Führungsprinzip Wertschätzung - Thorsten Rabenbauer - E-Book

Führungsprinzip Wertschätzung E-Book

Thorsten Rabenbauer

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Beschreibung

Mitarbeiter begeistern, motivieren und binden!

Wertschätzung ist das A und O erfolgreicher Führung: Nur wenn sich Mitarbeiter wertgeschätzt fühlen, sind sie mit Begeisterung und Engagement bei der Arbeit! Dieses Buch zeigt, wie Ihnen das gelingt!

- Erfolgsfaktor Wertschätzung nutzen und aktuelle sowie zukünftige Herausforderungen bewältigen
- Konkrete Handlungsanweisungen und praxiserprobte Modelle für eine wertschätzende Führung
- Mit zahlreichen Reflexionsfragen
- Viele Arbeitshilfen, Checklisten, konkrete Tipps und Beispiele
- Mit Interviews: Praktiker und Experten, u. a. mit Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun
- Berücksichtigt Remote Leadership/Führung auf Distanz

Menschen machen den Unterschied! Sie machen den Unterschied! Lassen Sie sich von diesem Werk inspirieren, Ihr persönliches Führungshandwerkszeug zu erweitern und zu vertiefen.

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Thorsten Rabenbauer

Führungsprinzip Wertschätzung

Mitarbeiter begeistern, motivieren und binden

2., aktualisierte und erweiterte Auflage

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de/> abrufbar.

Print-ISBN   978-3-446-46922-8E-Book-ISBN   978-3-446-47144-3ePub-ISBN   978-3-446-47283-9

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Alle in diesem Buch enthaltenen Verfahren bzw. Daten wurden nach bestem Wissen dargestellt. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen.

Aus diesem Grund sind die in diesem Buch enthaltenen Darstellungen und Daten mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Autoren und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Art aus der Benutzung dieser Darstellungen oder Daten oder Teilen davon entsteht.

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.

Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdruckes und der Vervielfältigung des Buches oder Teilen daraus, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Einwilligung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder einem anderen Verfahren), auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung – mit Ausnahme der in den §§ 53, 54 URG genannten Sonderfälle –, reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Die Rechte aller Grafiken und Bilder liegen bei den Autoren.

© 2021 Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, Münchenwww.hanser-fachbuch.deLektorat: Lisa Hoffmann-BäumlHerstellung: Carolin BenedixCoverrealisation: Max KostopoulosTitelmotiv: © istockphoto.com/axllll

Hinführung

Liebe Leserin, lieber Leser – Menschen machen den Unterschied!

Zunächst danke ich allen Personen, die meine Erstauflage gekauft und gelesen haben. Ich habe in den vergangenen Jahren unglaublich viel positive Resonanz erhalten. Einige Personen haben mir persönlich geschrieben und sich für die praxisnahen Tipps bedankt. Das freut mich ganz besonders, denn meine Intention ist es, Sie bei der täglichen Führungsarbeit zu inspirieren, zu unterstützen und zur praktischen Umsetzung zu animieren.

Nun halten Sie die Neuauflage meines Buches in Ihren Händen. Als der Hanser Verlag mich bat, mein Erstlingswerk zu überarbeiten, habe ich mich sehr gefreut und sofort zugesagt. Deshalb an dieser Stelle vielen Dank an den Verlag für das Vertrauen und ein herzliches Dankeschön an Frau Hoffmann, meiner Lektorin bei Hanser.

Mein persönliches Motto „Menschen machen den Unterschied!“ soll auch der Neuauflage eine Art roten Faden geben. Alle Menschen, die in einem Unternehmen tätig sind, vom Vorstandsvorsitzenden bis zum Pförtner, von der Bereichsleiterin bis zur Vertriebsassistentin – jeder Mensch ist in seiner Aufgabe und Rolle, in seiner Haltung und Leistung, in seinem Verhalten und seiner Verantwortung Teil des Ganzen. Und wir haben es oft selbst in der Hand, den positiven Unterschied zwischen dem eigenen Unternehmen und der Konkurrenz zu machen. Führungskräfte haben echte Einflussmöglichkeiten, dass die Mitarbeitenden mit der richtigen Einstellung an die Arbeit gehen und die Kunden sagen: „Dort gehe ich gerne hin! Da kaufe ich gerne ein! Das ist ein tolles Unternehmen! Da sind alle mit viel Engagement und Motivation bei der Arbeit. Dort herrscht eine angenehme Atmosphäre. Mit denen kann man sehr gut zusammenarbeiten! . . .“

Mittlerweile arbeite ich seit über 30 Jahren als Trainer und Coach, war viele Jahre selbst Führungskraft und konnte so wertvolle Erfahrungen rund um das Thema Führung sammeln. Führung ist sehr wichtig. Führungskräfte sind sehr wichtig. Insbesondere die Wechselwirkung zwischen Führungskräften und Teammitgliedern sorgen für den Unterschied zwischen guter Führung und schlechter Führung. Aber was macht jetzt gute Führung im Alltag aus? Worauf ist zu achten? Was konkret sollte ich als Führungskraft tun und was sollte ich eher lassen?

Mein Ziel ist es, dass Sie Ihr ganz persönliches Führungsrepertoire erweitern. Nutzen Sie die beschriebenen Impulse wie einen Handwerkskasten. Nehmen Sie das Werkzeug, das Ihnen persönlich und in Ihrer aktuellen Führungsaufgabe oder Führungssituation am nützlichsten, wertvollsten bzw. zielführendsten erscheint. Und dann probieren Sie es einfach auf Ihre eigene Art und Weise aus.

Es geht in diesem Buch um Sie als Person, Persönlichkeit, aber auch um Ihre Rolle als Führungskraft. Ich lade Sie ein, mit mir gemeinsam einige Modelle, Denkanstöße und Praxisimpulse zu reflektieren. Damit möchte ich Ihnen eine Hilfestellung für Ihre alltägliche Führung geben. Gleichzeitig werde ich immer die Brücke zum zentralen Thema Wertschätzung bauen und Ihnen durch Reflexionsfragen, die ich sowohl in Seminaren als auch im Coaching mit Führungskräften einsetze, die Gelegenheit geben, Ihre eigenen Schlussfolgerungen und Erkenntnisse zusammenzutragen.

Um unterschiedliche Perspektiven zu nutzen und Sie als Führungskraft gleichzeitig auch zu einem Perspektivenwechsel zu ermutigen, habe ich zu jedem Kapitel Fachexperten und erfahrene Praktiker gebeten, ihre Gedanken und ihr Wissen zum jeweiligen Thema einzubringen. Mit fast allen Menschen, die hier zu Wort kommen, verbindet mich eine langjährige Zusammenarbeit, und ich kann aus eigener Erfahrung bestätigen, dass alle diese Menschen einen für sich sehr stimmigen Weg gefunden haben, Wertschätzung in ihren Führungsalltag zu integrieren. Insbesondere diesen Menschen, Freunden, Wegbegleitern gilt mein persönlicher Dank. Nicht nur für die Unterstützung bei diesem Buch, sondern auch für die langjährige, vertrauensvolle und sehr wertschätzende Zusammenarbeit.

Am Ende eines jeden Kapitels habe ich noch eine Geschichte, eine Metapher oder einen anderen Denkanstoß für Sie integriert. Diese Impulse sollen Sie noch einmal auf einer ganz anderen Ebene ansprechen.

Menschen machen den Unterschied! – Sie machen den Unterschied!

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine inspirierende Lektüre!

