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Komplexität und Dynamik in einer globalisierten Wirtschaft wachsen weiter - mit einem zunehmenden Einfluss auf die Gesellschaften. Parallel dazu erleben wir die ersten Auswirkungen des demographischen Wandels und den Übergang von einer Industrie- zu einer Dienstleistungsgesellschaft. Die Finanz- und Wirtschaftskrise, die uns seit 2008 in Atem hält, macht transparent, dass zu viele Unternehmen immer noch nach Maßstäben und mit einem Instrumentarium geführt werden, die denen aus den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts entsprechen. Es wird immer deutlicher, dass Führung in einem Beziehungsgeflecht verschiedenster Interessengruppen stattfindet und damit sind nicht nur Lieferanten und Kunden gemeint, sondern alle Stakeholder, die relevant sind. Insbesondere wird heute auch immer deutlicher, dass in Krisenzeiten die Interessen der Stakeholder nicht ausreichen bedient werden und das unternehmerische Entscheidungen mit einer kurzfristigen Sichtweise behaftet sind. Dieses Buch beschreibt kurz die existente Problematik und zeigt dann die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels auf: Hin zu ethischer Weitsicht, dem Besinnen auf Grundwerte. Gerade in Krisenzeiten ist eine stakeholder-orientierte Kommunikation als Führungsinstrument elementar und es bedarf eines gesteuerten Kulturwandels in Unternehmen, um langfristig überleben zu können. Dieser Kulturwandel beinhaltet nicht nur eine andere Kommunikation, sondern u.a. auch einen partizipativen Führungsstil, das Zulassen von Vielschichtigkeit und die Berücksichtigung der demographischen Entwicklung bei unternehmerischen Entscheidungen und strategischer Orientierung.
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Seitenzahl: 178
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Kommunikation und andere Randsportarten
© 2013 Dr. Jürgen F. Studt
Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved.
978-3-7469-3259-0 (Paperback)
978-3-7469-3260-6 (Hardcover)
978-3-7469-3261-3 (e-Book)
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Führen in unternehmerischen Krisen ist Ausnahmezustand und der kam in den letzten Jahrzehnten immer wieder einmal vor. In den 80er und 90er Jahren waren eine Krise hier und eine andere (wirklich eine andere?) Krise dort etwas ganz normales. Unter dem steigenden Druck verursacht durch Analysten, Quarterly Analyst Meetings und Performance Contracts herrschte vor allem nach dot.com der Trend vor, Krisen immer später – und fast zu spät – zu erkennen oder erkennen zu wollen. Die Lösung des Problems u.a. verursacht durch Enron hieß Sarbanes Oxley Act und die Welt war wieder gut. Anders als durch das „zu-spät-Erkennen“ ist auch der Hype der Private Equity Firmen in den letzten Jahren bis zum Herbst 2008 nicht zu erklären. Die Krise, die erst einmal erkannt und konstatiert werden muss, arbeitet gegen das Prinzip Hoffnung, den Glauben an das Mögliche und die angenehme Ablenkung von der Realität, die sich doch so hervorragend durch Bingo-Schlagworte wie “Wir sind gut aufgestellt“, „…die Krise als Chance nutzen“ oder „Anderen geht’s noch schlechter und relativ betrachtet, sehen wir gut aus“ verbrämen lässt. Das erste Führungsgebot für Führungskräfte hieße in einer solchen Situation also eigentlich, einen klaren schonungslosen Blick für die Situation zu entwickeln als Grundlage für eine richtige Beurteilung und anschließende Kommunikation der Situation. Wie lange hat man bei Daimler/Chrysler gebraucht, bis der Blick wieder klar war? Wie wir heute wissen, hat der klare Blick ca. 40 Mrd. Euro gekostet! Eine klare Aussage verhindert nicht Optimismus und Zukunftsdenken, schafft aber Identifikation der anderen Führungskräfte und Mitarbeiter mit der Lage, die denen (häufig) schon eher – mindestens in Teilen – vertraut war. Zukunft aufzeigen ist gefragt. Der oft an den Tag gelegte Aktionismus, der sich in Sätzen wie „Erst mal raus aus der Krise, dann sehen wir schon weiter“ verkürzt Kommunikation und Handlungsperspektiven und schmälert damit das Selbstbewusstsein des Unternehmens. Und letztlich: Wo bleibt die Präsenz des Top Managements in Krisenzeiten, wenn es Vorstandsvorsitzende gibt, die mit einem eigenen Schlüssel für den Fahrstuhl in die oberste Etage durchfahren, nur, um nicht kommunizieren zu müssen? Wie viele – oft fehlleitende - Bücher über den Unterschied von Management und Leadership werden noch geschrieben, bis Lernen und Verinnerlichen einsetzt?
