Finn und die monsterige Rückwärtsmaschine - Luise Holthausen - E-Book

Finn und die monsterige Rückwärtsmaschine E-Book

Luise Holthausen

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Beschreibung

Mission Monstermaschine! Ein quietschgrünes Plüschmonster, das sprechen kann? Finn staunt nicht schlecht, als der zottelige Anton mit dem Glubschauge bei ihm Zuhause auftaucht, der die seltsamsten Dinge essen will (Bandnudeln und Banane!) und außerdem einen komischen Sprachfehler hat. Doch bald wird ihm klar: Anton ist geflohen, vor dem unheimlichen Spielzeughersteller Willecke. Als Finn dessen Laden genauer unter die Lupe nimmt, stößt er auf ein wahrhaft monströses Geheimnis ...  Ein turbulentes Abenteuer voller Sprachwitz, mit vielen Illustrationen von Tine Schulz.

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Seitenzahl: 97

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Luise Holthausen

Finn und die monsterige Rückwärtsmaschine

Mit Illustrationen von Tine SchulzTine schulz

FISCHER E-Books

Inhalt

01 Von einem langweiligen Montagmorgen, Schrauben im Brotkorb und einem kleinen Umweg02 Von einem unheimlichen Laden, einem einäugigen Monster und einer geheimnisvollen Tür03 Von einer verrückten Maschine, einer tutenden Trompete und einer Verfolgungsjagd04 Von blühender Phantasie, einem ungewöhnlichen Besuch und Wörtern, die mit A anfangen05 Von einem komischen Traum, einem Monster im Bett und großem Hunger06 Von einem verpeilten Erfinder, einem verfressenen Monster und einem abenteuerlustigen Finn07 Von einem Ausflug mit Folgen, einer Laterne, die im Weg steht, und lustigen Schimpfwörtern08 Vom Anschleichen, Belauschen und einer Beinahe-Entdeckung09 Von einem Zettel, einem Traum und einem Supereinfall10 Von einer Bewerbung, einem coolen Chef und einem Spiel, das Checker heißt11 Von einem verschwundenen Schlüssel, gestohlenem Geld und einem ungleichen Team12 Vom ersten Arbeitstag, einem Mann namens Klaus und einem dupersuper Zeichen13 Von einem zappelnden Rucksack, einem Monster, das nicht aufräumt, und einem interessanten Zeitungsartikel14 Von einem Schießhund, der aufpasst, einer grauenhaften Zeichnung und einem Wecker um Mitternacht15 Von einer bimmelnden Ladenglocke, einem ängstlichen Löwen und einem Hammer mit Kerbe16 Von einem gefährlichen Ritter, viel Durcheinander und einem großen Irrtum17 Von zwei Schatten im Kellerflur, einer Flucht und zu lauten Stimmen18 Von einem idealen Imbiss, einem umgedrehten Hammer und einer genialen Erfinderin19 Von einem Abschied, einem Versprechen und einem besonderen Moment20 Von einem gar nicht langweiligen Montagmorgen, einem Plüschmonster und einem neuen Plan

01Von einem langweiligen Montagmorgen, Schrauben im Brotkorb und einem kleinen Umweg

Es ist Montagmorgen, alles wie immer. Finn liegt auf dem Teppich und liest ein Buch. Mama singt, während sie sich für die Arbeit fertig macht. Auf dem Weg vom Bad ins Bastelzimmer stolpert sie über ein merkwürdiges Drahtgeflecht.

Das Bastelzimmer war früher mal das Wohnzimmer, aber seit Papa sich dort eine Ecke zum Herumwerkeln eingerichtet hat, haben sie es umbenannt. Inzwischen ist der ganze Raum nämlich von Papas Basteleien überwuchert. Akkuschrauber, Bohrmaschinen und weitere Werkzeuge sind über den Boden verteilt. Auf dem Teppich thront ein eigenartiges Metallgestänge, das den Weg zum Fenster versperrt. Papa sitzt auf dem einzigen freien Stuhl am Tisch und schraubt an irgendwas herum.

