Find our way: David & Keiran - Nina Bilinszki - E-Book
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Find our way: David & Keiran E-Book

Nina Bilinszki

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Beschreibung

Jeder verdient eine zweite Chance: Die College-Romance »Find Our Way: David & Keiran« von Nina Bilinszki jetzt als eBook bei dotbooks. Als es an der Tür seines Studentenwohnheims in Philadelphia klopft, ahnt David nicht, dass dieser Moment sein Leben für immer verändern wird: Vor ihm steht Keiran, der Mann, der ihn vor nicht allzu langer Zeit so sehr verletzte – und der nun selbst alles verloren hat. Obwohl David sich geschworen hat, ihn nie wieder in sein Leben zu lassen, lässt er Keiran widerwillig bei sich unterkommen. Doch schon bald merkt er, dass aus dem unsicheren Macho, der nie zu seinen Gefühlen stehen konnte, ein Mann geworden ist, der sich nicht länger verstecken will. Aber kann diese Wandlung all das ungeschehen machen, was zwischen ihnen geschehen ist? Während David mit seinen Gefühlen hadert, muss Keiran sich seiner Vergangenheit stellen – und nur ein Mensch kann ihm dabei helfen … Jetzt als eBook kaufen und genießen: Die dramatische Male/Male-Romance »Find Our Way: David & Keiran« von Nina Bilinszki – Autorin der New-Adult-Reihen »Love Down Under« und »Between us« – wird alle Fans der Bestseller von Mona Kasten, Nora Phoenix und Laura Kneidl begeistern. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 412

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Über dieses Buch:

Als es an der Tür seines Studentenwohnheims in Philadelphia klopft, ahnt David nicht, dass dieser Moment sein Leben für immer verändern wird: Vor ihm steht Keiran, der Mann, der ihn vor nicht allzu langer Zeit so sehr verletzte – und der nun selbst alles verloren hat. Obwohl David sich geschworen hat, ihn nie wieder in sein Leben zu lassen, lässt er Keiran widerwillig bei sich unterkommen. Doch schon bald merkt er, dass aus dem unsicheren Macho, der nie zu seinen Gefühlen stehen konnte, ein Mann geworden ist, der sich nicht länger verstecken will. Aber kann diese Wandlung all das ungeschehen machen, was zwischen ihnen geschehen ist? Während David mit seinen Gefühlen hadert, muss Keiran sich seiner Vergangenheit stellen – und nur ein Mensch kann ihm dabei helfen …

Über die Autorin:

Nina Bilinszki ist in den 80er Jahren im Ruhrpott aufgewachsen und lebt heute im Rhein-Main-Gebiet. Seit sie sich erinnern kann, begeistert sie sich für das Schreiben. Wenn sie sich nicht gerade bei ausgedehnten Jogging-Runden inspirieren lässt, taucht sie in die mitreißenden, manchmal glücklichen und manchmal traurigen Welten ihrer Charaktere ein.

Die Website der Autorin: www.nina-bilinszki.de/

Die Autorin auf Instagram: www.instagram.com/nina.bilinszki

Bei dotbooks veröffentlichte Nina Bilinszki ihre romantische Philadelphia-University-Romance-Reihe:

»At Your Side: Emma & Jaxon – Band 1«

»Hold You Close: Lucy & Julian – Band 2«

»Trust Your Heart: Michaela & Marc – Band 3«

»Find Our Way: David & Kieran – Band 4«.

***

eBook-Neuausgabe April 2023

Copyright © der Originalausgabe 2019 Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin

Copyright © der Neuausgabe 2023 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ah)

ISBN 978-3-98690-576-7

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien u

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blog.dotbooks.de/

Nina Bilinszki

Find our way: David & Keiran

Roman

dotbooks.

Für alle, die auf der Suche nach sich sind. Gebt nicht auf, seid mutig und lasst euch von niemandem einreden, wie ihr zu sein habt wir sind alle einzigartig, und wundervoll!

Kapitel 1

David

»Hey, David. Bist du schon aufgeregt wegen morgen?«

Erschrocken wirbelte ich herum und entdeckte Logan vor mir. Seine hellbraunen Haare hingen ihm fast bis in die grau-blauen Augen. Er trug ein rotes T-Shirt, auf dem die Figur irgendeines Computerspiels abgebildet war, das ich nicht kannte.

Logan arbeitete erst seit kurzem in der Galerie, die dem Campus der Temple University angegliedert war, aber er suchte jedes Mal das Gespräch mit mir, wenn ich da war. Erneut hatte er sich unbemerkt an mich herangeschlichen. Er gehörte zu den begnadeten Leuten, die sich fortbewegen konnten, ohne das geringste Geräusch zu verursachen. An seinem verschmitzten Grinsen sah ich genau, dass es ihm ungeheuren Spaß bereitete, sich an mich heranzuschleichen. Leider war er dabei so charmant, dass man es ihm nicht mal übelnehmen konnte.

»Es geht«, sagte ich möglichst cool, obwohl ich sicher war, vor Nervosität heute Nacht kein Auge zubekommen zu können. Morgen war die langersehnte Eröffnung der Ausstellung in der Galerie. Seit zwei Monaten fieberte ich diesem Tag entgegen. Ich konnte es noch immer nicht glauben, dass gleich zwei meiner Werke ausgewählt worden waren und einer großen Anzahl von Kunstliebhabern und Galeristen präsentiert wurden. Danach würde die Ausstellung ein halbes Jahr lang für die Öffentlichkeit freigegeben werden.

Auch wenn die Galerie an die TU angegliedert war, operierte sie unabhängig vom College. Normalerweise stellte sie nur Skulpturen und Gemälde bereits etablierter Künstler aus, daher würde es etwas Besonderes sein, meine eigenen Werke dort zu sehen. Bryan, der Inhaber der Galerie, hatte in Zusammenarbeit mit der Fakultät für Kunst eine Ausschreibung gestartet, zu der die Studenten Gemälde oder Skulpturen einreichen konnten, die dann von einer unabhängigen Fachjury begutachtet wurden.

»Du brauchst dir auch keine Sorgen zu machen. Ich bin sicher, morgen wird mindestens ein weiterer Galerist auf dich aufmerksam, der dich nach Kunstwerken fragen wird, um sie in seiner Galerie zu verkaufen.«

Das würde den Tag perfekt abrunden, aber ich wollte mir nicht zu viele Hoffnungen machen. »Ich weiß nicht so recht, hier sind wirklich viele gute Stücke dabei.«

Logan hob die Schultern. »Aber deine stechen hervor. Sie sind so … männlich.« Er trat einen Schritt vor und ließ einen Finger über meine Skulptur gleiten. Sie zeigte einen Athleten in gebückter Haltung, der einem Schwimmer auf einem Startblock ähnelte, nur dass die Arme nicht nach unten gerichtet, sondern zu den Seiten ausgestreckt waren. Das Hauptaugenmerk lag auf dem muskulösen Rücken, dessen Konturen Logan mit seinem Finger nachzeichnete.

Ich musste schmunzeln. »Es hat schon einen Grund, warum meine Skulpturen sehr männlich sind.«

Logan blickte zu mir auf, ein verschmitztes Funkeln in den Augen. »Ich finde es gut, dass du dich über deine Kunst ausdrücken kannst. Dass du nicht versteckst, wer du bist.« Er trat näher zu mir, bis unsere Arme sich fast berührten und ich die Wärme spüren konnte, die von ihm ausging.

