Forensische Psychiatrie und Psychotherapie - Norbert Konrad - E-Book

Forensische Psychiatrie und Psychotherapie E-Book

Norbert Konrad

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Beschreibung

In diesem Standardwerk der Forensischen Psychiatrie, das als Klassiker unter den forensisch psychiatrischen Lehrbüchern bereits in 5. stark überarbeiteter, um einige Kapitel erweiterter Auflage erscheint, werden Grundbegriffe an der Schnittstelle zwischen Psychiatrie und Rechtswissenschaft systematisch erklärt. Gleichzeitig wird auch ein umfassendes Basis- und Detailwissen vermittelt, das für den Erwerb der Schwerpunktbezeichnung "Forensische Psychiatrie" notwendig ist. Darüber hinaus stellen die Autoren die neuesten Entwicklungen in der Prognosebegutachtung und in der Forensischen Psychotherapie die unterschiedlichen forensischen Behandlungsbereiche dar. Zudem werden in eigenen Kapiteln die Besonderheiten des Zivil- und des Sozialrechts beschrieben. Das Buch basiert auf den umfangreichen Erfahrungen der Verfasser als forensische Therapeuten und Gutachter in unterschiedlichen Rechtsgebieten - ein Praxisbezug, der mit zahlreichen Fallbeispielen betont wird. Als erstes Forensisches Fachbuch bezieht sich dieses Lehrbuch außerdem auf forensisch relevante Neuerungen durch die ICD-11.

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Die Autoren

 

Prof. Dr. Norbert Konrad ist Direktor des Instituts für Forensische Psychiatrie an der Charité - Universitätsmedizin Berlin und leitet die Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Justizvollzugskrankenhauses Berlin.

 

Prof. Dr. Christian Huchzermeier, Direktor der Abteilung Forensische Psychiatrie und Psychotherapie im Institut für Sexualmedizin und Forensische Psychiatrie des Zentrums für Integrative Psychiatrie, Campus Kiel, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH)/Christian- Albrechts- Universität (CAU zu Kiel).

 

Prof. Dr. Wilfried Rasch, ehem. Direktor des Instituts für Forensische Psychiatrie der Freien Universität Berlin und Begünder des Werkes, im Jahr 2000 verstorben.

Norbert Konrad, Christian Huchzermeier, Wilfried Rasch

Forensische Psychiatrie und Psychotherapie

Rechtsgrundlagen, Begutachtung und Praxis

 

5., erweiterte und überarbeitete Auflage

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Pharmakologische Daten, d. h. u. a. Angaben von Medikamenten, ihren Dosierungen und Applikationen, verändern sich fortlaufend durch klinische Erfahrung, pharmakologische Forschung und Änderung von Produktionsverfahren. Verlag und Autoren haben große Sorgfalt darauf gelegt, dass alle in diesem Buch gemachten Angaben dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Da jedoch die Medizin als Wissenschaft ständig im Fluss ist, da menschliche Irrtümer und Druckfehler nie völlig auszuschließen sind, können Verlag und Autoren hierfür jedoch keine Gewähr und Haftung übernehmen. Jeder Benutzer ist daher dringend angehalten, die gemachten Angaben, insbesondere in Hinsicht auf Arzneimittelnamen, enthaltene Wirkstoffe, spezifische Anwendungsbereiche und Dosierungen anhand des Medikamentenbeipackzettels und der entsprechenden Fachinformationen zu überprüfen und in eigener Verantwortung im Bereich der Patientenversorgung zu handeln. Aufgrund der Auswahl häufig angewendeter Arzneimittel besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.

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5., überarbeitete und erweiterte Auflage 2019

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-033642-1

E-Book-Formate:

pdf: ISBN 978-3-17-033643-8

epub: ISBN 978-3-17-033644-5

mobi: ISBN 978-3-17-033645-2

Inhalt

 

 

Vorwort zur fünften Auflage

Vorwort zur vierten Auflage

Vorwort zur dritten Auflage

Vorwort zur zweiten Auflage

Vorwort zur ersten Auflage

1 Ethische Grundlagen

1.1 Selbstverständnis

1.2 Ethische Probleme bei der Begutachtung

1.3 Ethische Probleme bei der Behandlung

1.4 Entschädigung

2 Kriminologische Grundlagen

2.1 Kriminalitätstheorien

2.1.1 Die biologisch-anthropologische Perspektive

2.1.2 Die psychiatrische Perspektive

2.1.3 Die psychologische Perspektive

2.1.4 Die sozialpsychologisch-soziologische Perspektive

2.1.5 Die multidisziplinäre Perspektive

2.1.6 Die funktional-gesellschaftliche Perspektive

2.2 Straftätertypologien

2.2.1 Eine idealtypische Typologie

2.2.2 Empirische Typologie von Gefangenen

2.2.3 Die kriminelle Persönlichkeit

2.3 Das Geschlecht

2.4 Das Lebensalter

2.5 Soziales Milieu

2.6 Situation

2.6.1 Mittäterschaft

2.7 Gesellschaftlicher Wandel

2.8 Motiv, Wollen und Handlungsbereitschaft

2.9 Delinquenz

2.9.1 Tötungsdelikte

2.9.2 Sexualdelikte

2.9.3 Brandstiftung

2.9.4 Andere Aggressionsdelikte

2.9.5 Betrug

2.9.6 Andere Eigentumsdelikte

2.9.7 Stalking

3 Juristische Grundlagen

3.1 Erwartungen an den Sachverständigen im Strafrecht

3.2 Erwartungen an den Sachverständigen im Zivilrecht

3.3 Zum Krankheitsbegriff im Strafrecht

3.3.1 ICD-11

3.3.2 Der strukturell-soziale Krankheitsbegriff

3.4 Die psychiatrischen Diagnosen nach ICD-10 und DSM-5 in ihrer Zuordnung zu den psychischen Merkmalen der §§ 20, 21 StGB

