Firefly - Anne Polifka - E-Book

Firefly E-Book

Anne Polifka

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Beschreibung

Leano wurde zu einer lebenslangen Haftstrafe im lunaren Hochsicherheitsgefängnis verurteilt – unschuldig. Auf dem Mond angekommen, plant er die Flucht zurück zur Erde. Sein Ziel ist es, die Wahrheit über den Anschlag und seine Inhaftierung ans Licht zu bringen. Jedoch entpuppt sich sein Vorhaben als ein Wettlauf gegen die Zeit. Mit jedem Tag rückt sein Tod ein bisschen näher. Diese Kurzgeschichte entstand im Rahmen der #authorschallenge mit dem Thema „Glühwürmchen“ (englisch „firefly“).

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Vorwort
Firefly
Über die Autorin

Firefly

 

#authorschallenge

 

Von Anne Polifka

 

 

Anne Polifka

c/o autorenglück.de

Franz-Mehring-Str. 15

01237 Dresden

 

https://anne-polifka.wixsite.com/startseite

 

 

1. Auflage, 2022

© Anne Polifka – alle Rechte vorbehalten.

 

Anne Polifka

c/o autorenglück.de

Franz-Mehring-Str. 15

01237 Dresden

 

 

https://anne-polifka.wixsite.com/startseite

 

 

Vorwort

 

Diese Geschichte entstand im Rahmen von der #authorschallenge, für die mich Simone Henke mit dem Begriff »Glühwürmchen« (englisch »firefly«) nominiert hat.

Das Setting eines lunaren Gefängnisses schwebte mir schon länger im Kopf herum, nun bot mir die Challenge den Anstoß, eine Geschichte daraus wachsen zu lassen.

 

Die Regeln der #authorschallenge sind, eine Kurzgeschichte zu einem vorgegebenen Begriff zu schreiben und innerhalb von 4 Wochen zu veröffentlichen. Heute, am 26.01.2022, sind genau vier Wochen seit dem ersten Wort von Firefly (damals noch mit dem Arbeitstitel »Die Nacht der Glühwürmchen«) vergangen.

Die ersten fünf Tage muss die Kurzgeschichte kostenlos auf Amazon angeboten werden, danach soll der Preis 0,99 € betragen. Lima Stryse rief die Aktion unter dem Hashtag #miteinanderstattgegeneinander im Oktober 2020 ins Leben.

Im Sinne der Challenge nominiere ich nun Jennifer Schumann mit dem Begriff »Entfesselung«.

 

Nun wünsche ich viel Spaß beim Lesen und würde mich sehr über eine Bewertung freuen.

 

 

Firefly

Tausende Sterne funkelten in der absoluten Schwärze des Alls. Einzig das Licht der Sonne und der Mond durchbrachen das Sternenmeer. Zwischen ihnen und dem lebensfeindlichen Weltraum standen nur die alten Wände der Raumkapsel. Obwohl die Kapsel nur fünf Meter in der Länge maß, und dieser Platz durch eine abgenutzte Toilettenkabine und ein Regal mit Schubkästen zusätzlich verkleinert wurde, reisten im Inneren sieben Leute. Die vier Sträflinge saßen an den äußeren Ecken und zwischen zwei Gefangenen waren drei gepolsterte Sitze für die grau gekleideten Aufseher.

In größer werdenden Kreisen verließen sie die Erde auf dem Weg zum lunaren Hochsicherheitsgefängnis.

Einer der Sträflinge, der sicher der Siebzig näher war als der sechzig, wollte mit Wissen glänzen, denn er erzählte, dass sie auf gerader Strecke den Mond verfehlen würden. Die Wärter befahlen Ruhe, doch der Einstein an Bord redete weiter, bis er einen Schlag einsteckte. Seitdem schwieg der alte Mann und von der Schläfe ausgehend färbte sich seine Haut blau.

Leano beachtete ihn nicht weiter. Er kannte den Gefangenen nicht, denn das erste Mal traf er ihn vor einigen Stunden beim Sträflingstransport zum Weltraumflughafen.

Diese Aussicht, die sich durch das Fenster bot, zog ihn in ihren Bann. Sie erinnerte ihn an Glühwürmchen, die schon seit fast zwanzig Jahren ausgestorben waren.

Schon bald würde er diesen Anblick des Sternenmeeres tagtäglich verfluchen. Doch heute, auf seinem One-Way-Trip zum Mond, wird er sich der Faszination hingeben.

