From Lukov with Love - Wenn Liebe das Eis zum Schmelzen bringt - Mariana Zapata - E-Book
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From Lukov with Love - Wenn Liebe das Eis zum Schmelzen bringt E-Book

Mariana Zapata

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Beschreibung

Der BookTok-Romance-Liebling endlich auf Deutsch!

Seit sie denken kann, wünscht sich Dickkopf Jasmine Santos nichts sehnlicher, als die Spitzenränge des professionellen Eiskunstlaufs zu erobern. Doch nach Jahren harten Trainings scheint ihr Traum ferner denn je. Bis sie ein unglaubliches Angebot erhält: Sie soll die neue Eiskunstlaufpartnerin von Ivan Lukov werden. Der Star-Athlet hat noch keine Meisterschaft verloren und ist der Liebling der Fans – er könnte Jasmines Karriere endlich den nötigen Schubs geben.
Der große Haken: Dafür muss sie mit Ivan zusammenarbeiten. Und der ist nicht nur ungeheuer gut aussehend, sondern auch ein ungeheures – und nicht minder stures – Ekel …

Knisternder Enemies-to-Lovers-Trope trifft auf unvergessliche Figuren und witzige Dialoge – niemand schreibt Slow-Burn-Romance so gut wie Mariana Zapata!

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Seitenzahl: 701

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Buch

Seit sie denken kann, wünscht sich Dickkopf Jasmine Santos nichts sehnlicher, als die Spitzenränge des professionellen Eiskunstlaufs zu erobern. Doch nach Jahren harten Trainings scheint ihr Traum ferner denn je. Bis sie ein unglaubliches Angebot erhält: Sie soll die neue Eiskunstlaufpartnerin von Ivan Lukov werden. Der Star-Athlet hat noch keine Meisterschaft verloren und ist der Liebling der Fans – er könnte Jasmines Karriere endlich den nötigen Schubs geben. Der große Haken: Dafür muss sie mit Ivan zusammenarbeiten. Und der ist nicht nur ungeheuer gut aussehend, sondern auch ein ungeheures – und nicht minder stures – Ekel …

Autor

Mariana Zapata begann mit dem Schreiben, kaum dass sie das Alphabet erlernt hatte. Mittlerweile ist sie »New York Times«-, »USA Today«- sowie mehrfache Amazon-Nr.1-Bestsellerautorin und begeistert Tausende Fans mit ihren knisternden und humorvollen Geschichten. Die Autorin lebt mit ihrem Mann Chris und ihren geliebten Doggen Dorian und Kaiser in Pagosa Springs, Colorado. Wenn Mariana nicht gerade schreibt oder liest, macht sie sich einen Spaß daraus, ihre Liebsten zu ärgern.

Weitere Informationen unter: www.marianazapata.com

Mariana Zapata

From Lukov with Love

Wenn Liebe das Eis zum Schmelzen bringt

Roman

Deutsch von Anika Klüver

Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel »From Lukov With Love«.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Copyright der Originalausgabe © 2018 Mariana Zapata

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2023 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Susann Rehlein

Umschlaggestaltung: www.buerosued.de nach der Originalvorlage

Umschlagdesign: Letitia Hasser, RBA Designs

DK · Herstellung: sam

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN 978-3-641-31463-7V001

www.blanvalet.de

Für meine beste Freundin und den besten Menschen, den ich kenne –

meine Mutter,

die wahre chingona.

Kapitel eins

Nachdem ich fünfmal hintereinander auf den Hintern gefallen war, kam ich zu dem Schluss, dass es genug war.

Zumindest für heute.

Morgen konnten meine Pobacken zwei weitere Stunden voller Stürze ertragen. Wahrscheinlich würden sie das auch müssen, sofern ich nicht herausfand, was ich verdammt noch mal falsch machte. Dies war der zweite Tag in Folge, an dem es mir nicht gelungen war, nach dem Sprung eine saubere Landung hinzulegen.

Frustriert hockte ich auf dem Eis und schaffte es gerade so, nicht laut zu fluchen. Ich neigte den Kopf zurück und starrte mürrisch an die Decke. Ein Fehler. Ich wusste ja, was von der kuppelartigen Decke der Eissporthalle hing. Größtenteils war es das Gleiche, was ich die letzten dreizehn Jahre über gesehen hatte.

Banner.

Banner, die von den Dachsparren hingen.

Banner, auf denen immer derselbe idiotische Name stand.

IVAN LUKOV. IVAN LUKOV. IVAN LUKOV.

Und noch mehr IVAN LUKOV.

Neben seinem Namen gab es noch andere – die der unglücklichen Frauen, mit denen er sich im Laufe der Jahre zusammengeschlossen hatte –, aber seiner war derjenige, der sich mir einbrannte. Nicht weil er den gleichen Nachnamen hatte wie meine allerbeste Freundin, sondern weil mich sein Vorname an Satan erinnerte. Ich war mir ziemlich sicher, dass ihn seine Eltern direkt aus der Hölle adoptiert hatten.

Doch gerade ging es nur um diese Wandteppiche da oben.

Fünf unterschiedliche blaue Banner kündeten von jeweils einer gewonnenen Landesmeisterschaft. Zwei rote Banner standen für jede Weltmeisterschaft. Zwei buttergelbe Banner für jede Goldmedaille. Ein silbernes Banner erinnerte an die Silbermedaille, die er bei einer Weltmeisterschaft errungen hatte und die sich nun in einer Pokalvitrine im Eingangsbereich der Eishalle befand.

Oh Mann. Streber. Arsch. Satan.

Zum Glück gab es nicht für jeden Pokal oder jeden Wettkampf, den er im Laufe der Jahre außerdem noch gewonnen hatte, ein beschissenes Banner. Ansonsten wäre die gesamte Decke damit zugepflastert gewesen.

All diese Banner … und keins trug meinen Namen. Kein einziges. Egal wie sehr ich es versucht hatte, wie hart ich trainiert hatte, nichts. Denn niemand erinnerte sich jemals an einen zweiten Platz, es sei denn, Ivan Lukov hatte ihn belegt. Und ich war nicht Ivan Lukov.

Eifersucht bohrte sich direkt durch mein Brustbein, und ich hasste das Gefühl. Ich hasste es, verdammt noch mal. Sich Gedanken um das zu machen, was andere Leute taten, war Zeit- und Energieverschwendung. Das hatte ich bereits als Kind gelernt, denn damals hatten andere Mädchen hübschere Kostüme und neuere Schlittschuhe als ich gehabt. Eifersüchtig und verbittert waren nur Leute, die nichts Besseres zu tun hatten. Das wusste ich. Im Leben erreichte man nicht das Geringste, indem man sich mit anderen verglich. Auch das wusste ich.

Und ich wollte nicht so sein. Vor allem nicht wegen dieses Idioten. Lieber würde ich diese drei Sekunden Eifersucht mit ins Grab nehmen, bevor ich je irgendjemandem gegenüber zugab, was diese Banner in mir auslösten.

Ich schob mich auf die Knie, damit ich nicht länger diese dämlichen Stofffetzen anstarren musste.

Ich schlug die Hände aufs Eis und schob ächzend meine Füße unter meinen Körper – auf Schlittschuhen das Gleichgewicht zu halten war mir in Fleisch und Blut übergegangen – und rappelte mich auf. Schon wieder. Zum fünften verdammten Mal in weniger als fünfzehn Minuten. Meine rechte Hüfte, meine Pobacke und mein Oberschenkel schmerzten, und morgen würde der Schmerz nur noch schlimmer sein.

»Verdammter Mist«, murmelte ich in mich hinein, damit die jüngeren Mädchen, die um mich herum über das Eis glitten, es nicht hörten. Ich hatte wirklich keine Lust darauf, dass mich schon wieder eine von denen bei der Leitung anschwärzte. Diese kleinen Petzen. Als würden sie im Fernsehen, auf der Straße oder in der Schule nicht ständig Schimpfwörter hören.

Ich wischte mir das Eis vom Bein, holte tief Luft, um mich zu sammeln, und brachte die Frustration, die in meinem Körper loderte, unter Kontrolle. Alles frustrierte mich gerade – ich selbst, mein Körper, meine Situation, mein Leben, die anderen Mädchen, in deren Gegenwart ich verdammt noch mal nicht fluchen durfte, und der heutige Tag im Allgemeinen. Zuerst war ich zu spät aufgewacht, und dann hatte ich gleich beim Frühtraining den Sprung nicht sauber hingekriegt. Außerdem hatte ich bei der Arbeit zweimal Kaffee auf meinem Oberteil verschüttet und mir beim Öffnen der Autotür beinahe die Kniescheibe zerschmettert. Und nun war auch noch diese zweite Trainingseinheit für die Tonne …

Unter diesen Umständen konnte man schon mal vergessen, dass es nicht schlimm war, wenn ich mal nicht in der Lage war, einen Sprung zu absolvieren, den ich seit zehn Jahren machte. Ich hatte einfach nur einen schlechten Tag. Einen weiteren schlechten Tag. Das konnte schon mal vorkommen. Fing man an, die guten Dinge als selbstverständlich anzusehen, beschloss das Leben, einem beizubringen, dass man ein undankbarer Idiot war.

