No Flames too wild - Nina Bilinszki - E-Book
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No Flames too wild E-Book

Nina Bilinszki

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Beschreibung

Eine Liebe, die einen Neuanfang möglich macht und alte Schuld heilen kann In »No Flames too wild«, dem ersten Band der New-Adult-Reihe »Love Down Under«, nimmt uns Nina Bilinszki mit auf ein Koala-Reservat in Eden, Australien. Dort treffen Isabel und Liam aufeinander … Auf der Suche nach ihrem australischen Vater, den sie nie kennengelernt hat, verschlägt es die 21-jährige Deutsche Isabel Tander in die kleine Küstenstadt Eden in New South Wales. Wegen heftiger Buschbrände wird in einem Koala-Reservat dringend Hilfe benötigt, und weil Isabel Geld braucht, nimmt sie den Job an, obwohl sie seit einem traumatischen Erlebnis in ihrer Kindheit Angst vor Tieren hat. Isabel versucht, sich eher im Büro nützlich zu machen und lernt so Liam kennen, dessen Eltern das Reservat betreiben. Mit seiner ruhigen, nachdenklichen Art fasziniert er Isabel, bleibt aber seltsam verschlossen. Sie kann nicht ahnen, dass Liam, dem die Koalas und das Reservat alles bedeuten, eine riesige Schuld auf sich geladen hat … Voller Gefühl, intensiv und zum Träumen schön: Nina Bilinszki erzählt in ihrem New-Adult-Roman von einer Liebe, die sich gegen alle Hindernisse stemmt.  Entdecke auch die anderen New-Adult-Romane von Nina Bilinszki: - Die Between-Us-Reihe, die an einem US-College spielt: - An Ocean Between Us (Avery und Theo) - A Fire Between Us (Lizzy und Kayson) - A Storm Between Us (Mia und Noah)  

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Nina Bilinszki

No Flames too wild

Roman

Knaur eBooks

Inhaltsübersicht

Widmung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Epilog

Danksagung

Playlist

Leseprobe »Two Hearts One Lie«

Für alle,

die die Freiheit im Herzen tragen.

Kapitel 1

Isabel

 

Wir sind da.«

Sophie stupste mich mit dem Ellbogen an und riss mich aus dem Dämmerschlaf, in den ich gefallen war. Ich erhob mich aus dem unbequemen Sitz, drückte meinen verspannten Rücken durch und griff nach meinem Trekkingrucksack, ehe ich meiner besten Freundin aus dem Bus folgte.

Eine sanfte Brise, in der ein Versprechen von Meeresluft lag, wehte mir ins Gesicht, und ich atmete tief ein. Dann sah ich mich neugierig um. Der Busbahnhof von Eden, unserem Aufenthaltsort für den kommenden Monat, wirkte unspektakulär. Viel grauer Beton und ein flaches, einstöckiges Gebäude, in dem sich der Ticketschalter sowie eine Art Kiosk befanden, der außer Getränken und Zeitschriften auch frische Backwaren im Angebot hatte. Außer uns waren nur zwei weitere Personen zu sehen, die auf den Bus warteten. Ein Teenager mit großen Kopfhörern über den Ohren, der gelangweilt auf seinem Handy tippte, und eine ältere Dame, die mehr Taschen dabeihatte als Sophie und ich zusammen.

Links vom Busbahnhof führte die Küstenstraße nach Melbourne, von wo wir gekommen waren, rechts musste es nach Eden gehen. Ein wenig entfernt waren die ersten blauen Dächer der Ortschaft zu erkennen, die in sämtlichen Reiseführern in den höchsten Tönen gelobt wurde. Hinter uns fielen die Klippen zum Meer steil ab. Das Rauschen der Wellen, die sich an den Felsen brachen, war bis zu uns zu hören, gemischt mit dem aufgeregten Kreischen der Möwen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite ragten einige beeindruckende Eukalyptusbäume in die Höhe, die die Ausläufer der vielen Wälder markierten, für die die Küstenregion von New South Wales bekannt war. Es war ein krasser Gegensatz zu den Wolkenkratzern und überfüllten Straßen Melbournes, und allein deswegen war mein erster Eindruck sofort positiv.

Ich wandte mich meiner Freundin zu. Sie hatte die rotblonden Strähnen ihres kinnlangen Bobs hinter die Ohren geklemmt, und mit ihren wachen hellbraunen Augen sah sie sich interessiert um.

»Gefällt mir gleich viel besser als Melbourne«, rutschte es mir heraus. Obwohl ich im Vorfeld all meine Hoffnungen in Melbourne gesetzt hatte, hatte sich dieser Stopp als Enttäuschung erwiesen.

Sophie zog die Augenbrauen hoch und lachte. »Wir sind doch gerade erst angekommen.«

»Trotzdem glaube ich, dass ich mich hier wohlfühlen könnte.« Ich sah zurück zum Meer, das sich hinter uns erstreckte. In der Ferne schipperten kleine Boote dahin, und ich meinte, in einem Reiseführer etwas von einem charmanten Hafen gelesen zu haben.

»Das denke ich auch.« Sophie zog ihr Handy hervor und tippte darauf herum. »Das Hostel ist gut fünfzehn Minuten von hier entfernt. Wir können uns ein Zimmer besorgen und danach die Umgebung erkunden.«

»Und uns einen Job suchen.« In Melbourne hatten wir ganz klassisch in einem Café gearbeitet, aber auch das war eine bittere Enttäuschung gewesen. Oft hatten Sophie und ich zu unterschiedlichen Zeiten arbeiten müssen, dazu kamen gestresste Kunden und Touristen, die mehr als unverschämt gewesen waren. Diesmal wollte ich etwas tun, das mich den Menschen Australiens näherbrachte, auch wenn ich noch keine Ahnung hatte, wie so ein Job aussehen sollte.

Sophie presste den Mund zu einer schmalen Linie zusammen. »Solange es nicht wieder ein Café ist«, sprach sie meinen Gedanken laut aus.

»Auf gar keinen Fall.« Wenn ich in meinem Leben noch einen einzigen Kaffee verkaufen müsste, der eher nach einem üppigen Nachtisch als einem Heißgetränk klang, würde ich mich schreiend ins Meer stürzen.

»Hier wird alles besser.« Sophie drückte kurz meine Hand, dann schulterte sie ihren Backpack und lief los in Richtung Ortsmitte.

Nach wenigen Sekunden folgte ich ihr. »Hast du schon geschaut, was wir in Eden machen können?«

Sophie war von uns beiden die Planerin. Während wir uns im Vorfeld natürlich gemeinsam überlegt hatten, welche Orte wir in unserem Jahr in Australien besuchen und wo wir wie lange bleiben wollten, war das für meine beste Freundin nicht genug gewesen. Sie hatte sich zudem über Hostels informiert und geschaut, welche Betriebe auch Work and Travel anboten. In stundenlanger Arbeit hatte sie Listen erstellt, die sie mir dann vorgelegt hatte. Es sprach wohl nicht für mich, dass ich mich an einen Großteil davon nicht mehr erinnern konnte.

»Eine Menge.« Begeistert grinste sie mich an. »Dafür, dass Eden nur etwas mehr als dreitausend Einwohner hat, gibt es fast schon ein Überangebot.«

»Es kommen ja vermutlich noch mal so viele Touristen dazu.«

»Im Sommer eher mehr. Allein wegen der ganzen Surfer.« Sophie warf mir einen vielsagenden Blick zu, denn genau mit diesem Detail hatte sie mich davon überzeugt, einen Abstecher nach Eden zu machen.

Sofort spürte ich eine Regung tief in meiner Magengegend. Es war Begeisterung. Die Begeisterung, mit der ich Ende September in Frankfurt ins Flugzeug gestiegen war und die ich im letzten Monat in Melbourne verloren hatte. Mein Dad war auch ein leidenschaftlicher Surfer gewesen, und er war der Grund, warum ich überhaupt hier war.

Plötzlich blieb Sophie stehen und packte meinen Unterarm. »Schau mal da.« Sie deutete auf die andere Straßenseite. »Ein Koala-Reservat. Und sie stellen Leute ein.«

Es dauerte etwas, bis ich das grüne Schild, das zum Teil von Büschen und Sträuchern überwuchert war, entdeckt hatte. Wilson Koala Preserve prangte in großen, einstmals weißen Lettern darauf, die mittlerweile mehr graubraun waren und deren Farbe bereits abbröckelte. Help needed hatte jemand mit einem schwarzen Edding in die rechte Ecke gekritzelt.

Enge machte sich in meiner Brust breit, und mein erster Impuls war abzulehnen. Koalas sahen zwar ganz süß aus, aber es waren Lebewesen mit scharfen Krallen, und ich hatte einen natürlichen Respekt vor Tieren jeglicher Art. Es war nicht so, dass ich Tiere nicht mochte. Einige waren schon niedlich, vor allem, wenn sie noch klein waren. Aber ich wollte nicht unbedingt mit ihnen zu tun haben. Ein einschneidendes Erlebnis in meiner Kindheit hatte mich gelehrt, Abstand zu halten.

Doch dann sah ich Sophie an. Sophie, die absolut vernarrt in Koalas war und mich mit einer so hoffnungsvollen Verzückung betrachtete, dass ich einknickte.

