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Diese Geschichte beruht auf tatsächlichen Gegebenheiten und erzählt aus meinem Leben mit ADHS und Depressionen.
Das E-Book Familie, Depressionen und ich wird angeboten von BoD - Books on Demand und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Depressionen, Familie, ADHS, Krankheit, Leben trotz Depressionen
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Seitenzahl: 79
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VORWORT
JUGEND
OBERSTUFE
MEINE ERSTE WOHNUNG
REKRUTENSCHULE
AUSSENDIENST
2003
DANIELA
RENOVATION
AUTOVERKÄUFER
GEBURT
WINTERGARTEN
DRITTE SÄULE
HAUSISOLATION
WOHNMOBIL
TEICH
JEEP
MAGENBYPASS und UNFALL
STIMMUNG
AUSZEIT
SCHLUSSWORT
Kaum zu glauben, aber in einem Jahr bin ich bereits 50 Jahre alt. Nie hätte ich erwartet so alt zu werden. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als mein Vater 50 Jahre alt wurde. Damals dachte ich, mein Vater sei alt. Bin ich das jetzt auch? Ich sehe noch nicht aus wie ein alter Mann, ich habe noch kein einziges graues Haar und Falten habe ich auch nur ansatzweise. Mir wird auch oft gesagt, ich sehe jünger aus. Leider sehe ich zwar nicht alt aus, aber fühle mich oft wie ein 80 Jähriger. Mir tut alles weh, meine Knochen sind schwer und meine überschüssigen Kilos machen es nicht leichter. Ansonsten sehe ich aus wie ein normal gesunder Mann im besten Alter. Alle die mich nicht kennen, merken nicht, dass ich psychische Probleme habe. Ich verhalte mich in der Öffentlichkeit meist natürlich und bin selten so in mich gekehrt, dass ich andere Menschen nicht bemerke. Warum ich das aber zu Hause nicht schaffe, weiss ich nicht. Dort bin ich oft abwesend mit meinen Gedanken, bestätige manchmal sogar etwas gehört zu haben, obwohl es nicht war ist, stehe oft vor Aufgaben und weiss nicht wo beginnen. Dann kann ich nicht mehr sachlich denken und mein Kopf blockiert. Ich komme gelegentlich nicht aus dem Bett, weil ich meinen Körper nicht steuern kann. Er bleibt fast regungslos liegen. Gelegentlich schafft mir das grosse Probleme, zum Beispiel wenn ich mit jemandem abgemacht habe, oder eine Frist einhalten muss. Schlimm wird es aber immer dann, wenn mein Tief mehrere Tage andauert. Ich kann froh sein, komme ich wenigstens aus dem Bett, wenn ich zur Toilette muss.
Ich war nicht immer so, ich war sehr schlank, sah fast schon wie ein Magersüchtiger aus, ein Einmetersiebzig grosser Spargel. Von Muskeln keine Spur, ein Sixpack war mir auch nicht vergönnt. Eigentlich kein Wunder, denn Sport ist auch heute noch nichts für mich. Ich gebe mir immer wieder Mühe und nehme mir vor, sportlicher zu werden, aber schon nach wenigen Tagen sind die guten Vorsätze futsch.
Ich habe mir ein kleines Fitnessstudio im Keller eingerichtet, aber die Einzige, die alles benutzt ist meine Frau. Ich nehme mir immer wieder vor, morgen wieder mit dem Training anzufangen, aber es gibt immer einen Grund dafür, es nicht zu tun.
