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Wolfgang Marschall erzählt in seinem Buch augenzwinkernd 41 meistens humorvolle ironische Kurzgeschichten von der Insel Föhr und vom Festland. Es sind die kleinen Momente des Alltags. Er erzählt von Aufregendem auf der Fähre, von einem wirklichen Werder-Fan, von einem Nachmittag im Hofladen, von einem Erlebnis im Ziegenstall, von einem unpassenden Handspiegel, von 100 Schlössern, vom verzweifelten Kauf einer Mütze, von Veganern oder von einer liebevollen Mutter.
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Seitenzahl: 100
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Für zwei Dicke zu klein
Neues Erbgut
Blechkuchen
Auf der Insel
Ein ganz spezieller Wunsch
Eine Wenigkeit
Interessenkonflikt
In der Christvesper
Vogelzähler
Wieder im Gleichgewicht
Eine resolute Belehrung
Das ist ein totsicherer Tipp
Einladung zum Klassentreffen
Aus kindlicher Sicht
Das ist schon ewig lange her
Hier bleibe ich nicht
Gehbehindert
Ein Handspiegel sollte es sein
Busfahrt nach Föhr
Thema Nr 1 – im Alter
Seltsames Schweigen
Tierische Liebe
Liebeserklärung
Männer sind total hilfsbereit
Wetterbericht im allgemeinen
Sterilisation
Bestimmt eine liebevolle Mutter
Hier war Goethe – nie
Vielleicht eine Zipfelmütze
Nur Wenige haben überlebt
Vegan-oder das Schreien der Schafe
Fraktion
100 Schlösser
Großartige Leistungen
Notorische Nörgler
Um blau zu werden
Der Kater Gismo
Männern passiert das nicht
Fenster in der Deutschstunde
Wirklich – unverzichtbar
Ehrenamtlich
Eigentlich dachte ich an nichts, alles war gut. Schaute auf das ruhige Meer von meinem Fensterplatz aus auf der Fähre und freute mich im Stillen nur auf die Insel, als sich plötzlich eine innere nevöse Unruhe in mir bemerkbar machte. Anfangs konnte ich es gar nicht einordnen, wusste nicht mal, was mich beunruhigte. Dann aber war es plötzlich glasklar, es fiel mir wie Schuppen von den Augen, du hast dein Smartphone im Auto liegen lassen.
In diesem Moment erklingt die Lautsprecherdurchsage der Schiffsführung: „Moin moin, herzlich willkommen auf der Uthlande. Wir wünschen ihnen eine gute Überfahrt nach Wyk auf Föhr“. Langsam kommt Bewegung in das Schiff.
Ich muss jetzt sofort aufs Autodeck zu meinem Auto, ich benötige doch mein Smartphone. Den ersten Gedanken, ganz schnell vom Salondeck in der 4. Etage hinunter zum Autodeck zu Fuß über die Treppe zu nehmen, habe ich sofort wieder aufgegeben. Der Treppengang ist viel zu umständlich und zu eng. Wenn dir Korpulente entgegen kommen sollten, dachte ich, dann wird es eng. Ich werde deshalb den Fahrstuhl nehmen, mit ihm geht es schneller. Es ist ja nur eine kurze Fahrt.
Ein Druck auf den unteren Knopf und nur wenige Sekunden später kommt der Lift geräuschlos angefahren. Langsam öffnet sich die Schiebetür und gibt den Blick in sein Inneres frei. Der Schock traf mich auf der Stelle. Wie angewurzelt bleibe ich deshalb vor der Tür stehen, traue mich überhaupt nicht einzutreten. Regungslos starre er auf das, was vor mir steht. Ich kann es gar nicht glauben, was ich da sehe. Eine Dame ist es die durch ihren enormen Körperumfang beinahe ganz allein den Platz in der Kabine ausfüllt. Dazu kommt auch noch der vor ihr stehende Trolley. Eigentlich ist kaum noch Platz für eine weitere Person.
