Fürstenberg/Ravensbrück als politisch-militärischer Standort - Diana Krasnov - E-Book

Fürstenberg/Ravensbrück als politisch-militärischer Standort E-Book

Diana Krasnov

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Beschreibung

Magisterarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Ethnologie / Volkskunde, Note: 1,0, Humboldt-Universität zu Berlin (Institut für Europäische Ethnologie), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Arbeit gibt Einblicke in den gemeinsamen Alltag ehemaliger GSSD-Angehöriger und Anwohner von Fürstenberg/Ravensbrück und Umgebung zwischen 1945 und 1993. Dabei geht es nicht um die militärischen Belange der Zeit, sondern um die Beziehungen, die in privaten Lebensbereichen entstanden sind und welche teilweise bis heute bestehen. Der üblichen Berichterstattung sollte bewusst etwas Menschliches entgegensetzt werden. Es sollte gezeigt werden, dass es gewöhnliche zwischenmenschliche Beziehungen gab und gibt und worauf sie sich begründen. Für das Sammeln der Materialien sowie für deren Analysen wurden ethnologische und volkskundliche Methoden gewählt. Insgesamt stehen die Auswertungen unter einem qualitativen Ansatz. Die Materialien wurden anhand von Fragestellungen analysiert, die auf kulturwissenschaftlichen Theorien basieren. Ein wichtiges Resultat der Analysen ist, dass immer zwischen der militärischen Institution GSSD und den einzelnen Akteuren zu unterscheiden ist. Die Forschungswege waren bestimmt durch Experteninterviews, Erkundungsgänge im verlassenen Feld sowie durch Recherchen in Archiven. Jede Quellenart steht gleichberechtigt neben den anderen und die Materialien wurden entsprechend gleichermaßen quellenkritisch analysiert. Insbesonders hervorzuheben ist die Rolle der Fotografien in der Arbeit. Sie dienen nicht der Verbildlichung und Veranschaulichung, sondern wurden ebenso akribisch analysiert wie die Experteninterviews, archivalische Quellen sowie Textquellen. Die vorliegende Arbeit stellt "ein Vorbild für weitere ähnlich angelegte Untersuchungen anderer Orte dar, und dies gilt nicht nur für das Territorium der ehemaligen Sowjetischen Besatzungszone und der späteren DDR." Die Arbeit ist als "moralisches Votum nach einem beide Ethnien betreffenden Desastre unglaublichen Ausmaßes" zu lesen. (Auszüge aus dem Gutachten)

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Inhalt

 

Vorbemerkung

Einleitung

1 Das Thema und mein Bezug dazu

1.1 Sowjetische Besatzungszone und DDR

1.2 Die Sowjetischen Streitkräfte

1.3 Fürstenberg/Ravensbrück

1.4 Auswirkungen auf den Alltag sowohl von Angehörigen der Sowjetischen Streitkräfte als auch der deutschen Bevölkerung in der Region

