Flehentlich mit seinem Weibe - Waltraud Krannich - E-Book

Flehentlich mit seinem Weibe E-Book

Waltraud Krannich

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Beschreibung

"An diesem Ortte ist vor deßen keine Hoffstatt noch Wohnung, sondern nur allein lauter Holz gewesen." So heißt es in einem kurfürstlichen Dokument über die Region am Erzgebirgskamm. Das änderte sich, als Kurfürst August ab 1560 das Holz dieser Wälder für den Bergbau zu nutzen begann. Menschliches Leben kehrte ein in die wildromantische Bergwelt. Der reiche Schatz an alten Handschriften im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden machte es möglich, die Geschichte von Rübenau als eines der neu entstandenen Dörfer zu rekonstruieren und dabei die ersten Ansiedler gewissermaßen zu neuem Leben zu erwecken. Geschildert und dokumentarisch belegt wird, wie ein armer Müller und Bäcker in der Wildnis eine Mühle aus Holz baute, wie ein findiger Herrensohn ein "Gütlein" in Rübenau errang, wie ein Mann zeitlebens Schulden abzahlte und dennoch sein Eigentum verlor, wie ein Gut zwischen Vernachlässigung und Kriegsgewalt zerrieben wurde, wie ein Geheimer Kammerdiener mit Ausdauer und Schlauheit zu zwei Gütern kam, wie ein draufgängerischer Gutsherr viel Nützliches anfing, aber sich dabei überschätzte, wie er das Münzwesen von Sachsen heilen wollte und ihn August der Starke verhaften ließ und ein kursächsischer Hof- und Jägermeister bei der Versteigerung zweier Güter seinen Schnitt machte.

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Teil 1

Von den Anfängen bis 1700

INHALT

Vorwort

Ein Fischgewässer im Miriquidi

Die Mühle an der Rybenaw

Ein Anwesen ganz für sich

Flehentlich nebst seinem Weibe

Das missliebige Besitztum

Ein Kammerdiener als Gutsherr

Der gewitzte Unternehmer

Dass zum Zwecke Münzen klingen

Das Zwischenspiel

Rübenau – noch mitten im Wald

Glossar

Zur Autorin

Vorwort

„An diesem Ortte ist vor deßen keine Hoffstatt noch Wohnung, sondern nur allein lauter Holz gewesen“, so heißt es in einem kurfürstlichen Dokument von 1595 über eine Gegend am Erzgebirgskamm bei Marienberg.

Das änderte sich, nachdem Kurfürst August ab 1560 das Holz dieser ausgedehnten Waldflächen für den Freiberger Silberbergbau zu nutzen begann. Holzfäller, Köhler und Flößer, Fuhrleute und Landvermesser setzten nun ihren Fuß in das abgelegene Waldgebiet. Auf den abgeholzten Flächen inmitten der tiefen Wälder nahe der böhmischen Grenze begannen sich Menschen anzusiedeln. Floßteiche wurden angelegt, und allmählich entstand ein kleines Dorf. Mitten in ihm floß seit Urzeiten ein Bach zu Tal, der wegen seines Fischreichtums Rybenaw hieß – von slawisch ‚ryba’ - ‚Fisch’. Das Dorf wurde nach ihm benannt, und so entstand der Ortsname Rübenau.

Wie sich die ersten Bewohner in der rauen Natur des Obererzgebirges behaupteten, was sie antrieb und wie sie sich auf die Abhängigkeit vom Kurfürsten und dessen Beamten einstellten, das ist auf den folgenden Seiten beschrieben. Der reiche Schatz an historischen Dokumenten im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden und weitere Quellen machten es möglich, aufschlussreiche Einzelschicksale und konkrete Geschehnisse aus dieser Zeit wiederzugeben und zu belegen. Einige namentlich bekannte erste Ansiedler werden dadurch gleichsam zu neuem Leben erweckt.

Besonders berührt das Schicksal des Müllers und Bäckers Georg Müller. Er rodete eine ihm bewilligte Flur, siedelte sich am Bach Rybenaw an und errichtete eine Mühle aus Holz. Dass er auf diese Weise den Grundstein zu dem Dorf legte, ist ihm umso mehr zu danken, als es für ihn sehr schwer war, sich mitten im Wald mit seiner Familie durchzubringen.

Der Richter und Floßmeister Jonas Oehmichen kaufte dem Müller die Mühle ab, als dieser kein Geld für ein neues Mühlrad hatte, und begann im neu gegründeten Rübenau ein Lehngut zu bewirtschaften.

Sein Sohn Hans Oehmichen konnte mit seiner großen Familie die Schulden seines Vaters und seine Steuerlast zeitlebens nicht abzahlen und verlor sein „Gütlein“ an das Haus Wettin.

Magnus, einer seiner 16 Kinder, wurde bei Kurfürst Johann Georg I. Geheimer Kammerdiener. Ihm gelang es, das einstige Gut seiner Eltern als Schenkung seines hohen Herrn zurückzubekommen.

Sein Sohn Johann Georg gründete als zweifacher Gutsbesitzer eine Brettmühle, einen Rohrhammer und eine Glashütte, war Oberfloßmeister und Zolleinnehmer, betrieb das Waldäschern und Pottaschesieden, aber strebte nach mehr. Mit seinem Amt als kursächsischer Ober-Münzinspektor begab er sich auf einen ehrgeizigen Weg, der für ihn fürchterlich endete.