Ich schluckte. Er flirtete schon wieder mit mir und erneut wusste ich nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Meine Zunge fühlte sich wie verknotet an und war nicht mehr in der Lage, Worte zu formen. Dabei fühlte ich mich durch Logans Aufmerksamkeit geschmeichelt. Er machte keinen Hehl daraus, dass er auf Männer stand, und es störte ihn überhaupt nicht, wenn jemand sah, wie er mit mir flirtete. Trotzdem wusste ich nicht, ob ich schon so weit war, mich auf jemand Neuen einzulassen.

»Ich habe nie gelernt zu verstecken, wer ich bin.« Was mir zum Verhängnis geworden war. Vielleicht hätte ich Keiran halten können, wenn ich etwas zurückhaltender gewesen wäre. Vielleicht ‒ nein, ich musste aufhören, die Schuld bei mir zu suchen. Ich hatte nichts getan, was Keirans Ausbruch gerechtfertigt hätte. Ich hatte ihm lediglich mitteilen wollen, dass ich für die Ausstellung ausgesucht worden war, aber er war ausgeflippt, bevor ich überhaupt ein Wort geäußert hatte.

Logans Blick wanderte langsam an meinem Körper herab und wieder hinauf. Ich fühlte mich wie bloßgelegt und konnte mich nicht entscheiden, ob es mir gefiel oder nicht. »Du hast auch keinen Grund dazu.« Er schnurrte regelrecht und ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss.

»Logan!«, ertönte Bryans Stimme aus einem der hinteren Räume. Erleichtert atmete ich aus. Ich war noch nie so dankbar gewesen, bei einem Gespräch unterbrochen worden zu sein.

Logan trat einen Schritt zurück und rieb sich über die Stirn. »Sorry, die Arbeit ruft«, sagte er entschuldigend und wandte sich ab. Ich sah ihm hinterher, bis er im Nebenraum verschwunden war und wandte mich wieder meiner Skulptur zu.

Ich wusste nicht einmal, was mein Problem war. Logan war nett, er sah unverschämt gut aus und stand offen zu seiner Sexualität. Eigentlich genau das, was ich mir immer gewünscht hatte. Trotzdem fiel es mir schwer, mich auf sein Flirten einzulassen. Ständig erschien Keirans Gesicht in seiner Anwesenheit vor meinem inneren Auge, obwohl ich mir geschworen hatte, ihn endgültig zu vergessen. Warum war es nur so schwer, mir Keiran aus dem Kopf zu schlagen, nachdem er mich dermaßen gedemütigt hatte? Dabei waren seit diesem Tag fast zwei Monate vergangen.

Mit schnellen Schritten hastete ich über den Parkplatz. Emma und ich hatten gerade erfahren, dass unsere Kunstwerke für die Ausstellung in der Galerie ausgewählt worden waren. Emma wollte unsere Freunde zusammentrommeln, damit sie mit uns feiern konnten, während es für mich nur eine Person gab, der ich die gute Neuigkeit mitteilen wollte. Keiran. Ich wusste, dass er gerade am Sportplatz war und beim Training der Temple Owls zusah. Obwohl Keiran nie wieder selber spielen konnte, hatte es seine Liebe zum Football nicht geschmälert.

Ich ging um die letzte Ecke und sah Keiran zusammen mit Cole Anderson, dem Quarterback der Temple Owls, am Spielfeldrand stehen. Es wirkte, als würden sie den Spielzug diskutieren, der gerade trainiert wurde. Ich beachtete die Spieler auf dem Platz jedoch gar nicht, sondern ging schnurstracks auf Keiran zu.

Er bemerkte mich, als ich nur noch wenige Meter von ihm entfernt war. Mit verengten Augen und geballten Fäusten kam er auf mich zu, was mich sofort innehalten ließ. Seine komplette Körperhaltung strahlte Feindseligkeit aus, was ich bei Keiran noch nie erlebt hatte. Was war geschehen?

»Was willst du hier?«, knurrte er, als er eine Armlänge von mir entfernt stehen blieb. Hinter ihm sah ich, wie Cole und zwei weitere von Keirans Freunden, deren Namen ich mir nie hatte merken können, ebenfalls zu uns stießen.

Meine Kehle war plötzlich staubtrocken, trotzdem zwang ich mich zum Reden. Keiran hatte mir in den letzten Wochen mehrfach gesagt, dass er mir die Daumen drückte und ich ihm sofort Bescheid sagen sollte, wenn ich Näheres erfuhr. Er konnte das eigentlich nicht schlecht aufnehmen. »Heute wurden die Teilnehmer für die Ausstellung bekanntgegeben. Emma und ich sind beide dabei. Ich sogar mit zwei Skulpturen.«

Für den Bruchteil einer Sekunde blitzte etwas in Keirans Augen auf, aber es war so schnell wieder hinter seiner versteinerten Fassade verschwunden, dass ich sicher war, es mir nur eingebildet zu haben. »Warum sollte mich das interessieren?«

Ein schmerzhaftes Ziehen durchfuhr meine Eingeweide. »Du hast mir doch gesagt, ich soll dir darüber Bescheid geben.« Ich hörte mich beinahe flehend an und hasste mich selbst dafür, meine Gefühle nicht besser verstecken zu können.

Keiran hob die Schulter, als wäre es ihm völlig gleichgültig. »Und jetzt hab ich es mir anders überlegt. Zieh ab und such dir jemand anderen, dem du hinterherlaufen kannst.« Ich taumelte einen Schritt zurück, als hätten seine Worte mir einen physischen Schlag verpasst.

»Mann, Keiran. Was ist denn los? David hat doch gar nichts gemacht«, kam Cole mir zu Hilfe. Er griff nach Keirans Arm, um ihn am Gehen zu hindern, doch Keiran riss sich einfach los.

»Gar nichts ist los, die Schwuchtel soll mich einfach in Ruhe lassen«, brüllte er so laut, dass man ihn vermutlich außerhalb von Philadelphia immer noch hören konnte.

Ich schüttelte den Kopf, um mich von diesen düsteren Gedanken zu befreien. Ich hatte mir vorgenommen, diesen Abend zu vergessen und Keiran nicht mehr nachzutrauern. Leider war das einfacher gesagt als getan. Denn das mit Keiran und mir war seit der Highschool ein stetiges Auf und Ab. Dort hatten wir eine heimliche Affäre geführt, die abrupt geendet hatte, als Keiran ohne ein Wort des Abschieds nach Los Angeles gegangen war, um an der UCLA Football zu spielen. Gerade, als ich es geschafft hatte, ihn mir aus dem Kopf zu schlagen, war er zurückgekehrt. Eine Knieverletzung hatte ihn zum vorzeitigen Karriereende gezwungen und anstatt weiterhin in Los Angeles zu bleiben, hatte er es vorgezogen, zurück nach Philadelphia zu kommen. Danach war es richtig kompliziert geworden. Immer wieder hatte Keiran die Nähe zu mir gesucht, bis ich eingeknickt war und mich wieder auf ihn eingelassen hatte ‒ weiterhin heimlich, versteht sich. Doch das Glück hatte nie lange gehalten. Sobald Keiran wieder Angst bekommen hatte, jemand könnte herausfinden, dass zwischen uns etwas lief, hatte er mich von sich gestoßen und mich ignoriert, bis er es erneut ohne mich nicht mehr aushielt. Das Ganze hatte sich über das letzte halbe Jahr hingezogen, bis es mit dem Ausraster endete, bei dem er mich eine Schwuchtel genannt hatte. Das hatte das Fass für mich zum Überlaufen gebracht. Ich hatte mir danach geschworen, ihn zu vergessen, was ich bis heute nicht annähernd geschafft hatte.