»Wir können es uns ja mal ansehen.« Generell konnte ich meiner besten Freundin selten etwas abschlagen. Sie war mit mir nach Australien aufgebrochen, was ein Herzenswunsch von mir gewesen war. Ich wollte, dass dieser Trip für sie genauso erfüllend wurde wie für mich. Dass wir beide daraus etwas mitnahmen, das den Rest unseres Lebens bereichern würde. Und wenn sie in dieser Zeit mit Koalas arbeiten wollte, wie könnte ich da Nein sagen? Vermutlich wäre es kein Problem, mich im Hintergrund zu halten und Büroarbeiten zu übernehmen – auch davon sollte es in dem Reservat ja welche geben.

»Wirklich?« Sophie quietschte und fiel mir um den Hals. Für einen Moment drückte sie so fest zu, dass mir die Luft wegblieb, dann ließ sie von mir ab. »Bist du sicher?«

Sophie wusste natürlich von meinen Bedenken, doch ich beruhigte sie mit einem Lächeln. »Es sind nur Koalas. Außerdem hatten wir doch vereinbart, dass wir diesmal etwas tun, das uns Australien näherbringt. Und was ist australischer als Koalas?«

Ein verschmitztes Funkeln trat in Sophies Augen. »Mir würden sonst nur noch Kängurus einfallen.«

Gespielt böse blitzte ich sie an. »Vergiss es, da lege ich ein Veto ein. Kängurus sind alles andere als klein, und irgendwo habe ich gelesen, dass sie einen treten können!«

Unter keinen Umständen würde ich mich auch nur in die Nähe dieser Tiere begeben.

Sophie lachte und hakte sich bei mir unter. »Keine Sorge, das würde ich dir nicht antun. Auch wenn es bestimmt aufregend wäre.«

Dass Sophie das Abenteuer liebte, wusste ich natürlich. Als ich sie vor vielen Jahren gefragt hatte, ob sie mit mir nach Australien kommen würde, war sie sofort Feuer und Flamme gewesen. Wir waren damals dreizehn oder vierzehn gewesen. Niemand hätte uns allein in ein Flugzeug steigen lassen, doch Sophie hatte damals schon angefangen, einen Roadtrip durch Australien zu planen, der Begegnungen mit jeglichen Tierarten einbezog, mit denen dieses Land aufwartete. Völlig egal, wie gefährlich oder giftig sie waren. Wenn mich nicht alles täuschte, hatte sogar Tauchen mit Haien auf ihrer Liste gestanden.

Wir traten an den Rand der Straße, sahen nach rechts und links und überquerten sie.

Der Wegweiser zum Koala-Reservat wies auf einen schmalen Fahrweg, der mitten in den Wald hineinführte. Überall wucherten Gestrüpp, Gras und Farne, so als wäre der Weg seit Ewigkeiten nicht mehr benutzt worden. Doch auf den zweiten Blick entdeckte man abgeknickte Äste und Reifenspuren auf dem Boden, die darauf hinwiesen, dass er zumindest hin und wieder befahren wurde.

Sophie und ich stapften schweigend drauflos.

»Ich fühle mich ein bisschen wie Hänsel und Gretel, die das Haus der Hexe aufsuchen«, sagte Sophie in die Stille hinein, die nur vom Zwitschern der Vögel und hin und wieder einem Rascheln im Unterholz durchbrochen wurde.

»Ich hab eher Angst, gleich von einem wilden Tier angefallen zu werden«, murmelte ich und unterdrückte ein Schaudern. Bei jedem Knacken im Wald zuckte ich zusammen und wartete nur darauf, dass eine Schlange unseren Weg kreuzte. Seit wir die Straße verlassen hatten, kam es mir vor, als hätten wir eine neue Welt betreten. Eine, die völlig abseits der Zivilisation lag. Wilde Natur umgab uns, Laub raschelte unter unseren Schuhen, und es waren keine Geräusche von der Straße mehr zu hören. Das Blätterdach über uns ließ kaum einen Sonnenstrahl bis auf den Boden durch, was diesen Effekt nur noch verstärkte. Eigentlich war die Analogie zu den zwei Kindern, die sich im Wald verirrten, gar nicht so weit hergeholt. Nur mit gefährlichen Tieren anstatt einer bösen Hexe.

Wir waren kaum fünf Minuten gegangen, als sich der dichte Wald zu einer hellen Lichtung öffnete. Ein zweistöckiges Haus lag rechts vor uns und daneben ein riesiges eingezäuntes Gehege. Das musste das Reservat sein. Zwei Autos standen auf dem Hof – ein alter Ford Fiesta und ein noch älterer Pick-up, die beide schon bessere Tage gesehen hatten. Diesen Eindruck machte auch das Haus; die ursprünglich wohl weiße Farbe war völlig verwittert. Das Gehege für die Koalas wirkte dagegen nagelneu. Das dunkle Holz wies keine Blessuren auf, und auch das Metall der Gitter funkelte, als wäre es gestern erst angebracht worden. Die ganze Szene strahlte einen gewissen Charme aus, so als wäre den Bewohnern die Versorgung der Tiere wichtiger als ihre eigene.

Plötzlich öffnete sich die Tür zum Haus, und zwei Personen traten heraus. Ein Mann und eine Frau, die ungefähr in unserem Alter zu sein schienen und unterschiedlicher nicht hätten sein können. Der Typ hatte halblange dunkelblonde Locken, die ihm knapp bis unter die Ohrläppchen reichten. Er trug eine ausgeblichene Jeans, die locker auf seinen Hüften saß und an den Oberschenkeln einige Flecken aufwies, so als hätte er seine schmutzigen Hände mehrfach daran abgewischt. Sein schwarzes T-Shirt saß eng und ließ breite Schultern und einen muskulösen Oberkörper erkennen. Er sah gut aus, auf eine raue Art und Weise, die perfekt zu seiner Umgebung passte. Als hätte der Wald ihn ausgespuckt, damit er sich um ihn und seine Bewohner kümmern konnte.

Die Frau hatte lange blonde Haare, die zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden waren. Sie trug knappe Shorts, die ihre muskulösen Beine betonten, und ein knallblaues Tanktop. Ihre Haut wies die Art von Bräune auf, die man nur erreichte, wenn man regelmäßig viel Zeit draußen verbrachte.

Als die beiden uns entdeckten, blieben sie stehen, offenbar überrascht, fremde Leute auf ihrem Hof vorzufinden. Die Frau fing sich als Erste wieder. Ihre Lippen verzogen sich zu einem strahlenden Lächeln, und sie kam auf uns zu, während der Mann mit gerunzelter Stirn zurückblieb.

»Hey. Habt ihr euch verlaufen?« Sie blieb vor uns stehen und stemmte die Hände in die Hüften.

Sophie und ich wechselten einen verwirrten Blick.

»Nein.« Sophie deutete den Weg entlang, den wir gekommen waren. »An der Straße hing ein Schild, dass ihr Hilfe sucht?« Sie klang zögerlicher, als ich es von ihr gewohnt war.

»Wirklich? Das ist großartig.« Sie drehte sich um. »Liam, komm her, sie wollen für dich arbeiten.« Dann wandte sie sich erneut uns zu und hielt uns die Hand hin. »Ich bin Alicia. Aus Gründen, die ich mir manchmal nicht erklären kann, bin ich mit dem Griesgram da befreundet und helfe zwischendurch im Reservat aus.«

»Isabel«, stellte ich mich vor. »Und das ist meine Freundin Sophie.«

»Woher kommt ihr denn?«

»Aus Deutschland«, erklärte Sophie. »Aus der Nähe von Frankfurt.«

»Deutschland, soso.« Mit verschränkten Armen stellte Liam sich neben Alicia und betrachtete uns aus sturmgrauen Augen. Es war kein unfreundlicher Blick, aber einer, der uns deutlich mitteilte, dass er uns noch nicht recht über den Weg traute. »Habt ihr schon mal mit Tieren gearbeitet?«, fragte Liam, woraufhin Sophie und ich den Kopf schüttelten.

»Aber wenn du es uns zeigst, werden wir das schon hinbekommen«, sagte Sophie.

Liam wirkte genauso wenig überzeugt, wie ich mich fühlte. Nur war jetzt wohl kaum der richtige Zeitpunkt, die Möglichkeit eines Bürojobs anzusprechen. »Ihr müsst morgens früh aufstehen, und wir können niemanden gebrauchen, der seinen Pflichten nicht nachkommt. Mit Tieren zu arbeiten heißt, Verantwortung zu übernehmen, seid euch dessen bewusst«, erklärte Liam streng.

»Natürlich.« Sophie nickte eifrig. »Du kannst dich darauf verlassen, dass wir nicht hier sind, um auf der faulen Haut zu liegen.«

Sein durchdringender Blick lag wie eine schwere Decke auf mir, und schließlich seufzte er. »Falls ihr wirklich an dem Job interessiert seid, könnt ihr ihn haben. Allerdings kann ich euch nicht viel Gehalt zahlen, dafür dürft ihr kostenlos in unserem Gästezimmer übernachten und werdet verpflegt.«

»Echt?«, platzte es aus mir heraus. Nicht nur war in Melbourne all unser verdientes Geld für Unterkunft und Verpflegung draufgegangen, zudem hätte ich Liam nach seiner wenig enthusiastischen Begrüßung nicht zugetraut, uns überhaupt einzustellen. Ich hatte fest damit gerechnet, dass er eine Ausrede erfinden und uns unseres Weges schicken würde.