3.5 Zum Krankheitsbegriff im Zivilrecht

3.6 Anmerkungen zur Reformgesetzgebung

3.7 Verantwortlichkeit

3.7.1 Schuldfähigkeit

3.7.1.1 Die psychischen Merkmale

3.7.1.2 Die normativen Merkmale

3.7.1.3 Die Anwendung

3.7.2 Verantwortlichkeit des Jugendlichen

3.7.2.1 Verantwortungsreife

3.7.2.2 Jugendreife

3.8 Verhandlungsfähigkeit

3.8.1 Zeugentüchtigkeit

3.9 Haftfähigkeit bzw. Vollzugstauglichkeit

3.10 Maßregeln der Besserung und Sicherung

3.10.1 Vorbemerkungen

3.10.2 Psychiatrisches Krankenhaus

3.10.2.1 Voraussetzungen der Anordnung

3.10.2.2 Die Anwendung

3.10.2.3 Lockerungen der Unterbringung

3.10.2.4 Die Beendigung

3.10.2.5 Einstweilige Unterbringung

3.10.3 Die Entziehungsanstalt

3.10.3.1 Die Voraussetzungen

3.10.3.2 Die Anwendung

3.10.3.3 Reformvorschläge

3.11 Andere Behandlungsformen

3.11.1 Sozialtherapeutische Anstalt

3.11.1.1 Die nicht in Kraft gesetzte Bestimmung des StGB

3.11.1.2 Die Vollzugslösung

3.11.1.3 Die psychiatrische Lösung

3.12 Sicherungsverwahrung

3.13 Führungsaufsicht

3.14 Therapieunterbringung

4 Psychiatrische Grundlagen

4.1 Psychiatrische Krankheitslehre

4.1.1 Zur Diagnostik und Klassifikation psychischer Störungen

4.1.2 Zur Ätiologie psychischer Störungen

4.1.3 Zum Zusammenhang von psychischen Störungen und Delinquenz

4.2 Organische einschließlich symptomatischer psychischer Störungen (ICD-11 6D70-72; 6D80-6D86)

4.2.1 Beschreibung und Klassifikation der Störung

4.2.2 Forensischer Aspekte

4.2.3 Epilepsie

4.2.3.1 Forensische Aspekte

4.3 Psychische Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen (ICD-11: 6C40–49)

4.3.1 Störungen durch Alkohol

4.3.1.1 Die Alkoholintoxikation

4.3.1.2 Alkoholfolgekrankheiten

4.3.1.3 Forensische Aspekte

4.3.1.4 Die Beurteilung rechtlich relevanter Handlungen unter Alkoholeinfluss

4.3.1.5 Die Einschätzung der Blutalkoholkonzentration

4.3.1.6 Bewertung komorbider Störungen und Alkohol

4.3.1.7 Actio libera in causa

4.3.1.8 Vollrausch (§ 323a StGB)

4.3.2 Opioide

4.3.2.1 Heroin

4.3.2.2 Forensische Aspekte

4.3.3 Cannabinoide

4.3.3.1 Forensische Aspekte

4.3.4 Sedativa, Hypnotika, Analgetika

4.3.5 Stimulanzien und Halluzinogene

4.3.5.1 Kokain

4.3.5.2 Crack

4.3.5.3 Amphetaminderivate

4.3.5.4 Lysergsäurediäthylamid (LSD)

4.4 Schizophrenie und wahnhafte Störungen (ICD-11 6A20 und 6A24)

4.4.1 Schizophrenie

4.4.2 Wahnhafte Störungen

4.4.3 Forensische Aspekte

4.5 Affektive Störungen

4.5.1 Bipolare affektive Störungen (ICD 11: 6A60-62)

4.5.2 manische Episode

4.5.2.1 Forensische Aspekte

4.5.3 Depressive Störungen

4.5.3.1 Forensische Aspekte

4.6 Erlebnisreaktive Störungen

4.6.1 Akute Belastungsreaktion

4.6.1.1 Forensische Aspekte

4.6.2 Anpassungsstörungen

4.6.2.1 Forensische Aspekte

4.6.3 Posttraumatische Belastungsstörungen (ICD 11: 6B40)

4.6.3.1 Forensische Aspekte

4.7 Störungen der intellektuellen Entwicklung (ICD 11: 6A00)

4.7.1 Störungen der intellektuellen Entwicklung (ICD-11: 6A00.0-6A00.3)

4.7.1.1 Forensische Aspekte

4.8 Persönlichkeitsbezogene Störungen: Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, abnorme Entwicklungen

4.8.1 Persönlichkeitsstörungen (ICD-11 6D10/11)

4.8.1.1 Forensische Aspekte

4.8.2 Neurosen

4.8.2.1 Forensische Aspekte

4.8.3 Psychopathologische Entwicklungen, Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle

4.8.3.1 Süchtige Entwicklungen

4.8.3.2 Sexualpathologische Entwicklungen

4.8.3.3 Querulatorische Entwicklungen

4.8.3.4 Pathologisches Spielen (ICD-11: 6C50 und 6C51)

4.8.3.5 Pathologische Brandstiftung (Pyromanie ICD-11: 6C70)

4.8.3.6 Pathologisches Stehlen (Kleptomanie ICD-11: 6C71)

5 Forensisch-psychiatrische Begutachtung im Strafrecht

5.1 Die Indikation zur Begutachtung

5.1.1 Besonderheiten der Prognosebegutachtung

5.1.2 Zivilrechtliche Aspekte

5.2 Die Durchführung der Begutachtung

5.2.1 Der Aufbau des Gutachtens

5.3 Anamnese

5.3.1 Familienanamnese

5.3.2 Eigene Anamnese

5.4 Lebenslauf und Selbstschilderung

5.5 Tatschilderung

5.6 Körperlicher Befund

5.6.1 Zusätzliche Untersuchungen

5.7 Psychischer Befund

5.7.1 Eindruck/Verhaltensbeobachtung

5.7.2 Psychologische Testbefunde

5.7.2.1 Testverfahren

5.7.3 Die Begutachtung nichtdeutscher Beschuldigter

5.8 Das mündliche Gutachten

5.9 Operationalisierung der gutachterlichen Fragestellungen

5.10 Kriterien der Schuldfähigkeitsbewertung

5.10.1 Persönlichkeit/Krankheit

5.10.2 Körperliche Befunde

5.10.3 Exogene Einflüsse

5.10.4 Die Entwicklung zur Tat/zu den Taten

5.10.5 Das Verhalten unmittelbar vor, während und unmittelbar nach der Tat bzw. den Taten

5.11 Besondere Tatzustände

5.11.1 Psychose

5.11.2 Rauschzustände

5.11.2.1 Alkoholrausch

5.11.2.2 Andere Rauschzustände

5.11.3 Affekt

5.11.4 Persönlichkeitsstörungen

5.11.5 Paraphilien

5.12 Prognose

5.12.1 Legalprognose

5.12.1.1 Standardisierte Prognoseinstrumente

5.12.1.2 Methodisches Vorgehen

5.12.2 Lockerungsprognose

6 Forensisch-psychiatrische Begutachtung im Zivilrecht

6.1 Die Geschäftsfähigkeit

6.1.1 Definition

6.1.2 Diagnostische Gesichtspunkte

6.1.3 Abgestufte und partielle Geschäftsunfähigkeit

6.2 Testierfähigkeit

6.2.1 Die gesetzlichen Grundlagen

6.2.2 Der Rahmen der Begutachtung

6.2.3 Die Testamentserrichtung

6.2.4 Die Erwartung der Erben

6.2.5 Die rechtlichen Grundlagen

6.2.6 Die psychiatrischen Grundlagen

6.2.7 Das luzide Intervall

6.3 Die rechtliche Betreuung

6.3.1 Zwischen Fürsorge und Zwang

6.3.2 Die Bestellung des Betreuers

6.3.3 Heilbehandlung

6.3.4 Unterbringung und Zwangsbehandlung

7 Forensisch-psychiatrische Therapie

7.1 Begriffsbestimmung und Rahmenbedingungen der forensischen Behandlung

7.2 Rechtliche Grundlagen der Therapiezuweisung und Institutionen der forensisch-psychiatrisch/therapeutischen Behandlung

7.2.1 Der psychiatrische Maßregelvollzug nach §§ 63, 64 StGB

7.2.2 Behandlung Drogenabhängiger gemäß § 35 BtMG

7.2.3 Behandlung in einer sozialtherapeutischen Anstalt

7.2.4 Ambulante forensisch-psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung

7.3 Behandlungsmethoden

7.3.1 Psychopharmakotherapie

7.3.2 Psychotherapie

7.3.2.1 Begleitendene Therapieverfahren

7.3.2.2 Schlussbemerkung

7.3.3 Andere Behandlungsformen

7.4 Justizvollzugs-Psychiatrie

8 Forensisch-psychiatrische Begutachtung im Sozialrecht und in der Versicherungsmedizin

8.1 Rechtliche Rahmenbedingungen

8.1.1 Sozialrechtliche Fragestellungen

8.2 Grundlegende Definitionen im Sozialrecht und Versicherungsmedizin

8.2.1 Der Krankheitsbegriff im Sozialrecht

8.2.2 Arbeitsunfähigkeit

8.2.3 Erwerbsminderung/Erwerbsunfähigkeit

8.2.4 Berufsunfähigkeit

8.2.5 Dienstunfähigkeit

8.2.6 Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE), Grad der Schädigungsfolgen (GdS) und Grad der Behinderung (GdB)

8.2.7 Kausalitätsbegriff im Sozialrecht

8.2.8 Beschwerdevalidierung

8.2.9 Voraussetzung für Krankenhausbehandlung

8.2.10 Pflegebedürftigkeit

Anhang

Beispiel eines Prognosegutachtens

Beispiel eines Lockerungsprognosegutachtens

Literaturverzeichnis

Register

Vorwort zur fünften Auflage

 

 

Nach dem im letzten Vorwort angesprochenen Paradigmenwechsel hat sich die Situation in den forensisch-psychiatrischen Versorgungsinstitutionen in den letzten Jahren stabilisiert, ja es sind sogar einige Zeichen eines beginnenden Umschwungs zu erkennen: Die Belegungszunahme im psychiatrischen Maßregelvollzug ist zum Stillstand gekommen und die Obergerichte erinnern verstärkt an das Prinzip der Verhältnismäßigkeit bei der Unterbringungsdauer. Die gesetzlich vorgegebene Frequenzzunahme externer Begutachtungen stellt hierbei mehr eine ABM-Maßnahme für die gutachterlich tätigen Forensischen Psychiater dar. Innerhalb der psychiatrischen Maßregelvollzugsinstitutionen, denen von der Psychiatrie-Enquête eine »Schlusslicht-Position« zugewiesen wurde, werden verstärkt Behandlungsstandards entwickelt und beachtet; hierdurch dürfte eine systemverändernde Schließung forensisch-psychiatrischer Kliniken, wie sie in Italien unter strikter Durchsetzung der Re-Integration in das allgemeinpsychiatrische Versorgungssystem und strikter Beachtung des Regionalisierungsprinzips vermieden werden. Die Psychiatrie im Justizvollzug, von der Psychiatrie-Enquête nicht einmal erwähnt, beginnt, nicht nur durch Skandalschlagzeilen, etwa den Hungertod eines psychisch kranken Gefangenen, auf sich aufmerksam zu machen, und hat die Chance, durch Orientierung an einem Konsensus-Papier der World Psychiatric Organisation eigene Qualitätsstandards durchzusetzen. Dabei hatte das DSM-5, das in der letzten Auflage dieses Lehrbuchs eingeführt wurde, trotz zunächst erwarteter biologisch-psychiatrischer Forschungsfortschritte keine wesentlichen Neuerungen erbracht. Die in dieser Auflage aufgegriffene ICD-11 dürfte trotz deutlicher Abweichungen vom DSM-5, etwa im Bereich der Persönlichkeitsstörungen, ebenfalls die forensisch-psychiatrischen Konventionen in Deutschland kaum tangieren. Deutliche Fortschritte gibt es jedoch im Bereich der Forensischen Psychotherapie, die durch den Resozialisierungsanspruch eine immer größere Bedeutung auch im Strafvollzug gewonnen hat. Deswegen wurde der Buchtitel entsprechend erweitert. Darüber hinaus wurde ein sozialrechtliches Kapitel aufgenommen, um alle wesentliche Bereiche der Forensischen Psychiatrie abzudecken. Prof. Dr. Christian Huchzermeier, der bereits durch wertvolle Ergänzungen und Anregungen zur Gestaltung der letzten Auflage beigetragen hat, ist jetzt Mitherausgeber und hat vor allem die Überarbeitung der klinischen Kapitel sowie der zivil- und sozialrechtlichen Fragestellungen übernommen.

 

Berlin und Kiel im Oktober 2018 Norbert Konrad und Christian Huchzermeier

Vorwort zur vierten Auflage

 

 

Wilfried Rasch hätte den Paradigmenwechsel bedauert, der sich in der letzten Dekade in der deutschen Justizlandschaft vollzogen hat: von der Freiheit zur Sicherheit, vom Schuld- zum Präventionsstrafrecht, von der Resozialisierung zur Gefahrenabwehr um (fast) jeden Preis, und von der entlastenden Bewertung ungünstiger Entwicklungsbedingungen zur Verantwortungszuschreibung. Ein Grund dafür mag sein, dass der heutigen Sachverständigengeneration ganz überwiegend die Erfahrung des Nationalsozialismus sowie des Zweiten Weltkrieges fehlt. Die persönliche Erfahrung, wie schnell auch der Normalbürger in schuldhafte Verstrickungen geraten kann und ungewollt körperliches und seelisches Leiden zugefügt wird, wurde abgelöst von Friedenszeiten mit gesellschaftlichem Auf- und Abschwung. In wirtschaftlichen Krisenzeiten werden soziale Abweichler vermehrt ausgegrenzt.

Trotz der Weiterentwicklung psychopharmakologischer und psychotherapeutischer Verfahren, die auch im psychiatrischen Maßregelvollzug sowie in der Sozialtherapie Anwendung finden, befinden sich immer mehr Menschen in Deutschland in forensisch-psychiatrischen Institutionen. Der von Betroffenen erhobene Vorwurf, in der Allgemeinpsychiatrie werde Zwang in der Behandlung aus Personalnot eingesetzt, schwappt auf den psychiatrischen Maßregelvollzug über. Dort treffen sich Gegner jeglicher Zwangsbehandlung mit Verfechtern eines möglichst breiten ärztlichen Ermessensspielraums in der Ablehnung der neueren bundesgesetzlichen rechtlichen Regelungen zur Zwangsbehandlung im Betreuungsrecht sowie in den einschlägigen Passagen der PsychKG-Entwürfe.

Neben den therapeutischen Herausforderungen kann sich die forensische Psychiatrie auch nicht über Unterbeschäftigung im Gutachtenbereich beklagen: Die – teilweise wieder zurückgenommenen – Neuregelungen zur Sicherungsverwahrung sowie das Therapieunterbringungsgesetz können auch als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für forensische Psychiater interpretiert werden. Doch gerade die gutachterliche Kompetenz ist in den letzten Jahren in manchen Einzelfällen infrage gestellt worden. Besonders tiefgreifend geschah dies im Fall des Anders Breivik, der am 22. Juli 2011 77 Personen in Norwegen, darunter viele Jugendliche, tötete. Das erste Gutachten kam zum Ergebnis einer psychotischen Störung, was mit Unzurechnungsfähigkeit gekoppelt gewesen wäre, während das zweite zum Schluss des Vorliegens einer Persönlichkeitsstörung kam, woraus sich Zurechnungsfähigkeit ergab (Melle 2013). Dieses Dilemma wäre vermutlich auch nicht verhinderbar gewesen, wenn das jüngst erschienene DSM-5 bereits vorgelegen hätte. Von ihm war ursprünglich erhofft worden, dass es aufgrund der erwarteten biologisch-psychiatrischen Forschungen die Psychiatrie als klinische Neurowissenschaft etabliert.

Eine auch von mir präferierte posttechnologische Psychiatrie (Bracken et al. 2011) sollte zwar nicht auf empirische Wissenschaft verzichten oder psychopharmakologische und psychotherapeutische Techniken verlassen, jedoch den ethischen und Verstehensaspekten psychiatrischer Arbeit einen besonderen Stellenwert einräumen, die Bedeutung von menschlichen Werten und Beziehungen hoch halten sowie immer die politische und ethische Basis von Fürsorge und Versorgung im Blick haben. Gerade hier erweist sich die forensische Psychiatrie als sensibles Barometer gesellschaftlicher Klimaveränderungen.

Zu besonderem Dank bin ich Herrn PD Dr. Christian Huchzermeier verpflichtet, der in der kritischen Durchsicht des vorgelegten Textes wertvolle Ergänzungen und Anregungen brachte.

