Fesseln der Nacht - Christine Feehan - E-Book

Fesseln der Nacht E-Book

Christine Feehan

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Beschreibung

Übersinnliche Kräfte und knisternde Erotik – eine atemberaubende Mischung

Sie sind die Schattengänger, eine Gruppe herausragender Kämpfer, deren Fähigkeiten von dem Wissenschaftler Dr. Peter Whitney verstärkt wurden. Auf der Flucht vor ihrer Vergangenheit begegnet Saber Wynter dem Schattengänger Jesse Calhoun. Wie magisch von ihr angezogen, nimmt er sie bei sich auf. Doch schon bald werden sie von Sabers düsterer Vorgeschichte eingeholt ...

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Seitenzahl: 698

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Titel der amerikanischen Originalausgabe:

PREDATORY GAME

Aus dem Englischen von Ursula Gnade

Deutsche Erstausgabe 10/2010

Redaktion: Uta Dahnke

Copyright © 2008 by Christine Feehan Copyright © 2010 der deutschsprachigen Ausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Satz: Greiner & Reichel, Köln

ISBN 978-3-641-07158-5V002

www.heyne.de

DAS BUCH

Jesse Calhoun, Schattengänger und früheres Mitglied einer Eliteeinheit der Navy, führt ein zurückgezogenes Leben in Sheridan, Wyoming, nachdem sein letzter Einsatz ihn nicht nur körperlich an seine Grenzen gebracht hat. Sein Kontakt zur Außenwelt besteht im Wesentlichen in seiner Arbeit für den örtlichen Radiosender, dessen Eigentümer er ist. Als er eine Stellenanzeige für die Nachtschicht schaltet, meldet sich die zerbrechlich wirkende Saber Wynter, die sofort Beschützerinstinkte in Jesse wachruft. Er gibt ihr nicht nur den Job, sondern lässt sie auch bei sich wohnen. Was er nicht ahnt: Auch Saber ist eine Kämpferin, die auf der Flucht vor ihrer Vergangenheit ist. Ihre Nähe zu Jesse bringt ihn in höchste Gefahr …

DER BUND DER SCHATTENGÄNGER Erster Roman: Jägerin der DunkelheitZweiter Roman: Spiel der DämmerungDritter Roman: Tänzerin der NachtVierter Roman: SchattenschwesternFünfter Roman: Düstere SehnsuchtSechster Roman: Fesseln der NachtSiebter Roman: Magisches SpielAchter Roman: Schicksalsbund

DIE AUTORIN

Christine Feehan wurde in Kalifornien geboren, wo sie heute noch mit ihrem Mann und ihren elf Kindern lebt. Sie begann bereits als Kind zu schreiben und hat seit 1999 zahlreiche Romane veröffentlicht, für die sie mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnet wurde. Mit über sieben Millionen Büchern weltweit zählt sie zu den erfolgreichsten Autorinnen der USA.

Weitere Romane von Christine Feehan bei Heyne: Dämmerung des Herzens, Zauber der Wellen, Gezeiten der Sehnsucht, Magie des Windes, Gesang des Meeres und Sturm der Gefühle (Drake Sister-Serie)

Mehr über Autorin und Werk unter:

www.christinefeehan.com

Inhaltsverzeichnis

DAS BUCHDIE AUTORINWidmungDAS BEKENNTNIS DER SCHATTENGÄNGERDIE EINZELNEN BESTANDTEILE DES SCHATTENGÄNGERSYMBOLSPROLOGKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20DANKSAGUNGCHRISTINE FEEHANCopyright

Für Adam Schuette, in Liebe

DAS BEKENNTNIS DER SCHATTENGÄNGER

Wir sind die Schattengänger, wir leben in den Schatten.

Das Meer, die Erde und die Luft sind unsere Heimat.

Nie lassen wir einen gefallenen Kameraden zurück.

Wir sind einander in Ehre und Loyalität verbunden.

Für unsere Feinde sind wir unsichtbar, und wir vernichten sie, wo wir sie finden.

Wir glauben an Gerechtigkeit und beschützen unser Land und jene, die sich selbst nicht schützen können.

Ungesehen, ungehört und unbekannt bleiben wir Schattengänger.

Ehre liegt in den Schatten, und Schatten sind wir.

Wir bewegen uns absolut lautlos, im Dschungel ebenso wie in der Wüste.

Unhörbar und unsichtbar bewegen wir uns mitten unter unseren Feinden.

Wir kämpfen ohne den geringsten Laut, noch bevor sie unsere Existenz überhaupt erahnen.

Wir sammeln Informationen und warten mit unendlicher Geduld auf den passenden Augenblick, um Gerechtigkeit walten zu lassen.

Wir sind gnädig und gnadenlos zugleich.

Wir sind unnachgiebig und unerbittlich in unserem Tun.

Wir sind die Schattengänger, und die Nacht gehört uns.

DIE EINZELNEN BESTANDTEILE DES SCHATTENGÄNGERSYMBOLS

STEHT FÜRSchattenSTEHT FÜRSchutz vor den Mächten des BösenSTEHT FÜRPsi, den griechischen Buchstaben, der in der Parapsychologie für außersinnliche Wahrnehmungen oder andere übersinnliche Fähigkeiten benutzt wirdSTEHT FÜR Eigenschaften eines Ritters – Loyalität, Großzügigkeit, Mut und EhreSTEHT FÜR Ritter der Schatten schützen vor den Mächten des Bösen unter Einsatz von übersinnlichen Kräften, Mut und EhreNox noctis est nostri

PROLOG

DAS SCHEINWERFERLICHT ENTGEGENKOMMENDER Wagen ließ seine Augen schmerzen. Es schien sich direkt durch seinen Schädel zu bohren und ihm Stiche ins Gehirn zu versetzen, bis er am liebsten laut geschrien hätte. Er drückte die Senderwahltaste des Radios, bis die Stimme der Nächtlichen Sirene in den Wagen strömte, sanft und sexy. Es war eine Tonbandaufzeichnung, half aber trotzdem. Sein Blick wurde starr. Alles nahm Ähnlichkeit mit einer Traumsequenz an. Gebäude flitzten vorüber; Wagen wirkten jetzt eher wie Streifen aus Licht, nicht wie feste Materie.

»Wohin fahren wir?«

Er zuckte zusammen. Einen Moment lang hatte er vergessen, dass er nicht allein war. Er warf einen ungehaltenen Blick auf die Hure, die neben ihm saß, und fühlte, wie das grässliche Pochen in seinem Kopf, das gerade erst allmählich nachgelassen hatte, wieder einsetzte. In der Dunkelheit sah sie ein bisschen nach der Frau aus, die er brauchte. Wenn sie den Mund hielt, konnte er sich etwas vormachen. Er war in Versuchung, ihr zu sagen, sie würde schon sehr bald zur Hölle fahren, doch stattdessen rang er sich ein mattes Lächeln ab. »Du wirst bezahlt, oder etwa nicht? Was macht es da schon für einen Unterschied, wenn wir ein Weilchen durch die Gegend fahren?«

Sie beugte sich vor, um am Radio herumzufummeln.

Er schlug ihr auf die Hand. »Rühr nichts an.« Er hatte genau den Sender eingeschaltet, den er wollte … den er brauchte. Die Stimme der Nächtlichen Sirene kam über den Äther und bewirkte, dass sein Schwanz steif und sein Kopf klar wurde. Die Frau neben ihm würde die nächste Stunde nicht lebend überstehen, wenn sie auch nur versuchte, ihm den Sender zu verstellen.

Er behielt den Wagen, den er verfolgte, im Auge. Er wusste, was er zu tun hatte. Er hatte eine Aufgabe, und er erledigte seinen Job verdammt gut. Die Hure war eine richtig gute Tarnung und erfüllte ihn mit Vorfreude auf das anschließende Vergnügen. Noch war er nicht geschnappt worden. Der Teufel sollte Whitney für seine Einmischung holen. Der Arzt hatte gedroht, wieder jemand anderen zu schicken. Dem dummen Kerl gefielen seine Berichte nicht. Na und? Der konnte ihn mal. Der Arzt hielt sich ja für so überlegen und so intelligent, und er war besorgt – besorgt –, die Lage könnte sich verschlechtern. Was für ein Haufen Schwachsinn. Die Lage war unproblematisch, und von einer Verschlechterung konnte gar nicht die Rede sein. Der Überwachung eines Schattengängers war er jederzeit locker gewachsen.

Whitney glaubte, seine kostbaren Schattengänger seien Supersoldaten, die man verehren musste. Scheiß drauf. Schattengänger waren genetische Mutationen, Anomalien, Abscheulichkeiten und nicht etwa die verdammten Wunder, als die Whitney sie ausgab. Dieses ganze Pack sollte vom Angesicht der Erde verschwinden, und er war der Mann, der sie ausradieren würde. Sie waren Experimente im Auftrag der Regierung, die man schon lange, bevor sie jemals auf die Welt losgelassen worden waren, hätte vernichten sollen.