Seine Besitztümer erwarb der Hof- und Landjägermeister Carl Gottlob von Leubnitz bei der Versteigerung. Das Gut in Rübenau verkaufte er bis auf die dortige Glashütte unverzüglich weiter an einen adligen Leutnant „zu Ross“. Damit endet um 1700 dieser erste Teil der Rübenauer Geschichte.

Am 4. Oktober 1607 wurde in der gerade erbauten kleinen Kirche von Rübenau das erste Paar getraut. Oßwalt Ulman aus Bermsgrün bei Schwarzenberg heiratete Anne, eine Tochter des verstorbenen Jacob Hunger. Einige Zeit später vermählte der Pfarrer den Bräutigam Caspar Hänel mit Christine, eine Tochter von Jacob Reichel zu Olbernhau, und am 4. September 1610 schloss Christoff Freyer aus der Hammermühle die Ehe mit Anna, eine Tochter von Caspar Müller.

Hunger, Hänel, Reichel, Freyer, Müller – diese Namen und viele andere aus damaliger Zeit sind immer noch häufig in Rübenau anzutreffen. Die Existenzbedingungen änderten sich nach und nach von Grund auf, aber der dortige Menschenschlag bewahrt bis heute vieles vom Wesen seiner Ahnen.

Unsere Vorfahren sind uns weder in ihrer Art noch zeitlich so fern, wie man meinen könnte. Einige von ihnen möchte ich mit ihrem Hoffen und Handeln, Denken und Fühlen dem Leser nahebringen, ohne dabei die historischen Gegebenheiten außer Acht zu lassen. Das war der Grund, weshalb ich mich zu einer ausführlichen Recherche und allem Weiteren entschlossen habe. Je intensiver ich mich mit diesen einstmals wie wir heute mitten im Leben stehenden Menschen befasste, desto stärker verspürte ich ein Gefühl der Nähe und Verbundenheit mit ihnen, nicht zuletzt wegen der Lebensumstände, mit denen sie zurechtkommen mussten.

Wenn es mir mit diesem kleinen Buch gelingt, Interesse für die Geschichte der Grenzregion im Obererzgebirge und des Kurfürstentums Sachsen zu wecken oder die Aufmerksamkeit dafür zu vertiefen, so habe ich es nicht umsonst verfasst. Nicht ausgeschlossen ist zudem, dass der Leser dabei unweigerlich Parallelen zur heutigen Zeit erkennt.

Dresden, 17. November 2016

Waltraud Krannich

Ein Fischgewässer im Miriquidi

Die Besiedlung des Erzgebirges und die Entstehung von Rübenau

Der Miriquidi – das dunkle Waldgebirge

Selbst zu den Zeiten seiner größten Ausdehnung im Jahr 117 n. Chr. hatte das Römische Reich im europäischen Osten seine Grenzen an Rhein und Donau. Dem Cheruskerfürsten Armin war es rund hundert Jahre zuvor bei der Schlacht im Teutoburger Wald gelungen, die Legionen des römischen Statthalters von Germanien, Quintilius Varus, zu vernichten und damit das Gebiet zwischen Rhein und Elbe von römischer Herrschaft freizuhalten. Der ausgedehnte Waldgürtel, der einst diesen Teil von Mitteleuropa bedeckte, stellte einen natürlichen Schutz gegen die römischen Söldner dar.

Mehrere Bezeichnungen sind für ihn überliefert:

Siedler im erzhaltigen Gebirge

Den zwischen Sachsen und Böhmen liegenden langgezogenen Höhenzug nannte man über Jahrhunderte einfach das „Gebirge“. Die Bezeichnung „Erz-Gebirge“ taucht erst 1589 nach dem Großen Berggeschrei und der Entdeckung des dortigen Mineralienreichtums auf. Petrus Albinus – das ist Peter Weiß aus Schneeberg, später Professor in Wittenberg – verwendete ihn erstmals in seiner „Meißnischen Land- und Berg-Chronica“. In ihr befasst er sich ausführlich mit den „Erdgewächsen“ – sprich: dem Bergbau.

Anfang des 12. Jahrhunderts beschloss der Prager Domdekan Cosmas, eine „Chronik der Böhmen“ zu schreiben. Beginnen wollte er diese Geschichte seines Landes mit den ersten Bewohnern. Seine schriftlichen Quellen reichten jedoch nur bis ins 9. Jahrhundert zurück, alles Vorherige beruhte auf mündlicher Überlieferung. Sie besagte, dass dieses Land zuvor noch keine menschlichen Bewohner besessen habe und in den weiten Waldflächen nur mannigfaches wildes Getier zu Hause gewesen sei.

Wie ansehnlich uns heute nach mehr als tausend Jahren die Wälder unserer Heimat auch erscheinen mögen, so sind sie doch nur kleine Überreste des „Miriquidi“, der schier ewige Zeiten das Erzgebirge bedeckt hatte. Er bildete die damals noch strittige Grenze zwischen dem im 10. Jahrhundert entstehenden Heiligen Römischen Reich2 und dem Nachbarland Böhmen.

Die scheinbar endlose Weite dieses Waldes, die gebirgige Lage und das unwirtliche Klima behinderten im sächsischen und böhmischen Erzgebirge lange eine beständige Besiedlung. Möglicherweise haben sich aber schon damals umherziehende Jägersippen oder andere kleine Menschengruppen, die sich Tiere hielten und auf einfache Weise ein paar Felder bebauten, bis in die Gebirgstäler vorgewagt.