 

Berlin im Oktober 2013

Norbert Konrad

Vorwort zur dritten Auflage

 

 

Das Lehrbuch von Wilfried Rasch, dem Nestor der Forensischen Psychiatrie im Deutschland des ausgehenden 20. Jahrhunderts, weiterzuführen, stellt eine ehrenvolle Herausforderung dar. Wilfried Rasch, der am 22.9.2000 verstarb, hat in seiner Forschungstätigkeit einen interdisziplinären Ansatz verfolgt. Er versuchte, klinisch-kriminologische Erkenntnisse für die Schuldfähigkeitsbeurteilung fruchtbar zu machen und ist nicht müde geworden, die gestalthafte Erfassung der Gesamtentwicklung einer Person bis zum Zeitpunkt des Tatgeschehens als Alternative zu einer verengten Checklistendiagnostik zu etablieren. Nicht wenige aktuelle und zukunftsträchtige Forschungsprojekte, insbesondere zur Kriminalprognose, können auf einen Datenschatz zurückgreifen, den er bereits vor vielen Jahren gehoben hat. Er sah einen Irrweg bzw. ein Ende der Forensischen Psychiatrie, wenn sich das Fach einem Biologismus verschreiben, sich etwa auf die Suche nach einem »Mördergen« begeben würde.

Die dritte Auflage des Lehrbuchs erforderte keine grundlegende Umarbeitung. Notwendige Aktualisierungen und Ergänzungen im Rahmen der gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre sowie neuere wissenschaftliche Erkenntnisse wurden eingefügt. Sie betreffen vor allem jüngste Entwicklungen im Maßregelvollzug, in der Sozialtherapie, im Bereich der Sicherungsverwahrung, klinische Untersuchungsmethoden, Studien zum Zusammenhang zwischen psychischen Störungen und Kriminalität sowie die Prognosebegutachtung.

Wilfried Rasch äußerte im Vorwort zur zweiten Auflage die Ahnung, dass die Talsohle im Umgang mit gesellschaftlichen Außenseitern noch nicht erreicht ist: In den letzten Jahren sind die Gefangenenzahlen massiv gestiegen, und die Belegungszunahme in den Maßregelvollzugskliniken hat sich fortgesetzt, ohne dass eine politisch erhoffte, spürbare Abnahme der im internationalen Vergleich immer noch verhältnismäßig niedrigen Kriminalitätsrate zu registrieren ist. Es ist zu erwarten, dass unter dem Diktat von Einsparungen die Ausgrenzung von Randgruppen fortgesetzt wird – in den USA werden etwa sieben Mal mehr Menschen im Justizvollzug institutionalisiert als in Deutschland. Auch steht zu befürchten, dass Ergebnisse der Behandlungsforschung vorrangig unter Sicherheitsgesichtspunkten und weniger im Hinblick auf Erfolgschancen in die therapeutische Praxis Eingang finden werden.

Ob der von Wilfried Rasch erhoffte Umbruch hin zur besseren Differenzierung des Umgangs mit Außenseitern bereits in der Laufzeit dieser Auflage eintritt, erscheint derzeit zweifelhaft. Die Fortsetzung der von Wilfried Rasch betriebenen Verwissenschaftlichung der Forensischen Psychiatrie wird jedoch innovative Wege weisen.

 

Berlin, im Juni 2004

Norbert Konrad

Vorwort zur zweiten Auflage

 

 

Zunächst habe ich mich zu entschuldigen, dass die zweite Auflage so lange auf sich warten ließ. Die erste Auflage war sehr schnell vergriffen, auch ein Nachdruck mit Unterstützung der Firma Thomae, Biberach, verschwand schnell bei den Endverbrauchern. Viele Leute haben mir in den letzten Jahren nachhaltig im Nacken gesessen, wann denn nun endlich die zweite Auflage erscheint, und warum mit dieser Verzögerung. Es tut mir leid, dass der Verlauf so war, und ich bin dem Verlag Kohlhammer sehr dankbar für seine Geduld.

Was ich zu meiner Entschuldigung anführen kann, ist, dass ich die ganzen Jahre nicht tatenlos dagesessen habe, sondern sehr aktiv im Bereich der Forensischen Psychiatrie tätig war. Das kostete viel Zeit. Zum anderen ging es mir darum, neuere Entwicklungen auf dem juristisch-psychiatrischen Grenzgebiet abzuwarten, die ich einbeziehen könnte. Sehr wertvoll war für mich der von meinem viel zu früh verstorbenen Kollegen Witter 1987 herausgegebene Band. Bei seiner Lektüre wurde mir deutlich, dass neben mancher Differenz in unseren Auffassungen auch viel Übereinstimmung bestand.

Die Forensische Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland lebt zur Zeit sozusagen auf einem Höchststand. Es gab noch nie so viele Professuren für Forensische Psychiatrie, noch nie so viele Lehrbücher, noch nie so viele Aktivitäten im Bereich des Maßregelvollzugs. Nicht verschweigen will ich allerdings, dass es einiger Anstrengungen bedurfte, den Berliner Lehrstuhl nach meiner Emeritierung zu erhalten.

Es ist sehr schwierig, der Forensischen Psychiatrie eine neue Gestalt zu geben. Der wirtschaftliche Niedergang der wohlstandsverwöhnten Bundesrepublik brachte uns das »Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten« und das in der Tendenz durch Verschärfung geprägte 6. StrRG. Die Forensische Psychiatrie hat in allen politischen Episoden in Deutschland sehr viel Anpassungsbereitschaft an die jeweils vorherrschende Meinung gezeigt. Der Arbeitskreis Forensische Psychiatrie im Arbeitskreis der Leiter der öffentlichen psychiatrischen Krankenhäuser ist in seiner Stellungnahme von 1995 voll auf die Linie der Verschärfung eingeschwenkt und bemüht, die Gruppe der sogenannten therapeutisch nicht Erreichbaren aus der Betreuung durch den Maßregelvollzug auszuschließen.

Der jetzt vorgelegte Band folgt in seinem prinzipiellen Aufbau der ersten Auflage, einige Schwerpunkte aus dem Zivilrecht wurden hineingenommen. Bei der Erstellung dieser Auflage haben mir insbesondere Frau Dipl.-Psych. Andrea Paulus-Wellmann und Herr Dr. Helmut Tausendteufel geholfen. Ich bin beiden sehr zu Dank verpflichtet.

Die Entwicklung der gesellschaftlichen Einstellung gegenüber Außenseitern verläuft in Zyklen. Vielleicht ist die Talsohle noch nicht einmal erreicht, und die Frage erhebt sich, was unter den jetzigen gesellschaftlichen Bedingungen überhaupt als »normal« anzusehen ist. Festzustellen ist zumindest für das Jahr 1997, dass Deutschland im internationalen Vergleich weiterhin ein recht friedliches, im Grunde kriminalitätsarmes Land geblieben ist. Vielleicht ist auch mal wieder eine Phase zu erwarten, die durch bessere Differenzierung unter den Außenseitern, mehr Verständnis für sie sowie mehr humanitäres Engagement gekennzeichnet ist.

 

Valete posteri.

Berlin, im Herbst 1998 Wilfried Rasch

Vorwort zur ersten Auflage

 

 

Der Titel dieses Buches »Forensische Psychiatrie« ist gleichzeitig zu weit und zu eng. Zu weit deswegen, weil das Buch nicht den gesamten Bereich der forensisch-psychiatrisch vorkommenden Fragen abdeckt. Das gesamte Zivilrecht oder Probleme der Glaubwürdigkeitsbeurteilung von Zeugen im Strafverfahren wurden z. B. ausgespart. Die Darstellungen beschränken sich auf die Beurteilung der Täterpersönlichkeit als dem Aufgabengebiet der forensischen Psychiatrie, das im Selbstverständnis dieser Wissenschaft eine zentrale Stellung hat und das am meisten Kontroversen provoziert. Als zu eng kann der Titel deswegen bezeichnet werden, weil versucht wird, die der Psychiatrie eigenen Grenzen zu überschreiten und die Nachbarwissenschaften Psychologie und Kriminologie in die Praxis der Begutachtung hineinzunehmen.

Die Einbeziehung der Psychologie zielt darauf, die Begutachtungspraxis aus der Vorstellung zu lösen, es gehe in erster Linie darum, aus der Masse der Straffälligen psychisch »Kranke« herauszufiltern. Die Tätigkeit der Psycho-Sachverständigen im Strafverfahren sollte entscheidend darauf gerichtet sein, die Täterpersönlichkeit in ihrer Gesamtheit zu erhellen und zu versuchen, ihre Entwicklung wie auch die Dynamik des zu beurteilenden Geschehens so weit sichtbar zu machen, dass es dem Gericht möglich ist, auf eine Sanktion zu erkennen, die sowohl gerecht wie richtig ist.

Um dieses Ziel besser zu erreichen, wurden auch Bezüge zu einer weiteren Wissenschaft hergestellt: der Kriminologie. Psychiater und Psychologen sind nach Ausbildung und traditioneller Aufgabenstellung auf den Einzelfall festgelegt. Wünschenswert ist jedoch, dass sie ihren »Fall« in größeren Zusammenhängen eingelagert sehen, d. h. vor einem Hintergrund, der die Eigenheit des gerade zu beurteilenden Einzelfalls deutlicher hervortreten läßt. Durch Hinweise auf die unterschiedlichen kriminologischen Ansätze sollen überdies die Grenzen der in der psychiatrischen Begutachtung vorherrschenden positivistischen Interpretation von Kriminalität zumindest spürbar gemacht werden. Die Skizzierung kriminologischer Theorien erfolgt aber nur bis zu einem Ausmaß, wie es für die Begutachtungspraxis notwendig erscheint.

Der ursprünglich bestehende Plan, der Begutachtungskunde eine deliktbezogene klinische Kriminologie anzuhängen, wurde den Ansprüchen der Alltagsarbeit geopfert.

Die Verbreiterung ihrer Grundlagen eröffnet der Forensischen Psychiatrie – und für die Forensische Psychologie gilt dies auch – die Chance, durch Verwissenschaftlichung zu einem neuen Selbstverständnis zu kommen. Wenn sich der Sachverständige im Besitz eines guten fachwissenschaftlichen Fundus weiß, kann er seine Aufgaben mit größerer Sicherheit und größerer Gelassenheit wahrnehmen. Er gerät im Einzelfall nicht in Versuchung, in schiefe Argumentationen zu verfallen, die ihm möglicherweise Vorwürfe von zu großer Exkulpationsneigung oder einer Neigung zur Vorverurteilung eintragen.

Das Buch ist in sechs Kapitel gegliedert. Das erste beschäftigt sich mit dem gesetzlichen Rahmen, der dem Sachverständigen für seine Tätigkeit zugewiesen ist, versucht aber auch zu klären, mit welchem Selbstoder Rollenverständnis der Sachverständige seine Aufgaben wahrnimmt oder wahrnehmen sollte. Dann werden im zweiten Kapitel die für die Begutachtung der Täterpersönlichkeit relevanten gesetzlichen Bestimmungen und die Voraussetzungen ihrer Anwendung dargestellt. Bei der Diskussion der Frage, wie die gesetzlichen Begriffe vom Sachverständigen angemessen zu füllen sind, gewann der Krankheitsbegriff eine entscheidende Bedeutung. Das dritte Kapitel ist der Problematik von Kriminalität und Persönlichkeit gewidmet und versucht zu analysieren, welche Variablen auf das handelnde Individuum einwirken, das es in der Begutachtung zu beurteilen gilt. Ein besonderer Abschnitt befaßt sich mit dem Motivbegriff, der im Sinne von Tatbereitschaft diskutiert und für die Begutachtung nutzbar gemacht wird. Die psychischen Krankheiten und Störungen werden im vierten Kapitel entlang der Systematik des Diagnoseschlüssels der Weltgesundheitsorganisation (ICD, 9. Revision) und zugeordnet zu den psychischen Merkmalen der Schuldfähigkeitsbestimmungen dargestellt. Die Verbindung von Krankheit bzw. krankheitsartigen Zuständen und kriminellem Verhalten wird durch Fallbeispiele demonstriert, die auch eine Diskussion der Beurteilung der Schuldfähigkeit enthalten.