Ihr

Inhalt

Titelseite

Impressum

Inhalt

Hinführung

1 Richtige Grundeinstellung finden

1.1 Modell der Grundeinstellungen

1.2 Praxistransfer – Worauf kommt es an?

1.3 Die besondere Herausforderung

1.4 Im Kontakt mit sich selbst sein

1.5 Erkenntnis – Reflexion – Umsetzung

1.6 Literaturhinweise

2 Werte wertschätzen

2.1 Persönlicher Wertecheck

2.2 Praxistransfer – Worauf kommt es an?

2.3 Bezug zu den Unternehmenswerten

2.4 Keine formulierten Unternehmenswerte

2.5 Erkenntnis – Reflexion – Umsetzung

2.6 Literaturhinweise

3 Das richtige Maß finden

3.1 Das Wertschätzungskonto

3.2 Praxistransfer – Worauf kommt es an?

3.3 Wertschätzung operationalisieren

3.4 Empathie ist wertvoll

3.5 Erkenntnisse – Reflexion – Umsetzung

3.6 Literaturhinweise

4 Identifikation fördern

4.1 Geringe emotionale Bindung in deutschen Unternehmen

4.2 Praxistransfer – Worauf kommt es an?

4.3 Vorbildfunktion: Widerspruchsfrei und authentisch

4.4 Wertschätzung: Voraussetzung für Vertrauen

4.5 Erkenntnis – Reflexion – Umsetzung

4.6 Literaturhinweise

5 Teamphasen beachten

5.1 Das Teamphasenmodell

5.2 Praxistransfer – Worauf kommt es an?

5.3 Persönlicher Führungsstil

5.4 Teamführung und individuelle Führung

5.5 Erkenntnis – Reflexion – Umsetzung

5.6 Literaturhinweise

6 Rollen klären

6.1 Leader, Manager und andere Rollen

6.2 Praxistransfer – Worauf kommt es an?

6.3 Rollenklärung mit dem Modell des inneren Teams

6.4 Das Problem mit der Komfortzone

6.5 Erkenntnis – Reflexion – Umsetzung

6.6 Literaturhinweis

7 Persönlichkeiten respektieren

7.1 Das Riemann-Thomann-Kreuz

7.2 Praxistransfer – Worauf kommt es an?

7.3 Wertschätzung unterschiedlicher Typen

7.4 Weiterentwicklung meiner Mitarbeitenden

7.5 Erkenntnis – Reflexion – Umsetzung

7.6 Literaturhinweise

8 Motivationsfaktoren (er)kennen

8.1 Was treibt mich an?

8.2 Praxistransfer – Worauf kommt es an?

8.3 Der nächste Schritt: innere Erlaubnis

8.4 Die Zwei-Faktoren-Theorie

8.5 Erkenntnis – Reflexion – Umsetzung

8.6 Literaturhinweise

9 Konflikte lösen

9.1 Persönliche Verhaltenstendenzen in Konfliktsituationen

9.2 Praxistransfer – Worauf kommt es an?

9.3 Das Werte- und Entwicklungsquadrat als Lösungsansatz

9.4 In die eigene Kraft kommen

9.5 Erkenntnis – Reflexion – Umsetzung

9.6 Literaturhinweise

10 Generationengerecht führen

10.1 Überblick zu den verschiedenen Generationen

10.2 Praxistransfer – Worauf kommt es an?

10.3 Konkretisierung der Erwartungen meiner Mitarbeitenden

10.4 Verschiedene Generationen zusammenführen bzw. zusammen führen

10.5 Erkenntnis – Reflexion – Umsetzung

10.6 Literaturhinweise

11 Humor zeigen

11.1 Humor – Formen und Gefahren

11.2 Praxistransfer – Worauf kommt es an?

11.3 Humor versus Ernsthaftigkeit

11.4 Resilienz durch Humor

11.5 Erkenntnis – Reflexion – Umsetzung

11.6 Literaturhinweise

12 Kultur prägen

12.1 Ein einfaches Kulturmodell

12.2 Praxistransfer – Worauf kommt es an?

12.3 Sechs-Felder-Matrix nach Stiefel

12.4 Menschen machen den Unterschied – auch in der Unternehmenskultur

12.5 Erkenntnis – Reflexion – Umsetzung

13 Führungsselbstverständnis entwickeln

13.1 Die Kunst der Komplexitätsreduzierung

13.2 Praxistransfer – Worauf kommt es an?

13.3 Zitate für die Führungsarbeit

13.4 Die Kraft von Symbolen

13.5 Erkenntnis – Reflexion – Umsetzung

14 Führung auf Distanz

14.1 Die drei wichtigsten Erfolgsfaktoren

14.2 Praxistransfer – Worauf kommt es an?

14.3 Onboarding (auf Distanz)

14.4 Innere Klarheit sorgt für äußere Prägnanz

14.5 Erkenntnis – Reflexion – Umsetzung

15 Arbeitsblätter für die Führungspraxis

16 Persönliches – Gedanken und Fragmente

16.1 „Bernd Stromberg“ – Lernen, wie es nicht geht!

16.2 Schäubles unsäglicher Fauxpas

16.3 Politikverdrossenheit – Rückschlüsse für Führungskräfte im Arbeitsalltag

16.4 Mitarbeiterbefragungen und Führungskräftefeedback

16.5 Selbstbild und Fremdwahrnehmung

16.6 Persönlichkeitsmodelle – Nutzen und Grenzen

16.7 Die fünf Freiheiten

16.8 Das Prinzip Garage (nach HP)

16.9 Musik als positives Beispiel

16.10 Ein Lied als Führungsmotto

16.11 Literaturhinweise

16.12 Statt eines Nachworts

Der Autor

1Richtige Grundeinstellung finden

Sie sind Führungskraft in einem Unternehmen und haben damit eine wichtige Aufgabe. Sie führen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – Sie führen Menschen – Sie führen unterschiedliche Persönlichkeiten!

Sie vertreten in Ihrer Führungsrolle die Interessen, Ziele und Visionen des Unternehmens, die Erwartungen und Anforderungen der Kunden und haben auch persönliche Bedürfnisse und Wünsche.

Mitarbeiterführung ist oft eine große Herausforderung, denn Menschen sind nun mal sehr verschieden. Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter hat verschiedene Stärken, Fähigkeiten, Talente, Kompetenzen, Erfahrungen, Entwicklungsfelder, Schwächen und Fehler. Gleichzeitig haben Menschen oft auch unterschiedliche Erwartungen, Wünsche, Bedürfnisse und Ziele.

Als Führungskraft müssen Sie in dieser Gemengelage professionell agieren. Sie müssen unter anderem angemessen kommunizieren, klare Entscheidungen treffen, Aufgaben verantwortungsvoll delegieren und Arbeitsprozesse gezielt kontrollieren.

In diesem Kapitel steht Ihre persönliche Einstellung, Ihre Grundeinstellung im Fokus. Sie erhalten wertvolle Impulse, wie Sie an Ihrer eigenen Einstellung arbeiten können und wie Sie damit einen entscheidenden, positiven Einfluss auf Ihre Mitarbeitenden haben.

1.1Modell der Grundeinstellungen

Nehmen Sie sich ein leeres Blatt Papier oder ein kleines Notizbuch und beantworten Sie folgende Fragen schriftlich in Stichworten für sich selbst:

Wie schaue ich auf mich selbst?

       Was sind meine persönlichen Stärken?

       Was kann ich besonders gut?

       Welche Fähigkeiten machen mich im Arbeitsalltag und privat erfolgreich?

       Welche Talente wurden mir in die Wiege gelegt?

       Wo sehe ich meine wichtigsten Kompetenzen?

       Was zeichnet mich positiv aus?

       Was konkret gelingt mir im Alltag sehr oft?

       Was genau sind meine bisherigen persönlichen Erfolge?

       Was konkret schätzt meine Lebenspartnerin bzw. mein Lebenspartner an mir als Person?

       Was schätzen meine Kinder an mir als Elternteil?

       Was schätzen meine Eltern an mir als deren Kind?

       Was schätzen meine Mitarbeitenden an mir als Führungskraft?

       Was schätzt meine Führungskraft an mir?

       Was schätze ich selbst an mir?

       Welche persönlichen Eigenschaften haben dazu beigetragen, dass ich beruflich dort angekommen bin, wo ich jetzt stehe?

Das entsprechende Arbeitsblatt 1.1 finden Sie in Kapitel 15

Es ist wichtig, dass Sie sich mit diesen Fragen auseinandersetzen. Denn die richtige Einstellung fängt zunächst immer bei uns selbst an. Nur wer zu sich selbst eine gute und positive Einstellung hat, kann anderen Personen angemessen und kraftvoll begegnen. Bild 1.1 zeigt zum Thema persönliche Grundeinstellung das zentrale Modell für eine Führungskraft. Damit geht es los.

Das heißt, auf die richtige Grundeinstellung kommt es an!

Bild 1.1Modell der Grundeinstellungen

Starten wir mit einer einfachen Frage, die ich auch immer in meinen Seminaren stelle:

„Welches Pärchen spricht Sie spontan am positivsten an?“

Vermutlich werden Sie sich für die beiden Personen unten entscheiden. Aber warum ist das so?

Typische Statements hierzu sind:

       „Die beiden Personen haben eine positive Ausstrahlung!“

       „Die Arme wirken dynamisch!“

       „Beide sind groß!“

       „Die beiden Personen begegnen sich positiv auf Augenhöhe!“

       „Die freuen sich, weil sie Haare haben ☺!“

Auf dieser ersten Skizze aufbauend kann der Rest des Modells entwickelt werden (siehe Bild 1.2).

Bild 1.2Die Basis für jeden persönlichen Dialog sollte sein: „Ich bin o. k. und Du bist o. k.!“

Kurzbeschreibung zum Modell „Ich bin o. k.! – Du bist o. k.!“

Im Grunde kommen wir in dem Modus „Ich bin o. k.! – Du bist o. k.!“ auf die Welt. Wir sind normalerweise als Baby mit uns selbst im Reinen und mit uns selbst zufrieden. Und wir sind dankbar für jede Person, die sich liebevoll um uns kümmert (stillt, füttert, wäscht, die Windeln wechselt, bespielt, in den Schlaf wiegt . . .). Aber irgendwann fängt die Erziehung an, und dann nimmt das Drama seinen Lauf. Auch wenn unsere Eltern oder zentralen Bezugspersonen in fast allen Fällen in allerbester Absicht handeln und uns als Kind fördern, entwickeln, zu einem ordentlichen Menschen erziehen wollen, so erhalten wir in der Regel (ungewollt bzw. unbewusst von unseren Eltern) Impulse, die uns entweder nach links oben (Ich bin o. k.! – Du bist nicht o. k.!) oder nach rechts oben (Ich bin nicht o. k.! – Du bist o. k.!) springen lassen. Durch scheinbar unspektakuläre Vergleiche mit anderen Kindern/Jugendlichen aus unserer Umgebung (Geschwister/Nichten und Neffen/Kindergarten/Schule/Verein/. . .) und die damit verbundenen Botschaften erhalten wir Orientierungspunkte aus der Sicht unserer Eltern, ob wir uns über oder unter andere Personen stellen sollen. Somit entsteht mit der Zeit eine Tendenz, manchmal auch situations- oder kontextabhängig, ob wir eher in einen inneren Modus fallen, anderen Menschen von oben herab zu begegnen oder eben schnell unser eigenes Licht unter den Scheffel zu stellen.

Es lohnt sich, als Führungskraft zunächst einmal den Blick auf sich selbst zu richten und dem eigenen Verhaltensmuster etwas mehr auf die Spur zu kommen. Dazu einige Reflexionsfragen:

Reflexionsfragen für die Analyse Ihrer persönlichen Grundhaltung Finden Sie dazu möglichst viele konkrete, persönliche Beispiele!

       In welchen Situationen schaffen Sie es heutzutage, leicht in der Grundhaltung „Ich bin o. k.! – Du bist o. k.!“ zu sein?

       In welchen Situationen neigen Sie dazu, sich eher über andere zu stellen und in das Grundmuster „Ich bin o. k.! – Du bist nicht o. k.!“ zu fallen?

       In welchen Situationen machen Sie sich selbst eher kleiner, sind sehr selbstkritisch und in der Grundhaltung „Ich bin nicht o. k.! – Du bist o. k.!“?

       Gibt es konkrete Personen (Ihre eigene Führungskraft, ein Mitarbeiter, eine Führungskollegin . . .), die Sie in eine bestimmte Grundhaltung wechseln lassen?

       Bei welcher Person bzw. bei welchen Personen sind Sie eher im Modus „Ich bin o. k.! – Du bist nicht o. k.!“?

       Bei welcher Person bzw. bei welchen Personen sind Sie eher im Modus „Ich bin nicht o. k.! – Du bist o. k.!“?