Stattdessen drehte er sich um und deutete erst zum Haus, dann zum Gehege. »Wir ertrinken aktuell in Arbeit und können jede Hilfe gebrauchen. Wenn ihr bereit seid, mit anzupacken.«

»Auf jeden Fall.« Sophie war die Begeisterung deutlich anzusehen, sie hatte sie wie eine Welle erfasst, und ich war froh, meine Freundin an meiner Seite zu haben. Selbst wenn ich mich angestrengt hätte, wäre ich nicht halb so überzeugend wie sie gewesen. »Ich liebe Koalas und finde es großartig, was in Australien mittlerweile für die Erhaltung der Art gemacht wird. Ich hab mich im Vorfeld darüber informiert, und es wäre mir eine Ehre, dabei helfen zu können. Isabel und ich haben auch keine Probleme damit, uns schmutzig zu machen.«

Ich nickte bekräftigend und hoffte, dass niemand die Angst bemerkte, die in meinem Inneren schwelte.

Alicia tauschte noch einen Blick mit Liam, der zögerlich, aber zustimmend nickte, und klatschte begeistert in die Hände. »Dann ist es beschlossene Sache. Kommt mit, ich zeig euch alles.«

Wir folgten ihr zum Haus. Die Holztreppen knarzten unter unseren Schritten, die Tür quietschte beim Öffnen, und als wir eingetreten waren, fühlte ich mich gleich wohl. Die untere Etage war ein einziger großer Raum. Die hintere Wand bestand aus einer riesigen Fensterfront, die nicht nur genug Licht hineinließ, sondern auch den Blick auf den Wald freigab. Die Möbel waren aus dunklem Holz und in gedeckten Farben gehalten, was ein Gefühl von Naturverbundenheit vermittelte. Ich konnte regelrecht vor mir sehen, wie Sophie und ich abends nach der Arbeit mit einer Tasse Tee auf der Couch sitzen und den Ausblick genießen würden. Ein Sideboard, auf dem ein altes schwarzes Telefon stand, bildete eine Art Raumtrenner.

Rechts von uns war die Küche. Eine Frau mit lockigen dunklen Haaren, die vermutlich Liams Mutter war, rührte in zwei Töpfen herum. Als sie uns kommen hörte, legte sie den Kochlöffel beiseite und drehte sich um. In ihrem Gesicht war die Ähnlichkeit mit ihrem Sohn deutlich zu erkennen. Sie hatte die gleiche Nase und die gleichen Augen wie Liam, aber in ihren lag eine Wärme, die man bei ihm vergeblich suchte. Ich drehte mich um und entdeckte Liam, der mit verschränkten Armen und finsterem Blick im Türrahmen lehnte.

»Oh, wir haben Besuch?« Sie putzte die Hände an einem Tuch ab, das sie am Bund ihrer Jeans befestigt hatte, und kam auf uns zu.

»Hallo, Mrs. …« Mir fiel ein, dass ich Liams Nachnamen gar nicht wusste.

Sie winkte ab. »Ihr könnt mich Ellen nennen. Mrs. Wilson war meine Mutter.«

»Ellen ist Tierärztin«, erklärte Alicia uns. »Sie kümmert sich nicht nur hier um die verletzten Tiere, sondern wird auch oft von den National Parks angerufen, wenn dort verletzte Vögel oder andere Tiere gefunden werden.« Dann wandte sie sich Ellen zu. »Das sind Sophie und Isabel aus Deutschland. Sie werden die nächsten Wochen hier arbeiten.«

»Das ist wunderbar. Wir haben aktuell so viele verletzte Tiere hier, dass wir kaum hinterherkommen.« Sie drückte meine Hand kurz und tat bei Sophie dasselbe. »In einer halben Stunde gibt es Essen, falls ihr Hunger habt.«

Wie zur Antwort knurrte mein Magen. Ich hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. »Dazu sage ich nicht Nein.«

»Jetzt kommt aber erst mal an. Alicia kann euch alles zeigen. Wir reden dann später.« Sie wandte sich wieder den Töpfen auf dem Herd zu, und wir folgten Alicia über die enge Treppe in das obere Stockwerk.

Ein schmaler Flur führte in beide Richtungen ab, und Alicia wandte sich nach rechts. Sie ging bis ans Ende durch und öffnete die letzte Tür. »Das ist euer Reich.«

Es war ein kleines Zimmer, aber gemütlich eingerichtet. Zwei schmale Betten standen an gegenüberliegenden Wänden, ein Schrank befand sich neben dem Eingang. Ein großes Fenster, unter dem ein Schreibtisch stand, zeigte zum Hof und dem Koala-Gehege hinaus. An der gegenüberliegenden Wand war eine zweite Tür, die wahrscheinlich in ein angrenzendes Bad führte.

Die Wände waren in einem zarten Hellblau gestrichen und wurden von Landschaftsbildern aus Australien geziert. Mein Blick blieb am Uluru hängen, einem der Wahrzeichen von Australien. Der rote Berg ragte majestätisch in die Abendsonne, und meine Mundwinkel hoben sich. Diese Aussicht würde ich nun jeden Morgen nach dem Aufstehen genießen dürfen. Und vorm Zubettgehen. Und zwischendurch. Das war schon jetzt so viel besser als alles, was wir in Melbourne gehabt hatten.

Sophie setzte ihren Backpack vor einem der Betten ab. »Gefällt mir.« Sie wandte sich Alicia zu. »Seit wann kennst du Liam?«

»Schon ewig. Wir sind zusammen zur Highschool gegangen. Damals fanden wir es ganz cool, unsere Nachmittage mit den Tieren hier zu verbringen. Zu der Zeit haben wir die Koalas nachmittags allein betreut, sodass Ellen und Jack, das ist Liams Dad, sich um andere Dinge kümmern konnten. Während unsere Freunde zum Studieren weggezogen sind, waren Liam und ich die Einzigen, die hiergeblieben sind. Es hat sich einfach so ergeben, dass ich weiterhin im Reservat aushelfe.«

In ihrer Stimme schwang etwas mit, das ich nicht deuten konnte. Als wäre es nur ein Teil der ganzen Geschichte.

»Warum hast du nicht studiert?«, platzte es aus mir heraus, ehe ich es verhindern konnte. »Sorry«, schob ich hinterher, weil es mich wirklich nichts anging, ich die Worte aber auch nicht mehr zurücknehmen konnte.

Alicia lachte bloß. »Ich hab nicht studiert, weil ich keinen Bock dazu hatte und lieber surfe. Anstatt zu lernen, hab ich also meine Moves geübt, nebenbei in einem Surfshop am Strand als Lehrerin gearbeitet und ein Jahr nach meinem Schulabschluss meine erste Competition gewonnen.«

»Wow.« Meine Fingerspitzen begannen zu kribbeln. Da stand eine Verbindung zu meinem Papa direkt vor mir. Sie könnte ich über das Surfen ausquetschen, und wenn ich sie richtig verstanden hatte, würde ich sie in den kommenden Wochen regelmäßig sehen. Vorfreude überkam mich, und zum ersten Mal seit Langem dachte ich, dass diese Reise mir vielleicht doch das bescheren würde, was ich mir erhofft hatte.

»Wenn ihr wollt, bringe ich es euch bei.«

Ich unterdrückte ein Seufzen. »Das wäre toll, aber ich bezweifele, dass wir genug Zeit dafür haben werden.«

Sophie nickte zustimmend. »Wir reisen in einem Monat bereits weiter.«

»Ihr seid nicht wirklich in Australien gewesen, wenn ihr nicht auf einem Surfbrett gestanden habt.« Alicia stieß sich von der Wand ab, an der sie gelehnt hatte. »Falls ihr es euch anders überlegt, sagt einfach Bescheid. Ich muss jetzt los, aber wir sehen uns spätestens übermorgen wieder.« Sie winkte uns zu und wandte sich zum Gehen, nur um mitten in der Bewegung innezuhalten. »Denkt dran, dass es gleich Essen gibt.«

»Tun wir«, rief ich ihr hinterher, doch da war sie schon im Flur verschwunden.

Ich setzte mich auf eines der Betten, die noch bezogen werden mussten, und ließ meinen Blick durch das Zimmer wandern. »Heute lief anders als erwartet.«

Aber auf eine gute Art und Weise.

»Total. Danke, dass du das hier mir zuliebe über dich ergehen lässt.« Sophie setzte sich auf den Schreibtischstuhl und klemmte sich eine Strähne ihrer rotblonden Haare hinters Ohr.

»Alles, was ich nicht machen will, musst du für mich übernehmen, okay?« Der Gedanke, ab morgen früh mit Koalas arbeiten zu müssen, verursachte mir noch immer Unbehagen. Es war nicht mal eine rationale Angst, dessen war ich mir bewusst, trotzdem kam ich nicht dagegen an. Hoffentlich konnte ich mich nützlich machen, ohne die Tiere anfassen zu müssen.

Sophie zuckte mit den Schultern. »Wenn es weiter nichts ist. Sollen wir runter zum Essen gehen?«

Ich warf einen Blick auf die Uhr. »Geh schon mal vor. Ich rufe eben Mama an und komme gleich nach.« Heute war Sonntag, und in Deutschland müsste es jetzt acht Uhr morgens sein. Meine Mutter war Frühaufsteherin und sicher schon wach. An allen anderen Tagen wäre sie um diese Zeit längst bei der Arbeit.