Die Finanzkrise erwischt uns weltweit mit der Konsequenz einer riesigen Schuldenlast für die jetzige und nächste Generation. Die Wachstumsraten in der Europäischen Union sehen nur kurzfristig nicht schlecht aus – auch China und Indien bleiben nicht verschont. Die Innovationsquote in Unternehmen bleibt niedrig und die Erfolgsquote von Transformationsprozessen (Merger, Restrukturierungen) liegt in Deutschland unter 35 Prozent, die Nachbarländer stellen sich ähnlich dar. Krankenstände sinken, innere Kündigungen nehmen zu und die Angst vor Versagen bestimmt das Verhalten der arbeitenden Menschen bei gleichzeitig signifikantem Anstieg psycho-somatischer Erkrankungen. Wir beherrschen das Management von Stabilität, aber wie gehen wir mit Veränderungen um? Wie betreten wir Neuland? Das Management des „Change“ ist ein Balanceakt zwischen radikaler Erneuerung und Weiterentwicklung des Bestehenden aus zwei verschiedenen Unternehmen. Persönlichkeiten sind gefordert: Selbstbewusstsein kombiniert mit der Fähigkeit, Widersprüche bearbeitbar zu machen. Es tritt also der Aspekt der aktiven Veränderung von Zielen, Strategien, Geschäftsprozessen, Verhaltens- und Beziehungsmustern, Organisationsstrukturen und -kulturen in den Vordergrund. Vor diesem Hintergrund rücken nicht nur die von der Krise betroffenen Unternehmen, sondern auch die verantwortlichen Manager durch ihr Verhalten und Kommunikation immer stärker in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit. Wie verstehen Sie ihre Rolle? Woran orientieren Sie sich? Sind Sie von ihren persönlichen Fähigkeiten her in der Lage, in Krisen und aus diesen heraus zu führen? Diese Frage muss man für viele Fälle wohl verneinen müssen: Kommunikation, Lernen aus Feedback, das Leben der formulierten ethischen Grundsätze, Corporate Governance, Corporate Social Responsibility im nachhaltigen Sinne und damit das Infragestellen des Shareholder-Value-Prinzips werden sehr häufig immer noch als „Randsportarten“ betrachtet. Dabei macht Kommunikation ungefähr 80% des Führungsalltages aus und ist Chef- und Kernaufgabe, die nicht delegiert werden kann und darf. Kommunikation ist ein elementarer Bestandteil der Unternehmensführung und Unternehmenskultur und somit ein wesentlicher Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg der unternehmerischen Aktivitäten.
Was oberflächlich betrachtet als Finanzkrise erscheint, ist wahrscheinlich eher eine Bankrotterklärung an die gegenwärtigen US-geprägten Managementlehren, denn ohne diese hätte es zu diesem Desaster nicht kommen können. Die tieferliegenden und erst vereinzelt in der Öffentlichkeit diskutierten Ursachen begründen sich in der den USA exportierten Art der Fehlsteuerung von Unternehmen basierend auf dem Shareholder-Value-Prinzip und der damit verbundenen rein monetär definierten Wertsteigerung als Messlatte für den Unternehmenserfolg. Die aus diesen Lehren heraus entwickelte Corporate Governance, festgeschrieben in den Corporate Governance Codes und vielgepriesen als großer Fortschritt, sind hauptsächlich von Finanzexperten und Juristen, sowie Ökonomen des Neoliberalismus erstellt worden – Aspekte eines zeitgemäßen und nachhaltigen Managements wurde nicht berücksichtigt. Die Ignoranz fundamentaler Grundsätze richtiger Unternehmensführung führte in diesem neoliberalen Kontext zur Definition eines einzigen, falschen Unternehmenszweck: die Steigerung des Shareholder-Values mit der Konsequenz, wir jetzt erkennen, dass diese Maxime mittel- und langfristig die Shareholder selbst schädigt.