       Welche Grundhaltung spüren Sie in sich, wenn Sie mit schwierigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu tun haben?

       Welche Grundhaltung erkennen Sie bei sich, wenn Sie mit dem Betriebsrat/Personalrat zu tun haben?

       Welche Grundhaltung dominiert bei Ihnen, wenn Sie mit dem Vorstand oder dem Management im Kontakt sind?

Die Grundhaltung, aus der Führungskräfte im Arbeitsalltag agieren, zeigt oft interessante „Nebenwirkungen“.

Sind Sie als Führungskraft sehr oft im Modus „Ich bin o. k.! – Du bist o. k.!“, dann trägt das in der Regel zu einer offenen, vertrauensvollen Arbeitsatmosphäre bei. Menschen begegnen sich auf Augenhöhe, tauschen ihre Sichtweisen, Meinungen und Gedanken direkt und eher wertschätzend, respektvoll miteinander aus. Sie können das gut emotional nachempfinden, wenn Sie an Gespräche und Begegnungen mit Ihrem besten Freund oder Ihrer besten Freundin denken. Dort ist man in der Regel genau in dieser Grundhaltung.

Sollten Sie als Führungskraft häufiger in der Grundhaltung „Ich bin o. k.! – Du bist nicht o. k.!“ agieren, dann begegnen Sie Menschen tendenziell von oben herab. Sie zeigen eher ein kritisches, zweifelndes oder anklagendes Verhalten. Außerdem kann es sein, dass Sie als Führungskraft schnell vorwurfsvoll und in einem strengen Ton sprechen und gerne nach dem Schuldigen suchen. Mitarbeitende können so leicht den Eindruck gewinnen, dass Sie die Führungskraft heraushängen lassen. Somit provozieren Sie je nach Person, mit der Sie zu tun haben, zwei verschiedene Gegenreaktionen.

Variante eins: Ihr Gegenüber reagiert unterwürfig und macht sich klein – geht also in den Modus „Ich bin nicht o. k.! – Du bist o. k.!“. Das heißt, es kommt sofort eine Entschuldigung, eine Rechtfertigung oder zumindest eine ausweichende Reaktion.

Variante zwei: Ihr Gegenüber geht zum Gegenangriff über – geht in den gleichen Modus wie Sie, nämlich „Ich bin o. k.! – Du bist nicht o. k.!“. Das sorgt für eine Verschärfung der Situation und kann sogar zur Eskalation führen. Auf jeden Fall gibt es eine wenig zielführende Diskussion und eher eine Frontenbildung.

Wenn Sie als Führungskraft im Alltag oft in der Grundhaltung „Ich bin nicht o. k.! – Du bist o. k.!“ agieren, nimmt man Sie eher als „schwache Führungskraft“ wahr. Sie suchen bei Fehlern schnell die Schuld bei sich selbst, geben eher nach und tun sich schwer, für die Wünsche und Bedürfnisse von sich selbst oder von den Mitarbeitenden in Ihrem Team zu kämpfen. Auch hier kann es zu zwei verschiedenen Gegenreaktionen kommen. Variante eins: Ihr Gegenüber nutzt Ihre „Schwäche“ aus und stellt noch größere Forderungen, haut noch mehr auf Sie drauf oder belässt die Schuld ausschließlich bei Ihnen. Das bedeutet, das Muster des Gegenübers ist „Ich bin o. k.! – Du bist nicht o. k.!“. Oder aber Ihr Gegenüber macht sich selbst ebenfalls klein und die Situation geht in eine allgemeine Abwärtsspirale des Sich-gegenseitig-noch-kleiner-Machens. Frei nach dem Motto: Eigentlich liegt’s an mir – nein, noch mehr liegt’s an mir usw. Es folgt eine Art Abwärtsspirale.

Unser Ziel sollte es also immer wieder sein, als Führungskraft möglichst oft im Modus „Ich bin o. k.! – Du bist o. k.!“ zu agieren. Das heißt:

Auf die innere Haltung kommt es an!

In diesem Sinne fangen Sie zunächst bei sich selbst an:

GrundhaltungTeil 1: „Ich bin o. k.!“

Es geht darum, sich selbst zu akzeptieren und sich selbst wirklich wertschätzen zu können.

Wie schaue ich auf mich selbst? Ihre Bestandsaufnahme!

Schauen Sie zunächst noch einmal auf die Reflexionsfragen von der Einstiegsübung zum Anfang des Kapitels

       Was sind meine persönlichen Stärken?

       Was kann ich besonders gut?

       Welche Fähigkeiten machen mich im Arbeitsalltag und privat erfolgreich?

       Welche Talente wurden mir in die Wiege gelegt?

       Wo sehe ich meine wichtigsten Kompetenzen?

       Was zeichnet mich positiv aus?

       Was konkret gelingt mir im Alltag sehr oft?

       Was genau sind meine bisherigen persönlichen Erfolge?

       Was konkret schätzt meine Lebenspartnerin bzw. mein Lebenspartner an mir als Person?

       Was schätzen meine Kinder an mir als Elternteil?

       Was schätzen meine Eltern an mir als deren Kind?

       Was schätzen meine Mitarbeitenden an mir als Führungskraft?

       Was schätzt meine Führungskraft an mir?

       Was schätze ich selbst an mir?

       Welche persönlichen Eigenschaften haben dazu beigetragen, dass ich beruflich dort angekommen bin, wo ich jetzt stehe?

Achten Sie bei der Beantwortung dieser Fragen nun bewusst auf Ihre inneren Bilder:

       Welche Personen sehen Sie bei der Beantwortung vor Ihrem inneren Auge?

       Was „hören Sie über sich auf der Tonspur“ von den anderen Personen?

       Welche konkreten Situationen durchleben, spüren Sie noch einmal innerlich?

       Was erzeugt bei Ihnen ein innerliches Wohlbefinden?

       Womit können Sie sich wirklich gut identifizieren?

Sie können diese Fragen auch nutzen, um mit vertrauten Personen in einen ersten Dialog zu treten: Hören Sie sich die Antworten interessiert, neugierig an. Machen Sie sich Notizen beim Gespräch. Halten Sie die wesentlichen Punkte für sich fest:

       Welche Attribute schreiben Ihnen Ihre Vertrauenspersonen zu?

       Welche konkreten Beispiele beschreiben Ihre Vertrauenspersonen?

       Welche Fragen können Ihre Vertrauenspersonen relativ leicht beantworten?

       Bei welchen Fragen tun sich Ihre Vertrauenspersonen eher schwer mit einer Antwort?

Ziel dieser Selbstreflexion und des Dialogs mit Vertrauenspersonen ist es, dass Sie für sich selbst eine klare und greifbare Vorstellung haben, was Sie persönlich o. k. macht! Je klarer, greifbarer, überzeugender und kraftvoller das für Sie ist, desto eher und authentischer schaffen Sie es, im Führungsalltag für sich selbst im Modus „Ich bin o. k.!“ zu bleiben.

Aber es geht nicht um „Selbstbeweihräucherung“! Es ist nicht das Ziel der persönlichen Selbstüberschätzung und der Arroganz. Es geht vielmehr um ein gutes, positives Selbstwertgefühl. Nur, wenn wir uns selbst wertvoll fühlen und Wertschätzung für uns selbst empfinden, werden wir in der Lage sein, auch anderen Menschen eine würdige, kraftvolle Wertschätzung entgegenzubringen. Denn die Wertschätzung anderer verliert an Kraft, wenn wir uns selbst nicht wertschätzen.

Stellen Sie sich einfach mal vor, dass Sie von jemandem eine Anerkennung bekommen, der sich selbst als Verlierer sieht. Dann haben Sie an dieser Anerkennung bestimmt nicht so viel Freude, als wenn die Anerkennung von jemandem kommt, der über viel Kompetenz verfügt, ein positives Selbstbild hat, selbst schon sehr erfolgreich war, vielleicht eine Art Vorbild für Sie ist und die von Ihnen gebrachte Leistung wirklich angemessen beurteilen kann.

Grundhaltung Teil 2: „Du bist o. k.!“

Hier geht es darum, das Positive, die Stärken und die Potenziale der anderen Person zu erkennen und zu würdigen. Und es geht nicht darum, andere Menschen ausschließlich durch die rosarote Brille zu sehen. Aber oft tragen wir Vorurteile, negative Glaubenssätze und Verallgemeinerungen in uns, die den wohlwollenden Blick auf andere Menschen versperren. Gerade als Führungskraft sollten wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern möglichst respektvoll begegnen. Respekt zeigen heißt, die andere Person erst einmal persönlich als o. k. anzuerkennen.

Mitarbeitende einschätzen – Ihre Bestandsaufnahme

Nehmen Sie sich einen Stift und ein leeres Blatt Papier zur Hand. Alternativ können Sie sich aus Kapitel 15 das Arbeitsblatt (Arbeitsblatt 1, Teil 2) kopieren und zur Übung nutzen.

Beantworten Sie folgende Fragen unbedingt schriftlich:

       Welche Fähigkeiten haben die Teammitglieder? Notieren Sie zu jedem Ihrer Teammitglieder mindestens drei persönliche Fähigkeiten, Stärken, Potenziale, Talente, positive Attribute . . .!

       Welche Aufgaben können jeweils besonders gut gelöst werden? Notieren Sie zu jedem Teammitglied mindestens drei konkrete Aufgaben, die in den letzten drei Monaten (sehr) gut gelöst wurden!

       Wer sagt was? Notieren Sie zu jedem Teammitglied einen für die Person typischen, positiven Satz, den die Person öfters sagt oder den Sie ihr zuschreiben würden!

       Was fällt mir zu den einzelnen Personen ein? Notieren Sie für jedes Teammitglied eine Idee für eine möglichst positive Metapher, die der Person am ehesten gerecht wird!

       Wohin könnten sich die einzelnen Personen entwickeln? Notieren Sie für jedes Teammitglied das aus Ihrer Sicht wichtigste Entwicklungsfeld, das die Person am ehesten voranbringen würde!

       Gibt es bereits Erfolge, an die sich anknüpfen lässt? Notieren Sie zu jeder Person und deren Entwicklungsfeld bereits geschaffte Erfolgserlebnisse, die diese Person bereits im Entwicklungsfeld hatte!