Ich kannte Keiran schon so lange, dass mich praktisch alles in Philadelphia an ihn erinnerte. Die Temple University, die Waterfront, unsere alte Highschool und alles, was mit Football zu tun hatte, was in Philadelphia ‒ vor allem nach dem Gewinn des Super Bowls ‒ so ziemlich die Hälfte der Stadt war. Er lauerte hinter jeder Straßenecke und selbst bei meinen Freunden musste ich an ihn denken, weil er im letzten halben Jahr sogar Zeit mit meiner Clique verbracht hatte. Es war zum Verrücktwerden.

Ein letztes Mal strich ich über den Rücken meiner Skulptur, dann wandte ich mich ab und trat den Heimweg an.

»Gleich ist es so weit, gleich ist es so weit.« Emma, meine beste Freundin seit Beginn des Studiums, hüpfte neben mir auf den Fußballen herum und wischte immer wieder mit den Handflächen über ihre Jeans. Ihre Augen starrten ins Leere und sie murmelte ununterbrochen vor sich hin. Wenn ich nicht mindestens genauso fertig mit den Nerven wäre und krampfhaft versuchen würde, es nicht zu zeigen, würde mich ihre Rastlosigkeit amüsieren. Was für ein seltsames Bild wir abgeben mussten. Der eine zur Salzsäule erstarrt, während die andere keine Sekunde stillhalten konnte. Dabei konnte uns heute gar nichts passieren. Wir würden für unsere Werke keine Bewertung erhalten, sie wurden lediglich zum ersten Mal einer breiten Masse an Leuten gezeigt. Leute, die Erfahrung in diesem Metier hatten, was genau der Grund war, warum mir der kalte Schweiß ausbrach.

Bryan steckte den Kopf in unseren Raum. »Seid ihr bereit? Ich schließe jetzt auf und lasse die Wartenden rein.«

»Es warten schon welche draußen?« Emmas Stimme war drei Oktaven zu hoch und sie blickte sich panisch um.

»Eure Eltern und Freunde zum Beispiel.« Bryan zwinkerte uns zu und verschwand, ehe wir etwas erwidern konnten.

Emma schwang zu mir herum und griff nach meinen Händen. »Es geht wirklich los. Wir schaffen das, wir werden es überleben.«

Lachend zog ich sie in meine Arme. »Es wird alles gut werden, du wirst sehen.«

»Ich hab einfach so eine Angst, dass alle mein Gemälde schlecht finden und sich darüber lustig machen werden. Vielleicht werden sie es sogar mit Tomaten bewerfen, weil sie es für eine Zumutung halten.«

»Emma, stopp. Nichts dergleichen wird geschehen. Dein Gemälde ist umwerfend und das werden die Besucher genauso sehen. Lass die Selbstzweifel nicht gewinnen«, versuchte ich sie zu beruhigen. In gewisser Weise konnte ich sie verstehen. Der Gedanke, meine eigenen Skulpturen schnell zu verstecken, bevor die Besucher eintraten, war gerade äußerst verlockend. Aber wir hatten zu viel dafür getan, um jetzt aufzugeben. Ganze Nächte hatten wir in der Werkstatt verbracht, um unsere Kunstwerke zu perfektionieren. Das heute war sozusagen der Lohn dafür.

Ich schob Emma ein Stück von mir weg, bis ich sie ansehen konnte. »Das ist das, worauf wir die letzten zwei Jahre hingearbeitet haben. Es wird fantastisch werden.« Ob ich damit sie oder mich selbst überzeugen wollte, wusste ich nicht so genau.

Emma nahm einen tiefen Atemzug, schüttelte ihre Hände aus und nickte. »Wir schaffen das und die Besucher werden begeistert sein.«

Sie trat einen Schritt zurück und in derselben Sekunde wurden die Türen zum Ausstellungsraum geöffnet. Die Besucher strömten herein, allen voran meine Mom. Ihre blonden Haare trug sie heute offen und passend zum Anlass war sie in ein beigefarbenes Hosenkostüm gekleidet. Ehe ich mich versah, hatte sie mich in ihre Arme gezogen, »Ich bin so stolz auf dich, mein Junge. Ich wusste, dass du talentiert bist.«

Ich festigte meinen Griff um sie und drückte ihr einen Kuss auf die Haare, weil sie trotz hoher Schuhe einen Kopf kleiner war als ich. »Danke, Mom.« Sie ließ mich los, um Emma ebenfalls zu begrüßen und ich sah mich unter den Ankömmlingen nach meinem Bruder um. Mom hatte mir versichert, dass er heute ebenfalls kommen wollte.

»Wo ist Andrew?«, fragte ich, als ich ihn nicht entdecken konnte.

Moms Lächeln wurde entschuldigend und ich wusste, was kommen würde, bevor sie es aussprach. »Es tut mir leid, Schatz. Aber Andrew schafft es nicht. Sie haben ein zusätzliches Training aufgebrummt bekommen, weil nächste Woche ein wichtiges Spiel ansteht, das er nicht verpassen darf. Aber er will die Ausstellung auf jeden Fall in den Semesterferien sehen.«

Nur mit Mühe konnte ich ein Augenrollen verhindern und versuchte meine Enttäuschung nicht zu zeigen. Früher hatten Andrew und ich ein gutes Verhältnis gehabt. Er hatte hinter mir gestanden, als ich mich geoutet hatte, und war vermutlich der Grund gewesen, warum ich auf der Highschool nie Probleme deswegen gehabt hatte. Doch seit er mit einem Stipendium an der UCLA studierte und Football spielte, war der Kontakt weniger geworden. Anfangs hatten wir noch wöchentlich telefoniert, mittlerweile wusste ich kaum noch, was in seinem Leben vor sich ging. Wenn ich ihn anrief, ging er oft nicht ran und rief auch nie zurück. Ich würde mir gerne einreden, dass ihm schlicht die Zeit dazu fehlte, aber mit Mom sprach er regelmäßig, also konnte es daran nicht liegen.

Eine Hand landete auf meiner Schulter und riss mich aus meinen Gedanken. Als ich mich umdrehte, stand Emmas Freund breit grinsend vor mir. »Glückwunsch, Mann. Ich wusste, dass du es weit bringen würdest.« Jaxon zog mich kurz an sich und klopfte mir auf den Rücken.

»Danke.«

Emmas Schwester Jane erschien neben ihm und sprang mir regelrecht in die Arme. »Ich bin so unheimlich stolz auf euch.« Sie drückte mir einen Kuss auf die Wange. »Jetzt zeigt uns mal eure Werke.«

»Deins zuerst«, sagte ich zu Emma und wir setzten uns in Bewegung. Für die Eröffnungsveranstaltung hatte jeder von uns zwei Karten für Angehörige oder Freunde bekommen. Emma hatte Jaxon und Jane mitgenommen, weil ihre Eltern beide tot waren. Ich hatte mich für Mom und Andrew entschieden, und ärgerte mich jetzt, dass ich die zweite Karte nicht lieber meinem besten Freund Julian gegeben hatte. Er hätte es sich nicht nehmen lassen zu kommen. Aber mein Wunsch, Andrew an diesem Tag dabei zu haben, war einfach größer gewesen.

Ich schob den Gedanken an meinen älteren Bruder und all die enttäuschten Gefühle, die damit verbunden waren, weit weg. Heute wollte ich mich nur freuen.