Eins ist an diesem Montagmorgen aber doch anders. Es sind Ferien. Das Gute daran: Finn muss nicht zur Schule. Das Schlechte: Sein bester Freund Kalim ist mit seinen Eltern in die Türkei geflogen, und seine beste Freundin Anna ist bei ihrer Oma. Deshalb muss Finn sich in den kommenden Wochen allein langweilen. Immerhin hat er noch ein paar Bücher zu lesen, mit so Titeln wie »Die Monster-Welt« oder »Aliens im Anflug«.

Mama fegt ein weiteres merkwürdiges Drahtgeflecht von ihrem Stuhl und setzt sich an den Basteltisch. »Frühstück ist fertig«, sagt sie, auf der Stuhlkante balancierend. Finn setzt sich neben sie, nachdem er seinen Platz von einer Wasserwaage befreit hat. Zwischen dem Werkzeug, das auf dem Tisch verteilt liegt, zieht er den Brotkorb zu sich heran.

»Moment.« Mama lässt den Arm vorschnellen und fischt eine Schraube, die sich zwischen die Brötchen verirrt hat, aus dem Korb.

»Oh, die hab ich schon vermisst«, sagt Papa erfreut und dreht die Schraube in ein Stück Holz.

»Lia hat am Wochenende ihren ersten Geburtstag«, sagt Mama. Lia ist Finns kleine Cousine, die ein paar Stunden entfernt wohnt. »Könnt ihr ein Geschenk für sie besorgen? Wir müssen es bald zur Post bringen.«

»Okay.« Papa nickt mehrmals, mit diesem ganz speziellen glasigen Blick, bei dem Finn genau weiß: Papa hört überhaupt nicht zu. Man könnte auch zu ihm sagen: Heute Morgen sind Aliens auf der Erde gelandet, oder einfach nur: Brabbelbrabbelbrabbel, und Papa würde trotzdem okay sagen und zustimmend nicken.

»In der Seitenstraße hat ein Spielwarenladen neu eröffnet«, fährt Mama fort. »Am besten schaut ihr euch dort mal um.« Sie steht auf und drückt erst Papa einen Kuss auf die Wange, dann Finn. »Ich muss los.« Sie eilt in den Flur, wobei sie unterwegs elegant dem Schraubenzieher auf dem Fußboden ausweicht. An der Garderobe schlüpft sie in ihre hochhackigen Schuhe, hängt sich ihre Tasche über die Schulter und winkt noch ein »Tschüs«, ehe sie die Haustür hinter sich zuzieht. Im Treppenhaus fängt sie wieder an zu singen.

Gegen zehn, als alle Läden in der Stadt aufmachen, brechen auch Finn und Papa auf. Das dauert ein bisschen, denn Papa fällt erst draußen auf der Straße auf, dass er am rechten Fuß eine schwarze Sandale und am linken einen braunen Wanderschuh trägt, und sie müssen noch mal umkehren. Danach biegen sie in die falsche Richtung ab und laufen einen Umweg zum Spielwarenladen. Aber das macht nichts, denn so kommen sie an einem Eiscafé vorbei. Papa spendiert Finn eine große Waffel mit zwei Kugeln.

»Woran bastelst du eigentlich gerade?«, fragt Finn, während sie nebeneinander auf einer Bank sitzen und er sein Eis isst.

»Ich bastle nicht«, erwidert Papa würdevoll. »Ich erfinde.«

»Und was erfindest du gerade?«

»Eine AKSÖ.«

»Was ist das?«

»Eine automatische Küchenschranköffnung. Funktioniert schon fast.« Er hält Daumen und Zeigefinger ein paar Millimeter auseinander. »Ich bin so nah dran.«

»Und braucht man denn diese … diese AKSÖ überhaupt?«, fragt Finn.

»Natürlich braucht man die!«, ruft Papa. »Wenn man zum Beispiel beim Kochen im Topf rührt, damit nichts anbrennt, und muss das Essen noch würzen – wie kommt man dann an die Gewürze im Schrank? Na?«

»Man öffnet den Gewürzschrank und nimmt sie heraus?«, rät Finn.

