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Eine ergreifende Novelle, die Colleen Hoovers Romane ›Finding Cinderella‹ und ›Was perfekt war‹ verbindet und weitererzählt. Weil Liebe allein nicht reicht, muss Daniel einen mutigen Schritt wagen, um seine Beziehung zu Six zu retten ... Daniel und Six verbindet eine große Liebe und eine perfekte Beziehung … fast: Denn das Wissen, dass sie ihr Baby zur Adoption freigegeben hat, frisst Six beinahe auf. Ihr Leid ist so groß, dass Daniel alles auf eine Karte setzt und versucht, zu den Adoptiveltern des Kindes Kontakt aufzunehmen. Romantisch, berührend, nostalgisch – inklusive Christmas-Setting. Der perfekte Colleen-Hoover-Roman für die Weihnachtszeit! »Niemand verbindet Tiefgang und große Gefühle so genial wie Colleen Hoover.« Anna Todd
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Seitenzahl: 104
Colleen Hoover
Finding Perfect
Roman
Aus dem amerikanischen Englisch von Katarina Ganslandt
dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München
»Drei zu null für mich.« Breckin wirft den Controller der Xbox zur Seite und steht auf. »Okay, jetzt muss ich aber echt los.«
»Was? Nein!« Ich greife nach dem Gamepad und halte es ihm hin. »Nur noch eine Runde«, sage – nein, flehe ich. Aber Breckin hat sich schon seine alberne, superfette Daunenjacke angezogen und geht zur Tür. Er dreht sich noch mal zu mir um.
»Warum rufst du nicht Holder an, wenn du Gesellschaft brauchst?«
»Der ist über Thanksgiving mit seiner Mom und Sky nach Austin zu seinem Vater gefahren und kommt erst heute Abend wieder.«
»Dann frag Six, ob sie Zeit für dich hat. Ich war jetzt so lange bei dir, dass es mir bis Weihnachten erst mal reicht. Außerdem steht bei mir heute noch diverser Familienscheiß auf dem Programm.«
Ich lache ungläubig. »Familienscheiß?«
Breckin zuckt mit den Schultern. »Na ja. Es ist Thanksgiving. Da geht Familienscheiß vor.«
»Du schockst mich. Seit wann dürfen Mormonen so böse Wörter wie Scheiße sagen?«
Breckin verdreht die Augen und öffnet die Tür. »Viel Spaß noch.«
»Warte. Kommst du Samstag zu unserem Friendsgiving?« Als wir vorgestern mit den Mädels vom College nach Hause gefahren sind, hat Holder vorgeschlagen, ein Essen zu machen und Breckin dazu einzuladen. Six und Sky haben sich bereit erklärt, uns zu bekochen, weshalb ich ziemlich fest davon ausgehe, dass wir am Ende Pizza bestellen.
»Klar. Aber nur, wenn du endlich aufhörst, mich ständig auf meine religiöse Vorbelastung anzusprechen.«
»Pfadfinderehrenwort. Und wenn du jetzt noch eine Runde mit mir zockst, erkläre ich mich sogar bereit, dich nie wieder Gaylord zu nennen.«
Breckin sieht mich mitleidig an, als würde ich ihn langweilen. Ich kann es ihm nicht verdenken. Ich langweile mich ja selbst.
»Geh lieber raus und lüfte mal dein Zimmer«, sagt er. »Du sitzt jetzt nonstop seit zwölf Stunden vor der Konsole. Hier drin müffelt es schon ein bisschen nach frischer Waffel.«
»Warum sagst du das, als wäre es was Schlechtes?«
»Weil ich es so meine.« Breckin zieht die Tür hinter sich zu und ich bin allein.
So unendlich allein.