»Alles klar, bis gleich.« Sophie grinste breit und verschwand zur Tür hinaus.

Kapitel 2

Isabel

 

Hallo, Schatz«, ging Mama nach dem zweiten Klingeln ran. »Wie geht es dir?«

Ich zog die Beine an die Brust und stützte mein Kinn auf einem Knie ab. »Gut, wir sind heute in Eden angekommen.«

»Eden?« An ihrem Tonfall konnte ich erkennen, dass sie gerade zweifelnd die Stirn krauszog. »So wie der Garten Eden?«

Ich schmunzelte. »Wird zumindest so geschrieben. Es ist ein kleiner Küstenort zwischen Melbourne und Sydney, mit nur etwas mehr als dreitausend Einwohnern. Wir haben bisher noch nicht viel von der Stadt gesehen, aber das holen wir morgen nach.«

»Oh, findet ihr dann überhaupt Arbeit dort?«

Jetzt musste ich lachen, denn genau das war meine Reaktion gewesen, als Sophie mir damals vorgeschlagen hatte, einen Zwischenstopp in Eden zu machen. Es war ein halbes Jahr vor unserer Abreise gewesen. Nachdem unsere Visa bestätigt worden waren, hatten wir mit der konkreten Routenplanung losgelegt. Ich hatte vorgeschlagen, von Melbourne aus direkt nach Sydney zu reisen. In den großen Städten hatte ich mehr Potenzial für Arbeit gesehen, und blauäugig, wie ich war, hatte ich gehofft, dort genug Geld zu verdienen, um die Zeit im weniger dicht besiedelten Inland finanzieren zu können.

»Die haben wir schon«, sagte ich zu Mama. »Wir sind in einem Koala-Reservat untergekommen, wo uns sogar Unterkunft und Verpflegung gestellt werden.«

»Koalas.« Sie klang skeptisch. »Denkst du, du kommst damit klar?« Natürlich wusste sie um meine Angst vor Tieren, und ihre Frage war alles andere als unberechtigt. Trotzdem wünschte ich mir, dass sie etwas mehr Vertrauen in mich hätte.

»Na ja, schlimmer als in Melbourne kann es nicht werden.«

»War es nicht gut da?«

Ich biss mir auf die Unterlippe, denn obwohl ich regelmäßig mit meiner Mama telefonierte, hatte ich es bisher tunlichst vermieden, mich negativ zu äußern. Nicht nur, weil sie sich im schlimmsten Fall Sorgen machen würde …

»Es war …« fürchterlich enttäuschend. Ich habe nichts über Papa herausfinden können. In der Straße, in der er früher gewohnt hat, konnte sich niemand an ihn erinnern, und so hab ich keine weiteren Anhaltspunkte gehabt, wo und wie ich etwas über ihn erfahren könnte.

Nichts davon sprach ich laut aus, obwohl mir die Worte auf der Zunge brannten. Aber ich wusste genau, dass Mama nur dichtmachen und womöglich auflegen würde. So sehr ich über das Thema sprechen wollte, so sehr wollte sie es verdrängen. Was einer der Gründe war, warum ich überhaupt nach Australien hatte reisen wollen. Um endlich mehr über meinen verstorbenen Vater zu erfahren als das, was ich aus dem einzigen abgegriffenen Fotoalbum von ihm wusste. Um zu verstehen, welcher Mensch er gewesen war. Um den Teil von mir zu begreifen, der von ihm abstammte und von dem ich das Gefühl hatte, dass er mir nach einundzwanzig Jahren noch immer fremd war.

Ich schluckte meinen Unmut herunter und zwang ein Lächeln auf meine Lippen, auch wenn meine Mutter das nicht sehen konnte. »Melbourne war viel zu laut und voller Touristen. Irgendwie hat es sich nicht nach Australien angefühlt, weil es auch jede andere x-beliebige Großstadt hätte sein können. Außerdem war alles viel zu teuer. Unser verdientes Geld ist komplett für Unterkunft und Verpflegung draufgegangen.«

»Das tut mir leid, Schatz. Du hattest ja so viele Hoffnungen in Melbourne gesetzt.« Ein Klappern erklang im Hintergrund, als würde sie in der Küche mit Töpfen hantieren. »Aber das war nur eure erste Station in Australien. Ihr habt noch viel Zeit, mehr über Land und Leute zu erfahren. Vielleicht ja schon jetzt in Eden, wo ihr bei einer Familie wohnt. Sind denn alle nett?«

»Bis jetzt ja. Ellen hat uns herzlich empfangen, und ihr Sohn Liam ist zwar still, aber nicht unfreundlich. Seinen Vater haben wir noch nicht kennengelernt.«

»Ihr seid ja auch gerade erst angekommen. In ein paar Tagen hast du dir ein besseres Bild gemacht.« Ein Klirren ertönte, als wäre etwas zu Bruch gegangen.

»Was machst du da?«

»Die Rumpelkammer aufräumen. Lisa und ich wollen nächste Woche zum Flohmarkt.«

»Oh.« Meine Kehle schnürte sich zu. Auf den Flohmarkt ging Mama nur, wenn sie dringend irgendeinen alten Ramsch verkaufen musste, um an Geld zu kommen. Nur aus diesem Grund gab es die Rumpelkammer, die eigentlich ein überdimensionaler Schrank war, überhaupt. Mein ganzes Leben lang hatten wir Dinge nur dann weggeworfen, wenn sie unwiderruflich kaputt waren. Alles andere war auf diversen Flohmärkten verkauft worden. Das erste Mal kurz nach dem Tod meines Papas – da hatte Mama alles verscherbelt, was sie zu sehr an ihn erinnerte. Und weil das Geld am Ende des Monats bei uns oft nicht gereicht hatte, waren Flohmärkte ein fester Bestandteil meiner Kindheit und Jugend geworden. In den letzten Jahren hatte es etwas nachgelassen, vor allem seit ich studieren und nebenbei arbeiten gegangen war.

»Brauchst du Geld?«, wollte ich daher wissen.

»Nein«, sagte sie sofort – etwas zu schnell. »Es hat sich nur so viel Kram angesammelt. Deswegen sortiere ich aus.«

Für einen Moment presste ich die Lippen fest aufeinander. »Du könntest die Sachen, die du loswerden willst, auch bei eBay-Kleinanzeigen für Selbstabholer reinsetzen.« Das hatte ich ihr früher schon mal vorgeschlagen, weil sie sich dadurch den verlorenen Tag auf dem Flohmarkt sparen könnte.

»Das ist doch eher was für junge Leute«, entgegnete sie. »Außerdem mag ich die Atmosphäre auf Flohmärkten. Das Feilschen mit den Leuten und die Geschichten, die sie über ihre eigenen Sammlerstücke erzählen. Das hast du nicht, wenn du irgendwas über eine komische App vertickst.«

Ich verdrehte die Augen. Manchmal kam mir meine Mutter vor wie sechzig und nicht wie Mitte vierzig. Ich wollte ein weiteres Mal protestieren, verkniff es mir aber. Sie hatte ihre Entscheidung längst getroffen, und ich konnte vom anderen Ende der Welt aus ohnehin nichts ausrichten, um sie davon abzuhalten. »Sonst alles okay bei dir?«, fragte ich stattdessen.

»Alles bestens, Schatz. Ich vermisse dich nur.«

»Ich vermisse dich auch, aber ich musste diese Reise machen.«

Sie seufzte, und ich wusste, dass sie zumindest in diesem Augenblick genauso an meinen Papa denken musste wie ich. »Melde dich bald wieder, ja? Und vergiss nicht, mir Bilder von deinem neuen Aufenthaltsort zu schicken.«

»Das mach ich, so bald wie möglich«, sagte ich leise, doch da verabschiedete sie sich bereits und legte auf.

Für einen Moment musste ich mit den Tränen kämpfen und schalt mich innerlich dafür, das Gespräch in diese Richtung gelenkt zu haben. Ich wusste doch, dass Mama dann sofort abblockte. So war es immer, wenn sie an ihn erinnert wurde, weil sie nie über seinen Tod hinweggekommen war. Aber genau das war mein Problem. Wie sollte ich je erfahren, was ich von meinem Vater hatte, wenn ich nichts über ihn herausfand?

Fast schon verärgert rieb ich mir die Augen. Genau deswegen war ich hier. Um etwas über das Land zu erfahren, aus dem mein Papa kam. Um zu verstehen, wie die Australier tickten. Um das Gefühl loszuwerden, einen Teil von mir nicht zu kennen. Und ich hatte mir fest vorgenommen, erst nach Hause zu fliegen, wenn mir das gelungen war.

Mit neuer Entschlossenheit stand ich auf und ging ins angrenzende Bad. Es war klein und vollkommen weiß gefliest. Die Armaturen sahen aus, als wären sie schon älter, aber alles war sauber, und es gab neben einer Dusche sogar eine Badewanne. Ich ging auf die Toilette, wusch mir die Hände und spritzte mir etwas Wasser ins Gesicht. Dann lief ich runter in die Küche.