Blick vom Katzenstein – die wilde Schönheit des Miriquidi lässt sich noch ahnen

Nach der Völkerwanderung – der Wanderbewegungen germanischer Stämme im Zeitraum 375 - 568 n. Chr. – begannen die Sorbenwenden die teilweise ganz entvölkerten Landstriche zwischen Saale und Elbe für sich zu erschließen. Abgeschreckt von den rauen, unwirtlichen Waldhöhen, besiedelten sie zunächst vorwiegend die fruchtbaren Niederungen der Flüsse. Sie mieden die Gebirgswildnis, solange noch ausreichend klimatisch günstigere, fruchtbare Gebiete zur Verfügung standen. Aus dieser slawischen Zeit stammen noch zahlreiche Orts- und Flussnamen des Erzgebirges.

Die Unterwerfung der Slawen begann im 10. Jahrhundert, nachdem 928/29 König Heinrich I. die slawischen Heveller und Daleminzier besiegt und auf einem Berg an der Elbe die Burg Meißen gegründet hatte. Damit gerieten alle sorbisch besiedelten Gebiete unter deutsche Herrschaft. In ihnen regierten Markgrafen im Auftrag des Königs. Auch in Prag bildeten sich weltliche und kirchliche Machtzentren. Beide, die Böhmen wie die Deutschen, begannen das zwischen ihnen liegende, noch namenlose Gebirge mit seinem dunklen Wald zu erschließen, die einen vom Süden, die anderen vom Norden her. Der Gebirgszug hatte noch keine Grenzlinie, weil er noch nicht aufgeteilt war, denn ein Herrschaftsanspruch galt ursprünglich nur dort, wo die Macht tatsächlich ausgeübt wurde. Darum trachteten beide Länder danach, möglichst große Stücke des Erzgebirgswaldes unter ihre Herrschaft zu bringen, was nicht ohne Fehden abging.

Um 950 begann die erste Ostexpansion unter Führung von Kaisertum und Kirche, verbunden mit der nachfolgenden Christianisierung der slawischen Stämme. Die Leidtragenden waren die einfachen slawischen Bewohner. Nach der Niederschlagung des Slawenaufstandes von 983 zog sich ein Teil von ihnen ins obere Erzgebirge zurück und gründete dort einzelne feste Niederlassungen.

Unterwegs auf Steigen und Pässen

Alte Salzstraße zwischen Halle/S. und Prag. Zu ihr zählten mehrere sogenannte böhmische Steige. Einer führte über Chemnitz, Zschopau, Zöblitz und Rübenau und weiter über Brüx (Most) oder Komotau3

Der Wald des Erzgebirges gehörte zu dem natürlichen Schutzgürtel, den die Gebirgszüge des Böhmerwaldes bis zum Riesengebirge darstellten und in dem nur wenige Steige und Pässe die Überwindung des Gebirgskamms ermöglichten. Im Mittelalter bildeten im Gebirge derartige Saumpfade, Reit- und Karrenwege, Steige genannt, die Verkehrswege, auf denen die Menschen zu Fuß, mit Pferden, Ochsen oder Handkarren unterwegs waren.

‚Böhmische Steige‘ und ‚Salzstraße‘ nannte man die Verbindungen zwischen Sachsen und Böhmen einst aus triftigem Grund: Wegen fehlender Salzvorkommen in Böhmen und in den Donauländern entwickelte sich, beginnend bei den Salinen von Halle an der Saale, ein das Gebirge überquerendes Verkehrsnetz, das vor allem Händler und Fuhrleute nutzten. Diese sogenannten Pässe zogen sich gleich in mehreren Routen über den Erzgebirgskamm.

Der Böhmische Steig über den Deutscheinsiedler Sattel hatte erheblichen Anteil an der Entstehung des Städtchens Sayda. An diesem Teil der Alte Salzstraße lag einer der sehr frühen Rastplätze für Händler und Fuhrleute, die ihre Waren auf dieser Strecke transportierten. Die erste urkundliche Erwähnung von „Zavidove“ stammt von 1207, aber vermutlich gab es Sayda als slawische Ansiedlung bereits zuvor. Mit seiner Burg bot der Ort Schutz für die Straße nach Böhmen und die entstehenden Gemeinden ringsum. In Dokumenten von 1253 und 1289 heißt die Siedlung Castrum et civitas Seydowe. Andere Schreibweisen waren Saidove, Seydove und Saydow“.

Ein Steig gabelte sich in Zschopau und führte über Rübenau nach Görkau. An der Hilmersdorfer Höhe „trennen sich die Wege nach den drei alten Übergängen Reitzenhain, Kühnhaide und Rübenau, von denen nach den Lokalnamen der letztere der älteste sein muss, obgleich dieser Weg die Pockau bei Lauterstein an einer schwierigeren Stelle als bei Kühnhaide und Reitzenhain durchfurthet. Dieser somit älteste Weg läuft über Lauta, Lauterstein, Zöblitz fast geradlinig nach Rübenau, Kallich, Bernau und auf dem Rücken über Platten (Blatno) nach Komotau. […] Ein Parallelweg hierzu mit Abzweigung am ’Rungstockborn’ oder am ’Steinhübel’ führt als ’alte Komotauer Straße’ über ’Kriegwald’ an der ’Schwedenschanze’ vorbei nach Obernatschkau (oder Natschung), über die Annasäule am Steinhübel, Rodenau, Quinau ebenfalls nach Komotau.“4