»Hier ist es.« Wir waren vor Emmas Gemälde angekommen. Es war in der modernen Kunst angesiedelt und aus kleinen Dreiecken angeordnet. Wenn man weiter weg stand, konnte man eine Frau darin erkennen, die den Kopf gesenkt hielt. Die kräftigen roten und orangenen Töne drückten Wut und Verzweiflung aus. Durch den hellen Hintergrund stand die Frau trotzdem im Licht, als würde es für sie noch Hoffnung geben. Es war eins von Emmas besten Werken und ich war froh, dass sie es für die Vorstellung bei der Jury ausgewählt hatte.

»Es ist toll, aber … was stellt es dar?« Jaxon stand ganz nah am Gemälde und bewegte seinen Kopf vor und zurück, als versuchte er es zu erfassen.

An den Schultern zog ich ihn zurück. »Du musst von hier schauen.«

»Ah.« Seine Miene hellte sich auf und wurde nach einigen Sekunden bewundernd. »Wow.« Er rieb sich über die Arme. »Ich habe keine Ahnung, was es bedeutet, aber es verschafft mir Gänsehaut.«

Emma räusperte sich. »Es spiegelt meine innere Zerrissenheit wider, wenn ich an den Tod meiner Mom denke«, erklärte sie leise. Emmas Eltern waren beide gestorben. Ihr Dad bei einem Autounfall, der ihre Mom in den Rollstuhl und eine tiefe Depression getrieben hatte. Sie war an einer Überdosis Morphium gestorben, als Emma gerade die Highschool abgeschlossen hatte, und es war nicht klar, ob sie die Überdosis versehentlich oder absichtlich genommen hatte. Bis heute hatte Emma ihre Wut darüber, dass ihre Mom nicht stärker gegen die Depressionen angekämpft hatte, nicht komplett ablegen können. Auch wenn sie wusste, dass es eine Krankheit war, die behandelt werden musste. Aber Kinder dachten nicht immer rational, wenn es um ihre Eltern ging, daher konnte ich sie verstehen.

»Es ist total ergreifend.« Mom legte einen Arm um Emmas Schultern und drückte sie kurz. »Wunderschön.«

Jane ging an Emmas andere Seite und griff nach ihrer Hand. »Es ist umwerfend. Warum hast du mir das vorher nicht gezeigt?«

»Weil ich eigentlich ungern meine Sachen zeige. Sie alle sind sehr persönlich und ich kann mit Kritik daran schwer umgehen, weil es sich anfühlt, als würden die Leute meine Gefühle kritisieren«, erklärte sie.

»Wenn irgendjemand es wagt, ein schlechtes Wort darüber zu verlieren, dann bekommt er es mit mir zu tun«, knurrte Jaxon, was Emma ein Lächeln entlockte.

»Ich bin unheimlich stolz auf dich, Schwesterchen.«

Wir blieben noch einige Minuten vor Emmas Bild stehen und ließen es auf uns wirken, ehe wir zu meinen Skulpturen weitergingen. Zuerst führte ich sie zu dem Schwimmer auf dem Startblock, der vor allem von Jane sehr bewundert wurde, ehe es zur zweiten Skulptur ging. Diese war aus mehreren filigranen Metallstäben geformt, stellte jedoch in abstrakter Form ebenfalls einen männlichen Körper dar.

»Es scheint mir, als würdest du in deinen Skulpturen deine Sexualität voll ausleben«, sagte Jaxon schmunzelnd, womit er den Nagel auf den Kopf traf. Meine Sexualität war ein wichtiger Teil von mir und manchmal wusste ich nicht recht, wie viel ich davon ausdrücken konnte. Meine Freunde an der TU waren fast ausschließlich hetero. Obwohl jeder wusste, dass ich schwul war und mich noch nie deswegen verurteilt hatte, hielt ich mich bei ihnen oftmals zurück. Es war nicht mal eine bewusste Entscheidung, aber seit der Highschool hatte ich dieses Verhalten verinnerlicht, sodass ich gar nicht wusste, wie ich es ablegen sollte.

»Hier kann ich mich halt austoben«, stimmte ich Jaxon zu. »Und bisher waren die Skulpturen auch nur für mich bestimmt.«

»In gewisser Weise ist es auch ein wiedererkennbarer Stil bei dir, das ist für Künstler sicher nicht schlecht. Wie bei Picasso, seine Bilder sind immerhin auch einzigartig.«

Emma lachte. »Keiner von uns ist Picasso, wie oft soll ich dir das eigentlich noch sagen? Schließlich wurde er erst nach seinem Tod berühmt und wir würden gerne schon zu Lebzeiten etwas erreichen.«

»Ich bin jedenfalls jetzt schon sehr stolz auf dich«, sagte Mom zu mir und schloss mich in ihre Arme, während sie weitersprach: »Keine Ahnung, ob Picasso das von seiner Mutter sagen konnte, aber das ist mir auch ziemlich egal.«

Wir gingen weiter durch die Ausstellung, während sich die Galerie langsam füllte. Einige der Besucher sahen exzentrisch aus, das waren vermutlich die Künstler. Eine Frau trug einen Hut, der wie ein Kartenhaus aussah, eine andere benutzte eine aus Glasstäben geformte Skulptur als Gehstock, den sie gar nicht brauchte, sondern nur zur Schau stellte. Andere waren elegant gekleidet, in schwarzen Anzügen oder Abendkleidern. Wieder andere waren völlig normal gekleidet, sodass sie nur aufgrund ihres Alters von den anderen Studenten zu unterscheiden waren, deren Werke ebenfalls ausgestellt wurden. Es war eine bunte Mischung und mehr Leute, als ich je in der Galerie gesehen hatte.

Als alle geladenen Gäste eingetroffen waren, klingelte Bryan mit einem Glöckchen, um die Aufmerksamkeit aller zu erlangen. Innerhalb von Sekunden verstummte das muntere Stimmengewirr und alle wandten sich in Bryans Richtung.

»Herzlich willkommen, werte Freunde«, begann er. »Ich freue mich, dass ihr so zahlreich meiner Einladung gefolgt seid. Es ist mir eine besondere Ehre, zum ersten Mal in der Geschichte der Temple University eine Ausstellung mit Werken junger Künstler eröffnen zu dürfen, die ihre Ausbildung noch nicht abgeschlossen haben. Über hundert Einsendungen hat es gegeben, aus denen die besten zehn ausgewählt wurden. Ein großer Dank geht an dieser Stelle an Dekan Wallberg und sein Team, die diese Mammutaufgabe übernommen haben.« Applaus brandete auf und mein Professor verbeugte sich leicht.

Bryan hob die Hände und es wurde wieder still im Saal. »Es war sicher keine leichte Entscheidung, denn ich weiß, dass die TU viele talentierte junge Leute in ihren Reihen hat, aber wenn ich mir die Kunstwerke ansehe, die ausgewählt wurden, haben alle eines gemeinsam: sie berühren mich. Sie lassen mich schmunzeln, Ärger empfinden, vor Freude jubilieren oder verschaffen mir eine Gänsehaut. Aber keines davon lässt mich kalt zurück. Und das ist es doch, was wir von der Kunst erwarten. Sie soll etwas in uns auslösen und uns zum Nachdenken anregen.« Erneuter Applaus ertönte, lauter als zuvor.

