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Ja, denn dieses Werk zeichnet sich durch eine enorme Praxisorientierung aus. Und hält genau das ein, was es verspricht. Modelle oder Ansätze, die im realen Führungsalltag nur wenig weiterhelfen, werden Sie hier vergeblich suchen.
Mit diesem Werk erhalten Führende ganz konkrete Empfehlungen, wie sie ihren Führungsauftrag in der Linie und im Projekt erfolgreich meistern, schwierige Situationen souverän lösen und das Team für sich begeistern können.
Ob es beispielsweise um die Delegation von Verantwortung geht, das faire Beurteilen von Leistung, um wertschätzende und zugleich kritische Feedbackgespräche, das Gestalten und Durchsetzen von Sanktionen, das Klären von Konflikten oder das Führen durch Phasen der Veränderung - dieses Werk liefert zu den zentralen Herausforderungen, die eine Führungsrolle mit sich bringt, konkrete Lösungen!
- Konkrete Handlungsempfehlungen
- Best-Practice-Ansätze
- Viele Beispiele
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Seitenzahl: 320
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Jörg Rothe
Führung in der Praxis
Wie Sie Ihren Führungsauftrag souverän erfüllen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de/> abrufbar.
Print-ISBN 978-3-446-47419-2E-Book-ISBN 978-3-446-47557-1ePub-ISBN 978-3-446-47637-0
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.Alle in diesem Buch enthaltenen Verfahren bzw. Daten wurden nach bestem Wissen dargestellt. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen.Aus diesem Grund sind die in diesem Buch enthaltenen Darstellungen und Daten mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Autoren und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Art aus der Benutzung dieser Darstellungen oder Daten oder Teilen davon entsteht.Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdruckes und der Vervielfältigung des Buches oder Teilen daraus, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Einwilligung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder einem anderen Verfahren), auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung – mit Ausnahme der in den §§ 53, 54 URG genannten Sonderfälle –, reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.+
© 2023 Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, Münchenwww.hanser-fachbuch.deLektorat: Lisa Hoffmann-BäumlHerstellung: Carolin BenedixSatz: Eberl & Koesel Studio, KemptenCoverrealisation: Max KostopoulosTitelmotiv: © stock.adobe.com/REDPIXEL
Menschen in Führungsverantwortung haben eine Vielzahl an Aufgaben und Rollen wahrzunehmen.
Dabei ergeben sich für Führende Situationen, in denen Handlungsunsicherheiten entstehen. Ob es dabei um die Weitergabe von Verantwortung geht, sprich um Delegation, das faire Beurteilen von Leistung, das Führen von wertschätzenden und zugleich kritischen Feedbackgesprächen, das Gestalten und Durchsetzen von Sanktionen, das Klären von Konflikten im Team, die Teamentwicklung bzw. Entwicklung der Qualität der Zusammenarbeit der Teammitglieder, das Führen von Mitarbeitern durch Phasen der Veränderung – die Möglichkeiten für Unsicherheiten im eigenen Führungsverhalten sind vielfältig.
Führende aller Ebenen in Linie und Projekt können mithilfe dieses Buchs ihr Führungswissen und -verständnis reflektieren. Sie entdecken die Notwendigkeit von Führung sowie „praxisgetestete“ Handlungsoptionen für die teils komplexe Wahrnehmung von Führungsaufgaben. Wo möglich und sinnvoll, finden Sie klare Handlungsempfehlungen (Best Practises).
Dieses Buch richtet sich an Neueinsteiger und erfahrene Führende. Es bietet Lösungen für die herausfordernden vielfältigen Situationen, die der Führungsauftrag immer wieder mit sich bringt. Ihre Führungskompetenz steigert sich mit jeder erfolgreich gestalteten Führungsherausforderung.
In Seminaren und Coachings zeigt sich selbst mit erfahrenen Führenden immer wieder, dass regelmäßiges Reflektieren und auch Üben des eigenen Führungsstils und -verhaltens sinnvoll sind. So wie Profisportler jeden Tag trainieren, obwohl sie Profisportler sind – oder sind sie Profisportler, weil sie jeden Tag trainieren?
Dieses Buch gibt Ihnen Impulse für die sichere und souveräne Gestaltung tagtäglicher Situationen aus Ihrer Praxis. Auch wenn viele Wege nach Rom führen, so unterscheiden sie sich doch in der Qualität.
In über 30-jähriger Erfahrung als Führender und Führungskräftetrainer und -coach habe ich viele Handlungsweisen und Best-Practises-Ansätze kennengelernt und weiß klare Handlungsempfehlungen zu geben. Zugleich möchte ich Ihnen Impulse für ein nützliches Grundverständnis zu den Themen Führung und Mitarbeiter vermitteln.
Ich habe über all die Jahre das Bedürfnis vieler Seminarteilnehmer und Coachees wahrgenommen, eine „Bedienungsanleitung für Führung“ zu bekommen. Eine »Bedienungsanleitung« kann es aufgrund der Vielfältigkeit des Lebens zwar nicht geben, aber ich nehme mir heraus, in diesem Buch immer wieder klare Handlungstipps für spezifische Situationen zu geben, die Ihnen in Ihrer Führungspraxis von großem Nutzen sein können.
Jörg Rothe
Gütersloh, Winter 2022/23
In diesem Dokument wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mit gemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.