1.5 Die zeitliche Begrenzung zwischen Mai 1945 bis Ende 1993

2 Theoretischer Rahmen, Thesen und Fragestellungen

2.1 Die Schichten in Raum und Zeit

2.2 Konnektive Struktur

2.2.1 Exkurs: Ich-Identität und Wir-Identität

2.2.2 Konnektive Struktur

2.3 Thesen und Fragestellungen

2.3.1 Die Schichten in Raum und Zeit

2.3.2 Konnektive Struktur und Identitäten

3 Forschungswege, Methoden und Quellen

3.1 Experteninterviews

3.1.1 Akquise

3.1.2 Charakteristik

3.1.3 Formen des vorhandenen Interviewmaterials

3.1.4 Zugang zu Expertinnen und Experten sowie aufgetretene Probleme

3.2 Erkundungsgänge im verlassenen Feld

3.2.1 Charakteristik

3.2.2 Resultate

3.2.3 Reflexionen zur Methode

3.3 Recherchen in Archiven

3.3.1 Auswahl der Archive

3.3.2 Vorliegende Resultate und Probleme

3.4 Quellenkritik – Quellenanalyse

3.4.1 Experteninterviews

3.4.2 Archivalische Quellen

3.4.3 Textquellen

3.4.4 Bildquellen

3.4.5 Dinge als Quellen

3.4.6 Internet als Quelle

4 Fürstenberg/Ravensbrück als politisch-militärischer Standort der UdSSR – Überblick

5 Die Schichten in Raum und Zeit – Einblicke

5.1 Röblinseesiedlung

5.1.1 Historie

5.1.2 Infrastruktur

5.1.3 Wohnverhältnisse

5.1.4 Der Zustand Ende 2007

5.2 Ravensbrück

5.2.1 Historie

5.2.2 Infrastruktur

5.2.3 Wohnverhältnisse

5.2.4 Der Zustand Ende 2007

5.3 Fazit

6 Konnektive Strukturen – Einblicke

6.1 Der 23. Februar als mythologisiertes Ritual

6.1.1 Material

6.1.2 Zeitdimension

6.1.3 Sozialdimension

6.1.4 Konnektive Struktur und die Wirkung in den Alltag der Akteure

6.2 Spendenaktion für den Park der Freundschaft

6.2.1 Material

6.2.2 Zeitdimension

6.2.3 Sozialdimension

6.2.4 Konnektive Struktur und die Wirkung in den Alltag der Akteure

6.3 Der Klub „Rote Nelke“

6.3.1 Material

6.3.2 Zeitdimension

6.3.3 Sozialdimension

6.3.4 Konnektive Struktur und die Wirkung in den Alltag der Akteure

6.4 Fazit

6.4.1 Die konnektive Struktur des Interferenzbereiches im Betrachtungszeitraum

6.4.2 Die konnektive Struktur heute

6.4.3 Zusammenfassung

7 Ausblick

Abkürzungen

Anlagen

Anlage 1: Die Interviewten

Anlage 2: Aus dem Interview mit Christine Hartwig

Anlage 3: Aus dem Interview mit Boris Orlov

Anlage 4: Stadtplan von Fürstenberg 2008

Anlage 5: Fotoanalysemodell

Anlage 6: Schreiben vom 22.08.1966 an Oberstleutnant Peršin.

Anlage 7: Betrachtungen zur ersten Ausstellungskonzeption

Quellenverzeichnis

Literatur

Archive

Webseiten

Weiterführende Quellen

Literatur zu Fürstenberg/Ravensbrück

Filmreportagen

Abbildungsverzeichnis

Danksagung

 

Und eines Tages waren sie alle weg – unauffällig, ganz still und leise.

Neis, Kurt: Fürstenberg – Eine Perle ohne Glanz?, Im Selbstverlag 2007, S. 247

Alles unter KGB-Kontrolle. Sonderabteilung. In jeder Kompanie gab’s ein oder zwei Menschen und niemand kennt nicht, wer ist das.

Vorbemerkung

 

Ich möchte Sie in eine vergangene Welt entführen. Diese historisch ausgerichtete europäisch-ethnologische Arbeit über den Alltag und dessen Strukturen in Fürstenberg an der Havel und der Siedlung Ravensbrück (im Folgenden Fürstenberg/Ravensbrück) zwischen dem 30. April 1945 und dem 26. Dezember 1993, ergänzt durch ethnologische Betrachtungen und Reflexionen, ist das Mittel zum Zweck. Sie spiegelt trotz aller Bemühungen um Objektivität meine Erlebnisse, Gefühle und Interpretationen wider. Wahrscheinlich war und bin ich selbst zu sehr involviert in diese Welt, um nicht subjektiv zu sein.

 

Es ist unmöglich, sich dem Alltag der sowjetischen Militärangehörigen[1] und der Fürstenberger/Ravensbrücker Bevölkerung zu widmen, ohne mit der Zeit bis 1945 in Berührung zu kommen. Den zeitlichen Schichten des Ortes[2] hängen gleichermaßen architektonische und erinnerte an. So ist es nicht verwunderlich, in den Interviews immer wieder zeitliche Sprünge zu erleben. Es passt zu dem, was ich bei Erkundungen in Fürstenberg/Ravensbrück selbst erfühlt habe: Auf den Liegenschaften, welche ehemals durch die GSSD genutzt wurden, stieß ich fortlaufend auf Gedenktafeln, kam zu Gebäuden und Orten, welche an die Zeit vor Mai 1945 erinnern und von denen ich mich nur zu leicht mitreißen ließ.