Am Ende der Treppe hielt ich inne. Liam saß an dem großen Esstisch, ein Notizbuch aufgeschlagen vor sich, in das er hineinschrieb. Er sah unfassbar angespannt aus. Seine linke Hand, in der er den Stift hielt, war verkrampft, die andere lag zur Faust geballt auf dem Tisch, und seine Schultern waren fast bis zu den Ohren hochgezogen. Es wirkte beinahe verzweifelt, wie er so dasaß, und ich fragte mich, was dieses Gefühl wohl hervorgerufen hatte. Und was er da schrieb. Zeile um Zeile füllte sich die Seite, dann blätterte er um und machte auf der nächsten weiter. Es schienen nur Stichpunkte zu sein, keine ganzen Sätze, die er zu Papier brachte. Er war so versunken in sein Tun, dass er mich noch nicht bemerkt hatte, dabei kam es mir vor, als würde ich ihn bereits seit einer kleinen Ewigkeit anstarren.

In dem Moment verzog Liam missmutig den Mund, was meine Aufmerksamkeit auf seine schön geschwungenen Lippen lenkte. Sie waren voller als meine, und ich fragte mich, ob sie sich beim Küssen wohl so weich anfühlten, wie sie aussahen.

Was dachte ich denn da? Ich kannte diesen Typen überhaupt nicht. Schnell wandte ich den Blick von seinen Lippen ab und studierte stattdessen den Rest seines Gesichts. Seine Wangen waren mit Bartstoppeln überzogen, auf seiner Nase saß ein kleiner Höcker, und erst jetzt fiel mir auf, wie lang und dunkel seine Wimpern waren. Fast als wären sie geschminkt, dabei konnte ich mir nicht vorstellen, dass Liam der Typ dafür war.

»Da ist sie ja.« Ellens Stimme riss mich aus meinen Überlegungen. Röte schoss mir in die Wangen, weil sie mich dabei erwischt hatte, wie ich ihren Sohn anstarrte, und ich wandte mich schnell von Liam ab und trat ein paar Schritte auf die anderen zu.

Ellen stand im Küchenbereich mit Sophie und einem Mann zusammen, der Liams Vater sein musste, obwohl er keine große Ähnlichkeit mit seinem Sohn hatte. Er war noch ein Stück größer als Liam, Ellen und Sophie reichten ihm kaum bis zur Schulter. Er hatte dunkle, wachsame Augen, und seine dunkelbraunen Haare dünnten an den Schläfen bereits aus. Sein Gesicht und seine Arme waren von der Sonne gebräunt, und mit einem freundlichen Lächeln kam er auf mich zu. »Ich bin Jack. Willkommen in unserem Reservat.«

Ich schüttelte seine ausgestreckte Hand. »Isabel. Freut mich sehr. Wie lange betreibt ihr das Reservat schon?«

Nachdenklich legte er die Stirn in Falten. »Seit zehn Jahren etwa. Früher hatten wir eine reine Tierklinik, zu der die Ranger aus den umliegenden National Parks zwischendurch verletzte Koalas gebracht haben. Das nahm jedoch immer mehr zu, sodass wir irgendwann das erste Gehege für sie bauen mussten. Teilweise müssen die Tiere ein Jahr bei uns verbringen, bis sie ganz gesund sind und wir sie wieder in die Freiheit entlassen können. Es hat sich dann irgendwann ergeben, dass wir fast nur noch Koalas behandelt haben.«

Ellen stellte den großen Topf auf dem Tisch ab und wandte sich uns zu. »In der Nähe hat vor einigen Jahren eine große Tierklinik aufgemacht. Seitdem kommen nur noch wenige mit ihren Haustieren zu uns, was es uns ermöglicht, uns voll und ganz auf die Koalas zu konzentrieren. Setzt euch, das Essen ist fertig.«

Jack räusperte sich. »Hauptsächlich kümmert sich Liam mittlerweile um die Koalas. Ellen hat sich als Tierärztin auf Wildtiere spezialisiert und hilft in den angrenzenden National Parks aus.«

»Oh.« Interessiert wandte Sophie sich ihr zu. »Also holst du die verletzten Koalas dort auch ab und bringst sie her?«

»Teilweise. Manchmal übernehmen das auch Liam oder Jack, wenn ich gerade woanders unterwegs bin. Deswegen haben wir zwei Autos. Setzt euch.«

Wir nahmen um den Tisch herum Platz, und Ellen füllte Gemüseeintopf in unsere Teller. Dazu gab es frisches, noch warmes Brot, das gerade erst aus dem Ofen gekommen sein musste. Ich sah zu Liam, der jedoch noch immer über sein Notizbuch gebeugt war, als würde er gar nicht mitbekommen, was um ihn herum geschah. Meine Neugierde wuchs. Was schrieb er da bloß, das ihn so sehr vereinnahmte?

»Woher kommen die ganzen verletzten Koalas?«, wollte Sophie wissen und lenkte damit meine Aufmerksamkeit wieder zurück auf die anderen.

»Die Buschbrände werden jedes Jahr schlimmer. Es hat sie schon immer in Australien gegeben, aber sie breiten sich stetig weiter nach Süden aus und bedrohen damit die Wälder, in denen die Koalas leben. Wir bekommen Koalas mit Rauchvergiftungen oder Verbrennungen. Kleintiere, die durch die Feuer von ihren Müttern getrennt wurden und noch nicht alleine überleben können, und natürlich Koalas, die von Autos angefahren und dadurch verletzt wurden. Dazu noch die ganzen Krankheiten, die es schon immer bei Koalas gegeben hat.« Eine steile Falte hatte sich auf Jacks Stirn gebildet.

»Das ist furchtbar«, murmelte Sophie. Ich konnte ihr nur zustimmen. Auch wenn ich kein großer Fan von Tieren war, wollte ich nicht, dass sie zu Schaden kamen. Noch dazu auf so grausame Art wie in einem Feuer.

»Liam, möchtest du nicht auch was essen, bevor es kalt wird?«, fragte Ellen ihren Sohn.

Liam hob den Kopf und blickte zerknirscht in die Runde. »Sorry«, murmelte er, schlug das Notizbuch zu und legte es zur Seite. Stattdessen zog er den Teller zu sich heran und griff nach einem Löffel. »Danke.«

»Alles okay?«, fragte Ellen mit besorgtem Blick.

Er nickte bloß, ohne jemanden anzusehen, nahm sich ein Stück Brot und biss davon ab. Ich kam nicht umhin, fasziniert von ihm zu sein. Liam schien kein Mann vieler Worte zu sein, gleichzeitig war er dabei aber auch nicht unfreundlich. Es war vielmehr, als hinge er mit seinen Gedanken in einer völlig anderen Welt, in die niemand von uns Zugang hatte. Er war ruhiger und nachdenklicher als andere Typen in seinem Alter, die ich von zu Hause kannte.

Aber vielleicht hatte er heute bloß einen schlechten Tag und wäre schon morgen ganz anders drauf.

Sophie ließ sich von Liams Art jedenfalls nicht beeindrucken. Sie wandte sich ihm zu und fragte: »Was genau sind eigentlich unsere Aufgaben?«

Er biss erneut von seinem Brot ab und antwortete erst, als er zu Ende gekaut hatte. »Ihr versorgt morgens die Koalas mit mir. Sie müssen gefüttert, ihre Verletzungen überprüft und die Jungtiere gewogen werden. Ich zeige euch alles in Ruhe.«

Die Gemüsesuppe schien auf halbem Weg von meinem Mund in meinen Magen innezuhalten, und ein mulmiges Gefühl breitete sich in mir aus. Das klang eindeutig danach, als würden wir den Tieren sehr nah kommen, und ich überlegte schon jetzt, wie ich es anstellen könnte, dass Sophie diese Arbeit übernahm.

»Wann legen wir los?«, fragte Sophie.

»Um halb sieben gibt es Frühstück, danach könnt ihr ins Gehege«, beantwortete Ellen ihre Frage. »Immerhin haben wir aktuell keine Koalas, die wir noch im Haus betreuen müssen, die hätten sonst Vorrang.«

Erstaunen machte sich in mir breit. »Das gibt es? Dass ihr Koalas im Haus haltet?«

»Ja. Wenn die Tiere noch sehr jung sind.«

Es überraschte mich noch mehr, dass es Liam war, der mir geantwortet hatte. Ich sah zu ihm und verlor mich einen Wimpernschlag lang in seinen sturmgrauen Augen. Es war das erste Mal, dass Liam mich so direkt ansah, und auch wenn ich seinen Blick nicht deuten konnte, beschleunigte sich mein Herzschlag. Ein Prickeln jagte über meine Haut, und ich musste gegen die plötzliche Trockenheit in meiner Kehle ankämpfen. »Passiert das häufig?«, krächzte ich.

Er presste seine vollen Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. »Viel öfter, als mir lieb ist.« Damit wandte er sich wieder seinem Essen zu und ließ mich mit verwirrten Gefühlen zurück.

Kapitel 3

Liam

 

Unmöglich.

Ich betrachtete die vor mir ausgebreiteten Rechnungen und war erneut der Verzweiflung nahe. In der letzten Woche war so wenig Geld reingekommen, dass ich keine davon voll bezahlen konnte. Dabei stand die Stromrechnung bereits kurz vor der letzten Frist. Würde ich sie diese Woche nicht begleichen, würden zusätzliche Mahnkosten auf uns zukommen. Mahnkosten, die wir uns noch viel weniger leisten konnten als die eigentliche Rechnung, aber was sollte ich machen? Mir eine Niere rausschneiden und auf dem Schwarzmarkt verkaufen, um den nächsten Monat über die Runden zu kommen?