Titelei
Impressum
Inhalt
Zielgerichtet Einfluss nehmen
1 Herausforderung Führung
1.1 Was ist Führung?
1.2 Führungsmodelle
Das „Lokomotivenmodell“ der Führung
Das „Fußballfeldmodell“ der Führung
2 Die Persönlichkeit der/des Führenden
2.1 Relevante Persönlichkeitsmerkmale
2.2 Authentizität, Offenheit und Souveränität
Der Weg zu dauerhafter Authentizität
Offenheit versus Seelenstriptease
Wahre Souveränität kommt von innen
2.3 Notwendiges Fachwissen
3 Führungsstile im Spiegel der Anforderungen
3.1 Die „gängigen“ Führungsstile
3.2 Der empfehlenswerte Führungsstil
3.3 Führungsstil und Entscheidungsmodelle
Alleinentscheidungen
Entscheidungen mit Beteiligung der Mitarbeiter
Delegation der Entscheidung
4 Werkzeuge und Techniken der Führung
4.1 Das „Multitool“: Management by walking around
4.2 Verbindlichkeit schaffen: der „kontrollierte Dialog“
4.3 Verantwortungsbewusstsein erzeugen: „Visualisierung“
4.4 Bessere Antworten bekommen: „Fragetechniken“
Offene Fragen
Geschlossene Fragen
Alternativfragen
Fragen geschickt kombinieren
4.5 Themen platzieren: die „Halbsatztechnik“
4.6 Korrekt dokumentieren: das Ergebnisprotokoll
4.7 Missverständnisse vermeiden: spiegeln – paraphrasieren – verbalisieren
4.8 (Nicht-)Eignung der E-Mail und anderer Software-Tools
4.9 Zusammenarbeit „regeln“
Der richtige Umgang mit Regeln
Konsequenzen – unabdingbar bei Regelverstößen
4.10 Der „Konsequenzenkatalog“
Vier-Augen-Gespräch
Enger führen
Eskalation
Teamfeedback
Verantwortlichkeitsänderung
Versetzung
Monetäre Auswirkung
Ermahnung
Abmahnung
Trennung
4.11 Geeignete Kommunikationskanäle für Führung
4.12 Management by delegation und Management by objectives
4.13 Formalisierte Mitarbeitergespräche
Nur Resümee und ohne Überraschungen
Belege mit dem „Feedbacktagebuch“
Interessengleichheit zwischen Führendem und Mitarbeiter
Bumerang Leistungsbeurteilung
Umgang mit der Skalierung
Klare Ziele und Erwartungen formulieren
Thema „Gehalt“ im Mitarbeitergespräch
5 Kernprozesse der Führung
5.1 Führungsaufgabe Beziehungsmanagement
Relevanz ungestörter Beziehungen zu Mitarbeitern
Aufbau und Pflege ungestörter Beziehungen
5.2 Führungsaufgabe Delegation
Verantworten heißt Antworten geben
Verantwortung richtig formulieren!
Das Modell des „Verantwortungskuchens“
Ein Linienbeispiel
Ein Projektbeispiel
Die beiden Delegationsleitsätze für Ihren Alltag
Gesprächstechniken und Rahmen für den Delegationsprozess
Ein Delegationsbeispiel
5.3 Führungsaufgabe Kontrolle
Kontrollwerkzeuge „mbywa“ und die Melderegel
Kontrollwerkzeug Berichterstattung
Korrekte Gleichbehandlung
Balance zwischen Vertrauen und Kontrolle
5.4 Führungsaufgabe Feedback
Formulierung von Feedback
Lob und Wertschätzung gekonnt aussprechen
Phasen und Empfehlungen für kritische Feedbackgespräche
Die 3-Satz-Technik für gelungenes Feedback
Feedback von den Mitarbeitern
Feedback angemessen annehmen
Die geeignetste Sitzordnung für Gespräche mit Mitarbeitern
6 Führungsaufgabe Leistungsbeurteilung
6.1 Maßstab „Fachliche Ergebnisse“
6.2 Maßstab „Regeleinhaltung“
6.3 Maßstab „Spezifische Verhaltenserwartungen“
7 Führungsaufgabe Motivation
7.1 Grundzüge des menschlichen Verhaltens
7.2 Drei zentrale Motivationsmaßnahmen
7.3 Der Eigenmotivation freien Lauf ermöglichen
7.4 Der „Motivationscheck“
8 Führungsaufgabe Konfliktmanagement
8.1 Was ist ein Konflikt und wozu Klärung?
8.2 Strategie zur Konfliktklärung
8.3 Der Kompromiss: Weichenstellung zum nächsten Konflikt
8.4 Der Konfliktklärungsprozess
9 Führungsaufgabe Change Management
9.1 Mitarbeiter in die Veränderung führen
9.2 Modelle des Change Management
Das „House of Change“
Das „7-Phasen-Modell“
9.3 Erfolgsfaktoren des Change Managements
10 Führungsaufgabe Teamentwicklung
10.1 Teamentwicklung in unterschiedlichen Phasen
10.2 Teamentwicklung von Homeoffice-Mitarbeitern
11 Führungsaufgabe Selbstführung
11.1 Zeitfresser „Meeting“
Jedes Meeting planen
Meetings eliminieren
11.2 Zeitfresser „E-Mails“
11.3 Symptom „Aufschieberitis“
11.4 Symptom „Nicht Nein-Sagen können“
11.5 Zeitfresser „Unvorhergesehenes“
12 Neu in der Führungsrolle
12.1 Das Leistungsdreieck
12.2 Legitime und illegitime Bypässe
12.3 Ein paar Tipps zum Einstieg
12.4 Drei Schritte für die ersten Tage und Wochen
Auftragsklärung
Inthronisierung
Antrittsgespräche
12.5 Die Du/Sie-Frage – ein Fallbeispiel
13 Führen auf Distanz und agiles Führen
13.1 Führen auf Distanz
Der Satellitengedanke
Worauf es bei Führen auf Distanz ankommt
Videoanrufe anstatt Management by walking around
Onboarding und Teamentwicklung trotz Homeoffice
13.2 Agiles Führen
Die diversen Definitionen von agilem Führen
Warum agiles Führen nichts Neues ist
Die Verbindung zwischen agilem und klassischem Führen
14 Literatur
15 Danksagung
16 Der Autor
Eine Führungskraft muss einen bunten Strauß an Kompetenzen mitbringen: Kommunizieren, organisieren, Konflikte erkennen und schlichten, Leistung beurteilen, konsequent sein, Entscheidungen treffen, risikobereit sein, dabei die Ziele des Unternehmens vertreten etc. Als Führungskraft müssen Sie einen Weg finden, die Fülle der Anforderungen zu meistern. Die Bewältigung der meisten Führungsaufgaben benötigt gelungene Kommunikation.