Die Schwerkraft hatte ihn längst freigegeben, aber der mehrfach gesicherte Gurt hielt ihn unbeweglich an seinem Platz.

Diese Situation war ironisch. Vor neunzehn Jahren hatte er die Petition zur Errichtung des Gefängnisses voller Überzeugung unterzeichnet. Ein Ort, der die Massenmörder, Serienkiller und Terroristen für immer ihrer Freiheit beraubte. Diese Menschen verdienten es nicht, nach zwanzig Jahren wegen guter Führung entlassen zu werden, bereit, wieder Verbrechen zu begehen. Sein Vater starb kurz zuvor, war einfach aus einer Laune heraus getötet worden. Leano hatte sich nach Rache gesehnt. Fast zehn Jahre später war der Mörder auf dem Weg zum Mond gewesen. Die Todesstrafe gab es nicht mehr und er hatte gehofft, dass das Schicksal, was diese Leute dort oben erwartete, schlimmer war als der Tod.

Bald würde Leano herausfinden, ob er seinen Willen bekommen hatte.

 

Vor vier Wochen hatten Polizisten ihn auf dem Heimweg von einem Treffen des Connection-Netzwerkes verhaftet. Es waren keine Streifenpolizisten; groß und weiß prangte SEK auf ihren schusssicheren Westen.

Jeden in der Stadt entsetzte der Anschlag. Die Nachrichten hatten zwei Wochen von nichts anderem berichtet. Eine Bombe, die bei der Einfahrt der Schwebebahn im Bahnhof explodierte. Dreiundachtzig Tote, mehrere hundert Verletzte. Grausam, menschenverachtend und eine Tat, die Leano nicht einmal im Traum einfallen würde. Die Polizei hatte alle »Beweise« erfunden.

Er gehörte unter dem Namen Firefly der Connection an, doch schon sein Vater war Mitglied gewesen. Das war keine Terrororganisation. Sie veranstalteten Demonstrationen und wiesen auf die dringend nötige Regierungsreform in den Eurostaaten hin. Die Europäer brauchten eine richtige Demokratie. Die Connection agierte auch weltweit, denn es war überall das gleiche Elend.

Das Gericht beschloss seine Inhaftierung außerhalb der Erde binnen zwei Stunden. Das Urteil hatte schon lange festgestanden. Es war alles nur eine medienwirksame Farce gewesen.

 

Leano entwich ein Seufzen. Aktuell konnte er nichts machen. Hier im All gab es keine Fluchtchancen. Er drehte den Kopf zur Seite, sein Blick wanderte über den schmalen Gang hinweg zu Sträfling 254, der Einstein der Kapsel. Den Namen kannte er nicht. Sie wurden mit der Nummer angesprochen. Die von Leano lautete 256. Eine weitere Ironie des Schicksals, denn am 25. Juni 2042 war dieser Irrsinn ins Rollen geraten.

Sein Blick wanderte zu 253, der schlief. Ihn schien seine Zukunft nicht zu beunruhigen. Oder plante er etwas? Leano schätzte den Mann älter als sich selbst ein. Zumindest zeigten dessen Haare mehr Grau als Schwarz.

255 schien in ein Gebet vertieft zu sein. Leano hieß den Umstand willkommen. Die ganze Zeit hatte sich der Sträfling hektisch umgesehen, vor sich hingemurmelt und unaufhörlich auf seinem Sitz herumgerutscht. Leano saß unschuldig hier, trotzdem stellte er sich nicht so an. Unterwegs konnte er nichts ausrichten, aber auf dem Mond gab es sicher eine Möglichkeit zur Flucht. Bis dahin hieß es, Ruhe zu bewahren und nicht aufzufallen.

Leano wandte den Blick von den anderen ab und betrachtete die Aussicht, die sich durch sein Fenster bot. Eine Hälfte des Mondes lag im Schatten. Sein Verstand gaukelte ihm winzige Lichtpunkte des Gefängnisses vor, denn es war zu weit entfernt, um etwas zu sehen. Sie würden noch drei Tage fliegen.

Während er hinaussah, verschwamm die Sicht vor seinen Augen. Seit fast sechzehn Stunden war er wach. Die Startvorbereitungen und die Sträflingsübergabe hatten allein bis zum Morgengrauen angedauert. Die Müdigkeit zehrte zunehmend stärker an ihm. Die Lichtpunkte vor der Schwärze des Alls schienen zu flirren und umherzuschwirren.