Die Praxis der Begutachtung betrifft das fünfte Kapitel. Aus ganz persönlicher Sicht und Erfahrung werden Vorschläge zur Durchführung der Untersuchungen, dem Aufbau des schriftlichen und dem Vortrag des mündlichen Gutachtens gemacht. Das sechste Kapitel behandelt Empfehlungen, die ein Sachverständiger in seinem Gutachten geben kann. Bereits in den vorangegangenen Abschnitten des Buches werden wiederholt Kriterien aufgezeigt, die für die Begutachtung wichtig sind. In diesem Kapitel werden die entscheidenden Kriterien noch einmal auf bestimmten Beurteilungsdimensionen zusammengefaßt. Den Abschluß des Kapitels bilden Überlegungen zu eventuellen therapeutischen Empfehlungen.

Um den Bezug zu den verschiedenen Fragestellungen deutlich zu machen, wurden einige Sachverhalte an mehreren Stellen dargestellt bzw. wiederholt. Der einfacheren Umsetzung der hier gegebenen Anregungen sollen auch die Übersichten dienen, in denen Anhaltspunkte oder Kriterien wiedergegeben werden. Die schematische Darstellung sollte jedoch nicht als Aufforderung zur schematischen Anwendung verstanden werden, sondern als Arbeitshilfe und Erinnerung.

Das Buch entstand unter Mithilfe von Angehörigen des Instituts für Forensische Psychiatrie der Freien Universität Berlin, denen ich an dieser Stelle sehr herzlich danke. Anregungen, Korrekturen, Kritik und Ergänzungen kamen vor allem von Herrn Walter Gummersbach, Herrn Reinhard Lieb und Frau Renate Volbert. Unsere langjährige Institutsbibliothekarin Frau Hella Schumacher bewies wieder einmal ihr Geschick, alle gewünschten Literaturbelege herbeizuschaffen. Frau Christiane Farmer, meine Sekretärin, besorgte mit Geduld und Ausdauer die Erstellung und Korrektur des Manuskriptes.

Die Forensische Psychiatrie ist in einem Grenzbereich mehrerer, sich nach eigenen Gesetzen wandelnder Wissenschaften angesiedelt. Nicht nur der Erkenntnisstand unserer Wissenschaften ist in ständiger Veränderung, sondern auch die Auffassung von dem, wie wir die vorhandenen Erkenntnisse nutzen sollten. Darum ist es möglich, dass das Buch und die in ihm enthaltenen Nachrichten zur Unzeit ihre Reise antreten, zu früh oder zu spät. Die Unsicherheit, bei wem sie ankommen und ob sie richtig verstanden werden, ist groß. Es ist wie bei einer Flaschenpost.

 

Berlin, im Frühjahr 1985 W. Rasch

1          Ethische Grundlagen

 

1.1       Selbstverständnis

Forensische Psychiatrie (und Psychotherapie) ist ein Schwerpunkt, den Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie nach Abschluss ihrer Facharztausbildung erwerben. Forensisch-therapeutische Tätigkeit – mitunter verzerrt als Kriminaltherapie bezeichnet – findet vor allem in Maßregelvollzugskliniken und forensischen Ambulanzen sowie im Justizvollzug – dort häufig in Psychiatrischen Abteilungen sowie im Rahmen konsiliarpsychiatrischer Tätigkeit – statt. Während sich die therapeutische Tätigkeit forensischer Psychiater von jener der Allgemeinpsychiater im Hinblick auf die Therapieformen wenig unterscheidet, der rechtliche Rahmen der Tätigkeit jedoch das Tätigkeitsfeld wesentlich bestimmt, wird dem Forensischen Psychiater als Gutachter eine spezifische Rolle zugewiesen.

Es stellt sich die Frage, wie der Gutachter mit den vielfältigen Erwartungen umgeht, die an ihn herangetragen werden, wie er sich auf seine Gesprächspartner einzustellen vermag, wie er die so selbstverständlich erscheinende Forderung nach Neutralität und Objektivität erfüllen kann. Wie der Sachverständige sich selbst und seine Aufgabe vor Gericht wahrnimmt, beeinflusst auch das Ergebnis seiner Expertisen. Ein Psychologe oder Psychiater, der als Sachverständiger vor Gericht Verpflichtungen annimmt, hat sich den dort geltenden Regeln anzupassen; er kann in seiner praktischen Tätigkeit auch nicht nach Axiomen einer Theorie handeln, die den Grundlagen unseres Rechtsgedankens zuwiderlaufen. Eberhard Schmidt (1962) hat das so formuliert: » Ein Sachverständiger, der, aus welchen Gründen immer, Begriffe wie Schuld, Schuldfähigkeit, Vorwerfbarkeit, persönliche Verantwortlichkeit als wissenschaftswidrig verwirft, der alles ›Strafen‹ als Requisit überwundenen Aberglaubens ansieht und nur noch ein Heilen neurotischer Zustände für diskutabel erklärt, kann von Gesetzes wegen nicht die ›Gehilfen‹ Rolle spielen, die die StPO ihm zuweist.«

Dem ist prinzipiell zuzustimmen. Die Übernahme der in der Jurisprudenz geltenden Kategorien durch den Gutachter bildet sozusagen die Geschäftsgrundlage. Es wäre unredlich, wollte der Sachverständige diese Übernahme nur vorgeben, tatsächlich aber versuchen, das System trickreich zu unterlaufen. Das hindert ihn allerdings nicht, die einzelnen Begriffe, die durch gemeinsame Anstrengungen von Juristen, Psychologen und Psychiatern zu füllen sind, auch im Einzelfall neu auszulegen. Die Interpretationen von Rechtsbegriffen durch die Rechtsprechung mit dem Ziel, Innovationen anzustoßen, sind eher notwendig als Reformen durch den Gesetzgeber, weil sie den täglichen Erfordernissen mehr Rechnung tragen. Wenn der Sachverständige in seiner Gehilfen- oder Beraterfunktion ernst genommen wird, kommt ihm bei der Entwicklung derartiger Innovationen eine wichtige Rolle zu. Das bedeutet auch, dass er den Einzelfall nicht nach einem Schema behandelt, das ihm ein Lehrbuch vorschreibt. Ferner aber kann der Sachverständige, der im Gerichtssaal sein Gutachten systemgerecht vorträgt, sich außerhalb dieser Tätigkeit natürlich kritisch Gedanken machen, ob die Grundlagen unseres Rechtsdenkens nicht hier und da Korrekturen vertragen würden.

Die Tätigkeit des Verhaltenswissenschaftlers vor Gericht verlangt aber noch mehr als die Übernahme der Grundlagen des Rechtsgedankens; sie verlangt von ihm, sich jemandem zu unterstellen bzw. von jemandem leiten zu lassen, dessen Autorität er nicht unbedingt anerkennt. Es gibt eine Reihe von Umständen, die den Psychiater oder Psychologen von einer Tätigkeit im Gerichtssaal abschrecken können. Roberts (1968) hat zusammenfassend aufgezählt: »Persönliche Beleidigung, öffentliche Kritik, Terminschwierigkeiten, geringe Entschädigung, schlechte Beziehung zum Juristenstand, zum Teil durch unbegründete Angriffe verursacht; ferner Verlust an Würde und Status als Konsequenz der Konfrontation mit scharfzüngigen Anwälten«. Nach dem Eindruck von Sadoff (1975) ist es aber doch so, dass sich viele Psychiater wegen der Fülle von Frustrationen, denen sie in foro ausgesetzt wären, von der Übernahme von Sachverständigenpflichten fernhalten und froh sind, dass es »masochistische« Kollegen gibt, die sich als forensische Psychiater zur Verfügung stellen.

Die viel diskutierten Verständigungsschwierigkeiten zwischen Richtern und Sachverständigen lassen sich am ehesten aus den traditionellen Beziehungen zwischen Strafrecht und Psychiatrie ableiten. Beide Disziplinen haben die gesellschaftliche Aufgabe, sich um Mitbürger zu kümmern, die ein Verhalten zeigen, das von der Gesellschaft als unnormal und/oder störend erlebt wird. Die Zielgruppen von Strafrecht und Psychiatrie zeigen Ähnlichkeiten, zum Teil sind sie sogar identisch. Hierdurch ergeben sich Reibungen zwischen den beiden Spezialwissenschaften. Sofern sich eine Person als eindeutig kriminell oder als eindeutig krank einordnen lässt, erscheint die Zuständigkeit nicht zweifelhaft. Zwischen diesen Polen gibt es jedoch eine breite Grauzone psychischer Abnormität: Menschen, die nicht »böse« genug sind, als dass Strafe die angemessene Reaktion für ihr Fehlverhalten erscheint, und Menschen, die nicht »verrückt« genug sind, als dass man sie zwanglos als Patienten einstufen möchte. Um dieses gesellschaftspolitische Niemandsland wird zwischen Juristen und Psychiatern gekämpft, ohne dass die Zielsetzung des Kampfes immer klar ist.

Die Beschäftigung mit dem prinzipiell gleichen oder doch sehr ähnlichen Gegenstand unter verschiedenen Leitideen bedingt, dass zwei parallele Denksysteme entwickelt wurden, um sich mit eben diesem Gegenstand auseinanderzusetzen (Weisstub 1978). Es gibt in beiden Systemen die gleichen Begriffe, die unter Umständen aber etwas ganz anderes beinhalten, und gleiche Inhalte, die mit anderen Begriffen belegt sind. Dies verursacht im Einzelfall ein endloses Aneinander-Vorbeireden, bedingt Rivalität und führt zu Kompetenzkämpfen, aber auch – von beiden Seiten – zu Anpassungsbemühungen.

Ist der Psychiater bereit, sich als Sachverständiger zur Verfügung zu stellen, muss er sich also in eine neue Rolle begeben und sein Selbstverständnis modifizieren. Er ist zur Anpassung gezwungen, da seine Denkgesetzlichkeiten in dem anderen Bereich nicht gelten. In den psychologisch-psychiatrischen Kategorien gibt es zum Beispiel nicht den Begriff der Schuld, der in der strafrechtlichen Dogmatik aber zentrale Bedeutung besitzt. Die Diskussion um Schuldfähigkeit und Verantwortung setzt also voraus, dass sich der Sachverständige dem fremden Begriffssystem anpasst und vieles von dem eigenen aufgibt. Im Einzelfall bedeutet dies auch, dass das Bemühen des Sachverständigen vergeblich sein kann, seine Befunde mit den Begriffen des eigenen Systems darzulegen.