Kommunikative Kompetenz ist die Kernkompetenz für Führende überhaupt!
Führende, die zu ihrem Computer eine engere Beziehung haben als zu ihren Mitarbeitern und auch nur ungern kommunizieren, werden sich schwer tun mit der erfolgreichen Wahrnehmung ihrer Führungsrolle.
1.1Was ist Führung?Bild 1.1 liefert eine Definition, die sich auf den Kern von Führung konzentriert.
Bild 1.1Definition Führung
„Zielgerichtet“ setzt voraus, dass es klare Ziele gibt – am besten in den Köpfen des Führenden und des Mitarbeiters gleichlautend verankert. Wie soll ein Führender zielgerichtet beeinflussen, wenn das Ziel unklar ist? Mark Twain soll gesagt haben: „Nachdem wir das Ziel aus den Augen verloren hatten, verdoppelten wir unsere Anstrengungen.“ Das ist die Definition von Aktionismus. Wir wissen zwar nicht genau, wohin wir wollen, aber wir geben schon mal Vollgas. Das sind die Momente, in denen Führende sagen: „Ja, es ist alles noch nicht so klar – aber fangt doch schon mal an.“ Mit dieser Vorgehensweise werden Energien und Ressourcen verschwendet und außerdem haben Wischiwaschi-Ziele in der Regel auch Wischiwaschi-Ergebnisse zur Folge. Klare Ziele sind eine wichtige Voraussetzung für Führung, wobei Ziele übrigens nicht in jedem Bereich jedes Jahr aufs Neue formuliert werden müssen. Wenn ein Ziel der Buchhaltung ist, stets kaufmännisch, mathematisch und juristisch korrekte Zahlen zu haben, dann bleibt dieses Ziel über Jahre konstant.
„Einflussnahme“: Das ist das zentrale Wort in dieser Definition. Führende nehmen Einfluss! Gruppen von Menschen brauchen Führung. Stellen Sie eine Gruppe von Menschen auf eine Wiese, zeigen Sie auf einen Punkt am Horizont und vereinbaren Sie mit der Gruppe, dass diese bis zu einer bestimmten Uhrzeit an diesem Tag dort eingetroffen sein soll. Und dann lassen Sie die Gruppe allein – ohne Führung. Was werden Sie beobachten? Keinesfalls oder in äußerst seltenen Fällen, dass die komplette Gruppe zur vereinbarten Zeit am vereinbarten Ort ist. Je größer die Gruppe, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass die Gruppe das Ziel nicht gemeinsam erreicht. Sie werden beobachten, dass die Menschen in der Gruppe unterschiedliche Vorstellungen und Verhaltensweisen entwickeln. Manche gehen gar nicht in Zielrichtung, andere unterschiedliche Wege. Vielleicht bildet sich ein informell Führender heraus, dem allerdings nicht alle folgen. Vielleicht bilden sich Grüppchen, die unter Umständen sogar gegeneinander vorgehen. Es entstehen also Koalitionen und Oppositionen. Und Sie merken schon, ohne Führung wird eine Zielerreichung doch recht unwahrscheinlich.
Teams brauchen Führung, um gemeinsam Ziele zu erreichen.
Kommt ein Fußballspiel zwischen Profisportlern ohne die Führung durch den Schiedsrichter aus? Klares Nein, denn obwohl wir es mit Profis zu tun haben, muss der Schiedsrichter häufig bei Regelverstößen eingreifen und diese angemessen ahnden. Ein Spiel ohne jegliche Einflussnahme durch den Schiedsrichter – undenkbar! Nicht auf dem Planeten Erde. Und da Führende auch Schiedsrichter sind, weil sie auf die Regeleinhaltung zu achten haben, ist auch dieses Beispiel eine Legitimation von Führung.
Es gibt grob zwei Formen der Einflussnahme:
Bestätigung: Dabei sagen Sie dem Mitarbeiter „Mach weiter so, du bist genau auf Kurs! Wunderbar!“
Korrektur: „Folgendes benötige ich von dir anders . . .“
Aber warum steht in dieser Definition „Einflussnahme auf das Leistungsverhalten von Mitarbeitern“ und nicht nur „Einflussnahme auf Mitarbeiter“? Weil es um die Förderung wirksamen Leistungsverhaltens geht und gleichzeitig um den grundsätzlichen Respekt für die Persönlichkeit des Mitarbeiters. Auch wenn Führung auf Dauer Persönlichkeitsentwicklung mit sich bringt, so geht es doch zunächst mal darum, wirksame Verhaltensweisen des Mitarbeiters zu kreieren.
Im schönsten Falle sind Sie in der Lage, mit dem Mitarbeiter ein kritisches Gespräch über eine konkrete Fehlleistung oder ein konkretes Fehlverhalten zu führen und dabei permanent Respekt und Wertschätzung für diesen Mitarbeiter auszustrahlen. Und das ist im Wesentlichen abhängig von Ihrer Grundeinstellung: Schätzen und respektieren Sie diesen Mitarbeiter wirklich? Dann wird es aus irgendeiner Pore nach außen dringen. Und der Umkehrschluss ist erlaubt: Ist dem nicht so, dann werden Sie auch das ausstrahlen. Und der Mitarbeiter wird es bewusst oder unbewusst wahrnehmen. Menschen haben „Antennen“ für so etwas. Prüfen Sie die Grundeinstellung zu jedem Ihrer Mitarbeiter. Respektieren und schätzen Sie jeden Einzelnen? Oder ist jemand dabei, bei dem das nicht so ist? Der letztere Fall wäre eine Hypothek für Ihren Führungsauftrag.