Dabei war es nicht mal so, dass wir gar keine Einnahmen verbuchen konnten. Wir hatten zum ersten Mal seit Längerem ein bisschen was über Spenden reingekriegt, doch dafür hatten wir dringend benötigte Tiermedizin nachkaufen müssen, die uns ausgegangen war. Zwar hatte zudem eine Bewohnerin aus Eden ihre zwei kranken Katzen zu Mum gebracht, nur hatte sie ihre Rechnung noch nicht beglichen. Eigentlich hatte sie dazu auch noch bis Ende der Woche Zeit, trotzdem hatte ich gehofft, das Geld früher zu erhalten.

Kurz spielte ich mit dem Gedanken, sie anzurufen, verwarf ihn aber sogleich wieder. Es wusste ohnehin schon jeder in Eden, wie kurz wir vor dem Bankrott standen, ich wollte es den Leuten nicht noch unter die Nase reiben, indem ich darum bettelte, dass Rechnungen vor Ablauf der Frist beglichen wurden.

Ich konnte mir das Geschwätz der Leute lebhaft vorstellen, sollte das die Runde machen. Er ist doch selbst schuld, dass es so weit gekommen ist. Hätte er nur etwas mehr aufgepasst …

»Reiß dich zusammen, Liam«, stieß ich leise aus. Darüber wollte ich nicht nachdenken. Weder würde es meine Situation verbessern, noch mir das dringend benötigte Geld einbringen. Vielleicht sollte ich doch mal über Bobbys Angebot nachdenken, abends einige Schichten im Moonlight zu schieben. Wenn man das Trinkgeld miteinrechnete, würde dort sicher so viel zusammenkommen, dass ich zumindest einen Teil der Rechnungen bezahlen konnte. Bisher war ich davor zurückgeschreckt, denn wenn ich Bobby zusagte, konnte ich nicht nur dann eine Schicht übernehmen, wenn das Geld knapp war. Ich würde regelmäßig kellnern müssen, da auch Bobby eine gewisse Sicherheit bräuchte, wen er wann einteilen konnte.

So langsam musste ich der Wahrheit ins Auge sehen. Meine Situation war nicht bloß ein vorübergehendes Problem, das sich von selbst lösen würde. So war es seit zwei Jahren, und es würden nicht auf magische Weise wieder mehr Spenden reinkommen – zumal ich mir ohnehin sicher war, dass das bisschen, was ich erhielt, von meinen Freunden kam. Denn immer dann, wenn ich mich mal wieder bei ihnen darüber ausgelassen hatte, wie knapp es den Monat war, trafen am nächsten Tag Spenden ein, die mich irgendwie durch die Woche brachten. Wie ich allerdings die beiden Work-and-Travellerinnen bezahlen sollte, war mir ein Rätsel. Doch ich benötigte ihre Hilfe dringend.

Ich rieb über meine Schläfen, hinter denen ein dumpfes Pochen eingesetzt hatte. Vor zwei Jahren hatte ich Mum und Dad versichert, dass ich uns aus der miesen Situation, in die ich uns befördert hatte, wieder herausholen würde. Dass sie mir noch immer vertrauten, obwohl ich mein Wort bisher nicht gehalten hatte, grenzte an ein Wunder. Vermutlich taten sie es nur deshalb, weil wir es irgendwie immer geschafft hatten, über die Runden zu kommen, aber so langsam musste ich einsehen, dass es kein Dauerzustand bleiben konnte.

Zwei Wochen, beschloss ich. Zwei Wochen würde ich dem Ganzen noch geben, dann musste ich wirklich mit Bobby sprechen.

Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es fast sieben war. Zeit, die Koalas zu versorgen und zu testen, ob unsere neuen Aushilfen etwas draufhatten. Dass sie gestern plötzlich auf unserem Hof erschienen waren, war mir wie ein Geschenk des Himmels vorgekommen. Heute würde sich zeigen, ob sie auch wirklich mit anpacken konnten.

Ich trank den letzten Schluck meines bereits kalten Kaffees und erhob mich von meinem Stuhl. Sobald ich in den Flur trat, konnte ich leise Stimmen von unten hören, und in der Küche fand ich Isabel und Sophie mit meinen Eltern vor. Isabel sah alles andere als wach aus. Ihre Augen waren noch ganz klein und ihre hellbraunen Haare zu einem unordentlichen Pferdeschwanz gebunden. Ein Abdruck ihres Kissens zierte ihre rechte Wange, und sie klammerte sich an ihrer Kaffeetasse fest, als hinge ihr Leben davon ab. Fast hätte ich gelacht, weil es irgendwie niedlich war, wie verschlafen sie noch war, doch so wirklich wollten sich meine Mundwinkel nicht heben.

Sophie hingegen war das blühende Leben. Sie wirkte hellwach, rutschte vor überschüssiger Energie auf ihrem Stuhl herum und unterhielt sich angeregt mit meiner Mum. Sie warf mir ein flüchtiges Lächeln zu, als sie mich bemerkte.

»Morgen«, brummte ich und ließ mich auf einem freien Stuhl nieder. Ich schenkte mir einen weiteren Kaffee ein, obwohl ich mir eigentlich vorgenommen hatte, meinen Koffeinkonsum einzuschränken.

»Du hast zwei ganz eifrige Helfer hier«, sagte Mum fröhlich. »Sie waren sogar vor uns in der Küche.«

»Wir hatten Angst, dass wir verschlafen könnten, deswegen haben wir unseren Wecker extra früh gestellt.« Sophie hielt ihre Tasse wie einen Schatz fest. »In Melbourne haben wir meistens die Mittagsschichten aufgedrückt bekommen, daher wird das hier eine Umgewöhnung für uns. Zum Glück war der Kaffee heute schon gemacht, ich hab nämlich keine Ahnung, wie man eine Filterkaffeemaschine bedient.«

Mum grinste verschmitzt. »Darüber müsst ihr euch keine Sorgen machen. Liam steht immer um fünf auf, und seine erste Amtshandlung ist es, Kaffee aufzusetzen.«

Ich spürte die neugierigen Blicke von Isabel und Sophie auf mir und beschloss, dass es an der Zeit war, mit der Arbeit zu beginnen, bevor Mum noch weiter aus dem Nähkästchen plauderte.

»Lasst uns anfangen.«

Sophie sprang regelrecht auf die Beine, während sich Isabel deutlich zögerlicher von ihrem Stuhl erhob. Sie folgten mir nach draußen und in den Schuppen, der die beiden Koala-Gehege miteinander verband. Auf den ersten Blick wirkte er spartanisch, doch er enthielt alles, was wir benötigten. Zwei Schränke, die bis unter die Decke reichten und in denen alles Wichtige verstaut war, und eine lange Ablage, auf der wir die Koalas untersuchen konnten.

»Das wird euer Arbeitsbereich für die nächsten Wochen.« Ich wandte mich zu meinen Helferinnen um, die sich neugierig umsahen. »Momentan haben wir zwölf Tiere hier, die wir versorgen. Da die Zeit der Buschbrände gerade erst begonnen hat, gehen wir davon aus, dass es in den kommenden Wochen deutlich mehr werden.« Eigentlich hatten wir schon jetzt zu wenig Platz. Seit einem Jahr überlegten wir, ein drittes Gehege zu bauen, sobald wir genug Geld dafür hätten. Dad hatte sogar wieder einige Gärtneraufträge angenommen, um darauf zu sparen, doch auch diese Einnahmen gingen aktuell für die laufenden Kosten drauf.

Ich deutete auf die beiden Türen. »Wir haben zwei Gehege. Hier rechts sind die Koalas untergebracht, die täglich durchgecheckt werden müssen. Sie werden gewogen, und es wird untersucht, ob ihre Verletzungen heilen. Außerdem müssen die Futterstände morgens mit frischen Eukalyptusblättern aufgefüllt werden.«

Sophie trat neben mich und warf einen Blick durch das kleine Fenster in der Tür in das Gehege. »Wo kommen die her?«

»Ich hole sie jeden Tag frisch aus dem Wald, je nachdem, wie viele Tiere versorgt werden müssen. Sie sind auch nur für dieses Gehege, im anderen sind Eukalyptusbäume gepflanzt, aber da kommen die Koalas nur die letzten Wochen rein, bevor sie zurück in die Wildnis entlassen werden.«

Vorsichtig trat Isabel einen Schritt näher, blieb aber weiter in sicherer Distanz zur Tür. »Können wir das nicht übernehmen? Die Blätter besorgen, meine ich.«

Ohne dass ich es verhindern konnte, legte sich meine Stirn in Falten. Ich fixierte Isabel, versuchte ihre undurchdringliche Miene zu deuten. Vorsicht lag in ihrem Blick, ihre Schultern waren hochgezogen, und sie wirkte, als wollte sie eigentlich überhaupt nicht hier sein. Bitterkeit machte sich in mir breit. Hoffentlich war sie nicht eine der Work-and-Travellerinnen, die kein wirkliches Interesse an der Arbeit im Reservat hatten. Die bloß auf leicht verdientes Geld aus waren und verschwanden, sobald sie realisierten, dass sie bei uns nicht viel bekamen. Dass ihnen die Tiere scheißegal waren, war das Traurigste an der Sache und konnte gefährlich werden, wenn sie sie nicht mit der nötigen Sorgfalt behandelten.