Er sah sich selbst als den Wächter, den einsamen Mann, der zwischen den Mutanten und den Menschen stand. Er sollte verehrt werden. Whitney sollte sich vor ihm verneigen, ihm die Füße küssen und ihm für seine Berichte und sein Auge für Details dankbar sein …

»Du hast mir deinen Namen nicht gesagt. Wie soll ich dich nennen?«

Die Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Er wollte die kleine Hure ohrfeigen. Ihr mit den Fäusten ins Gesicht schlagen, bis nur noch eine blutige Masse übrig war. Ihren Kopf zwischen seine Hände nehmen und ein lautes Knacken hören, bloß damit sie den Mund hielt, aber das hob er sich für später auf. Wenn sie den Mund hielt, konnte er sich vormachen, sie sei die Nächtliche Sirene.

Die Nächtliche Sirene gehörte ihm, und schon bald würde er sie haben. Vorher musste er nur noch ein für alle Mal die Schattengänger aus dem Weg räumen. Dann würde sie alles tun, was er ihr sagte.

»Du kannst mich Daddy nennen.«

Die Hure besaß die Frechheit, die Augen zu verdrehen, aber er widerstand dem Drang, sie zu bestrafen. Mit ihr hatte er anderes vor.

»Ich bin ein ungezogenes Mädchen«, sagte sie und beugte sich zu ihm herüber, um seinen Schritt zu reiben. »Und das gefällt dir offenbar an mir.«

»Sprich nicht«, fauchte er und seufzte, als sie seine Jeans öffnete. Sollte sie sich ruhig mit ihm abgeben, während er sich um das Geschäftliche kümmerte. Dann wären ihr Mund und ihre Hände beschäftigt. Er könnte ihre Haut und ihr Haar ansehen, und alles wäre in Ordnung. Es würde eine lange Nacht werden, und er konnte sich wenigstens auf später freuen.

Vor ihm fuhr der Wagen, den er verfolgt hatte, an den Straßenrand. Das war seltsam, und es überraschte ihn, aber er durfte sich nicht erwischen lassen – und er durfte sie auch nicht verlieren. Er fuhr ebenfalls an den Straßenrand und wartete, während die Hure sich mit ihm beschäftigte und das Adrenalin wie eine Droge durch seine Adern zu strömen begann.

1

SABER WYNTER LEHNTE sich in dem niedrigen Sportwagen auf dem komfortablen Sitz zurück und starrte ihren Begleiter ungläubig an. »Habe ich richtig gehört?« Sie pochte mit einem ihrer langen, perfekt lackierten Fingernägel auf die Armlehne. »Du sagst, du hättest mich dreimal eingeladen, und du behauptest, du hättest hundert Dollar ausgegeben?«

»Hundertfünfzig«, korrigierte Larry Edwards.

Ungläubig zog sie eine ihrer dunkelbraunen Augenbrauen hoch. »Ich verstehe. Hundertfünfzig Dollar. Nicht, dass ich eine Ahnung hätte, wofür du die ausgegeben hast. Dein Lieblingsrestaurant ist ein Fernfahrerlokal.«

»Das San Sebastian ist kein Fernfahrerlokal«, stritt er glühend ab und starrte in ihre veilchenblauen Augen. Ungewöhnliche Augen, schön und betörend. Ihre Stimme war ihm im Radio sofort aufgefallen – die Nächtliche Sirene, so nannten sie alle. Ihr heiseres Flüstern war die reinste sinnliche Verlockung. Nacht für Nacht hatte er ihr gelauscht und seinen Fantasien nachgehangen. Und als er ihr dann begegnet war … Sie hatte großartige Haut und einen Mund, der nach Sex aussah. Und diese Augen. Solche Augen hatte er noch nie gesehen. Sie wirkte so unschuldig, und die Verbindung von sexy und unschuldig war einfach unwiderstehlich.

Aber sie erwies sich als schwierig, und was zum Teufel war an ihr schon wirklich dran? Sie war mager, wirkte fast wie ein ausgesetztes Kind und hatte absolut keinen Grund, hochnäsig und abweisend zu sein. Tatsächlich sollte sie ihm sogar dankbar sein für seine Aufmerksamkeit. Wenn man ihn fragte, war sie nichts weiter als ein kokettes Luder, das keinen ranließ.

Sie zuckte auf eine seltsam weibliche Art die Achseln. »Dann glaubst du also, weil du bei drei Verabredungen all dieses Geld ausgegeben hast, steht es dir zu, mit mir zu schlafen?«

»Ja, allerdings, Süße«, fauchte er. »Das bist du mir schuldig.« Er hasste diesen distanzierten klinischen Blick, mit dem sie ihn musterte. Sie brauchte einen echten Mann, der sie in ihre Schranken wies – und dafür war er genau der Richtige.

Saber zwang sich zu einem Lächeln. »Und wenn ich nicht – wie hast du es doch so feinfühlig formuliert? Wenn ich nicht ›damit rüberrücke‹, hast du die Absicht, mich um zwei Uhr morgens mitten auf der Straße rauszusetzen? «

Sie hoffte, er würde handgreiflich werden oder sich ihr aufdrängen, denn dann würde sie ihm eine Lektion in Manieren erteilen, die er niemals vergessen würde. Sie hatte nichts zu verlieren. Na ja, so gut wie nichts. Diesmal war sie zu lange geblieben und hatte sich etwas zu häuslich eingerichtet, und wenn sie mit Larry der Laus den Fußboden aufwischte, bevor sie verschwand, dann täte sie den Frauen von Sheridan einen Gefallen damit.

»Richtig, Liebling.« Er grinste sie selbstgefällig an. »Ich glaube, du wirst mir zustimmen, dass das nur recht und billig ist, nicht wahr?« Er ließ seine Hand über die Rückenlehne ihres Sitzes gleiten, ohne sie mit seinen Fingern zu berühren. Aber er wollte sie anfassen. Normalerweise packte er in diesem Stadium schon kräftig zu und genoss es, wie die Frau sich wand. Er liebte die Macht, die er über die Frauen hatte. Er verstand nicht, warum er ihr nicht längst seinen Mund aufdrängte, ihre Bluse aufriss und sich nahm, was er wollte, aber wenn er auch noch so sehr danach lechzte, warnte ihn doch etwas in seinem Innern, langsamer vorzugehen und bei Saber etwas vorsichtiger zu sein. Er war sicher, dass sie schon sehr bald stillsitzen würde und er alles mit ihr tun könnte, was er wollte. Er erwartete, dass sie weinen und ihn anflehen würde, sie nicht hier abzusetzen, doch stattdessen sah er, wie ihre perfekten kleinen weißen Zähne wie Perlen schimmerten, und der Magen schnürte sich ihm zusammen.

Saber wollte ihn ohrfeigen, um das blasierte Lächeln von seinem knabenhaft hübschen Gesicht zu vertreiben. »Ich habe schlechte Nachrichten für dich, Larry. Die traurige Wahrheit ist, dass ich mir lieber die Fingernägel einzeln ausreißen würde, als mit dir zu schlafen.« Sie schlüpfte aus dem niedrigen Wagen. »Dein Atem stinkt, Larry, und wir wollen uns nichts vormachen – du bist ein Ekelpaket.« Sie schlug die Tür so fest hinter sich zu, dass er sichtlich zusammenzuckte.

Wut packte ihn. »Das ist ein ganz übler Stadtteil, Saber. Betrunkene Rowdies, Rauschgifthändler, Schmarotzer. Es ist keine gute Idee, hier auszusteigen.«

»Das ist immer noch bessere Gesellschaft als deine«, höhnte sie.

»Das ist deine letzte Chance, Saber.« Sein Augenlid zuckte heftig. »Ich tue dir hier einen Gefallen. An dir ist doch nichts dran. Sex mit einem dürren Dingelchen wie dir ist nicht gerade berauschend. Mehr als ein Mitleidsfick ist für dich ja doch nicht drin.«

»Ein verlockendes Angebot, Larry, wirklich sehr verlockend. Hast du damit mal bei einem verängstigten Teenager Erfolg gehabt? Bei mir kommst du so nämlich wirklich nicht weiter.«

»Das wird dir noch leidtun«, fauchte er. Er war wütend, weil nichts, was er sagte, die gewünschte Reaktion hervorzurufen schien. Sie behandelte ihn so herablassend wie eine Prinzessin einen Bauernlümmel, und er kam sich vor wie Schmutz unter ihrem Schuh.

»Bilde dir bloß nicht ein, das sei schon alles gewesen, du toller Hecht«, warnte sie ihn und lächelte dabei immer noch. »Daraus lässt sich eine nette kleine Geschichte in meiner Rundfunksendung machen. Ich werde eine ganze Sendung um das Thema herum gestalten: der übelste Kotzbrocken, mit dem du jemals ausgegangen bist.«

»Das würdest du nicht wagen.«

»Du hast es nicht mit einer Sechzehnjährigen zu tun, Larry«, teilte sie ihm kühl mit. Jetzt war sie zu wütend, um noch länger über die Situation zu lachen. Er hatte keine Ahnung, mit wem – oder was – er es zu tun hatte. Der Idiot. Er hatte tatsächlich geglaubt, er könnte sie dazu zwingen, mit ihm zu schlafen, indem er ihr damit drohte, sie in einem üblen Stadtteil abzusetzen? Sie fragte sich, ob sich sein Plan tatsächlich schon einmal für ihn bewährt hatte. Bei dem Gedanken juckte es sie in den Fingern. Sie zwang sich, einen kühlen Kopf zu bewahren, und starrte ihn an, bis er die Augen niederschlug.