„Kommen sie doch ruhig herein junger Mann, sagt sie die äußerst korpulente Dame smart zu mir, ich werde mich ganz dünn machen, dann haben wir beide Platz. Sie sind ja schlank“. „Sehen sie, es passt doch gerade noch“, sagt sie als ich mich hineingequetscht hatte.
Eng stehen wir beieinander. Vielleicht fährt sie nur eine Etage tiefer, zu den Toiletten, hoffte ich, dann ist wieder platz, das halte ich aus.
Völlig geräuschlos beginnt die Fahrt. Nur an einem leichten Schütteln bemerkt man es. Langsam gleitet der Lift in die nächsttieferen Etagen. Aber, er hält hier nicht, sondern fährt direkt bis auf das Autodeck hinunter. Das passt ja prima, dachte ich.
Langsam, beinahe in Zeitlupe, öffnet sich die Fahrstuhltür.
Nein, nicht schon wieder. Total geschockt starre ich auf das, was vor der Tür steht und offensichtlich gerade im Begriff ist einzusteigen. Ich glaube es nicht, es verschlägt mir total den Atem. Wieder steht dort eine Frau, die durch ihre enorme Körperfülle komplett die Fahrstuhltür ausfüllt. Doch die Dame schaut nur kurz zu uns herein. Dreht sich wieder um und macht überhaupt keine Anstalten einzutreten. Sie steht einfach ganz still, sagt kein Wort, aber versperrt natürlich total den Ausgang. Sie wartet offensichtlich, dass sich der Lift wieder in Bewegung setzt. Ein Aussteigen, um zu meinem Auto zu gelangen, war mir überhaupt nicht möglich. Geräuschlos schließt sich die Fahrstuhltür wieder und der Lift setzt sich aufwärts in Bewegung.
Wie gelähmt stehe ich ganz still, wort- und hilflos.
„Ach, nun fahren wir zwei doch wieder gemeinsam nach oben, säuselt die korpulente Dame aus der Fahrstuhlecke. Freundlich lächeld sie, aber anders wäre es auch nicht möglich denn für zwei so Dicke ist der Fahrstuhl auch wirklich viel zu eng“.
Ich werde nun doch die enge Treppe nach unten nehmen, denn dort werden mir die Damen sicherlich nicht begegnen.
„Unsere Jahrgänge müssen ein anderes Erbgut haben als die heutige Generation, das scheint für mich festzustehen, sinniert die Gattin. Früher war nämlich alles besser, wir sowieso“.
„Es gibt wirklich keinen Vergleich mit der heutigen Jugend. Weißt du Hermann, beinahe täglich kommen mir diese Gedanken“.
„Ich kann mir zum Beispiel überhaupt nicht vorstellen, ob die jungen Leute von heute beispielsweise wissen, was ein Büchsenmacher ist, oder ob sie noch Strümpfe stopfen können oder Kessel flicken? Nein, das kann ich mir wirklich schwer vorstellen oder was meinst du“?
„Manchmal glaube ich das auch“, und mit dem Kopf nickend, gibt ihr der Gatte durchaus recht.
„Ich bewundere diese modernen Mängelwesen trotzdem, weil sie offensichtlich mit einem völlig neuen Erbgut ausgestattet sind, welches wir Alten nicht haben“.
„Sie kompensieren diese Mängel locker auf ihre Art“, sprudelt sie weiter.
Diese neuartigen Gene befähigen sie zum Beispiel souverän mit dem Computer umzugehen. Oder ein anderes, das ihnen automatisch sagt, wo die Wahlwiederholungstaste am Telefon ist, und ein weiteres der vielen Mutationen lässt sie fehlerfrei whatsappen, während sie Fahrrad fahren, und sich dabei angeregt, oft gleichzeitig mit mehreren, unterhalten.
„Gestern Vormittag, stelle dir das Mal vor Hermann, hatte ich so ein seltsames, zu diesem Thema passendes, Erlebnis“.