Mit Sicherheit ist Ihnen diese Aufgabe bei dem einen oder anderen Teammitglied leichter gefallen als bei den Teammitgliedern, die Sie gegebenenfalls sogar als „Problemfall“ sehen. Vielleicht haben Sie auch Personen, die Sie gar nicht so richtig einschätzen können. Dann nutzen Sie die beschriebene Übung, um zu den einzelnen Teammitgliedern in den nächsten vier Wochen weitere Beobachtungen zu machen und sich diese Beobachtungen zu notieren.

Der zweite Teil der Grundhaltung „Ich bin o. k.! – Du bist o. k.!“ richtet somit den Blick auf die Menschen, mit denen Sie im Führungsalltag am häufigsten zu tun haben. Achten Sie besonders darauf, was den anderen o. k. macht! Wenn wir es wollen und aktiv danach suchen, werden wir auch bei Menschen, die wir eventuell sehr negativ sehen, etwas Positives finden. Es geht darum, unsere eigenen Wahrnehmungsfilter immer mal wieder kritisch zu überprüfen. Jeder von uns hat ein mehr oder weniger differenziertes „Schubladensystem“ in seinem Kopf. Es gibt aber auch Führungskräfte, die haben lediglich nur zwei Schubladen im Kopf. Schublade 1: Das ist ein Guter! Schublade 2: Das ist eine Pfeife!

Überprüfen Sie regelmäßig Ihre inneren Schubladen!

1.2Praxistransfer – Worauf kommt es an?

Es geht im Führungsalltag vor allem um die eigene Grundeinstellung. Als Führungskraft strahlen Sie Ihre innere Haltung nach außen aus. Die eigene Haltung hat prägenden Einfluss auf die Kommunikation und die Begegnung mit Ihren Mitarbeitern. Mit der richtigen Grundeinstellung ermöglichen Sie einen echten und persönlichen Dialog auf Augenhöhe. Und durch eine solche Begegnung, die geprägt ist von Respekt, Wertschätzung, einem kraftvollen Selbstbild und einem positiven Blick auf andere Personen, fördern Sie die Leistungsfähigkeit, die Leistungsbereitschaft und die Weiterentwicklung von Menschen und Teams. Und das ist wiederum eine zentrale Führungsaufgabe.

Die eigene Grundeinstellung optimieren – erster Schritt Grundeinstellung Teil 1: „Ich bin o. k.!“

       Überprüfen Sie Ihre Haltung zu sich selbst!

       Wertschätzen Sie sich selbst!

       Würdigen Sie Ihre eigenen Erfolge!

       Schauen Sie wohlwollend auf Ihre eigenen Entwicklungsfelder!

Grundeinstellung Teil 2: „Du bist o. k.!“

       Suchen Sie nach Stärken und Fähigkeiten Ihrer Teammitglieder!

       Begegnen Sie anderen Menschen respektvoll auf Augenhöhe!

       Überprüfen Sie Ihre eigenen Schubladen in Ihrem Kopf!

       Schalten Sie immer mal wieder innerlich auf „reset“!

Das, worauf Sie Ihre Aufmerksamkeit richten, wird Ihr Führungsverhalten bestimmen. Ihre Wahrnehmung wird dadurch in eine bestimmte Richtung geprägt. Denn wir suchen permanent nach Bestätigung für unsere Gedanken, Meinungen und unsere Einstellung. Haben wir von uns selbst ein positives Bild und eine angemessen positive Einstellung zu uns, werden wir kraftvoll, mit Selbstbewusstsein und eigener Überzeugung agieren. Haben wir zu unseren Mitarbeitenden eine positive Einstellung und sehen eher die Stärken und Fähigkeiten der Menschen, die wir führen, werden wir diese Aspekte in der Zusammenarbeit viel eher wahrnehmen und können sie dann auch wertschätzen. Wenn wir unsere Mitarbeitenden hingegen eher als „Verlierer“ oder „Pfeifen“ sehen, dann fällt auch die Wertschätzung schwer. Wie heißt es doch in einem Spruch so treffend: „Ich glaub, ich hab´ Tinnitus im Auge – ich sehe hier nur Pfeifen.“

Die eigene Grundeinstellung optimieren – zweiter Schritt Analysieren Sie die Situationen, in denen Sie aus dem Modus „Ich bin o. k.! – Du bist o. k.!“ in einen anderen Modus wechseln!

       Was genau hat dazu geführt, dass Sie in den Modus „Ich bin o. k.! – Du bist nicht o. k.!“ umgeschwenkt sind?

       Was gab den Ausschlag, dass Sie in den Modus „Ich bin nicht o. k.! – Du bist o. k.!“ bzw. „Ich bin o.k.! – Du bist nicht o.k.!“ verfallen sind?

       Wie schaffen Sie für sich einen Automatismus, möglichst immer wieder in die Haltung „Ich bin o. k.! – Du bist o. k.!“ zu kommen?

       Wer kann Ihnen dabei helfen, regelmäßig Ihre Haltung und die Wirkung Ihrer Haltung zu überprüfen?

       Von wem wollen Sie sich dazu ein persönliches Feedback einholen?

Gerade für den Praxistransfer ist es hilfreich, die vorgeschlagenen Impulse immer wieder auf drei Ebenen für sich zu prüfen:

1. Ebene: Kopfebene

Wenn ich dieses Modell „Ich bin o. k.! – Du bist o. k.!“ so für mich reflektiere, was denke ich dazu? Welche Gedanken haben eher den Charakter der inneren Zustimmung? Welche Gedanken gehen eher in Richtung des Zweifels? Welche persönlichen Erfahrungen verbinde ich eher mit Zustimmung bzw. mit Zweifel bezogen auf das Modell?

2. Ebene: Gefühlsebene

Welche Gefühle nehme ich bei mir wahr, wenn ich dem, was ich über das Modell gelesen habe, in mir nachspüre? Sind das eher angenehme Gefühle, die sich genau nach einer solchen Einstellung sehnen? Oder sind das eher Empfindungen, die ein gewisses Bauchgrummeln verursachen? Was genau sorgt bei mir eher für ein gutes oder aber negatives Gefühl?

3. Ebene: Handlungsebene bzw. Verhaltensebene

Was konkret ist mein persönlicher Umsetzungsimpuls aus dem, was ich gelesen habe? Was genau will und werde ich in meinem Führungsalltag ausprobieren? Worauf genau will ich bezüglich meiner Grundeinstellung noch mehr achten? Im Umgang mit welchem Teammitglied kann ich mir die Umsetzung meiner Impulse besonders gut vorstellen? Wo habe ich relativ wenig zu verlieren, wenn ich etwas in der Umsetzung im Alltag ausprobiere? Was sollte ich bei meiner Umsetzung in meinem Umfeld besonders beachten?

Um sich diesbezüglich weitere Denkanstöße zu holen, empfehle ich Ihnen den Film AUGENHÖHE – original (2015) (https://augenhoehe-film.de/filme/). Dort erhalten Sie Einblicke in Firmen und Führungssituationen, in denen Mitarbeitenden sehr respektvoll, wertschätzend und interessiert begegnet wird. Sie erfahren, mit welcher Haltung Führungskräfte agieren und welche positive Wirkung dies auf die beteiligten Mitarbeitenden hat. Der Film dauert eine knappe Stunde, aber die Zeitinvestition lohnt sich.

In Kapitel 15 finden Sie Reflexionen zum Grundmodell „Ich bin o. k.! – Du bist o. k.!“ (Arbeitsblatt 1, bestehend aus zwei Teilen).

1.3Die besondere Herausforderung

Wenn wir davon ausgehen, dass Sie selbst als Führungskraft möglichst oft die Grundhaltung „Ich bin o. k.! – Du bist o. k.!“ an den Tag legen und diese Haltung mit Leben füllen, dann leisten Sie schon mal einen wertvollen Beitrag, um für eine positive Arbeitsatmosphäre zu sorgen. Aber manchmal haben wir es mit Mitarbeitenden zu tun, die alles und jeden kritisch sehen. Menschen, die mit sich selbst nicht im Reinen sind und alles schwarzsehen bzw. kaum oder keine Motivation zeigen. Hier kann man die Grundhaltung „Ich bin nicht o. k.! – Du bist nicht o. k.!“ hineininterpretieren. Das bedeutet, dass man eben auch als Führungskraft von diesen Mitarbeitenden kritisch gesehen wird. Deshalb ist es nun mal eine besondere Herausforderung, wenn man als Führungskraft selbst in der Grundhaltung „Ich bin o. k.! – Du bist o. k.!“ agiert und auf eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter trifft, und diese Person begegnet einem in der Grundhaltung „Ich bin nicht o. k.! – Du bist nicht o. k.!“. Wir können als Führungskraft zwar eine positive Grundhaltung vorleben, wir können durch wertschätzenden und respektvollen Umgang mit den Mitarbeitenden zeigen, dass uns die anvertrauten Teammitglieder wichtig sind, aber wenn jemand in der absolut negativen Grundhaltung verweilt, ist oft „Hopfen und Malz verloren“. Dann hilft über kurz oder lang nur eine Trennung von einer solchen Mitarbeiterin bzw. einem solchen Mitarbeiter.

Das mag Sie jetzt vielleicht irritieren, aber auch eine Trennung kann Wertschätzung sein. Wenn Sie eine Person in Ihrem Team haben, die immer alles schlechtredet, sich an keine Spielregeln hält, permanent die Stimmung runterzieht, dann können Sie dieser Person wohlwollend mehrfach eine Chance bieten, die Einstellung zu ändern, aber wenn das nicht hilft, sollten Sie klare Konsequenzen ziehen. Ich komme im weiteren Verlauf des Buches noch einmal darauf zurück.