Geboren bin ich ein paar Monate nach dem 20. Geburtstag meiner Mutter. Meine Eltern haben beide noch gearbeitet, die finanziellen Rücklagen inexistent und so wurde ich tagsüber von meinen Grosseltern behütet. Im ersten Lebensjahr, eine prägende und wichtige Zeit, wurde ich also von 4 Menschen verwöhnt. Vermutlich habe ich wegen dieser Zeit eine sehr tiefe Verbindung mit meiner Grossmutter. Mittlerweile ist sie schon über 30 Jahre tot, aber es vergehen nicht viele Tage, ohne dass ich an sie denke. Ich hänge oft in der Vergangenheit rum - Gedanklich. Eine Zeitmaschine habe ich leider nicht. Ich sehe, fühle und rieche meine Grosseltern noch vor mir. Alle Vier. Manchmal ist es so, dass ich mich wieder in jene Zeit zurückversetzen kann. Ich rede mit Ihnen, aber Antworten bekomme ich leider keine. Ich denke oft, dass sie enttäuscht von mir sind, weil aus mir kein erfolgreicher Mann geworden ist oder weil ich als Mann den Haushalt führe anstatt in einer mechanischen Werkstätte zu schuften.
Drei Jahre nach mir, wurde mein Bruder Gabriel geboren. Ich war überglücklich und ich war ab sofort der grosse Bruder, zu dem Gabriel aufgesehen hat. Ich war sein Held, sein Beschützer und sein Freund. Wir waren immer ein Herz und eine Seele. Es kam auch vor, dass er etwas verbockt hat und ich die Schuld auf mich nahm. Er war so liebenswert und so zerbrechlich. Zumindest in meinen Augen und meinem Herz.
Wir wohnten in einem Mehrfamilienhaus in der obersten Wohnung. Ich kannte alle Bewohner in unserem Haus und war auch gern gesehen. Die meisten waren ältere Menschen, die immer Freude hatten, wenn ich sie besuchen kam oder sie mich im Treppenhaus pfeiffen gehört haben. Das Pfeiffen ist mein Markenzeichen. Wenn ich nicht singe, dann pfeiffe ich Songs, welche mir gerade durch den Kopf gehen. Ich war immer gerne mit Menschen zusammen, welche die Lebenszeit schon zum grössten Teil hinter sich hatten. Jeden Mittwoch Nachmittag ging ich mit meiner Grossmutter und ihren Freundinnen ins Kaffee Zentrum. Da wurde geschnattert und getratscht. Ich war mittendrin. Mit der Zeit wusste ich auch von wem geredet wird und konnte meinen kindlichen Senf dazugeben. Nach ein paar Stunden sind wir alle wieder nach Hause gelaufen. Erst wenn meine Grossmutter zuhause war, lief ich weiter zu mir nach Hause. Die Zeit mit ihr war unentbehrlich und rückblickend immer noch hart, weil ich das nur für ganz kurze Zeit hatte. Meine Grossmutter hatte Zucker und musste ein Bein amputieren. Wegen des relativ hohen Alters bekam sie keine Vollnarkose. Sie musste die Operation mit Musik auf den Kopfhörern bei Bewusstsein miterleben. Ich kann mir kaum vorstellen, wie schlimm sie sich gefühlt haben muss. Zwei Wochen später, sie hat es so gewollt, ist sie friedlich eingeschlafen. Für mich brach eine Welt zusammen. Hatte ich doch immer vor, mit ihr, sobald ich den Führerschein habe, wegzufahren, damit sie und Ihre Freundinnen auch mal andere hübsche Restaurants kennenlernen konnten.
Für nichts auf der Welt hätte ich sie eingetauscht. Noch heute wünschte ich mir mehr Zeit mit ihr. Ich denke auch viel an meine anderen Grosseltern, aber es ist nicht das Selbe. Das erste Lebensjahr hat mich scheinbar besonders geprägt, vermutlich mehr, als gesund ist.
Im Kindergarten war ich schon der Kleinste und Leichteste, was meine lieben Schulfreunde gerne ausnutzten. Auf dem Kindergartenweg haben sie mich oft mit dem Leuchtgürtel geschlagen. Ich habe oft sehr gelitten, aber hatte immer Angst zu Hause davon zu erzählen. Schliesslich wollte ich nicht als Weichei gelten, für das ich mich selber auch gehalten habe. Eines Tages habe ich mich gewehrt und mein Angreifer landete mit einem kleinen Schupser direkt im Misthaufen. Ich habe nur ganz kurz gelacht, denn ich wusste genau, was für Konsequenzen das für mich hat. Er kann schliesslich vor seinen Eltern nicht verheimlichen, was passiert ist, man sieht es ihm schon von weitem an und man riecht es auch!