Larry fluchte erbost, als er den Motor auf Touren brachte, mit quietschenden Reifen losfuhr und sie mitten auf einer menschenleeren Straße stehenließ.

Saber stampfte mit dem Fuß auf, als sie den verschwindenden Rücklichtern mit finsterem Blick nachsah. »Verflucht nochmal, Saber«, murrte sie und trat frustriert gegen die Bordsteinkante. »Was erwartest du denn, wenn du unbedingt mit Blödmännern ausgehen musst?« Sie hatte den Versuch satt, normal zu sein. Die ewige Verstellung langweilte sie zu Tode. Sie würde nie so sein wie alle anderen, in einer Million Jahren nicht.

Sie fuhr sich mit einer Hand durch die dichte Mähne blauschwarzer Locken, die ihr ungebärdig und wirr ums Gesicht hingen, und sah sich langsam und gründlich um. Larry hatte keinen Scherz gemacht – es war ein grässlicher Stadtteil.

Sie holte tief Atem und murmelte vor sich hin: »Einfach wunderbar. Wahrscheinlich gibt es hier Ratten. Ausgehungerte Ratten. Das ist nicht gut, Saber, das ist gar nicht gut. Du hättest ihm einen gewaltigen Arschtritt verpassen und den Wagen stehlen sollen.«

Mit einem schweren Seufzer ging sie über den rissigen, schmutzigen Bürgersteig auf die einzige Straßenlaterne zu, die ihren Schein auf eine Telefonzelle warf. »Bei dem Glück, das ich habe, ist das blöde Ding wahrscheinlich kaputt. Wenn das der Fall ist, Larry«, gelobte sie laut, »dann wirst du ganz entschieden für deine Sünden büßen.«

Denn sie konnte natürlich nicht wie jeder andere ein Handy haben. Sie hinterließ keine schriftlichen Spuren, die jemand zu ihr zurückverfolgen konnte. Nächstes Mal, falls es überhaupt ein nächstes Mal gab, würde sie ihren eigenen Wagen nehmen, wenn sie schon dumm genug war, sich zu verabreden, und dann würde sie diejenige sein, die ihren Begleiter irgendwo absetzte.

Fünfundvierzig Minuten Wartezeit auf ein Taxi. Dafür reichte ihr aus Trotz geborener Wagemut nun doch nicht aus. Sie würde nicht von Ratten umgeben fünfundvierzig Minuten in der Dunkelheit warten. Das kam überhaupt nicht infrage. Wie unfähig musste dieses Taxiunternehmen sein, wenn es seine Fahrzeuge nicht gezielter koordinierte?

Plötzlich brauste sie auf und knallte den Hörer auf die Gabel, wobei sie nur einen flüchtigen Gedanken an das Ohr der Person in der Zentrale verschwendete. Saber trat gegen die Wand der Telefonzelle und brach sich dabei fast die Zehen. Aufjaulend sprang sie wie ein Idiot auf einem Fuß herum und schwor Larry ewige Rache.

Sie hätte in dem Wagen sitzen bleiben und sich ihm überlegen zeigen sollen, statt ihn wegfahren zu lassen. Er war ein Wurm, der sich kriechend über die Erdoberfläche bewegte, aber er war kein Ungeheuer. Mit Ungeheuern hatte sie intime Bekanntschaft gemacht. Sie folgten ihr auf Schritt und Tritt, und schon bald – viel zu bald, wenn sie nicht fortging – würden sie sie wiederfinden. Im Vergleich dazu war ein Drecksack wie Larry ein Prinz. Larry hatte jedenfalls mit Sicherheit nicht das Monster in ihr erkannt. Wenn er sie angerührt hätte … Sie stieß den Gedanken von sich und zwang sich, normal zu denken. Sie hätte ihn trotzdem zusammenschlagen sollen, nur dieses eine Mal, stellvertretend für all die anderen Frauen, die er in dieselbe Situation bringen würde, weil er das Gefühl von Macht liebte. Sie war ziemlich sicher, dass die meisten Frauen den Wunsch verspürt hätten, dem Mistkerl wenigstens eine reinzuhauen.

Saber seufzte leise und schüttelte den Kopf. Sie zögerte ja doch nur das Unvermeidliche hinaus. Sie würde nicht zu Fuß nach Hause laufen, und sie konnte nicht bleiben, wo sie war. Sie würde gewaltig dafür bezahlen, aber was war schon eine weitere Strafpredigt neben mehreren hundert anderen? Mühsam holte sie tief Luft, um sich zu beruhigen, bevor ihre Fingerspitze reichlich brutal auf die Tasten des unschuldigen Telefons einstach und sie die Nummer wählte.

Jesse Calhoun lag ausgestreckt auf dem breiten Lederfuton, einer Sonderanfertigung, und starrte in der Dunkelheit die Decke an. Erdrückende Stille umgab ihn, hüllte ihn ein und lastete schwer auf ihm. Das Geräusch der tickenden Standuhr existierte nur in seinem Kopf. Endlose Sekunden, Minuten. Eine Ewigkeit. Wo war sie? Was zum Teufel hatte sie morgens um halb drei noch außer Haus zu suchen? Sie hatte diese Nacht frei. Sie war nicht im Funkhaus und arbeitete länger als sonst; das hatte er bereits überprüft. In einen Unfall war sie bestimmt nicht verwickelt. Jemand hätte ihn benachrichtigt. Er hatte jedes Krankenhaus im näheren Umkreis angerufen und konnte sich zumindest mit dem Wissen trösten, dass sie in keines von ihnen eingeliefert worden war.

Seine Finger ballten sich langsam zur Faust und schlugen ohnmächtig auf das Leder, einmal, zweimal. Sie hatte ihm nicht gesagt, dass sie ausgehen würde. Sie hatte noch nicht einmal angerufen, um zu sagen, dass sie spät zurückkommen würde. Es konnte nur noch eine Frage von Tagen sein, bis es die mysteriöse, flatterhafte Saber Wynter zu weit trieb und er sie schlicht und einfach erwürgen würde.

Seine erste Erinnerung an sie stellte sich ungebeten ein und führte ihm wieder vor Augen, dass es seine eigene Torheit war, die ihn in eine derart unbehagliche Lage gebracht hatte. Vor zehn Monaten hatte er die Tür geöffnet, und auf der Schwelle hatte das schönste Kind gestanden, das er jemals gesehen hatte, mit einem abgenutzten Koffer in der Hand. Das Mädchen war nicht größer als einen Meter siebenundfünfzig gewesen und hatte rabenschwarzes Haar, so tiefschwarz, dass in den wüsten Locken kleine blaue Glanzlichter funkelten. Ihr Gesicht war klein und zart, mit feinen, klassischen Zügen und einer leicht hochmütigen Nase. Zarte, makellose Haut, volle Lippen und riesige veilchenblaue Augen. Sie strahlte eine Unschuld aus, die in ihm den Wunsch – nein, das dringende Bedürfnis – weckte, sie zu beschützen. Sie zitterte unerträglich in der kalten Luft.

Sie hatte ihm wortlos ein Stück Papier mit seiner Annonce gereicht. Sie wollte den Job bei dem Rundfunksender, der frei geworden war, als die Sprecherin, die immer die Nachtschichten schob, bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Der Unfall hatte alle tief erschüttert, und Jesse hatte sich viel Zeit gelassen, bevor er überhaupt auf den Gedanken gekommen war, den Posten wieder zu besetzen, aber schließlich hatte er eine Annonce aufgegeben.

Was sie verraten hatte, waren ihre Augen und ihr Mund gewesen. Sie war kein Kind, in eine dünne Jeansjacke gewickelt, die etliche Nummern zu groß war, sondern eine junge, erschöpfte, exotische, beunruhigend schöne Frau. Diese Augen hatten Dinge gesehen, von denen zu wünschen gewesen wäre, sie hätte sie nicht sehen müssen, und er hatte die junge Frau mit diesen Augen nicht abweisen mögen – nicht abweisen können.

Er hatte einen Moment gebraucht, um den Mund wieder zuzumachen und einen Schritt zurückzutreten, damit sie hereinkommen konnte. Ihre Hand war in seiner fast verschwunden, und doch hatte er die Kraft ihres Händedrucks fühlen können. Unter der täuschenden Pfirsichhaut waren Muskeln aus Stahl. Sie bewegte sich so geschmeidig und anmutig, und ihre Körperhaltung war so majestätisch, dass er darauf getippt hätte, sie sei Balletttänzerin oder Leichtathletin. Als sie ihn endlich zaghaft angelächelt hatte, hatte es ihm den Atem verschlagen.

Jesse fuhr sich mit einer Hand durchs Haar und verfluchte sich dafür, dass er sie hereingebeten hatte. Von dem Moment an war er verloren gewesen, und er wusste mit absoluter Sicherheit, dass er es für immer sein würde. Im Laufe der letzten zehn Monate hatte sie ihn in ihren Bann geschlagen, und er wollte sich noch nicht einmal davon befreien. Er hatte sie nicht gehen lassen können, ganz gleich, wie unlogisch das vielleicht war, und daher hatte er sie stattdessen bei sich aufgenommen und ihr nicht nur den Job, sondern auch leichte Hausarbeit im Gegenzug für eine Unterkunft angeboten.