»Ha, das geht ja eben nicht, weil man mit einer Hand den Topf festhält und mit der anderen Hand rührt«, sagt Papa triumphierend.

Finn überlegt. »Aber wäre dann eine ARF nicht besser?«

Papa guckt erst überrascht, dann deutlich interessiert. »Eine was?«, fragt er.

»Eine Automatische Rührfunktion. Dann rührt der Kochlöffel allein weiter, während man mit seinen Händen den Schrank öffnet.«

»Hm.« Papa verfällt in nachdenkliches Schweigen.

Finn isst gemütlich sein Eis zu Ende und schlenkert mit den Beinen. Papa schweigt immer noch. Nach einer Weile wird es Finn langweilig. »Gehen wir jetzt weiter?«

Papa taucht aus seinen Gedanken auf. Er blinzelt. »Wohin?«

»Zum Spielwarenladen.«

»Warum?«

»Weil wir ein Geschenk für Lia kaufen müssen.«

»Ach ja, stimmt.« Papa steht auf. »ARF«, murmelt er vor sich hin. Dabei glänzen seine Augen leicht fiebrig, als sähe er schon das nächste Projekt vor sich. »Das ist gar keine schlechte Idee.«

02Von einem unheimlichen Laden, einem einäugigen Monster und einer geheimnisvollen Tür

Über der Eingangstür vom Spielwarenladen hängt ein Schild:

SPIELE-WILLECKE

Doch obwohl Mama gesagt hat, der Laden wäre gerade neu eröffnet, sieht er eher verlassen aus. Die Scheiben sind trüb, als seien sie schon ewig nicht mehr geputzt worden. Dahinter ist lieblos alles mögliche Spielzeug verteilt. Es sieht aus wie in einem unaufgeräumten Kinderzimmer. Das soll wohl die Schaufensterdekoration sein.

Innen ist es kaum besser. Finn schaut sich ratlos um. »Und was sollen wir hier für Lia kaufen?«

»Wir schenken ihr ein Kuscheltier«, schlägt Papa vor. »Alle kleinen Kinder mögen Kuscheltiere.«

Das stimmt. Finns Teddy hat erst kürzlich seinen Stammplatz im Regal über Finns Bett aufgeben müssen. Jetzt liegt er in einer Kiste im Keller. »Okay, wir schenken Lia … äh …« Er wandert die Regalreihen mit vergilbten Modellbaukästen und Büchern ab, auf die Ecke mit den Kuscheltieren und Spielfiguren zu. Zwischen schmuddeligen Stoffbären und einem Schwertkämpfer aus Plastik entdeckt er ein seltsames plüschiges Wesen, giftgrün, mit großem Kopf, großem Maul, kurzen Beinen und nur einem Auge, das ihn riesig anglotzt.

Finn glotzt zurück. »Wer bist du denn?« Das sieht ja noch verrückter aus als das Monster aus seinem Monsterwelt-Buch.

Das seltsame Wesen zwinkert. Nein, Quatsch, das kann gar nicht sein. Finn schaut noch einmal genau hin. Das seltsame Wesen zwinkert nicht. Im Gegenteil, es hat sein einziges Auge aufgerissen, als hätte es Angst zu zwinkern. Nein, Quatsch, das kann auch nicht sein.

Vorsichtig greift Finn ins Regal und nimmt das Wesen heraus.

»Hast du was gefunden?«, fragt Papa und kommt näher. »Uah!« Er fährt zurück, als er das einäugig glotzende Ding in Finns Hand sieht. »Was ist das? Ein Affe, der sein zweites Auge verloren hat? Ein Zyklop? Da wird man ja farbenblind!«

Das Auge trübt sich. Finn bekommt Mitleid. »Sieht doch unheimlich kuschelig aus«, verteidigt er das arme hässliche Monster.