Insofern sind wir Homo Sapiens sogar vergleichbar mit Farbfernsehern: Je nachdem, wie Sie beim Farbfernseher Helligkeit, Kontrast, Farbe, Ton etc. einstellen, gibt der Fernseher ein Bild bzw. eine Wirkung ab. So ist es bei uns auch: Je nachdem, wie wir eingestellt sind, wirken wir nach außen! Die Einstellung zu Ihrem Führungsauftrag und zu Ihren Mitarbeitern ist im besseren Fall durch Freude, Menschenfreundlichkeit und Respekt geprägt und nicht nur durch Ergebnisinteresse.
Es geht bei Führung darum, zielgerichteten Einfluss auf das Leistungsverhalten Ihrer Mitarbeiter zu nehmen. Entweder explizit bestätigend („Nicht geschimpft ist gelobt genug“ reicht nicht) oder auch korrigierend. Das ist Ihr Führungsauftrag!
Führung ist insofern nur Mittel zum Zweck, als dass der Zweck Ihres Unternehmens, Ihrer Abteilung oder Ihres Projekts etc. nicht Führung von Mitarbeitern ist.
Führung dient der Erreichung der jeweiligen Ziele oder der Erfüllung des jeweiligen Unternehmenszwecks, zum Beispiel ein bestimmtes Produkt am Markt zu platzieren und eben auch Gewinn zu erwirtschaften.
Führung ist eine Schlüsselfunktion im betrieblichen Kontext. Die Wirksamkeit der zentralen Ressource Mitarbeiter wird durch Führung maßgeblich beeinflusst. Je höher ein Führender in der Hierarchie steht, desto größer ist seine Einflussmöglichkeit.
Sie kennen den Satz: „Der Fisch stinkt vom Kopf her!“. Stimmt! Duften aber auch . . .
Aufgaben einer Führungskraft – Beispiele
Führung ist herausfordernd, vielseitig und hoch komplex. Nachstehend eine Auswahl, was Führungskräfte alles können müssen/können sollten. Eine Führungskraft muss
coachen,
(schieds)richten,
motivieren,
koordinieren,
Leistung beurteilen,
Feedback geben,
kontrollieren,
organisieren,
begleiten,
Vorbild sein,
Entscheidungen treffen,
analytisch denken und handeln,
Initiativen ergreifen und vorantreiben,
Visionen entwickeln,
Mitarbeiter in Veränderungen führen,
Beziehungen aufbauen und pflegen,
alle Feinheiten der Kommunikation kennen und beherrschen,
Fähigkeiten der Mitarbeitenden erkennen und entwickeln,
Probleme erkennen und analysieren,
Ziele definieren und vereinbaren,
Verantwortung definieren und delegieren,
die gute Zusammenarbeit der Mitarbeiter fördern,
Konflikte erkennen und klären,
Vertrauen entgegenbringen und erzeugen,
die Interessen des Unternehmens vertreten.
Führung lässt sich auch vergleichen mit einer Lokomotive. Eine Lokomotive führt Waggons aus dem Bahnhof heraus über Weichenstellungen in Zielrichtung.
Nun lässt sich auf den Bahnhöfen dieser Welt selten beobachten, dass die Waggons zur Lok kommen. Meistens ist das andersherum. Die Lok kommt auf die Waggons zu, koppelt erstmal vernünftig an und fängt dann an zu führen.
Dieses Ankoppeln ist enorm wichtig. Manchmal sind Führende zu beobachten, die nicht ordentlich ankoppeln und dann schon mal losfahren. Und dann wundern sie sich, dass sie schon auf der Strecke sind, während ihre Mitarbeiter immer noch „im Bahnhof“ verweilen.
Richtiges Ankoppeln hat damit zu tun, sowohl auf Bauch- und Beziehungsebene als auch auf Kopf- und Sachebene mit dem Mitarbeiter in Kontakt zu treten. Das fängt schon damit an, bei einer Selbstvorstellung etwas von sich als Mensch preiszugeben und damit deutlich greifbarer zu werden, als nur vom beruflichen Karriereweg zu erzählen.
Die Faustformel lautet „über den Bauch in den Kopf“. Kreieren Sie zunächst mal eine Beziehung zum Mitarbeiter über ein Kennenlernen, ehe Sie auf der Sachebene beginnen und zum Beispiel Aufträge vergeben oder Verantwortung delegieren. Sie werden spüren, dass die Zusammenarbeit auf Sachebene besser funktioniert, wenn eine positive Beziehungsebene entstanden ist.
Führungskräfte sind Trainer und Coaches. Sie entscheiden über Strategien und treffen Personalentscheidungen: Wer hat welche Verantwortung auf dem Spielfeld? Wer spielt überhaupt? Sie beurteilen die Leistungen der Spieler, loben und kritisieren. Bei mangelhaften Leistungen befähigen Sie den Spieler, verändern seine Verantwortung oder tauschen auch schon mal aus.
Stellen Sie sich vor, Sie haben mit einem Spieler eine Zielvereinbarung getroffen, die da lautet: Der gegnerische Stürmer schießt heute kein einziges Tor! Das ist ein klar messbares Ziel. Hat der gegnerische Stürmer bei Abpfiff des Spiels kein Tor geschossen, hat Ihr Mitarbeiter/Verteidiger sein Ziel erreicht.
Leider ist es nun so, dass es nach wenigen Minuten schon 0:2 steht und jener Stürmer des Gegners beide Tore erzielt hat. Welche Handlungsmöglichkeiten hat nun der führende Coach? Welche Konsequenzen kann er ziehen? Er kann den Spieler auswechseln, er kann „umstellen“ und damit Aufträge und Verantwortlichkeiten im Team ändern. Er kann seinem Spieler jemanden zur Seite stellen, wobei der Coach dabei achtsam sein sollte: Es kann passieren, dass Teammitglieder unzufrieden damit sind, ihrer eigenen Verantwortung nicht nachkommen zu können, weil sie einen Kollegen unterstützen sollen, der seine eigenen Ziele nicht erreicht. Das funktioniert nur in Teams, deren Mitglieder tatsächlich störungsfreie, positive Beziehungen zueinander haben. Und schließlich gibt es noch die Möglichkeit, die gemachten Fehler als Lernchance zu begreifen und den Mitarbeiter zu einer veränderten Spielweise zu coachen, die weitere Tore des gegnerischen Stürmers verhindert. Die beschriebenen Möglichkeiten lassen sich auf den betrieblichen Kontext adaptieren: Coache und befähige ich einen Mitarbeiter? Gebe ich ihm Unterstützung? Verändere ich seinen Auftrag? Nehme ich ihn aus dem Team?
