Finding Love in Blue River - Katharina Koch - E-Book

Finding Love in Blue River E-Book

Katharina Koch

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Beschreibung

Ein unmoralischer Deal, Mapleccino und Schmetterlinge im Bauch

    Haylee hat genug vom Liebeskummer und dem Drama mit ihrem Ex-Freund. Ein unmoralischer Deal hat sie bereits an ihre Grenzen gebracht, doch eine Einladung nach Blue River scheint der perfekte Ausweg. In der Kleinstadt will sie ihren Herzschmerz auskurieren, doch gleich am ersten Tag trifft sie auf einen attraktiven Jogger. In dem Versuch, ihren Kummer in einem prickelnden Abenteuer zu ertränken, schläft sie mit ihm, ohne seinen Namen zu kennen. Auf der Geburtstagsparty ihrer besten Freundin wird ihr klar: Ihr One-Night-Stand ist kein Unbekannter und das bringt Ärger.

    Besuche das sommerliche Kanada und stürze dich mit Haylee in ein aufregendes Abenteuer voller unerwarteter Gefühle.

      Es handelt sich um einen abgeschlossenen Einzelband. Um in den vollen Lesegenuss zu kommen, sollte die Reihenfolge eingehalten werden.

        Für alle Fans der Tropes-One-Night Stand turns into Love, Forbidden Love mit Best Friend’s Ex und Wholesome Romance.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Zwei Monate Später
BIBLIOGRAFIE
DANKSAGUNG
ÜBER DIE AUTORIN

 

 

 

 

 

 

 

 

Finding Love in Blue River

 

 

 

von

 

Katharina Koch

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Copyright © 2025 Katharina Koch – alle Rechte vorbehalten. Stillektorat und Korrektorat: Melissa Kamp Covergestaltung: Claudia Harnoss

 

Bildlizenzen: Creative fabrica

 

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin. Personen und Handlungen sind frei erfunden, etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Markennamen sowie Warenzeichen, die in diesem Buch verwendet werden, sind Eigentum ihrer rechtmäßigen Eigentümer.

 

Für Anni

Kapitel 1

Unauffällig tupfte sie sich mit einem Papiertaschentuch über die Mundwinkel und schaute zu ihm hinauf. Zayden nahm jedoch in seinem postkoitalen Zustand gar keine Notiz von ihr. Daher spuckte sie ins Tuch hinein. Er rutschte tiefer in den Stuhl und drückte den Rücken durch, sodass sein nackter Po nicht mehr den Sitz berührte. Mit raschen Bewegungen zog er seine Hose hoch und schloss sie.

„Das war so scharf.“ Er ächzte.

Haylee stand aus der Hocke auf, zupfte ihre Uniform zurecht und wünschte sich nichts sehnlicher, als das erwidern zu können. Lieber würde sie für einen festen Freund auf die Knie gehen als für Zayden. Würde sie es ihm gegenüber zugeben, dass es ihr auch ein bisschen Spaß machte, würde er das gegen sie verwenden. So weit konnte sie ihn bereits einschätzen.

Angespannt wartete sie, dass er endlich den ausgedruckten Schichtplan von Owen herüberreichen würde, und schob ein paar lose Haarsträhnen hinter ihre Ohren.

Zayden drehte sich mit seinem Schreibtischstuhl von ihr weg und tippte auf seiner Computertastatur herum. „Du weißt schon, dass ich meinen Job für dich riskiere? Ich verstoße gegen alle geltenden Datenschutzrichtlinien.“

„Und?“ Das war wohl sein kleinstes Problem.

Es verstieß genauso gegen die Richtlinien, Kolleginnen jeden Monat zu Oralsex zu nötigen, damit sie an den Schichtplan ihres Ex-Freundes herankam. Einen Schichtplan, der sich ständig änderte und dessen Updates er ihr natürlich nicht aushändigte. Und das alles nur, um Owen aus dem Weg zu gehen. Einen gemeinsamen Flug würde sie momentan nicht überstehen. So weit war sie noch nicht. Trotz all der Zeit, die seit der Trennung vergangen war.