Die Reduktion der Unternehmensführung auf hard facts hält der Realität nicht mehr stand – wie die steigende Fluktuation auf Vorstandsebene zeigt. Wer Unternehmen und damit vor allem Menschen führen will, der muss sich von der Unterscheidung zwischen hard und den so oft vernachlässigten soft facts trennen und erkennen, dass es den ganzen Menschen braucht, eben auch mit seinen emotionalen, gesellschaftlichen und kulturellen Fähigkeiten. Dazu gehört auch ein in diesem Sinne entwickeltes stabiles Wertegerüst und ganz langsam taucht in Diskussionen wieder der altmodische Begriff Herzensbildung auf.
Die Sicht auf die Welt durch die Brille und Sprache des Ökonomen führt zu einer verkürzten und sehr einseitigen Betrachtungsweise, die allein zweckrational ausgerichtet ist. Und die angesichts der Krise herrschende Sprachlosigkeit lässt keinen Raum für große Gedanken. Topmanager scheitern am Mangel an Herzensbildung, da sie aufgrund ihrer zweckrationalen Reduktion Mitarbeitern, Gesellschaft und Politik nicht glaubhaft und authentisch mitteilen können, in welchem Zustand sich ihr Unternehmen befindet und welche Wege aus diesem Krisenzustand herausführen. Wie soll das auch gehen, wenn es sowohl an Kommunikationsfähigkeit mangelt als das Vokabular der menschlichen Gemeinschaft, nämlich Ethik, Mitgefühl, Verantwortung und Weitsicht abhanden gekommen ist?
Hinsichtlich des fehlenden Wertegerüsts kann vermutet werden, dass dies teilweise mit der Ausbildung von Topmanagern zusammen hängt. Ein großer Teil der Misere ist jenen Untiversitäten und MBA-Programmen zuzuordnen, die seit mehr als 15 Jahren die Lehre vom Shareholdervalue und falsch verstandener Corporate Governance als ultimative Wahrheiten vermittelten. Eliteuniversitäten wie z.B. Harvard geraten zunehmend wegen der Art der vertretenen Lehrmethoden im MBA-Studiengang in die Kritik. Die allseits bekannten Fallstudien, anhand derer MBA Studenten lernen, wie Manager erfolgreich Unternehmen führen, sind zwar nicht wertlos, aber unvollständig. In dem Artikel „Der entzauberte MBA“1 in der FAZ vom 23. Juni 2009 liest man Folgendes: „Zu unkritisch, zu sehr auf kurzfristige Renditesteigerung fixiert, heißt es nun über die Fallstudien. Am die sich ähnelnden Karrierewege werden zunehmend mit Skepsis gesehen. Viele MBA Absolventen zog es in den vergangenen Jahren zu Investmentbanken der Wall Street. Dort entwickelten sie wie die Lemminge jene komplexen Finanzprodukte, die das Finanzsystem an den Rand des Kollapses brachten. Immer mehr Personalverantwortliche gehen daher auf Abstand. Wer will schon gerne einen selbstverliebten „Master of Business Apocalypse“ einstellen, wie die Absolventen heute mitunter verspottet werden.“ Es wird in dem Artikel weiter ausgeführt, dass die Kritik an den MBA-Absolventen teilweise berechtigt sei, da die Beschäftigung mit Hunderten von Fallstudien während des Studiums nur wenig Zeit ließe, sich auch noch mit weiteren Studieninhalten auseinanderzusetzen, die allerding von großer Notwendigkeit seien: »Fest steht: Mit einigen zusätzlichen Kursen ist es nicht getan. Ethische Fragen sollten sich durch den gesamten Lehrplan ziehen, in der Besprechung jeder Fallstudie eine Rolle spielen. Und weniger Fallstudien täten sicherlich gut. [...] Ins Curriculum gehört mehr Nachdenklichkeit.“2
Ähnlich äußert sich auch Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und spricht sich für eine umfassendere Ausbildung von zukünftigen Managern aus. In der aktuellen Finanzkrise habe sich ein ganzheitliches, von Modellen losgelöstes Denken bewährt. Auf die Frage eines FAZ-Journalisten, ob die Auseinandersetzung mit gesellschaftlich relevanten Werten an Universitäten ausreichend sei, antwortet er: „Natürlich ist das Verständnis von Modellen wichtig. Aber man darf darüber die politische, soziale und kulturelle Dimension nicht vergessen. Banken, die sich von dem reinen Modelldenken lösen konnten und die Situation mehr gesamtheitlich beurteilt haben, sind in dieser Krise besser gefahren. Denn viele Entwicklungen hatten nichts mehr mit den Modellwelten zu tun, sondern wurden durch die Politik oder Maßnahmen der Zentralbank angestoßen. Im Studium muss deshalb auch die Fähigkeit vermittelt werden, politische und gesellschaftliche Strömungen wahrzunehmen. Über Modellwelten und Mathematik geht leicht der Bezug zur Realität verloren.“3
Zahlen, Daten und Fakten werden auch zukünftig wesentlicher Bestanteil der MBA-Studiengänge sein, aber das Wissen um Gesellschafts- und Wirtschaftsstrukturen und die Verantwortung in einer Führungsposition, das Bewusstsein, das eigene individuelle Handeln als ein Handeln für die Gesellschaft zu sehen wie auch die persönliche Integrität, müssen zukünftig an Bedeutung gewinnen.