Natürlich hatte er Nachforschungen über sie angestellt; schließlich hatte er nicht restlos den Verstand verloren. Er war es seinen Kameraden schuldig, den anderen Schattengängern, Angehörigen einer militärischen Elitetruppe, dass er wusste, wen er in sein Haus aufnahm, aber eine Saber Wynter existierte nicht. Das war nicht allzu schockierend; er hatte den Verdacht, dass sie sich vor jemandem versteckte. Trotzdem war es sehr ungewöhnlich, dass er nicht alle Einzelheiten über sie herausfinden konnte, obwohl er ihre Fingerabdrücke hatte.

Das schrille Läuten des Telefons ließ sein Herz fest gegen seinen Brustkorb schlagen. Seine Hand schnellte vor wie eine zusammengerollte Kobra, die zum Angriff übergeht, und nahm den Hörer ab. »Saber?« Es war ein Gebet, ein offenkundiges Gebet. Der Teufel sollte diese Frau holen. Er atmete tief ein und wünschte, er könnte sie in seine Lunge aufsaugen und sie dort festhalten.

»Hi, Jesse«, begrüßte sie ihn so unbeschwert, als sei es am hellen Nachmittag und er sei nicht seit Stunden die Wände hochgegangen. »Ich habe hier gewissermaßen ein winzig kleines Problem.«

Er schenkte der Erleichterung, die durch seinen Körper flutete, keinerlei Beachtung und ignorierte auch, dass sich seine Muskeln beim sinnlichen Klang ihrer Stimme anspannten und er augenblicklich einen Ständer bekam, der nie ganz wegging, wenn er an sie dachte – und das tat er ständig. »Verflucht nochmal, Saber, wage es nicht, mir zu erzählen, du seist schon wieder im Gefängnis gelandet. « Er würde sie wirklich erwürgen. Das, was ein Mann verkraftete, hatte seine Grenzen.

Sie seufzte übertrieben. »Also wirklich, Jesse, musst du jedes Mal, wenn etwas schiefgeht, diesen lachhaften Vorfall wieder ins Gespräch bringen? Es ist ja schließlich nicht so, als hätte ich es darauf angelegt, verhaftet zu werden.«

»Saber«, sagte er aufgebracht, »wenn man die Hände mit den Handgelenken aneinander vor sich hinstreckt, wird man natürlich verhaftet.«

»Es war für einen guten Zweck«, protestierte sie.

»Wenn du dich vor einem Altersheim ankettest, um die Aufmerksamkeit auf die Zustände dort zu lenken, ist das nicht exakt der richtige Weg, um Veränderungen herbeizuführen. Wo zum Teufel steckst du?«

»Du klingst wie ein alter Brummbär mit Zahnschmerzen. « Saber trommelte mit einem ihrer langen Fingernägel einen Rhythmus auf die Wand der Telefonzelle. Das war eine ihrer nervösen Angewohnheiten, die sie niemals ablegen würde. »Ich sitze hier draußen in der Nähe der alten Lagerhäuser fest und bin gewissermaßen … allein – und ohne einen Wagen.«

»Verdammt nochmal, Saber!«

»Das sagtest du bereits«, erwiderte sie besonnen.

»Du bleibst, wo du bist.« Kalter Stahl lag im tiefen Timbre seiner Stimme. »Rühr dich nicht vom Fleck. Bleib in dieser Telefonzelle. Hast du gehört, Saber? Ich will dich dort nicht beim Würfeln mit einer Horde von Stromern vorfinden.«

»Sehr komisch, Jesse.«

Sie lachte. Sie lachte tatsächlich, die rotzfreche Göre. Jesse knallte den Hörer auf. Es juckte ihn in den Fingern, sie kräftig zu schütteln. Die Vorstellung, dass sie sich, so zerbrechlich und schutzlos, wie sie war, dort unten in der Nähe der Lagerhäuser aufhielt, in einer der übelsten Gegenden der Stadt, jagte ihm Todesängste ein.

Saber legte auf, lehnte sich matt an die Wand der Telefonzelle und schloss für einen Moment die Augen. Sie zitterte so heftig, dass sie sich kaum auf den Füßen halten konnte. Es kostete sie Mühe, ihre Finger einen nach dem anderen von dem Telefonhörer zu lösen, den sie umklammert hielt. Sie hasste die Dunkelheit, die Dämonen, die in den Schatten lauerten, und wie die schwarze Nacht Menschen in wilde Tiere verwandeln konnte. Der Job bei dem Rundfunksender, der Job, den sie Jesse verdankte, hätte nicht besser für sie geeignet sein können, denn so konnte sie die ganze Nacht aufbleiben.

Und die heutige Nacht, ihre erste freie Nacht seit Ewigkeiten, musste sie ausgerechnet mit Larry der Laus verbringen. Und der musste sie ausgerechnet im übelsten Teil der Stadt aussetzen, den er finden konnte – was nicht heißen sollte, dass sie nicht auf sich selbst aufpassen konnte, und gerade das war ja das Problem. Es würde immer das Problem sein. Sie war nicht normal. Sie hätte sich vor den Dingen fürchten sollen, die in der Nacht lauerten, statt sich davor zu fürchten, jemandem etwas anzutun.

Sie seufzte. Sie hatte keine Ahnung, warum sie überhaupt mit Larry ausgegangen war. Sie konnte ihn noch nicht mal leiden, von seinem Mundgeruch ganz zu schweigen. Die Wahrheit war, dass sie keinen der Männer leiden konnte, mit denen sie ausging, aber sie wollte sie mögen, wollte sich zu ihnen hingezogen fühlen.

Sie ließ sich in der kleinen Telefonzelle auf den Boden sinken und zog ihre Knie an die Brust. Jesse würde kommen und sie holen, das wusste sie mit Sicherheit. Ebenso sicher war sie, dass seine Behauptung, er bräuchte eine Mieterin für die obere Wohnung und die sei nur deshalb so billig, weil er jemanden bräuchte, der ihm leichte Hausarbeiten abnahm, an den Haaren herbeigezogen war.

In Sabers Augen war das Haus der reinste Palast, großzügig angelegt und makellos sauber gehalten. Das obere Stockwerk war keine separate Wohnung und war es auch nie gewesen. Das zweite Bad war erst nach ihrem Einzug oben eingerichtet worden. Ein weiterer Luxus waren der riesige, gut ausgestattete Fitnessraum, in dem Jesse Gewichte hob, und der große Swimmingpool. Er hatte gesagt, sie könnte beides jederzeit benutzen.

Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte Saber ihren Stolz geschluckt und ein Almosen angenommen. Wenn sie es auch noch so ungern zugab, entsprach es doch der Wahrheit, dass sie nie Grund gehabt hatte, es zu bereuen, nicht ein einziges Mal seit ihrem Einzug – wenn man mal davon absah, dass sie nicht allzu lange würde bleiben können und es von Anfang an gewusst hatte. Jesse war der wahre Grund, weshalb sie blieb – nicht sein Haus oder der Swimmingpool oder ihr Job. Nein, Jesse, einfach nur Jesse.

Sie schloss einen Moment lang die Augen und rieb ihr Kinn an ihren Knien. Sie fühlte sich viel zu stark von dem Mann angezogen. Noch vor einem Jahr wäre sie niemals auf den Gedanken gekommen, um Hilfe zu bitten. Jetzt kam es ihr gar nicht mehr in den Sinn, nicht darum zu bitten. Diese Erkenntnis war ihr unangenehm. Es war an der Zeit fortzugehen, es war sogar höchste Zeit, denn sie richtete sich zu behaglich ein. Saber Wynter musste in Flammen aufgehen, und eine neue Person musste aus ihrer Asche auferstehen, denn wenn sie noch länger blieb, war sie in schrecklicher Gefahr, und diesmal würde es einzig und allein ihre eigene Schuld sein.

Der Kleintransporter war in Rekordzeit da und hielt am Straßenrand an. Jesse streckte sein gut geschnittenes Gesicht aus dem Fenster. Seine Augen wurden von Schatten verdüstert, als er sie ziemlich besorgt von Kopf bis Fuß musterte. Da sie sah, wohin diese fantastischen Augen glitten, wurde ihr flau im Magen, obwohl sie nichts anderes als Erleichterung empfinden wollte.

Saber stand langsam und ein wenig zittrig auf, klopfte den Staub von ihrem Hosenboden und gestattete sich einen Moment, um sich wieder zu fassen.

»Saber«, brummte er, und der kalte Stahl war deutlich zu hören.

Sie sprang in den Transporter und beugte sich rüber, um ihm einen schnellen Kuss auf die Wange mit den Bartstoppeln zu drücken. »Danke, Jesse. Was täte ich ohne dich?«

Das Fahrzeug setzte sich nicht in Bewegung, und daher schnitt sie ihm eine kleine Grimasse und ließ unter seinem wachsamen Blick ihren Sicherheitsgurt einrasten.