Doch vor einer Trennung sollten Sie zunächst selbstkritisch überprüfen, ob Sie dieser Person eine angemessene Chance gegeben haben und ihr wirklich mit der Grundhaltung „Ich bin o. k.! – Du bist o. k.!“ begegnet sind. Außerdem sollten vor einer Trennung einige Gespräche stattgefunden haben, in denen Sie Ihre Einschätzung und die Konsequenzen der wahrgenommenen Haltung des Teammitglieds vorher dieser Person deutlich gemacht haben. Nur dann agieren Sie wirklich fair und letztlich nachvollziehbar. Gerade das Verhalten im Kontext einer Trennung von Mitarbeitenden wird von den anderen Teammitgliedern sehr genau beobachtet. Einerseits erwarten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine gewisse Konsequenz, wenn einzelne Teammitglieder nicht mitziehen. Andererseits ist ein Trennungsprozess auch ein echtes Kulturmerkmal in einem Unternehmen.

Ein offenes, ehrliches Agieren als Führungskraft, das persönliche Ansprechen der wahrgenommenen Haltung des Teammitglieds, das Aufzeigen von möglichen Konsequenzen und das letztliche Konsequenzenziehen wird als klare und starke Führung gewürdigt.

Im Prinzip sollte jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter für sich in einem solchen Trennungsprozess das Fazit ziehen können: „Wenn so mit mir als Teammitglied umgegangen wird, ist das vollkommen in Ordnung!“ oder: „Das ist fair und gerecht!“.

1.4Im Kontakt mit sich selbst sein

Selbstreflexion ist eine wichtige Führungskompetenz! Vielleicht ist es sogar die wichtigste Führungskompetenz?! Es geht immer wieder darum, dass wir als Führungskraft in einem guten und wertschätzenden Kontakt zu uns selbst sind. Denn dann haben wir die Möglichkeit, durch gute Selbstreflexion bewusst an den richtigen Hebeln zu ziehen, um unsere Grundeinstellung gezielt zu steuern.

In dem folgenden Expertengespräch mit Ulrike Scheuermann erfahren Sie mehr darüber, wie Sie als Führungskraft alle Seiten Ihrer Person integrieren, anstatt sie zu verdrängen oder auf andere zu projizieren, und warum es oft sinnvoll ist, Gefühle erst einmal ausreifen zu lassen. Sie ist Diplom-Psychologin, arbeitet als freiberufliche Trainerin und Coach sowohl mit Führungskräften als auch mit Teammitgliedern. Außerdem ist sie Bestsellerautorin von Sachbüchern und professionelle Speakerin. Für mich ist sie bei diesem Buch zudem eine wertvolle Impulsgeberin gewesen.

Expertengespräch mit Ulrike Scheuermann, Diplom-Psychologin und Bestsellerautorin

Ulrike, welchen Blick hast du auf Führungskräfte, wenn du als Psychologin auf die Rolle schaust? Was ist dir wichtig?

Führungskräfte sollten sich als ganze Person mit verschiedenen Seiten ihrer Persönlichkeit annehmen und zeigen, auch mit den ungeliebten. Wenn Führungskräfte das vorleben, wirken sie überzeugender, werden zu Vorbildern und können andere damit anstecken, insbesondere ihre Mitarbeitenden. Das ist nicht so leicht, denn dazu müssen sich Führungskräfte ganzheitlich weiterbilden und somit dieses Muster des Ganzseins ins Team tragen.

Was bedeutet für dich ganz sein?

Ganz sein heißt, nicht nur die kompetenten und perfekten Seiten bei sich zu akzeptieren und zu zeigen, sondern auch die Seiten, die man weniger mag oder ablehnt. Auch als Führungskraft sollte man signalisieren, dass man nicht perfekt ist. Man kann sich auch o. k. fühlen, wenn man nicht allen Ansprüchen zu 100 % gerecht werden kann. Dadurch ermutigt die Führungskraft ihre Mitarbeitenden, Verantwortung zu übernehmen, z. B. wenn ein Teammitglied etwas besser kann als die eigene Führungskraft, oder auch, Fehler als Lernmöglichkeit aufzufassen, anstatt sich dafür zu schämen oder sie zu verheimlichen.

Zu welchen Problemen kann ein nicht ganz sein im Führungsalltag führen?

Es gibt immer wieder das Problem, dass sich Führungskräfte Mitarbeitende aussuchen, die ihnen selbst ähnlich sind. Das sind dann Menschen, die die gleichen Stärken haben wie sie selbst, was häufig auch etwas mit Sympathie zu tun hat. Andere Stärken fehlen dann gegebenenfalls in einem Team oder zur Lösung einer Aufgabe.

Wenn ich dir richtig zuhöre, geht es darum, sich aus dem Unbewussten herauszubewegen und verdrängte Seiten von sich selbst möglichst gut zu integrieren.

Genau, es geht um das Thema Projektion. Das ist ein psychologischer Abwehrmechanismus, den wir wohl alle kennen. Man wehrt eigene ungeliebte Seiten bei sich ab und projiziert sie auf andere. Da sieht man sie dann und bekämpft sie, indem man genervt ist, über andere herzieht, sich ärgert, jemanden aggressiv angeht oder nicht fördert. Man findet zum Beispiel jemanden großspurig und lästert im Freundeskreis darüber. Dass man selbst auch gerne in Meetings erzählt, wie gut man ist, kann man erst einmal nicht sehen. Wenn wir unsere Projektionen zurücknehmen und die vormals abgelehnten Seiten integrieren, werden wir selbst ganzer im Sinne von vollständiger – und dann auch akzeptierender gegenüber anderen.

Wie kann das eine Führungskraft im Alltag ändern?

Es geht nicht ganz so einfach, aber zwei Schritte kann man recht pragmatisch machen. Man gibt dem, was einen am anderen aufregt oder nervt, eine Bezeichnung, z. B.: „Das, was mich an XY stört, ist seine Arroganz.“ Somit benenne ich die Wahrnehmung und kann für mich reflektieren, was die Arroganz mit mir und meiner in mir abgelehnten Seite zu tun hat, mit der zweiten Frage: „Was hat das, was mich am anderen aufregt, mit mir zu tun?“ In dem Beispiel also: „Wo empfinde ich bei mir selbst Arroganz oder arrogante Züge, die ich bisher abgelehnt habe?“

Gibt es noch eine andere Herangehensweise?

Man kann die Verhaltensweisen anderer, die man ablehnt, in Ruhe und bewusst wie „neu“ betrachten, um eine andere Perspektive zu entwickeln, indem man hinterfragt: „Stimmt meine Bewertung, wenn ich es mir genau überlege? Oder profitieren mein Team oder auch unsere Kundinnen und Kunden davon, dass die Person so ist, wie sie ist? Wer weiß, vielleicht schätzen andere diese Person mehr als ich, und woran liegt es, dass ich diese Person nicht so wertschätzen kann?“

Was ist in diesem Zusammenhang sonst noch zu beachten?

Wenn wir emotional verstrickt sind, ist es umso schwieriger, sich von den ersten Impulsen nicht gefangen nehmen zu lassen, überzureagieren und dadurch die Beziehung zum Gegenüber unnötig zu belasten. Cholerische Ausbrüche etwa können den Kontakt empfindlich und langfristig beschädigen. Oft ist es gut, mindestens eine Nacht darüber zu schlafen und sich am nächsten Tag mit mehr innerem Abstand und mehr Gelassenheit zu fragen, was an der Situation, dem Verhalten oder der anderen Person ganz konkret aufgeregt oder geärgert bzw. verletzt hat.

Gefühle mit genug Zeit – und Schlaf – ausreifen zu lassen, ist ein wichtiger Schlüssel zu einem souveränen Umgang mit anderen Menschen. Schlaf spielt dabei eine wichtige Rolle, wie wir aus den aktuellen Erkenntnissen der Schlafforschung wissen. Über Nacht finden in der REM-, also der Traumschlafphase die sogenannte nächtliche Emotionstherapie und ein Neujustieren sozialer Wahrnehmungen und Kompetenzen statt. Diese Funktionen sind erst seit kurzem bekannt. Nicht die Zeit heilt viele Wunden, sondern der REM-Schlaf.

Das erinnert mich an meine Zeit bei der Bundeswehr. Dort durfte man sich auch erst 24 Stunden nach einem Sachverhalt bei einer höheren Dienststelle beschweren. Das ist eine gute Regelung. In der aktuellen Mainstream-Psychologie wird allerdings meist empfohlen: „Drücke deine Gefühle aus.“ Das Ausdrücken von Gefühlen ist aber nur dann förderlich, wenn die Gefühle Bestand haben: Eine anfängliche Wut kann über Nacht abflauen, und dann ist nur mehr ein leichter Ärger da, den man mit ruhiger Stimme und z. B. verbunden mit einem Wunsch an das Gegenüber verbalisieren kann. Außerdem sollte man bedenken, dass häufig das Phänomen der Übertragung in die Gefühle gegenüber einer anderen Person hineinspielt. Die persönlichen Erinnerungen und Erfahrungen mit früheren Führungspersonen wie Vater, Mutter oder auch Lehrenden spielen in Beziehungen im Arbeitsalltag eine wichtige Rolle, insbesondere im Umgang mit der nächsthöheren Führungskraft.

Worin besteht der Unterschied zwischen Übertragung und Projektion?

Bei der Übertragung überträgt und reaktiviert man frühere – oftmals verdrängte – Gefühle und Rollenerwartungen, Wünsche und Befürchtungen unbewusst auf neue soziale Beziehungen. Man meint zum Beispiel, in anderen Personen die Eigenschaften seines Vaters, seiner Mutter oder einer anderen früheren Person wiederzuerkennen. Das ist für Führungskräfte oft schwierig, weil sie viele Übertragungen von Mitarbeitenden aushalten müssen. Wenn ein Teammitglied Angst vor seiner Führungskraft hat und sich ihr gegenüber unterwürfig verhält, obwohl die Führungskraft auf Augenhöhe mit dem Teammitglied kommuniziert, ist höchstwahrscheinlich eine Übertragung mit im Spiel.

Bei der Projektion dagegen sind es eigene Gefühle oder abgelehnte Eigenschaften, die wir anderen zuschreiben. Wir nehmen diese eigenen Anteile nicht mehr bei uns selbst wahr, sondern entdecken sie bei anderen.

Liebe Ulrike, vielen Dank, das rundet meine Ausführungen zum Modell der Grundeinstellungen „Ich bin o. k.! – Du bist o. k.!“ ab. Gerade auch deine Anmerkungen zu Projektion und Übertragung.