Und heute hatte ich es als selbstverständlich angesehen, dass ich einen fehlerfreien dreifachen Salchow hinlegen würde, einen Sprung, den ich seit Jahren machte. Es war nicht der einfachste Sprung beim Eiskunstlauf – er bestand aus drei Drehungen, die anfingen, während man rückwärts auf der hinteren inneren Kante der Kufe lief, bevor man vom Eis abhob. Und dann musste man auf der hinteren äußeren Kante der Kufe des entgegengesetzten Fußes landen. Das war nicht leicht, aber es war auch definitiv nicht der schwerste Sprung – nicht einmal ansatzweise. Unter normalen Umständen bekam ich ihn problemlos hin.

Aber offensichtlich nicht heute oder gestern.

Ich rieb mir mit dem Handrücken über die Augenlider, holte tief Luft und atmete dann langsam wieder aus. Dabei ließ ich die Schultern kreisen und redete mir gut zu, dass ich mich beruhigen und einfach nach Hause gehen sollte.

Schließlich werde ich so bald in keinem Wettkampf antreten, rief mir der praktisch denkende, aber gemeine Teil meines Hirns ins Gedächtnis.

Wie immer, wenn mir diese großartige Tatsache einfiel, verkrampfte sich auch jetzt mein Bauch vor reiner Wut und Verzweiflung.

Und genau wie jedes Mal, wenn das passierte, verdrängte ich diese beiden Gefühle ganz, ganz, ganz tief nach unten. Sie waren sinnlos. Das wusste ich. Absolut sinnlos.

Ich würde nicht aufgeben.

Nachdem ich ein weiteres Mal ein- und ausgeatmet und mir dabei über die Pobacke gerieben hatte, die am stärksten schmerzte, schaute ich mich für heute ein letztes Mal in der Eishalle um. Ich betrachtete die Mädchen, die so viel jünger als ich waren und immer noch trainierten, und verkniff mir ein Stirnrunzeln. Drei von ihnen waren etwa in meinem Alter, aber die anderen waren alle Teenager. Sie waren nicht richtig gut – zumindest nicht so gut, wie ich in ihrem Alter gewesen war –, aber trotzdem. Sie hatten ihr Leben noch vor sich. Lediglich beim Eiskunstlauf und vielleicht noch beim Turnen wurde man mit sechsundzwanzig Jahren schon als uralt angesehen.

Ja, ich musste dringend nach Hause, mich vor dem Fernseher auf die Couch legen und diesen miesen Tag hinter mich bringen. Sich in Selbstmitleid zu suhlen brachte nie etwas. Nicht das Geringste.

Ich brauchte nur ein paar Sekunden, um mich zwischen den Trainierenden hindurch von der Eisfläche zu schlängeln. Ich achtete gerade genug auf meine Umgebung, um mit niemandem zusammenzustoßen, bis ich die Bande erreichte. Ich schnappte mir die Kufenschoner aus Plastik, die sich genau dort befanden, wo ich sie immer ablegte, und steckte sie auf die vier Millimeter breiten Kufen an meinen weißen Schlittschuhen. Dann betrat ich damit festen Boden.

Ich versuchte, die Anspannung in meiner Brust zu ignorieren. Höchstwahrscheinlich war das nur Frustration, weil ich mich immer noch darüber ärgerte, dass ich heute so oft gestürzt war. Aber vielleicht auch nicht.

Ich war nicht bereit, zu glauben, dass ich wahrscheinlich meine Zeit verschwendete, indem ich immer noch zweimal am Tag im Lukov-Eissportkomplex trainierte, weil ich hoffte, eines Tages wieder an Wettkämpfen teilnehmen zu können. Denn einfach aufzugeben hätte eine komplette Verschwendung der letzten sechzehn Jahre meines Lebens bedeutet. Ich hatte im Grunde genommen meine Kindheit aufgegeben. Ich hatte Beziehungen und normale menschliche Erfahrungen für einen Traum geopfert, der so groß gewesen war, dass nichts und niemand ihn mir hätte wegnehmen können.

Ich war nicht bereit zuzugeben, dass mein Traum von einer Goldmedaille bei einer Weltmeisterschaft oder auch nur einer Landesmeisterschaft … in winzig kleine Stücke zerbrochen war, an die ich mich immer noch klammerte, obwohl einem Teil von mir klar war, dass es mir mehr schadete als half.

Nein.

Diese Gedanken waren einer der Gründe, warum mein Magen beinahe täglich schmerzte und mir ständig übel war.

Ich musste mich entspannen. Oder vielleicht masturbieren. Irgendetwas musste helfen.

Ich atmete das miese Gefühl in meinem Magen weg und umrundete die Eisfläche, um zu den Umkleiden zu gehen. Rund um die Eisfläche befanden sich bereits Eltern und Kinder, die für die Abendkurse gekommen waren. Mit diesen Kursen hatte auch ich mit neun Jahren angefangen, bevor ich mich kleineren Gruppen angeschlossen und schließlich Privatstunden bei Galina erhalten hatte. Das waren die guten alten Tage gewesen.

Ich hielt den Kopf gesenkt, um niemandem in die Augen schauen zu müssen, und ging weiter. Dabei kam ich an anderen Leuten vorbei, die ebenfalls ihr Bestes taten, um meinem Blick auszuweichen. Doch erst als ich den Flur hinunter zur Umkleide ging, entdeckte ich vier Mädchen, die herumstanden und so taten, als würden sie Dehnübungen machen. Ich wusste, dass sie nur so taten, weil man sich nicht richtig dehnen konnte, wenn man damit beschäftigt war, wie ein Wasserfall zu plappern.

Zumindest hatte ich das so gelernt.

»Hi, Jasmine!«, begrüßte mich eine von ihnen, ein nettes Mädchen, das sich immer die größte Mühe gab, freundlich zu mir zu sein.

»Hi, Jasmine«, sagte nun auch das Mädchen neben ihr.

Ich nickte ihnen zu, zählte aber bereits die Zeit herunter, die ich brauchen würde, um nach Hause zu gelangen, um mir dort entweder etwas zu kochen oder etwas, das meine Mutter gekocht hatte, in der Mikrowelle aufzuwärmen. Und dann würde ich mich vermutlich hinsetzen und fernsehen. Wäre das Training besser gelaufen, hätte ich womöglich etwas anderes machen wollen, vielleicht wäre ich joggen gegangen oder hätte sogar meine Schwester besucht, aber … das würde nicht passieren.

»Angenehmes Training«, murmelte ich den zwei freundlichen Mädchen zu und warf einen Blick zu den anderen beiden, die ihnen schweigend gegenüberstanden. Sie kamen mir bekannt vor. Gleich fing ein Kurs für fortgeschrittene Eiskunstlaufanfängerinnen an, und ich ging davon aus, dass sie daran teilnahmen. Ich hatte keinen Grund, sie zu beachten.

»Danke, dir auch!«, stieß das erste Mädchen, das mit mir gesprochen hatte, quäkend hervor, bevor es abrupt den Mund zuklappte und knallrot anlief. Eine so tiefe Schamesröte hatte ich bislang nur bei einer einzigen Person gesehen: bei meiner Schwester.

Das Lächeln, das sich auf meine Lippen schlich, war aufrichtig und unerwartet – weil mich das Mädchen an meine Schwester Squirt erinnerte –, und ich schob die Schwingtür zur Umkleide mit der Schulter auf. Ich hatte den Raum kaum betreten und hielt immer noch mit der Schulter die Tür auf, als ich hörte: »Ich weiß nicht, warum du sie so aufregend findest. Sie mag mal eine gute Einzelläuferin gewesen sein, aber ihre Paarkarriere war nicht der Rede wert.«

Ich blieb stehen. Gleich dort. Mitten in der Tür. Und dann tat ich etwas, von dem ich wusste, dass es eine schlechte Idee war: Ich lauschte.

Andere zu belauschen half für gewöhnlich niemandem, aber ich tat es trotzdem.

»Mary McDonald ist eine bessere Paarläuferin …«

Darum ging es also.

Atme, Jasmine. Atme. Halt die Klappe und atme. Denk nach, bevor du redest. Denk daran, wie weit du gekommen bist. Denk an …

»… ansonsten hätte sich Paul letzte Saison nicht mit ihr zusammengetan«, beendete das Mädchen den Satz.

Tätlicher Angriff verstieß gegen das Gesetz. Es war illegal, eine Minderjährige zu schlagen.

Atme. Denk nach. Sei freundlich.

Ich war alt genug, um es besser zu wissen. Das war mir klar. Ich war alt genug, um keinen Anstoß an der Aussage irgendeiner blöden Göre zu nehmen, die vermutlich noch nicht mal die Pubertät hinter sich hatte, aber …

Tja, meine Paarkarriere war für mich ein wunder Punkt oder eher eine Blutblase, die sich weigerte abzuheilen. Mary McDonald und Paul, das elende Arschloch? Ich hatte guten Grund, ihn zu hassen. Und Mary McDonald hasste ich ebenfalls, hauptsächlich weil sie seine neue Partnerin war, aber auch noch aus zahlreichen anderen Gründen.

»Hast du die Clips gesehen, die von ihr online sind? Meine Mutter sagt, dass sie die falsche Einstellung hat und deswegen nie gewonnen hat. Die Punktrichter mögen sie nicht«, versuchte das andere Mädchen zu flüstern, aber es gelang ihr nicht, denn ich konnte sie klar und deutlich hören.