Nur, das von Max Weber beschriebene Welt- und Menschenbild der "gezähmten Maschine" zeigt auch heute noch eine erschreckende Präsenz in unseren Köpfen und beeinflusst unser Handeln: Wir sehen Organisationen, Institutionen, geografische Räume als beherrschbare, maschinenähnliche Gebilde - Menschen müssen als Räder und Rädchen in verschiedenen Rollen funktionieren, sind beliebig austausch- und ersetzbar. Dies unterliegt einer fast zwanghaften Logik, alles Handeln nur daran zu messen und auszurichten, ob es mach- und kontrollierbar ist – mithin eine sehr eingeschränkte und limitierende Sichtweise. Aber dieses in seiner Simplizität linear ausgerichtete Welt- und Menschenbild determiniert eben unternehmerisches Handeln im Streben nach Marktführerschaft, Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität.
Das Erfüllen von Performce-Kontrakten und die Befriedigung von Analysten in Quartalsabständen hat oberste Priorität ohne Rücksicht auf Menschen, Ressourcen oder Zukunft Dies wird nicht immer als angenehm empfunden, aber der Zweck heiligt schließlich die Mittel. Und der Zweck heißt Gewinnen – um jeden Preis! Der Kapitalmarkt belohnt diese Handlungsform mit hohen Börsenkursen und die Öffentlichkeit zelebriert die Akteure als Helden der Gegenwart. Oft nicht nachvollziehbar kreiert dieses Primat des Machbaren simplen Aktionismus - ohne ausreichend reflektiertes Gesamtverständnis der Dynamiken im Kontext des eigenen Handelns. Ein Top-Manager bezeichnete die Akteure solchen Handelns einmal als "Tatprimaten" und damit als Verursacher instabiler Märkte und volatiler Aktienkurse. „Lebenslanges Lernen“, in dieser Zeit so gerne nach vorne gestellt, aber ausschließlich von der Hoffnung geleitet, Anpassungsfähigkeit an die Erfordernisse des Weltmarktes sicherzustellen, hat so gut wie nichts mehr mit Reflexion und Weiterentwicklung zu tun.
Dabei wird immer augenscheinlicher, dass die Reduzierung auf vordergründig Mach- und Beherrschbares als Richtschnur unternehmerischen Handelns nicht mehr ausreicht. Zu dynamisch und komplex sind unsere Gesellschafts- und Wirtschaftssysteme. Simple lineare Konstruktionen und darauf basierende Entscheidungen erzeugen vielfach – im obigen Sinne auch gewollt - nur kurzfristige Effekte und sind daher nur noch bedingt tauglich. Eins und eins ist eben nicht immer zwei - bei dynamischer Betrachtung kann das Ergebnis drei, vier oder sogar mehr sein. Die Quantenphysik, bei der alles in Raum und Zeit miteinander in Beziehung steht, hat die Gesetze der Schwerkraft von Isaac Newton wissenschaftlich längst erweitert, im täglichen Handeln wird dies allerdings völlig ignoriert. Gefordert ist, eine andere Dimension zu erschließen, andere Qualitäten und Kompetenzen zu entwickeln - jenseits des kurzfristig Mach- und Beherrschbaren: ein tieferes Verständnis der Bedeutung menschlicher und organisationaler Beziehungsfähigkeit in einer instabilen, komplexen und interdependenten Welt- und Wertegemeinschaft.