Das Thema Wertschätzung hat aus meiner Sicht eine ganz zentrale Bedeutung für die Atmosphäre in Teams und in Unternehmen. Es beginnt bei der Einstellung des Einzelnen und wirkt in die gesamte Organisation. Ich freue mich, dass du diesem Thema den notwendigen Raum gibst. Und danke, dass dir meine Meinungen und meine Erfahrungen wichtig sind.

Wenn Sie mehr von Ulrike lesen möchten, dann ist hier der Link zu ihrer Homepage: https://ulrike-scheuermann.de/.

1.5Erkenntnis – Reflexion – Umsetzung

Nachfolgender Text soll Sie ermutigen, die richtige Einstellung zu finden (aus dem Buch Der träumende Delphin von Sergio Bambaren):

Denk an deinen Traum

„Träume bedeuten vielleicht ein hartes Stück Arbeit. Wenn wir versuchen, dem auszuweichen, können wir den Grund, warum wir zu träumen begannen, aus den Augen verlieren, und am Ende merken wir, dass der Traum gar nicht mehr uns gehört.

Wenn wir einfach der Weisheit unseres Herzens folgen, wird die Zeit vielleicht dafür sorgen, dass wir unsere Bestimmung erfüllen.

Denk daran: Gerade wenn Du schon fast aufgeben willst, gerade wenn Du glaubst, dass das Leben zu hart mit dir umspringt, dann denk daran, wer Du bist.

Denk an Deinen Traum.“

Was genau ist Ihr Traum – Ihr Führungstraum?

Was wollen Sie als Führungskraft bewegen?

Was wollen Sie als Führungskraft erreichen?

Wozu wollten Sie Führungskraft werden?

Dazu passt auch der bewegende Film Patch Adams mit Robin Williams in der Hauptrolle. Schon der Vorspann macht nachdenklich – hier der Text:

„Das ganze Leben ist eine Suche nach dem Zuhause. Für Vertreter, Sekretäre, Bergarbeiter, Bienenzüchter, Schwertschlucker, für uns alle. Alle rastlosen Herzen dieser Welt versuchen einen Weg nach Hause zu finden. Es ist schwierig zu beschreiben, was ich damals fühlte: Stellen Sie sich vor, Sie irren tagelang durch ein dichtes Schneegestöber, Sie wissen nicht einmal, ob Sie im Kreise herumlaufen, Sie spüren nur die Schwere Ihrer Beine im dichten Schnee, Ihre Hilferufe verhallen ungehört im Wind. Wie klein fühlt man sich dann? Wie weit weg kann dann das Zuhause sein?

Zuhause. Das Lexikon definiert es sowohl als Ort der Herkunft als auch als ein Ziel oder einen Bestimmungsort. Und der Sturm? Der Sturm verweht auch meine Gedanken. Oder wie es Dante ausdrückte: ‚Gerade in der Mitte meiner Lebensreise befand ich mich in einem dunklen Walde, weil ich den rechten Weg verloren hatte.‘

Doch ich sollte den richtigen Weg finden, allerdings an einem äußerst merkwürdigen Ort . . .“

Was ist Ihr gedankliches Zuhause?

Was genau ist Ihre Herkunft und was sehen Sie als Ihre Bestimmung, als Ihr Ziel?

Im weiteren Verlauf des Films wird deutlich, dass es die Bestimmung von Patch Adams ist, Arzt zu werden. Allerdings will er nicht nur Mediziner werden. Er will mehr. Er will eine andere Art von Medizin. Eine andere Art von Einstellung. Bei einer Anhörung vor dem staatlichen Prüfungsausschuss hält er eine beeindruckende Ansprache:

„Ein Arzt sollte es nicht als einzige Aufgabe ansehen, den Tod zu verhindern. Sondern muss auch für eine Verbesserung der Lebensqualität sorgen. Und deshalb kann es vorkommen, dass man gewinnt oder verliert.

Behandelt man aber einen Menschen und nicht nur eine Krankheit, dann gewinnt man immer, egal wie das Ergebnis ist. Dieser Saal hier ist voll von Medizinstudenten.

Lasst euch nicht von ihnen anästhesieren. Lasst euch nicht von ihnen gefühllos machen für das Wunder des Lebens. Lebt in Ehrfurcht vor dem großartigen Mechanismus des menschlichen Körpers. Das sollte im Mittelpunkt eurer Studien stehen und nicht die Jagd nach guten Noten, die euch kein Gefühl dafür vermitteln können, was für einen Arzt jemand benötigt. Und wartet nicht, bis ihr auf der Station seid, um eure Menschlichkeit wiederzubekommen. Übt die sprechende Medizin. Fangt an, mit Fremden zu sprechen, mit euren Freunden, mit Leuten, die sich verwählt haben. Und pflegt die Freundschaft mit den fantastischen Menschen dort hinten, den Krankenschwestern, die euch viel beibringen können. Sie haben unmittelbaren Kontakt mit den Menschen. Sie waten durch Blut und Scheiße. Sie können euch unglaubliches Wissen vermitteln. Genauso wie die Professoren, die vom Herzen aufwärts noch nicht tot sind. Nehmt teil an ihrem Mitgefühl und lasst euch davon anstecken.“

Auf Nachfrage des staatlichen Prüfungsausschusses sagt Patch Adams:

„Sir, ich möchte von ganzem Herzen Arzt werden! Ich wollte Arzt werden, um anderen Menschen zu dienen. Und darum habe ich wahrscheinlich alles verloren. Aber vielleicht habe ich auch alles gewonnen? Ich habe am Leben der Patienten und Angestellten im Krankenhaus teilgenommen. Ich habe mit ihnen gelacht und ich habe mit ihnen geweint. Ich habe die Medizin in den Mittelpunkt gestellt . . .“

Schauen Sie sich den Film mal in Ruhe an, es lohnt sich, denn dieser Film bewegt emotional, macht nachdenklich und zeigt in besonderer Form eine Haltung von „Ich bin o.k. – Du bist o.k.“. Ich wünsche Ihnen eine gute Inspiration!

Hier einige Reflexionsfragen, die Sie für sich einmal beantworten können:

Reflexionsfragen

       Warum wollten Sie selbst Führungskraft werden?

       Wollten Sie das von ganzem Herzen?

       Und wenn ja, wozu?

       Was war Ihre Intention dahinter?

       Wozu wurden Sie Führungskraft?

       Was konkret wollen Sie bewegen?

       Warum oder wozu wollen Sie Menschen führen?

       Was haben diese Menschen davon, von Ihnen geführt zu werden?

Sie sehen: Menschen machen den Unterschied! Mit ihrer Haltung, mit ihrer Einstellung, mit ihrem Auftreten und mit der Art und Weise, wie sie zu sich selbst stehen und dabei anderen Menschen begegnen.

Deshalb passt das Zitat von Johann Wolfgang von Goethe hier sehr gut:

„Wer die Menschen behandelt, wie sie sind, macht sie schlechter. Wer sie aber behandelt, wie sie sein könnten, macht sie besser.“

Wenn wir als Führungskräfte die Menschen, die wir führen, besser machen wollen, dann sollten wir sie auch so behandeln. Behandle Menschen so, wie sie sein könnten!

Führungsprinzip Wertschätzung heißt:

Als Führungskraft für sich selbst und für die zu führenden Personen eine respektvolle und wohlwollende innere Haltung einzunehmen und anderen Menschen auf Augenhöhe zu begegnen.

1.6Literaturhinweise

Sergio Bambaren: Der träumende Delphin. Piper, München 2010, S. 53 – 54

Thomas A. Harris: Ich bin o. k. du bist o. k. Eine Einführung in die Transaktionsanalyse. Rowohlt, Reinbek 2002

Ulrike Scheuermann: Innerlich frei. Was wir gewinnen, wenn wir unsere ungeliebten Seiten annehmen. Knaur, München 2016

Film: Patch Adams. Hauptrolle Robin Williams, deutsche Synchronisation oben zitiert

2Werte wertschätzen

Nachdem wir im ersten Kapitel den Fokus auf die persönliche Grundeinstellung gerichtet haben, folgt nun der Blick auf das Thema Werte. Menschliches und funktionales Verhalten wird stark von persönlichen Werten, aber auch von vorhandenen und gelebten Unternehmenswerten beeinflusst.

Als Führungskraft sollten Sie sich über Ihre persönlich prägenden Werte bewusst sein und das, was Sie mit Ihren Werten verbinden, Ihren Mitarbeitenden auch erklären können. Damit werden Sie als Chefin oder Chef klarer, greifbarer und berechenbarer für Ihre Mitarbeitenden.

Das Ziel dieses Kapitels ist es, Ihnen zu ermöglichen, Ihre eigenen Werte zu identifizieren, die Unternehmenswerte zu reflektieren und die richtigen Ansatzpunkte zu finden, diese wichtigen Werte im Führungsalltag nachvollziehbar einfließen zu lassen.

2.1Persönlicher Wertecheck

In meinen Führungsseminaren stelle ich meinen Teilnehmerinnen und Teilnehmern oft die Frage: „Welche Werte sind Ihre drei persönlich wichtigsten Werte?“

In der Regel schauen mich dann 90 % der anwesenden Führungskräfte zunächst einmal leicht verunsichert und mit großen Augen an.

Das ist eine deutliche Bestätigung, dass viele Führungskräfte (zu) unbewusst mit diesem wichtigen Thema Werte umgehen. Alle Menschen haben persönliche Werte, aber die wenigsten sind in der Lage, auf diese einfache Frage eine spontane, klare und auch wirklich zu ihnen als Person passende Antwort zu geben.

In der Rolle als Führungskraft ist eine echte Klarheit über persönliche Schlüsselwerte ein wesentlicher und kraftvoller Erfolgsfaktor.

Bild 2.1Wertebeispiele . . . was spricht Sie an?