»Das wollen wir lieber nicht herausfinden.« Samt über Stahl. Die Worte kamen erbittert heraus, und seine funkelnden Augen glitten besitzergreifend über ihre kleine, schmächtige Gestalt, um sich zu vergewissern, dass sie nicht verletzt war. »Was ist diesmal passiert, Kleines? Hat dich jemand davon überzeugt, dass diese Lagerhäuser Todesfallen sind, und du hast beschlossen, Brandstiftung zu begehen?«

»Natürlich nicht«, entgegnete sie und musterte die Gebäude unter diesem Aspekt, als sie daran vorbeifuhren. »Aber jetzt, wo du das sagst, meine ich, wahrscheinlich sollte sich jemand mit dem Problem befassen.«

Jesse stöhnte ärgerlich. »Was ist denn dann passiert, Engelsgesicht?«

Sie zog verächtlich die Schultern hoch. »Mein Begleiter hat mich nach einem kleinen Krach hier rausgelassen.«

»Das kann ich mir vorstellen«, sagte Jesse, doch in den Tiefen seiner Augen begann etwas Finsteres und Gefährliches zu glimmen. »Was hast du getan? Hast du vorgeschlagen, jemandem die Stühle von der Veranda zu klauen? Einen Überfall auf das YMCA? Was war es diesmal?«

»Bist du schon mal auf den Gedanken gekommen, es könnte schlicht und einfach Larrys Schuld sein?«, fragte sie entrüstet.

»Klar, ganze zwei Sekunden lang, obwohl ich die Absicht habe, diesen Freund von dir zu finden und ihn zu Brei zu schlagen.«

»Darf ich zusehen?« Saber grinste ihn an, eine Aufforderung, gemeinsam mit ihr über den ganzen Vorfall zu lachen. Das war genau das, was sie so sehr an Jesse liebte; er war so fürsorglich und so gefährlich. Er vermittelte den Eindruck, ein Teddybär zu sein, aber darunter … unter all diesen Muskeln war etwas Todbringendes, das sie wie ein Magnet anzog.

»Das ist nicht komisch, du kleiner Frechdachs, du hättest ausgeraubt werden können oder noch Schlimmeres. Also, was ist jetzt passiert?«

»Ich bin durchaus in der Lage, auf mich selbst aufzupassen«, teilte Saber ihm hochmütig mit. »Und du weißt selbst, dass ich es kann.«

»Ich weiß, dass du glaubst, es zu können. Das ist nicht ganz dasselbe.« Er richtete einen forschenden Blick aus Adleraugen auf sie. »Und jetzt hör auf, der Frage auszuweichen, und sag mir, was passiert ist.«

Saber starrte blicklos aus dem Fenster. Irgendwie ärgerte es sie fast, dass sie es ihm sagen würde. Sie wollte es ihm nicht sagen, aber aus irgendwelchen Gründen schien sie ihm alles zu erzählen, wonach er sie fragte. Noch schlimmer war, dass sie sich hinterher in seiner Gegenwart nie entspannt fühlte. Sie kam ihm entschieden zu nah – und das hieß, dass sie ihn verlassen musste.

Ihn verlassen? Woher war das denn gekommen? Ihr wurde ganz mulmig, und ihr Herz überschlug sich auf erschreckende Weise.

»Hör auf, dein kleines Kinn so hartnäckig vorzurecken, Saber; das heißt ja nur, dass du dich stur stellen willst. Ich weiß nicht, warum du dir überhaupt die Mühe machst, denn am Ende erzählst du mir ja doch jedes Mal, was ich wissen will.«

»Vielleicht bin ich der Meinung, es geht dich nichts an.« Sie sagte es entschieden und tat so, als fühlte sie sich nicht schuldbewusst.

»Es geht mich durchaus etwas an, wenn du mich morgens um halb drei rausklingeln musst, weil einer deiner zwielichtigen Freunde dich auf der Straße aussetzt.«

Sabers aufbrausende Art kam augenblicklich zum Tragen. »He, tut mir leid, dass ich dir zur Last gefallen bin«, sagte sie kämpferisch, denn wie sie sich fühlte, als er das sagte, jagte ihr einen höllischen Schrecken ein. »Wenn du willst, steige ich auf der Stelle aus deinem tollen Transporter aus.«

Er bedachte sie mit einem langen, spöttischen, eiskalten Blick. »Du kannst es ja versuchen, Süße, aber ich kann dir dafür garantieren, dass du es nicht schaffst.« Seine Stimme wurde zarter, wurde zu einer samtenen Liebkosung, strich über ihre Haut und sandte einen Stromstoß durch ihren Blutkreislauf. »Komm mir jetzt nicht auf deine gewohnt widerspenstige Art, sondern erzähle mir, warum er dich rausgesetzt hat.«

»Weil ich nicht mit ihm schlafen wollte«, murmelte sie mit leiser Stimme.

»Das will ich nochmal hören, Kleines, und diesmal siehst du mich dabei an«, sagte er sanft.

Saber seufzte tief. »Ich wollte nicht mit ihm ins Bett gehen«, wiederholte sie.

Lange Zeit herrschte Schweigen, während er einen Code in die Fernbedienung eintippte, um das gut gesicherte Tor zu öffnen, und den Transporter über die lange, gewundene Auffahrt und in die große Garage steuerte.

Jesse benutzte seine enorm muskulösen Arme, um sich in den bereitstehenden Stuhl zu hieven. Saber entging nicht, dass es der Elektrorollstuhl war. »Komm schon, Süße.« Seine Stimme klang so unerwartet zärtlich, dass sie sich dabei ertappte, wie sie blinzelte, um die brennenden Tränen zurückzuhalten. »Du kannst auf meinem Schoß mitfahren.«

Saber bewerkstelligte ein kleines Lächeln, obwohl ihr Blick seinen Augen, denen anscheinend nie etwas entging, auswich, als sie sich zusammenrollte, sich an seine Brust schmiegte und Trost aus seiner Gegenwart schöpfte. Er war steinhart. Ihr Hinterteil glitt über die große Ausbuchtung auf seinem Schoß, und tausend Schmetterlingsflügel flatterten in ihrer Magengrube. Sie saß andauernd auf seinem Schoß, und er war immer steif. Immer erigiert. Es gab Momente, in denen sie sich verzweifelt wünschte, etwas dagegen zu unternehmen – wie jetzt –, aber sie wagte es nicht, etwas an den Abmachungen zwischen ihnen zu ändern. Und es war ja schließlich nicht so, als gälte das alles nur ihr. Sie wünschte, es wäre so, aber er hatte nie Annäherungsversuche unternommen. Nicht ein einziges Mal.

Jesse konnte fühlen, dass ihr schlanker Körper zitterte. Seine Hand streifte den Puls, der ganz unten an ihrem Hals rasend schlug. Einen Moment lang schlossen sich seine Arme schützend um sie, und sein Kinn ruhte auf ihrem seidigen Haar. Sie musste seinen monströsen Ständer fühlen, aber sie hatte nie ein Wort dazu gesagt, sondern ihr Hinterteil glitt ganz einfach über ihn und ließ sich auf ihm nieder, als sei dieser Ort wie für sie gemacht. Wenn sie das verdammte Ding ignorieren konnte, dann konnte er es auch.

»Bist du sicher, dass dir nichts fehlt, Saber?«, fragte er mit ruhiger Stimme.

Sie nickte und bestätigte es mit einem kleinen Laut, einer Bejahung, die an seiner breiten Brust gedämpft klang.

Der Rollstuhl war eingerastet, und der Lift ließ sie auf den Boden hinunter. Normalerweise bevorzugte Jesse seinen leichten Rennrollstuhl. Er bewegte ihn mit seinen Händen voran und konnte ihn mühelos lenken. Was ihm daran gefiel, waren die körperliche Betätigung, die Selbstbestimmtheit und die Bewegungsfreiheit. Aber im Moment war er dankbar für seinen größeren, schwereren Elektrorollstuhl. In ihm hatte er die Arme frei und konnte Saber an sich drücken. Sie wirkte ein wenig verloren und äußerst verletzlich, und das war ein Aspekt an ihr, den sie ihm nur selten zeigte. Saber war Humor lieber als alles andere, und oft setzte sie ihn als Barriere zwischen sich und dem Rest der Welt ein.

Sowie sie im Haus waren, lenkte er sie direkt in das abgedunkelte Wohnzimmer. Seine Hand griff in ihr Haar, und seine Finger massierten ihre Kopfhaut, um ihre Anspannung zu lösen.

»Dann war eine Konfrontation mit mir also wünschenswerter, als mit diesem Typen zu schlafen?«, neckte er sie behutsam.

Sie hob ihr Gesicht zu ihm. »Ich würde niemals mit jemandem schlafen, in den ich nicht verliebt bin.« Das täte sie tatsächlich nicht. Sie würde ihr Leben verbringen, so gut sie es eben konnte. Sie würde Freundschaften schließen, Anliegen haben, für die sie sich einsetzte, und lernen, wie man seinen Spaß hatte. Und, verdammt und zum Teufel mit allem anderen, eines Tages, nur ein einziges Mal, würde sie wahre Liebe erleben. Wenn dieser Zeitpunkt kam, würde sie dem Mann ihren Körper geben, weil sie nichts anderes haben würde, was sie ihm geben konnte.