»Könnt ihr nicht. Es gibt hundert verschiedene Eukalyptusarten in Australien, aber die Koalas fressen nur fünf davon. Ich kann nicht riskieren, dass ihr die falschen mitbringt und die Koalas dann lieber verhungern, anstatt das zu fressen, was sie nicht mögen.« Meine Stimme war schneidender als beabsichtigt. Sowohl Isabel als auch Sophie schwiegen.

Schließlich wandte ich mich ab. »Am besten hole ich mal einen der Racker raus, dann zeige ich euch alles.«

Ich öffnete die Tür zum Gehege. Sofort schlug mir der unvergleichliche Duft nach Eukalyptus und Tieren entgegen, der wohl für immer Heimat für mich bedeuten würde. Gleich zwei Koalas hingen an Stämmen in meiner Reichweite. Zabini war schon länger bei uns und würde bald in das andere Gehege verlegt werden können, wo wir sie noch einige Wochen beobachten würden, ehe sie zurück in die Wildnis konnte. Sie wäre ein einfaches Übungsobjekt für Sophie und Isabel, daher ließ ich sie in Ruhe und griff stattdessen nach Shane. Bereitwillig ließ er seinen Ast los und klammerte sich an mich. Das erste Lächeln dieses Tages breitete sich auf meinen Lippen aus. »Hallo, mein Großer. Wie geht es dir heute?« Shane schmiegte sich an mich, und ich streichelte einige Male durch sein weiches Fell.

Ich verließ das Gehege und zog die Tür hinter mir zu. »Das ist Shane«, stellte ich ihn Sophie und Isabel vor. »Er ist seit drei Wochen bei uns, nachdem er im Wald in eine Kolonie Grünkopfameisen geraten ist. Seine Augen waren dadurch so entzündet, dass er nicht mehr sehen konnte. Mittlerweile ist es recht gut verheilt, doch wir werden noch einige Tage Salbe auftragen müssen.« Ich trug Shane zum Tresen und legte ihn darauf ab. Sophie folgte mir auf dem Fuß und sah interessiert zu, während Isabel sich im Hintergrund hielt.

»Hier findet ihr die Patientenakten.« Ich zog den Stapel aus der Ablage und suchte die von Shane heraus. Dabei musste ich immer wieder den Koala abwehren, der versuchte, an meinem Arm hochzukrabbeln. »Hier steht alles drin. Art der Verletzung, bisherige Behandlung, ungefähres Alter, da ist auch ein Foto vom Tag der Aufnahme.« Ich zeigte Isabel und Sophie das Bild von Shanes entzündeten und völlig verkrusteten Augen. Besucher des Ben Boyd National Parks hatten das arme Tier auf dem Boden kauernd vorgefunden und die Parkranger informiert, die uns angerufen hatten.

»Wie furchtbar«, murmelte Isabel. Überrascht drehte ich mich zu ihr um. Sie war näher getreten und sah über Sophies Schulter auf das Bild. Mitgefühl funkelte in ihren Augen, und sie wirkte überhaupt nicht, als wäre ihr das Schicksal der Tiere egal. Vielleicht war sie doch zu etwas zu gebrauchen.

Mich räuspernd drehte ich das Blatt um. »Auf der Rückseite findet ihr die tägliche Checkliste. Gewicht, Zustand der Wunde, allgemeines Befinden.«

Sophie lachte leise. »Ich würde sagen, unser Shane ist ziemlich agil.«

»Allerdings.« Ein weiteres Mal löste ich seine Krallen aus meinem Shirt und schob den kleinen Racker ein Stück von mir weg, doch sobald ich ihn losließ, krabbelte er zu mir zurück. Es war ein hoffnungsloses Unterfangen.

»Wie kann er gewogen werden, wenn er nicht stillhält?«

Erneut stellte Isabel die Frage, und diesmal konnte ich das Zucken in meinen Mundwinkeln nicht unterbinden. Auch wenn sie noch immer angespannt wirkte, schien sie alles andere als desinteressiert.

»Ganz einfach.« Ich bedeutete Sophie, auf Shane achtzugeben, dann ging ich zu einem der Schränke und holte unser Hilfsmittel hervor. Es war total simpel, aber deswegen funktionierte es so gut. Ein dicker Ast, der zu einem Y gewachsen war, auf einer Platte befestigt. Ich stellte ihn auf den Tresen. Sofort kletterte Shane daran hoch und setzte sich in das Y, wo er sich nicht mehr rührte.

»Wow, es ist so einfach, aber praktisch.« Sophies Tonfall war eine Mischung aus Bewunderung und Belustigung. »Und das stellen wir jetzt auf die Waage?«

»Genau.« Ich nickte ihr zu, und Sophie führte die Arbeit aus. »Über der Waage hängt ein Zettel mit dem Gewicht des Astes, das müsst ihr vom Gesamten abziehen und die reale Zahl hier eintragen.«

Stumm bewegten sich Sophies Lippen, während sie in Gedanken rechnete, dann schrieb sie Shanes Gewicht in die entsprechende Zeile. Sie notierte auch das Datum, dann wandte sie sich mit gerunzelter Stirn mir zu.

»Er hat gar nicht zugenommen.«

»Richtig. Shane ist bereits erwachsen, wir schätzen ihn auf zwei Jahre. Er wurde auch nicht untergewichtig eingeliefert, daher sollte sein Gewicht, bis auf kleine Schwankungen, gleich bleiben.«

Ich ließ Shane auf dem Ast sitzen, zog eine Schublade auf und holte die Salbe für die Augen hervor. Sie waren noch immer leicht gerötet, und bevor das nicht abgeklungen war, konnte er nicht in das andere Gehege. Ich zeigte den beiden, wie man die Salbe mit einem Wattestäbchen auftrug und soweit einmassierte, bis nichts mehr davon übrig war. Natürlich hielt Shane dabei nicht still, sondern zappelte herum, weshalb ich sehr vorsichtig vorgehen musste, um ihm nicht versehentlich ein Auge auszustechen.

»So, das war’s.« Ich hob Shane von dem Ast und brachte ihn zurück ins Gehege, dann wandte ich mich Sophie und Isabel zu, die mich aus dem Schuppen beobachteten. »Ihr übernehmt den nächsten Koala, und ich gebe euch Hilfestellung.«

Sophie nickte eifrig, holte Zabini aus dem Gehege und brachte sie in den Untersuchungsraum. »Was ist mit ihr geschehen?«

Mit verschränkten Armen lehnte ich mich an die Wand und beobachtete, wie Sophie Zabini auf dem Tisch absetzte, während Isabel ihre Mappe hervorholte. »Zabini ist schon mehrere Monate bei uns. Sie hatte ein gebrochenes Bein, weil sie von einem Auto angefahren wurde. Mittlerweile ist es fast komplett verheilt.« Ich zeigte ihnen die Stelle, wo man die Narbe noch sehen konnte. »Die Narbe muss ebenfalls eingecremt werden, ansonsten könnt ihr verfahren, wie ihr es bei Shane gesehen habt.«

Sofort machten die beiden sich an die Arbeit. Auch wenn sie mir bisher grundverschieden vorgekommen waren, wurde jetzt klar, dass sie ein eingespieltes Team waren. Obwohl sie in unbekanntem Terrain agierten, mussten sie nicht viel miteinander sprechen, und nach einigen falschen Handgriffen am Anfang, die ich schnell korrigierte, lief es ziemlich problemlos. Sophie wog Zabini, untersuchte sie auf versteckte Verletzungen und kontrollierte, ob ihre Augen klar waren. Isabel schrieb alles auf, kontrollierte die Werte mit den vorherigen, und sobald sie damit durch waren, brachte Sophie Zabini ins Gehege zurück und holte den nächsten Koala. So ging es weiter. Sie arbeiteten konzentriert, bis alle Tiere versorgt waren, ohne sich irgendwelche Schnitzer zu leisten. Nur ganz selten musste ich Sophie Tipps und Hinweise geben – dass sie die Koalas am besten unter den Achseln anhob und ihre Krallen vom Stamm löste, ehe sie sie runternahm, zum Beispiel. Sobald ich ihr erklärte, wie sie es besser machen konnte, setzte sie meine Anweisungen um.

Sie kamen zügig voran. Viel schneller, als ich vermutet hatte, und schon bald waren alle Koalas versorgt.

Danach zeigte ich ihnen, wie die Futtertröge aufgefüllt wurden. Es waren lediglich große Vasen aus Metall, die an unterschiedlichen Stellen am Gitter des Geheges befestigt waren. Wir nahmen die überwiegend kahlen Zweige heraus und entsorgten sie. Dann schütteten wir das abgestandene Wasser aus den Vasen, füllten frisches hinein und steckten neue Zweige, die voll mit saftigen Blättern waren, dazu. Zum Schluss ließ ich Isabel und Sophie einen Blick in das zweite Gehege werfen, wo die Tiere nicht mehr jeden Tag untersucht werden mussten. Lila und Joey führten bereits wieder ein sehr eigenständiges Leben, und wenn alles gut ging, konnten wir sie bald in die Wildnis entlassen.

Pünktlich zum Mittagessen kehrten wir ins Haus zurück, und trotz meiner anfänglichen Skepsis konnte ich mir nun tatsächlich vorstellen, dass es mit den beiden klappen könnte.