Bild 2.1 zeigt einige Werte, die für viele Menschen eine hohe Bedeutung haben. Die Liste könnte noch um viele Begriffe ergänzt werden, wie Ehrlichkeit, Integrität, Vertrauen, Mut, Diplomatie, Partnerschaft, Respekt, Aufmerksamkeit, Partizipation, Interesse, Empathie, Effizienz, Veränderung, Glaube, Zeit, Natur . . . Identifizieren Sie Ihre persönlichen drei bis vier Topwerte.

WerteübungTeil 1: Identifikation der eigenen Topwerte

In Kapitel 15 finden Sie ein Arbeitsblatt (Arbeitsblatt 2, Teil 1) mit zahlreichen Wertestichworten.

Markieren Sie sich Ihre zehn Favoriten.

Anschließend versuchen Sie, die Stichworte gegeneinander abzuwägen und so zu Ihren drei bis vier Topwerten zu kommen.

Diese Topwerte tragen Sie bitte hier ein:

Werteübung Teil 2: Beschreibung Ihrer eigenen Topwerte

Wert 1:

       Was verbinden Sie mit diesem Wert?

       Inwiefern ist dieser Wert für Sie privat und beruflich zu differenzieren?

       Wie leben Sie diesen Wert im (Führungs-)Alltag?

       Woran merken Ihre Mitarbeitenden, dass Ihnen dieser Wert wichtig ist?

       Was passiert, wenn Sie in Situationen geraten, in denen dieser Wert nicht berücksichtigt wird?

       Welche Konsequenzen ergeben sich dann daraus für Sie und/oder die Mitarbeitenden?

       Wie wird dieser Wert in Ihrem Unternehmen/in Ihrem Bereich sonst gelebt oder berücksichtigt?

Beantworten Sie diese Fragen auch für die anderen Werte, die Sie für sich als besonders wichtig identifiziert haben (siehe auch Arbeitsblatt 2, Teil 2, Kapitel 15).

Die Inschrift am Orakel von Delphi lautet:

Erkenne dich selbst – werde, der du bist!

Wenn uns das gelingt – uns selbst zu erkennen und so zu werden, wie wir wirklich sind –, dann sind wir schon ganz viele Schritte weiter, sind bewusster, agieren klarer, werden für andere Personen greifbarer und somit profilierter! Und das Bewusstsein unserer Werte schafft noch eine bessere Basis für ein authentisches Handeln.

Spannend ist auch die Frage, welche Werte eine hohe Bedeutung für Ihre Mitarbeitenden haben! Kennen Sie die zentralen Werte Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Wissen Sie, was jedem einzelnen Teammitglied besonders wichtig ist? Worauf reagieren Ihre geführten Persönlichkeiten sehr sensibel oder was sorgt für sehr hohes Interesse?

Es lohnt sich, sich seiner eigenen Werte bewusst zu sein und gleichzeitig auch den zentralen Werten der eigenen Mitarbeiterschaft nachzugehen. Auch dazu können Sie die Werteübersicht nutzen.

2.2Praxistransfer – Worauf kommt es an?

Werte sind die Basis von Wertschätzung. Welche mir wichtigen Werte will ich beachtet wissen? Welche Werte sind meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wichtig? Wie kann ich als Führungskraft diese Werte respektvoll und angemessen berücksichtigen?

Der wichtigste Ansatz für den Transfer des so relevanten Wertethemas in die Praxis ist das regelmäßige Mitarbeitergespräch. Je nach Vorgabe im Unternehmen sollte ein strukturiertes Mitarbeitergespräch mindestens ein- bis zweimal pro Jahr stattfinden.

Nutzen Sie diesen wertvollen Dialog mit ihren Mitarbeitenden für mehr Tiefgang und Klarheit auch auf der persönlichen Ebene. Erfahrungsgemäß stehen eher die Themen Zielvereinbarung, Zielerreichung und Verbesserungsmöglichkeiten des Teammitglieds im Vordergrund solcher Gespräche. Wenn Sie als Führungskraft hier auch mal einen etwas anderen Schwerpunkt setzen, werden Sie sehen, wie sich das persönliche Verhältnis zu Ihrer Mitarbeiterin bzw. Ihrem Mitarbeiter auf einen Schlag positiv verändert. In Bild 2.2 erkennen Sie den klassischen Rahmen für ein typisches Mitarbeitergespräch einer Führungskraft.

Starten wir mit dem Begriff Dialog. Der Dialog zwischen der Führungskraft und dem Teammitglied sollte immer auf Augenhöhe sein. Formulieren Sie (wenn möglich gemeinsam mit dem Teammitglied) die Ziele möglichst SMART. Dabei steht SMART als Akronym für: spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch, terminiert. Anschließend richten Sie den Blick auf den Weg:

       Was genau ist der Verhaltensrahmen (welches Verhalten ist o. k. und welches Verhalten ist nicht o. k.)?

       Was genau ist der fachliche Rahmen (was gehört zu unserem Fachgebiet und was nicht)?

       Welche Meilensteine/Projekte/Zwischenziele sind zu beachten bzw. zu erfüllen?

       Wann wollen wir konkrete Zwischengespräche führen?

       . . .

Trauen Sie sich, neben den klassischen Elementen der Zielformulierung, des Aufgabenspektrums und der Aufgabenschwerpunkte sowie der Arbeitsplatzbeschreibung, den wichtigsten Kundenanforderungen und Projektthemen . . . auch einen Teil der Gesprächszeit für das Thema Werte einzuplanen.

Bild 2.2Ein einfaches Führungsmodell

Leitfragen für Ihre Vorbereitung von Mitarbeitergesprächen

       Welche meiner persönlichen Werte will bzw. sollte ich meinen Mitarbeitenden möglichst konkret erklären?

       Weshalb ist mir gerade dieser Wert besonders wichtig?

       Welche Auswirkungen hat dieser Wert auf die Zusammenarbeit bezüglich Verhaltensrahmen oder auf den fachlichen Rahmen?

       Wie wirken sich meine Werte auf meine ganz persönliche Erwartungshaltung gegenüber den Mitarbeitenden aus?

       Welche konkreten Wünsche an die Mitarbeitenden resultieren daraus?

       Wie passen meine persönlichen Werte zu den Unternehmenswerten, der Unternehmensphilosophie, den Führungsleitlinien, der Strategie, unserer Vision . . .?

Und dann der Blick zur Mitarbeiterin bzw. zum Mitarbeiter – welche Frage(n) wollen Sie Ihrem Gegenüber stellen, um mehr über die persönlichen Werte dieser Person zu erfahren?

Liebe Mitarbeiterin, lieber Mitarbeiter . . .

       . . . was ist Ihnen persönlich besonders wichtig?

       . . . welche hier im Unternehmen genannten oder gelebten Werte sind Ihnen besonders wichtig?

       . . . was sollte ich als Führungskraft im Umgang mit Ihnen persönlich möglichst berücksichtigen?

       . . . welche Wünsche und/oder Erwartungen resultieren daraus an mich als Ihre Führungskraft?

       . . . wie wirken Ihre Werte in Ihre tägliche Arbeit hinein?

Wenn Sie sich nun konkret überlegen, wie Sie die für sich selbst bedeutsamen Werte aus Kapitel 2.1 in das Mitarbeitergespräch einfließen lassen, erhalten Ihre Mitarbeitenden viel mehr Klarheit, was Ihnen als Führungskraft besonders am Herzen liegt.

Praxisbeispiel

Meine drei wichtigsten Werte sind Wertschätzung, Selbstverantwortung und Lebensfreude.

Was verbinde ich mit Wertschätzung im Führungsalltag?

Der Begriff Wertschätzung ist mir schon immer besonders am Herzen gelegen. Seit ich mich mit dem Thema Werte auseinandergesetzt habe, spüre ich in mir den starken Drang, in meinem Umfeld für ein wertschätzendes Miteinander zu sorgen, und es ist mir ein großes Anliegen, meinen Mitmenschen mit echter Wertschätzung zu begegnen. Auch im Führungskontext ist mir Wertschätzung sehr wichtig, denn ich bin der festen Überzeugung, dass gelebte Wertschätzung auch ein bedeutender Erfolgsfaktor für Leistung und Identifikation ist. Deshalb „springe ich aus dem Anzug“, wenn ich den Eindruck habe, dass in meinem Team eben nicht wertschätzend miteinander umgegangen wird. Ich lasse es nicht durchgehen, wenn jemand aus meinem Team bewusst von anderen in die Außenseiterrolle gedrängt wird. Hier kann jedes Teammitglied sicher sein, dass ich aktiv interveniere und die handelnden Personen konfrontiere, gegebenenfalls sogar sanktioniere. Dagegen bin ich völlig entspannt, wenn mal ein Meeting fünf Minuten später losgeht, weil der Wert Pünktlichkeit für mich nicht so hoch priorisiert ist, auch wenn mir selbst Pünktlichkeit bei meinen Kundenterminen sehr wichtig ist. Bei meinen Mitarbeitenden oder Seminarteilnehmenden macht es mir aber keinen Stress, wenn etwas mal einen Augenblick länger dauert. Allerdings weiß ich, dass viele Menschen Pünktlichkeit eben auch mit Wertschätzung verbinden. Sie haben das Bild in sich: Pünktlichkeit zeigt Wertschätzung für meinen Gesprächspartner. Ich persönlich habe diese Verbindung nicht so stark verankert, versuche aber immer, pünktlich zu sein, was mir auch in neun von zehn Fällen gelingt ☺.

Was verbinde ich mit Selbstverantwortung als Führungskraft?

