Feldpostbriefe und Tagebücher – 1940-1945 - Bernhard Richter - E-Book

Feldpostbriefe und Tagebücher – 1940-1945 E-Book

Bernhard Richter

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Beschreibung

70 Jahre alte Feldpostbriefe und Tagebuch-Aufzeichnungen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs sind beeindruckende und anschauliche Zeugnisse aus einer verheerenden Epoche des 20. Jahrhunderts. Die Briefe schildern das Einzelschicksal eines Arztes auf einer persönlichen Ebene einerseits, dokumentieren aber andererseits auch den historischen Raum des Kriegsgeschehens. Familiengeschichte und Zeitgeschichte überlagern sich. Nach einer so langen Zeitspanne leben heute nur noch wenige Menschen, die den Autor der Briefe gekannt haben. Aber die Aufzeichnungen bieten den nachfolgenden Generationen die Chance, sich ein Bild zu machen von der Zeit zwischen 1940 und 1945. Die Manuskripte und Notizen können eine Inspiration sein für unser Vorstellungsvermögen. Sie sind so lebendig und konkret, dass wir den Zeitgeist von damals erahnen können. Null Papier Verlag

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Bernhard Richter

Feldpostbriefe und Tagebücher – 1940-1945

Mit einem Vorwort von Ursula Brück

Bernhard Richter

Feldpostbriefe undTagebücher – 1940-1945

Mit einem Vorwort von Ursula Brück

Überarbeitung und Korrekturen: Null Papier Verlag

Published by Null Papier Verlag, Deutschland

Copyright © 2018 by Null Papier Verlag

1. Auflage, ISBN 9783962814168

www.null-papier.de/hoffmann

Das hier veröffentlichte Werk ist eine kommentierte, überarbeitete und digitalisierte Fassung und unterliegt somit dem Urheberrecht. Verstöße werden juristisch verfolgt. Eine Veröffentlichung, Vervielfältigung oder sonstige Verwertung ohne Genehmigung des Verlages ist ausdrücklich untersagt.

Inhaltsangabe

WIDMUNG

GEDANKEN

VORWORT

BILD

KURZBIOGRAPHIE DES BRIEFAUTORS

FELDPOSTBRIEFE 1940/41

25.06.1940

19.07.1940

14.02.1941

01.04.1941

21.04.1941

13.05.1941

20.05.1941

02.06.1941

09.06.1941

12.06.1941

17.06.1941

02.08.1941

13.08.1941

30.08.1941

09.09.1941

03.12.1941

FELDPOSTBRIEFE 1942

10.01.1942

15.01.1942-I

15.01.1942-II

28.01.1942

13.02.1942

20.02.1942

28.02.1942

08.03.1942

12.03.1942

26.03.1942

16.04.1942

25.04.1942

30.04.1942

04.05.1942

18.05.1942

26.05.1942

03.06.1942

11.10.1942

30.10.1942

23.11.1942

01.12.1942

13.12.1942

15.12.1942

16.12.1942

26.12.1942

FELDPOSTBRIEFE 1943/44

06.01.1943

10.01.1943

16.01.1943

18.01.1943

14.02.1943

28.02.1943

27.03.1943

27.04.1943

05.05.1943

13.05.1943

29.10.1944

TAGEBUCH I

01.04.1945

03.04.1945

09.04.1945

15.04.1945

23.04.1945

29.04.1945

06.05.1945

08.05.1945

13.05.1945

20.05.1945

24.05.1945

03.06.1945

TAGEBUCH II

24.06.1945

28.06.1945

29.06.1945

08.07.1945

12.07.1945

22.07.1945

29.07.1945

12.08.1945

20.08.1945

26.08.1945

02.09.1945

09.09.1945

16.09.1945

23.09.1945

29.09.1945

DAS WEITERE VERLAGSPROGRAMM

FÜR MONA

„Leben heißt, beharrlich einer Erinnerung nachzuspüren.“

Patrick Modiano

„Kindheitserinnerungen sind oft kleine Details, die sich abheben vor dem Nichts.“

Patrick Modiano

„Das Schweigen, das tiefe Verschweigen, besonders wenn es Tote meint, ist letztlich ein Vakuum, das das Leben irgendwann von selbst mit Wahrheit füllt.“

Ralf Rothmann

Vorwort

Hunderte von Feldpostbriefen hat mein Vater während des 2. Weltkriegs geschrieben; 52 davon sind erhalten geblieben:

42 handschriftliche Briefe aus den Jahren 1940–1944,

10 Briefe als Durchschläge von Schreibmaschinenseiten;

ausserdem zwei Tagebücher von April 1945 bis September 1945.

