaft

Fall 32:Personenbedingte Kündigung, Exmatrikulation rechtfertigt Kündigung

Fall 33:Verhaltensbedingte Kündigung wegen Minderleistung des Arbeitnehmers

Fall 34:Betriebsbedingte Kündigung und freie Unternehmerentscheidung

Fall 35:Außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung

Fall 36:Kollektives Arbeitsrecht, Ansprüche aus Tarifvertrag

Fall 37:Betriebsverfassungsrecht

Fall 38:Interessenausgleich, Nachteilsausgleich

Abkürzungsverzeichnis

Abs.AbsatzÄArbVtrGGesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der WeiterbildungAGAktiengesellschaftAGBAllgemeine GeschäftsbedingungenAGGAllgemeines GleichbehandlungsgesetzAlt.AlternativeArbGGArbeitsgerichtsgesetzArt.ArtikelBAGBundesarbeitsgerichtBetrVGBetriebsverfassungsgesetzBGBBürgerliches GesetzbuchBUrlGBundesurlaubsgesetzDBDeutsche Bahnd. h.das heißtEFZGEntgeltfortzahlungsgesetzEGEuropäische Gemeinschaftff.fortfolgendegem.gemäßGewOGewerbeordnungGGGrundgesetzGmbHGesellschaft mit beschränkter HaftungGmbHGGmbH-Gesetzgrds.grundsätzlichHGBHandelsgesetzbuchh. M.herrschende MeinungHSHalbsatzInsOInsolvenzordnungi. S. d.im Sinne desi. S. v.im Sinne vonITInformationstechnologiei. V. m.in Verbindung mitKSchGKündigungsschutzgesetzNachwGNachweisgesetzNr.Nummerp.a.per annoRLRichtlinieS.Satz, Seitesog.sogenannteTzBfGTeilzeit- und BefristungsgesetzTVTarifvertragTVGTarifvertragsgesetzUmwGUmwandlungsgesetzUWGGesetz gegen den unlauteren Wettbewerbz. B.zum BeispielZPOZivilprozessordnungzzgl.zuzüglich€Euro§Paragraph%Prozent

Fallsammlung zum Arbeitsrecht

Fall 1:Begründung eines Arbeitsvertrags, Arbeitnehmerbegriff, arbeitnehmerähnliche Person

A.Sachverhalt

Seit dem Wintersemester 2022/2023 hält die Rechtsanwältin R als Juradozentin pro Woche in der Vorlesungszeit zwei Vorlesungen im Wirtschaftsrecht an der Hochschule H. H hat mit R einen „freien Dozentenvertrag“ geschlossen. Pro Vorlesung erhält R ein Dozentenhonorar in Höhe von € 120,00. Nach dem Vertrag mit H ist R verpflichtet, an jedem Montagnachmittag im Semester in der Vorlesungszeit im Fach „Wirtschaftsrecht“ zweimal 90 Minuten jeweils eine Vorlesung zu halten. Laut Vertrag zwischen H und R besteht für R die Verpflichtung, ausgefallene Vorlesungen nachzuholen sowie die sich aus dem Honorar ergebenden Steuern selbst zu begleichen. Die Vorlesungstermine werden zwischen H und R rechtzeitig vor jedem Semester gemeinsam festgelegt. Im November 2022, während der Vorlesungszeit, kann R aus Krankheitsgründen die Vorlesungen an den ersten beiden Montagen im November nicht halten. Hat R einen Anspruch auf Zahlung des Honorars für die vier ausgefallenen Vorlesungen?

B.Prüfungsschema

I.  Anspruch der R gegenüber H auf Zahlung des vereinbarten Dozentenhonorars für vier Vorlesungen nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG i. V. m. § 611a BGB trotz krankheitsbedingter Abwesenheit

1.  Anspruch entstanden?

a.  Wirksamer Arbeitsvertrag nach § 611a BGB

aa.  Einigung (+)

bb.  Form (–)

cc.  Spezifische Voraussetzungen für den Arbeitsvertrag nach § 611a BGB

(1)  zur Leistung in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet

(2)  Zwischenergebnis: Arbeitsvertrag (–)

b.  R als arbeitnehmerähnliche Person (–)

c.  Freier Dozentenvertrag (+)

aa.  Anwendbarkeit EFZG (–)

bb.  Kein Anspruch nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG bei selbstständiger Tätigkeit

2.  Ergebnis: R hat gegenüber H keinen Anspruch auf Zahlung des Dozentenhonorars für vier Vorlesungen nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG i. V. m. § 611a BGB.