„Es war im Supermarkt von Knudtsen“.
„Du weißt schon, ich wollte dort doch nur Brötchen für das Frühstück kaufen, als ich im Innern des Ladens eine Frau mittleren Alters, vielleicht so 45 Jahre alt, beobachtete, natürlich rein zufällig, die vor dem großen Regal mit den Hühnereier stand und gerade dabei war dieses zu fotografieren“.
Ob sie hier wohl besondere Urlaubsfotos mache, für die Lieben zu Hause, fragte ich sie ganz freundlich, natürlich überhaupt nicht neugierig.
Nein, nein, antwortete die junge Frau, sie benötige die Bilder nur als Beweis für ihren Sohn.
Oh, dann hat es wohl Ärger mit dem Supermarkt gegeben. Waren vielleicht die Eier faul, wollte ich nun, nur so nebenbei, von ihr wissen.
Nein mit den Eiern ist alles in Ordnung, antwortete sie, aber stellen sie sich mal vor, ich habe doch gestern meinen Sohn zu Knudtsen geschickt, damit er mir eine Schachtel Eier einkaufen soll. Was ja wohl keine schwierige Aufgabe ist, dachte ich.
Doch ganz überraschend erhielt ich plötzlich, während meiner Arbeit im Büro eine Whats-App von ihm. Es tue ihm ganz furchtbar leid, er habe hier bei Knudtsen überall gesucht aber er könne keine Eier finden. Das Unternehmen scheine diese nicht im Sortiment zu führen.
Erstaunt hat mich diese Nachricht schon, sagte sie zu mir, doch Sorge mache sie sich deswegen keine um den Jungen. Das komme sicher noch. Er ist ja noch jung, schließlich sei er erst gerade zwanzig Jahre alt geworden.
„Recht hat sie“, sagt nun Hermann spontan zu seiner lieben Frau. „Aber vielleicht sollte die Mama mit ihrem Filius öfter ein bisschen üben. Denn das Eier-Einkauf-Gen scheint im neuen Erbgut untergegangen zu sein“.
„Zwischen Klein und Groß Dunsum, gibt es einen Erlebnisbauernhof mit Hofladen und Café, habe ich gelesen“, erzählt Herr Behrens seiner lieben Frau eines morgens während des Urlaubs auf Föhr.
So beschlossen sie also spontan am Nachmittag diesem einen Besuch abzustatten. Nach kurzer Autofahrt haben sie das Ziel erreicht und stehen schließlich ein wenig misstrauisch vor dem Hofladen. Sie hadern noch mit dem Eintreten.
Es war ja von Außen überhaupt nicht zu erkennen, was sie im Innern erwartet.
Aber, als die beiden erst einmal an einem der vier Tische saßen und in Ruhe alles angeschaut hatten, waren sie einer Meinung, dass der Entschluss zu diesem kleinen Ausflug nicht schlecht war. Stilvoll und mit Geschick war der Raum eingerichtet. Es war überhaupt nicht mehr zu erkennen, dass noch vor nicht allzu langer Zeit Zuchtschweine hier ihr zu Hause hatten.
Wirklich, es war gemütlich hier. Und auch die regionalen Köstlichkeiten, die ringsum auf den Regalen und an den Wänden des Hofladens zum Erwerb aufgestellt waren, trugen dazu bei und veranlassen sicherlich die Gäste zum Bleiben und auch zum Erwerb.
Und „Bruno“, der alte gusseiserne Ofen, der wie ein altertümliches Geschütz aussieht, sorgt für angenehme wohlige Wärme und angenehme Atmosphäre im Raum. Pausenlos fütterten die Bauersleute ihn mit bestem Buchenholz.
Und das leichte knacken und knistern des Ofens wirkte auf Frau Behrens sehr romantisch.
Wirklich ein schnuckeliger Platz zum Verweilen und um gemütlich Kaffee und Kuchen zu genießen.