Abb. 1.1: Juristisch-psychiatrische Kommunikation (© Paul Jamin; Nachdruck mit Erlaubnis)

Der zwischen Juristen und Psychiatern im früheren Schrifttum diskutierte Kompetenzstreit lässt sich, wie Schewe (1976) dargelegt hat, weniger pointiert sehen, als dies in der Literatur – übrigens im Gegensatz zur Praxis – im Allgemeinen geschieht. Der Psychiater hat eigentlich keine Kompetenz im Gerichtssaal und kann sie insofern auch nicht überschreiten; das Maß seiner Zuständigkeit hängt von dem Aktionsradius ab, den man ihm von der Richterbank her einräumt. Zum anderen aber wird durch eine unterstellte Kompetenzüberschreitung durch den Sachverständigen das Gutachten nicht automatisch entwertet, sofern er sonst alles richtig gemacht hat. Tatsächlich erwartet das Gericht auch im Allgemeinen, dass der Sachverständige deutlich zu erkennen gibt, wie er die im Raum zwischen den beiden Disziplinen liegenden Fragestellungen beurteilt, also zum Beispiel die Schuldfähigkeit oder die Geschäftsfähigkeit. Er sollte sich hierzu auch äußern, wenngleich diese Äußerung nur als Verständigungs-Kürzel zu verstehen ist, als eine Art unverbindlicher Vorschlag. Der Rückgriff auf umständliche Umschreibungen, durch die sogenannte Kompetenzverletzungen vermieden werden sollen, läuft Gefahr, zu einer unecht verkrampften Parodie zu werden.

Das Problem der Kompetenzüberschreitung durch den Sachverständigen hat weniger Gewicht in Bezug auf die Möglichkeit, dass er sich zu Rechtsbegriffen äußert, als bei möglichen Stellungnahmen zu Fragen, die letztlich nur durch Ermessen zu entscheiden sind. Wollte man Sarstedts (1968) Forderung ernst nehmen, dass der Psychiater dem Gericht »nur« beschreiben sollte, wie es zur Tatzeit im Kopf des Täters aussah, liefen die Juristen viel eher Gefahr, sich der Allmacht des Sachverständigen auszuliefern, denn eine derartige Stellungnahme schlösse selbstverständlich die subjektive Tatseite ein. Es ist nicht zu übersehen, dass Fragen, die in diese Richtung zielen, auch immer wieder von den juristischen Prozessbeteiligten gestellt werden, und es ist bedauerlich, dass Sachverständige auch immer wieder auf Fragen eingehen, für die sie keine wissenschaftlichen Kriterien haben.

Die offiziellen Erwartungen an den Sachverständigen sind mehr oder minder kodifiziert. Vor allem zwei Aufgaben werden dem Vertreter der seelenkundlichen Wissenschaften im Strafrechtskontext angetragen:

1.  Er soll feststellen, ob der Untersuchte zu einem bestimmten Zeitpunkt unter einer psychischen Krankheit oder unter einer psychischen Störung litt, die Einfluss auf seine Verantwortlichkeit oder seine bürgerliche Entscheidungsfähigkeit gehabt haben könnte.

2.  Er soll feststellen, ob die Störung länger dauernd ist und durch sie auch in der Zukunft soziale Komplikationen zu befürchten sind.

Daneben spielen die Fragen der Behandlungsnotwendigkeit und Behandelbarkeit eine gewisse Rolle. In der Bundesrepublik Deutschland wurde die Entwicklung und Verabschiedung des kriminaltherapeutischen Gedankens in den letzten 50 Jahren gleichsam im Zeitraffertempo durchgespielt. Aktuell stehen differenzialtherapeutische Fragen im Vordergrund: Bei wem wirken welche therapeutischen Maßnahmen in welcher Form und wie schnell? In Abgrenzung zur operativen Fallanalyse, welche aufgrund einer Tathergangsrekonstruktion Hypothesen zur Entstehung der Tatsituation, zur Motivlage usw. generiert und auf ihre Wahrscheinlichkeit zu überprüfen sucht, ist in der Forensischen Psychiatrie ein Beschuldigter bereits identifiziert.

Unter dem Einfluss bestimmter höchstrichterlicher Entscheidungen sind einige Richter geneigt, den Sachverständigen als formale Sicherungsmaßnahme zu benutzen, die das Urteil stützen kann. Der Gutachter muss sich jedoch darüber im Klaren sein, dass er in erster Linie ein Beweismittel ist, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Sachverständige ist auch mit den Erwartungen des Klienten konfrontiert. Sie wiegen im Vergleich zu denen des Gerichts nicht so schwer: Klienten kommen und gehen und werden nach kurzer Zeit nicht mehr erinnert. Die Partnerschaft zum Richter dauert demgegenüber länger. Die Erwartungen des Klienten können positiv oder negativ sein. Unter Umständen hegt er aber deswegen negative Erwartungen, weil er schlechte Erfahrungen bei früheren Begutachtungen gemacht hat. Vielleicht hatte er sich im Rahmen einer früheren Exploration aufgeschlossen gezeigt, um im Verfahren zu erleben, wie er mit Etiketten bedacht wurde, die er als abwertend empfand und unter denen er sich nicht wiedererkannte.

Im Strafverfahren ist eine positive Erwartungshaltung des Untersuchten gegenüber dem psychologisch-psychiatrischen Sachverständigen wahrscheinlich häufiger als eine negative. Führend ist dabei aufseiten des Klienten zumeist der Gedanke, ein Gutachten könnte dem Gang des Verfahrens eine günstige Wendung geben, also vielleicht zu einer geringeren Bestrafung führen. Die Überlegung könnte sein: Indem der Sachverständige das kriminelle Verhalten verstehbar macht, vermag er auch Verzeihung, d. h. eine mildere Bestrafung herbeizuführen. Unabhängig von diesen sozusagen taktisch-technischen Gründen kann bei dem Untersuchten aber auch der Wunsch bestehen, sich in der Begutachtungssituation mit sich selbst und seinen Handlungen auseinanderzusetzen. Der Angeklagte wünscht sich einen Partner für eine Aussprache, hat hierzu vielleicht das erste Mal eine Chance. Hierdurch gerät der Gutachter – ob er dies will oder nicht – in eine eindeutig therapeutische Funktion. Er kann sich nicht heraushalten als der distanzierte kühle Kenner der Materie, der in voller Neutralität zwischen den Parteien steht. In der Exploration, die nur diagnostischen Zwecken dienen sollte, ist er unversehens in die Rolle des Therapeuten geraten. Er hat bei dem Untersuchten etwas angestoßen, in Gang gesetzt. Der Untersuchte fühlt sich nach der Exploration, die für ihn ohne therapeutische Konsequenzen bleibt, wahrscheinlich oft genug doppelt allein gelassen (Schorsch 1983).

Wechselt man die Begriffe aus, sieht sich der Gutachter in nicht-strafrechtlichen Prozessen – also bei Verfahren im Zivil-, Disziplinar- oder Verwaltungsrecht – mit ähnlichen Erwartungshaltungen konfrontiert wie im Strafverfahren. Sofern er in einem Zivilprozess von der einen oder anderen Seite in das Verfahren eingebracht wurde, kann der Erwartungsdruck noch besondere Stärke annehmen; der Sachverständige muss sich auch dann seiner Pflicht zur Neutralität bewusst bleiben. Das gilt auch bei Verfahren zur Testierfähigkeit, wo eine unmittelbare Begegnung mit dem Betroffenen, d. h. dem Verstorbenen, nicht mehr stattfinden kann.

Die Übernahme der Sachverständigentätigkeit ist gelegentlich mit Frustrationen verbunden, etwa ungerechtfertigt erlebten Angriffen durch eine Prozesspartei. In der forensischen Psychiatrie wurden darüber hinaus schwerwiegende Bedenken gegen die Übernahme von Aufgaben geäußert, die eigentlich gar nicht die ihren sein können (Schneider 1977). Es war schon davon die Rede, dass z. B. der im Rechtsdenken zentrale Begriff der Schuld für den Psychologen oder Psychiater nicht existiert. Selbst wenn er sich als Sachverständiger nicht unmittelbar zur Schuldfähigkeit äußert – was er eigentlich auch gar nicht tun sollte –, zielt seine Stellungnahme im Vorfeld der Schuldfeststellung doch darauf ab, eben diese Beurteilung zu ermöglichen.

Diese Tätigkeit, die Hilfe beim Herausfiltern der Nicht-Schuldfähigen, hat aber, wie de Smit (1977) gezeigt hat, einen schwerwiegenden Nebeneffekt: Der psychiatrische Sachverständige legitimiert die Bestrafung der als schuldfähig etikettierten Individuen. Die zunächst als humanitärer Akt imponierende Übernahme der Behandlung jener Gruppe, die wegen des Vorliegens einer psychischen Störung nicht bestraft wird, wird jedoch dadurch problematisch, weil der Psychiater nunmehr neben den Behandlungsaufgaben auch Bewacherfunktionen übernimmt. Der forensische Psychiater wechselt die Seite (WHO 1977), er riskiert, wie Leyrie (1977) es formuliert hat, vom Beschützer des Kranken zum Beschützer der Gesellschaft zu werden. Bei der nicht selten mit diagnostischen und behandlungsprognostischen Schwierigkeiten behafteten Begutachtung von Flüchtlingen, die abgeschoben werden sollen, wirkt der Sachverständige dabei mit, einen erheblichen Eingriff in die Lebenswirklichkeit der Betroffenen zu vollziehen, der im Einzelfall eine deutliche Verschlimmerung vorhandener psychischer Störungen bewirkt (Zinkler 2003).

Die größtmögliche Rollenzuspitzung erfährt der Gutachter, der in Staaten mit Todesstrafensanktion (wie USA oder Japan) dazu herangezogen wird, die »competency to be executed« zu beurteilen (Okasha 2002). Die Alternative zur zwiespältig erlebten, unwilligen Zusammenarbeit liegt in der totalen Verweigerung, im Rückzug. Menninger (1948) hat in einer häufig zitierten Erklärung kategorisch abgelehnt, dass der Psychiater im Gerichtssaal tätig wird. Er könne dort nicht angemessen tätig werden. Psychiatrische Gutachtertätigkeit sei letztlich eine diskriminierende undemokratische Prozedur, bei der psychiatrische Begriffe und rechtliche Sanktionen zum speziellen Nutzen ausgewählter Individuen manipuliert würden. Diamond (1968) hat die Voraussetzungen aufgezählt, unter denen sich der Sachverständige im Gericht wohler fühlen würde: » Wenn es dem forensischen Psychiater gestattet wäre, innerhalb eines rechtlichen Rahmens zu arbeiten, der es ihm erlaubte, sein professionelles Urteilsvermögen auf angemessene Fragen psychologischer Realität anzuwenden und nicht auf philosophische und theologische Regeln und Syllogismen, wenn er seine Kenntnisse auf menschliche Realität anwenden könnte, anstatt auf rechtliche Fiktion.«

In den »totalen Streik« zu treten, darauf hat P.-B. Schneider (1977) hingewiesen, ist aber sicher nicht der ideale Weg, um grundlegende Änderungen der Rechtspraxis zu erreichen. Ob man angesichts der Wirklichkeit der Begutachtungspraxis von humanitärem Engagement des Psychiaters (Hallek 1974) reden kann, ist zweifelhaft. Denn neben den erwähnten Möglichkeiten des halbherzigen Mittuns und der Verweigerung gibt es noch jene der willigen Anpassung und Überanpassung. Vor Jahrzehnten schon hat Musil in seinem Roman »Der Mann ohne Eigenschaften« (1952) die Anpassungsneigung des Mediziners im Gerichtssaal beschrieben: Der Engel der Medizin wandelt sich zum Reserveengel der Justiz.