C.Lösungsvorschlag im Gutachtenstil

I.Anspruch der R gegenüber H auf Zahlung des vereinbarten Dozentenhonorars für vier Vorlesungen nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG i. V. m. § 611a BGB trotz krankheitsbedingter Abwesenheit

R könnte gegenüber H einen Anspruch nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG i. V. m. § 611a BGB auf Zahlung des Dozentenhonorars für die krankheitsbedingt ausgefallenen vier Vorlesungen haben. Voraussetzung für das Bestehen des Anspruchs ist, dass zwischen R und H ein wirksamer Arbeitsvertrag begründet worden ist. Beim Arbeitsvertrag nach § 611a BGB handelt es sich um einen Spezialfall eines Dienstvertrages nach § 611 BGB. R und H müssen sich darüber geeinigt haben, dass R als Arbeitsleistung Vorlesungen an der Hochschule hält. Insofern hat R für H eine Dienstleistung zu erbringen. Die Beachtung einer besonderen Form ist nicht notwendig für den Abschluss eines Arbeitsvertrages i. S. v. § 611a BGB. Gem. § 2 Abs. 1 S. 1 NachwG hat ein Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und diese dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Da das Nachweisgesetz nur für Arbeitnehmer gilt, ist nunmehr zu prüfen, ob es sich bei dem zwischen R und H geschlossenen Vertrag um einen freien Dienstvertrag oder um einen Arbeitsvertrag handelt.

Wichtigstes Abgrenzungskriterium für eine Arbeitnehmereigenschaft der R ist, ob sie eine selbstständige oder eine nach § 611a BGB in persönlicher Abhängigkeit weisungsgebundene und fremdbestimmte Tätigkeit ausübt. Nur bei einer unselbstständigen Tätigkeit i. S. v. § 611a BGB kann R als Arbeitnehmerin der H angesehen werden. § 84 Abs. 1 S. 2 HGB definiert die selbstständige Tätigkeit: Selbstständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Zu prüfen ist also, ob die R ihre Tätigkeit als Juradozentin im Wesentlichen selbstständig ausüben kann. Zwar ist R verpflichtet, im jeweiligen Semester in der Vorlesungszeit an jedem Montagnachmittag zwei Vorlesungen im Fach „Wirtschaftsrecht“ zu halten. Somit ist für sie festgelegt, dass sie zum einen in der Hochschule die Vorlesung zu halten hat, zum anderen der Zeitpunkt feststeht, wann sie ihre Vorlesungen zu halten hat und drittens, dass ihre Vorlesungen das Fach „Wirtschaftsrecht“ betreffen. Andererseits kann sie die Themenschwerpunkte ihrer Vorlesungen nach dem Grundsatz der Freiheit der Lehre selbst bestimmen. Außerdem hat sie in Absprache mit der Vorlesungsplan-Beauftragten der Hochschule die Zeiten ihrer Vorlesungen gemeinsam festgelegt. Zwei Vorlesungen pro Woche im Semester führen bei R nicht zu einer in § 611a BGB geforderten weisungsgebundenen und fremdbestimmten Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit.

Ein weiteres wichtiges Kriterium für die Arbeitnehmereigenschaft ist die Eingliederung in die Organisation des Betriebes. Als Juradozentin ist R weder verpflichtet, an Hochschulgremiensitzungen teilzunehmen, an sonstigen Veranstaltungen der Hochschule anwesend zu sein oder an vorgegebenen Zeitpunkten die Vorlesungen zu halten. Insofern kann von einer Eingliederung in die Organisation der Hochschule nicht ausgegangen werden. Ein zusätzliches wichtiges Indiz für eine Arbeitnehmertätigkeit ist, dass der Arbeitnehmer seine gesamte Arbeitskraft für den Betrieb zur Verfügung stellt. Davon kann bei R ebenfalls keine Rede sein; sie hält pro Woche in der Vorlesungszeit nur zwei Vorlesungen. Als Zwischenergebnis kann somit festgehalten werden, dass R keine Arbeitnehmerin der H durch den Abschluss des Dozentenvertrages geworden ist. R und H haben keinen Arbeitsvertrag nach § 611a BGB geschlossen.