„Ich wollte dich nur daran erinnern.“

Der Drucker startete geräuschvoll seinen Job. Ungeduldig wartete sie und fasste nach dem Griff ihres kleinen Köfferchens, das neben ihr stand. Sie packte so fest zu, dass ihre Knöchel weiß wurden. Wenn ihre Mutter wüsste, dass sie solche Dinge mit einem Arbeitskollegen tat. Für ihren eigenen Vorteil. Das schlechte Gewissen schmerzte unangenehm in ihrer Magengegend. Dabei war Haylee längst erwachsen. Wie lange dauerte es denn noch, fragte sie sich selbst und schaute wieder zum Drucker, der endlich die erste Seite ausgespuckt hatte.

„Ich könnte auch dafür sorgen, dass ihr für gemeinsame Flüge gesperrt seid.“

Hellhörig geworden, wandte Haylee ihm ihren Blick zu. „Wie?“

„Wir haben hier eine Funktion im Programm.“

„Und das sagst du mir erst jetzt?“, fragte sie schnippisch.

Er hob entschuldigend die Hände und setzte ein falsches Lächeln auf, dass ihr eine unbehagliche Gänsehaut bescherte.

„Das Feature ist neu. Und alles, was du dafür tun musst …“

Sie schüttelte den Kopf. Seinen Vorschlag wollte sie gar nicht laut ausgesprochen hören. Sie konnte es sich lebhaft vorstellen.

„Weißt du …“ Sie holte tief Luft. „Hättest du mich nach einem Date gefragt, dann hätte ich mich gern mit dir getroffen.“

Zayden war gut aussehend, sportlich und niemand, der sich verstecken musste. Seine intensiv grauen Augen zogen sie bei jedem Treffen in seinen Bann. Unter anderen Umständen hätten sie eine tolle Zeit miteinander verbringen können. Natürlich hatte sie auch nie völlig kaltgelassen, was sie da mit ihm machte, wenn sie vor ihm gekniet hatte. Eigentlich hätte sie sich doch ekeln müssen bei so einem Zwang. Zugeben würde sie es jedoch niemals. Das war ihr kleines Geheimnis, das sie mit ins Grab nehmen würde.

Trotzdem überschritt sein unausgesprochenes Angebot all ihre anerzogenen Grenzen. Sie war ein anständiges Mädchen. Haylee war keine Frau, die jeder Mann haben konnte. Für sie bedeutete Sex etwas. So etwas tat sie nur innerhalb einer Beziehung. Wenngleich die regelmäßigen Blowjobs in den letzten Monaten weit über ihre Grenze geschlittert waren. Aber damit hatte sie ihr Ziel erreicht. Sie hatte ihr Herz und ihren extrem labilen Gemütszustand schützen können. Und natürlich auch dafür gesorgt, dass zu keiner Zeit Passagiere gefährdet waren.

„Dann lass uns doch Essengehen.“ Zayden überreichte ihr den Schichtplan.

Mit zittrigen Fingern nahm sie ihn an. „Nein.“

Zayden zog überrascht die Stirn in Falten. „Aber du hast doch gesagt-“

„Hättest du mich gefragt, bevor du mir ein weiteres unmoralisches Angebot gemacht hast, hätte ich eventuell zugestimmt. Aber so …“ Sie faltete den Zettel und steckte ihn in das Außenfach ihres Koffers.

Ein Leuchten war in Zaydens Blick getreten. „Ich könnte dir so viel bieten.“

„Ich weiß.“ Kurz schaute sie zu seinem Schritt.

Er hatte viel in seiner Hose versteckt. Mehr als die Männer, mit denen Haylee bisher geschlafen hatte. Sogar mehr als Owen. Ihr wurde ganz warm. Vielleicht waren das noch die Nachwirkung der Erregung, die sie während der knapp zehn Minuten mit ihm in ihrem Mund verspürt hatte. Aber war es das wert?

Zayden trat auf sie zu und ergriff ihr Handgelenk. Zärtlich streichelte er über das Muttermal, das sie dort hatte.

„Wir könnten viel Spaß miteinander haben.“ Er hob eine Augenbraue, als würde er etwas Geheimnisvolles andeuten.

Selbstsicher löste sie sich von ihm und trat einen Schritt zurück. „Nein, danke.“ Sie räusperte sich. „Ich denke, wir bleiben bei dem Arrangement, das wir haben.“

„Leider ist unser bestehendes Abkommen hiermit nicht mehr verfügbar.“

Schockiert starrte sie ihn an.