Seine Mutter fand das gar nicht lustig und sie wusste ja auch nicht was sonst so auf dem Schulweg passiert. Ihr kleiner Engel wurde von mir, dem Rüppel in den Misthaufen gestossen, so etwas tut man nicht.
Jedenfalls bekamen wir schon nach kurzer Zeit Besuch von ihr. Meine Mutter war leider gerade krank und war stink sauer auf mich, als seine Mutter bei meiner gejammert hat, was ich doch schreckliches getan habe.
Meine Mutter hat mich danach gemassregelt und ich fühlte mich wieder missverstanden und ungeliebt.
Nach diesem schrecklichen Jahr wollte ich nicht mit diesen Kindern in die Schule, also bat ich darum, noch ein Jahr im Kindergarten bleiben zu dürfen. Scheinbar fand das auch meine Lehrerin für nötig, denn ich konnte, so hat man mir Jahre später gesagt, den Stift noch nicht richtig halten. Das neue Jahr war besser, ich wurde akzeptiert und habe gelernt, Stifte richtig zu halten. Dieser Jahrgang meinte es besser mit mir.
Später auf der Schule traf ich aber wieder alle meine Jahrgänger, was für mich nicht so gut verlief. Da war der Rowdy der immer seine Kraft an mir demonstriert hat. Er hatte auch so eine hässliche Gabe, er hat seine Augenlieder nach oben geklappt, was ich als sehr hässlich empfand. Zusätzlich waren da noch die Zwillinge, eine eher pummelige freundliche und die schlanke gemeine Schwester. Sie hat mich einmal an einen Hacken gehängt. Es war demütigend, denn ein Lehrer musste mich danach befreien.
Zwei Wochen nach meinem 11. Geburtstag, kam meine Schwester zur Welt. Ich war stolz wie Anton. Ich habe es einfach jedem gesagt, vorallem meinem Lehrer und Schulkameraden. Jetzt war ich der grosse Bruder zweier Geschwister. Meine Mutter hat mittlerweile Heimarbeit erledigt, mein Vater hat in einer Kosmetikfirma im Lager gearbeitet. Obwohl zwei Einkommen da waren, hat es nie gereicht. Unsere Eltern haben sich dauernd gestritten. Fast immer ging es um Geld, ab und zu um meine schlechten Schulnoten. Mein Vater meinte nur immer wieder, warum ich nicht so klug sei, wie mein kleiner Bruder. Gabriel lerne fleissig, und sei stets konzentriert.
Die Jahre vergingen im Schneckentempo. In der Schule war ich immer der Klassenclown. Ich konnte nicht still sitzen und ich hatte immer einen sarkastischen Spruch auf Lager und mit meinem Gesicht zog ich unbewusst Grimassen. Ich glaube, dass meine Bemerkungen eher aus peinlichem Nichtwissen entstanden sind, aber das wusste ja nur ich.
Heute weiss ich, dass ich ADHS habe, aber zu jener Zeit wusste das niemand mit Sicherheit. Meine Kindergartenlehrerin hatte zwar mal etwas erwähnt, meine Eltern haben es aber gekonnt ignoriert und nie mehr davon gesprochen, bis ich die Diagnose schwarz auf weiss hatte.
In der ersten Klasse war meine Lehrerin Frau Kaiser. Nach diesem ersten Schuljahr hat sie aufgehört zu unterrichten. Sie hat mit ihrem Ehemann einen Bauernhof übernommen und sich fortan um Haus, Stall und Hof gekümmert. Bei ihr hat mir die Schulzeit noch gefallen. Am Ende des Schuljahres besuchten wir Frau Kaiser auf ihrem Bauernhof.