Anpassung und Überanpassung an die Justiz werden begleitet von einer Reihe von Verhaltensweisen, die mittelbar oder unmittelbar Folge dieser Anpassungsbemühungen sind. Sie verdienen deswegen besondere Beachtung, weil in ihnen oft eine Einstellung erkennbar wird, die mit der Stellung des Sachverständigen nicht vereinbar ist, vornehmlich nicht mit seiner Verpflichtung zur Unparteilichkeit. Sind sie zu beobachten, so sollte vom Gericht geprüft werden, ob der Sachverständige sich nicht disqualifiziert hat und wegen Befangenheit aus dem Verfahren ausgeschlossen werden sollte, etwa wenn sich spezifische Verhaltensstile mit der Benutzung einer abwertenden Terminologie als »Verdammungsurteil« niederschlagen (Rasch 1967).

Die Überanpassung manifestiert sich mitunter auch als kriminalistisches Bemühen, den Probanden zu (weiteren) Geständnissen zu bewegen, was dann von der Staatsanwaltschaft mit der Erteilung weiterer Gutachtenaufträge honoriert wird. Derartige Rollenüberschreitungen kommen gelegentlich vor und wurden gestützt durch eine forensisch-psychiatrische Literatur, aus der eine ähnliche für das Fach beschämende Grundhaltung spricht (Moser 1971); sie bezeugte das »Elend einer Wissenschaft«.

Die Verpflichtung zur Unparteilichkeit, die das Recht der Bundesrepublik den Sachverständigen auferlegt, birgt die Gefahr latenter Parteilichkeit: Seiner ursprünglichen Rolle als Psychiater oder Psychologe würde entsprechen, sich für den Angeklagten einzusetzen, dessen Handlungen er verstehend verzeiht. Um gerade diesen naheliegenden Verdacht abzuwehren, überkompensiert der Sachverständige, d. h., er schlägt sich, um seine Glaubwürdigkeit zu sichern, auf die Seite der Anklage. Binswanger bemerkte schon 1941 – für die Schweiz –, »dass Milde und Menschenfreundlichkeit keineswegs zum Grundton der psychiatrischen Begutachtung gehören«, darüber belehre schon der statistisch ermittelte Anteil der Gutachten, bei denen von den Psychiatern keine Beeinträchtigung der Zurechnungsfähigkeit angenommen wurde. Bressers (1965) Mahnung, der Gutachter »habe nicht als Sachwalter der Menschlichkeit aufzutreten«, war überflüssig, weil weder Praxis noch Theorie der psychiatrischen Begutachtung ein Übermaß humanitären Denkens erkennen lassen.

Die Anwendung gefühlsmäßigen Verstehens ist jedoch wesentlicher Bestandteil psychiatrischer Diagnostik und setzt eine, wenn auch distanzierte und zeitlich befristete, auf Empathie und Einfühlung beruhende Identifizierung mit dem Probanden voraus. Gefordert ist Versachlichung, keine absolute Neutralität und völlige Unparteilichkeit. Eine unkontrollierte (Über)Identifikation mit einem Probanden aufgrund einer nicht bearbeiteten Gegenübertragung kann zur Übernahme einer überzogenen Helferrolle und in diesem Kontext zu einer verzerrten Schuldfähigkeitsbewertung führen. Ebenso kann die Übernahme einer Ankläger- oder Richterrolle zu Fehlbeurteilungen leiten oder die Begutachtungssituation zum Verhör umgestalten.

Rode und Legnaro (1994) haben eine interessante, allerdings auf eine nur kleine Zahl von Fällen gestützte Studie vorgelegt, nach der eine deutliche Korrelation zwischen der Einstellung des Sachverständigen und seiner Neigung zur Annahme aufgehobener oder verminderter Schuldfähigkeit besteht. Diese Gutachtergruppe gibt eher psychosoziale Gründe für kriminelles Verhalten an, erlebt die Sachverständigentätigkeit stärker als konflikthaft, glaubt eher, sie komme als Person bei der Gutachtertätigkeit ins Spiel, sieht sich selbst nicht frei von der Möglichkeit, in Ausnahmesituationen kriminelle Handlungen begehen zu können, hält öfter soziale, psychologische und medizinische Maßnahmen als Konsequenz krimineller Verhaltensweisen für sinnvoll.

Tatsächlich steht der forensische Psychiater – dem Psychologen geht es in diesem Punkt nicht besser – vor einem doppelten Dilemma: Entweder er legitimiert die Bestrafung, indem er nur einen Bruchteil der Angeklagten als gestört und behandlungsbedürftig definiert, und wird möglicherweise als Erfüllungsgehilfe der Justiz beschimpft, oder er dient sich an zur Behandlung eines größeren Teils der Straffälligen und wird damit möglicherweise zum Ziel des Vorwurfs von Gehirnwäsche und Behandlungstyrannei. Dort, wo nicht Klage geführt wurde über therapeutischen Nihilismus oder Rache-Psychiatrie, sondern als fortschrittlich empfundene Institutionen entwickelt wurden, die sich mit der Therapie gestörter Straffälliger befassten, wurde der Therapeut kritisiert, nach unklaren Kriterien zu lange Behandlungen zu verordnen, deren Erfolg fraglich sei.

Im Bewusstsein der Öffentlichkeit werden die Außenseiter der Gesellschaft stets entweder zu milde oder zu hart angefasst. Die forensische Psychiatrie, von der Gesellschaft mit der Verwaltung der doppelt Stigmatisierten beauftragt, hat auch den doppelten Tadel zu erwarten. Wahrscheinlich gibt es, wie Guttmacher (1968) bemerkt hat, keinen Zweig der Psychiatrie, der so viel kritisiert wurde wie die forensische Psychiatrie.

In Deutschland haben sich die wegen einer psychischen Störung untergebrachten Straffälligen kaum über ein Zuviel an Behandlung zu beklagen, eher über zu viele vertane Jahre in der Anstalt. Die Bemühungen um das Einrichten behandlungsorientierter Institutionen für Straffällige sollten unter einer Begleitforschung und unter Qualitätssicherungsmaßnahmen weiter verfolgt werden. Die Psychiater und auch die bereits jetzt zahlreich in diesem Feld tätigen Psychologen brauchen dann ihr Selbstverständnis als Helfer nicht aufzugeben. Die Fortführung einer leerlaufenden, weil letztlich konsequenzlosen Diagnostik und Selektion, ist den Angehörigen dieser Berufsgruppen nicht zumutbar. Die gewissermaßen ziellose Diagnostik könnte abgelöst werden, wenn der psychologische und psychiatrische Sachverständige klarer über die Grundlagen seines Handelns reflektiert und bereit ist, sich die notwendigen Grundlagen zu beschaffen.

In der forensischen Psychiatrie herrscht mancherorts Theorienfeindlichkeit vor, die zum Teil der traditionellen phänomenologischen Diagnostik entstammt, zum Teil dem Bemühen, sich mit den Juristen möglichst komplikationslos zu arrangieren. Ein anderes Wissenschaftsverständnis und die Erarbeitung besserer Grundlagen könnten der forensischen Psychiatrie ein neues Selbstverständnis vermitteln. Gute empirische Grundlagen würden die Sicherheit geben, sachliche Notwendigkeit gegen normative Forderungen zu setzen.

Prüfer (1993) ermuntert aus Sicht des Tatrichters den Sachverständigen dazu, in der Beweisaufnahme seine Zurückhaltung abzulegen, von seinem Fragerecht reichlich Gebrauch zu machen und, wenn nötig, rechtzeitig weitere Beweiserhebungen anzuregen. Plausibilität des Gutachtens sei die Hauptsache. »Der Gutachter vermeidet also besser nicht nur Fachausdrücke, sondern Fremdworte ganz allgemein, er erklärt auf eine Weise, die gar nicht einfach genug sein kann, ob der Delinquent unter einer Krankheit oder unter einer Störung litt, wie sie entstanden ist, wann sie vor der Tat deutlich hervortrat … und welchen Einfluss sie zur Tatzeit auf den Delinquenten hatte oder gehabt haben kann.« Ein Aspekt, der in den Betrachtungen von Rolle und Wirkung des psychiatrischen Gutachters im Allgemeinen nicht berührt wird, ist dessen politische Funktion. Solange sich in der Psychiatrie der Sowjetunion – mit nicht immer klaren Praktiken – ein Sündenbock bot, konnte sich die West-Psychiatrie in Ahnungslosigkeit und Unschuld wiegen. Das geschah zweifellos nicht immer zu Recht (Rasch 1990). Der pannengespickte Eifer, mit dem die westdeutsche Justiz daran ging, über zuvor diplomatisch anerkannte Regierungsmitglieder der früheren Deutschen Demokratischen Republik zu Gericht zu sitzen, ist nicht frei von dem Verdacht, man wolle sich noch – gewissermaßen posthum – an die Siegerjustiz von Nürnberg anhängen.

Trotz allen Unbehagens, aller Widersprüchlichkeiten und Widerstände sollten sich Psychiatrie und Psychologie nicht aus dem forensischen Feld zurückziehen. Sie können weiterarbeiten an der Humanisierung des Umgangs mit Straffälligen, was in erster Linie bedeutet, das Angemessene geschehen zu lassen. Dazu gehört, dass man sich nicht der Mitarbeit am Einzelfall verschließt, auch weil hierdurch Erfahrungen eingebracht werden können, die der Fortentwicklung des Rechts dienen. Zweifel an einer derartigen Fortentwicklung ergeben sich allerdings daraus, dass eine biologische Richtung der Forensischen Psychiatrie die Oberhand zu gewinnen versucht.

Im Zivilrecht kann sich der psychiatrische Sachverständige viel eher als der ehrliche Makler verstehen, der seine Spezialkenntnisse unparteiisch zur Wahrheitsfindung einbringt. Die Gefahr der Parteilichkeit ist auch bei ihm gegeben. Er kann bei der Beurteilung der Geschäftsfähigkeit – speziell der Testierfähigkeit – seine Befunde danach gewichten, wie sie in sein Weltbild, seine moralische Ausrichtung und seinen Sinn für Gerechtigkeit passen. Außerdem ist er mit dem Erwartungsdruck der Prozessparteien konfrontiert. Antipathien und Sympathien mögen in seine Entscheidungen hineinwirken. Die Prozessparteien sollten sich nicht scheuen, Überlegungen hierüber anzustellen und zur Sprache zu bringen. Der Gutachter selbst sollte das Gutachtenergebnis auch unter diesem Aspekt reflektieren und sich gegebenenfalls um kollegiale Supervision bemühen, d. h. seine Schlüsse gemeinsam mit von ihm anerkannten Kollegen diskutieren.

Im Zivilverfahren geht es häufig um Geld, was die Parteien zu besonders heftiger Argumentation verführt. Sachverständige sind in der Gefahr, in diese Auseinandersetzung einbezogen zu werden, auch dann, wenn sie nicht von der einen oder anderen Partei in das Verfahren eingeschleust wurden und von der eigenen Unparteilichkeit überzeugt sind. Gibt es ein gegnerisches Gutachten bzw. ein Gutachten, in dem eine andere Meinung vertreten wird, scheinen tatsächlich oder vermeintlich die wissenschaftliche Reputation und das Selbstwertgefühl des ersten Sachverständigen angekratzt. In dem Maße, wie er seine Distanz zu wahren vermag, wieweit er sich aus Prozessquerelen herauszuhalten versteht, beweist der Sachverständige seine Qualifikation. Das gilt in gleicher Weise für die Gutachtertätigkeit im Zivil- wie im Strafverfahren.