Diesmal wartete Bryan, bis der Applaus von selbst versiegte, ehe er weitersprach. »Lasst uns also heute diese begnadeten jungen Künstler feiern, von denen wir sicher noch viel hören und sehen werden. Falls euch ein Werk besonders gefällt und ihr Kontakt zu einem Künstler wünscht, kommt bitte zu mir, dann werde ich euch vorstellen. Im Nebenraum gibt es Snacks und Getränke für euer leibliches Wohl. Und jetzt viel Vergnügen.« Die Gäste applaudierten ein weiteres Mal und die Gruppe löste sich langsam auf. Einige gingen in den Nebenraum, um sich zuerst zu stärken, aber die meisten strömten in die Ausstellung. Gleich drei Leute steuerten meine Skulpturen an. Wild gestikulierend standen sie davor und redeten darüber. Obwohl ich kein Wort verstehen konnte, zog sich mein Magen nervös zusammen. Was dachten sie darüber? Gefielen sie ihnen? Oder fehlte ihnen daran das gewisse Etwas? Vielleicht sahen sie auf den ersten Blick, dass sie noch nicht ausgereift: waren, weil es meine ersten Versuche waren und ich noch viel zu lernen hatte.

»Wollen wir uns auch etwas zu essen holen?«, riss Mom mich aus meinen Überlegungen.

»Ich möchte nichts, danke.« Ich würde jetzt nichts runterbekommen. Mein Hals war wie zugeschnürt und mein Magen rumorte. Beim bloßen Gedanken an Essen wurde mir schlecht. Emma lehnte ebenfalls ab. Die Hände krampfhaft verschränkt starrte sie gebannt auf ein Paar, das vor ihrem Gemälde stand. Vermutlich ging es ihr ähnlich wie mir.

Ich legte einen Arm um sie und zog sie an mich. »Schrecklich, wenn die Leute deine Werke beurteilen und du keine Ahnung hast, was sie davon halten, oder?«

»Es ist furchtbar«, stöhnte Emma. »Am liebsten würde ich da hingehen und sie dazu zwingen, mir ihre Meinung zu sagen. Gleichzeitig will ich sie gar nicht wissen, weil ich Angst vor Kritik habe.«

Ich konnte sie sehr gut verstehen. Das hier war etwas völlig anderes als von unserem Dozenten beurteilt zu werden. Auch dort war Kritik nie schön, aber da ging es bloß um eine Note, die nur ein geringer Teil der Endbewertung war. Das hier fühlte sich größer an. Wichtiger. Als würden wir es nie zu etwas bringen, wenn die Meinungen nicht positiv ausfielen.

Mom kam wieder zurück und drückte jedem von uns ein Sektglas in die Hand. »Für eure Nerven«, sagte sie mit einem Augenzwinkern. Emma trank ihr Glas in einem Zug halb leer, während ich nur daran nippte. Ich wollte bei vollem Verstand sein, sollte einer der Galeristen oder Künstler mit mir sprechen wollen.

Dazu kam es jedoch nicht. Wir blieben in unserer Ecke stehen und beobachteten das Geschehen. Es gab einige Gäste, die lange an meinen Skulpturen oder Emmas Gemälde verweilten, doch niemand suchte das Gespräch mit uns. Irgendwie war ich enttäuscht, weil ich gehofft hatte, direkt von jemandem entdeckt zu werden. Aber war das überhaupt normal? Oder dauerte es immer länger, bis sich ein Kontakt herstellte? So verließen wir die Ausstellung mit gemischten Gefühlen, weil wir nicht wussten, ob es ein gutes oder schlechtes Zeichen war.

Kapitel 2

Keiran

»Hast du endgültig den Verstand verloren?« Wutentbrannt kam mein Dad ins Büro gestürmt und schlug die Tür so fest zu, dass sie krachend ins Schloss fiel. Ich zuckte erschrocken zusammen und beeilte mich, den Webbrowser zu schließen, bevor er sehen konnte, dass ich während der Arbeitszeit im Internet surfte. Aber vielleicht hatte mein Plan funktioniert und er würde mich gleich nach Hause schicken.

»Was meinst du?« Tatsächlich gab es mehrere Vorfälle, die ihn zur Weißglut gebracht haben könnten.

Mein Vater baute sich vor meinem Schreibtisch auf und stützte sich mit den Händen auf der Tischplatte ab. »Mr Baker und seine Frau waren gerade hier. Kannst du mir erklären, warum du ihnen erzählt hast, dass wir ihnen den SUV zu einem überhöhten Preis angeboten haben? Und warum wussten sie, dass es ein Unfallwagen ist? Das habe ich mit voller Absicht aus den Dokumenten rausgelassen.«

Shit, so war das nicht geplant gewesen. Dad hätte nie erfahren sollen, dass ich ihn verraten hatte. Wie kam ich aus der Nummer wieder raus? Schweiß brach in meinem Nacken aus, während ich händeringend nach einer plausiblen Erklärung suchte. Dads Blick bohrte sich dabei in mich hinein, als wollte er die Wahrheit aus mir stoßen.

»Ich habe es einfach satt, dabei zuzusehen, wie du deine Kunden über den Tisch ziehst«, sagte ich so ruhig wie möglich, obwohl mein Herz so stark hämmerte, als wollte es aus meiner Brust herausspringen.

Mein Vater war ein furchteinflößender Mann und es war das erste Mal, dass ich mich gegen ihn auflehnte.

Dad hob die Hände und schlug mit den Fäusten auf die Platte. »Bist du von allen guten Geistern verlassen? Ich ziehe meine Kunden nicht über den Tisch«, spie er mir regelrecht entgegen. »Der Wagen wurde durch den Unfall nur an der Stoßstange demoliert und wir haben viel Arbeit investiert, um ihn wieder auf Vordermann zu bringen. Davon abgesehen wurden weder die Karosserie noch der Motor in Mitleidenschaft gezogen. Die Kunden hätten niemals bemerkt, dass es ein Unfallwagen ist, wenn du es nicht verraten hättest.«

Trotzdem war es Vortäuschung falscher Tatsachen. Der Kunde hatte ein Recht darauf zu erfahren, in welchem Zustand das Fahrzeug war, für das er sich interessierte. Dazu gehörte auch die Information, ob es in einen Unfall verwickelt gewesen war. Aber es hatte keinen Sinn, mit meinem Dad zu diskutieren. Er war ein Meister darin, die Tatsachen zu verdrehen, bis sie in seine Realität passten, obwohl jeder aus der Familie wusste, dass er nur versuchte, so viel Geld wie möglich aus jedem Deal herauszuholen. Ehrlichkeit stand dabei nicht sonderlich weit oben auf seiner Prioritätenliste. Es sei denn, jemand versuchte ihn übers Ohr zu hauen, dann wurde er fuchsteufelswild und drohte schneller mit seinem Anwalt, als eine Katze einen Baum hoch huschen konnte.

»Na was ist? Hat es dir die Sprache verschlagen? Warst du einfach nur zu blöd, dir zu merken, was du über welches Auto sagen durftest«, herrschte er mich an.

Nicht wirklich. »Ich habe dir gesagt, dass dieser Job nichts für mich ist.« Dass ich den Bakers mit voller Absicht von dem Unfall erzählt hatte, musste Dad ja nicht wissen.

Schnaubend verschränkte er die Arme. »Was gedenkt der feine Herr denn sonst mit seiner Zeit zu tun? Das Studium scheint dir ebenfalls nicht zu liegen. Deine grausigen Noten waren es erst, die mich dazu genötigt haben, dich mit in den Betrieb zu nehmen.«

Er hatte mich dazu gezwungen. Ich habe dein Herumlungern satt. Entweder gehst du morgen mit mir zur Arbeit, oder du kannst ab sofort unter einer Brücke schlafen. Das waren seine exakten Worte gewesen, die mir nicht viel Spielraum gelassen hatten.