Führungskräfte sind Schiedsrichter. Menschen benötigen Regeln im Miteinander und andere Menschen, die auf Regeleinhaltung achten. Das gilt auch für Ihr Team.
Im betrieblichen Kontext sind die Führungskräfte in der Rolle des Schiedsrichters diejenigen, die Regeln einführen/vereinbaren und auf deren Einhaltung achten. Spielregelverstöße müssen konsequent und angemessen geahndet werden, sonst leidet das Spiel. Die konsequente Verfolgung der Regeleinhaltung ermöglicht allen Beteiligten auf Dauer ein funktionierendes Spiel. Und der Umkehrschluss ist erlaubt . . .
Obwohl bei Profifußballspielen hochbezahlte Kicker auf dem Platz stehen, die alle Regeln kennen (sollten), so ist ein Spiel ohne Schiedsrichter undenkbar. Wie lange dauert es für gewöhnlich, bis ein Schiedsrichter in einem Spiel den ersten Regelverstoß pfeift? Manchmal schon innerhalb der ersten Minute.
Nehmen wir an, ein Spieler foult einen Gegenspieler „rotwürdig“. Der Schiedsrichter eilt zum Ort des Geschehens und stellt beim Griff an seine Hosentasche fest, dass er die rote Karte daheim vergessen hat. Er darf den Spieler gemäß den Regeln des Weltfußballverbands zwar dennoch vom Platz stellen, aber nehmen wir für einen Moment an, das ginge nicht. Der Spieler, der hier ein schweres Foul begangen hat, verbleibt im Spiel. Was bedeutet das für das Spiel? Was wird passieren?
Jeder nicht (ausreichend) geahndete Regelverstoß bekommt „Babys“!
Das Nichtahnden des schweren Fouls wird hochwahrscheinlich zur Folge haben, dass andere die „Einladung zum Foul spielen“ annehmen. Das Spiel wird ausarten und verrohen. Andere wiederum werden sagen: „Wenn hier jetzt so ruppig gespielt wird, dann gehe ich lieber.“ Mit anderen Worten: Das Spiel ist gelaufen. Die rote Karte bzw. angemessene Konsequenz muss also kommen, damit das Spiel vernünftig weiterlaufen kann.
Ist die rote Karte für den Foulenden eher ein „brutaler Akt“ oder eher ein Sozialakt? Eindeutig ein Sozialakt – und zwar für den Foulenden und für alle anderen auch. Erstmal ermöglicht die rote Karte wie gerade geklärt allen anderen das vernünftige Weiterspielen. Zweitens schützt es den Foulenden vor Revanchefouls, Anfeindungen der gegnerischen Fans etc. Auch wenn der Foulende das im ersten Moment nicht einsieht – er wird durch die berechtigte rote Karte geschützt. Leider gibt es Spieler, die sich bei einem berechtigten Platzverweis noch beklagen und herumlamentieren.
Führende sind Coaches und Schiedsrichter (Bild 1.2). Sie beurteilen Leistung und achten auf die Regeleinhaltung.
Bild 1.2Fußballfeldmodell
Führende müssen bei Fehlleistungen oder Regelverstößen angemessen konsequent agieren, wenn „das Spiel“ für alle weiterhin mit viel Freude und auch erfolgreich gespielt werden soll!
Wenn Führende zu inkonsequent agieren, Schlechtleistende einfach so weiterspielen lassen oder Regelverstöße „übersehen“ oder nicht angemessen ahnden, leidet das gesamte Spiel und auch der Erfolg!
Wobei „ahnden“ im betrieblichen Kontext erstmal mit der richtigen Kommunikation mit dem Mitarbeiter beginnt.
Die passenden Persönlichkeitsmerkmale und die passende positive Grundeinstellung zur Führungsrolle und zu den Mitarbeitern haben einen tendenziell wirksamen Führungsstil zur Folge. Viele Verhaltensweisen eines Führenden sind „automatisch“ in Ordnung, wenn die Grundeinstellung und einige Persönlichkeitsmerkmale passen.
Passt die Grundeinstellung eines Führenden nicht, weil er zum Beispiel Menschen eher geringschätzt, wird diese Einstellung spürbar (aus irgendeiner Pore dringt sie heraus) und zum Handicap oder Stolperstein für die Erfüllung des Führungsauftrags.
Ihre persönliche Führungsautorität ist abhängig von
Ihrer Grundeinstellung zur Führungsrolle und zu Mitarbeitern,
Ihren Persönlichkeitsmerkmalen,
Ihrem Führungsstil bzw. Führungsverhalten sowie dem
Beherrschen von Führungstechniken und -werkzeugen.
Relevante Persönlichkeitsmerkmale sind:
Authentizität
Offenheit/Ehrlichkeit
Souveränität
Beurteilungsfähigkeit
Überzeugungskraft
Mut
Menschlichkeit
Empathie
Emotionale Ausgeglichenheit
Entscheidungsfreude
Konsequenz
Fähigkeit zur Selbstreflexion
Sie können für sich selbst oder mithilfe des Feedbacks anderer reflektieren, inwieweit Sie dieses Persönlichkeits- oder Anforderungsprofil für Führende erfüllen. Welche Merkmale erfüllen Sie bereits gut? Welche anderen sollten Sie sinnvollerweise weiterentwickeln? Schätzen Sie Ihren Erfüllungsgrad bezüglich dieser Persönlichkeitsmerkmal zum Beispiel auf einer Skala von 0 bis 100 % für sich selbst ein – und vergleichen Sie dann mit dem Einschätzungsgrad, den Kollegen, Mitarbeiter, Ihr Vorgesetzter oder Freunde für Sie sehen.