 

Ein schrilles Pfeifen erklang. Leano schreckte aus dem Schlaf, blinzelte gegen das Licht der Röhrenlampen, die das Kapselinnere erhellten. Langsam erkannte er den Wärter mit einer Trillerpfeife. Ein gedrungener Kerl mit dem Gesicht eines Trolls, wie Leano fand.

»Essen und Toilettengang. 15 Minuten.« Der Mann lief zu dem ersten Sträfling: 253. Bei jedem Schritt ertönte ein metallisches Klacken, wenn der Magnet an der Schuhsohle vom Boden angezogen wurde. Hier nicht haltlos herumzuschweben, bedeutete einen klaren Vorteil. Die Wache löste den Gurt, aber nicht die Handschellen. Zu zweit verschwanden sie in der Kabine. Nicht mal auf der Toilette gestatteten die Aufseher ihnen Privatsphäre.

Die anderen zwei Wärter lösten die Handfesseln der Gefangenen und verteilten geöffnete Becher mit etwas, das Leano nicht definieren konnte. Es ähnelte einem verklumpten Risotto, in dem braun-rote Punkte den kümmerlichen Ansatz eines guten Willens zeigten. Hier aß das Auge definitiv nicht mit. Leano wartete, doch es gab kein Besteck für die Sträflinge. Sollte er die Aufseher etwa mit einem Löffel erschlagen? Er schnaubte. Dann aß er halt mit den Händen.

»256, passt dir etwas mit dem Essen nicht?« Wie ein Peitschenhieb erklang die Stimme des Wärters, der 253 von seinem Toilettengang zurückbrachte. 255 schrie erschrocken auf. Leano hob den Blick zu dem Wachmann.

»Nein, ich …«

Das Trollgesicht nahm ihm seinen Becher ab, gab ihn 253. Der Wärter legte Leano wieder die Handfesseln an, bevor er den Gurt öffnete. Ihm bot sich nicht die geringste Chance, sich festzuhalten, denn es gab nichts Abstehendes. Die Wachleute brauchten aufgrund ihrer Magnetstiefel keine Haltegriffe. Haltlos trieb er in der Schwerelosigkeit.

In der kleinen Sanitärkabine stand der Wärter direkt hinter ihm, so nah, dass Leano dessen Atem im Nacken spürte. Als wäre diese vorsintflutliche Vakuumtoilette nicht demütigend genug. Sekunden vergingen.

»Überleg es dir genau. Die nächste Pause ist in vier Stunden und ich werde sicher nicht dazwischen mit dir zur Toilette gehen, weil du dich jetzt weigerst.« Was konnte er dafür, dass er nicht musste? Sein Körper lief nicht nach deren Zeitplan. Er ließ seine Hose geschlossen.

»Dein Gesicht merk ich mir.«

Was hatte der Kerl für ein Problem mit ihm? Das Trollgesicht hatte ihn eindeutig auf dem Kieker.

Essen bekam Leano an diesem Tag nicht mehr.

 

Es existierten nicht viele Möglichkeiten, auf der dreitägigen Reise die Zeit totzuschlagen. Reden war verboten. Summen war verboten. Selbstgespräche waren verboten. Das Gesicht von 254 zierte die Konsequenz für Regelverstöße in Form eines großen Blutergusses. 255 erhielt eine beachtliche Beule auf der Stirn, weil er nicht aufhörte, vor sich hinzureden. Das war es Leano nicht wert. Er wusste nicht, was ihn auf dem Mond erwartete. Es war besser, sich nicht vorher grün und blau schlagen zu lassen, weil er Langeweile hatte.

Ihm blieb nur die Wahl, aus dem Fenster zu schauen oder zu schlafen, mehr nicht. Alle vier Stunden weckten die Wärter sie. Mats - mittlerweile kannte er den Namen des Trollgesichts, da die Wärter ab und an miteinander sprachen – tat dies am liebsten mit der Trillerpfeife. Zufällig stand er dabei immer neben Leano.

Mats Kollegen hießen Antonio und Till. Sie waren okay als Wachleute, wenn okay ›Klappe halten und machen, was Mats sagt‹ bedeutete.

Leano erlebte definitiv die drei längsten Tage seines Lebens. Selbst das Gefängnis schien mittlerweile erstrebenswerter als das hier.

 

Die Wärter begaben sich auf ihre Plätze und schnallten sich an.

---ENDE DER LESEPROBE---