Diese 70–75 Jahre alten Feldpostbriefe – in der ansprechenden, gleichmäßigen Handschrift meines Vaters – waren nicht immer leicht zu entziffern. Das Briefpapier ist vergilbt, die Tinte verblasst. Bei fast allen Briefen ist das Couvert noch vollständig erhalten geblieben: versehen mit Tagesstempel, Adresse und Feldpoststempel; der Absender auf der Rückseite des Umschlags ist komplettiert mit Dienstgrad und Feldpostnummer.

Die Adressaten der Feldpostbriefe sind die Schwiegereltern des Autors: Anna und Johann Düsing aus Gelsenkirchen-Horst.

Johann Düsing (1877–1950) und Anna Düsing (1884–1958)

Hanny Düsing mit ihren Geschwistern Heinz, Hans, Bernhard, Rudi und Irmgard, ca. 1923

Bernhard Richter (Mitte) mit seinen Brüdern Herrmann, Josef und Eugen, ca. 1920

In den Briefen fallen häufig die Namen der Geschwister Düsing: Hanny Ist die Älteste, die übrigen sind Hans, Heinz, Bernhard, Rudi, Irmgard und Annemie. Von den Brüdern des Verfassers werden Philipp, Herrmann, Josef und Eugen Richter erwähnt.Von den zahllosen Briefen an seine Frau („an Hanny schreibe ich fast jeden Tag“) existieren leider nur noch die 10 Schreibmaschinenkopien. Die beiden Tagebücher des Briefautors – auch adressiert an seine Frau – sind handschriftlich auf linierte DinA4-Doppelbögen geschrieben, sie datieren vom 1.4.1945 – 3.6.1945 (I) und vom 24.6.1945 – 29.9.1945 (II).

Diese angestaubten Feldpostbriefe und Tagebuch-Aufzeichnungen sind nicht einfach plötzlich irgendwo aufgetaucht oder in einer geheimen Schatulle gefunden worden – nein – sie waren meines Wissens jederzeit zugänglich und aufzufinden, verstaut in einem kleinen Pappkarton im Vitrinenschrank meiner Eltern. Dort wurden sie lange Zeit von uns Kindern nicht wahrgenommen oder nicht angerührt. Sie waren wohl – auch für uns als Erwachsene – mit einem Tabu belegt.

Als Erstes habe ich dann irgendwann die Tagebuch-Aufzeichnungen meines Vaters gelesen, das war einige Jahre nach seinem Tod im Jahr 2001. Immer noch mit dem Gefühl, ein Eindringling in die Privatsphäre meiner Eltern zu sein, habe ich diese Manuskripte mit Erstaunen und Neugier studiert und dann doch wieder zur Seite gelegt.

Jetzt erst – seit 2014 – wo ich selber schon ein paar Jahre älter bin als die Briefe meines Vaters aus dem Krieg, fingen sie an, einen großen Reiz auf mich auszuüben und ein nachhaltiges Interesse in mir wachzurufen. Ich vertiefte mich in diese Vater-Handschrift und musste immer weiterlesen, einen regelrechten Sog verspürend, der von diesen Manuskripten ausging. Und heute frage ich mich: wann habe ich mich jemals intensiver mit der Gedanken- und Gefühlswelt meines Vaters auseinandergesetzt als bei der Lektüre dieser Briefe und Tagebuch-Aufzeichnungen? Sie beschert mir eine ganz neue Begegnung mit ihm und transportiert Erinnerungen an meine frühe Kindheit während des 2. Weltkriegs. So begab ich mich auf eine investigative Spurensuche nach meinem (mir ziemlich unbekannten) Kindheits-Vater und nach mir selbst als Tochter und Kriegskind. Und diese Spurensuche führte auch dazu, dass ich jetzt – erst spät – mit den Briefen als Auslöser – begann, mich mit generationsübergreifenden Prägungen durch den Krieg zu beschäftigen.