»Das hast du mir nie gesagt. Heißt das, all diese Idioten, mit denen du ausgehst …«

Sie setzte sich abrupt auf und wäre von seinem Schoß gesprungen, doch seine Arme hoben sich, um ihre schlanke Gestalt zu umschlingen, und hielten sie gefangen. Sie sah ihn finster an und war erbost. »Ist es das, was du die ganze Zeit über mich gedacht hast?«, fuhr sie ihn an. »Du glaubst, ich gehe mit jedem ins Bett?«

Echte Tränen funkelten in ihren Augen und wollten ihm das Herz aus der Brust reißen. »Natürlich nicht, Engelsgesicht.«

»Du bist ein solcher Lügner, Jesse.« Sie stieß wieder gegen seinen steinharten Brustkorb. »Lass mich los. Es ist mein Ernst. Auf der Stelle.«

»So lasse ich dich nicht gehen, Saber. Wir haben noch nie Streit gehabt, und ich möchte nicht jetzt damit anfangen. «

Einen Moment lang blieb sie starr und hielt Abstand von ihm, aber sie konnte Jesse nicht auf Dauer böse sein. Mit einem kleinen Seufzer lehnte sie sich an ihn zurück, und die Anspannung wich von ihr. Nur in seinen Armen fühlte sie sich jemals sicher. Das Dunkel lag überall auf der Lauer, erwartungsvoll und sprungbereit. Fast konnte sie es atmen hören und fühlen, wie sein Blick auf ihr ruhte, während es darauf wartete, dass sie die Treppe hinaufstieg und sich in ihr einsames Zimmer zurückzog.

Sie hatte keine klare Erinnerung daran, wie Jesse sie das erste Mal auf seinen Schoß gezogen hatte – wahrscheinlich nach einem seiner ungeheuerlichen Rennen, aber es war jedes Mal wieder dasselbe. Sowie sich seine Arme um sie schlossen, fühlte sie sich, als wollte sie nie mehr von dort fortgehen. Vielleicht war das der Grund, warum sie zugelassen hatte, dass ihre Beziehung so eng wurde. Deshalb war sie zu lange geblieben und hatte zu viel aufs Spiel gesetzt. Der Gedanke, von ihm fortzugehen, war ihr unerträglich und ließ sie große Dummheiten begehen.

»Was ist jetzt? Wirst du dich vor mir verstecken, oder wirst du meine Entschuldigung annehmen?« Sein Kinn rieb sich an ihrem Haar.

»Wenn das deine Art ist, dich zu entschuldigen«, schniefte sie empört, »dann bin ich nicht sicher, ob ich dir jemals verzeihen werde. Mir gefällt nicht, was du über mich denkst.«

»Ich halte große Stücke auf dich, und das weißt du.« Er zog an einer besonders faszinierenden Locke. »Ist ›Es tut mir leid‹ gut genug?«

»Ich hoffe, wir werden uns niemals ernsthaft miteinander streiten.« Saber schlug ihm auf die Hand, aber sie ärgerte sich mehr über sich selbst als über ihn. Da, wo sie im Moment war, hätte sie für alle Zeiten bleiben und einfach nur seinen Geruch einatmen können, die Muskeln in seinem Körper und seine Wärme fühlen können, die sich wie eine wohlige Glut in ihr ausbreitete, wie sie es nie zuvor gekannt hatte.

Er lachte leise, und es war wie eine Liebkosung.

Saber hob augenblicklich den Kopf, denn ihr graute vor den beunruhigenden Empfindungen, die ihren Körper durchströmten. »Ich gehe jetzt besser nach oben, Jesse, und lasse dich endlich schlafen.« Wenn sie nämlich nicht zusah, dass sie sich schleunigst von ihm entfernte, könnte sie sich lächerlich machen und dem Drang nachgeben, Spuren federleichter Küsse über seine Kehle und sein Kinn zu ziehen und seinen ach so verstörenden Mund zu finden … Sie sprang mit pochendem Herzen auf.

Widerstrebend ließ er sie entkommen. »Ich kenne dich besser, als du dich selbst kennst, Kleines. Du wirst nach oben gehen und mich die ganze Nacht mit deinem lächerlichen Umherlaufen wachhalten. Hol deinen Badeanzug, wir können schwimmen gehen.«

Sie strahlte über das ganze Gesicht. »Ist das dein Ernst?«

»Geh schon«, befahl er ihr.

Sie lief über den Hartholzboden zum unteren Ende der Treppe und blieb dort stehen, um sich nach ihm umzuschauen. In dem schwachen Licht konnte er sie wie einen Schattenriss im Profil sehen, die Brüste, die sich einladend gegen das dünne Material ihrer hellen Bluse reckten. Er wurde noch steifer und empfand einen vertrauten, dumpfen Schmerz, der so schnell nicht vorübergehen würde. Jesse fluchte tonlos, denn er wusste, dass er eine weitere endlose Nacht wie schon so viele andere damit verbringen würde, nach ihrer zarten Haut und den betörenden blauen Augen zu lechzen. So wie auf Saber hatte er noch nie auf eine Frau reagiert. Er konnte sie nicht aus seinen Gedanken vertreiben, und wenn sie irgendwo in der Nähe war, dauerte es nur Sekunden, bis sein Körper auf Hochtouren lief.

Himmel, sie brauchte noch nicht mal in seiner Nähe zu sein. Der Klang ihrer Stimme im Radio, ihr Duft, der noch in der Luft hing, ihr Gelächter und, so wahr ihm Gott helfe, allein schon der Gedanke an sie ließ schmerzhaftes Verlangen in seinem Körper aufkommen.

»Danke, Jesse. Ich wusste, dass du mich nicht im Stich lassen würdest. Ich weiß nicht, was ich ohne dich täte.«

Er sah ihr nach, als sie die Treppe hinaufstieg, und dachte über ihre Worte nach. Diese Bemerkung hatte sie ihm gegenüber in dieser Nacht schon zum zweiten Mal gemacht. Und in ihrer Stimme war ein neuer Ton angeklungen. Verwunderung? Merkte sie endlich, dass er mehr als ein Mann in einem Rollstuhl war? Das war nicht fair. Die Hälfte der Zeit schien sie den Rollstuhl gar nicht wahrzunehmen, aber den Mann schien sie auch nicht wahrzunehmen.

Er lechzte nach ihr, gab sich Fantasien über sie hin, träumte von ihr. Früher oder später würde er Ansprüche auf sie erheben müssen. Zehn Monate waren lange genug, um zu wissen, dass sie sich unentwirrbar um sein Herz geschlungen hatte. Es mochte zwar sein, dass er im Rollstuhl saß und dass seine Beine von den Knien an abwärts unbrauchbar waren, aber alles darüber war in bester Ordnung und verlangte nach Befriedigung. Verlangte nach Saber Wynter.

Er seufzte laut. Sie hatte keine Ahnung, dass sie beim Teufel an die Tür geklopft und er sie hereingebeten hatte. Er hatte nicht die Absicht, sie aufzugeben.

Saber schaltete auf dem Weg durch ihr Wohnzimmer in ihr Schlafzimmer sämtliche Lampen ein. Sie stellte sich ans Fenster und blickte zu den Sternen auf. Was geschah mit ihr? Jesse hatte sie aufgenommen – wider besseres Wissen, da war sie ganz sicher. Sie waren fast auf Anhieb die besten Freunde geworden. Sie mochten dieselben Filme und dieselbe Musik. Sie redeten stundenlang miteinander, über Gott und die Welt. Sie lachte mit Jesse. Bei Jesse konnte sie die echte Saber Wynter sein. Ob sie unverschämt, traurig oder fröhlich war – für ihn schien es nie eine Rolle zu spielen, was sie sagte oder tat –, er akzeptierte sie ganz einfach.

In der letzten Zeit war sie sehr unruhig gewesen. Sie hatte im Bett gelegen und an ihn gedacht, an sein Lächeln, an den Klang seines Gelächters, an seine breiten Schultern. Er war ein gut aussehender Mann mit einem athletischen Körperbau, ob er nun im Rollstuhl saß oder nicht. Und ihr Zusammenleben mit ihm ließ sie den Rollstuhl oft vollständig vergessen. Jesse war unabhängig und nicht auf die Hilfe anderer angewiesen. Er kochte für sich selbst, er zog sich an, er fuhr kreuz und quer durch die Stadt. Er spielte Bowling und Tischtennis, und es verging kein Tag, an dem er nicht Gewichte hob und ausgiebig schwamm. Sie hatte seinen Körper gesehen. Es war der Körper eines Spitzensportlers. Die Muskeln in seinen Armen waren so gut ausgebildet, dass er kaum mit den Fingerspitzen seine Schultern berühren konnte, weil sich sein Bizeps zu stark wölbte. Jesse hatte ihr erzählt, die Nerven in seinen Beinen seien von den Knien an abwärts schwer beschädigt worden und diese Schäden seien nicht zu beheben.

Er verschwand für Stunden in seinem Büro, dem einzigen Raum, den sie nie betrat und den er stets abschloss. Sie hatte flüchtige Blicke auf modernste Computertechnologie geworfen, und sie wusste, dass er sich für elektronische Spielereien begeisterte, dass er früher bei der Navy gewesen war – in einem SEAL-Team – und dass er immer noch zahllose Anrufe von seinen Freunden erhielt, doch diesen Teil seines Lebens hielt er unter Verschluss, und ihr war das nur recht so.