Aus den bisherigen Betrachtungen, Erkenntnissen und Reflexionen scheinen sich im Kern vier Thesen heraus zu kristallisieren, um die Herausforderungen für Organisationen und damit für Führungskräfte zusammenzufassen:
Stark zunehmende Komplexität und Dynamik erzeugt eine Zunahme von Unsicherheit, die aus dem Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach Stabilität und der Notwendigkeit für Veränderungen entsteht. In dieser paradoxen Situation gilt es, handlungs- und gestaltungsfähig zu bleiben oder zu werden. Dafür ist ein Kontext - Arbeitsumfeld oder auch politische und gesetzliche Rahmenbedingungen - erforderlich, der zu Innovation, Produktivität und Leistung animiert.
Führung fällt hier eine zentrale Rolle zu - und zwar mit einem klaren Fokus auf Gestaltung statt Verwaltung von Systemen, Kontexten und Beziehungen. Der in der Aufklärung dem Menschen und seiner Neugierde samt Empathie zugewandte Begriff vom lebenslangen Lernen muss wieder richtig verstanden und verinnerlicht werden. Führung bedeutet mehr kommunikative Fähigkeiten als heute häufig vorzufinden sind und die „Randsportarten“ Ethik, Mitgefühl, Verantwortung und Weitsicht müssen mehr ins Licht gerückt werden und dazu gehört auch ein transparentes Risikomanagement.
Kernstück einer jeden Unternehmensführung ist Kommunikation und was sich nicht kommunizieren lässt, hat im Unternehmen keinen Sinn. Das gilt nicht nur für die Unternehmensstrategie, sondern für die gesamte Organisation inkl. ihrer Mitglieder und der produzierten Produkte und Dienstleistungen. Das Kommunizieren von Zusammenhängen erst ist sinngebend und zwar für alle Stakeholder. Wir wissen, dass Kommunikation Risiko und Chance zugleich beinhaltet. Wird zu wenig oder nicht zielgruppenadäquat und zielorientiert kommuniziert, reduziert sich die Motivation in der Organisation genauso wie das Vertrauen der Stakeholder. Mittelfristig erleidet die Unternehmensreputation Schaden. Kommunikationsstörungen führen zu Friktionen und enden nicht selten in monetären Verlusten. Wer Kommunikation als wirkungsvolles nach außen und innen gerichtetes Instrument der Unternehmensführung begreift, optimiert und agiert effizienter. Kommunikation ist erlernbar, z.B. in Seminaren, Coachings und Kommunikationstrainings mit erfahrenen Köpfen, die als Sparringspartner und auch als Korrektiv zur Verfügung stehen.
Wirtschaft und Ethik galten im freien Unternehmertum bis in die 80-er Jahre vielen als ein Widerspruch an sich. Mit zunehmender Anzahl kleiner und größerer Kristen jedoch scheinen alte Werte in der Unternehmensführung an Boden zu gewinnen. Soziales und gesellschaftliches Engagement stehen nicht mehr allein für Imageförderung, sondern für nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg und diese Entwicklung beinhaltet auch das Wiedererlernen einer adäquaten Kommunikation mit einem entsprechenden Vokabular. Unternehmen geben sich einen Verhaltenscodex (Code of Conduct) und CSR oder Corporate Social Responsibility (soziale Verantwortung des Unternehmens) wird zunehmend als das neue Bekenntnis zum gesellschaftlich engagierten Unternehmer öffentlich diskutiert – unter Hinweis auf eine lange und nun „neu entdeckte“ Tradition.
Die letzten Krisen haben das Vertrauen der Stakeholder in viele Unternehmen – und das nicht nur auf dem Bankensektor stark erschüttert. Deswegen wird im zweiten Kapitel kurz auf die grundsätzlichen Ursachen und deren Auswirkungen auf Unterhemen eingegangen. Die Betrachtung erfolgt nicht nur retrospektiv, sondern auch zukunftsorientiert. Es gilt, kommunikative Wege zu entwickeln, die das Zurückgewinnen des verlorenen Vertrauens der Stakeholder unterstützen.
Die erkannte Veränderungsnotwendigkeiten in der Kommunikation erfordern eine Veränderungskommunikation, die den Bewusstwerdungsprozess unterstützt. Diese stellen wir im dritten Kapitel dar und leiten daraus die künftig geforderten Kommunikationsfähigkeiten ab. Wir gehen auch darauf ein, ob und inwieweit externe Unterstützung hier hilfreich sein kann.