Die Idee, seine handschriftlichen Briefe und Aufzeichnungen zu ordnen und zu transkribieren und somit leichter lesbar zu machen, war zunächst ein Akt der neugierigen Freude und der Selbstvergewisserung: als kleines Kind konnte ich mich in den Briefen wiederfinden. Die Zeit der intensiven Transkription löste dann so etwas wie einen inneren Dialog mit meinem Vater aus, so, als ob er noch lebte. Das Zusammensuchen von Fotos aus dieser Zeit (aus dem Familienfundus und dem Fotobestand von hilfreichen Verwandten) folgte sicher auch einem nostalgischen Bedürfnis, diese ersten Jahre der Kindheit im Ausnahmezustand des Krieges aus der Erinnerung heraufzuholen und die damaligen Verwandtschafts-Konstellationen, auf die in den Briefen Bezug genommen wird, zu beleuchten. Die Fotos von verschiedenen Kriegsschauplätzen, die mein Vater selbst mitgebracht hat, sind von ihm auf der Rückseite mit Angabe von Ort und Zeit gekennzeichnet.

Die durch den Krieg erschütterte Lebenswelt meiner Eltern wurde bei der Brief-Lektüre zwangsläufig lebendig, nicht mit der Distanz von 70 Jahren, sondern ganz gegenwärtig: Neben vielen anderen Eindrücken drängt sich mir unauslöschlich das Bild einer jungen Mutter auf – meiner Mutter – die in den Nächten bei Bombenalarm ihre beiden kleinen Kinder – Rainer (geb. 1937) und Ulla (geb. 1940) – entweder in den eigenen provisorischen Schutzkeller, in dem auch andere Hausbewohner Zuflucht suchten, oder in den großen Luftschutzraum der benachbarten Sparkasse bringen musste, wo viele Nachbarn zusammenkamen. Mein Bruder erinnert sich, dass beide Eltern verzweifelt geweint haben, wenn sie sich nach einem kurzen Urlaub meines Vaters wieder trennen mussten. Meine Mutter war allein und wusste nicht, ob und wann ihr Mann aus dem Krieg zurückkommt.

Dieses intensive „Nachfühlen" hat bei mir Erinnerungsschübe und Imaginationen in Gang gesetzt; und das nachdrückliche Bestreben, mich mit vielen offenen Fragen zum 2. Weltkrieg zu befassen, wurde durch die Brief-Lektüre zu einem regelrechten „Muss".

Es war dann ein naheliegender Gedankenschritt, die Transkripte als Dokument auch anderen zugänglich zu machen: vor allem der Familie, den wenigen noch lebenden Verwandten und Freunden, die meinen Vater persönlich kannten, und Menschen aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis, bei denen ich ein Interesse an einer solchen Dokumentation vermute.

Zunächst kostet es Überwindung, diese Aufzeichnungen der Privatsphäre zu entziehen; es handelt sich ja um sehr persönliche Briefe, die nur für wenige Menschen und ganz bestimmt nicht für ein größeres Lesepublikum gedacht waren.

Inzwischen – 70 Jahre nach ihrer Aufzeichnung – sind sie aber auch zu einem Zeitdokument geworden, und es wäre bedauerlich, sie wegen ihrer Privatheit ruhen zu lassen; im Gegenteil: es ist so naheliegend, den Brief-Nachlass aus der Versenkung zu befreien, dass wir uns von diesen Schriften berühren lassen und sie als Zeugnis einer zwar längst vergangenen, aber noch immer nachwirkenden Zeit wahrnehmen.

Die Feldpostbriefe meines Vaters sind gekennzeichnet von seiner Liebe zur Familie und seiner schmerzhaften Sehnsucht nach ihr, von seiner Sorge um die Verwandten; von absolutem Gottvertrauen und tiefer Frömmigkeit, und von einem allumfassenden Pflichtgefühl, gepaart mit Optimismus und Durchhaltevermögen. So hat er in seiner Aufgabe als „Arzt im Krieg" Erfüllung gefunden und den Sinn des Krieges – dem Zeitgeist folgend – Zunächst nicht in Frage gestellt. Die Briefe sprechen für sich selbst.

Kriegsschauplätze waren für meinen Vater Frankreich, Bulgarien, Griechenland, Belgrad, Russland/Ukraine, Italien, Slowenien, Österreich.