Ich musste mir das hier nicht antun. Ich musste mir gar nichts antun. Sie waren noch Kinder, versuchte ich mich zu beschwichtigen. Sie kannten nicht die ganze Geschichte. Sie kannten nicht mal einen Teil der Geschichte. Das galt für die meisten Leute, und sie würden auch nie mehr darüber erfahren. Ich hatte es akzeptiert und war darüber hinweg.

Doch dann redete eine von ihnen weiter, und ich wusste, dass ich nicht in der Lage sein würde, den Mund zu halten und sie glauben zu lassen, dass der Schwachsinn, den sie von sich gaben, der Wahrheit entsprach. Selbst an einem guten Tag hatte ein Mensch seine Grenzen, und heute war definitiv kein guter Tag gewesen.

»Meine Mom hat gesagt, dass sie nur deswegen noch hier trainiert, weil sie mit Karina Lukov befreundet ist, aber angeblich können sie und Ivan sich nicht leiden …«

Ich war so kurz davor, abfällig zu schnauben. Ivan und ich konnten uns nicht leiden? So nannten sie das? Okay.

»Sie ist irgendwie zickig.«

»Niemand war überrascht, dass sie keinen neuen Partner finden konnte, nachdem Paul sie verlassen hatte.«

Jetzt war aber wirklich Schluss.

Wenn sie den P-Namen nicht noch mal erwähnt hätten, hätte ich vielleicht großzügiger sein können, aber offenbar war Großzügigkeit nur etwas für große Menschen, und ich war gerade mal eins sechzig.

Bevor ich mich davon abhalten konnte, machte ich kehrt und streckte den Kopf zur Tür hinaus. Die vier Mädchen standen immer noch genau dort, wo sie eben gestanden hatten. »Was habt ihr gerade gesagt?«, fragte ich langsam. Wenigstens behielt ich das »Ihr talentfreien Mistgören werdet niemals etwas erreichen« für mich. Ich achtete darauf, die beiden anzuschauen, die mich vorhin nicht gegrüßt hatten. Sie ließen die Köpfe quasi gleichzeitig entsetzt zu mir herumschnellen.

»Ich … Ich … Ich …«, stammelte die eine, während die andere aussah, als würde sie sich jeden Moment vor Angst in ihren Gymnastikanzug und die dazugehörige Strumpfhose machen. Gut. Ich hoffte, dass das passieren würde. Und ich hoffte, dass sie vor Schreck Durchfall bekommen würde.

Ich schaute jede von ihnen gefühlt eine Minute lang an und beobachtete, wie ihre Gesichter knallrot anliefen. Ich genoss den Anblick ein wenig … aber nicht so sehr, wie es normalerweise der Fall gewesen wäre, denn aktuell war ich auf mich selbst wütender als auf sie. Ich zog die Augenbrauen hoch, neigte den Kopf in Richtung des tunnelartigen Flurs, durch den ich gerade von der Eisfläche zu den Umkleiden gegangen war, und ließ ein Lächeln aufblitzen, das kein richtiges Lächeln war. »Das dachte ich mir. Ihr solltet besser zum Training gehen, sonst kommt ihr zu spät.«

An manchen Tagen hätte ich wirklich einen Orden dafür verdient, dass ich im Umgang mit Idioten so geduldig war. Wenn es doch nur dafür Wettkämpfe gäbe. Die hätte ich gewinnen können.

Die zwei netten Mädchen wirkten entsetzt, warfen mir aber beide hastig ein unbehagliches Lächeln zu, bevor sie den anderen folgten und sich dabei Gott weiß was zuflüsterten.

Mädchen wie die fiesen beiden waren der Grund, warum ich den Versuch, mich mit anderen Eiskunstläuferinnen anzufreunden, schon sehr früh aufgegeben hatte. Das waren kleine Mistmaden. Ich reckte einen Mittelfinger in ihre Richtung, fühlte mich aber nicht wirklich besser.

Ich musste mich zusammenreißen und es gut sein lassen. Das war wirklich dringend nötig.

Ich ging in die Umkleide und ließ mich auf eine der Bänke vor der Reihe aus Spinden sinken. Der Schmerz in meiner Hüfte und meinem Oberschenkel hatte auf dem Weg hierher zugenommen. Ich hatte schon heftigere und deutlich schmerzhaftere Stürze als die heutigen erlebt, aber obwohl ich das wusste, »gewöhnte« man sich nie wirklich an den Schmerz. Wenn es regelmäßig passierte, zwang man sich dazu, schneller darüber hinwegzukommen. Und die Wahrheit war, dass ich heute nicht mehr so trainierte wie früher. Das konnte ich nicht – nicht ohne Partner und ohne Trainerin, die mich jeden Tag stundenlang korrigierte. Also hatte mein Körper vergessen, was er ertragen konnte.

Das war nur ein weiteres elendes Anzeichen dafür, dass die Zeit und das Leben gegen meinen Willen weiterliefen.

Ich streckte die Beine vor mir aus und ignorierte die paar älteren Mädchen, die sich umzogen, an ihren Schlittschuhen herumfummelten und dabei plauderten. Sie schauten mich nicht an, und ich warf lediglich einen flüchtigen Blick in ihre Richtung. Ich löste die Schnürung meiner Schlittschuhe und spielte eine ganze Sekunde lang mit dem Gedanken zu duschen, bevor ich zu dem Schluss kann, dass das zu viel Aufwand wäre. Zu Hause konnte ich mich in meinem eigenen Badezimmer umziehen und duschen. Ich zog meinen rechten weißen Schlittschuh aus und nahm dann behutsam die hautfarbene Bandage ab, die meinen Knöchel und die Haut ein paar Zentimeter darüber bedeckte.

»Oh mein Gott!«, kreischte eines der Mädchen auf der anderen Seite des Raums, womit sie es mir unmöglich machte, sie auszublenden. »Du machst Witze, oder?«

»Nein!«, erwiderte eine andere, während ich den linken Schlittschuh aufschnürte und mir große Mühe gab, die Mädchen zu ignorieren.

»Ernsthaft?«, rief wieder eine andere Stimme. Vielleicht war es auch dieselbe wie am Anfang, aber jetzt klang sie schriller. Ich konnte es nicht beurteilen. Es war schließlich nicht so, als würde ich versuchen, sie zu belauschen.

»Ernsthaft!«

»Ernsthaft?«

»Ernsthaft!«

Ich verdrehte die Augen und versuchte weiterhin, sie zu ignorieren.

»Nein!«

»Doch!«

»Nein!«

»Doch!«

Tja, das konnte ich nicht mehr ignorieren. War ich je so nervtötend gewesen? So mädchenhaft?

Auf keinen Fall.

»Wo hast du das gehört?«

Ich war gerade dabei, den Zahlencode in das Kombinationsschloss an meinem Spind einzugeben, als eine Kakofonie schriller Laute ertönte, die dafür sorgte, dass ich einen Blick über meine Schulter warf, um die Mädchen böse anzustarren. Eine von ihnen sah buchstäblich so aus, als wäre sie auf Speed. Sie hatte die Zähne gebleckt und hielt die Hände auf Brusthöhe, während sie hektisch die Handflächen aneinander klatschte. Ein anderes Mädchen hielt sich beide Hände vor den Mund. Womöglich zitterte sie auch.

Was war denn nur mit den beiden los?

»Gehört? Ich sah ihn mit Trainerin Lee hereinkommen.«

Oh Mann.

Natürlich. Über wen sollten sie sonst reden?

Ich machte mir nicht die Mühe, zu seufzen oder die Augen zu verdrehen, als ich mich wieder meinem Spind zuwandte und meine Sporttasche herausholte. Ich zog den Reißverschluss auf, damit ich mein Handy, meinen Schlüsselbund, meine Flip-Flops und einen winzigen Schokoriegel herausfischen konnte, den ich für Tage wie den heutigen immer in der Tasche hatte. Ich öffnete die Verpackung und stopfte ihn mir komplett in den Mund, bevor ich nach meinem Handy griff. Das grüne Licht auf dem Bildschirm blinkte, ich entsperrte das Teil und warf erneut einen Blick über meine Schulter, um zu sehen, ob die Mädchen immer noch wirkten, als wären sie kurz davor, wegen dieses Arschlochs einen Herzinfarkt zu erleiden. Dann las ich die Gruppenchatnachrichten durch, die ich während des Trainings verpasst hatte.

Jojo: Will heute Abend ins Kino. Kommt jemand mit?

Tali: Kommt drauf an. Welcher Film?

Mom: Ben und ich gehen mit.

Seb: Habe eine Verabredung.

Seb: Will James dich nicht begleiten? Da mache ich ihm keinen Vorwurf.

Jojo: Der neue Marvel-Film.

Jojo: Seb, ich hoffe, dass du dir heute Abend eine sexuell übertragbare Krankheit einfängst.

Tali: Marvel? Nein danke.

Tali: Ich hoffe auch, dass du dir eine sexuell übertragbare Krankheit einfängst, Seb.

Mom: WÜRDET IHR ALLE MAL NETT ZUEINANDER SEIN?

Seb: Ihr könnt mich alle mal, bis auf Mom.

Rubes: Ich würde ja mitkommen, aber Aaron fühlt sich nicht gut.

Jojo: Ich weiß, dass du das tun würdest, Squirt. Ich hab dich lieb. Nächstes Mal.

Jojo: Mom, passt 7:30?