Ein Persönlichkeitsprofil lässt sich weiterentwickeln. Zwar werden Sie aus einem zutiefst introvertierten Menschen keinen Entertainer machen – da sind der Persönlichkeitsentwicklung doch Grenzen gesetzt. Aber falls Sie entscheidungsfreudiger werden möchten als bislang oder noch authentischer – Persönlichkeitsmerkmale lassen sich innerhalb von Grenzen weiterentwickeln.
Für Führung relevante Persönlichkeitsmerkmale lassen sich weiterentwickeln.
Überzeugungskraft ist wichtiger als Durchsetzungsvermögen, weil Sie Kraft Ihres Führungsamts immer durchsetzen können. Aber Mitarbeiter wirklich zu überzeugen, hat deutlich höhere Erfolgsaussichten. Auch hier sind wieder kommunikative Kompetenzen gefragt.
Führende brauchen zum Beispiel Mut, um Ihrem Vorgesetzten ein kritisches Feedback zu geben oder Mitarbeitern eine unangenehme Nachricht zu überbringen. Wobei Mut erst dann erforderlich ist, wenn Ängste und Sorgen bezüglich einer Aufgabe existieren. Je öfter mit angsteinflößenden Aufgaben gute Erfahrungen gemacht werden, desto weniger Mut bedarf es bei der nächsten vergleichbaren Situation.
Menschlichkeit ist eines der wichtigsten Merkmale von Führungspersönlichkeiten. Mensch sein und Mensch bleiben. Mit Einfühlungsvermögen/Empathie zu führen, Verständnis zu entwickeln und stets Menschlichkeit auszustrahlen, ist förderlich für Ihren Führungserfolg. Was nicht ausschließt, dass Führende in kritischen Situationen konsequent agieren müssen.
Emotionale Ausgeglichenheit bewahrt Sie vor zu großen emotionalen Amplituden. Wenn Sie sich über ein Ereignis ärgern, darf das spürbar sein. Das wirkt menschlich und authentisch. Erst recht, wenn Sie formulieren, dass sie sich über das Ereignis ärgern. Eine roboterhafte Außenwirkung ohne jegliche Emotion wird Mitarbeiter eher abschrecken. Nur, der emotionale Ausschlag darf nicht zu stark sein. Ein über die Maße verärgerter Vorgesetzter läuft Gefahr, zu emotional und unsachlich zu agieren. Ihre emotionale Ausgeglichenheit lässt sich nicht nur über Entspannungs- und Meditationsübungen entwickeln. Auch eine Überprüfung Ihres inneren Bewertungssystems ist nützlich: Was genau hat sie so stark verärgert? Was war das Gute in der Situation? Wie hätten Sie, vielleicht mit etwas Abstand, diese Situation rationaler bewerten können? Wir sind in unserer Schneller-höherweiter-Gesellschaft darauf programmiert, die 2 % zu sehen, die noch nicht gut funktionieren. Das mag auch ein Grund für die permanente erfolgreiche Weiterentwicklung sein. Aber es birgt die Gefahr, das zu übersehen oder zu gering zu bewerten, was bereits richtig gut funktioniert. Prüfen Sie, ob Sie wirklich ausgewogen und differenziert bewertet haben und beugen Sie so einer zu großen emotionalen Amplitude vor.
Mitarbeiter wünschen sich Führende, die klare Entscheidungen in angemessener Zeit herbeiführen und in kritischen Situationen konsequent agieren. Das bedeutet nicht, dass Führende stets selbst entscheiden sollten. Aber Sie sollten sich zumindest darum kümmern, dass fällige Entscheidungen zustande kommen, selbst wenn diese delegiert wurden. Führende, die notwendigen Entscheidungen nicht herbeiführen oder in kritischen Situationen nicht konsequent genug agieren, verlieren massiv an Autorität bei Ihren Mitarbeitern.
Die Selbstreflexionsfähigkeit ist deshalb nützlich, weil Führende oft nicht genügend aufrichtiges Feedback aus dem Umfeld bekommen. Und wenn von außen zu wenig kommt, dann verhilft eine hohe Selbstreflexionsfähigkeit zur Selbsterkenntnis. Fördern lässt sich diese Fähigkeit durch selbstreflektive Fragestellungen: Was sind meine Stärken und Schwächen? Was fällt mir leicht? Was macht mir Spaß? Wie habe ich mich in der Situation gefühlt? Was sollte ich weiter oder anders machen als bisher? Was habe ich in meinem letzten Gespräch gut gemacht, was weniger gut? Um aus dem Umfeld mehr Feedback zu bekommen, bieten sich die Fragen „Was sollte ich weitermachen wie bisher?“ und „Was sollte ich anders machen als bisher?“ an. Bitten Sie Ihre Feedbackgeber, mit konkreten, beschriebenen Verhaltensbeispielen zu antworten. Falls sich jemand damit schwertut, Ihnen Antworten zum „anders machen zu geben“, fassen Sie ruhig nach. Gar nichts „anders machen“ würde ja heißen, dass Sie sich stets perfekt verhalten. Das kann nicht sein!
2.2Authentizität, Offenheit und SouveränitätDer Anspruch, dass Führende authentisch, offen und ehrlich sein sollen, ist schnell formuliert. Kaum jemand wird Zweifel daran hegen, dass dieser Anspruch sinnvoll ist. Ehrlich, offen und authentisch währen am längsten.