»Ich will wieder studieren gehen«, sagte ich in einem Anflug nicht zu erklärenden Mutes. Ich hatte meinem Vater nie widersprochen, hatte immer versucht, ihn zufriedenzustellen. Trotzdem hatte es mich in diese ausweglose Situation gebracht. »Lass mich zurück an die TU und ich verspreche dir, dass sich meine Noten bessern werden.«

Ich hätte nie gedacht, das einmal zu sagen, aber nach den letzten zwei Monaten vermisste ich alles am Studium. Die Vorlesungen, meine Dozenten, meine Freunde und vor allem David. Ein schmerzhafter Stich durchfuhr mein Herz, ein Stich, an den ich mich mittlerweile fast gewöhnt hatte. David musste mich hassen und ich konnte es ihm nicht einmal verübeln. Was ich zu ihm gesagt hatte, war selbst für meine Verhältnisse inakzeptabel gewesen. Aber er hatte mich in einer schlechten Situation erwischt und die Worte waren aus mir gesprudelt, ehe ich wusste, was ich tat.

»Das könnte dir so passen«, riss Dad mich aus meinen Gedanken. »Ich werde dich für dein freches Verhalten sicher nicht damit belohnen, dich zurück an die TU zu schicken, wo du wieder den ganzen Tag faulenzen kannst. Du willst doch nur zurück, damit du wieder die Füße hochlegen und zum Footballtraining gehen kannst. Wann kapierst du endlich, dass du nie wieder spielen wirst und sich keiner für deine Erfolge der Vergangenheit interessiert? Du kannst dich nicht ewig auf dem ausruhen, was du auf der Highschool erreicht hast.« In seinem Unterton schwang mit, dass die Erfolge der Schulzeit ohnehin nichts waren, auf das man sich etwas einbilden konnte. Er war nie begeistert gewesen von meinem Wunsch, Footballspieler zu werden. Trotzdem hatte er vor potentiellen Kunden gerne damit angegeben, dass ich ein Stipendium an der UCLA erhalten hatte. Doch seit der Knieverletzung, die mir ein vorzeitiges Karriereende verschafft hatte, wollte er nichts mehr davon wissen.

»Ich will überhaupt nicht faulenzen. Ich werde alles dafür tun, meine Noten zu verbessern«, unternahm ich einen letzten Versuch, meinen Dad zu überzeugen.

Doch er schüttelte den Kopf. »Ich glaube dir kein Wort und will dich hier heute auch nicht mehr sehen. Geh nach Hause und denk über dein Verhalten nach. Wir reden heute Abend, wenn du zur Vernunft gekommen bist.«

Ohne ihm zu antworten, wandte ich mich ab. Ich war froh, endlich dieser bedrückenden Aura zu entkommen, die er ausstrahlte. Gleichzeitig ärgerte ich mich, dass ich ihn nicht davon hatte überzeugen können, mich wieder studieren zu lassen. Aber was hatte ich auch anderes erwartet? Seit ich denken konnte, hatte es meinen Dad nicht interessiert, was ich wollte. Es war ihm immer nur darum gegangen, dass ich ihm irgendwie dienlich sein konnte. Warum sollte sich das plötzlich ändern?

»Und komm bloß nicht auf die Idee, dich mit deinen nichtsnutzigen Freunden zu treffen«, rief Dad mir hinterher, als ich gerade das Büro verließ. Ich konnte die Tür hinter mir nicht schnell genug schließen.

»Mom?«, rief ich, als ich zu Hause angekommen war. Der große Empfangsraum wirkte dunkel und verlassen, aber aus einem der hinteren Zimmer drang leise Jazzmusik zu mir.

»In der Küche, Schatz«, ertönte ihre gedämpfte Stimme.

Ich zog meine Schuhe aus und verstaute sie im Schuhschrank, ehe ich mich auf den Weg machte. Vom Empfangsraum gelangte man in den Essbereich, in dem ein Tisch für zwölf Personen stand, der so gut wie nie genutzt wurde. Das Zimmer erinnerte an einen Trophäenraum. Familienfotos, auf denen wir alle glücklich wirkten, obwohl wir es nicht waren, zierten die Wände. In einem Glasschrank waren dutzende Pokale zur Schau gestellt. Die meisten waren von meinem Dad, der in seiner Jugend ein erfolgreicher Boxer gewesen war. Zwei davon waren von Remy, der eine Zeitlang im Track Team gewesen war, und sogar einer von mir stand darin. Damit war ich in meinem letzten Highschooljahr als bester Quarterback der Saison ausgezeichnet worden.

Ich ging schnell weiter. Vorbei an der Vorratskammer und in die Küche, wo Mom vorm Herd stand. Der Geruch von gedünsteten Zwiebeln drang mir in die Nase und ließ meinen Magen knurren. »Hey, Mom.« Ich beugte mich herab, um sie auf die Wange küssen zu können. Meine Mom reichte mir nur bis zur Brust, doch wenn sie den Pfannenwender so bedenklich nahe an meinem Gesicht schwenkte wie gerade, bekam ich es mit der Angst zu tun.

»Was machst du schon zu Hause? Musst du nicht arbeiten?«, fragte sie, während sie Hackfleisch in die Pfanne schmiss, was ein lautes Zischen zur Folge hatte.

»Dad hat mich nach Hause geschickt.«

Mom seufzte. »Was hast du jetzt wieder angestellt, Keiran? Du wirst deinem Vater noch einen Herzinfarkt verpassen.«

»Wenn er mir endlich mal zuhören würde, was ich mir für die Zukunft wünsche, würde es nicht so weit kommen.«

Mom stach auf das Hackfleisch ein, bis es in kleine Stücke zerfiel. »Dein Vater möchte nur das Beste für dich. Dazu gehört, dass du einen anständigen Beruf erlernst, mit dem du deine Familie ernähren kannst.«

Wie ich diese Aussage hasste. Meine Eingeweide zogen sich schmerzhaft zusammen und jegliches Hungergefühl wurde durch Übelkeit ersetzt. Ich wurde nicht einmal gefragt, ob ich überhaupt eine Familie wollte. Es wurde einfach beschlossen, wie es bei meinem Berufswunsch auch war.

»Mom, bitte.« Ich hatte keine Kraft mehr, auch mit ihr zu diskutieren. Ich hatte gehofft, sie würde mir etwas mehr Verständnis entgegenbringen, so wie früher. Immerhin war sie es gewesen, die meinen Dad dazu überredet hatte, mich auf die UCLA gehen zu lassen, um Footballspieler zu werden. Heute schien ich nicht auf ihren Rückhalt hoffen zu können.

Während Mom von einem Schneidebrett klein geschnittenes Gemüse zu dem angebratenen Hackfleisch in die Pfanne gab, sprach sie weiter. »Es tut mir leid, Schatz. Du hast es nicht leicht, das ist mir klar. Du bist das letzte unserer Kinder, das noch zu Hause wohnt. Dein Vater sorgt sich um dich, weil er in letzter Zeit immer mehr Verhaltensweisen an dir entdeckt, die uns auch an deiner Schwester aufgefallen sind.«

Der Name meiner Schwester war Rachelle, aber außer mir benutzte ihn in dieser Familie niemand mehr. Sie war die Älteste von uns und die Einzige, die sich je getraut hatte, sich unserem Dad zu widersetzen. Dad hatte sie vor fünf Jahren rausgeschmissen, nachdem sie ihm klipp und klar gesagt hatte, dass sie nie in den Familienbetrieb einsteigen würde. Seitdem war es, als hätte Rachelle nie zu dieser Familie gehört. Ich war der Einzige, der noch Kontakt zu ihr hatte, für alle anderen existierte sie nicht mehr. Das war auch der Grund, warum ich meinem Dad nicht sagte, dass ich nie vorhatte, seinen Gebrauchtwagenhandel zu übernehmen. Ich wollte nicht vor die Tür gesetzt und aus der Familie ausgeschlossen werden. Zumindest jetzt noch nicht.