Wie sah für einen Truppenarzt der normale Ablauf der Verwundetenversorgung aus? „In der Regel konnten die beiden Sanitätskompanien jeder Heeres-Division zwei Hauptverbandsplätze (HVP) und ein Feldlazarett einrichten, von hier aus hatten die Krankentransport-Abteilungen der Armee die weitere Rückfühmng und Verteilung der Verwundeten zu übernehmen. Auf den HV-Plätzen, die in großen Zelten oder nach Möglichkeit in Häusern eingerichtet wurden, fand die erste fachärztlich-chirurgische Versorgung statt. Von den HV-Plätzen erfolgte möglichst bald ein Weitertransport. Leichtverwundete kamen zu den Krankensammelstellen und dann – sobald ihre baldige Genesung und Rückkehr zur Tmppe vorauszusehen war – in sogenannte Leichtkriegslazarette im rückwärtigen Frontbereich. Schwerverwundete wurden durch Sanitätskraftwagen („Sankas") zu den mindestens 20-30 km hinter der Front zurückliegenden Feldlazaretten gebracht, die oft in Schulen, Krankenhäusern oder entsprechend größeren Gebäuden untergebracht waren und etwa 200-300 Schwerverwundeten für einige Zeit feste Unterkunft boten. Nachteil dieser Feldlazarette bei der üblichen beweglichen Kampfführung – Vor- oder Rückmarsch – war allerdings, dass sie sehr häufig verlegt werden mussten."1

Alle Angehörigen der Sanitätsdienste trugen deutlich sichtbare Rote-Kreuz-Armbinden an den Uniformen, was vielleicht einen gewissen zusätzlichen Schutz bedeutete.

Auch wenn sich Manches aus den Berichten meines Vaters „wie aus der Sommerfrische geschrieben" anhört, wird er als Truppenarzt vieles erlebt haben, wovon er nicht berichten konnte, sei es aus Gründen der Geheimhaltung, sei es, dass er seine Angehörigen schonen und nicht noch weiter belasten wollte, sei es auch, dass er über manche Ereignisse gar nicht sprechen konnte. So leben diese Briefe auch vom Nicht-Geschriebenen und Nicht-Mitgeteiltem, worüber wir als Leser nur Mutmaßungen anstellen können. Mutmaßungen z.B. auch darüber, was er beim Vernichtungsfeldzug in Russland an Kriegsverbrechen mitbekommen, gesehen oder gehört hat. „Ein wesentlicher Teil der Ermordung der Juden fand in Russland durch Massenerschießungen statt. Natürlich ist es theoretisch denkbar, dass jemand, der als Soldat an der Ostfront eingesetzt war, nicht von den Massenerschießungen gehört hat. Es ist theoretisch denkbar, aber extrem unwahrscheinlich"2

Das „Unsagbare" konnte nicht erzählt werden. Und so hat auch die „Sprachlosigkeit" zwischen den Generationen nach dem Krieg und später fortgedauert. Damit ist ein Vakuum zurückgeblieben. Ich weiß nicht, ob es für meinen Vater erträglicher gewesen wäre, traumatische Kriegserlebnisse mitteilen zu können, oder ob das Verschweigen und Ausblenden die beste und einzige Möglichkeit für ihn war. Das Fazit ist, dass er einige Monate nach Kriegsende ohne äußere Blessuren nach Hause zurückgekehrt ist. Man kann wohl sagen, dass unserer Familie nicht so viel vergleichbar Schreckliches widerfahren ist: unser Haus wurde nicht zerstört, wir mussten nicht wirklich hungern, nicht fliehen oder alle Habseligkeiten zurücklassen. Aber die seelischen Belastungen sind im Unterbewusstsein verankert geblieben – bei beiden Eltern. Erst heute – 60-70 Jahre nach Kriegsende – und nach dem Tod der Eltern scheint die Zeit gekommen zu sein, – in Forschung und Literatur gibt es eine Menge Beispiele dafür – dass wir uns mit den Nachwirkungen dieser Traumata der „Kriegseltern" auf die Generation der „Kriegskinder und -enkel" befassen und dass ein neuer Blick darauf geworfen wird.