Aber wie gelingt es Ihnen, stets authentisch, offen und ehrlich zu sein? Eine Definition für Offenheit lautet:
„Wenn ich zu dem stehe, was in mir drin wahr ist, wirke ich nach außen offen und authentisch.“
Es geht also um die „innere Wahrheit“ in einer Situation. Das setzt voraus, dass Sie selbstreflektiv Ihre „innere Wahrheit“ erkennen und diese nach außen transportieren beziehungsweise kommunizieren. Was denke und fühle ich in der aktuellen Situation?
Authentizität ist eines der wichtigsten Merkmale, die ein Führender haben sollte. Sage ich nicht, was in mir drin wahr ist, schwäche ich einerseits durch die Unaufrichtigkeit mein eigenes Selbstwertgefühl und gefährde damit auch souveränes, selbstsicheres Auftreten. Andererseits sende ich mit hoher Wahrscheinlichkeit sprachlich und körpersprachlich unterschiedliche, inkongruente Signale aus (der Körper lügt nicht) und irritiere damit meine Mitarbeiter. Fragt Sie ein Mitarbeiter, ob Sie sich gestern über den Sachverhalt sehr geärgert haben, und Sie antworten mit „Nööö“, obwohl Sie sich sehr geärgert hatten, sind Sie unaufrichtig, unehrlich und nicht authentisch. Und Ihr Mitarbeiter wird es spüren.
Menschen haben ein „feines Näschen“ dafür, ob ihnen gerade die (volle) Wahrheit gesagt wird oder ob „irgendetwas“ nicht passt.
Ihr Selbstwertgefühl leidet mit jeder unaufrichtigen Reaktion. Weil ein Mensch auf diesem Planeten in diesen Momenten des Lebens genau weiß, dass Sie nicht zu Ihrer inneren Wahrheit standen, und das sind Sie selbst. Das Signal an Sie selbst ist: „Ich stehe nicht zu mir, ich verbiege mich.“
Offenheit heißt nicht, permanent zu sagen, was ich denke. Offen und authentisch kann auch bedeuten, gerade jetzt zu schweigen, weil ich darüber im Moment nicht sprechen möchte. Zum Beispiel, weil ich befürchte, jemanden bloßzustellen, wenn ich in dieser Situation darüber rede. Da ist es offen und authentisch und gleichzeitig souverän, zu sagen, dass Sie mit der betreffenden Person gern unter vier Augen darüber reden möchten.
Es gilt also zu erkennen, was Ihre innere Wahrheit ist, und diese innere Wahrheit nach außen zu transportieren.
Je selbstreflexiver Sie sind oder werden, je besser Sie Ihre innere Wahrheit erkennen, desto eher werden Sie zu einer dauerhaften Authentizität kommen.
Ein Beispiel: Angenommen, Sie hätten mit Ihrem Team Offenheit vereinbart (wie sinnvoll das ist, Offenheit zu vereinbaren, ist eine andere Frage). Nach dieser Vereinbarung spricht Sie ein Mitarbeiter an und fragt Sie: „Wir hatten doch gerade Offenheit vereinbart. Ich wollte schon immer wissen: Wie hoch ist dein Jahresgehalt?“.
Ich stelle diese Frage gerne Seminarteilnehmern im Anschluss an die Erarbeitung nützlicher Persönlichkeitsmerkmale. Die meisten Seminarteilnehmer reagieren auf die Frage entweder schroff und abweisend mit einem „das geht dich gar nichts an“ oder fangen an „rumzueiern“ („äh“), Sprüche zu klopfen („mehr als du jemals verdienen wirst“) oder falsche Zahlen zu nennen.
All diese Reaktionen wirken weder offen noch authentisch. Tendenziell verschlechtern diese Reaktionen die Beziehung zum Fragenden.
Wie also können Sie reagieren? Nachdem ich mehrere Teilnehmer mit dieser provokanten Frage „Wie hoch ist dein Jahresgehalt?“ konfrontiert habe, frage ich sie als Nächstes, wie es ihnen ergangen ist, als ich diese Frage stellte?
Nun wiederum sagen die meisten Teilnehmer, dass ihnen die Frage sehr unangenehm war. Auf Nachfrage hin versichern mir beinahe alle, dass sie wenig bis keine Lust verspürten, diese Frage zu beantworten.
Was also ist die innere Wahrheit der Teilnehmer in dieser Situation? Was wäre also eine authentische und offene Antwort?
Authentisch und offen wäre zum Beispiel zu sagen „ich möchte diese Frage nicht beantworten“ oder „ich verspüre keine Lust, diese Frage zu beantworten“.
Oder „ich darf gemäß meinem Arbeitsvertrag nicht darüber sprechen“ – falls das gemäß Vertrag tatsächlich so ist.
Und wer Lust verspürt, sein Jahresgehalt zu nennen und das auch noch darf, der nennt eben offen die wahre Zahl.
Je nach dem, was ihre persönliche innere Wahrheit ist, kann eine offene, ehrliche und gleichsam souveräne Antwort sein: „Ich möchte diese Frage nicht beantworten“ oder „ich darf diese Frage nicht beantworten“ oder „mein Jahresgehalt beträgt . . .“.
Die Antwort, die für Sie persönlich wahr ist, wirkt offen, ehrlich und souverän.
Offenheit ist definiert mit: „Zu dem zu stehen, was in mir drin wahr ist.“
Es gilt also zu erkennen, was ich in einer Situation denke und fühle, und damit aktiv umzugehen. Verleihen Sie Ihrem Inneren Ausdruck!
Wir könnten das Thema Offenheit auch mit einer Spielregel unterlegen. Diese Regel lautet:
Alle Fragen sind erlaubt, aber nicht alle Fragen müssen beantwortet werden!
Falls die Regel lauten würde: Alle Fragen sind erlaubt und alle Fragen müssen beantwortet werden, hätten wir gerade den Begriff Seelenstriptease definiert.
Das kann und sollte aber keine Spielregel in der Zusammenarbeit zwischen Menschen sein und erst recht nicht zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden.