Ich lasse mich nach hinten auf den Boden fallen und starre an die Zimmerdecke. Nach einer Weile taste ich nach meinem Handy und werfe einen Blick darauf. Nichts. Keine Nachricht von Six. Den ganzen Tag schon nicht. Ich habe absichtlich stillgehalten, weil ich gehofft hatte, dass sie sich als Erste meldet. Fehlanzeige. Seit ein paar Monaten zieht sie sich immer mehr in sich zurück, redet kaum noch und hat an nichts mehr Spaß. Ich habe versucht, mir einzureden, es läge daran, dass sie sich im College erst mal eingewöhnen muss, aber auf der Heimfahrt war sie total einsilbig und seitdem herrscht Funkstille. Gestern stand bei ihr zwar auch Familienscheiß auf dem Programm, aber heute hätten wir uns eigentlich sehen können.
Irgendwie kann ich das ungute Gefühl nicht abschütteln, dass sie ein Problem mit mir hat und sich trennen will. Nicht, dass ich auf dem Gebiet Erfahrung hätte. Bei Val damals war ich derjenige, der den Schlussstrich gezogen hat. Aber ich stelle mir vor, dass es so abläuft. Die Kommunikation wird nach und nach runtergeschraubt, man unternimmt immer weniger zusammen, entfernt sich immer weiter voneinander und dann … ist alles aus.
Durchaus möglich, dass sie es nur deswegen noch nicht offiziell ausgesprochen hat, weil sie Skrupel hat, unsere perfekte Viererbande zu sprengen. Seit wir mit Sky und Holder am selben College sind, hängen wir vier fast noch mehr zusammen ab als früher. Es würde uns alle hart treffen, wenn Six und ich plötzlich kein Paar mehr wären.
Aber hey, vielleicht liegt es ja wirklich nur daran, dass sie sich erst mal an das neue Leben am College gewöhnen muss.
Die Tür wird aufgerissen. Chunk lehnt mit verschränkten Armen im Türrahmen. »Warum liegst du auf dem Boden?«
»Warum kommst du hier einfach rein?«
Meine Schwester zieht sich ein Stück in den Flur zurück. »Um dir zu sagen, dass du heute mit Abspülen dran bist.«
»Ich wohne nicht mehr zu Hause.«
»Über Thanksgiving schon«, sagt sie. »Du isst unser Essen, du benutzt unser Geschirr und du schläfst unter unserem Dach. Also musst du auch deinen Beitrag zur Hausarbeit leisten.«
»Boah, du hast dich echt kein Stück verändert.«
»Du bist erst vor drei Monaten ausgezogen, Daniel. Niemand wird in drei Monaten zu einem anderen Menschen.« Chunk lässt meine Tür offen stehen und geht davon.
Ich bin versucht, ihr hinterherzubrüllen, dass sie sich da leider irrt, weil Six sich nämlich innerhalb von drei Monaten in einen anderen Menschen verwandelt hat. Aber dann würde meine kleine Schwester neugierig nachhaken und ich rede mit ihr prinzipiell nicht über meine Beziehungen.
Ein letzter Blick aufs Handy, ob Six sich inzwischen gemeldet hat, dann stemme ich mich hoch. Auf dem Weg in die Küche lege ich einen kleinen Zwischenstopp bei Hannah ein, deren Zimmertür offen steht. Sie kommt nicht so oft nach Hause wie ich, weil sie im Süden von Texas Medizin studiert und nebenher arbeitet.
Ich habe noch keinen Job gefunden. Was hauptsächlich daran liegt, dass ich mir keinen gesucht habe.
Hannah sitzt mit ihrem Laptop im Bett. Wahrscheinlich lernt sie für ihr Studium oder macht sonst irgendwas Vernünftiges. »Musst du eigentlich auch abspülen, wenn du hier bist?«, frage ich.
Sie schaut nur kurz von ihrem Rechner auf. »Hm? Nein. Aber ich wohne ja auch nicht mehr zu Hause.«
Klar. Ich hatte immer schon den Verdacht, dass sie das Lieblingskind unserer Eltern ist. »Und warum muss ich dann abspülen?«
»Ich verdiene mein eigenes Geld, du wirst immer noch von Mom und Dad unterstützt. Du schuldest ihnen was.«
Na gut, das ist ein Argument. Ich bleibe in der Tür stehen, um das Unvermeidliche noch ein bisschen rauszuzögern. »Was machst du?«
»Unizeug«, sagt sie.