 

Beim Lesen der Regionalbeilage der Tageszeitung „Märkische Volksstimme“[3] entsteht der Eindruck einer heilen Welt der Freundschaft und Verbundenheit zwischen den Angehörigen der GSSD und den Bürgern im Kreis Gransee.[4] Die anderen Materialien, wie z. B. die Interviews und Dokumente, hinterlassen wesentlich ambivalentere Eindrücke.

 

Die GSSD war eine Besatzungsmacht. Ich werde keine Vergleiche zu den kasernierten Streitkräften der USA, Großbritanniens und Frankreichs in der BRD anstellen. Meiner Erkenntnis nach standen sich Streitkräfte beider Machtsysteme gegenüber und bedingten sich gegenseitig, zunächst als direkte Kriegsfolge, später als ideologisch konträre Systeme, die sich beide im Recht glaubten.

 

Auf den ersten Blick scheint es, dass die Erfahrungen meiner Interviewpartnerinnen und -partner[5] ganz ähnlich sind. Lediglich die Zugehörigkeit entweder zur Gruppe der GSSD oder der Fürstenberger/Ravensbrücker Bevölkerung spielt die entscheidende differenzierende Rolle. Ein zweiter analytischer Blick legt gravierende Differenzen zwischen den Erinnerungswelten offen, wobei die unterschiedlichsten Faktoren eine Rolle spielen. So entstehen für die Rezipienten grundverschiedene Perspektiven auf die Vergangenheit.

 

Einleitung

 

Zunächst werde ich über den aktuellen Forschungsstand der Thematik berichten und dann auf den Aufbau meiner Arbeit eingehen.

 