Mein Vater ist mit seinen Feldpostbriefen und Kriegsaufzeichnungen als Chronist seiner Zeit lebendig geblieben, und ich bin froh, sie weitergeben zu können. Mona, seine Urenkelin, (geb. 8.12. 2010), der diese Dokumentation gewidmet ist, wird – vielleicht in zehn Jahren – mit der Lektüre dieser Schriften auf einer sehr persönlichen Ebene Einblicke in die Geschichte des 2. Weltkriegs bekommen und ganz konkret Einblicke in die Familiengeschichte ihrer Vorfahren.

Und so wurde dieses Dokument zu einer späten Hommage an einen längst gestorbenen Vater und zu einem Vermächtnis an die Nachgeborenen.

Ursula BrückDüsseldorf, im November 2015

1 s. Robert Balsam „Deutsche Sanitätstruppen", www.balsi.de

2 Sönke Neitzel (Historiker) in: Sabine Bode „Nachkriegskinder", 2015, S. 181

Kurzbiographie des Briefautors

Bernhard Richter wurde am 29. 9. 1906 als eines von vierzehn Geschwistern auf dem Hof der Familie Richter in Roxel bei Münster geboren. Seine Eltern waren der Gutsbesitzer Philipp Richter II (1849-1921) und seine Ehefrau Maria Richter, geb. Scheuing (1873-1950).

Er besuchte das Gymnasium Paulinum in Münster und studier¬te dort Medizin. Nach dem Studium arbeitete er als Assistenz-Arzt an Krankenhäusern in Bochum, Dortmund, Bielefeld und in Arztpraxen u.a. in Bocholt und Wiedenbrück. In Gelsenkirchen-Horst lernte er 1933 seine spätere Ehefrau Hanny Düsing kennen. Sie heirateten am 24. 11. 1935. im selben Jahr ließ er sich als prakt. Arzt in Burgsteinfurt/Westf. nieder und bezog dort das Wohnhaus mit Praxis an der Wasserstr. 19. Dort wur¬den die Kinder Rainer (12.12.1937) und Ursula (11.4.1940) geboren.

Im Bundesarchiv, Freiburg, ist belegt, dass Dr. Bernhard Richter „am 1.10.1940 in das Offizierskorps des Beurlaubtenstandes eingetreten ist und als Stabsarzt bei der Sanitätsabteilung 16 diente“. Aus einem weiteren Vermerk ist ersichtlich, dass sein Truppenteil das „motorisierte Stab/Pionier-Bataillon 666 bei der 79. Division“ war und dass er dort „am 3.3.1943 mit dem EK I ausgezeichnet wurde“.

Nach seiner Rückkehr aus dem Krieg im Herbst 1945 konnte er in Burgsteinfurt seine Tätigkeit als praktischer Arzt wieder aufnehmen. Am 26. 8.1946 wurde dort Beate, das dritte Kind der Familie, geboren.

Ab ca. 1955 nahm er gelegentlich zur medizinischen Weiter¬bildung an Ärzte-Kongressen teil, unter anderem in Davos und Meran.

Bernhard Richter liebte die weitgefächerten Herausforderungen in seinem Beruf als Landarzt in einer Kleinstadt mit zahlreichen Bauernschaften. Er hatte ein sehr persönliches Verhältnis zu seinen Patienten. Auch deshalb wurde er von ihnen geschätzt und verehrt.

An seinen beiden Hobbys – der Brieftaubenzucht und der Jagd – hat er bis ins hohe Alter viel Freude gehabt.

Am 26. 12. 2001 ist er im Alter von 95 Jahren in Burgsteinfurt gestorben.

Feldpostbriefe 1940/41

25.06.1940

Herrn und FrauJohann DüsingGelsenkirchen-HorstEssenerstr. 9

O.U.,1 den 25.IV.40

Liebe Eltern!

Aus dem fernen Westen sende ich Euch herzl. Grüße. Nun ist Euer Haus auch ziemlich leer geworden, da Hans und Heinz auch fort sind. Beim Empfang dieser Zeilen wird Irmgard wenigstens wieder bei Euch sein. Habt vielen Dank, daß Ihr sie bis jetzt Hanny zur Hilfe gegeben habt. Länger geht es ja nicht, das sehe ich ein. Hoffentlich kann sich der eine oder andere von Euch mal frei machen und Hanny besuchen. Auch möchte ich Euch nochmals danken, daß Ihr Hanny und Rainer den ganzen Winter und Frühling bei Euch gehabt habt. Betrachtet in diesem Sommer Burgsteinfurt als Sommerfrische, damit wir Euch Eure Güte vergelten können.