„Für wohl jeden Pass übers Erzgebirge wird in Anspruch genommen, dass ihn der jüdische Sklavenhändler Ibrahim ibn Jacub5 genutzt hätte. Aufgrund der Entfernungsangaben, die ibn Jacub mitteilt, kann es sich wohl nicht um den Pass über Rübenau handeln, dieser führte zu dieser Zeit nicht über Kalek/ Kallich und Červený Hradek/Schloss Rothenhaus, sondern über Blatno/Platten in die Gegend beim späteren Chomutov/Komotau. So ist es wohl doch die ’Alte Salzstraße’ über Sayda, die Ibrahim ibn Jakub nutzte.“ 6

Wegweiser bei Sayda

Neben Salz wurden auch Handelsgüter wie Wein, Lederwaren, Felle, Stoffe und Fisch auf diesen „Böhmischen Steigen“ nach Prag transportiert. Die zunehmende Besiedlung und der Straßenzwang, der den Kaufleuten vorschrieb, welchen Pass sie benutzen mussten, führte zu einer immer stärkeren Verzweigung des Wegenetzes. Die Territorialherren und Ortsobrigkeiten als Inhaber der Straßenrechte erließen Verordnungen, um ihre Einnahmen aus den Abgaben für die Verkehrswege zu sichern und zu vergrößern. Dadurch wurden vor allem die Kaufleute gezwungen, auf bestimmten Routen zu reisen. So mancher dieser ältesten Verbindungen ist noch vorhanden, und sei es auch nur noch in Gestalt einer nüchternen Autostraße oder eines holprigen Feldweges.

Das erste und zweite „Berggeschrey“

Als im 12. Jahrhundert entdeckt wurde, welche Bodenschätze das Erzgebirgsland barg, veränderten sich sein Aussehen und sein Ruf einschneidend. Die Silberfunde bei der damals entstehenden Siedlung Freiberg lösten das Erste Berggeschrei aus. Fast zeitgleich wurde im sächsischen und böhmischen Erzgebirge auch das erste Zinnerz gefunden. In dem Drang, weitere Erzvorkommen zu ergründen, wurden die Rodungen in dieser frühen Besiedlungswelle von Sachsen und Böhmen aus gleichermaßen weiter vorangetrieben.

Das 1085 entstandene Königreich Böhmen und die Wettiner Markgrafen Otto und Dietrich förderten die Einwanderung immer neue Siedler. Die Herrscher von Meißen und Böhmen schickten Lokatoren aus, besonders nach Thüringen und Franken, um mit Steuervorteilen und anderen Vergünstigungen Kolonisten anzulocken. Ein regelrechter Wettlauf zwischen Böhmen und Meißen um die Besiedlung des Gebirges setzte ein. Die vorhandenen Pässe über den Kamm, vor allem die Alte Salzstraße, wurden zu wichtigen Siedelbahnen, an denen über kurz oder lang Burgen in die Höhe wuchsen und neue Städte und Dörfer entstanden. Es kam zu einem ungeahnten wirtschaftlichen Aufschwung, der hauptsächlich vom Bergbau ausging. Bereits ab dem 10. Jahrhundert entstanden Zöblitz, Zwönitz, Lößnitz u. a. frühe Bergstädte, wobei die Endungen auf -itz, -litz oder -nitz zumeist auf den slawischen Ursprung hinweisen. Zöblitz wird 1323 in einer Urkunde als „stetechen zcobelin mit dem zcolle“ erwähnt.

Die neuen Erzfunde des Zweiten oder Großen Berggeschreis zogen in einer weiteren Rodungsperiode wiederum Menschen an. Diese zweite Besiedlungswelle war verbunden mit der Gründung von Bergstädten in der Nähe neu entdeckter Erzvorkommen, so von Schneeberg 1477, Annaberg 1496 und Marienberg 1521. Es war jene Zeit, in welcher der Silberbergbau den Reichtum Sachsens begründete. Vor Ort wurde in den Bergstädten Silber auch zu Geld verarbeitet. Außer Silber und Zinn schürfte und verarbeitete man bald auch Kupfer und Wismut.

Der Maler Hans Hesse schuf in Annaberg im Auftrag der Bergknappschaft 1522/23 vier Bildtafeln für den Bergaltar der Kirche St. Annen. Sie zeigen detailgetreu eine erzgebirgische Bergbaulandschaft und das bergmännische Leben bei der Silberförderung über und unter der Erde: die Anlage eines neuen Stollens, Zimmermänner, Häuer und Erzwäscher bei der Arbeit, die Erzeugung von flüssigem Silber in der Schmelzhütte und die Prägung von Silbermünzen, aber auch einen Engel, der verkündet, wo der Silberschatz zu finden ist. Mitten unter den Bergleuten steht in einem grünen Mantel der Bergbaupatron St. Wolfgang. Die nachfolgende Abbildung zeigt einen Bildausschnitt.

Ungeachtet dieses regen Treibens blieben die tiefen Wälder der entlegensten Regionen des oberen Erzgebirges noch bis ins 16. Jahrhundert so gut wie unberührt. Das änderte sich ab 1559 einschneidend. Kurfürst August kaufte dem Adelsgeschlecht der Berbisdorfer einen Großteil ihrer für Bergbau und Waldnutzung wichtigen Grundherrschaft ab und gründete auf der Burg Lauterstein ein kurfürstliches Amt als Aufsichts- und Verwaltungsbehörde. 1560 erließ er eine Holzordnung, um auch das Holz dieser ausgedehnten Waldflächen für den Freiberger Silberbergbau nutzen zu können. Von nun an setzten vor allem Bergleute, Holzfäller, Köhler, Flößer und Fuhrleute ihren Fuß in dieses zuvor einsame Waldgebiet. Nach und nach siedelten sich auf den abgeholzten Flächen auch in den Kammlagen immer mehr Menschen an.