Jojo: Seb- [Mittelfinger-Emoji]

Jojo: Jas, bist du dabei?

Ich schaute auf, als die Mädchen in der Umkleide Geräusche machten, bei denen ich mir nicht sicher war, ob ich dazu in der Lage wäre. Ich fragte mich, was mit ihnen los war. Ivan trainierte hier schließlich schon seit einer Million Jahren fünf Tage die Woche. Ihn zu sehen war nicht so aufregend. Da würde ich lieber Farbe beim Trocknen zuschauen.

Ich zog meine Zehen mit den pink lackierten Nägeln zu mir heran und betrachtete sie. Dabei ignorierte ich absichtlich die Quetschung an meinem kleinen Zeh und die Blase, sie sich direkt neben meinem großen Zeh bildete, weil dort die Naht der neuen Strumpfhose gesessen hatte, die ich am Tag zuvor getragen hatte.

»Was macht er hier?« Die Mädchen plapperten weiter und erinnerten mich daran, dass ich so schnell wie möglich aus diesem Raum verschwinden musste. Für heute hatte ich die Grenze dessen, was ich ertragen konnte, längst erreicht.

Ich schaute erneut auf mein Handy und versuchte zu entscheiden, was ich tun sollte. Sollte ich nach Hause gehen und einen Film schauen oder mich zusammenreißen und mit meinem Bruder, Mom und Ben – oder wie der Rest von uns ihn insgeheim nannte: Nummer vier – ins Kino gehen?

Ich wollte lieber nach Hause als in einen jetzt am Wochenende sicher gesteckt vollen Kinosaal, aber …

Ich ballte die Hand für eine Sekunde zur Faust, bevor ich eine Antwort tippte.

Ich gehe mit, aber ich muss erst was essen. Ich mache mich jetzt auf den Weg nach Hause.

Dann lächelte ich und fügte eine weitere Nachricht hinzu.

Seb, ich bin ebenfalls dafür, dass du dir eine sexuell übertragbare Krankheit einfängst. Versuch es doch diesmal mit Tripper.

Ich klemmte mir das Handy zwischen die Knie, während ich meine Autoschlüssel aus meiner Tasche holte und meine Sandalen bereitstellte. Dann verstaute ich meine Schlittschuhe vorsichtig in einem Schutzkoffer, der innen mit Fellimitat und darunter mit dünnem Memoryschaum ausgekleidet war. Mein Bruder Jonathan und sein Ehemann hatten ihn vor ein paar Jahren für mich gekauft. Ich zog den Reißverschluss meiner Sporttasche zu, schlüpfte in meine Sandalen und erhob mich mit einem Seufzen.

Heute war nicht der beste Tag gewesen, aber es würde besser werden, redete ich mir gut zu.

Das musste es.

Das Gute war, dass ich morgen nicht arbeiten musste, und normalerweise ging ich sonntags auch nicht zum Eislauftraining. Meine Mutter würde wahrscheinlich Pfannkuchen zum Frühstück machen, und ich könnte mit meinem Bruder und meiner Nichte in den Zoo gehen, da er sie für den Tag hatte. Ich hatte wegen des Eiskunstlaufs schon genug von ihrem Leben verpasst. Nun, da ich mehr Zeit hatte, versuchte ich, das wiedergutzumachen. Das so zu betrachten, war besser, als darüber nachzugrübeln, warum ich jetzt mehr Zeit zur Verfügung hatte. Ich versuchte, positiver zu sein. Ich war nur noch nicht besonders gut darin.

»Keine Ahnung«, sagte eins der Mädchen. »Aber nach dem Ende der Saison kommt er normalerweise ein oder zwei Monate lang nicht her. Und wie viel Zeit ist seitdem vergangen? Eine Woche seit der Weltmeisterschaft?«

»Ich frage mich, ob er sich von Mindy getrennt hat.«

»Warum sollte er das tun?«

»Keine Ahnung. Warum hat er sich von all den anderen getrennt, mit denen er vor ihr zusammen war?«

Seit eine von ihnen Trainerin Lees Namen erwähnt hatte, wusste ich, von wem sie – immer noch – redeten. Im LK, so nannten die meisten von uns den Lukov-Eissportkomplex, gab es nur einen Mann, der diese Mädchen interessierte. Ivan Lukov.

Oder wie ich ihn gern nannte, vor allem wenn ich ihm direkt gegenüberstand und es ihm ins Gesicht sagen konnte: Satans Sohn.

»Ich habe bloß gesagt, dass ich ihn gesehen habe. Ich weiß nicht, was er hier macht«, sagte eine Stimme.

»Er kommt nie einfach nur zufällig her, Stacy. Zähl doch mal eins und eins zusammen.«

»Oh mein Gott, trennen er und Mindy sich?«

»Wenn es so ist, frage ich mich, mit wem er dann laufen wird.«

»Es könnte jede sein.«

»Mist, ich würde alles bezahlen, um seine Partnerin zu werden«, sagte ein Mädchen.

»Du hast doch gar keine Ahnung vom Paarlaufen, Dummerchen«, sagte ein anderes Mädchen schnaubend. Ich hörte nicht aktiv zu, aber mein Hirn fügte die Einzelteile ihrer Unterhaltung selbstständig zusammen.

»Wie schwer kann das schon sein?«, plapperte die andere weiter. »Er hat den tollsten Hintern im ganzen Land, und er gewinnt mit jeder Partnerin. Das klingt für mich nach einem Kinderspiel.«

Ich verdrehte erneut die Augen, vor allem angesichts der Sache mit dem Hintern. Dieser Idiot sollte auf gar keinen Fall hören, wie ihm jemand ein Kompliment wegen seines Hinterns machte. Die wichtigsten Fakten über Ivan hatte sie allerdings vergessen zu erwähnen. Er war gleichzeitig der Liebling und der Traummann der Eiskunstlaufszene. Das Aushängeschild der Internationalen Eislaufunion. Verdammt, eigentlich sogar für den Eiskunstlauf im Allgemeinen. Manche nannten ihn den »Eiskunstlaufkönig«. Als er noch ein Teenager gewesen war, hatten ihn die Leute als »Wunderkind« bezeichnet.

Er war der Mann, dessen Familie der Komplex gehörte, in dem ich seit über einem Jahrzehnt trainierte.

Der Bruder meiner besten Freundin.

Der Mann, der in über zehn Jahren nicht ein einziges freundliches Wort für mich übrig gehabt hatte. So kannte ich ihn. Als den Arsch, den ich jahrelang jeden Tag gesehen und der mich immer wieder wegen irgendeiner dummen Kleinigkeit angezickt hatte. Er war der Mensch, mit dem ich keine Unterhaltung führen konnte, ohne dass am Ende einer von uns den anderen beleidigte.

Tja … Ich begriff auch nicht, warum er kaum eine Woche, nachdem er seine dritte Weltmeisterschaft gewonnen hatte und nur wenige Tage nach Saisonende im Lukov-Komplex war, wenn er sich doch eigentlich hätte erholen oder Urlaub machen sollen. Zumindest hatte er das jedes Jahr gemacht, solange ich mich zurückerinnern konnte.

Kümmerte es mich, dass er hier war? Nein. Hätte ich wirklich wissen wollen, was los war, hätte ich einfach Karina fragen können. Aber das tat ich nicht.

Denn es war schließlich nicht so, als würden Ivan und ich in absehbarer Zeit gegeneinander antreten … oder jemals wieder, wenn es bei mir weiterhin so mies lief wie bisher.

Und während ich hier in dieser Umkleide stand, ging mir auf, dass es das für mich gewesen sein könnte. Schluss, aus, Ende.

Kapitel zwei

»Hast du schon gehört?«

In der Umkleide zog ich extra fest an den Schnürsenkeln meiner Schlittschuhe, bevor ich die Enden zu einem Knoten zusammenband, der fest genug war, um die nächste Stunde zu überstehen. Ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass neben mir ein Stück die Bank hinunter wieder die zwei Mädchen vor ihren Spinden herumlungerten. Sie trödelten jeden Morgen. Wenn sie nicht so viel quasseln würden, könnten sie mehr Zeit auf dem Eis verbringen, aber ich war schließlich nicht diejenige, die für ihre Trainingsstunden bezahlte. Wären ihre Mütter wie meine Mutter, wären sie schon auf dem Eis.

»Meine Mom erzählte es mir gestern Abend«, sagte die Größere der beiden und stand auf.

Ich stand ebenfalls auf und konzentrierte mich auf das, was vor mir lag. Ich lockerte meine Schultern, obwohl ich bereits eine Stunde mit Aufwärm- und Dehnübungen zugebracht hatte. Ich war nicht mehr sechs oder sieben Stunden pro Tag auf dem Eis, so wie früher – damals waren Dehnübungen für mindestens eine Stunde Pflicht gewesen –, aber alte Gewohnheiten wurde man nur schwer los.

»Sie sagte, sie hätte zufällig mitbekommen, wie jemand sagte, er werde wohl in den Ruhestand gehen, weil er so viele Probleme mit seinen Partnerinnen gehabt hat.«

Das erregte meine Aufmerksamkeit.

Er. Ruhestand. Probleme.

Es war quasi ein Wunder gewesen, dass ich meinen Highschoolabschluss geschafft hatte, aber sogar ich wusste, von wem sie redeten. Ivan. Von wem auch sonst? Abgesehen von ein paar jüngeren Jungs und Paul, der drei Jahre mit mir zusammen im Lukov-Eissportkomplex trainiert hatte, gab es hier keinen anderen Er.