»Hast du Lust, ein bisschen Call of Duty mit mir zu zocken?«
Hannah schaut mich so angewidert an, als hätte ich ihr vorgeschlagen, jemanden zu ermorden. »Wann hatte ich bitte schon jemals Lust, mit dir zu zocken?«
Ich stöhne. Das wird eine verdammt lange Ferienwoche.
Holder und Sky kommen zwar heute Abend wieder zurück, sind bis Samstag aber schon verplant. Breckin ist mit Familienscheiß beschäftigt. Und von Six kommen ganz, ganz schlechte Vibes. Aber ich werde sie garantiert nicht anrufen, weil ich ihr keine Gelegenheit geben will, mich über die Feiertage aus ihrem Leben zu schmeißen. Oder überhaupt jemals. Wenn ich mich nie wieder bei ihr melde, hat sie keine Chance, Schluss zu machen, und ich kann mich der Illusion hingeben, dass zwischen uns alles in bester Ordnung ist.
Widerstrebend stoße ich mich vom Türrahmen ab und schlurfe mit hängenden Schultern Richtung Küche, als Hannah mich zurückruft. Ich drehe um.
»Alles okay bei dir?«, fragt sie besorgt.
Ich tue mir selbst so wahnsinnig leid, dass ich es nicht schaffe, ihr etwas vorzumachen. »Bei mir ist nichts okay«, seufze ich theatralisch. »Gar nichts.«
Hannah deutet wortlos auf den Sitzsack in ihrem Zimmer. Ich gehorche und lasse mich hineinfallen. Keine Ahnung, warum ich das tue. Sie wird mir gleich nur einen Haufen Fragen stellen, die ich nicht beantworten will. Aber das ist eine kleine Ablenkung von meinem Leid und definitiv besser, als Geschirr zu spülen.
»Also, was ist los?«, fragt sie. »Ist was mit Six? Ist zwischen euch Schluss, oder was?«
»Nein, aber ich habe das Gefühl, dass genau das bald der Fall sein könnte.«
»Was hast du angestellt?«
»Nichts«, verteidige ich mich. »Jedenfalls nicht, dass ich wüsste. Keine Ahnung. Schwierig zu erklären. Unsere ganze Beziehung ist schwierig.«
Hannah klappt lachend ihren Laptop zu. »Ein Medizinstudium ist schwierig, eine Beziehung ist es nicht. Man liebt sich oder man liebt sich nicht und wenn nicht, beendet man die Beziehung. Ganz einfach.«
Ich schüttle den Kopf. »Ich liebe Six und weiß, dass sie mich liebt, und trotzdem ist alles sehr, sehr schwierig.«
Manchmal tritt so ein Glitzern in Hannahs Augen – und zwar oft in den unpassendsten Momenten, so wie zum Beispiel jetzt. Dass meine Beziehung zu Six möglicherweise am Ende ist, sollte ihre Augen nicht zum Glitzern bringen.
»Vielleicht kann ich dir ja helfen«, sagt sie.
»Du kannst mir ganz bestimmt nicht helfen.«
Hannah schlägt die Decke zurück, steigt aus dem Bett, geht zur Tür, zieht sie zu und dreht sich dann mit besorgter Miene zu mir um. Das Glitzern in ihren Augen ist verschwunden. »Seit ich wieder hier bin, hast du noch kein einziges Mal versucht, mich zum Lachen zu bringen. Irgendwas macht dir richtig schwer zu schaffen und ich als deine ältere Schwester möchte wissen, was los ist. Wenn du es mir nicht sagst, sehe ich mich gezwungen, ein Wesley-Familienmeeting einzuberufen.«
»Das würdest du nicht tun.« Ich hasse diese Meetings, in denen sich meine Eltern und Schwestern meistens nur über mich und mein Verhalten auslassen, als wäre ich der Einzige in der Familie, der Probleme hat oder macht.
»Dann lass dich mal überraschen, was ich alles tun kann«, sagt Hannah.