Hans Hesse, Ausschnitt aus der Mitteltafel des Annaberger Bergaltars mit einer Bergbaulandschaft voller Halden und Huthäuser. Ein rot gekleideter, angestrengt arbeitender Häuer schaut den Betrachter als Einziger direkt an. Rechts neben ihm befördern zwei Haspelknechte mit einer Seilwinde Erz aus dem Schacht nach oben.

Kaiser Ferdinand II. setzte ab 1621 im Machtbereich der Habsburger den Katholizismus als einzige erlaubte Konfession durch. In Böhmen, wo zwei religiöse Lager existierten, begann eine rücksichtslose Rekatholisierung. Jeder Landesherr war ermächtigt, von seinen Untertanen zu verlangen, dass sie seiner Religion angehören oder das Land verlassen. Viele böhmische Protestanten verkauften daraufhin ihr Besitztum und flüchteten ins benachbarte Kurfürstentum Sachsen. Während zahlreiche böhmische Dörfer verödeten, entstanden auf sächsischer Seite durch die Emigranten neue Orte, darunter zum Beispiel Johanngeorgenstadt. Erst mit dem Westfälischen Frieden 1648 erhielten die Angehörigen offiziell anerkannter Konfessionen das Recht, ihre Religion auf dem Gebiet eines andersgläubigen Landesherrn privat auszuüben.

Das „Erste Bestehlich“ des Grenzdorfes Rübenau

Im heutigen Gebiet des Ortes hatten sich ebenso wie anderswo zuallererst Slawen niedergelassen. Vermutlich um die Zeit der Christianisierung durch Otto I., der ab dem Jahr 962 römisch-deutscher Kaiser war, drangen größere Scharen von Sorbenwenden in den Miriquidi-Wald vor. Diese ersten Ansiedler, die alten Pässe und Salzstraßen, der Bergbau, später böhmische Exilanten und aufblühende Hammerwerke wie der Sensenhammer an der Natzschung in Einsiedel – all das hatte zwar schon früh Einfluss auf die Besiedlung rund um Rübenau, aber erst nach dem Erlass der Holzordnung Kurfürst Augusts von 1560 erreichten die Baumrodungen auch die Kammlagen des Erzgebirges. Dann erst schufen die entstandenen Stockräume7 handfeste Gelegenheiten, dass auch dort neue Dörfer emporwuchsen.

Die Gründung von Rübenau als eine der entlegensten und schwer erreichbaren Ansiedlungen geschah relativ spät. Bis 1595 war im kurfürstlichen Amt Lauterstein stets nur vom Bach Rübenaw die Rede. Als jedoch an diesem kleinen Gewässer das erste „Gütlein“ entstand und mehr Häuser errichtet wurden, hielt man es amtlicherseits für angezeigt, dieser Ansiedlung den Status eines Ortes zu verleihen. Den Namen gab man ihm praktischerweise nach dem Bach, unter dem die Belange in diesem Gebiet bis dahin erfasst worden waren. Richtiger als „der Bach“ ist übrigens die weibliche Form „die Bach“, ausgesprochen „die Booch“, denn so nennt man dort im oberen Erzgebirge einen größeren Bach.

Die kurfürstlichen Amtserbbücher zählen auch im Fall der Entstehung eines neuen Dorfes zu den wichtigsten frühneuzeitlichen Geschichtsquellen Sachsens. Und so ist unter der Kopfzeile „Erste Bestehlich hieran“ – also „Erstes Bestehen“ – im Amts-Erbbuch8 von Lauterstein im Jahr 1595 auf Blatt 194 die ‚Gründungsurkunde’ von Rübenau zu finden. Sie lautet ganz bescheiden folgendermaßen:

Erste Bestehlich hieran 194. vide Ambts L. N. 1. […]

Ruebenaw

An diesem Ortte ist vor deßen keine Hoffstatt noch Wohnung, sondern nur allein lauter Holz gewesen, Hernachmahlß aber als man Ao 1580. geschrieben, Ist von Churf. Augusto Hoch und Christlöblichster Gedechtnuß George Morler Becken, zum Olbernhaw eine Mahlmuhle mit einem Gang dergestalt zur bawen gdsten [gnädigsten] vorstattet worden, daß er Jherlichen Kegen solchen Genieß mit eingerechnet die Abnuzung von einen abgetriebenen Holz Plaen, so zur Gräserey-trifft und futterung darzur vorreinet, fünff Scheffel Kohrn ins Amt Lauterstein Zinsen sollen.“9

Die falsche Schreibweise „Morler“ statt „Müller“ beruht offenbar auf der Unkenntnis eines Schreibers in Lauterstein, denn eindeutig hieß der Bäcker und Müller, der sich quer durch den Wald auf dem Weg an die Rübenaw machte, Georg Müller. Gemeint ist das Jahr, in dem er 1580 mit kurfürstlicher Erlaubnis mitten „uffm Walde“ an der Stelle, wo die Handelsstraße nach Böhmen diese Bach kreuzte, eine kleine Mühle bauen durfte.