Eine moderne Interpretation des Begriffes der Sozialen Marktwirtschaft erfordert nicht nur eine Verneinung kurzfristiger Renditemaximierung als oberstes Ziel der Unternehmensführung, sondern auch eine intensive fest etablierte und verinnerlichte Stakeholder-Kommunikation. Unternehmen werden sich in Zukunft noch stärker nicht nur an ihren Kennzahlen. sondern vor allem an den persönlichen Fähigkeiten ihrer Führungskräfte und Mitarbeiter messen lassen müssen. Daher geht es im vierten Kapitel um die „Randsportarten“ wie z.B. Ethische Weitsicht und der Zusammenhang mit Kommunikation, wertebewusste Unternehmensführung und ein transparentes kommunikationsfähiges Risikomanagement sowie verändertes Lernverhalten.
Im fünften Kapitel werden zusammenfassend die Ergebnisse der Überlegungen gespiegelt gegen die anfänglich aufgestellten Kernthesen und es wird ein Ausblick auf eine mögliche zukünftige Weiterentwicklung vorgenommen.
Es gibt zwei große Fragen in der aktuellen Wirtschaftspolitik. Zum einen: Wie kann sich ein Land, das zehn Jahre lang Exportweltmeister ist und bleiben will, darüber wundern, dass seine Handelspartner allmählich pleitegehen?4 Und zum anderen: Wie kann sich die ganze Welt über steigende Staatsschulden ereifern, ohne je über die entsprechenden Überschüsse des Unternehmenssektors zu reden? Dass, drittens, kaum jemand merkt, dass eins und zwei zusammenhängen, wundert dann eigentlich schon nicht mehr.
Eigentlich ist die Sache nicht kompliziert. Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung hat nämlich nicht nur zwei, sondern vier Konten: Privathaushalte, Unternehmen, Staat und Ausland. Dabei sind folgende Buchungsregeln zu beachten: Die Defizite und Überschüsse (Nettofinanzierungssaldi) dieser vier Sektoren ergänzen sich zu null, ebenso wie die Überschüsse und Defizite aller Länder. So weit die buchhalterische Logik.
Was bedeutet das in ökonomischen Zusammenhängen? Die Privathaushalte sparen für das Alter. Sie erzielen also einen Nettofinanzierungsüberschuss. Der liegt im historischen Schnitt etwa bei 4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Ihre Ersparnisse legen sie bei den Unternehmen oder beim Staat an, die damit einen Teil ihrer Investitionen finanzieren. Unternehmen und Staat haben also je ein Nettofinanzierungsdefizit, das rund 3 beziehungsweise l BIPProzent ausmacht. Der Saldo gegenüber dem Ausland schwankt um null. Das war bis vor kurzem unser allgemeines Verständnis. In jüngster Zeit ergaben sich allerdings drei auffällige Abweichungen: Bis 2007 gingen die Überschüsse der Privathaushalte stark zurück oder verkehrten sich - wie in den USA, England, Spanien, Griechenland - sogar in ein Defizit. Nach der Subprimekrise stiegen dann die Defizite und Schulden des Staatssektors explosionsartig an. Desweiteren sorgten die „globalen Ungleichgewichte" zwischen den Überschussländern China, Deutschland, Japan einerseits und „Importweltmeistern" wie der USA, England, Spanien, Frankreich und Italien für eine gewisse Aufregung.
Die vierte, viel wichtigere Abweichung ging jedoch völlig unter: In immer mehr Ländern verwandelte sich das Nettofinanzierungsdefizit des Unternehmenssektors in einen Überschuss. 2010 belief sich dieser in den EU-Ländern auf 270 Milliarden Euro, in den USA auf 540 Milliarden Doll; und in Japan auf 28 000 Milliarden Yen. Das entspricht gut 2, fast 4 oder gut 6 Prozent des jeweiligen BIPs. Dass es ein volkswirtschaftlicher GAU ist, wenn der Unternehmenssektor insgesamt viel mehr einnimmt, als er für Vorprodukte, Investitionen, Löhne, Boni, Dividenden und Steuern ai gibt, ist bisher leider noch nicht in unser Bewusstsein gedrungen. Dabei ist der Wechsel des Vorzeichens beim Finanzierungssaldo der Unternehmen die gemeinsame Wurzel der Subprimekrise, der Eurokrise, der globalen Ungleichgewichte und der Verstaatlichung des Finanzsektors.