Ich schlage stöhnend die Hände vors Gesicht und sinke tiefer in den Sitzsack. Hannah ist – das muss ich zugeben – von allen Mitgliedern unserer Familie die Vernünftigste, vielleicht sogar die einzig Vernünftige. Chunk ist noch zu jung, um das Problem zu verstehen, Dad ist geistig genauso unreif wie ich, und Mom würde ausflippen, wenn sie von Six' und meinem Geheimnis erfahren würde.
Mir wird klar, dass es höchste Zeit ist, mal mit jemandem über das alles zu reden, und dass Hannah außer Sky und Holder wahrscheinlich der einzige Mensch auf der Welt ist, dem ich mich anvertrauen kann. Sky und Holder scheiden aus, weil wir uns von ihnen hoch und heilig haben schwören lassen, das Thema nie-nie-niemals anzusprechen.
Ich habe echt Angst, dass das mit Six und mir vielleicht bald für immer vorbei sein könnte, falls ich nicht schnell was unternehme. Und seit ich weiß, wie sich ein Leben mit Six anfühlt, ist ein Leben ohne sie für mich absolut unvorstellbar. Vielleicht hat Hannah ja wirklich eine Idee, was ich tun kann.
Ich stoße die Luft aus, die ich angehalten hatte. »Okay«, sage ich. »Aber setz dich erst mal.«
Jetzt glitzern ihre Augen wieder. Sie springt aufs Bett, macht es sich im Schneidersitz neben einem aufgetürmten Deckenberg bequem, stützt das Kinn in die Hand und sieht mich erwartungsvoll an.
Ich muss erst mal überlegen, wo ich anfangen soll. Wie kann ich unsere Situation zusammenfassen, ohne zu sehr ins Detail gehen zu müssen?
»Okay … das hört sich jetzt verrückt an, aber …«, ich hole tief Luft. »Als ich in der Elften war, hatte ich in der Schule, also genauer gesagt in einer Putzkammer in der Schule, so eine Art Spontansex mit einem Mädchen. Ich hatte keine Ahnung, wer sie war, weil es in der Kammer stockdunkel war und …«
»Das hört sich nicht verrückt an«, wirft Hannah ein. »Das hört sich nach dir an.«
»Das war ja auch noch nicht das Verrückte. Das Verrückte ist, dass sich ein Jahr später, als ich mit Six zusammengekommen bin, rausgestellt hat, dass sie das Mädchen aus der Putzkammer war und dass sie … na ja … dass sie damals von mir schwanger geworden ist. Das hat sie aber erst gemerkt, als sie schon als Austauschschülerin in Italien war. Und weil sie genauso wenig wusste, wer ich war, wie ich wusste, wer sie war, hat sie unseren Sohn zur Adoption freigegeben. Und zwar anonym. Tja … ich bin Vater und bin es doch nicht. Und Six ist Mutter und ist es doch nicht. Wir haben uns eingebildet, wir würden damit klarkommen, aber da haben wir uns wohl geirrt. Ich glaube, die Geschichte macht sie immer noch fertig. Seit ein paar Monaten ist sie irgendwie total depressiv, und dass sie so traurig ist, macht mich traurig. Wenn wir zusammen sind, sind wir doppelt traurig, und deswegen sind wir in letzter Zeit immer seltener zusammen. Und jetzt habe ich Angst, dass sie sich von mir trennen will.«
Beim Erzählen habe ich den Kopf nach hinten gelegt, den Blick fest auf die Zimmerdecke gerichtet, und bin immer tiefer in den Sitzsack gerutscht. Irgendwie fühle ich mich so ganz gut aufgehoben und würde meine Schwester am liebsten gar nicht anschauen, jetzt wo ich alles losgeworden bin. Aber nachdem eine volle Minute vergeht, ohne dass sie etwas sagt, hebe ich schließlich doch den Kopf.
Hannah sitzt reglos da und starrt mich so entgeistert an, als hätte ich ihr eben gestanden, ein Mädchen geschwängert zu haben. Was zufälligerweise exakt das ist, was ich gesagt habe, und sie anscheinend so schockt, dass sie mich jetzt nur stumm anstarren kann.