»Wenn er seine Karriere tatsächlich aufgibt, wird er in Zukunft vielleicht als Trainer arbeiten«, sagte eins der Mädchen. »Ich hätte nichts dagegen, mich den ganzen Tag von ihm anschreien zu lassen.«

Ich lachte beinahe. Ivan sollte seine Karriere aufgeben? Niemals. Nie im Leben würde er schon mit neunundzwanzig in den Ruhestand gehen, zumal er so gut in Form war und fast alle Wettkämpfe gewann. Vor Monaten hatte er eine US-Meisterschaft gewonnen. Und einen Monat davor hatte er den zweiten Platz im Major-Prix-Finale geholt.

Warum hörte ich dieser Unterhaltung überhaupt noch zu? Ich hatte heute nur zwei Stunden fürs Training zur Verfügung. Ich verließ die Umkleide und überließ die beiden ihrem Tratsch. So früh am Morgen waren wie immer nur sechs Leute auf dem Eis.

Galina saß bereits auf einer der Tribünen außerhalb der Eisfläche. Sie hatte ihre Thermoskanne mit Kaffee dabei, von dem ich aus Erfahrung wusste, dass er aussah und schmeckte wie Teer. Sie hatte ihren roten Lieblingsschal um und trug einen Pullover, den ich schon mindestens hundertmal gesehen hatte. Darüber hatte sie noch ein dickes Schaltuch gewickelt. Ich hätte schwören können, dass sie angefangen hatte, ihrem Outfit jedes Jahr ein Kleidungsstück hinzuzufügen. Als sie mich damals vor vierzehn Jahren aus einem Kurs herausgepickt hatte, hatten ihr ein langärmeliges Hemd und ein Halstuch gereicht. Nun würde sie darin vermutlich erfrieren.

Vierzehn Jahre waren eine lange Zeit. Manche dieser Mädchen waren noch nicht einmal so lange auf der Welt.

»Guten Morgen«, sagte ich in dem ungelenken Russisch, das ich im Laufe der Jahre aufgeschnappt hatte.

»Hallo, yožik«, begrüßte sie mich. Auf Russisch hieß das kleiner Igel, und ich mochte den Spitznamen. Sie ließ den Blick in Richtung der Eisfläche flackern, bevor sie ihn wieder auf mich richtete. Ihr Gesicht sah immer noch genauso aus wie damals, als ich zwölf gewesen war, verwittert und grimmig, als bestünde ihre Haut aus irgendeinem kugelsicheren Material. »Dein Wochenende war gut, ja?«

Ich nickte und dachte kurz daran zurück, wie ich mit meinem Bruder und meiner Nichte im Zoo gewesen war und dann später in seiner Eigentumswohnung mit ihnen Pizza gegessen hatte – das waren zwei Dinge, die ich früher nie getan hatte, das mit der Pizza vor allem. »Hattest du auch ein gutes Wochenende?«, fragte ich die Frau, die mir so viele Dinge beigebracht hatte, dass ich es ihr niemals würde vergelten können.

Die Grübchen, sie sie nur selten zeigte, traten hervor. Ich kannte ihr Gesicht so gut, dass ich es einem Phantombildzeichner perfekt hätte beschreiben können, falls man sie je entführen sollte. Rund, schmale Augenbrauen, mandelförmige Augen, ein schmaler Mund, eine Narbe auf der Wange, wo damals in ihrer aktiven Zeit die Kufe eines Partners sie im Gesicht erwischt hatte, eine weitere Narbe an der Schläfe, wo sie mit dem Kopf aufs Eis geknallt war. Nicht dass sie je Opfer eines Verbrechens werden würde. Jeder Entführer würde sie vermutlich innerhalb einer Stunde freilassen. »Ich habe meinen Enkel besucht.«

Ich überlegte kurz. »Er hatte Geburtstag, oder?«

Sie nickte und ließ den Blick wieder in Richtung Eis wandern. Ich wusste, dass sie die Eiskunstläuferin beobachtete, mit der sie arbeitete, seit ich sie vor vier Jahren verlassen hatte, um mit dem Paarlauf anzufangen. »Hast du ihm endlich Schlittschuhe gekauft?«, fragte ich.

Meine alte Trainerin neigte den Kopf und zuckte mit den Schultern. Ihre grauen Augen, mit denen sie mich zahllose Male streng gemustert hatte, waren immer noch aufs Eis gerichtet. »Ja. Gebrauchte Schlittschuhe und ein Videospiel. Ich habe bis jetzt damit gewartet. Er ist fast so alt, wie du damals warst. Ein wenig spät, aber immer noch gut.«

Sie hatte es endlich getan. Ich erinnerte mich noch daran, wie er damals geboren wurde – bevor wir getrennte Wege gegangen waren – und wie wir davon geredet hatten, dass er Eiskunstlauf lernen würde, wenn er alt genug wäre. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen. Das wussten wir beide. Ihre eigenen Kinder waren nie über den Anfängerkurs hinausgekommen, aber das war nicht wichtig gewesen.

Doch der Gedanke an ihn, ihren Enkel, der gerade erst mit dem Training anfing, löste in mir beinahe ein Gefühl von … Heimweh aus. Ich erinnerte mich daran, wie viel Spaß Eiskunstlauf damals gemacht hatte. Lange vor dem unerträglichen Druck, dem Drama und den verdammten Kritikern. Lange bevor ich lernte, wie widerlich Enttäuschung schmeckte. Beim Eiskunstlauf fühlte ich mich immer unverwundbar. Ich hatte vorher nicht gewusst, dass es möglich war, sich zu fühlen, als könnte man fliegen. So stark zu sein. So schön zu sein. Gut in etwas zu sein. Ich hatte nicht gewusst, dass das Verbiegen von Körperteilen und das Drehen und Wenden zu Formen, die gar nicht möglich sein sollten, so beeindruckend sein konnte. Ich hatte mich besonders gefühlt, weil ich die ovale Eisfläche so schnell umrunden konnte. Damals hatte ich noch keine Ahnung gehabt, wie sehr dieser Sport mein Leben verändern würde.

Galinas Kichern riss mich aus meinen Gedanken. Zumindest für den Moment.

»Eines Tages wirst du ihn trainieren«, bot sie mit einem Schnauben an und stellte sich wohl vor, dass ich ihn behandeln würde, wie sie mich behandelt hatte. Das brachte sie offenbar zum Lachen.

Ich kicherte, als ich mich daran erinnerte, wie sie mir während der zehn Jahre, die wir zusammen waren, viele Hundert Male einen Klaps verpasst hatte. Manche Leute wären nicht in der Lage gewesen, mit ihrer strengen Liebe umzugehen. Aber ich hatte sie geliebt. Ich war bei ihr aufgeblüht.

Das war nicht das erste Mal, dass sie die Möglichkeit erwähnte, dass ich als Trainerin arbeiten könnte. Während der letzten paar Monate, als die Situation immer verzweifelter geworden war, als meine Hoffnung, einen neuen Partner zu finden, versiegt war, hatte sie angefangen, mir gegenüber diese Möglichkeit zu erwähnen. Dabei war sie nicht besonders subtil vorgegangen. Sie hatte einfach nur gesagt: »Jasmine, du könntest Trainerin sein. Ja?«

Aber ich war immer noch nicht bereit dafür.

Aber vielleicht ist es an der Zeit?, flüsterte eine nervige, weinerliche Stimme gleichzeitig in meinem Kopf.

Es schien beinahe so, als könnte Galina die Stimme hören, denn sie gab ein weiteres Schnauben von sich. »Ich bin beschäftigt. Übe deine Sprünge. Du zeigst nicht genug Einsatz, du bist zu sehr in deinem Kopf gefangen. Deswegen bist du immer wieder gestürzt. Erinnere dich daran, wie es vor sieben Jahren war«, sagte sie. Ihre Aufmerksamkeit war nach wie vor aufs Eis gerichtet. »Hör auf zu denken. Du weißt, was zu tun ist.«

Ich hätte nicht gedacht, dass sie meine Probleme bemerkt hatte, da sie damit beschäftigt war, jemand anders zu trainieren.

Vor sieben Jahren war ich neunzehn gewesen. Das war die schlechteste Saison meiner Einzelkarriere gewesen und der Auslöser für die nächsten drei Saisons, die mich auf den Weg zum Paarlauf geführt hatten.

Ich nickte und schluckte diese alte Scham, die mit der Erinnerung an diese schreckliche Saison verbunden war, hinunter. »Du hast recht. Ich werde an meinen Sprüngen arbeiten. Bis später, Galina«, sagte ich zu meiner alten Trainerin.

Galina ließ den Blick flüchtig über mein Gesicht wandern, bevor sie einmal knapp nickte und ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Eisfläche richtete. Mit ihrem starken Akzent rief sie ihrer neuen Schülerin zu, dass sie zu langsam in einen Sprung ging.

Ich nahm meine Kufenschoner ab, trat auf das Eis hinaus und konzentrierte mich.

Ich konnte das schaffen.