Der erwähnte EU-Nettofinanzüberschuss bedeutet nämlich, dass die EU-Unternehmen am Schluss des Rechnungsjahrs 2010 über ein zusätzliches Guthaben von 270 Milliarden Euro gegenüber den übrigen Sektoren (Privathaushalten, Staat und Ausland) verfügten. Die Unternehmen mussten Kredite in entsprechender Höhe gewähren, um weiter ihre Produkte verkaufen zu können. Der Wirtschaftskreislauf kann nur noch mit stetig steigenden Schulden geschlossen werden. In den USA haben sich so in den vergangenen fünf Jahren die Guthaben der Unternehmen auf 1840 Milliarden Dollar angehäuft. Wenn - wie einst üblich - der Unternehmenssektor Schulden macht, sind die entsprechenden Kredite mit realem Produktionskapital abgesichert. Wird jedoch stattdessen der private Konsum mit Krediten finanziert, bleiben diese ohne Deckung. Bis 2007 verliehen steigende Immobilienpreise den Krediten einen Anschein von Sicherheit. Seither werden die Kredite überwiegend mit Zahlungsversprechen der Regierungen „gedeckt". Alleine in den USA hat der Staat 2010 über Sozialausgaben 1500 Milliarden Dollar an die (ärmere Hälfte der) Privathaushalte transferiert, um die Wirtschaft am Leben zu erhalten - finanziert über Schuldscheine. Auch hieraus ergeben sich zwei Diskussionsfelder: Die eine geht über Werte und Shareholder Value - die andere über mehr Staat beim Setzen der Rahmenbedingungen für die Wirtschaft. Da beides aus verschiedensten Gründen derzeit nicht mehrheitsfähig ist müssen wir davon ausgehen, dass die Ungleichgewichte und damit die Krisen uns noch sehr lange beschäftigen werden. Dennoch könnte man den Anspruch stellen, dass zumindest auf der Unternehmerseite Paradigmenwechsel vollzogen werden müssen.
Dass die letzte Wirtschaftskrise aus einer Kreditblase und übertriebener Spekulation entstand, ist hinreichend bekannt. Es existiert ein großes Bemühen, sich auf Regularien zu einigen, die eine Wiederholung verhindern sollen – reicht das aus? In der jetzigen Form wohl nicht und wahrscheinlich auch grundsätzlich nicht. Wann die geleistete Ökonomie einer Gesellschaft schadet oder nicht, begründet sich vor allem im in den Menschen, die sie gestalten. Auch nichts wirklich Neues, aber dauernd vergessen. Das Wirtschaftssystem ist ebenso wenig wie ein einzelnes Unternehmen auf ein Kennzahlenkonglomerat zu reduzieren, die Menschen mit nicht vorhersehbaren und manchmal irrationalen Verhaltensweisen sind der entscheidende Faktor.
So hinterlässt die Weltwirtschaftskrise deutlich sichtbare Spuren in den internationalen Führungsetagen. Einseitiges Shareholder-Value-Denken, das durch den Einfluss internationaler Investoren auch in Deutschland vielfach zum Führungsprinzip wurde, ist eine der Ursachen, warum zahlreiche Unternehmen derzeit in Schwierigkeiten geraten. Hohe Wachstums- und Renditeversprechen, hartes Kostenmanagement und Financial Engineering führten zu einer steigenden Abhängigkeit vieler Unternehmen vom Kapitalmarkt. Eine andere Ursache liegt darin begründet, dass zeitgleich unternehmerische Prinzipien wie Nachhaltigkeit, Risikoabschätzung und -vorsorge sowie gesellschaftliche Verantwortung immer stärker verdrängt wurden. Neben Substanzverlust in den Bilanzen und der Mangel an Liquidität rächt sich jetzt auch die jahrelange Nichtwahrnehmung der Interessen wichtiger Stakeholder. Der über viele Jahre nicht stattgefundene Dialog mit den ihnen sorgt nun für das Fehlen deren Unterstützung. Das führt mit dazu, dass die soziale und gesellschaftliche Akzeptanz von Topmanagern und Wirtschaftseliten ist auf ihrem Tiefpunkt angekommen sind.