Zu seinen Lebzeiten gab es also noch kein Dorf namens „Rübenau“, wie heute da und dort fälschlicherweise zu lesen ist. Im Jahre 1584 schrieb beispielsweise der Amtsschösser Erasmus Goldhan an Kurfürst Christian I. bei der Befürwortung einer Bittschrift von Georg Müller unter anderem noch: „ein mahlmuhlichen mit einem gange, an der Rubenauer bach“10 (Hervorhebung W. K.).

Immerhin hatten wahrscheinlich schon längere Zeit vor dem mutigen Müller einige Holzfäller und Köhler in der waldreichen Gegend des späteren Ortes ihre ärmlichen Hütten errichtet. Eine solche Vermutung wird dadurch bestärkt, dass Rübenaus späterer Ortsteil Einsiedel bereits 1497 erstmals als „Einsidell auff Gorcker Straße“ urkundlich erwähnt wird.

Eine (!) Bach als Ursprung des Ortsnamens

Erstmalig taucht „Rübenau“ im Kaufbrief von 1559 auf, als Kurfürst August der Familie Berbisdorf für die Kaufsumme von 107 784 Gulden11 weit unter Wert den Großteil ihrer Güter, Dorfschaften, Wiesen und Waldungen abkauft, und zwar auch dort als Bach. In dem Dokument sind alle Hauptwälder genannt, die von nun an zum kurfürstlichen Amt Lauterstein gehören. An erster Stelle steht der Kriegwald. Seine Lage wird so beschrieben

„Den Kriegwalldt, Wie derßelbe zwischen der Comethauer, unndt Görcker, Straßen, der Natzschka, und der Rübenau, geleg, daran uns der halbe theill An grundt und Bodenn, Auch aller Jaigt-, und Jaigt gerechtigkeit, zugestanden, [...] wir auf dreytausend Gülden Jährliche Nüzung angeschlagen [...]“12

Ein Jahr darauf wird Rübenau, verschieden geschrieben, in der Holzordnung von 1560 viermal genannt – aber auch immer nur als Bach:

„Hauptwalde – der Kriegwald zwischen der Yorcker straßen und der Commothauer straßen und den Wassern der Natzschke und der Riebenau gelegen.“13

„Zu des Kretzschmars zu Natzschke Güthern und wasser, die sich dieselben obig den Kriegwalde scheiden, fährt sich die Lautersteinische Natzschke an, und gehet herüber nach unter dem Sensenhammer hinweg biß an den Bach der großen Steinbach, welche in die Natzschke fället, und ist die Länge solches Wassers ungefähr ¾ Meilwegs lang, darinnen die Fischerey an beyde Ufern auf die Gericht den Amt Lauterstein gehörig, die soll Wolf Illgen14, die Zeit seines Diensts neben der Fischerey in den Einfällen der Rübenauer großen und kleine Steinbach; Weißflößlein und Schwartzbächlein zu gebrauchen haben [...]“ „Schwartz Bächlein. Entspringet aufn Hauptwalde und fället in die Rübenau hat Saz Föhrl[ein].“15

„Rübenauer Bach. Entspringet aufn Haupt Walde, und fället unter den Einsiedel in die Natzschke, hat Saz Föhrl.“16

Das fünfte Mal erwähnt wird das künftige Rübenau am 9. Mai 1571 in einem Schreiben des Schössers Hans Heintze an Kurfürst August. Es geht darum, ob es sich lohnen würde, an der Rübenau einen Floßteich anzulegen, was er kosten würde und ob er für das Holzflößen nützlich wäre. Unter anderem heißt es darin:

„Nachdem Euer Churfl. Gn. vorgangenen Herbst gnedigst uns aufferleget und [...] derweil der Floßmeister Caspar Ömmichen zum Olberhau einer Teichstadt zu dem Bach Riebenaw gnand [genannt] angegeben, daß wir die dieselbigen besichtigen17“.Dieser Teich könnte zwar gut seine 300 Gulden kosten, aber er sei der Flößerei sehr zuträglich, heißt es weiter. Wenn also der Kurfürst belieben sollte, solch einen Teich anlegen zu lassen, so wäre es sehr vorteilhaft, das alsbald zu tun und „dann itziger Zeit Arbeyter zu bekommen, so wolden wir auch nach einen vorstendigen Teichmaister trachten“.

Alle dortigen Taufen, Hochzeiten und Todesfälle hat der Pfarrer im Kirchenbuch von Zöblitz handschriftlich festgehalten, und so wissen wir heute zum Teil, wer in der Gegend „uffm Walde“ oder „vom Walde“ wohnte, denn die Bezeichnung Rübenau gab es ja noch nicht. Der erste Eintrag stammt schon von 1578: „Thomas Donat Vom Walde sein Weib gestorben ten 3 Septembris“. Wenig später versetzt ihm das Schicksal einen neuen Schlag: „Thomas Donat Vom Walde sein klein Kindelein gestorben, undt den 17 Novembris begraben“. Im gleichen Jahr stirbt am 5. Dezember auch „Valten Schmidt uffm Walde“. Die Kindersterblichkeit ist hoch. 1579 sind es aus den wenigen Häusern gleich zwei: „Job Freyer ufm walde ein Kindt gestorben und den 13 Juny begraben“, „Adam Freyer vom walde sein Kindt gestorben undt den 8 Decembris begraben worden.“ Und 1580 ist dem „Anders Ram ufm Walde sein hausfrau gestorben und den 7 February begraben“.