„Der Preis für die Schichtpläne hat sich soeben geändert.“ Er machte eine Kopfbewegung zum Schreibtisch.

„Du willst, dass ich …“ Haylees Stimme versagte.

Warum veränderte er die Konditionen von jetzt auf gleich? Hatte sie zu viel gesagt, überlegte sie.

„Ab sofort will ich dich auf meinem Schreibtisch. Ich riskiere meinen Job für dich. Da musst du mir schon mehr bieten als zehnminütiges, halbherziges Blasen.“

Haylee fühlte sich, als hätte sie eine Ohrfeige bekommen. Ihr Blut rauschte in ihren Ohren. Sie klammerte sich wieder an ihren Koffer. Das war ein Albtraum und sie wollte einfach nur noch aufwachen, doch Zayden grinste sie weiterhin selbstbewusst an.

Er trat näher auf sie zu, strich über ihre Wange und sie vernahm den Duft seines schweren Parfüms. „Du willst es doch auch. Du hast es selbst gesagt.“

Haylee kniff die Augen zusammen. Sie hatte das Gefühl, als würde sie rückwärts eine Treppe hinunterfallen.

„Ich ficke dich auch, bis du kommst. Du profitierst also doppelt.“

Da war dieses ekelhafte F-Wort, das sie so sehr verabscheute. Unwillkürlich schüttelte es sie.

„Nein.“ Ihre Stimme klang willensschwach.

Wo war ihr Selbstbewusstsein geblieben? Verunsichert öffnete sie die Augen, nur um zu sehen, dass er sich zu ihr hinuntergebeugt hatte. Hastig trat sie mehrere Schritte zurück. Einen Kuss wollte sie unter allen Umständen vermeiden. Er konnte nicht alles mit ihr machen. Stolpernd drehte sie sich um und lief zur Tür.

„Wenn du jetzt gehst, war das der allerletzte Schichtplan, den du von mir bekommst.“ Seine Worte klangen bedrohlich.

„Ist in Ordnung“, sagte sie, obwohl es eine absolute Katastrophe für sie war.

Sie öffnete die Tür und verließ schnellstens sein Büro.

„Du Schlampe“, schrie er ihr nach, doch sie drehte sich nicht mehr um.

 

Ohne auch nur an einen Kaffee in ihrem Lieblingscafé in der Abflughalle zu denken, rannte sie förmlich aus dem Flughafen und sprang ins nächste freie Taxi. Sie nannte dem Fahrer ihre Adresse und starrte aus dem Fenster. Obwohl sie an vertrauten Orten vorbeifuhren, nahm Haylee nichts wahr. Es kostete sie immens viel Kraft, nicht in Tränen auszubrechen. Der Abend war nicht so verlaufen, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie hatte lediglich den Blowjob hinter sich bringen und den Schichtplan mitnehmen wollen, um herauszufinden, ob Owen ein bestimmtes Muster oder bevorzugte Strecken flog. Anschließend würde sie es sich mit einem Buch in der Badewanne gemütlich machen.

Womit hatte sie all das verdient, fragte sie sich immer wieder. Erst Owens Betrug, dann der Verlust ihrer Freundin Leanne, die zugleich ihre Lieblingskollegin war. Zwar hatte sie Leanne verziehen, der Kontakt war seither aber lange nicht mehr so intensiv. Und jetzt, zu allem Überfluss, auch noch diese Angelegenheit mit Zayden.

Natürlich war er nicht der einzige Mitarbeiter in der Personalplanung, aber Haylee wollte sich nicht prostituieren und der kompletten Abteilung einem nach dem anderen sexuell zur Verfügung stehen. Zumal sie auch nur Zayden näher kannte.

Als der Taxifahrer sie ansprach, da sie am Ziel angekommen waren, schreckte Haylee auf. Sie bezahlte und trat hinaus in die frühsommerliche Wärme. Der Taxifahrer überreichte ihr den kleinen Koffer. Sie atmete tief durch und betrat das Hochhaus, in dem sie wohnte. Mit dem Aufzug fuhr sie hinauf zu ihrem Apartment. Sie schreckte auf, als der Lift ein Pling von sich gab und die Tür sich knatternd öffnete. Immer noch fühlte sie sich wie betäubt. Rasch trat sie hinaus und schloss die Wohnungstür auf. Sie trat ein. Es roch stickig. In letzter Zeit war sie wenig zu Hause gewesen.