1.2       Ethische Probleme bei der Begutachtung

Im Spannungsfeld zwischen dem Wohl des Probanden auf der einen und der Verpflichtung dem Auftraggeber gegenüber auf der anderen Seite ist der Forensische Psychiater Interessenkonflikten ausgesetzt, welche die Begutachtungstätigkeit stets prägen. Der Gutachter stellt dem juristischen Auftraggeber nicht nur sein Fachwissen zur Verfügung, sondern leistet auch einen Beitrag zur Humanisierung des Strafverfahrens, indem er durch seine Fachinformationen und seine fachspezifische Sicht der Entwicklung, hin zum deliktischen Verhalten, dazu beiträgt, dem einzelnen Beschuldigten gerecht zu werden. Bereits der sachliche Vortrag der Biografie kann in einem aufgeheizten medienwirksamen Verfahren den Menschen hinter der medialen Aufmachung des »Monsters« sichtbar werden lassen. Die unkritische Darstellung der Verwendung des für die Individualprognose ungeeigneten ( Kap. 5.12) PCL-R (Hare 1991) hat im außereuropäischen Kontext zur verstärkten Anwendung der Todesstrafe bei Hochscorern geführt (Edens et al. 2005).

Der Gutachter stellt dabei ein Beweismittel dar. Seine Rollendefinition wurde als (selbstständiger) Helfer bei der Urteils- bzw. Wahrheitsfindung oder als (technischer) Berater umschrieben. Der Sachverständige hat seine aufgrund fachwissenschaftlichen Spezialwissens erlangten Erkenntnisse in einer dem Gericht verständlichen und nachvollziehbaren Form darzustellen und zu interpretieren. Er vermittelt so dem Gericht Grundlagen einer selbstständigen Entscheidungsfindung. Dennoch muss sich der Gutachter darüber bewusst sein, dass der Grundsatz des »nil nocere« im forensischen Kontext nicht eingehalten werden kann: Im Einzelfall wirkt der Gutachter mit, den Probanden in eine längere, seiner Gesundheit möglicherweise abträgliche, ggf. sogar das Suizidrisiko erhöhende Form der Freiheitsentziehung zu bringen.

Im Extremfall stellt sich für den Gutachter die Frage, ob er sich als Beweismittel für Zwecke instrumentalisieren lässt, die seinem Rechtsverständnis zuwiderlaufen: So muss sich ein Gutachter im Kontext des Therapieunterbringungsgesetzes ( Kap. 4.14) fragen, ob er sich als Beweismittel instrumentalisieren lassen möchte, um im Unterbringungsverfahren eine Diagnose zu liefern, welche als »psychische Störung« einen (weiteren) Freiheitsentzug eines aus rechtlichen Gründen aus der Sicherungsverwahrung zu Entlassenden begründet. Der »Missbrauch« der Psychiatrie besteht dabei nicht darin, dass (insbesondere) dissozial Persönlichkeitsgestörte in wie auch immer genannte Behandlungseinrichtungen kommen (sollen), sondern darin, dass sie bis zum Status der nachträglichen Sicherungsverwahrung als strafrechtlich »gesund«/schuldfähig definiert wurden; erst nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs wurde nun eine »psychische Störung« gesehen, weil es keinen anderen Weg gibt, sie weiter zu verwahren als über das Störungslabel, und das nach den bisherigen Äußerungen des BVerfG offenbar verfassungsgerichtskonform. Die Gesetzesbegründung zum ThUG hob auf die ICD-10 ab, womit der Bezug zur Psychiatrie hergestellt ist.

Es entspricht daher (Konrad 2012) der Redlichkeit des Gutachters und dem Respekt vor dem zu begutachtenden Probanden, ihn über den Auftrag und die Rolle des Gutachters zu informieren sowie über mögliche Konsequenzen, auch im Fall einer Ablehnung der Mitwirkung. Speziell ist darauf zu verweisen, dass es sich nicht um eine Behandlungssituation handelt und dass weder Hilfe, Ratschläge noch Behandlung, möglicherweise nicht einmal ein Feedback zu erwarten sind, außer vielleicht im äußerst seltenen Notfall. Hierzu gehört auch die Aufklärung darüber, dass eine Verschwiegenheitspflicht dem Auftraggeber gegenüber nicht besteht – ein Hinweis, der ggf. im Verlauf der Exploration noch einmal wiederholt werden sollte, wenn der Proband in einer Aussprachesituation doch preisgibt, was er ursprünglich, etwa in Absprache mit seinem Rechtsanwalt, nicht äußern wollte (z. B. Angaben zum Tatgeschehen). Ethisch zweifelhaft ist die Anwendung von Verführungs- oder Überlistungstechniken (etwa die Zusage an einen Untersuchungsgefangenen, sich seines Hundes anzunehmen), um einen ursprünglich Begutachtungsunwilligen zur Mitarbeit zu bringen.

Äußert sich der Gutachter zur Verhandlungs- oder Haftfähigkeit, so sollte er auch die Anforderungen kennen, die unter den speziellen sozialen Bedingungen zu bewältigen sind. Ärzte sind im Drang der Alltagspraxis nicht selten geneigt, diese Fragestellungen bei Personen, die ihre Patienten sind oder waren, mit einem oberflächlichen Dreizeiler zu beantworten, der den Patienten entlasten soll. In der Regel zieht ein solches eher leichtfertig abgegebenes Attest weitere Untersuchungen und weitere Begutachtungen nach sich. Die Übernahme von Begutachtungsaufgaben bei Personen, die sonst von dem Gutachter ärztlich betreut werden, verschärft den Rollenkonflikt, in den ein therapeutisch ausgebildeter Gutachter ohnehin gerät. Dies ist zu vermeiden, indem die Übernahme des Gutachtenauftrags abgelehnt wird. Bei solchen Fragestellungen sollte ein Sachverständiger tätig werden, der mit dem Fall vorher noch nicht befasst war. Mitunter sind Auftraggeber der Auffassung, jener Gutachter sei zur Durchführung des Auftrags am besten geeignet, der den Probanden am besten kennt, insbesondere wenn er ihn behandelt (hat). Unabhängig von dem Problem der Einhaltung der Schweigepflicht in einer therapeutischen Beziehung – der Proband müsste im Falle einer früheren Behandlung den Gutachter selbst von der Schweigepflicht vor Verwertung der früheren Daten entbinden – gefährdet die Erfüllung eines Gutachtenauftrags die Qualität der Behandlung, da der Proband befürchten muss, dass alles, was er in der Therapie äußert oder äußern wird, zu therapiefremden Zwecken an den Auftraggeber übermittelt wird, und sich daher nur begrenzt äußert. Der mitunter jahrelange Aufbau einer von der Schweigepflicht geschützten Therapiesituation im generell als therapiefeindlich wahrgenommenen Justizvollzug kann durch die unbedachte Übernahme eines Gutachtenauftrags gefährdet werden, wenn sich dies unter den Gefangenen herumspricht; im Einzelfall vermeiden dann therapiebedürftige Inhaftierte aus Furcht vor der Verletzung der Schweigepflicht eine wünschenswerte Behandlung ebenso wie manipulative Gefangene schon frühzeitig eine Behandlungssituation mit dem potenziellen späteren Gutachter suchen.

Auf dem Feld der Prognosebegutachtung sollte der Gutachter den Auftraggebern keine falschen Hoffnungen suggerieren: Es gibt keine Methode mit sehr hoher Treffsicherheit. Genauso wenig können im Einzelfall bei günstiger Konstellation erneute Taten »ausgeschlossen« werden. Andererseits gibt es trotz äußerst ungünstiger Ausgangsbedingungen im Einzelfall »False Positives«, die im Falle der angeordneten oder fortdauernden Zwangsunterbringung ihre dennoch bestehende Ungefährlichkeit nicht beweisen können. Die Aufklärung von Politik und Öffentlichkeit über die Möglichkeiten und Grenzen der Begutachtung obliegt dabei der Verantwortung der Forensischen Psychiatrie und führt ebenso wie der Hinweis auf die Möglichkeiten (therapeutische und sonstige) des Risk Managements weiter, als öffentliches Herummäkeln über ein bestimmtes Lockerungsregime. Vielleicht wird sich die Rechtsprechung eines Tages noch mehr an kriminologischer Empirie als an nicht belegter »Lebenserfahrung« orientieren. Verurteilungen, die nach kriminologischer Erfahrung völlig abwegig sind, kommen sicher nur selten vor. Belastender für den Gutachter sind Fälle, bei denen z. B. bei einem Tötungsdelikt die Täterschaft an sich außer Frage steht, die von Staatsanwaltschaft und Gericht erhobenen Vorwürfe hinsichtlich der Motivation und den Tatumständen aber der kriminalpsychologischen Wahrscheinlichkeit nicht entsprechen. Der Sachverständige ist, was besonders bei Prognoseverfahren fühlbar wird, mitunter gezwungen, zu Sachverhalten Stellung zu nehmen, an deren Realität er Zweifel hat. Gleichwohl ist bei Prognosegutachten von den rechtskräftigen Feststellungen des erkennenden Gerichts auszugehen.

Grundsätzlich kann jeder approbierte Arzt zum Sachverständigen ernannt werden, ihm wird durch den Auftraggeber Kompetenz zugeschrieben. Im Einzelfall deckt sich dieser Kompetenzvorschuss nicht mit dem Erwerb eines Facharzttitels, der Schwerpunktbezeichnung »Forensische Psychiatrie« oder der DGPPN-Zertifizierung »Forensische Psychiatrie«. Die Rückgabe eines Auftrags im Fall des selbst erkannten Mangels an Kompetenz dürfte bei niedergelassenen Gutachtern mit der Sorge kollidieren, bei künftigen Auftragserteilungen unberücksichtigt zu bleiben. Die Ablehnung eines Gutachtenauftrags ist aus formellen Gründen wie bei einem Zeugen dann möglich, wenn er den Probanden früher behandelt hat oder mit ihm verwandt ist. Sogenannte Privatgutachten sind mit der gleichen Objektivität und Akribie auszuarbeiten wie die für amtliche Stellen erarbeiteten Gutachten.