Genau eine Stunde später war ich genauso verschwitzt und müde wie früher nach der dreistündigen Trainingseinheit. Verdammt, ich wurde weich. Letztendlich hatte ich ein paar Sprungkombinationen geübt – eine Abfolge oder wenigstens einen Sprung, auf den direkt ein weiterer und manchmal noch zwei weitere folgten –, aber ich war nicht mit dem Herzen bei der Sache gewesen. Ich hatte die Landungen hinbekommen, aber es war jedes Mal knapp gewesen. Ich hatte gewankt und darum kämpfen müssen, auf den Beinen zu bleiben.

Galina hatte recht. Ich war abgelenkt, aber ich konnte nicht herausfinden, was genau mich ablenkte. Vielleicht musste ich wirklich mal schnell masturbieren oder eine Runde laufen gehen oder irgendwas. Alles, was dabei helfen könnte, einen klaren Kopf zu bekommen oder wenigstens dieses komische Gefühl loszuwerden, das mich verfolgte wie ein Geist.

Nur ein klein wenig frustriert kehrte ich in die Umkleideräume zurück, wo ich einen gelben Klebezettel an der Tür meines Spinds vorfand. Ich dachte mir nichts dabei. Vor einem Monat hatte mich die Geschäftsführerin des LK über eine ähnliche Notiz in ihr Büro gebeten. Sie hatte mir einen Job als Trainerin eines Anfängerkurses anbieten wollen. Schon wieder. Warum sie gedacht hatte, dass ich mich gut als Trainerin für junge Mädchen eignen würde – die praktisch noch Babys waren –, wusste ich nicht, aber ich hatte ihr mitgeteilt, dass ich kein Interesse hatte.

Was immer die Geschäftsführerin von mir wollte, würde schnell gehen müssen, denn ich musste zur Arbeit. Ich hatte meine Tage auf die Minute getaktet. Ich hatte so gut wie überall Listen mit meinen Zeitplänen – auf meinem Handy, auf Zetteln in meinem Auto, in meinen Taschen, in meinem Zimmer, an meinem Kühlschrank –, damit ich keine Termine vergaß und nicht durcheinanderkam. Organisiert zu sein, vorbereitet zu sein und ständig die Zeit im Blick zu haben, um pünktlich zu sein, war mir wichtig. Nun würde ich die ausgiebige heiße Dusche und das Schminken weglassen müssen, um es rechtzeitig zur Arbeit zu schaffen.

Ich zog mein Handy aus meiner Tasche, sobald ich meinen Spind aufgeschlossen hatte, und tippte eine Nachricht. Dabei dankte ich wie immer der Rechtschreibprüfung dafür, dass sie existierte und mir das Leben leichter machte. Als ich fertig war, schickte ich die Nachricht an meine Mutter. Sie hatte ihr Handy immer bei sich.

Ich: Die Geschäftsführerin des LK will mit mir reden. Kannst du Matty anrufen und ihm sagen, dass ich mich ein wenig verspäte, aber so bald wie möglich da sein werde?

Sie schrieb sofort zurück.

Mom: Was hast du angestellt?

Ich verdrehte die Augen und tippte eine Antwort: Nichts.

Mom: Warum wurdest du dann ins Büro bestellt?

Mom: Hast du schon wieder jemandes Mutter als dreckige Hure bezeichnet?

Natürlich würde sie das niemals vergessen. Niemand vergaß es.

Von den drei Malen, als mich die Geschäftsführerin in ihr Büro bestellt hatte, um mich zu überreden, eine Trainerstelle zu übernehmen, hatte ich ihr gar nichts erzählt.

Ich: Keine Ahnung. Vielleicht ist mein Scheck von letzter Woche geplatzt.

Das war ein Witz. Sie wusste besser als jeder andere, wie hoch die LK-Gebühren waren. Sie hatte sie über ein Jahrzehnt lang bezahlt.

Ich: Nein. Ich habe niemandes Mutter als dreckige Hure bezeichnet, aber diese andere dreckige Hure hatte es verdient.

Da ich wusste, dass sie sofort zurückschreiben würde, legte ich das Handy zurück in meinen Spind und beschloss, dass ich ihr auch in einer Minute noch antworten konnte. Ich suchte meine Sachen zusammen, duschte schnell und zog mir in Rekordzeit Unterwäsche, Jeans, eine Bluse, Socken und die hübschesten bequemen Schuhe, die ich mir leisten konnte, an. Als ich fertig war, schaute ich erneut auf mein Handy und stellte fest, dass meine Mutter wie erwartet geantwortet hatte.

Mom: Brauchst du Geld?

Mom: Sie hatte es verdient.

Mom: Hast du in letzter Zeit irgendwen geschubst?

Dass sie mich immer noch fragte, ob ich Geld bräuchte, machte mich fertig. Als hätte ich im Laufe der Jahre nicht genug von ihrem Geld genommen. Monat für Monat, eine erfolglose Saison nach der anderen.

Wenigstens bat ich sie jetzt nicht mehr um finanzielle Unterstützung.

Ich: Ich habe genug Geld. Danke.

Ich: Ich habe niemanden mehr geschubst.

Mom: Bist du sicher?

Ich: Ja, ich bin mir sicher.

Mom: Wirklich?

Ich: Ja.

Mom: Sogar ich wollte dich manchmal schlagen. Das kommt vor.

Ich musste lachen.

Ich: Geht mir ähnlich.

Mom: Ha, ha, ha, ha.

Ich nahm meine Tasche und meine Schlüssel und verließ die Umkleide, ging so schnell wie möglich rüber zu den Büros. Ich würde während der Fahrt zur Arbeit das Eiweißsandwich essen müssen, das ich noch in meinem Pausenbeutel im Auto hatte. Als ich die Tür erreichte, tippte ich gerade eine weitere Nachricht ins Handy, nur um sicher zu sein. Meine Tippfehler ignorierte ich dieses Mal, was ich normalerweise nicht tat.

Ich: Ernsthaft, Ma. Kannst du anrufen und ihm sagen?

Mom: JA.

Ich: Danke.

Mom: Hab dich lieb.

Mom: Sag mir Bescheid, falls du Geld brauchst.

Selbst wenn ich Geld brauchen sollte, würde ich es ihr nicht sagen. Die Wahrheit war, dass ich lieber als Stripperin arbeiten würde, wenn ich je wieder in Geldnot sein sollte. Sie hatte genug für mich getan.

Ich unterdrückte ein Seufzen und klopfte an die Bürotür der Geschäftsführerin. Ich wollte diese bevorstehende Unterhaltung, was immer sie auch beinhalten mochte, in maximal zehn Minuten hinter mich bringen, damit ich nicht zu spät zur Arbeit kam. Ich wollte die Tatsache, dass der engste Freund meiner Mutter großzügig mit mir war, nicht ausnutzen.

Das Problem war, dass ich noch nie eine Freundin von Überraschungen gewesen war. Nicht mal als ich noch klein gewesen war. Ich hatte schon immer gern gewusst, worauf ich mich einließ. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass niemand je eine Geburtstagsüberraschungsparty für mich veranstaltet hatte. Mein Großvater hatte es ein einziges Mal versucht, und damals hatte mir meine Mutter vorher davon erzählt und mich schwören lassen, dass ich überrascht tun würde. Das hatte ich dann auch getan.

Ich war darauf vorbereitet gewesen, mich der Geschäftsführerin zu stellen, und war ziemlich geschockt, als ich eine mir vertraute Frau in den Fünfzigern statt Georgina in deren Büro sitzen sah. Sie trug einen eleganten schwarzen Pullover, und ihr Haar war zu einem so ordentlichen, perfekten Knoten zusammengebunden, wie man sie sonst nur bei Wettkämpfen sah.

Und noch überraschter war ich, dass die zweite Person in Georginas Büro nicht Georgina war, sondern Ivan Lukov, dessen Familie der Komplex gehörte.

Ivan Lukov also und die Frau, die ihn seit elf Jahren trainierte.

Mit dem einen konnte ich keine Unterhaltung führen, ohne mich mit ihm zu streiten, und die andere hatte im Verlauf dieser elf Jahre vielleicht zwanzig Worte zu mir gesagt.

Ich fragte mich, ob ich die Notiz an meinem Spind vielleicht nicht richtig gelesen hatte. Doch ich hatte sie richtig gelesen … oder? Normalerweise brachte ich beim Lesen nichts mehr durcheinander.

»Ich war auf der Suche nach Georgina«, erklärte ich. Ich hasste es, Fehler zu machen. Ich hasste es. Und dass ich es womöglich vor ihnen vermasselt hatte, machte es nur noch schlimmer, verdammt. »Wisst ihr, wo sie ist?«, presste ich hervor.

Die Frau lächelte unbekümmert und wirkte ganz und gar nicht so, als hätte ich sie bei einem wichtigen Gespräch gestört. Sie wirkte auch kein bisschen so, als wäre ich jemand, den sie im Grunde genommen jahrelang ignoriert hatte. Das machte mich sofort noch nervöser. Sie hatte mich noch nie zuvor angelächelt. Tatsächlich glaubte ich nicht, dass ich sie generell je hatte lächeln sehen. »Komm rein«, sagte sie und lächelte immer noch. »Ich habe die Notiz an deinem Spind hinterlassen, nicht Georgina.«

Später würde ich erleichtert sein, dass ich die Worte nicht falsch gelesen hatte, aber jetzt gerade war ich zu sehr damit beschäftigt, mich zu fragen, warum ich hier stand … Und warum zur Hölle Ivan dasaß und nichts sagte.