Sie stieß mit dem Fuß die Tür an, die laut ins Schloss fiel. Die Stille in der Wohnung war erdrückend. Dann liefen die Tränen. Unaufhaltsam. Bitter. Ein erstickter Laut drang aus Haylees Kehle. Sie sank auf ihre Knie. Es schüttelte sie nur so.

Vier Wochen, bis sie Owen endgültig nicht mehr aus dem Weg gehen würde können.

Vier Wochen waren viel zu kurz, um aus dem Wrack, das sie war, wieder eine zähe Kämpferin zu machen.

Sie hatte nur zwei Möglichkeiten: endlich ihre Krone richten, darüberstehen und weitermachen oder sich einen neuen Job suchen. Allein der Gedanke, nicht mehr als Stewardess zu arbeiten, brach ihr das Herz. Natürlich könnte sie sich bei einer anderen Airline bewerben, aber letzten Endes war sie bei der besten Fluggesellschaft, die Kanada zu bieten hatte. Bei einer Billigkette wollte sie auf gar keinen Fall anheuern. Sie hatte in den vergangenen Jahren so hart gearbeitet und viele Freunde bei der Arbeit gefunden. Jeder Layover bedeutete Spaß und Abenteuer. Insgeheim bewunderte sie Leanne, die all das für die Liebe aufgegeben hatte, aber Haylee war dafür einfach nicht stark genug. Zumal es bei ihr aus Herzschmerz und nicht aus Liebe geschehen würde. Das war eben etwas anderes.

Nach einer Weile klaubte sie sich vom Boden auf, entsperrte ihr Smartphone und entdeckte eine Nachricht von Chad.

 

Chad, 8:32 p.m.: Hi, bist du zufällig auch in Vancouver?

 

Haylee, 8:43 p.m.: Hi, ja, wieso?

 

Sogleich klingelte das Telefon und Chads Name leuchtete auf dem Display. Sie räusperte sich kräftig und nahm dann ab.

„Hallo?“ Sie war erleichtert, dass ihre Stimme nicht verriet, dass sie geweint hatte.

„Hi Haylee, kann ich meinen Layover bei dir auf der Couch verbringen? Sind auch nur maximal zwei Nächte.“

„Klar doch.“ Bei dem Gedanken, nicht allein sein zu müssen, machte ihr Herz einen kleinen Hüpfer. „Wann kommst du?“

In dem Moment klingelte es an der Tür.

Kapitel 2

Als Chad aus dem Aufzug stieg, stand Haylee bereits im offenen Türrahmen. Sie hatte nicht einmal Zeit gehabt, sich umzuziehen oder ihr Gesicht zu waschen. Lediglich ein Lächeln hatte sie aufgesetzt, in der Hoffnung, dass Chad nicht merken würde, wobei er sie unterbrochen hatte. Selbstmitleid war nichts, womit Haylee sich gern abgab, doch seit der Trennung von Owen war es zu einer lästigen Gewohnheit geworden, die sie nicht besonders an sich mochte. Es war nur so schwer, diese wieder abzulegen. Zum Glück trug Chad auch noch seine Arbeitskleidung, sodass es gar nicht so merkwürdig war, wie sie vermutet hatte.

Chad umarmte sie und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Wie geht’s dir?“

Haylee klammerte sich ein bisschen zu sehr an ihren Arbeitskollegen, aber sie war einfach nur froh, dass er da war. Ihr Gedankenkarussell würde womöglich für einen kurzen Moment stoppen. So wie damals in Thailand, als sie die Nächte mit Chad durch gequatscht hatte.