Die Geschichte Fürstenbergs/Ravensbrücks zwischen 1945 bis zur Gegenwart wird im Text- und Bildband „Fürstenberg/Havel. Eine Perle ohne Glanz?“ aus Sicht des Autors behandelt. Der Autor Kurt Neis hat dieses über 800 Seiten starke Buch im Selbstverlag herausgegeben. Mir liegt die 5. Auflage aus dem Jahre 2007 vor. Es existiert bereits die 6. Auflage. Kurt Neis hat seine Erinnerungen niedergeschrieben und diese mit ca. 900 Abbildungen illustriert. Etwa 130 Seiten widmet er der „sowjetischen Besatzungszeit“, wobei sich in fast allen Kapiteln des Buches Episoden finden, die davon berührt sind. Das zweite Werk befasst sich mit der Geschichte des Ortes von 1871 bis zum Jahre 2000 und ist von Wolfgang Stegemann und Wolfgang Jacobeit unter dem Titel „Fürstenberg/Havel – Ravensbrück. Im Wechsel der Machtsysteme des 20. Jahrhunderts“ mit dem Untertitel „Beiträge zur Alltags- und Sozialgeschichte einer Region zwischen Brandenburg und Mecklenburg“ im Jahre 2004 erschienen. Es existiert eine Reihe von Texten, die von Anwohnern beigesteuert wurden und sich mit der Thematik der Anwesenheit der GSSD unter unterschiedlichen Gesichtspunkten befassen. Florian von Buttlar, Stefanie Endlich und Annette Leo haben in „Fürstenberg – Drögen. Schichten eines verlassenen Ortes“ Texte zusammengestellt, die sich ausführlich mit der einstigen Sicherheitspolizeischule bzw. dem späteren GSSD-Objekt befassen. Allen aufgeführten Werken ist gemein, dass sie Zeitzeugen zu Worte kommen lassen und dass sie einen hauptsächlich historischen Ansatz haben. Weiterhin gibt es eine Reihe von Werken, die sich in erster Linie mit dem ehemaligen Frauenkonzentrationslager auseinandersetzen, z. B. der Begleitband zur Ausstellung zum 40. Jahrestag der Eröffnung der Nationalen Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück am 12. September 1959 „Die Sprache des Gedenkens. Zur Geschichte der Gedenkstätte Ravensbrück 1945 – 1995“, herausgegeben 1995 von Insa Eschebach, Sigrid Jacobeit und Susanne Lanwerd. Für das Verständnis der historischen Zusammenhänge sowie für die Geschichte der heutigen Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück waren sie gleichermaßen hilfreich. Verschiedene Werke beschäftigen sich mit der Anwesenheit der GSSD, ohne an einen bestimmten Ort gebunden zu sein. Sie sind insbesondere für allgemeine Angaben hilfreich, z. B. berichten Ilko-Sascha Kowalczuk und Stefan Wolle in „Roter Stern über Deutschland. Sowjetische Truppen in der DDR.“ über die Truppenstärken u. ä. Fotografisch ausgerichtete Bücher geben allgemeine Informationen sowohl über den Alltag als auch über den Abzug der GSSD-Angehörigen, z. B. „Die Russen gehen“ von Frank Gaudlitz und Thomas Kumlehn. Ein Werk mit einem ethnologisch-kulturwissenschaftlichen Ansatz wie die vorliegende Arbeit ist mir bislang nicht bekannt. Ich habe für das Sammeln der Materialien sowie für deren Analysen ethnologische und volkskundliche Methoden gewählt. Insgesamt stehen die Auswertungen unter einem qualitativen Ansatz. Bei allem, was besprochen wird, ist demnach zu beachten, dass ich keine quantitativen Umfragen durchgeführt und ausgewertet habe. Soweit ich Resultate meiner Untersuchungen verallgemeinere, ist mir bewusst, dass es immer Ausnahmen gibt. Die gesammelten Materialien habe ich anhand von Fragestellungen analysiert, die auf kulturwissenschaftlichen Theorien basieren, auf die ich an entsprechender Stelle eingehen werde. Ganz besonders möchte ich darauf hinweisen, dass ich, bedingt durch meine Fragestellungen, nur ausgewählte Aspekte betrachte. Ich suche u. a. nach gemeinsamen Normen und Werten, was folglich zu übereinstimmenden Meinungen und gemeinsamen Handlungen führt. Dadurch kann insgesamt der Eindruck einer „Schönfärberei“ entstehen. Ich will bewusst der üblichen Berichterstattung[6] etwas Menschliches entgegensetzen. Ich will zeigen, dass es gewöhnliche zwischenmenschliche Beziehungen gegeben hat und gibt und worauf sie sich begründen. Ein wichtiges Resultat meiner Analysen ist, dass immer zwischen der militärischen Institution GSSD und den einzelnen Akteuren zu unterscheiden ist. Das ist beim Lesen der Arbeit unbedingt zu berücksichtigen.

 

Der weitere Aufbau der Arbeit gliedert sich wie folgt: In Kapitel eins erläutere ich das Thema und meinen Bezug dazu. Dabei gehe ich auf die einzelnen Aspekte des Titels der Arbeit nacheinander ein. Ich gebe jeweils einen Überblick und positioniere mich anschließend selbst dazu.

 

Das zweite Kapitel beinhaltet den theoretischen Rahmen und meine Thesen sowie Fragestellungen. Zunächst stelle ich ein Modell vor, anhand dessen ich mein Thema bearbeite. Dann gehe ich auf die Theorie über Schichten in Raum und Zeit ein und anschließend auf das Konzept der konnektiven Struktur. Zuletzt folgen meine Thesen zu beiden Theoriebereichen.