Als hätte sie meine Gedanken gelesen, wurde das Lächeln der Frau breiter, also wollte sie versuchen, mich zu beruhigen. Doch es bewirkte genau das Gegenteil. »Setz dich, Jasmine«, sagte sie in einem Tonfall, der mich daran erinnerte, dass sie den Idioten links von mir mit ihrem Training durch zwei Weltmeisterschaften gebracht hatte. Das Problem war, dass sie nicht meine Trainerin war und ich es nicht leiden konnte, wenn mir Leute Anweisungen erteilten.

Zwei Jahre lang hatte ich an denselben Wettkämpfen teilgenommen wie Ivan. Ich war ehrgeizig, und sie waren es ebenfalls. Es war leichter, jemanden schlagen zu wollen, mit dem man keinen freundlichen Umgang pflegte. Aber das erklärte nicht die Jahre davor, als ich noch als Einzelläuferin unterwegs gewesen war und nichts mit ihnen zu tun gehabt hatte. Damals hätte sie freundlich zu mir sein können … aber das war sie nicht gewesen. Nicht dass ich das gewollt oder gebraucht hätte, aber trotzdem.

Also hätte sie nicht im Geringsten überrascht sein sollen, als ich sie lediglich mit hochgezogenen Augenbrauen anstarrte.

»Bitte?«, fügte sie hinzu und klang dabei beinahe liebenswürdig.

Ich traute weder ihrem Tonfall noch ihr.

Unwillkürlich blickte ich in Richtung der zwei Stühle, die ihr gegenüberstanden. Auf einem davon saß Ivan, den ich nicht mehr gesehen hatte, seit er zur Weltmeisterschaft aufgebrochen war. Er hatte seine langen Beine vor sich ausgestreckt. Seine Füße, die ich häufiger in Schlittschuhen als in gewöhnlichen Schuhen gesehen hatte, steckten unter dem Schreibtisch, den seine Trainerin mit Beschlag belegt hatte. Doch das, was meine Aufmerksamkeit auf sich zog, war nicht die träge Art, wie er mit vor der Brust verschränkten Armen dasaß und seine Brustmuskeln präsentierte. Es war auch nicht der marineblaue Rollkragenpullover, der die Blässe seines Gesichts betonte.

Was mich innehalten ließ, waren seine graublauen Augen, die er fest auf mich gerichtet hatte. Ich vergaß nie, wie intensiv die Farbe war, aber sie überrumpelte mich dennoch jedes Mal aufs Neue. Ich vergaß auch nie, wie lang die schwarzen Wimpern waren.

Und dann war da alles, was sich um diese Augen herum befand.

Oh Mann.

So viele Mädchen rasteten wegen seines Gesichts, wegen seiner Haare, wegen seiner Augen, wegen seiner Eiskunstlauffähigkeiten, wegen seiner Arme, wegen seiner langen Beine, wegen seiner Art zu atmen oder wegen der Zahnpasta, die er benutzte, völlig aus. Das nervte.

Ich starrte ihn an, und diese böse Schönlingsvisage starrte zurück. Er hatte den Blick fest auf mein Gesicht gerichtet. Er runzelte nicht die Stirn, lächelte nicht und verzog auch sonst keine Miene.

Und das machte mich nervös.

Er schaute mich einfach nur an.

Wäre ich irgendjemand anders gewesen, hätte er mich mit diesem Blick aus dem Konzept gebracht. Aber ich war nicht sein Groupie. Ich kannte ihn gut genug, um mich nicht von dem menschlich wirkenden Ganzkörperanzug ablenken zu lassen. Er beeindruckte mich nicht.

Außerdem war ich dabei gewesen, als ihn seine Mutter vor Jahren mal heftig zusammengestaucht hatte, weil er ihr Widerworte gegeben hatte, was ebenfalls dabei half, seinem Bann nicht zu verfallen.

»Was soll das hier werden?«, fragte ich und schaute für eine weitere Sekunde in Ivans halb vertrautes Gesicht, bevor ich mich schließlich dazu zwang, den Blick wieder auf Nancy Lee zu richten. Sie war immer noch genauso hübsch wie damals, als sie noch selbst an Wettkämpfen teilgenommen hatte. Ich hatte mir Videoaufnahmen von ihr in den Achtzigern angeschaut, als sie die Landesmeisterschaft gewonnen hatte.

»Es ist nichts Schlimmes, versprochen«, antwortete die ältere Frau behutsam und deutete auf den Stuhl neben Ivan. »Kannst du dich setzen?«

Wenn einen jemand bat, sich zu setzen, passierte immer etwas Schlimmes. Zumal sich der Platz, auf den ich mich setzen sollte, neben Ivan befand. Also konnte sie das vergessen. »Ich stehe lieber«, sagte ich. Meine Stimme klang genauso seltsam, wie ich mich fühlte.

Was ging hier vor? Sie konnten mich nicht aus der Einrichtung werfen. Ich hatte nichts getan.

Es sei denn, diese miesen Gören vom Wochenende hatten mich verpetzt. Verdammt.

»Jasmine, wir brauchen wirklich nur zwei Minuten«, sagte Nancy Lee langsam und deutete dabei immer noch auf den Stuhl.

Tja, das passte irgendwie alles nicht zusammen, und es wurde nur schlimmer. Zwei Minuten? In zwei Minuten konnte man nichts gut hinbekommen. Ich putzte mir sogar zweimal am Tag länger als zwei Minuten die Zähne.

Ich rührte mich nicht vom Fleck. Sie hatten mich verpetzt. Diese kleinen Mistmaden …

Als wollte sie bestätigen, dass ich meine Gedanken nicht besonders gut verbarg, seufzte Nancy Lee auf ihrem Platz hinter dem Schreibtisch. Mir entging nicht, wie sie kurz zu Ivan schaute, bevor sie den Blick wieder auf mich richtete. Sie setzte sich aufrechter hin und schürzte für einen Moment die Lippen, bevor sie wieder sprach. »Dann werde ich jetzt zum Punkt kommen. Wie entschlossen bist du, deine aktive Karriere zu beenden?«

Wie entschlossen ich war, meine aktive Karriere zu beenden? Dachten das etwa alle von mir? Dass ich in den Ruhestand gehen wollte?

Es war nicht so, als hätte ich mich dafür entschieden, keinen Partner mehr zu haben und eine komplette Saison zu verpassen, aber … was auch immer. Was auch immer. Mein Blutdruck machte etwas Seltsames, was er noch nie zuvor gemacht hatte. »Warum fragen Sie das?«, presste ich hervor. Ich war immer noch besorgt, wenn auch nur ein wenig.

Ich hätte Karina anrufen sollen.

Die Frau redete nicht um den heißen Brei herum, was ich zu jedem anderen Zeitpunkt zu schätzen gewusst hätte. Doch ich rechnete nicht mit dem Satz, der als Nächstes aus ihrem Mund kam. Tatsächlich war das so ziemlich das Letzte, was ich je von ihr zu hören erwartet hätte. Verdammt, es was das Letzte, was ich von jeder Person zu hören erwartet hätte.

»Wir wollen, dass du Ivans nächste Partnerin wirst«, sagte die Frau. Einfach. So.

Einfach so.

Im Leben gab es Momente, in denen man sich fragte, ob man Drogen genommen hatte, ohne es zu merken.

Das jetzt gerade, als ich im Büro der Geschäftsführerin im Lukov-Komplex stand, war dieser Moment für mich. Ich konnte nur blinzeln. Und dann noch mal blinzeln.

Dennwas zur Hölle sollte das?

»Das heißt, sofern du bereit bist, aus dem Ruhestand zurückzukehren«, fuhr die Frau fort und sprach einmal mehr vom Ende meiner aktiven Karriere, als würde ich nicht direkt vor ihr stehen und mich fragen, wer mir halluzinogene Drogen ins Trinkwasser getan haben könnte, denn das hier passierte auf keinen Fall wirklich. Diese Worte konnten auf gar keinen Fall tatsächlich aus Nancy Lees Mund gekommen sein.

Auf gar keinen Fall.

Ich musste sie falsch verstanden oder einen Großteil der Unterhaltung irgendwie nicht mitbekommen haben, denn …

Denn …

Ich und Ivan? Als Partner? Das war unmöglich. Keine Chance.

… oder doch?

Kapitel drei

Ich hatte nicht gerne Angst, aber die Wahrheit war, dass es nicht sehr viel gab, was in mir Angst auslöste. Spinnen, Kakerlaken und Mäuse konnte ich töten. In der Dunkelheit konnte ich das Licht anschalten. Sofern es kein wirklich großer Clown war, standen die Chancen gut, dass ich ihn fertigmachen konnte. Ich war für meine Größe recht stark und hatte im Laufe der Jahre zusammen mit meiner Schwester an ein paar Selbstverteidigungskursen teilgenommen. Höhe machte mir nichts aus. Kohlenhydrate waren toll, und wenn ich zunahm, wusste ich, wie ich die zusätzlichen Pfunde wieder loswurde. Und irgendwann würden wir alle sterben. Nichts davon beunruhigte mich. Nicht mal ein bisschen.