»Nein, nein, davon bekommt Lia Albträume.«

Bedauernd setzt Finn das komische Ungeheuer wieder ins Regal zurück. Das Monster glotzt ebenfalls bedauernd.

»Hier gibt es überhaupt keine schönen Spielsachen«, meint Finn.

»Ich könnte ja selbst ein Geschenk für Lia bauen«, überlegt Papa. »Ich denke da an eine Erfindung, mit der sie ihren Schnuller …«

»Wie lange brauchst du dafür?«, fragt Finn.

»Bis zum Wochenende schaffe ich das nicht.« Papa seufzt. »Am besten, wir lassen uns beraten. Hast du jemanden gesehen?«

Nein, seltsam, hier gibt es weder Verkaufspersonal noch andere Kundschaft. Der Laden ist wie ausgestorben. Kein Wunder, der Blick ins Schaufenster ist nicht gerade anziehend.

»Hallo?«, sagt Papa.

Niemand antwortet.

»Hallo?« Papa hebt die Stimme. »Ist hier irgendjemand?«

Schweigen.

Wie unheimlich! Finn ist begeistert. Er sucht weiter den Laden ab. Dann hört er irgendwo eine Tür klappen und schlurfende Schritte. Auch das klingt ein bisschen gruselig. Finn versteckt sich hinter einem Regal und linst um die Ecke.

Doch leider ist der schlurfende Jemand weder ein Troll noch ein Alien oder gar ein Werwolf, sondern nur ein langweiliger Mann mit beginnender Stirnglatze und mürrisch herabgezogenen Mundwinkeln. An seinem blau karierten Hemd steckt ein Namensschild mit dem Aufdruck »Klaus Willecke«. Der Ladenbesitzer höchstpersönlich.

»Sie wünschen?«, knurrt er.

»Ich suche ein Geschenk für meine einjährige Nichte«, erklärt Papa. »Können Sie etwas empfehlen?«

»Das hier.« Ohne hinzuschauen, greift Willecke ins Regal mit den Plüschtieren. Dann erkennt er, was er da soeben herausgezogen hat: das seltsame giftgrüne Wesen mit dem großen Kopf, dem großen Maul, den kurzen Beinen und dem einzigen riesigen Auge, das jetzt ziemlich erschrocken glotzt.

»Was treibst du dich denn hier herum?«, kreischt Willecke los. Mit Schwung wirft er das Monster zurück ins Regal und dreht sich dann zu Papa um. »Nein, das verkaufe ich Ihnen nicht!«, faucht er ihn an.

Papa macht ein gekränktes Gesicht. »Deswegen brauchen Sie mich doch nicht so anzuschreien! Dieses hässliche Ding würde ich sowieso nicht kaufen.«

Blitzschnell wechselt Willeckes Miene von wütend zu unglaublich freundlich. »Bitte entschuldigen Sie! Ich bin zurzeit allein hier im Laden und etwas überlastet. Also, womit kann ich Ihnen helfen? Vielleicht ein Steckspielzeug für die Kleine?«

Er lotst Papa zum Kleinkinderspielzeug hinüber. Alles ist aus Plastik und trötet, wenn man auf irgendwelche Knöpfe drückt. Papa ist schon wieder halbwegs besänftigt und lässt sich in ein weitschweifiges Verkaufsgespräch verwickeln.

Währenddessen schleicht Finn unbeobachtet herum. Er hat im hinteren Bereich des Ladens eine Tür entdeckt, durch die Willecke wohl vorhin hereingekommen ist. In Büchern finden sich hinter geschlossenen Türen immer die tollsten Sachen. Da geht man über die Schwelle und landet in einer anderen Welt. Oder in einer anderen Zeit. Und wer weiß, was dieser komische Willecke hinter seiner geschlossenen Tür versteckt! Seltsam genug hat er sich ja benommen. Vielleicht hat Finn Glück und jenseits der Tür befindet sich etwas anderes als nur eine öde Abstellkammer?

Er drückt die Klinke herunter.

03Von einer verrückten Maschine, einer tutenden Trompete und einer Verfolgungsjagd