Dachte er an Frauen? Sie dachten mit Sicherheit an ihn. Sie hatte Dutzende von Frauen mit ihm flirten sehen. Und warum auch nicht? Er sah gut aus, er war reich und begabt, und er war der netteste Mann im Bundesstaat Wyoming. Mit anderen Worten, er wäre für jede Frau ein großartiger Fang gewesen. Ihm gehörte der regionale Rundfunksender, für den sie arbeitete, und er tat auch noch andere Dinge, über die er nichts Näheres preisgab, doch das machte ihr nichts aus. Sie wollte einfach nur in seiner Nähe sein.

Ihre Faust schloss sich um die Spitzengardine in ihrem Schlafzimmer, raffte den Stoff und knüllte ihn zusammen. Warum machte sie sich all diese dummen Gedanken über einen Mann, den sie niemals haben konnte? Sie hatte es nicht verdient, mit einem Mann wie Jesse Calhoun zusammen zu sein. Er klagte nie, und er sprach nie herablassend mit ihr. Er war arrogant, und er war es gewohnt, dass man ihm gehorchte, daran bestand kein Zweifel, aber er gab ihr immer das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein. Er war ganz außerordentlich, er war außergewöhnlich, und sie … sie würde bald aufbrechen müssen.

Sie ließ ihren Blick träge zur Straße gleiten. Einen Moment lang setzte ihr Herzschlag aus. Ein Wagen war direkt außerhalb des gut gesicherten Tores zwischen den Bäumen geparkt. Ein roter Punkt glühte hell, als der Mann auf dem Fahrersitz an einer Zigarette zog. Sie erstarrte innerlich. Nichts regte sich mehr in ihr, und ihr stockte der Atem. Ihr Herz begann zu rasen, und ihre Finger krallten sich in den Vorhangstoff, bis die Knöchel weiß wurden.

Dann konnte sie das Paar knutschen sehen; der Mann hatte Mühe, weder sein Mädchen noch die brennende Zigarette loszulassen. Der größte Teil der Anspannung wich aus ihrem Körper. Natürlich. Es war ein perfekter Parkplatz, am Ende einer Sackgasse.

Vor zehn Monaten war Saber in dieselbe Straße eingebogen, weil sie glaubte, dort könnte sie es vermeiden, von Menschen gesehen zu werden. Tatsächlich hatte sie ein paar Tage auf diesem Grundstück geschlafen, bevor es so kalt geworden war, dass sie sicher war, sie würde erfrieren. Damals gab es das gesicherte Tor und den hohen Spezialzaun noch nicht.

Hatte er beides für sie errichten lassen, weil sie in diesen ersten zwei Monaten nahezu ständig nervös gewesen war, bevor Jesse ihr das Gefühl gegeben hatte, er könnte sie vor der ganzen Welt beschützen? Oder gab es einen anderen Grund für das Sicherheitsbedürfnis, das er plötzlich verspürt hatte?

Saber seufzte, als sie den Vorhang wieder fallen ließ. Sah Jesse viel mehr, als ihr lieb war? War ihm bewusst, dass sie sich trotz all ihrer verrückten Possen und ihrer Großspurigkeit in Wirklichkeit pausenlos fürchtete?

Nachdenklich zog sie ihre schwarze Jeans und ihre hellgrüne Bluse aus, die perfekte Aufmachung für eines der Drecklöcher, in denen Larry mit Vorliebe zu Abend aß. »Hundertfünfzig Dollar«, murmelte sie empört vor sich hin und rümpfte die Nase. »Ein solcher Lügner. Die komplette Mahlzeit hat ihn nicht mehr gekostet als eine Dose Hundefutter. Der glaubt wohl, er kann mich verarschen. «

Sie zog ihren einteiligen Badeanzug an, anthrazit und lachsfarben. Er schmiegte sich an ihre Brüste, betonte ihren schmalen Brustkorb und ihre Wespentaille und streckte durch den hohen Beinausschnitt, der bis auf ihre schmalen Hüften reichte. Saber fuhr sich mit einer Hand durch die dichte Masse rabenschwarzer Locken, mied es jedoch sorgsam, einen Blick in den Spiegel zu werfen. Hastig zog sie ein T-Shirt über, schnappte sich ein Handtuch und eilte die Treppe hinunter, um sich Jesse anzuschließen.

Studienobjekt Wynter. In eine Situation gebracht, in der sich ein Problem durch eine Beseitigung hätte lösen lassen, entschloss sich das Objekt, telefonisch Hilfe anzufordern. In den wenigen kurzen Monaten, seit sie mit Studienobjekt Calhoun zusammen ist, hat sie ihren Biss verloren. Sie hat mich entdeckt, sich aber doch zum Narren halten lassen, weil sie zum Narren gehalten werden wollte. Sie wird mit der Zeit immer schwächer, und ihre Ausbildung gerät in Vergessenheit, da sie in trügerischer Sicherheit gewiegt wird. Noch ein paar Wochen, und wir sollten in der Lage sein, sie ohne größere Schwierigkeiten oder Gefahren wieder an uns zu bringen. Ich konnte das Virus in ihren Organismus einschleusen, und es sollte fast sofort seine Wirkung entfalten. Wenn es so weit ist, besteht vielleicht die Möglichkeit, dass ich mir Zutritt zu dem Anwesen von Objekt Calhoun verschaffen kann. Er ist jetzt viel schwieriger und ständig auf der Hut.

»Was murmelst du da vor dich hin?« Die Frau, die neben ihm saß, hatte vor dem Rückspiegel Lippenstift aufgetragen, während er diktierte.

Er blickte noch einmal zu dem Fenster auf, an dem jetzt niemand mehr zu sehen war, bevor er sich umdrehte, um sie mit einem kalten Lächeln anzusehen. »Du bist noch nicht fertig.« Er öffnete seinen Reißverschluss, zog seine Hose runter und packte die Frau im Nacken. »Dann wollen wir doch mal sehen, ob du dir das viele Geld verdienen kannst, das du mir in Rechnung stellst.«

Er drehte die Musik lauter, lehnte sich auf dem Sitz zurück und schloss die Augen, als sie sich an die Arbeit machte. Er blies einen Rauchring, drückte seine Zigarette aus und ließ sich von dem Nervenkitzel übermannen. Es gab ihm ein erstaunliches Gefühl von Macht, sich zurückzulehnen und sie in dem Wissen zu genießen, dass dies das Letzte sein würde, was sie jemals tat. In dem Wissen, dass sie sich gewaltig anstrengte, damit es ihm gefiel, weil sie glaubte, dafür bekäme sie ein prachtvolles Trinkgeld, aber stattdessen …

Er stöhnte, stieß sich gewaltsam tiefer in sie und hielt ihren Kopf selbst dann noch fest, als sie sich zu wehren versuchte. Er zwang sie, ihn ganz in sich aufzunehmen, zwang sie, ihn anschließend sauberzulutschen, bevor er ihren Kopf in seine Hände nahm und ihr lächelnd das Genick brach.

2

DAS HALLENBAD WAR warm und einladend, und das gedämpfte Licht warf faszinierende Schatten auf die gekachelten Wände. Eine Reihe von Bäumen mit schillernden silbernen Blättern verlief die Wand empor, in das Muster der kühlen minzgrünen Kacheln eingearbeitet. Saber winkte Jesse von der Tür aus zu und beobachtete, wie er lautlos ins Wasser glitt und die Muskeln seiner Arme sich kraftvoll wölbten. Seine Haut schimmerte in einem tiefen Bronzeton, und das dunkle Haar zog sich von seiner kräftigen Brustmuskulatur über seinen strammen Bauch und verschwand in der blauen Badehose.

Sein Körper war wirklich prachtvoll. Oft starrte sie ihn an, obwohl sie sich bemühte, es nicht zu tun, und daher kannte sie jeden seiner durchtrainierten Muskeln, die sich so klar abzeichneten. Wenn er sich bewegte, tat er es mit vollendeter Anmut. Er war stets auf der Hut und einsatzbereit, doch im Gegensatz zu ihr hielt er im Ruhezustand still. Sie zappelte herum, blieb stets in Bewegung und hütete sich davor, auf einem Fleck stillzustehen.

Es verschlug ihr den Atem, als sie zusah, wie er durch das Wasser glitt. Er erinnerte sie an ein geschmeidiges, mächtiges Raubtier, lautlos und todbringend, die Bewegungen täuschend träge.

Saber konnte ihren Blick nicht von ihm losreißen, von der enormen Kraft, die sie in ihm wahrnahm. Er hatte ihr nie erzählt, was mit seinen Beinen passiert war, doch die Narben waren noch rot und frisch, und die Ärzte besuchten ihn oft. Sie wusste, dass er sich zahllosen Operationen unterzogen hatte, doch das war nichts, worüber er jemals sprach. Er trainierte ausgiebig, und er ging täglich zum Physiotherapeuten. Er war ein ganz ausgezeichneter Schwimmer. Einmal war er so lange unter Wasser geblieben, dass sie hineingesprungen war, weil sie schreckliche Angst gehabt hatte, er sei ertrunken, und er hatte ihr einen teuflischen Schrecken damit eingejagt, dass er sie um die Taille gepackt und sie an die Wasseroberfläche geschleudert hatte. Kein Wunder, dass er bei den SEALs gewesen war; sein wahres Element war das Wasser, nicht die Luft.