Denkbar ist, dass R als arbeitnehmerähnliche Person gegenüber der H schutzwürdig ist und sich daraus ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG ergibt. Arbeitnehmerähnlich ist eine Person, die für ihren Auftraggeber Dienstleistungen in der Art und Weise erbringt, in dem sie in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Auftraggeber steht und aufgrund ihrer gesamten sozialen Stellung mit einem Arbeitnehmer vergleichbar und daher sozial schutzwürdig ist. Davon ist im vorliegenden Fall bei R als Rechtsanwältin und wegen der von der Anzahl her geringen Vorlesungen nicht auszugehen. Der Schutz des EFZG gilt für arbeitnehmerähnliche Personen außerdem nur dann, wenn in einem solchen Schutzgesetz, z. B. im BUrlG, auch auf arbeitnehmerähnliche Personen hingewiesen wird. § 1 EFZG sieht einen solchen Schutz nur für Arbeitnehmer, nicht aber für arbeitnehmerähnliche Personen vor, so dass das Entgeltfortzahlungsgesetz auf arbeitnehmerähnliche Personen nicht anwendbar ist.

Zwischen R und H besteht ein freier Dozentenvertrag. Auf einen solchen Dozentenvertrag ist das Entgeltfortzahlungsgesetz nicht anwendbar.

Ergebnis:

R hat gegenüber H keinen Anspruch auf Zahlung des Dozentenhonorars für die wegen Krankheit ausgefallenen vier Vorlesungen nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG i. V. m. § 611a BGB.

Fall 2:Arbeitnehmerähnliche Person, wirtschaftliche Abhängigkeit, im Verhältnis zum Arbeitnehmer vergleichbare soziale Stellung, Schutzwürdigkeit

A.Sachverhalt

Die Designerin D, die zu Hause ihr eigenes Designerbüro betreibt, wird seit vielen Jahren von dem bekannten Möbelhersteller M für die Entwicklung neuer Sitzmöbel, wie z. B. Stühle und Sofas, beauftragt. D darf dafür neue Designmöglichkeiten in ihrem eigenen Büro für M entwickeln; im Rahmen einer Vertragsvereinbarung rechnet sie mit M den zeitlichen Aufwand auf Tageshonorarbasis ab. Im Durchschnitt zahlt M an D pro Monat zwischen € 4.000,00 und € 5.000,00 an Honorar. Daneben ist D für die Erstellung von Designvorschlägen auch für zwei weitere Unternehmen aus anderen Branchen tätig, wobei sie pro Monat von den beiden anderen Auftraggebern durchschnittlich höchstens insgesamt € 1.000,00 verdient. Im Jahr 2022 verlangt D von M zum ersten Mal bezahlten Erholungsurlaub. Zu Recht?

B.Prüfungsschema

I.  Anspruch der D gegenüber M auf Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub nach §§ 1, 2 S. 2, 3 Abs. 1 BurlG i. V. m. § 611a BGB

1.  Anspruch entstanden?

a.  Begründung eines wirksamen Arbeitsvertrages nach § 611a BGB?

aa.  Einigung über ein Arbeitsverhältnis (–)

bb.  Zwischenergebnis: Kein wirksamer Arbeitsvertrag zwischen D und M

b.  Begründung des Urlaubsanspruchs aufgrund einer arbeitnehmerähnlichen Stellung der D?

aa.  Wirtschaftliche Abhängigkeit gegenüber dem Auftraggeber M (+)

bb.  Im Verhältnis zu einem Arbeitnehmer vergleichbare soziale Stellung der D (+)

cc.  Schutzwürdigkeit der D (+)

2.  Ergebnis: D hat gegenüber M einen Anspruch auf die Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub nach §§ 1, 2 S. 2, 3 Abs. 1 BurlG i. V. m. § 611a BGB.