Selbstverantwortung hat für mich eine hohe Bedeutung, weil ich zum einen gerne für mich selbst, für Themen, Aufgaben und Projekte, für Ziele und Ergebnisse, aber auch Kundenbeziehungen Verantwortung übernehme. Das heißt, ich möchte als Mitarbeiter und Führungskraft gerne Verantwortung übertragen bekommen und nehme diese dann gerne wahr. Das ist ein zentraler Punkt, weshalb ich auch früher schon gerne Führungsaufgaben übernommen habe. Zum anderen ist es mir aber auch wichtig, anderen Menschen Verantwortung zu überlassen oder ihnen den Raum für Verantwortungsübernahme zu geben. Verantwortung, Selbstverantwortung verbinde ich auch mit Selbstbestimmung und Freiheit. Gerade der Wert Freiheit ist bei mir in den letzten 15 Jahren immer mehr in den Vordergrund gerückt. Ich bin dankbar, so viel Selbstbestimmung und Freiheit in meinem Arbeitsalltag leben zu dürfen. Aber als Führungskraft „hasse ich es“, wenn Mitarbeitende, Führungskolleginnen oder Führungskollegen immer andere Personen verantwortlich machen, falls mal etwas schiefgegangen ist. Jeder ist für sich selbst und die damit verbundenen Aufgaben verantwortlich. Dazu gehört auch, dass mal etwas schiefgeht. Dafür wird keinem der Kopf abgemacht. Das Finden von Lösungen, die weitere Umsetzung und das Lernen aus Fehlern stehen bei mir und in meinem Verantwortungsbereich im absoluten Vordergrund. Wenn aber jemand bei Fehlern und Problemen andere vorschiebt, werde ich sauer. Selbstverantwortung sehe ich als zentralen Punkt, um selbstbestimmt und frei durch mein Leben gehen zu können. Gerade bei Menschen, die sehr kritisch mit dem eigenen Umfeld ins Gericht gehen (Mitarbeiterschaft, Führung, Management, Unternehmen, Kunden . . .), wünsche ich mir, dass sie für sich selbst Verantwortung übernehmen und ihre persönlichen Konsequenzen ziehen. Das ständige „Gemecker“ kostet nicht nur das gesamte Umfeld Kraft und Energie, sondern ist auch noch schädlich für die eigene Gesundheit.

Was verbinde ich mit Lebensfreude im Führungskontext?

Lebensfreude ist mein ganz persönliches Lebenselixier. Ich freue mich über jeden neuen Tag, bin dankbar für meine Familie und mein berufliches Umfeld. Ich habe große Freude an meinem Beruf und im Umgang mit meinen Kunden. Diese Menschen sind oft nicht nur „Kunden“. Uns verbinden viele persönliche und tief gehende Gespräche, die über ein normales Kundengespräch hinausgehen. Da sind Partnerschaften entstanden, die von echtem Vertrauen geprägt sind, und daraus schöpfe ich viel positive Energie. Diese positive Energie und Lebensfreude möchte ich auch sehr gerne weitergeben. Wir entscheiden selbst, ob wir auf die schönen Dinge mit Freude und Dankbarkeit schauen oder ob wir mürrisch und missmutig durchs Leben gehen. Ich jedenfalls bevorzuge eindeutig Ersteres. Dabei geht es mir nicht nur um Spaß. Es geht mir um eine verbundene und tiefe Lebensfreude. Es geht mir um mein inneres Feuer der Freude. Echte Freude mit Herzblut und Begeisterungsfähigkeit, auch für die kleinen Dinge des Lebens.

Mit diesem Beispiel haben Sie einerseits einen deutlich besseren Einblick in meine ganz persönlichen TOP-Werte, und andererseits lesen Sie eine Variante, wie Sie Ihre Werte konkretisierend beschreiben können. Hilfreich ist es, wenn Sie Ihre persönlichen Werte gut kennen, klar benennen und in Ihrem Umfeld gut ausleben können.

Achten Sie auf Ihre Wertekongruenz!

Dazu gibt es einen schönen Begriff, die sogenannte Wertekongruenz. Das bedeutet, dass Sie sich Ihrer persönlich wichtigsten Werte klar und bewusst sind und diese Werte auch in Ihrem Alltag sowohl privat als auch beruflich leben können. Gelingt es Ihnen, für sich selbst ein hohes Maß an Wertekongruenz herzustellen, dann werden Sie eine hohe Lebenszufriedenheit für sich spüren. Nachfolgend einige Beispiele konkreter Wertebegriffe:

Ehrlichkeit

Wenn Sie als Führungskraft beispielsweise Ehrlichkeit ganz oben auf Ihrem Zettel haben, so haben Sie ein ausgeprägtes Empfinden für die Ehrlichkeit der Menschen, mit denen Sie im Alltag zu tun haben. Konkret heißt das, dass Sie schon merken, wenn ein Teammitglied bei Ihnen den Kopf zur Tür hineinsteckt, dass Ihnen diese Person jetzt gleich etwas „vorflunkern“ will. Sie haben wahrscheinlich feine Antennen für ehrliche Aussagen und eben unehrliche Aussagen. Auch Sie selbst werden in vielen Situationen offen und ehrlich Ihre Position vertreten, vielleicht auch gegen Widerstände und mit der Gefahr, eigene Nachteile in Kauf zu nehmen. Aber Ehrlichkeit ist Ihnen nun mal wichtig. Nur wenn Sie wirklich ehrlich sind oder sein können, fühlen Sie sich auch richtig wohl.

Diplomatie

Eine Führungskraft, die im Gegensatz zu Ehrlichkeit jedoch vielleicht Diplomatie als einen zentralen Wert für sich in Anspruch nimmt, wird garantiert eine ganz andere Ausdrucksweise an den Tag legen. Vielleicht nach dem Motto: „Sage immer die Wahrheit, aber sage die Wahrheit nicht immer!“ Der ehrliche Chef bzw. die ehrliche Chefin haut auch mal dem Mitarbeitenden eine Aussage an den Kopf und tritt dieser Person damit gegebenenfalls durch die eigene direkte Ehrlichkeit auf die Füße. Das wird einem echten Diplomaten eher nicht passieren. Diplomatische Menschen legen einfach großen Wert darauf, sich möglichst so in Kommunikationsprozessen zu äußern, dass sie anderen Personen nicht vor den Kopf stoßen und sich möglichst viele Optionen offenhalten. Außerdem achten sie darauf, wie andere Menschen miteinander umgehen. Sie versuchen, durch ihre Diplomatie Brücken zu bauen und zwischen verschiedenen Parteien zu vermitteln. Das kann aber auch so weit führen, dass man manchmal gar nicht weiß, wofür diese Person tatsächlich selbst steht.

Ordnung

Sollte Ihnen als Führungskraft vielleicht der Wert Ordnung besonders am Herzen liegen, dann werden Sie wahrscheinlich sehr kritisch mit Mitarbeitenden umgehen, die ihren Schreibtisch nicht ordentlich aufräumen („Volltischler“) und auch sonst im Arbeitsstil eher chaotische Züge aufweisen. Dagegen werde Sie auf Mitarbeitende eher positiv zugehen, die Ihrem eigenen Ordnungssinn entsprechen und durch ihre gute Ordnung nach außen hin zeigen, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes „aufgeräumt“ sind. Oft ist aber ein gewisses Maß an Strukturlosigkeit ein wichtiger Erfolgsfaktor, um auf neue Ideen zu kommen. Aber ordnungsliebenden Menschen fällt es tendenziell schwer, das Chaotische positiv anzuerkennen. Sie leiden eher unter Chaos und Unordnung. Andererseits schaffen Führungskräfte, die Ordnung großschreiben, in der Regel klare Arbeitsstrukturen und sorgen für logische, funktionierende Prozesse.

Umsetzung

Führungskräfte, denen Umsetzung wichtig ist, würdigen es, wenn Projekte, Aufgabenstellungen und Maßnahmen wirklich zu Ende gebracht werden. Sie hassen oft nichts mehr als „offene Posten“. Daher sind sie im Führungsverhalten stark abschlussorientiert. Allerdings gehen sie mit Mitarbeitenden hart ins Gericht, wenn Aufgaben eben nicht erledigt werden und offenbleiben. Das können sie nicht nachvollziehen. Durch ihr ganzes Führungsverhalten werden Sie dazu beitragen, dass Aufgaben fristgerecht abgeschlossen werden und am Ende eines Arbeitsprozesses klare Ergebnisse sichtbar werden. Das kann in vielen Fällen einen enormen Druck für Mitarbeiterschaft erzeugen.

Jeder Wert ist gleich wertvoll!

Es geht nicht darum, einzelne Werte über andere Werte zu stellen. Jeder Wert ist gleich wertvoll. Entscheidend ist die persönliche Klarheit über die eigenen Werte. Denn diese Werte, die Ihnen besonders wichtig sind, sollten Sie in Mitarbeitergesprächen unbedingt auch Ihren Teammitgliedern erklären und anhand von praxisnahen Beispielen beschreiben.

Machen Sie sich also bewusst, was Sie als Führungskraft und Persönlichkeit mit Ihren drei bis vier Topwerten verbinden. Und überlegen Sie, wie Sie einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter diese Werte erklären können. Je besser Sie sich das im Vorfeld überlegen, desto leichter fällt es Ihnen, diese Werte im Gespräch klar und nachvollziehbar darzustellen. Idealerweise haben Sie sogar konkrete Beispiele aus der bisherigen Zusammenarbeit, auf die Sie sich beziehen können.

Erklären Sie Ihre persönlichen Werte im Gespräch mit Ihren Mitarbeitenden

       Wie ist meine Lebenseinstellung bzw. was ist mein Lebensmotto?

       Was genau ist mir persönlich sehr wichtig?

       Was sind meine persönlichen und beruflichen zentralen Werte?

       Was konkret verbinde ich mit dem Wert, mit der Begrifflichkeit?

       Wie gelingt es mir, meinen Werten treu zu bleiben?

       Was gibt mir Sinn in meinem Leben?

Und dann nehmen Sie Bezug auf Ihr Verhalten als Führungskraft:

       In welchen Situationen sind Sie sehr achtsam, empfindlich oder sensibel?

       In welchen Situationen springen Sie sinnbildlich „aus dem Anzug“?

       Auf welches Verhalten bei Teammitgliedern achten Sie im Alltag besonders genau?

       Wo genau haben Sie vielleicht eine sehr hohe Erwartungshaltung?

       Was bedeutet das für die Zusammenarbeit Ihrer Teammitglieder mit Ihnen als Führungskraft?

       Welche Beispiele fallen Ihnen ein, um es einem Mitarbeitenden anschaulich zu machen?

       Wie können Sie Ihre Werte gut nachvollziehbar beschreiben?

       Welche Situationen/Verhaltensweisen sind Ihnen zuwider?

       Wo sind Sie im Arbeitsalltag eher großzügig?

       Was ist für Sie eventuell nicht so wichtig?