»Vermisst du sie nicht?«, fragte ich Mom.

Mit stärkerem Griff umfasste sie den Henkel der Pfanne und rührte darin herum. Sekunden verstrichen, ohne dass sie einen Ton von sich gab. Ich wollte mich schon geschlagen geben und in mein Zimmer gehen, als ich ihre leise Stimme vernahm. »Jeden Tag.«

Ich lehnte mich mit der Hüfte an die Arbeitsplatte. »Warum rufst du sie dann nicht mal an? Sie ist doch nicht aus der Welt. Und du fehlst ihr auch.«

Moms Schultern bebten, als würde sie weinen, doch als sie sprach, war ihre Stimme klar und fest. »Sie hat Schande über die Familie gebracht.«

Seufzend stieß ich mich ab. »Ich gehe in mein Zimmer.« Ich hatte keine Ahnung, was diese Schande sein sollte. Weder Mom noch Rachelle hatten mir je erzählt, was genau vorgefallen war. Und ich war es leid, wie ein kleiner Junge behandelt zu werden, den man vor irgendetwas schützen musste.

In meinem Zimmer drehte ich die Musik bis zum Anschlag auf und ließ mich auf mein Bett fallen. Laute Rapmusik dröhnte aus den Boxen, die das Gedankenkarussell endlich stoppte. Ich ließ die Beats durch meinen Körper fließen, wippte mit dem Fuß im Takt und hoffte, diesen Tag einfach vergessen zu können. Was natürlich unmöglich war. Ich war viel zu aufgewühlt, um mich von meinen Gefühlen befreien zu können. Wut und Enttäuschung kämpften um die Oberhand, aber dazwischen tauchte auch immer wieder Sehnsucht auf. Sehnsucht nach David und dem, was wir nie wirklich gehabt hatten.

Ehe ich mir dessen bewusst war, hatte ich mein Handy in der Hand und seine Nummer gewählt. Dabei wusste ich, dass mein Anruf ihn nicht erreichte. Er hatte meine Nummer blockiert, was ich ihm nicht mal verdenken konnte, trotzdem sank mein geschundenes Herz ein bisschen weiter, weil mein Anruf nicht zu ihm durchging. Wie sollte ich mich je bei ihm entschuldigen und ihm erklären, warum ich so gehandelt hatte, wenn ich ihn nicht erreichen konnte? Und wenn ich nie zur TU zurückkehren durfte, könnte ich ihm auch nicht mehr zufällig über den Weg laufen.

Ich stieß einen frustrierten Schrei aus und schmiss mein Kissen durchs Zimmer. Es segelte im hohen Bogen durch den Raum, prallte gegen die Tür und rutschte an ihr herab zu Boden.

Es war einfach zu viel. Egal, was ich versuchte, ich würde meinen Dad ohnehin nie zufriedenstellen. Selbst Remy, der immer vorbildlich alles getan hatte, was von ihm verlangt wurde, schaffte das nicht. Und obwohl Dad Remy gerne dazu benutzte, um mir meine eigene Fehlbarkeit unter die Nase zu reiben, behandelte er Remy nicht liebevoller als mich. Wenn ich nicht wüsste, dass er mit Mom anders umging, würde ich vermuten, dass er Liebe überhaupt nicht empfinden konnte.

Mein ganzes Leben hatte Dad versucht, mir seinen Willen aufzuzwingen, sodass ich gar nicht wirklich wusste, wie meine eigenen Bedürfnisse aussahen. Ich war mir nicht einmal sicher, wer ich überhaupt sein würde, wenn ich ich selbst sein könnte, oder wo mein Platz im Leben war. Wie sollte ich da wissen, was ich brauchte, um glücklich zu sein?

Ich stand vom Bett auf und setzte mich an meinen Schreibtisch. Wenn ich innerlich aufgewühlt war wie jetzt, gab es nur eine Sache, die mir helfen konnte, Ordnung in mein Gefühlschaos zu bringen: schreiben.

Nachdem mein Laptop hochgefahren war, rief ich das Dokument auf, an dem ich zuletzt gearbeitet hatte. Ich saß noch nicht lange an dieser Geschichte und hatte mir noch keinen genauen Plot dafür überlegt. Ich wusste den Anfang, das Ende und einige Szenen dazwischen, doch wie ich diese verbinden und mit Leben füllen sollte, musste ich mir noch überlegen. Die Idee dazu hatte mich eines Tages regelrecht überfallen und seitdem nicht mehr losgelassen, daher hatte ich zu schreiben begonnen, ohne mir zuvor einen Plan zurechtzulegen. Das würde ich bald nachholen müssen, aber auch heute verspürte ich keine Lust dazu, sondern tauchte lieber gleich in die Geschichte von Darryl und Kaden ein, die gerade in einen handfesten Streit verwickelt waren.

Kapitel 3

David

»Hey, Logan. Ist Bryan da?«, begrüßte ich ihn, sobald ich die Galerie betreten hatte. Bryan hatte mich heute früh angerufen und mir eher kryptisch zu verstehen gegeben, dass ich nach meinen Vorlesungen vorbeikommen sollte. Natürlich ohne mir zu verraten, worum es ging, sodass ich mir den ganzen Tag den Kopf darüber zerbrochen hatte.

Logan kam hinter dem Tresen hervor und schob sich das hellbraune Haar aus der Stirn. Er trug eine Jeans, die knapp über dem Knie abgeschnitten war, Flipflops und ein T-Shirt mit dem Aufdruck Love is Love. Er sah unverschämt gut aus, auch wenn ich das nie laut zugegeben hätte.

»Bryan musste weg, aber er hat mir gesagt, was er von dir wollte.« Logan lehnte sich über den Tresen und zog ein Blatt Papier hervor, mit dem er unter meiner Nase herumwedelte.

»Was ist das?«

»Das, mein Freund, ist eine Liste der Galeristen, die an einer Zusammenarbeit mit dir interessiert sind.«

Für einige Sekunden konnte ich Logan nur anstarren, dann wurde mir die Tragweite seiner Worte bewusst. »Es hat jemand nach mir gefragt?« Ich versuchte Logan den Zettel zu entreißen, aber er zog ihn in letzter Sekunde aus meiner Reichweite.

»Nicht nur einer, sondern gleich fünf Galeristen. Einer möchte den Schwimmer auf dem Startblock kaufen und ist bereit zu warten, bis die Ausstellung vorüber ist. Er hat dir ein Angebot dafür unterbreitet. Die anderen sind daran interessiert, weitere deiner Werke zu sehen und zu erfahren, was du für die Zukunft geplant hast.«

»Einer hat mir ein Angebot für den Schwimmer gemacht?« Es klang so unglaublich, dass ich die doppelte Bestätigung brauchte. Am Freitag hatte keiner der Galeristen mit mir reden wollen und jetzt waren auf einmal gleich fünf an einer Zusammenarbeit mit mir interessiert?

»Jup.« Logan grinste breit. »Laut Bryan sogar ein sehr großzügiges.«

»Gib mir den Zettel.« Ich machte einen Satz auf ihn zu, um ihm das Papier zu entreißen, doch Logan versteckte die Hand hinter seinem Rücken.