 

Meine Forschungswege, Methoden und Quellen stelle ich in Kapitel drei vor. Die Forschungswege waren bestimmt durch Experteninterviews, Erkundungsgänge im verlassenen Feld sowie durch Recherchen in Archiven. Zu den Experteninterviews beschreibe ich, wie ich die Gesprächspartner akquiriert habe, welche Charakteristik die Interviews hatten, in welchen Formen das Interviewmaterial vorliegt, wie der Zugang zu den Befragten verlief sowie welche Probleme auftraten. Für die Erkundungsgänge im verlassenen Feld lege ich deren Charakteristik dar, sage etwas zu den Resultaten und schließe mit Reflexionen zur Methode selbst ab. Bei den Archivrecherchen erläutere ich, unter welchen Gesichtspunkten ich ausgewählt habe, in welchen Archiven ich warum arbeitete und gehe abschließend auf vorliegende Resultate und Probleme ein. Diesen Ausführungen schließen sich Betrachtungen zur Quellenkritik und Quellenanalyse an. Dabei bearbeite ich jede Quellenart gesondert – Experteninterviews, archivalische Quellen, Textquellen, Bildquellen, Dinge als Quelle sowie Internet als Quelle. Nach der kritischen Auseinandersetzung folgen Angaben darüber, wie ich die jeweilige Quelle analysiert und in die Arbeit einbezogen habe.

 

Kapitel vier gibt einen Überblick über die historische Entwicklung Fürstenbergs/Ravensbrücks im von mir betrachteten Zeitraum. Der Fokus liegt dabei auf der politisch-militärischen Bedeutung des Ortes.

 

Einblicke in die Schichten in Raum und Zeit gebe ich anhand der von mir ausgewerteten Materialien in Kapitel fünf. Ich habe dafür die Räume Röblinseesiedlung sowie die Ravensbrücker Siedlung gewählt. Für beide Räume gebe ich einen Überblick über die jeweilige historische Entwicklung. Dem schließen sich Ausführungen zur Infrastruktur, zu den Wohnverhältnissen sowie zum Zustand Ende 2007 an. Das Kapitel endet mit einem Fazit mit Bezug auf meine aufgestellte These.

 

Einblicke in die konnektiven Strukturen gebe ich im Kapitel sechs. Ich wählte hierfür drei Themen: den sowjetischen Feiertag 23. Februar, die Spendenaktion für den Park der Freundschaft sowie die Arbeitsgemeinschaft der Staatlichen Sowjetischen Mittelschule Nr. 27 Klub „Rote Nelke“. Nach einer Vorstellung des jeweiligen Materials analysiere ich die konnektive Struktur in Bezug auf Zeit- sowie Sozialdimension und gehe anschließend auf die Auswirkungen der Konnexionen im Alltag der Akteure ein.

 

Im Fazit betrachte ich die konnektive Struktur im Betrachtungszeitraum sowie in der Gegenwart. Eine Zusammenfassung nimmt Bezug auf meine These.

 

In Kapitel sieben gebe ich einen Ausblick auf mögliche Forschungsfelder und darüber, wie ich persönlich am Thema weiterarbeiten könnte.

 

Im Anhang befinden sich Angaben zu den Interviewten, zwei bearbeitete und gekürzte Interviews sowie weitere Materialien, auf die ich im Laufe der Arbeit jeweils hinweise.

 

Im Text verwende ich für alle russischsprachigen Namen und Begriffe die wissenschaftliche Transliteration nach ISO9. In Klammern stehen i. d. R. die russische Schreibweise sowie die Übertragung ins Deutsche. Die deutsche Transkription steht als Erläuterung in der Fußnote, sollte diese von der Transliteration abweichen.

 

1 Das Thema und mein Bezug dazu

 

In den nächsten fünf Abschnitten geht es mir um eine Annäherung an das Thema und darum, meinen Bezug unter verschiedenen Gesichtspunkten zu erklären. Anhand von Eckdaten soll eine überblicksartige Einführung in die historischen politisch-gesellschaftlichen Gegebenheiten bereitgestellt werden. Für diesbezügliche weitere Informationen verweise ich auf speziellere Quellen, wie z. B. die von mir hinzugezogene Literatur, die im Laufe der Arbeit zitiert wird und die im Literaturverzeichnis aufgeführt ist. Die Schilderungen meines jeweiligen Bezugs habe ich eingerückt, um sie vom übrigen Text zu unterscheiden.