Die Praxis, dass ein Klinikleiter bei an ihn persönlich gerichteten Gutachtenaufträgen Hilfspersonen hinzuzieht oder das Gutachten überwiegend oder ganz von nachgeordneten Ärzten erstellen lässt, gilt als problematisch. Das heißt nicht, dass sämtliche für die Begutachtung notwendigen Tätigkeiten (z. B. Gewichtsbestimmung) persönlich vorzunehmen sind. Zur Vorbereitung und Abfassung des schriftlichen Gutachtens können auch gemäß der aktuellen Rechtspraxis zuverlässige und geschulte Hilfskräfte oder wissenschaftliche Mitarbeiter herangezogen werden, deren Aufgaben- und Verantwortungsbereiche kenntlich zu machen sind. Das Gutachten darf jedoch nur dann mitunterzeichnet werden, wenn aufgrund eigener Prüfung, d. h. Befunderhebung, -auswertung und -beurteilung, die uneingeschränkte Verantwortung übernommen werden kann; in diesem Fall kann der Unterschrift etwa der Zusatz »Aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung« vorangestellt werden. Wenn ein Gutachter die Exploration – als zentrale Untersuchungsmethode – nicht selbst zu den wesentlichen Fragen (einschließlich Tatverhalten) durchführt oder zumindest daran teilnimmt – was leider immer noch die gängige Praxis in manchen Ausbildungsinstitutionen darstellt –, ist dieser Zusatz jedoch obsolet. Der Bundesgerichtshof (BGH; Beschl. v. 25.05.11, 2 StR 585/10) hat ein Landgerichtsurteil aufgehoben, das sich auf die Ausführungen einer psychiatrischen Sachverständigen stützte, welche die Exploration »einer erfahrenen Hilfskraft mit der Qualifikation einer Diplom-Psychologin übertragen« hatte, mit dem Hinweis, dass die Anwesenheit der Sachverständigen in der Hauptverhandlung die Exploration nicht zu ersetzen vermag.

Wird ein an eine Klinik gerichteter Gutachtenauftrag durch den Klinikleiter an einen Mitarbeiter weitergegeben, sollte der Auftraggeber frühzeitig darüber informiert werden.

1.3       Ethische Probleme bei der Behandlung

Psychisch gestörte Rechtsbrecher werden in ambulanten (v. a. in forensischen Ambulanzen) oder stationären Settings (in der Allgemeinpsychiatrie vor allem aufgrund von Fremdgefährdung, im Maßregelvollzug des psychiatrischen Krankenhauses oder der Entziehungsanstalt, im Justizvollzug einschließlich Sozialtherapeutischen Anstalten sowie in der Maßregel der Sicherungsverwahrung und in Einrichtungen nach Therapieunterbringungsgesetz) unter jeweils unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen behandelt.

Innerhalb des Justizvollzugs kann noch zwischen ambulanter (konsiliar-)psychiatrischer, quasi-teilstationärer (auf besonders geschützten Stationen des Normalvollzugs) sowie vollstationärer (in einer psychiatrischen Abteilung eines Justizvollzugskrankenhauses) Behandlung unterschieden werden. Im Kontext des Justizvollzugs kann idealtypisch zwischen allgemein psychiatrisch-psychotherapeutischer (z. B. zur Suizidprophylaxe bei reaktiven Depressionen oder zum Erhalt der Haftfähigkeit bei akut psychotischen schizophrenen Ersatzfreiheitsstrafern) und forensisch-psychiatrischer Behandlung (z. B. antiandrogene Therapie bei Paraphilie, psychopharmakologische Therapie bei erhöhter Impulsivität im Rahmen einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung) unterschieden werden; in der Praxis gibt es jedoch breite Überschneidungen.

Das zweispurige System in Deutschland sieht vor, für gefährlich erachtete psychisch gestörte Rechtsbrecher mit zumindest verminderter Schuldfähigkeit dem psychiatrischen Maßregelvollzug zu überantworten und die gesunden als Schuldfähige dem Justizvollzug. Diese Differenzierung im erkennenden Verfahren könnte die Annahme nahelegen, im Justizvollzug befänden sich vorwiegend psychisch Gesunde. Epidemiologische Studien (Konrad 2012) belegen aber, dass bei der überwiegenden Mehrzahl der Gefangenen eine psychische Störung gemäß ICD-10 diagnostiziert werden kann. Im Justizvollzug dürften sich aktuell zumindest genauso viel Psychosekranke befinden wie im Maßregelvollzug. Wenn man akzeptiert, dass psychisch Kranke psychiatrisch-psychotherapeutisch in Justizvollzugsinstitutionen, ggf. auch stationär, behandelt werden sollen, sollte dies nach denselben Standards erfolgen wie – außerhalb der Haftanstalt – in den herkömmlichen psychiatrischen Versorgungsstrukturen (Konrad 2016). Insbesondere kann eine leitliniengerechte stationär-psychiatrische Behandlung nicht auf die Verteilung von Medikamenten an psychisch Kranke reduziert werden, die ansonsten 23 Stunden eingeschlossen werden.

Die ärztliche Berufsrolle eines im Justizvollzug tätigen Psychiaters und/oder Psychotherapeuten impliziert einen Konflikt, der kaum aufzulösen ist: Einerseits muss der Arzt im Auftrag und Interesse seines inhaftierten Patienten handeln und dabei die hippokratischen Gesichtspunkte zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit beachten. Andererseits finden diese Bemühungen im Rahmen des staatlichen Strafanspruchs des Staates statt und beinhalten Bedingungen und Maßnahmen, die möglicherweise gesundheitsschädlich sind. Anders als der im Justizvollzug tätige Chirurg oder Internist, der aus der Freiheit »mitgebrachte« oder während der Inhaftierung auftretende Krankheiten zu behandeln hat, erlebt der Psychiater im Justizvollzug täglich eine große Anzahl von »Haftreaktionen», die überhaupt erst durch die Inhaftierung hervorgerufen sind. Durch psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung erhält er den Inhaftierten gewissermaßen haftfähig und übt damit eine Beschwichtigungs- und Befriedungsfunktion aus. In ethisch fragwürdige Bereiche gerät der Justizvollzugspsychiater, wenn er psychopharmakologische oder andere ärztliche Maßnahmen ohne primäre ärztliche Indikation durchführt, um einen reibungslosen Ablauf von Strafverfahren und -vollzug zu gewährleisten (Konrad 2000). Die doppelte Verpflichtung (dem gefangenen Patienten ebenso wie der Justizvollzugsinstitution gegenüber) des im Justizvollzug tätigen Psychiaters birgt weitere ethische Konflikte: So verbietet die Arztrolle die – in manchen Gesetzestexten immer noch so formulierte – »Mitwirkung« an Disziplinarmaßnahmen, also etwa die Bescheinigung von »Arrestfähigkeit«. Vielmehr hat der Justizvollzugspsychiater bei Vorstellung eines »vollzugsstörenden« Gefangenen bei zu diagnostizierender psychischer Störung ein Behandlungsangebot zu machen und die Anstalt über mögliche schädliche Wirkungen einer geplanten oder bereits vollzogenen Disziplinarmaßnahme (z. B. Verursachung von Leiden bei einem phobischen Gefangenen im Falle einer Arrestierung) zu informieren. Die Informationsbreite wird dabei vom Vorliegen einer Schweigepflichtentbindung abhängig sein. Entbindet der Gefangene den behandelnden Arzt nicht von der Schweigepflicht, entspricht es einem fairen, respektvollen und transparenten Umgang, den Gefangenen darüber zu informieren, was über ihn mitgeteilt wird. Andernfalls wird die Arzt-Patienten-Beziehung, welche sich im therapiefeindlichen Milieu des Justizvollzugs besonders schwierig gestaltet, weiter beeinträchtigt und der Behandler in einer von Misstrauen geprägten Atmosphäre noch weniger für die Behandlung wichtige Informationen erhalten (z. B. über Drogenkonsum oder Suizidgedanken).

Schließlich stellt sich in allen totalen Institutionen das Problem der Zwangsbehandlung. Im Einzelfall wird der Behandler trotz gegebener Indikation einer (medikamentösen) Behandlung auch im Falle akuter Selbst- und/oder Fremdgefährdung den »informed non-consent« respektieren müssen, wenn die Einwilligungsfähigkeit des Betroffenen erhalten ist (Konrad und Völlm 2010), – und sogar dann, wenn sich im Maßregelvollzug hierdurch eine Entlassungsperspektive verschließen kann oder sich im Justizvollzug aus therapeutischer Perspektive unangemessen erscheinende Maßnahmen (wie z. B. Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum) anschließen sollten.

1.4       Entschädigung

Die Vergütung des Sachverständigen richtet sich nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Dabei fallen in die Honorargruppe M1 (65 €/Std.) u. a. Gutachten zu Haft-, Verhandlungs- oder Vernehmungsfähigkeit, in die Honorargruppe M2 (75 €/Std.) u. a. Gutachten zur Einrichtung einer Betreuung sowie zu einfachen Fragen der Schuldfähigkeit und in Honorargruppe M3 (100 €/Std.) Gutachten zur Schuldfähigkeit bei Schwierigkeiten der Persönlichkeitsdiagnostik, zur Kriminalprognose, zur Geschäfts-, Testier- oder Prozessfähigkeit. Hinzu kommen der Fahrtkostenersatz und der Ersatz für besondere Aufwendungen wie Schreibgebühren oder Versandkosten. Im Einzelfall wird noch die zu entrichtende Umsatzsteuer hinzuaddiert.

Bei den Honorarstunden sollte zwischen Aktenstudium – hier wird häufig ca. eine Stunde für 50 relevante Seiten Akte benötigt –, Explorations- und Untersuchungszeit (diese sollten dokumentiert werden), benötigter Fahrzeit und der Zeit für die Ausarbeitung des Gutachtens, Diktat und Korrektur differenziert werden; häufig wird insgesamt eine Stunde für drei bis fünf Gutachtenseiten berechnet. Der (tatsächliche) Zeitaufwand hängt nicht unerheblich von der Erfahrung des Gutachters ab.

Im Falle von Gutachtenmängeln, welche zur Unverwertbarkeit führen, kann der Gebührenanspruch für die Gutachtenerstellung versagt werden (LG Marburg, Beschl. v. 01.12.2005 – 7 StVK 245/05).

Nach dem am 01.08.2002 in Kraft getretenen § 839a BGB haftet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet, für den Schaden, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht. Unrichtig kann ein Gutachten auch dadurch werden, dass es bei einer Aussage den (unzutreffenden) Eindruck erweckt, diese Aussage sei gewissermaßen fachlich unzweifelhaft.

2          Kriminologische Grundlagen

 

2.1       Kriminalitätstheorien

Bei der Erklärung des Phänomens »Kriminalität« konkurrieren Ansätze, die auf das Verhalten eines Individuums bezogen sind mit solchen, die auf die gesellschaftlichen Aspekte kriminellen Verhaltens abheben. Das Interesse von Jurisprudenz und der von ihr eventuell zurate gezogenen Psychologie und Psychiatrie ist auf das Individuum gerichtet. Es ist der Einzelne, dessen Handeln, Motivation und Schuldfähigkeit zu beurteilen sind, selbst wenn er in Gemeinschaft mit anderen gehandelt hat. Dies ist eine der Ursachen, weshalb die meisten kriminologischen Erklärungsansätze in psychologische Theorien münden, auch wenn eine gesellschaftswissenschaftliche Orientierung geltend gemacht wird. Für den Verhaltenswissenschaftler, der sich um Einsichten in die Bedingungen kriminellen Handelns bemüht, sind drei grundlegende Voraussetzungen nicht aus dem Auge zu verlieren:

1.  Kriminalität ist ein soziales Phänomen. Damit ist gesagt, dass ein einzelner, für sich allein lebender Mensch nicht »kriminell« werden kann. Kriminalität ist ein Verstoß gegen Normen, die sich in einer Gruppe von Menschen gebildet haben, um deren Zusammenleben zu ermöglichen. Stets bedarf es des anderen, damit es Opfer, Ankläger, Angeklagter und Richter gibt.

2.  Alle Lebensphänomene zeigen Varianz, die häufig der Form einer Gaußschen Normalverteilung entspricht