Im gleichen Jahr stellt ein armer Müller und Bäcker – nämlich der erwähnte Georg Müller – seinen Antrag, dass er hier eine Mühle bauen möchte…

Die Gegend um Rübenau nach 1639

Auf der umstehenden Karte18, die das Gebiet rund 60 Jahre nach Georg Müllers Mühlenbau darstellt, sind die Rübenauer Bach mit einer Hammermühle und die seit 1607 vorhandene Kirche gut zu erkennen. Damals gehörten zu Rübenau außer dem Gut mit einer Mahlmühle schon „16 Holzhauer Häuserlein“19. Auch weitere Gebäude fallen ins Auge: der 1556 gegründete Sensenhammer in Einsiedel, das Zollhaus an der Natzschkau (Natzschung) und das Forsthaus am Kriegwald.

Und noch etwas lässt aufmerken: eine Burgruine rechts von einem großen Floßteich, bezeichnet als „Wuste Raubsch.“ 1750 wurde es so beschrieben:

„Nach diesen Felsen ist ferner das so genannte alte Raub=Schloß, dessen Erbauung, Nahme, Besitzer und Verwüstung ganz unbekannt, sehr merckwürdig. Solches liegt in dem Haupt=Wald Ost=südlich auf einem ungeheuren Berg und Felsen disseits des Schwartz=Wassers, bey nahe eine Stunde von Zöblitz. […] Jetzo aber ist fast alles verfallen, und mag wohl seyn, daß, nachdem […] die Berg=Leute etliche mahl starck nachgegraben, das meiste vollends ruiniret worden. […] Es mag, dem Anschein nach, einen starcken Thurm, der itzo klein, und doppelte Mauren, wie auch 2 ziemliche weite Gräben gehabt haben, davon man noch itzo auf der Nord=Seite deutliche Spuren siehet.“20

Die Schreibweise wechselt, aber ob Rübenau, Riebenau, Riebenaw oder auch Rybenaw, gemeint ist, wie gesagt, zunächst immer die Bach. Die Herkunft des Ortsnamens ist also eindeutig. Ryba bedeutet in slawischen Sprachen Fisch. Die Rübenau war demnach ein „Fischwasser“.

Ehemals gab es noch zwei weitere Orte namens Rübenau. Der eine war ein Dorf 12 km südlich von Breslau (Wrocław), das 1937 aus Tschauchelwitz in Rübenau umbenannt wurde, und zwar wegen der Zuckerrüben, die in der dortigen Zuckerfabrik verarbeitet wurden. Seit dem Ende des 2. Weltkrieges ist der Ort polnisch und heißt Szukalice. Der andere Ort war das Dorf Kłopot im Gebiet der westpolnischen Stadt Inowrocław, das 1815 – 1919 und 1939 – 1945 ebenfalls Rübenau hieß.

Wer jetzt in unser Rübenau kommt, kann eine Begrüßungstafel entdecken, auf der stilisiert ein Fichtenwald, ein Meiler und ein Gewässer mit einem Fisch zu sehen sind. Solch ein Wappen ist für Rübenau ein passendes Wahrzeichen. Doch zum Gedenken an die Ursprünge des Dorfes würde sich noch etwas weit Eindrucksvolleres eignen.

Der tapfere Müller und Bäcker Georg Müller brachte den Mut und die Kraft auf, in der heutigen Dorfmitte eine kleine Mühle aus Holz zu errichten, vermutlich in Blockbauweise. Auf dem großen Dorfplatz wäre dort, wo einst seine Mühle und später die Dorfmühle stand, viel Platz für ein lebensgroßes Standbild von ihm – und für einen Nachbau seiner kleinen Mühle, entweder in Miniatur oder so groß, wie die von Georg Müller vermutlich einst war. Dem ‚Urvater’ von Rübenau wäre so ein Denkmal gesetzt.

Vielleicht können alle Besucher sogar einmal in einer „Heimatstube“ erfahren, wie das Dorf einst mitten im Wald seinen Anfang nahm ...

Die Rübenauer Bach, jetzt Dorfbach genannt, im Jahre 2016. Ehemals hatte der Gutsbesitzer das Recht, vom Rübenauer Teich bis an die Mühle zu fischen. Jetzt ist das kleine Gewässer nicht mehr fischreich, aber vielleicht wird es das mal wieder! Foto: W. Krannich

1 Iulius Caesar: De bello gallico, Lib., VI, c. 25, http://www.gottwein.de/Lat/caes/bg6001.php 12.11.2015

2 Offizielle Bezeichnung für den Herrschaftsbereich der römisch-deutschen Kaiser vom Mittelalter bis 1806. Der Name leitet sich vom Anspruch ab, die Tradition des antiken Römischen Reiches fortzusetzen und ihre Herrschaft als Gottes heiligen Willen zu legitimieren. Der Zusatz „Deutscher Nation“ wurde ab dem späten 15. Jahrhundert üblich.

3 Erstellt von Silvia Köhler im Auftrag des Heimatvereins Mortelgrund - Zugriff 6.4.2016

4 H. Wiechel: Die ältesten Wege in Sachsen (1901)

5www.alte-salzstrasse.de/ zit. nach Albrecht Kirsche - Zugriff 12.1.16. Es betrifft die Reise des jüdischen Händlers und Gesandten des Kalifen von Cordoba Ibrahim ibn Jakub im Jahre 973 von Magdeburg nach Prag.

6http://www.alte-salzstrasse.de/ - Zugriff 22.8.15 Quelle: Dr. Albrecht Kirsche, Dresden 2007.