Andere Reisen kann man jetzt ja doch nicht unternehmen. Hanny und Ursula2 geht es ja Gott Dank soweit ganz gut. Sie schreibt, daß Ihr von Bernhard noch keine Nachricht habt. Ihr braucht Euch nicht beunruhigen. Bei der Sachlage war das vorauszusehen. So schnell ist von ihm noch keine Post zu erwarten. Rudi habe ich geschrieben. Ob wir uns treffen können, ist doch noch fraglich. Wir scheinen doch weiter voneinander getrennt zu liegen, als ich anfangs dachte. – Mir geht es gut hier. Ich bin gut untergebracht. Die Verpflegung ist wirklich gut. Landschaftlich ist es hier sehr schön, besonders an den vergangenen Sonntagen war es herrlich. Die Natur erwacht jetzt mit Macht. Heute hat es allerdings wieder tüchtig geregnet.

Nun lasst es Euch recht gut gehen und habt Gottvertrauen. Ihr dürft Euch nicht zu viel sorgen.Mit den besten Grüßen, auch an Irmi und AnnemieEuer BernhardAbsender:Unterarzt Dr. Richter 04568

1 Ortsunterkunft, wenn aus Gründen der Geheimhaltung keine offenen Ortsangaben erfolgen durften.

2 geb. am 11.04.1940 in Burgsteinfurt

19.07.1940

FeldpostHerrn Joh. DüsingGelsenkirchen-HorstEssenerstr. 9

O.U. den 19.VII.40.

Lieber Vater!

Nach meiner Rückkehr ins „Feld“ finde ich Deinen Brief vom 22. VI. vor. Als ich am 2.VII. abfuhr, war er noch nicht da; solange dauerte danach der Transport der Feldpost. Mittlerweile ist es etwas besser geworden damit. Also, habe auch jetzt noch vielen Dank für Deinen lieben Brief. Auch von Rudi habe ich einige Zeilen bekommen, die ich gleich beantworten werde. – Leider ist es inzwischen immer noch nicht gegen den Hauptschuldigen am Kriege so richtig losgegangen und Ihr werdet immer noch von den engl. Fliegern belästigt. Hoffentlich bleibt Ihr alle verschont. Hanny nimmt es ja sehr mit. Aber man kann ja leider nichts dagegen unternehmen. Meine vielen beruhigenden Worte haben, glaube ich, nicht viel Erfolg gehabt. Hast Du Irmgard für einige Zeit entbehren können? Mutter soll sich diesmal in B.furt wohl nicht recht erholt haben können. Habt Ihr Euch schon entschlossen, wann u. wo sie sich operieren lassen will. Sie sah jetzt trotz allem besser aus als vor einigen Monaten, so daß sie es jetzt wohl leichter überstehen kann. Es lässt sich ja doch wohl nicht umgehen, da Dr. Klose ja auch dazu geraten hat. –––––– ist auch sehr mitgenommen. Etwa 100 Einwohner von 1000 sind wieder zurückgekehrt. Dabei macht der Ort einen Eindruck wie bei uns eine Stadt von 5000 Einwohnern. So verheerend hat sich in Frankreich schon der Geburtenrückgang ausgewirkt.

Es ist ein obskures Volk. Anders kann man sich trotz dem Schneid unserer Wehrmacht und der Wucht unserer Waffen nicht den so schnellen u. katastrophalen Untergang erklären. Es muß sich gewaltig aufraffen, wenn es wieder in Europa ein Wort mitreden will. Hier gibt es noch viel ungedroschenes Korn vom vorigen Jahr. Es mangelte wohl an Arbeitskräften und man hatte im Überfluß. Wegen seiner dünnen Besiedelung wird sicher ein Teil des Landes umgesiedelt werden u. an Deutschland fallen. Vielleicht kommt es so, dass wir mit voller Berechtigung im Deutschlandlied singen können: „von der Maas bis an die Memel“. Aber wer weiß, wie es kommt. Die Zukunft wird es lehren.