»Was bekomme ich dafür?« Er grinste keck und erst jetzt fiel mir auf, wie nah wir uns auf einmal waren. Seine Nasenspitze war nur wenige Zentimeter von meiner entfernt und ich entdeckte die kleinen Sommersprossen darauf, die mir zuvor nicht aufgefallen waren.

»Was möchtest du denn haben?«, fragte ich. Aktuell würde ich mein erstgeborenes Kind dafür hergeben, aber das würde ich Logan sicher nicht unter die Nase reiben.

Logan streckte den Rücken durch und sein Lächeln wurde weicher, fast schon herausfordernd, aber auf eine spielerische Weise. »Geh mit mir aus.«

Ich taumelte einen Schritt zurück, mit dieser Antwort hatte ich nicht gerechnet. »Du willst mit mir ausgehen?« Logan musste mich für schwer von Begriff halten, so oft wie ich seine Worte heute wiederholte.

Er hob die rechte Schulter und sah zu Boden. »Dir ist sicher schon aufgefallen, dass ich dich mag. Gib mir die Chance dir zu zeigen, dass mehr in mir steckt als der flirty Typ, den du bisher kennengelernt hast.«

Eigentlich hatte ich gedacht, dass er mit jedem flirtete wie mit mir, aber ich würde mir eher die Zunge abbeißen als das auszusprechen. »Ich … ich weiß nicht«, sagte ich zögerlich. Sofort erschien Keirans Gesicht vor meinem inneren Auge und die Tatsache, dass wir nie ein Date gehabt hatten, brannte sich schmerzhaft in mein Herz.

Logans Lächeln wurde breiter, auch wenn es nicht mehr ganz echt wirkte. »Komm schon, gib dir einen Ruck. Ich verspreche auch, dich nicht zu beißen. Oder zumindest nur auf Anfrage.« Er grinste anzüglich, was mir die Röte ins Gesicht trieb. Ich wusste gar nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Derart offensichtliches Flirten war ich nur aus dem Club gewohnt und dort waren die Typen nur auf eine schnelle Nummer aus. Wollte Logan dasselbe oder war es ihm ernst? Auf Ersteres könnte ich mich vielleicht einlassen.

»Es liegt nicht an dir«, versicherte ich ihm.

»Das will ich doch hoffen.« Er zwinkerte mir zu.

»Ich habe erst eine ziemlich blöde Geschichte hinter mir. Ich weiß nicht, ob ich schon für etwas Neues bereit bin«, erklärte ich.

Jeglicher Humor verließ Logans Züge und er blickte verständnisvoll zu mir auf. »Ich meine das total ungezwungen. Lass uns heute Abend ein Bier trinken gehen, wie alte Freunde, und dann sehen wir, ob wir überhaupt miteinander auskommen. Vielleicht finde ich dich ja total langweilig und will dich ohnehin nicht Wiedersehen«, versuchte er die Situation aufzulockern.

Es klang wirklich gut, wenn er es so ausdrückte. Wenn ich ehrlich zu mir war, mochte ich Logan. Er schien ein netter Kerl zu sein und es imponierte mir, wie selbstverständlich er mit seiner Sexualität umging. Was hatte ich zu verlieren, wenn ich mich mit ihm auf einige Drinks traf?

»Okay«, stimmte ich schließlich zu. »Aber ganz locker, nur ein paar Bier, ohne Hintergedanken.«

»Versprochen.« Das Funkeln in Logans Augen verriet mir jedoch, dass er mehr als nur einen Hintergedanken hatte.

»Gibst du mir jetzt endlich den Zettel?«, fragte ich, als Logan keine Anstalten machte, ihn rauszurücken.

»Oh, sorry.« Verlegen sah er zur Seite und reichte ihn mir. Ich riss ihn an mich und faltete ihn auseinander. Fünf unbekannte Namen standen darauf, ihre Telefonnummern sowie ein Angebotsvorschlag für den Schwimmer. Als ich die Zahl sah, setzte mein Herz für einen Schlag aus, nur um danach in einen wilden Galopp zu verfallen.

»Vierstellig?«, fragte ich und blickte auf.

Logan nickte bestätigend. »Das hast du echt verdient, Mann.«

»Das ist doch viel zu viel.« Ich hatte, wenn überhaupt, mit einigen hundert Dollar gerechnet, aber nicht mit 5 000. So viel Geld hatte ich noch nie besessen und jemand wollte es mir für meine Skulptur geben? Mir war durchaus bewusst, dass in der Kunstszene weitaus höhere Beträge gezahlt wurden, aber dann für Meisterwerke. Ich war jedoch ein blutiger Anfänger, der die meiste Zeit keine Ahnung hatte, was er überhaupt machte.

»Das ist großzügig, aber durchaus angemessen, hat Bryan gesagt«, riss Logan mich aus meinen Gedanken. »Du kannst ihn auch gerne anrufen, wenn du Fragen dazu hast.«

»Alles klar. Vielen Dank, Logan.« Ich faltete den Zettel zusammen und schob ihn in meine Gesäßtasche. Ich würde Bryan bestimmt kontaktieren, aber erst mal musste ich ins Wohnheim, um Emma anzurufen und ihr die gute Neuigkeit mitzuteilen.

»David?«, hielt Logans Stimme mich auf, als ich bereits an der Tür war. »Ich hol dich um acht ab.«

Mist, ich hatte schon wieder vergessen, dass ich mich mit Logan verabredet hatte. »Um acht dann.« Ich rieb mir über den heißen Nacken und verließ fluchtartig die Galerie.

Drei Stunden später holte Logan mich für unser Nicht-Date ab, wie ich es insgeheim nannte. Ich war auf eine seltsame Art nervös, dabei hatte ich gar keine Erwartungen an den Abend. Logan trug dieselben Sachen wie zuvor in der Galerie, was mich ein wenig beruhigte. Wenn er sich nicht umgezogen hatte, war das wirklich kein Date für ihn, oder?

»Du hast dich ja gar nicht aufgebrezelt«, begrüßte ich ihn belustigt.

Logan schnaubte. »Hat dieser Körper das etwa nötig?« Mit den Händen fuhr er an sich herab, als wolle er ihn mir präsentieren. »Und außerdem, sagen nicht nur Mädels aufgebrezelt?«

Ertappt zog ich den Kopf ein. »Ich verbringe wohl zu viel Zeit mit meiner besten Freundin«, gestand ich.

Logan legte den Kopf schief und betrachtete mich aus gesenkten Lidern. »Daran ist nichts Verwerfliches. Studiert sie mit dir?«

Ich nickte. »Es ist Emma. Ihr Gemälde hat es auch in die Ausstellung geschafft.«

»Ah, die hübsche Dunkelhaarige. Komm, wir müssen hier lang.« Logan führte mich in die entgegengesetzte Richtung vom Campus.

»Genau die.«

»Was machst du eigentlich, wenn du nicht studierst?«

Ich hob die Schultern. »Nichts Aufregendes. In den letzten Monaten habe ich jede freie Minute in der Werkstatt verbracht, um die Skulpturen für die Ausstellung fertigzustellen. Sonst gehe ich gerne schwimmen oder mit meinen Freunden weg.«

»Was der gute Durchschnittsstudent halt so macht«, grinste Logan. Auf meinen irritierten Blick hin schüttelte er den Kopf. »Das war keine Kritik. Ich bin nicht besser. Neben dem Studium und dem Job in der Galerie bleibt nicht mehr viel Zeit für Hobbys.«