C.Lösungsvorschlag im Gutachtenstil

I.Anspruch der D gegenüber M auf Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub nach §§ 1, 2 S. 2, 3 Abs. 1 BurlG i. V. m. § 611a BGB

D könnte gegenüber M einen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub nach §§ 1, 2 S. 2, 3 Abs. 1 BUrlG haben, wenn D im Verhältnis zu M als Arbeitnehmerin bzw. arbeitnehmerähnliche Person angesehen werden kann. D und M haben eine vertragliche Vereinbarung geschlossen, nach der D für M Designvorschläge für neue Sitzmöbel, z. B. Stühle und Sofas, zu erstellen hat. Als Arbeitnehmer steht der D gegenüber M nach § 1 BUrlG ein Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub zu. Als Arbeitnehmerin wäre die D gegenüber M nach § 611a BGB weisungsgebunden und fremdbestimmt in persönlicher Abhängigkeit. Außerdem wäre sie in die Organisation des Möbelunternehmens eingebunden und würde M den Einsatz ihrer gesamten Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Laut Sachverhalt betreibt D aber ein eigenes Designbüro. In diesem Designbüro erarbeitet sie selbstständig ihre Vorschläge für M. Außerdem ist sie für zwei weitere Unternehmen aus anderen Branchen tätig, die vom Umsatz für D eine nicht zu vernachlässigende Größe darstellen. Aus diesen Argumenten ergibt sich, dass D gegenüber M nicht im Rahmen eines Arbeitsvertrages nach § 611a BGB als Arbeitnehmerin des Unternehmens tätig ist. Beide Vertragsparteien, D und M, hatten nicht die Absicht, durch die vertragliche Vereinbarung ein Arbeitsverhältnis aufgrund eines Arbeitsvertrages i. S. v. § 611a BGB zu begründen. D ist nicht, wie in § 1 BUrlG gefordert, Arbeitnehmerin.

D kann gegenüber M den Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub aber auch dann geltend machen, wenn sie nach § 2 S. 2 BUrlG gegenüber M als arbeitnehmerähnliche Person anzusehen ist. Denn nach § 2 S. 2 BUrlG gelten auch Personen als Arbeitnehmer i. S. d. Bundesurlaubsgesetzes, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit arbeitnehmerähnliche Personen sind. Zu prüfen ist, ob D in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis gegenüber M steht. Laut Sachverhalt wird D seit Jahren durch M regelmäßig beauftragt, Designvorschläge für Sitzmöbel zu entwerfen. Ihr regelmäßiges Honorar pro Monat beträgt durchschnittlich zwischen € 4.000,00 und € 5.000,00. Zwar arbeitet D auch für zwei andere Unternehmen aus anderen Branchen und hat für diese ebenfalls Designvorschläge zu entwerfen. Das Honorar, welches sie mit diesen beiden Unternehmen pro Monat in etwa erzielt, beträgt allerdings höchstens € 1.000,00. Deshalb kann im vorliegenden Sachverhalt davon ausgegangen werden, dass D ihren Lebensunterhalt hauptsächlich durch die Aufträge von M verdient, da M gegenüber D für mehr als 70 % ihres monatlichen gesamten Verdienstes die Verantwortung trägt. Daraus ergibt sich, dass die D gegenüber M im Verhältnis zu anderen Arbeitnehmern eine vergleichbare soziale Stellung einnimmt.

Das Arbeitsrecht billigt arbeitnehmerähnlichen Personen im Einzelfall eine besondere Schutzwürdigkeit zu. Diese ergibt sich dann aus Gesetzen des Arbeitsrechts, wenn arbeitnehmerähnliche Personen besonders erwähnt werden. Das Bundesurlaubsgesetz gilt nach § 2 S. 2 auch für arbeitnehmerähnliche Personen. Da D gegenüber M als arbeitnehmerähnliche Person anzusehen ist, ist auf sie auch der Schutzbereich des BUrlG anwendbar.

Ergebnis:

D hat gegenüber M einen Anspruch auf Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub im Umfang von 24 Werktagen nach §§ 1, 2 S. 2, 3 Abs. 1 BurlG i. V. m. § 611a BG.