Nun wünsche ich Dir und Mutter alles Gute.Mit herzlichem Gruß!Dein Schwiegersohn BernhardAbs.: Unterarzt Dr. RichterF.P.N. 19362

14.02.1941

Familie Joh. DüsingGelsenkirchen-HorstEssener Str. 9

O.U. 14. II. 41

Meine Lieben!

Aus meinem neuen Wirkungskreis sende ich Euch allen herzl. Grüße. Es geht mir gut, was ich von Euch erhoffe. Meine neue Tätigkeit als Regimentsarzt bringt mir allerdings vorläufig noch viel Arbeit, da ich mich wieder von neuem einarbeiten muß. Bei allem Hin und Her bleibt aber doch noch Zeit, sich das Leben und Treiben dieser Stadt anzusehen. Sie birgt ja unendliche Sehenswürdigkeiten. Manches verlangt ja strenge Lebensgrundsätze, um nicht vom Strudel mitgerissen zu werden. Aber die glaube ich ja wohl von zu Hause mitgebracht zu haben. Ich wohne vorläufig in einem der größten Hotels, sehr komfortabel. Das Leben ist sehr teuer. Wir stehen noch geraume Zeit in Selbstverpflegung. Aber der tägliche Verpflegungssatz von 3,60 RM reicht nicht aus, wenn man nicht immer in einem Soldatenheim essen will. Auch hier gibt es Lebensmittelkarten. Die Rationen sind etwas größer als in D., sodaß man gut damit auskommt. Auch die Kleiderkarte ist jetzt eingeführt. Zu kaufen gibt es also nur noch wenig. Es scheint aber doch alles noch mehr da zu sein als in der Heimat, wenn auch manches jetzt knapp zu werden beginnt.

Anfänglich war es hier sehr kalt, da die Hotels und Lokale schlecht geheizt waren. Aber jetzt scheint so langsam der Frühling zu beginnen. 14 Tage bin ich nun fort und habe noch keine Nachricht von Hanny. Hoffentlich geht es ihr und den Kindern gut. Für sie und besonders für Rainer, der sich ja in letzter Zeit nicht so gut machte, ist sicher baldiger Luftwechsel gut.

Nun laßt auch bald von Euch hören. Es ist eigentlich nicht nötig, daß ich eine Bitte ausspreche, da ich im vergangenen Kriegsjahr so oft von Euch mit Liebesgaben beschenkt worden bin. Aber da es hier kaum deutsche Zigaretten gibt, und die französischen sehr schlecht sind, würde ich mich freuen, welche von Euch zu bekommen.

Nun seid nochmals alle recht herzlich gegrüßt vonEurem BernhardAbs. Ass. Arzt Dr. Richter F.P.N. 40906

01.04.1941

Familie Joh. DüsingGelsenkirchen-HorstEssenerstr. 9

O.U. den 1.IV. 41

Meine Lieben!

Nachdem ich 8 Tage keine Post erhalten habe, bekam ich gestern Abend fünf Briefe zugleich von Hanny. Nun weiß ich endgültig, daß sie wieder in Burgsteinfurt ist. Da will ich dann endlich auch Euch mal einige Zeilen zukommen lassen. Hoffentlich bist Du, liebe Mutter, wieder hergestellt und geht es Euch allen gut. Rudi hat ja auch einen großen Rutsch gemacht. Ich hab ihm u. Bernhard zweimal geschrieben und auch von beiden schon einmal Antwort bekommen. Unser Eugen ist jetzt endgültig bei der Marine, Josef in Paderborn.

Eugen Richter

Mir geht es hier sehr gut. Ich habe schon viel von Bulgarien kennen gelernt. Meist hatten wir gute Quartiere; die Bewohner freuen sich, einen deutschen Soldaten beherbergen zu dürfen. Sie sind sehr gastfreundlich. Einen großen Überfluß hat das Land nicht, weshalb wir auch nur wenig einheimisches Geld bekommen haben, damit wir nicht zu viel aufkaufen können. Und Päckchen dürfen wir auch nicht schicken. So konnte ich Euch bisher nichts zu kommen lassen, besonders nicht für Mutter den ersehnten Kaffee. Vielleicht später mal. Jetzt führen wir ein lustiges Lagerleben, mal hier mal dort. Bald wird es wohl ernster werden.