 

1.1 Sowjetische Besatzungszone und DDR

 

Die folgenden Informationen sind bei Verena Artz entnommen, sofern nichts anderes angegeben ist.[7]

 

Am 16. April 1945 startete die Rote Armee ihre letzte große Offensive gegen das faschistische Deutschland. Etwa zweieinhalb Millionen Soldaten zogen von der Oder gegen das Dritte Reich. Am 1. Mai war Hitlers Regime vernichtet. Am 8. Mai unterzeichneten Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel, Generaloberst Hans-Jürgen Stumpff und Generaladmiral Hans-Georg von Friedeburg in Berlin-Karlshorst die bedingungslose Kapitulation.[8] Die SMAD wurde mit Beschluss des Sowjetischen Rates der Volkskommissare am 6. Juni geschaffen.[9] Auf der Potsdamer Konferenz, die insgesamt vom 17. Juli bis 2. August 1945 dauerte, bestätigten die Unterzeichner Iosif V. Stalin (UdSSR), Harry S. Truman (USA) und Clement R. Attlee (Großbritannien) die Aufteilung Deutschlands in militärische Besatzungszonen[10]. Damit entstand u. a. die Sowjetische Besatzungszone. Unter dieser politischen Konstellation wurde der Zusammenschluss von SPD und KPD zur SED am 21./22. April 1946 vollzogen. Im Frühjahr/Sommer 1947 erfolgte die Kasernierung der Sowjetarmee.[11] Am 23. Mai 1949 wurde auf dem Territorium der drei westlichen Besatzungszonen das Grundgesetz verkündet, womit die Gründung der BRD vollzogen wurde. Danach erfolgte auf dem Gebiet der SBZ am 7. Oktober 1949 die Gründung der DDR. Damit war offiziell die Besatzung beendet. Die SMAD in ihrer Eigenschaft als Militärregierung wurde am 10. Oktober 1949 von der Sowjetischen Kontrollkommission abgelöst. Bei der SKK handelte es sich um ein Instrument zur Kontrolle der Regierung der DDR. Die Gründung des Ministeriums für Staatssicherheit erfolgte am 8. Februar 1950. Im Juli 1952 wurden auf der 2. Parteikonferenz der SED[12] der Beginn der Kollektivierung der Landwirtschaft und der Vorrang der Schwerindustrie festgelegt. Die Konzentration der Produktion auf die Schwerindustrie, worunter insbesondere die Rüstungsindustrie fällt, trug u. a. erheblich zur Unzufriedenheit in der Bevölkerung bei, da eine Erhöhung des ohnehin niedrigen Lebensstandards dadurch nicht möglich war. Am 17. Juni 1953 kam es zu einem DDR-weiten Arbeiteraufstand, der durch DVP und Sowjetische Streitkräfte niedergeschlagen wurde. Als Reaktion auf die Unruhen bestätigte die Regierung im Juli den „Neuen Kurs“, welcher die Hebung des Lebensstandards zum Hauptziel hatte. Im Januar 1954 verzichtete die UdSSR auf weitere Reparationen.[13] Als Gegengewicht zur 1949 gegründeten North Atlantic Treaty Organization (NATO) wurde im Mai 1955 die Warschauer Vertragsorganisation gegründet. Im September 1955 wurde die Anerkennung der DDR durch die UdSSR vertraglich bestätigt. Die Botschaft der UdSSR löste die SKK ab. Im Januar 1956 ging aus der bisherigen Kasernierten Volkspolizei die Nationale Volksarmee hervor. Nach dem Tod von Wilhelm Pieck wurde das Amt des Staatspräsidenten abgeschafft. Walter Ulbricht wurde am 12. September 1960 erster Staatsratsvorsitzender und Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates. Bereits seit 1953 war er Erster Sekretär des Zentralkomitees der SED. Damit lagen die wichtigsten politischen Ämter in seiner Hand. Am 13. August 1961 wurde mit der systematischen Abriegelung der Grenzen nach Westberlin und Westdeutschland begonnen. 1965 wurde zwischen der DDR und der UdSSR ein Handelsabkommen vereinbart, wonach die UdSSR vor allem Rohstoffe, die DDR im Gegenzug maschinelle Anlagen und Ausrüstungen zu liefern hatte. Am 6. April 1968 trat eine neue Verfassung in Kraft, die die DDR als „sozialistischen Staat deutscher Nation“[14] mit Führungsanspruch der SED festschrieb. Im Viermächte-Abkommen vom 3. September 1971 garantierte die UdSSR erstmals den ungehinderten Personen- und Güterverkehr zwischen der BRD und Westberlin. Am 1. August 1973 verstarb Walter Ulbricht. Willy Stoph wurde Vorsitzender des Staatsrats, Horst Sindermann Vorsitzender des Ministerrats. Im Oktober wurde ein Wohnungsbauprogramm verabschiedet, das bis 1990 das Wohnungsproblem lösen sollte. „1973 besaßen 70 % der Haushalte einen Fernseher, 54 % eine Waschmaschine und 16 % ein Auto. […] 6 % besaßen ein Telefon.