Fall 3:Arbeitnehmerähnliche Person, wirtschaftliche Abhängigkeit, Anspruch auf Erholungsurlaub

A.Sachverhalt

Die Lektorin L betreibt seit Jahren ein eigenes Lektorat. Seit langer Zeit wird sie vom Verlag V ständig mit Aufträgen zur Prüfung von Buchveröffentlichungen aus der Fachrichtung „Rechtswissenschaften“ beauftragt. Die Prüfung nimmt sie zu Hause in ihrem Arbeitszimmer vor. Vergütet wird sie aufgrund einer Vereinbarung mit dem Verlag auf Stundenbasis. Ihr monatlicher Verdienst, den V der L vergütet, beträgt durchschnittlich € 3.600,00. Darüber hinaus ist L auch als freie Lektorin für andere Verlage tätig. Aus diesen geschäftlichen Kontakten erzielt L durchschnittlich ein zusätzliches Monatseinkommen von ca. € 500,00. Nach einem Gespräch mit einem befreundeten Rechtsanwalt verlangt L von V die Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub. Besteht der Anspruch der L gegenüber V auf bezahltem Erholungsurlaub?

B.Prüfungsschema

I.  Anspruch der L gegenüber V auf Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub nach §§ 1, 2 S. 2, 3 Abs. 1 BurlG i. V. m. § 611a BGB

1.  Anspruch entstanden?

a.  Urlaubsanspruch für jeden Arbeitnehmer nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG (+)

b.  Arbeitnehmereigenschaft der L?

aa.  Definition des Arbeitnehmers, § 2 S. 1 BurlG

bb.  Arbeitsvertrag nach § 611a BGB

cc.  Zwischenergebnis: L als Arbeitnehmerin i. S. d. BUrlG (–)

c.  L als arbeitnehmerähnliche Person i. S. v. § 2 S. 2 BUrlG?

aa.  wirtschaftliche Abhängigkeit (+)

bb.  soziale Stellung vergleichbar mit Arbeitnehmertätigkeit (+)

cc.  Schwergewicht der Tätigkeit für V (+)

dd.  Zwischenergebnis: L als arbeitnehmerähnliche Person im Verhältnis zu V nach § 2 S. 2 BUrlG (+)

2.  Ergebnis: L hat gegen V einen Anspruch auf Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub nach §§ 1, 2 S. 2, 3 Abs. 1 BurlG i. V. m. § 611a BGB.

C.Lösungsvorschlag im Gutachtenstil

I.Anspruch der L gegen V auf Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub nach §§ 1, 2 S. 2, 3 Abs. 1 BurlG i. V. m. § 611a BGB

Die Lektorin L könnte gegenüber dem Verlag V einen Anspruch auf Gewährung eines bezahlten Erholungsurlaubs für die Dauer von mindestens 24 Werktagen pro Jahr nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG haben. Voraussetzung ist nach § 1 BUrlG, dass L Arbeitnehmerin sein müsste. Nach § 2 S. 1 BGB sind Arbeitnehmer im Sinne des Bundesurlaubsgesetzes Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten.

Im vorliegenden Fall ist die L als freie Lektorin tätig. Sie arbeitet zu Hause und redigiert die ihr vom Verlag V übergebenen Manuskripte, die sie zu bestimmten Zeitpunkten nach Überprüfung und eventuellen Korrekturen an den Verlag zurückzureichen hat. Mit V hat sie eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen, nach der auf Stundenbasis ihre Vergütung abgerechnet wird. Es ist eher zweifelhaft, dass es sich bei der Tätigkeit der L für V um eine in persönlicher Abhängigkeit bestehende Tätigkeit handelt, bei der L weisungsgebunden und fremdbestimmt ist. Insofern ist davon auszugehen, dass L in keinem arbeitsrechtlichen Vertragsverhältnis gemäß § 611a BGB zu V steht, so dass sie keine Arbeitnehmerin i. S. v. § 2 S. 1 BUrlG ist.

L könnte aber im Verhältnis zu V eine arbeitnehmerähnliche Person nach § 2 S. 2 BUrlG sein. Dafür müsste L folgende Voraussetzungen erfüllen: einerseits müsste sie wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Person angesehen werden. Zum anderen müsste ihre soziale Stellung mit der eines Arbeitnehmers vergleichbar sein. Drittens müsste das Schwergewicht ihrer Tätigkeit