7 Stockraum: abgeholztes Stück Wald, aus dem die Stöcke der gefällten Bäume noch nicht entfernt sind

8 In ein „Amts-Erbbuch“ wurde eingetragen, wie viele Dörfer und Grundstücke zum Amt gehören, deren Lage, Besitzer, Abgaben usw. So verschafften sich die Ämter bis hinauf zum Kurfürsten und seinen Räten einen Überblick, was alles zu beherrschen, einzunehmen und zu bewirtschaften war. Mit „Erb-“ ist hier jedes durch Kauf, Arbeit oder Vererbung erworbene Objekt gemeint.

9 Sächsisches Hauptstaatsarchiv (SHStA) Dresden, Bestand 10036, Loc. 37978, Rep. 47, Lauterstein, Nr. 2, Erb-Buch 1595, Bl. 194

10 SHStA Dresden, 10036 Finanzarchiv, Loc. 37770, Rep. 43, Lauterstein, Nr. 0007, Bl. 8

11 Hering, Carl W.: Geschichte des sächsischen Hochlandes... Bd. 3. Leipzig 1827. S. 11

12 SHStA Dresden, 10036 Finanzarchiv, Loc. 37315, Rep. 22, Lauterstein, Nr. 0003

13 Hering, Carl W.: Geschichte des sächsischen Hochlandes… Bd. 3, S. 48. Alle Hervorhebg. W. K

14 damals Oberförster im Amt Lauterstein

15 SHStA Dresden, 10036 Finanzarchiv, Loc. 38731/38/6 Rep. 18, Bl. 48 Rückseite und 50

16 a. a. O., Bl. 49 Rückseite

17 SHStA Dresden, 10036 Finanzarchiv, Loc. 39703, Rep. 14, Lauterstein, Nr. 169

18 Ausschnitt aus einer Karte der gegen um Zöblitz. Privatarchiv Holfried Uhlig

19 Loc. 34002, Rep. 29, Lauterstein, Nr. 0005, Bl. 4-6, Schösser Johann David Pietsch am 6.10.1671

20 Wilhelm Steinbach: Historie des von dem Edlen Serpentinstein weitbekannten Städtgens Zoeblitz... Dresden 1750, S. 12 f.

Die Mühle an der Rybenaw

Georg Müller 1580 – 1590

Anfangs glaubt der junge Müller und Bäcker, in seinem Heimatdorf Olbernhau sein Glück machen zu können, und pachtet vom Lehnrichter Christoph Oehmichen eine Mühle. Aber nach zwei Jahren bricht in ihr Feuer aus, alles verbrennt. Nun ist er ein armer Mann. Anno 1577 schlägt Kurfürst August sein Jagdlager in Olbernhaw auf. Georg Müller richtet eine Bittschrift an den Landsherrn.

Der 1. Brief an Kurfürst August

Dies ist der erste historisch belegte Brief eines angehenden Rübenauers und zudem ein berührendes Bittgesuch. Deshalb sei es ausführlich wiedergegeben:

„Durchlauchtigster Hochgeborner Churfurst, […] Wie daß Ich von dem Richter allhier21, Seine muhle auff zwey Jar umb gebuhrlich Zinß bestanden. Baldt aber hernach alß ich eingesassen Solche muhle, durch ein Plotzlich Feuer unversehens Zugange und mir Armen alle meine vorradt von getreidich, und Anderen mehr leider verbranndt. Unnd dardurch in mercklichen schad gefallen, unnd in schuld kommen.

Wan aber Gnedigster Churfurst und Her, eine kleine Muhlstadt an dem kleinen Wasserlein Rybenau an der Behmischen Strassen, die auf Zobolß [Zöblitz] zugehet, Auch des orts uff eine grosse halbe meil Weges dass Holtz umbhero abgehauen, unnd E: Churfst: Gn: [Gnaden] gar nichts schedlichs. Alß [bitte] ich underthenigst, Und demuthigst E: Churf. Gn. wollen meynen Sachen großen ergangenen Unfalls gnedigst erwegen, Und mich Armen mahn mit solcher kleinen muhlstadt zu oben gemelten ort, domit ich die mit eynem muhlgange, zu wider Errichtung meiner Narung auffbawen und einrichten konte, Auß gnaden gnedigst bedenken und begnaden […]

E: Churf. Gn:Underthenigster Gehorsamer

George Muller Becke und Muller zum Olberhau“ 22

Warum gerade an der Bach Rybenaw?

Während er einen hochbeladenen Karren den Berghang über seinem Heimatdorf Olbernhau hinauf quer durch den Wald schiebt, schweifen seine Gedanken zurück. Noch viele mühsame Fuhren würden nötig sein, um alles heranzuschaffen, was er zum Mühlenbau und zum Leben braucht. Die Strecke ist zwar nur eine gute Landmeile23 lang, aber sehr bergig und steinig. Warum will er denn gerade dort oben in der Einsamkeit seine Mühle bauen? Er weiß, 1559 hat der Kurfürst fast die ganze Herrschaft Lauterstein aufgekauft und 1560 eine Holzordnung erlassen. Viel beginnt sich zu ändern im Land, auch ganz oben nahe bei Böhmen...

Das wird in der Holzordnung angewiesen:

„Vor unsre Freybergische Bergkwerke sollen in unsern Lautersteinischen Hauptwäldern, welche an dem Wasser der Nazschke gelegen

Vier tausend Schragen floßholz24 geschlagen und an den Holz=Anger hinter Blumenau geflößet, daselbst zu Kohlen gebrand – Und do dannen nach Freybergk geführet werden.“25