Herrn Behrens und seiner Frau gegenüber, am Nachbartisch, sitzt ein junges Ehepaar mit ihren beiden Kindern. Mädchen sind es, vielleicht 4 und 6 Jahre alt. Die beiden Kleinen schwatzen ohne Pause. „Manchmal ist das schon ein wenig nervig“, empfindet Herr Behrens, sagt es aber nicht, denn er möchte doch nicht als ewiger Miesepeter von seiner lieben Frau getadelt werden.
„Leise, fast unbemerkt, war die junge Bäuerin mit einem Zettel in der Hand an den Tisch der kleinen Familie getreten und hat nach ihren Wünschen gefragt.
Für uns ein Kännchen Kaffee und für die Mädchen einen Becher Kakao. Und was können sie uns für Kuchen empfehlen, fragte der junge Familienvater noch die Landwirtin. „Heute haben wir ganz leckeren Blechkuchen, er wird bestimmt den Kindern schmecken, den kann ich ihnen ganz besonders empfehlen“.
Spontan herrschte Ruhe am Tisch. Ein seltsames Schweigen herrschte bei den Mädchen. „Mögt ihr denn keinen Kuchen“, fragte vorsichtig die freundliche Bäuerin.
„Unwillkürlich begannen die Augen der wohl sechsjährigen kleinen Dame zu funkeln“, und mit aufgeregter Stimme erwiderte sie: „Ich kann aber keinen Blechkuchen essen, mir fehlen doch so wie so schon vorn 5 Zähne und noch mehr möchte ich nicht verlieren“.
„Siehst du, sagte leise hinter vorgehaltener Hand in diesem Moment Frau Behrens zu Hermann, ihrem Mann, was war das für ein Glück für mich, dass ich das noch rechtzeitig gehört habe“. „Ich weiß gar nicht, ob ich als Gebissträgerin mit dem Kuchen zurechtgekommen wäre“.
Das junge Ehepaar ist mit ihrem Sohn für ein paar Urlaubstage auf Föhr.
Der Kleine ist dreieinhalb Jahre alt und zum ersten Mal auf einer Insel. Obwohl er Föhr als Insel gar nicht erkennen kann spricht er, wenn man ihn fragt, natürlich nur von Insel und findet es hier ganz toll und ganz besonders mag er den Sand am Südstrand von Wyk.
Aber so richtig spielen konnte er bisher überhaupt noch nicht, immer störte ihn sein Vater. Der wollte ihm nämlich unbedingt sein geballtes Wissen übermitteln. Aber diese sicherlich gutgemeinten Erklärungen interessierten den Kleinen nun wirklich nicht. Er wollte doch nur im Sand und mit den Muscheln spielen. Ihm war es nämlich ganz egal, dass die vielen Muscheln die hier überall rumliegen, Herzmuscheln sind und dass die weißen Vögel, die schreiend vorüberflogen, Möwen seien. Auch überhörte er, während er versuchte konzentriert im Sand zu spielen, die väterlichen Bemühungen, ihm zu erklären warum sich das Nordseewasser bei Ebbe langsam zurückzieht. Er begriff es sowieso nicht.
Diese dauernden Hinweise und Erklärungen ärgerten ihn unglaublich, mehr noch, sie machten ihn regelrecht nervös. Deshalb hörte Max überhaupt nicht mehr zu. Dadurch sah er natürlich auch nicht auf das, was er gerade gezeigt bekam. Obwohl der junge Vater die missmutigen Reaktionen seines Sohnes bemerkte, beruhigte er sich mit den Gdanken, ich will doch nur das Beste für mein Kind.
Schon lange vor der Geburt seines Sohnes hatte er sich vorgenommen ein guter hilfreicher Vater zu sein. Ja, schon frühzeitig wollte er ihm alles erklären, alles, was er für besonders wichtig für das spätere Leben seines Sohnes hielt.
Gerade in diesem Moment fährt die Amrum-Fähre vorüber.