Ich konnte vermutlich an einer Hand abzählen, wie oft ich in meinem Leben wirklich Angst gehabt hatte. Und jeder einzelne dieser Momente drehte sich um Eiskunstlauf. Einer davon war der, als ich mir meine dritte Gehirnerschütterung zugezogen hatte. Der Arzt, der mich damals behandelt hatte, hatte meiner Mutter geraten, mich dazu zu bringen, mit dem Eiskunstlauf aufzuhören – und eine Weile hatte ich ernsthaft gedacht, dass sie mich dazu zwingen würde, meine Karriere an den Nagel zu hängen. An die beiden darauffolgenden Gehirnerschütterungen konnte ich mich auch noch erinnern. Ich hatte stets befürchtet, dass sie ein Machtwort sprechen und verkünden würde, dass mit dem Eiskunstlauf Schluss sei. Dass ich das Risiko all der Konsequenzen, die wiederholtes Hirntrauma nach sich ziehen konnte, nicht eingehen dürfe. Doch das hatte sie nicht getan.

Und die anderen Male, als mein Mund nach Watte geschmeckt und sich mein Magen verkrampft und rumort hatte … über diese Momente würde ich nicht mehr als nötig nachdenken.

Aber das war alles. Mein Vater fand es lustig zu behaupten, dass ich nur zwei Gefühlszustände hätte: gleichgültig und wütend. Das stimmte nicht, aber er kannte mich nicht gut genug, um das zu wissen.

Doch während ich in der Tür des Büros stand und mich fragte, ob ich das hier träumte, ob ich auf Drogen war oder ob das hier wirklich passierte, hatte ich ein klein wenig Angst. Was, wenn es nicht echt war? Was, wenn das hier irgendein kranker Scherz war?

Ich hasste es, mich so unsicher so fühlen.

Aber was ich wirklich hasste, war die Tatsache, dass ich Angst davor hatte, dass die Antwort, nach der ich suchte, tatsächlich eine war, für die ich meine Seele verkauft hätte.

Ich zwang mich dazu, die Frage zu stellen, deren Beantwortung ich fürchtete. »Partnerin für was?«, fragte ich und überlegte krampfhaft, für was ich mich in diesem verkorksten Traum, der sich so echt anfühlte, mit ihm zusammentun könnte. Für ein verdammtes Gesellschaftsspiel?

Der Mann, den ich aus einer Entfernung, die sich manchmal zu nah angefühlt hatte, hatte aufwachsen sehen, verdrehte die eisblauen Augen. Und genau wie bei jeder anderen Gelegenheit, bei der er die Augen verdreht hatte, verengte ich meine Augen als Reaktion zu Schlitzen.

»Für den Paarlauf«, antwortete er gelangweilt. »Was dachtest du denn? Für Squaredance?«

Ich blinzelte.

»Vanya!«, zischte Nancy Lee, und ich bildete mir ein, aus dem Augenwinkel zu sehen, wie sie sich mit der flachen Hand auf die Stirn schlug.

Aber ich war mir nicht sicher, weil ich zu sehr damit beschäftigt war, den Klugscheißer auf dem Stuhl anzustarren und mir zu sagen: Tu es nicht, Jasmine. Sei besser. Halt den Mund …

Doch dann flüstere eine kleinere Stimme, die ich wirklich gut kannte: Zumindest bis du herausgefunden hast, was sie wirklich von dir wollen. Denn das konnte es nicht sein. Nicht wirklich.

»Was?«, fragte Ivan, der den Blick immer noch direkt auf mich gerichtet hatte. Die einzige Veränderung in seinem beinahe ausdruckslosen Gesicht war der Anflug eines winzigen Lächelns, das seinen Mund umspielte.

»Wir haben das doch besprochen«, sagte seine Trainerin zu ihm und schüttelte den Kopf.

Dieser Kommentar riss mich aus meiner Starre. »Was habt ihr besprochen?« Ich konnte mit dem, was sie sagen würde, umgehen. Egal ob es gut oder schlecht war. »Er hätte den Mund nicht aufmachen sollen, bevor ich mit dir über alles reden konnte.«

»Warum nicht?«

Die andere Frau stieß einen genervten Seufzer aus und antwortete: »Weil wir wollen, dass du Ja sagst. Da wollen wir dir nicht ins Gedächtnis rufen, warum das für dich womöglich nicht infrage kommen könnte.«

Und dann konnte ich nicht anders, als den Kopf zu drehen, um dem Arsch auf dem Bürostuhl ein Grinsen zuzuwerfen. Sein eigenes kleines Grinsen war noch da und verschwand auch dann nicht, als er sah, wie ich das Gesicht verzog.

Blödmann, sagte ich lautlos, bevor ich mich daran erinnern konnte, dass ich das nicht nötig hatte.

Fleischklops, erwiderte er ebenso lautlos.

Das wischte mir sofort das Grinsen vom Gesicht, genau wie sonst immer.

»Also gut«, sagte Nancy Lee mit einem Lachen, das kein bisschen amüsiert klang, während ich dastand und die Augen fest auf den Dämon auf dem Stuhl gerichtet hatte. Ich ärgerte mich über mich selbst, weil ich mich von ihm hatte aus der Spur bringen lassen. »Fangen wir noch mal von vorne an. Jasmine, bitte ignorier du weißt schon wen da drüben. Er sollte den Mund gar nicht erst aufmachen.«

Ich musste mich enorm zusammenreißen, um den Blick wieder auf die Frau zu richten, statt weiterhin die Person links von mir anzustarren.

Nancy Lee schenkte mir ein Lächeln, das ich bei jedem anderen als verzweifelt bezeichnet hätte. »Ivan und ich würden dich gern als seine neue Partnerin haben.« Sie zog die Augenbrauchen hoch und hatte immer noch dieses seltsame Lächeln auf dem Gesicht, dem ich nicht traute. »Falls du interessiert bist.«

Ivan und ich würden dich gern als seine neue Partnerin haben.

Falls du interessiert bist.

Sie – diese beiden Leute, die aussahen und klangen wie Nancy Lee und Ivan – wollten mich als seine neue Partnerin haben?

Mich?

Das war ein verdammter Scherz, oder?

Für den Bruchteil einer Sekunde dachte ich, dass Karina etwas damit zu tun hatte, doch dann kam ich zu dem Schluss, dass das unmöglich sein konnte. Wir hatten seit über einem Monat nicht mehr miteinander geredet. Und sie kannte mich zu gut, um etwas wie das hier zu versuchen. Vor allem nicht ausgerechnet mit diesem Lukov.

Erst vor einem Monat hatte er mich gefragt, ob ich je die Pubertät hinter mich bringen würde. Und ich hatte erwidert, dass ich sie hinter mich bringen würde, sobald sich seine Eier dafür entschieden, sich abzusenken.

Nancy Lee hatte die Szene mitbekommen. Sie wusste Bescheid.

»Ich verstehe das nicht«, sagte ich verwirrt.

Mir entging nicht, wie sich die beiden einen Blick zuwarfen. Dann fragte Nancy Lee angespannt: »Was verstehst du nicht?«

Dass es tausend andere Leute gab, an die sie sich wenden konnten. Die meisten von ihnen waren jünger als ich, was bei dieser Sportart das war, was alle haben wollten. Es gab keinen logischen Grund, mich zu fragen … abgesehen von der Tatsache, dass ich besser als all die jüngeren Mädchen war. Zumindest technisch, und mit technisch meinte ich Sprünge und Pirouetten, die beiden Dinge, die ich am besten konnte. Aber manchmal reichte es eben nicht, am höchsten springen und die schnellsten Pirouetten drehen zu können. Die Punkte für die einzelnen Komponenten einer Kür – Eiskunstlauffähigkeiten, Übergänge, Performance und Umsetzung, Choreografie und Interpretation – waren ebenso wichtig wie die Gesamtwertung.

Und in Bezug auf all diese Punkte hatte ich nie besonders gut abgeschnitten. Die Leute hatten meinen Choreografen die Schuld dafür gegeben. Meinen Trainerinnen eine schlechte Musikauswahl vorgeworfen. Mich dafür kritisiert, dass ich »keine Seele« hätte und nicht »künstlerisch genug« sei und »kein Gefühl vermitteln« würde. Mein Expartner und ich hatten uns anhören müssen, dass wir nicht wie eine »Einheit« wirkten. Mir hatte man außerdem vorgeworfen, dass ich ihm nicht genug vertrauen würde. Und vielleicht hatten all diese Dinge einen großen Anteil daran gehabt, dass ich nicht gut abgeschnitten hatte.

Das und die Tatsache, dass ich versagt hatte.

Also.

»Sie wollen, dass ich mich dafür bewerbe, seine« – ich deutete mit dem Daumen in Ivans Richtung, um sicherzugehen, dass es keinerlei Missverständnisse gab – »Partnerin zu sein? Ich?«

Die Trainerin nickte. Sie zögerte nicht. Sie wandte den Blick nicht ab. Sie nickte einfach nur knapp und zackig.

»Warum?« Es klang eher wie eine Anschuldigung als wie eine Frage, aber was sollte ich denn bitte machen? So tun, als wäre das hier nicht der Rede wert?

Ivan schnaubte und rutschte auf seinem Stuhl herum. »Du willst eine Erklärung?«

Zeig ihm nicht den Stinkefinger. Zeig ihm nicht den Stinkefinger. Tu es nicht, Jasmine.

Ich tat es nicht.

Tu es nicht.

»Ja«, erwiderte ich trocken, aber deutlich freundlicher, als er es verdiente. »Warum?«, fragte ich erneut.