“[15] Anstelle des Begriffs „deutsche Nation“ trat 1974 in der Verfassung der DDR die Formulierung, dass die DDR „für immer und unwiderruflich“[16] mit der UdSSR verbunden ist. Das „Protokoll für den Warenaustausch“ hob die Festpreisregelung für Erdöllieferungen aus der UdSSR auf. Bis dahin erhielt die DDR Erdöl etwa 50 % unter dem Weltmarktpreis. Am 29. Oktober 1976 wurde Willi Stoph zum Ministerpräsidenten und Erich Honecker, bereits SED-Generalsekretär, zum Staatsratsvorsitzenden und erneut zum Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates „gewählt“. Im November 1980 wandte sich Erich Honecker schriftlich an Leonid I. Breschnew mit der Anregung, gemeinsame Schritte gegen die Streikbewegung in Polen zu unternehmen.[17] 1981 sicherte die UdSSR der DDR vertraglich Erdöllieferungen zu, die 90 % des Bedarfs deckten. Im Januar 1984 durften einige Bürgerinnen und Bürger ausreisen, die politisches Asyl u. a. in der Botschaft der USA in Berlin beantragt hatten. Im April wurde Bürgern die Ausreise in die BRD verweigert, die Gleiches in der BRD-Botschaft in Prag versucht hatten. Am 23. April 1985 reiste Erich Honecker zu einem Treffen mit dem seit März amtierenden neuen Generalsekretär des ZK der KPdSU Mihail S. Gorbačëv[18] nach Moskau. Im Januar 1986 gründeten Ost-Berliner Bürgerrechtler die „Initiative Frieden und Menschenrechte“, die in der oppositionellen Szene der DDR bald an Einfluss gewann. Im Februar 1987 erklärte sich Erich Honecker entschieden dagegen, Reformbewegungen nach dem sowjetischem Vorbild „Glasnost´“ und „Perestroîka“[19] einzuleiten. Die erste Montagsdemo fand am 4. September 1987 in Leipzig statt. Es wurde u. a. für mehr Reisefreiheit demonstriert. Die Montagsdemos breiteten sich rasch DDR-weit aus und die Teilnehmerzahl stieg kontinuierlich. US-Präsident Ronald Reagan und Mihail S. Gorbačëv unterzeichneten am 8. Dezember 1987 den „Washingtoner Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme“, der im Kern die weltweite Vernichtung aller US-amerikanischen und sowjetischen atomwaffenfähigen Mittelstreckenraketen bis Juni 1991 beschloss.[20] Dieser Schritt leitete die Endphase des Kalten Krieges ein. Am 18. November 1988 wurde der Vertrieb der sowjetischen Zeitschrift „Sputnik“ in der DDR verboten. Am 7. Mai 1989 kam es nach den Kommunalwahlen zu Demonstrationen. Den Behörden wurde Wahlfälschung vorgeworfen. Am 11. September 1989 öffnete Ungarn seine Grenze zu Österreich. An den Feierlichkeiten anlässlich des 40. Jahrestages der Gründung der DDR am 7. Oktober nahm auch Mihail S. Gorbačëv teil. Er wies seine Truppen an, nicht in die Auseinandersetzungen zwischen Opposition und Regierung der DDR einzugreifen. Am 18. Oktober wurde der Staats- und Parteichef Erich Honecker von allen Ämtern entbunden. Am 7. November trat die gesamte Regierung der DDR zurück. Bis 24:00 Uhr waren am 9. November 1989 alle Grenzübergänge in Berlin geöffnet. Der Fall der Berliner Mauer war vollzogen. Am 18. März 1990 fand die erste und letzte freie Wahl zur Volkskammer statt, aus der Lothar de Maizière (CDU) als neuer Ministerpräsident der DDR hervorging. Am 1. Juli trat die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion zwischen der DDR und der BRD in Kraft. Die DDR verlor damit die Hoheit über ihre Finanz- und Geldpolitik und ihre Wirtschafts- und Rechtsordnung. Mit dem Volkskammerbeschluss über den Beitritt der DDR zur BRD[21] existiert seit dem 3. Oktober 1990 nur noch ein deutscher Staat, die Bundesrepublik Deutschland. Unter Teilnahme von Bundeskanzler Helmut Kohl und dem russländischen[22] Präsidenten Boris N. El´cin[23] wurden die letzten 2.000 russländischen Soldaten am 31. August 1994 in Berlin verabschiedet.[24] Am 8. September erfolgte die Verabschiedung der US-amerikanischen, britischen und französischen Soldaten.[25] Aus heutiger Sicht spricht man bis Ende der 1980er Jahre von einer militärischen Besatzung. Das Verhalten der UdSSR in politischen und militärischen Angelegenheiten auf dem Territorium der DDR entsprach keinesfalls einer Anerkennung deren Souveränität.