Jeder Mensch hat das Recht, selbst zu entscheiden, welche Frage er beantworten möchte und welche nicht. Die Antwort „Diese Frage möchte ich nicht beantworten“ ist maximal authentisch und offen, sofern sie Ihrer inneren Wahrheit entspricht. Sind Ihre innere Wahrheit und Ihre Aussage und Ihr Verhalten nach außen deckungsgleich, so zeigen Sie ein kongruentes Verhalten. Ist beides nicht deckungsgleich, zeigen Sie ein inkongruentes Verhalten. Und nochmal: Menschen spüren, wenn sich Führende inkongruent oder irgendwie „nicht koscher“ verhalten.
Der Mensch wirkt mit den drei Wirkungsinstrumenten Sprache, Körpersprache und Äußeres wie zum Beispiel Kleidung, Frisur, Teint etc.
Die souveräne Wirkung droht zu leiden, wenn Ihre Sprache holprig ist, Sie sich verhaspeln, Sie zu leise reden und so weiter. Oder auch durch Körpersprache, wenn Sie mit hängenden Schultern und wenig Grundspannung im Körper auftreten. Oder durch Äußerlichkeiten wie fettige Haare oder unangemessene Kleidung.
Die Quelle wahrer Souveränität allerdings liegt in Ihnen. Wenn Sie sich kurz vor Ihrer Rede vor 500 Leuten Kaffee über das Hemd kippen und kein Ersatzhemd dabeihaben, stellt sich Frage, wie Sie diese Situation jetzt bewerten und damit umgehen. Versetzen Sie sich selbst in Panik? Was hat der Kaffeefleck mit Ihren Botschaften zu tun? Wenn Sie innerlich gelassen bleiben und auch Ihrem Publikum gegenüber den Kaffeefleck mit einem „kann jedem passieren, tut mir aber hier keinen Abbruch“ bewerten, haben Sie jede Chance, souverän zu agieren. Es stimmt schon, dass „Kleider Leute machen“. Aber wenn Sie sich selbst gestatten, den roten Faden zu verlieren („ups, jetzt ist mein roter Faden weg“), heute zottelige Haare zu haben oder auch Ihre rhetorischen Fehler zulassen, haben Sie jede Chance, souverän zu agieren. Und kleine Fehler, sei es sprachlich, körpersprachlich oder auch in Äußerlichkeiten, machen Sie menschlich und nahbar. Beinahe im Gegenteil: Hat der stets perfekt gestylte, unendlich eloquente Führende tatsächlich die souveränere Wirkung – von anderen Faktoren wie zum Beispiel Nahbarkeit abgesehen?
Wirklich souverän Führende ruhen in sich selbst und gestehen sich auch Macken und Schwächen zu.
Wieviel Fachwissen benötigt eine Führungskraft? Es mag überraschend sein, aber diese Frage lässt sich eindeutig beantworten.
Eine Führungskraft benötigt so viel Fach-Know-how, dass sie beurteilungsfähig ist!
Sie muss imstande sein, ihren Mitarbeitern einen fachlichen Auftrag geben zu können. Und sie muss fachlich beurteilen können, ob der Mitarbeiter ihm das liefert, was sie in Auftrag gegeben hat.
Das bedeutet, dass ein Mitarbeiter im Detail häufig mehr weiß und wissen darf als sein Vorgesetzter. Ein Softwareentwickler wird und darf im Programm jede programmierte Zeile kennen. Die IT-Leitung braucht nicht jede einzelne Zeile zu kennen, sollte aber beurteilen können, ob die gelieferte Software tatsächlich auch die Funktionen und Leistungsfähigkeit hat, die im Auftrag formuliert wurden.
Wenn eine Führungskraft zu detailliertes und umfassendes Fachwissen hat oder zu haben glaubt, läuft sie Gefahr, sich in die Verantwortlichkeit ihrer Mitarbeiter zu sehr einzumischen. Das ist nicht selten der Fall, wenn der beste Experte oder die beste Expertin eines Teams zur Führungskraft wird. Die Organisation verliert einen guten Experten und gewinnt eine Führungskraft, die nicht wirklich delegiert, sondern sich zu sehr mit ihren Vorstellungen über Vorgehensweisen und Prozesse einbringt (sogenannte „Führungsfalle“).
Wenn ein Vorgesetzter nicht genügend Fachkompetenz hat, beginnen in der Regel die Mitarbeiter, ihrem Vorgesetzten ein X für ein U vorzumachen. Und Mitarbeiter benötigen nur wenig Zeit, um herauszubekommen, dass ihr Vorgesetzter zu wenig fachliches Know-how hat.
Sollten Sie bei Übernahme einer Führungsrolle also feststellen, dass Sie zu wenig Fachwissen haben, um Ihre Mitarbeiter in die Verantwortung nehmen und die Ergebnisse und Leistungen Ihrer Mitarbeiter beurteilen zu können, sollten Sie sich dringend dorthin entwickeln. Das bedeutet, dass Sie sich das nötige Fachwissen in den ersten Wochen in Ihrer neuen Rolle aneignen sollten.
Die besten Coaches sind dabei Ihre neuen Mitarbeiter, von denen Sie sich in einigen Einzelsessions „fortbilden“ lassen können. Haben Sie bitte keine Bedenken oder Hemmungen, sich für ein paar Tage an die Arbeitsplätze Ihrer Mitarbeiter zu setzen und sich „aufschlauen“ zu lassen. Eher im Gegenteil, diese Maßnahme wird bei Ihren Mitarbeitern gut ankommen. Führende, die so tun, als ob sie über genügend Fachwissen verfügen, obwohl dem nicht so ist, werden recht rasch entlarvt und verlieren in dem Moment massiv an Autorität und Akzeptanz.
Zeigen Sie Stärke und Souveränität, indem Sie zu Ihren fachlichen Wissenslücken stehen. Und leben Sie vor, was Sie auch von Ihren Mitarbeitern erwarten würden: dass Sie aktiv darangehen, diese Wissenslücken in angemessener Zeit zu schließen.