„Es ging mir schon besser.“ Haylee löste sich von Chad und trat zur Seite, damit er in ihr Apartment eintreten konnte. „Und dir? Was ist los, dass du bei mir unterkommen musst?“

Chad schlüpfte aus seinen Lederschuhen hinaus, stellte sein Köfferchen neben die Tür und löste seine Krawatte. „Mein Mitbewohner hat mir spontan mitgeteilt, dass er heute Besuch hat und ich da stören würde. Ich soll mir gefälligst ein Hotel buchen lassen.“

„Was?“ Haylee starrte ihn verblüfft an. „Aber wir kriegen doch am Heimatflughafen kein Hotel bezahlt.“

„Eben. Das weißt du, das weiß ich und meinem Mitbewohner habe ich das auch schon unzählige Male gesagt, aber den interessiert das nicht. Er ist schlicht zu sehr davon verwöhnt, dass ich kaum da bin und er die Wohnung ständig für sich hat.“

„Scheint so. Das ist ja nicht so toll.“ Haylee ließ die Schultern sinken, die sie unwillkürlich krampfhaft zu ihren Ohren gezogen hatte. „Ich bin auch gerade erst wieder da.“

„Aber ich störe nicht, oder?“ Chad knöpfte die ersten zwei Knöpfe seines Hemds auf und zerrte den Kragen etwas auf.

„Nein.“ Sie sah an sich hinab. Noch immer trug sie ihre Uniform. „Ich ziehe mich nur eben um, wenn das okay für dich ist.“

„Klar doch. Mach dir meinetwegen keine Umstände.“ Wie selbstverständlich ging er in ihre Küche und an den Kühlschrank.

Kurz blieb Haylee im Küchentürrahmen stehen, doch Chad nahm sich bereits ein Bier aus der Kühlschranktür. Ein Überbleibsel aus der Zeit mit Owen. Es stach sie im Herzen, dass nun Chad derjenige war, der es trinken würde. Sie sagte jedoch nichts. Dann wandte sie sich ab und schlurfte in ihr Schlafzimmer. Die Zimmertür war nur angelehnt, sodass sie hören könnte, wenn Chad etwas sagte. Hastig zog sie ihre Uniform aus, schmiss die verschwitzte Bluse in den Wäschekorb und befreite sich aus dem engen BH, den sie den ganzen Tag getragen hatte.

„Von wo kommst du denn?“, hörte sie ihn rufen.

„Atlanta. Und du?“

„New York.“ Seine Stimme klang gedämpft und es wirkte, als stünde er direkt vor ihrer Zimmertür.

Hastig zog sie ein enges Spagettitop an und schlüpfte in eine lockere Jogginghose. Ihr war nicht danach, sich herauszuputzen. Sie war müde und fühlte sich ausgelaugt.

„Wenn du dich auch umziehen willst, kannst du das gern im Bad oder im Wohnzimmer tun“, sagte Haylee.

„Danke. Das passt schon.“ Sie hörte ein leises Schlürfen. „Und ich störe dich heute wirklich nicht bei deinen Plänen?“

Sie lief durch das Schlafzimmer und zog die Tür auf.

Chad hatte sich an die Wand im Flur gelehnt und schaute sie abwartend an.

„Nein. Sonst hätte ich es dir vorhin am Telefon gesagt.“ Sie schritt an ihm vorbei zum Badezimmer. „Ich schminke mich noch eben ab, dann bin ich ganz für dich da.“

Er hob kurz den Daumen in die Luft.

Haylee fühlte sich etwas beobachtet. Da er so spontan aufgetaucht war, war sie auf Besuch nicht vorbereitet gewesen. Ihm die ganze Zeit, mit verschmierter Schminke und diesem klebrigen Gefühl von Tränen und Make-up im Gesicht gegenüberzusitzen, würde sie nicht ertragen. Zum Glück hatte er ihr Aussehen nicht angesprochen. Es war nicht zu übersehen, dass sie geweint hatte. Ihre Wangen waren gerötet und die Schminke um ihre Augen verschmiert. Sie beeilte sich, weil es auch nicht ihrer Natur entsprach, Besuch warten zu lassen.

Nicht ganz zufrieden, aber mit einem besseren Gefühl trat sie wieder hinaus in den Flur. Zum Glück stand Chad nicht mehr wie bestellt und nicht abgeholt an der Flurwand gelehnt.

Im Wohnzimmer fand sie ihn auf ihrer Couch.