Kapitel 4

Isabel

 

Nach dem Mittagessen brachen Sophie und ich auf, um uns Eden genauer anzusehen. Es war ein wunderschöner Tag. Die Sonne strahlte von einem wolkenlosen Himmel, die Temperaturen lagen bei warmen siebenundzwanzig Grad, und ein angenehmer Wind wehte uns die Haare aus dem Gesicht. Ich musste mich immer wieder selbst daran erinnern, dass wir November hatten. Zu Hause in Deutschland hatte bereits der graue Teil des Herbstes begonnen. Die Blätter waren längst von den Bäumen gefallen, und wann immer ich die Wetter-App auf meinem Handy aufrief, regnete es in Frankfurt ununterbrochen. Es kam mir wie ein Geschenk vor, dass wir in Australien einen zweiten Sommer erleben durften.

Wir folgten der Küstenstraße mit ihren schroffen Klippen, die ihren ganz eigenen Charme versprühten. Rechts von uns ging es steil bergab. Dunkle, scharfkantige Felsen führten bis zum Meer hinunter, dessen hohe Wellen sich daran brachen. Das Rauschen drang nur gedämpft zu uns, so hoch waren wir. Links von uns begann der Wald. Er war so üppig, dass einige Äste fast bis auf die Straße hingen. Die Vögel sangen ein einheitliches Lied, und während wir uns der Ortschaft näherten, überkam mich erneut das Gefühl, dass es mir hier gefallen könnte. Genau so hatte ich mir Australien all die Jahre erträumt. Wilde Natur, die völlig anders war, als ich sie kannte. Die Eukalyptusbäume verströmten einen Geruch, der nicht mit deutschen Wäldern zu vergleichen war. Sogar das Zwitschern der Vögel hörte sich anders an. Meine Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln, und der Druck in meiner Brust, der mich seit meiner Ankunft in Melbourne begleitet hatte, ließ allmählich nach.

Auch der erste Arbeitstag mit Liam war nicht so furchtbar ausgefallen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich konnte ihn zwar noch immer nicht einschätzen, aber er hatte uns in Ruhe alles erklärt, was wir wissen mussten. Auch wenn er unsere Handgriffe berichtigte, war er alles andere als genervt oder ungeduldig gewesen. Die Koalas waren auch echt süß gewesen. Sie schienen keine Angst vor Sophie gehabt zu haben, obwohl sie völlig fremd für sie war. Vielleicht würde ich es tatsächlich schaffen, auch mal einen von ihnen anzufassen. Aber vorerst würde ich es weiterhin dabei belassen, die Schreibarbeiten zu übernehmen.

Die ersten Häuser von Eden, die zuvor von einer Kurve verdeckt gewesen waren, kamen in unser Sichtfeld, und gleichzeitig führte die Straße einen Hügel hinab.

»Endlich nicht mehr bergauf gehen«, schnaufte Sophie, die bisher schweigend neben mir gelaufen war.

»Wir müssen den Weg aber auch wieder zurückgehen.«

»Psst. Daran will ich jetzt noch nicht denken. Wir haben einen ganzen freien Nachmittag zur Verfügung, den will ich erst mal genießen.«

Vorfreude pulsierte durch meine Adern, denn wenn ich Liam richtig verstanden hatte, würden wir jeden Nachmittag freihaben. In Melbourne war es das genaue Gegenteil gewesen. Dort hatten unsere Schichten meistens erst mittags begonnen und waren bis in die frühen Abendstunden gegangen, wodurch es mir vorgekommen war, als hätten wir gar nichts vom Tag gehabt. Wir hatten ausgeschlafen und dadurch vor der Schicht keine Zeit gehabt, etwas zu unternehmen. Und abends hatte die Zeit maximal für Essen und einige Drinks gereicht.

Dass ich dort nichts über meinen Vater in Erfahrung hatte bringen können, lastete zusätzlich auf unserem Aufenthalt und stimmte mich traurig. Aber auch sonst hatte mir in Melbourne komplett das australische Flair gefehlt, von dem ich so viel gelesen hatte. Daher hoffte ich, dass Eden deutlich zuvorkommender zu uns war.

»Du hast sicher einen Plan, was du sehen willst«, bemerkte ich an Sophie gewandt, um mich von den trüben Gedanken loszureißen. Ohne sie hätte ich nach Melbourne nicht gewusst, wo ich noch hinwollte. Ohne Sophie wäre ich aufgeschmissen – nicht nur in der Hinsicht.

»Es gibt einiges, was ich mir rausgesucht hab«, bestätigte meine Freundin meine Vermutung. »Aber heute sollten wir erst mal nur den Ort erkunden. Wo wir hier gelandet sind, was es gibt und wie wir zum Strand kommen.«

»Wir müssen uns später unbedingt den Sonnenuntergang am Strand ansehen.«

»Vorher holen wir uns irgendwo Prosecco, dann können wir den Abend perfekt ausklingen lassen.«

»Wenn wir stilecht australisch bleiben wollen, müsste es eher Cider oder dieses Ginger Beer sein.«

Sophie schnaubte. »Wir müssen ja nicht jeden Trend mitmachen.«

Wir hatten die schmale Einkaufsstraße in Eden erreicht. Sie war nicht sonderlich lang und enthielt nur wenige Geschäfte, was für eine Stadt dieser Größe nicht weiter verwunderlich war. Gleichzeitig war offensichtlich, dass der Tourismus in diesem Ort eine große Rolle spielte. Es gab vergleichsweise viele Souvenirshops, und an jeder Ecke befanden sich Wegweiser, die zu kleinen und großen Sehenswürdigkeiten führten.

Einem von diesen folgten wir in Richtung Hafen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ein kleiner Ort wie Eden einen großen Hafen hatte, doch ich wurde ein weiteres Mal überrascht. Ein großes Kreuzfahrtschiff der Royal Caribbean Cruises war das Erste, was mir ins Auge fiel. Davon abgesehen wurde der Hafen überwiegend von kleinen bis mittelgroßen Fischkuttern bevölkert, aber auch einige Jachten lagen vor Anker. Es gab einen Pier, der ins Meer führte, und eine Promenade, an der weitere Geschäfte und Restaurants angesiedelt waren. Auf einem der Boote wurden gerade Fische ausgenommen, und eine Gruppe Möwen stritt sich um die Reste, die zurück ins Meer geworfen wurden. Dieses Bild katapultierte mich zurück zu dem einzigen Urlaub an der Ostsee, den ich je mit meiner Mama gemacht hatte. Auch dort hatten wir uns jeden Abend an den Hafen gesetzt und den Fischern bei ihrer Arbeit zugesehen.

Wir schlenderten an der Promenade entlang und machten Abstecher in einige der Souvenirshops. Sophie kaufte einen Kühlschrankmagneten, der die Sapphire Coast zeigte, für ihre Eltern, ich erstand eine Duftkerze, die in der Region gefertigt worden war, für meine Mama und einen Schlüsselanhänger in der Form eines Wals für mich. Auf dem Rückweg in Richtung Hafen blieben wir an einer kleinen Landzunge stehen. Einige Jugendliche saßen auf den Felsen und angelten. Sie strahlten eine für dieses Alter typische Gelassenheit aus, scherzten untereinander und zogen sich auf, bis einer von ihnen plötzlich aufsprang. Er zog an seiner Angel, und dann wurde klar, dass er einen Fisch am Haken haben musste. Einer seiner Freunde kam ihm zu Hilfe, und gemeinsam zogen sie den durchaus beachtlichen Fisch an Land. Ich hatte keine Ahnung, was für eine Art er war, im ungekochten Zustand konnte ich nicht mal einen Lachs von einem Thunfisch unterscheiden, aber er war länger als mein Unterarm, und die Jungs schienen sich sehr über den Fang zu freuen.

Wir aßen in einem der kleinen Restaurants zu Abend, mit perfektem Blick auf den Hafen und die langsam sinkende Sonne. Kurz bevor wir das Lokal wieder verließen, fragten wir den Kellner nach dem Weg zum Asling’s Beach. Er befand sich einen Fußweg von ungefähr fünfzehn Minuten vom Hafen entfernt und sollte einer der schönsten Sandstrände in der Umgebung sein.

Wir fanden ihn auf Anhieb, mussten über einige Felsen klettern und traten dann auf den endlos langen weißen Sandstrand. Nur vereinzelt waren Leute zu sehen. Einige saßen in Grüppchen zusammen, andere lagen allein oder zu zweit auf ihren Handtüchern. Eine Familie mit zwei kleinen Kindern hatte eine beachtliche Sandburg gebaut, die allerdings so nah an Meer stand, dass ich befürchtete, eine der nächsten Wellen könnte sie zerstören.

Ich schlüpfte aus meinen Sandalen und schob meine Füße in den noch warmen Sand. Durch das Gefühl der einzelnen Körner zwischen meinen Zehen breitete sich Ruhe in mir aus. Dazu das Geräusch der sich brechenden Wellen, die zusätzlich meinen Kopf freispülten. Für einen Augenblick schloss ich die Augen und … existierte einfach nur. Versuchte an nichts zu denken, sondern einfach nur zu genießen. Die Gegenwart in mich aufzunehmen und dankbar für den Moment zu sein.

Dann folgte ich Sophie, die bereits vorgelaufen war.

»Isabel, Sophie«, rief eine Stimme nach wenigen Metern.

Erstaunt blieb ich stehen und sah mich um. Wir waren kaum vierundzwanzig Stunden in Eden und wurden bereits erkannt?