Als Jesse eine Pause einlegte und sich mit seinen kräftigen Armen über Wasser hielt, ohne sich von der Stelle zu bewegen, ließ Saber ihr Handtuch auf den Boden fallen und sprang hinein, weil sie nicht von ihm dabei ertappt werden wollte, dass sie ihn anstarrte.

Jesse tauchte hinter ihr her, und sie trafen sich unter Wasser. Seine Hände umfassten ihre Taille und warfen sie in die Höhe. Lachend durchbrach sie die Wasseroberfläche, kam wieder hinunter, wich seinen ausgestreckten Händen aus und tauchte unter ihm hindurch. Sie spielten ausgelassen Fangen und Ball, wobei Saber der Ball war. Sie schwammen um die Wette, versuchten sich an einer seltsamen Form von Wasserballett und klammerten sich schließlich an die Haltestangen, die sich über die gesamte Länge des Pools zogen.

Atemlos und mit strahlenden Augen wischte sich Saber Wassertröpfchen aus dem Gesicht. »Das war eine großartige Idee, Jesse.«

Er legte einen Arm um die Metallstange und ließ sich träge auf dem Wasser treiben. »Ich habe immer großartige Ideen. Das solltest du inzwischen wissen.« Es klang unglaublich arrogant.

Sie spritzte ihm Wasser in sein selbstgefälliges, grinsendes Gesicht, quietschte und tauchte zur Mitte des Pools, als er es ihr heimzahlte. Als sie wieder an die Oberfläche kam, saß er am Beckenrand und spielte den Unschuldigen.

Sein Anblick genügte, um ihr Herz höher schlagen zu lassen. Sein Lächeln. Sein Lachen. Seine strahlenden Augen. Wie war ihr jemals das Glück vergönnt gewesen, ihn zu finden? Sie spritzte eine weitere Wasserfontäne in seine Richtung, wandte sich dann ab und schwamm fort. Die nächsten Minuten verbrachte sie damit, energisch und zügig Bahnen zu schwimmen. Dabei strengte sie sich bewusst an, weil sie hoffte, ihren Körper zu ermüden.

Jesse machte es sich im Whirlpool bequem und stellte die Düsen an, damit das Wasser seine zerstörten Beine massierte. Er saß stumm da und sah zu, wie sich ihr schmaler Körper effizient durch das Wasser bewegte. Seltsamerweise ging sein Körper immer in akute Alarmbereitschaft, wenn sie schwamm, und alle seine Sinne schalteten schlagartig auf Selbsterhaltung. Sie war eine herrliche Schwimmerin. Sie bewegte sich so rhythmisch wie eine Ballerina, lautlos und anmutig. Er wusste, dass ihre Reflexe rasch waren. Ein- oder zweimal hatte er sie sogar auf die Probe gestellt, einfach nur deswegen – aufgrund der Art, wie sie schwamm.

Wenn sie es sich gestattete, vorübergehend zu vergessen, dass er in der Nähe war, schwamm sie so schnell wie bei einem Wettkampf, doch als er sie gefragt hatte, ob sie jemals gegen andere angetreten sei, hatte sie ihm einen derart geringschätzigen Blick zugeworfen, dass er, als sie im nächsten Moment gelacht und gesagt hatte, natürlich hätte sie das getan, wusste, dass sie ihn anlog.

Das hätte er verwenden sollen – er hätte die Information den Dingen, die er bereits über sie wusste, hinzufügen und die Suche nach ihrer wahren Identität fortsetzen sollen. Sie hatte einen gültigen Führerschein, aber ihre Fingerabdrücke entsprachen nicht den Abdrücken im System. Sie waren noch nicht einmal ähnlich. Er wischte mit dem Handtuch sein Gesicht ab und beobachtete weiterhin ihren vollendeten Stil. Es war faszinierend zu sehen, wie sie beim Umkehren untertauchte und die Hälfte der Strecke zur anderen Seite unter Wasser dahinglitt, bevor sie für weitere Schwimmstöße an die Oberfläche kam. Kein einziger Laut verriet ihre Anwesenheit, selbst dann nicht, wenn sie auftauchte, und das war in seinen Augen mehr als nur faszinierend. Er verbrachte den größten Teil seines Lebens im Wasser und verstand doch nicht, wie sie sich vollständig lautlos darin voranbewegen konnte.

Saber. Er spielte ihren Namen in Gedanken durch. Ein Säbel – stand er für Gerechtigkeit? Offensichtlich hatte sie den Namen angenommen. Und wo kam Wynter ins Spiel? Bei seiner Mitbewohnerin passte eines nicht zum anderen, und doch konnte er sich nicht dazu durchringen, sein Team darauf anzusetzen. Er seufzte, als er sie wieder an die Oberfläche kommen sah, wobei ihr Blick zuerst auf die schimmernden Blätter auf den Kacheln fiel und sich dann auf die Decke richtete.

Sie wirkte so exotisch und doch so unschuldig. Sie war dünn, aber unter dieser glatten Haut verbargen sich Muskeln. Sie drehte den Kopf um und sah ihn – und sie lächelte. Himmel nochmal. Es traf ihn wie ein Hieb in die Eingeweide. Sein Körper heizte sich augenblicklich auf, und Blut strömte in seinen Lenden zusammen, bis er glaubte, er könnte vor Verlangen explodieren. Die Wachsamkeit war ihr eingefleischt – diese veilchenblauen Augen, die so ungewöhnlich waren und so gehetzt wirkten, hielten immer unruhig Ausschau nach einem Feind.

Einer der Gründe, warum sie sich im Umgang mit ihm entspannen konnte, war, dass er im Rollstuhl saß und sie ihn nicht als Bedrohung wahrnahm, das wusste er selbst. Es kam nicht daher, dass sie das Raubtier in ihm nicht sah oder es nicht erkannt hätte; sie glaubte ganz einfach, die Bedrohung existiere nicht mehr.

»Wirst du die ganze Nacht schwimmen?«

»Ich spiele mit dem Gedanken«, räumte sie ein. »Entweder das, oder ich gehe in den Whirlpool.«

»Ich sehe mich genötigt, dich darauf hinzuweisen, dass der Whirlpool viel wärmer ist und dass du bereits blau anläufst. Die Farbe steht dir allerdings, denn sie passt zu deinen Augen.«

Sie lachte, aber das hatte er schon vorher gewusst. Er fand es wunderbar, dass er sie zum Lachen bringen konnte, sie wirklich zum Lachen bringen konnte. Es war ein echtes, fröhliches Lachen. Er hatte sich monatelang gedulden müssen, bis sie sich ihm endlich geöffnet hatte, ein klein wenig jedenfalls. Sie vertraute ihm, obwohl sie das vielleicht nicht tun sollte. Sie hatte einen falschen Eindruck davon gewonnen, wer und was er war, aber er dachte gar nicht daran, sie zu vertreiben, indem er sie den wahren Jesse Calhoun sehen ließ. Sollte sie ihm ruhig dieses Leben glauben, den Rundfunksender, die Texte, die er als Songwriter schrieb. Ihn als den Mann sehen, der sie liebevoll behandelte.

Saber kletterte die Leiter hinauf und zitterte. Sie eilte zum Whirlpool und setzte sich ihm gegenüber. »Ich habe gar nicht gemerkt, wie kalt mir ist.«

Auch das war ihm an Saber aufgefallen – sie missachtete körperliches Unbehagen und sogar Schmerz, als könnte sie Sinneswahrnehmungen über lange Zeiträume abblocken.

»Wo bist du Larry begegnet?« Er würde sich nämlich mit dem Mann unterhalten. »Wie heißt er mit Nachnamen, und wo arbeitet er?«

Sie schnitt eine Grimasse. »Er ist Barkeeper und, glaube mir, Jesse, er ist der Mühe nicht wert, also lass die Finger davon, und vergiss die ganze Geschichte. Es war sowieso meine eigene Schuld.« Sie lehnte ihren Kopf zurück und schloss die Augen. »Bei vielen Dingen, die ich tue, weiß ich selbst nicht, warum ich sie tue. Es war eine schlechte Idee, überhaupt erst mit Larry auszugehen, und es war ganz allein meine Schuld.«

»Warum bist du mit ihm ausgegangen?«

Sie wirkte entspannt, und das war bei Saber eine Seltenheit. Wie ein Kolibri war sie unablässig in Bewegung. Ihre Hände hielten nie still. Sie hüpfte oder tanzte durch ein Zimmer, statt zu gehen. Manchmal sprang sie über Möbelstücke – eines Tages hatte sie sogar einen Satz über die Couch gemacht, und die war breiter und höher als die meisten Sofas. Sie war ein Rätsel, hinter dessen Lösung er nicht kam.

Saber schlug die Augen auf, um ihn durch den aufsteigenden Dampf anzusehen.

Deinetwegen. Sie ging mit den miesesten Schuften aus, weil sie es nicht wagte, sich in Jesse zu verlieben. Was für eine lahme Ausrede. Und noch dazu so dumm. Einen anständigen Mann konnte sie nicht haben, also ging sie mit diesen anderen Männern aus, in dem Wissen, dass sie ihnen nichts anhaben würde. Sie würde niemals einen Unschuldigen verletzen.