Er hatte das Hemd komplett aufgeknöpft. „Es ist echt warm hier drin.“

„Ich war auch länger nicht hier.“ Sie trat an den Thermostat und schaltete die Klimaanlage an. „Das dauert aber nicht lang.“

Von seiner muskulösen Brust abgelenkt, verknotete sie ihre Finger hinter ihrem Rücken, weil sie nicht wusste, wo sie mit ihren Händen hin sollte. Natürlich hatte sie ihn in Thailand bereits ohne oben gesehen, aber ihn so auf ihrer Couch vorzufinden, war etwas anderes. Sie ließ sich auf den unbequemen Sessel sinken, den sie eigentlich nur aus Stilgründen besaß. Der Hochlehner war einzig und allein hübsch anzusehen, aber wahnsinnig ungemütlich. Haylee schob ihre Hände unter ihren Po und schaute Chad abwartend an. Sie war so verkrampft, wusste jedoch selbst nicht, woran das lag.

„Was gibt es Neues bei dir?“ Chad wischte sich über die Stirn. „Hast du dir Owen endlich abgewöhnt?“

Haylee verzog ihren Mund zu einer Grimasse. „Wenn das mal so einfach wäre.“

„Der Typ ist doch Schnee von vorgestern. Wie lange ist es jetzt her? Ein halbes Jahr?“

„Na und? Seit wann gibt es ein Verfallsdatum für Gefühle?“

„Das sage ich doch gar nicht.“ Chad setzte sich aufrecht hin und sah ihr direkt in die Augen. „Owen ist ein Widerling und er hat keinen einzigen Gedanken mehr verdient.“

„Das kann man nur sagen, wenn man nicht drin steckt.“

„Er hat dich betrogen, belogen und-“

Sie unterbrach ihn. „Ja und dann auch noch Leanne in Blue River besucht. Ich weiß. Sie hat es mir erzählt.“

„Was brauchst du also noch, um ihn zu vergessen?“

Betrübt zuckte sie die Schultern und löste ihren Blick von seinem.

„Hast du dich denn schon mit irgendwem getroffen, um dich abzulenken?“

Haylee dachte an Zayden und grunzte unwillkürlich auf.

„Was soll das heißen?“ Chad trank einen Schluck seines Biers. „Ich weiß, Dating ist nicht leicht und zeitweise sogar total nervig.“

„Das ist es nicht.“ Sie holte tief Luft und fuhr sich mit ihrer Hand durch die Haare, um ihren Ansatz aufzulockern, denn ihre Kopfhaut prickelte.

Bisher hatte sie niemandem von dem Arrangement zwischen Zayden und ihr berichtet. Jetzt war es vorbei und sie stand vor einem unendlich großen Problem. Wie sollte sie Owen aus dem Weg gehen, wenn ihr Zayden nicht mehr die benötigten Informationen beschaffen würde?

Chad stand auf, schlenderte an Haylee vorbei zum Flur und verschwand. Sie schaute gar nicht nach, wohin er ging. Er gönnte ihr damit einen Moment, um sich zu entscheiden. Wollte sie ihn einweihen oder es weiterhin mit sich selbst ausmachen?

Aus der Küche konnte sie hören, dass Chad am Kühlschrank war und dann irgendeinen Schrank geöffnet hatte. Nur wenige Augenblicke später kam er zurück, reichte ihr ein Glas und setzte sich wieder auf seinen Platz.

„Was ist da drin?“

„Eine Art Tequila Sunrise.“

„Ohne Grenadine?“

„Deshalb ja, eine Art. Ich habe den Himbeersirup genutzt, den du im Kühlschrank stehen hast.“

Misstrauisch musterte sie ihn über den Glasrand hinweg.

„Trink. Glaub mir, das schmeckt.“

Und er hatte recht.

„Ich hatte auch ein doofes Date.“ Er schüttelte den Kopf. „Sie wollte unbedingt von mir abgeholt werden. Wie du weißt, habe ich kein Auto, weil sich das einfach nicht lohnt.“

Da hatte er recht. In Vancouver war der öffentliche Verkehr gut ausgebaut und für die wenigen Tage, die sie tatsächlich zu Hause war, nutzte sie selbst überwiegend die U-Bahn.

„Lass mich raten, sie war sauer, dass du kein Auto hast?“

„Genau.“ Er verdrehte die Augen. „Also hat sie mich auf dem Gehweg zusammengefaltet und ist dann wieder hoch in ihre Wohnung gegangen.“

„Klingt ja furchtbar.“

„Und was ist bei dir passiert?“

Sie druckste herum. „Ich hatte kein Date.“

„Sondern?“

Jetzt oder nie. Aber wie sollte sie ihm von Zayden berichten, ohne wie das größte Flittchen aller Zeiten zu klingen? Sie trank einen großen Schluck von dem Cocktail, den ihr Chad gemischt hatte.

„Komm schon. Mir kannst du es doch erzählen.“ Mit einem entwaffnenden Lächeln schenkte er ihr seine volle Aufmerksamkeit.

Und das funktionierte viel zu gut.

Sie holte tief Luft. „Wie du weißt, konnte ich es in den letzten Monaten gut vermeiden, Owen zu begegnen.“

Chad warf ihr einen neugierigen Blick zu, aber unterbrach sie nicht.

„Ich …“

Wie sollte sie es erklären? Es fiel ihr so unglaublich schwer, aber der Druck in ihrem Magen war kaum auszuhalten. Sie musste sich endlich jemandem anvertrauen. Vielleicht würde es dann erträglicher werden. Es war unanständig, tat aber niemandem weh und eigentlich hatte sie nichts getan, was andere Leute nicht auch ständig taten. Nur widersprach es ihrem eigenen Anspruch an Anstand und Moral.

„Ich habe Zayden aus der Personalabteilung regelmäßig einen geblasen, um die Schichtpläne von Owen zu bekommen.“

Chad lachte laut auf, doch als er Haylees Blick sah, verstummte er. „Echt?“

Sie schloss für einen Moment ihre Augen, nickte dann leicht und öffnete sie wieder, als sei die Antwort klar.

Mit seinen Fingern malte er Kreise an seiner Schläfe. „Hat er dich dazu gezwungen oder wie muss ich mir das vorstellen?“

„Nein. Ja. Schon irgendwie.“

„Das musst du melden!“ Er warf ihr einen entschiedenen Blick zu.

„Nein. Ich habe ihn gefragt. Er hätte mir die Schichtpläne niemals geben dürfen. Ich hätte nein sagen können, doch mir war es wichtiger, Owen nicht mehr zu sehen. Es war nicht irgendwie pervers … oder schlimm oder so. Ich …“ Sie unterbrach sich.

Noch weiter sollte sie nicht ins Detail gehen. Da saß Chad. Der heiße Arbeitskollege, der ihr in Thailand angeboten hatte, dass sie alles mit ihm machen konnte, was sie wollte, nur damit es ihr endlich besser ging und der Liebeskummer nachließ. Vermutlich hatte er dabei an Sex gedacht. Doch sie hatte sich ihm stattdessen, als eine Art Therapeut anvertraut, sich am laufenden Band ausgeheult und manchmal sogar an seiner Brust vor der Welt versteckt. Und trotz all der Trauer hatte er sie nie ausgenutzt. Keinen einzigen Augenblick. Dafür war sie ihm unendlich dankbar.

Kapitel 3

„Trotzdem ist das nicht in Ordnung.“

„Ich weiß. Aber welche Wahl hatte ich denn? Ich wollte um jeden Preis Owens Schichtpläne und ja, es war nicht ideal, aber dienlich.“

Chad zog die Nase kraus.

Verurteilte er sie, überlegte sie und ließ den Kopf hängen. Schweigend leerte sie ihr Glas.

„Ich würde ihm am liebsten den Hals umdrehen“, sagte Chad in die Stille hinein.

„Wem?“ Ihr Herz pochte schmerzhaft in ihrer Brust.

„Diesem Typen aus der Personalabteilung und, wenn ich die Hände dann schon schmutzig habe, auch gleich Owen.“

„Kipp ihm doch bei Gelegenheit beim Service versehentlich einen Kaffee drüber.“

Sie fingen zeitgleich an zu lachen und Tränen verschwammen Haylees Blick. Das tat ungemein gut.

„Das ist die Idee.“ Chad beruhigte sich langsam wieder. „Die nächsten Turbulenzen werden für Owen nicht gut ausgehen. Aber zeig doch mal die Schichtpläne her. Vielleicht erkennen wir ein Muster, sodass du in Zukunft nicht mehr darauf angewiesen bist.“

„Darauf hoffe ich ja auch.“ Haylee stand auf und ging zu ihrem Koffer.

Sie holte den gefalteten Zettel heraus und schlenderte zurück ins Wohnzimmer. Dort setzte sie sich auf ihren Platz und faltete das Stück Papier auseinander.

Entsetzt riss sie die Augen auf. „Das ist …“ Ihr fehlten die Worte und sie ließ den Zettel sinken.

„Was ist?“ Chad beugte sich vor und entriss ihr das Blatt Papier. „Das ist doch dein eigener Schichtplan.“

„Er hat mich reingelegt.“ Haylee sprang vom Sessel auf und wanderte vor Wut schnaubend durch das Wohnzimmer.

Wie konnte sie nur so doof sein? Warum hatte sie den Zettel nicht einmal eines Blickes gewürdigt?

„Ich habe bezahlt und er druckt mir meinen eigenen Schichtplan aus. Tickt der denn noch ganz sauber?“

Chad war ebenfalls von der Couch aufgestanden und ergriff sie bei den Schultern. „Wie kann ich dir helfen?“

„Eigentlich müsste ich nochmal hinfahren und ihm dahin treten, wo die Sonne niemals scheint.“ Sie atmete hörbar aus. „Aber dann verliere ich meinen Job und das ist er mir nicht wert.“ Sie kniff sich in die Nasenwurzel.

„Hast du seine Nummer?“

„Nein?“ Panik breitete sich in ihr aus.

Sie hatte keine Chance, Owen aus dem Weg zu gehen. Von einem Moment auf den nächsten war sie ihm schutzlos ausgeliefert. Es gab keine letzte Schonfrist. Sie wollte weinen und schreien, doch Chad war bei ihr. Somit blieb ihr nichts anderes übrig, als die Hände zu Fäusten zu ballen und die Wut hinunterzuschlucken. Was würde er von ihr denken, wenn sie völlig aus der Haut fuhr?

Haylee zitterte am ganzen Körper. Es fiel ihr schwer, nicht zu explodieren.

Chad zog sie in seine Arme. Sie ließ es geschehen. Er ließ seine warmen Hände über ihren Rücken streichen.

„Alles wird gut“, flüsterte er.

„Nein, ich kann Owen nicht mehr aus dem Weg gehen und dafür bin ich noch lange nicht bereit.“

„Dann nimm dir eine Auszeit bis dahin.“

„Und wie soll ich das ohne Gehalt machen? Das alles hier kostet Geld.“ Sie löste sich von Chad und deutete auf ihre Möbel.

„Hast du nichts gespart?“

„Schon … aber nicht für sowas.“ Sie schloss für einen Augenblick die Augen, dann sah sie wieder auf. „Wie konnte ich nur so doof sein und mich auf Owen einlassen?“

„Du wusstest es nicht besser. Mach dir keine Vorwürfe.“

Das hatte er ebenfalls in Thailand gesagt und doch konnte sie nicht anders. Sie hatte ihn von ganzem Herzen geliebt.

„Wie wäre denn ein Untermieter?“

„Und wo bleibe ich in der Zwischenzeit?“ Haylee dachte nach, doch ihr fiel nichts ein.

„Deine Familie?“

„Oh Gott, nein. Meine Mutter darf von dieser Geschichte niemals etwas erfahren.“

Chad sah sie mit einem komischen Blick an, doch Haylee wollte nicht ausführen, wie streng ihre Mutter war und wie wenig sie von außerehelichem Sex hielt. Jede Beziehung von Haylee, die nicht in eine Ehe mündete, war ein Dorn im Auge ihrer Mutter. Demnach war ihr Elternhaus nicht der richtige Ort, um sich von ihrem Liebeskummer auszukurieren.

Ihr Smartphone klingelte. Leannes Name leuchtete auf.

„Hallo“, tönte es in einem fröhlichen Singsang aus dem Lautsprecher.

„Hi.“ Haylee konnte ihre schlechte Laune nicht verbergen.

„Was ist passiert?“ Leanne war sofort ernst.

„Doofer Tag. Egal, was gibt es bei dir?“ Haylee wollte nicht nochmal alles wiederholen, was sie Chad bereits anvertraut hatte.

„Okay … Ähm …“ Leanne wirkte etwas aus dem Konzept gebracht. „Wir wollen meinen bald anstehenden Geburtstag feiern und ich wollte fragen, ob du uns in Blue River besuchen magst? Ich könnte dir ein Zimmer im Cottage reservieren. Das geht natürlich auf uns.“

Das war die Lösung. Haylee sah zu Chad, der die Daumen in die Höhe reckte.

---ENDE DER LESEPROBE---