 

Ich habe von September 1988 bis November 1990 in Potsdam gelebt und am „Institut für Lehrerbildung Rosa Luxemburg“ studiert. Die markantesten Erinnerungen habe ich an einen äußerst energisch auftretenden Professor für Marxismus-Leninismus sowie an die gemischten Gefühle, die ich bei der Teilnahme an den Montagsdemonstrationen hatte. Dass die Angst bei mir überwog, resultierte aus den Drohungen, die uns seitens einiger Professoren deutlich ausgesprochen wurden. Aber noch etwas prägt meine Erinnerungen an Potsdam:[26] Wenn wir (meine Kommilitoninnen und ich) samstags mittags nach dem letzten Seminar nach Hause wollten, mussten wir mit dem Bus vom Potsdamer Busbahnhof nach Falkensee fahren, um dort in einen Anschlusszug umzusteigen. Mit dem Wochengepäck rannten wir also vom Institut zu diesem Busbahnhof. Hätten wir den Bus verpasst, dann hätten wir in Falkensee festgesessen. An der entsprechenden Haltestelle wogte bereits eine Menschenmenge. Bei den meisten handelte es sich um rothaarige korpulente Damen, die in eine Wolke von Parfüm und Knoblauch gehüllt russisch sprachen und ebenfalls in diesen Bus wollten, um sich und ihre Einkäufe in ihre Wohnorte Richtung Falkensee transportieren zu lassen. Ich glaube, ich hatte es immer geschafft, in den Bus zu kommen. Bis zur Haltestelle am Bahnhof in Falkensee waren die sowjetischen Einkäuferinnen nach und nach ausgestiegen, wodurch manchmal sogar Sitzplätze frei wurden. Das Unangenehme der Fahrt war übrigens jahreszeitenunabhängig: Im Sommer war die Luft zum Schneiden, man klebte Haut an Haut aneinander, im Winter war man zwar durch dicke Bekleidung geschützt, jedoch umso mehr eingeengt. Aus dem Bus, in dem man ja etwas erhöht saß oder sowieso stand, konnte man über die Mauern der sowjetischen Kasernen in Potsdam sehen. Ich erinnere mich an junge Männer mit kindlichen Gesichtern, die auf den Höfen marschierten und Uniformen trugen. Es waren immer viele in einer Formation. Manchmal sah ich sie auch in weißen Unterhemden im Dauerlauf „marschieren“. Ich dachte immer: „Mein Gott, die sind so alt wie du, so weit weg von ihrer Heimat und sehen so traurig aus.“

 

1.2 Die Sowjetischen Streitkräfte

 

Die folgenden Informationen sind hauptsächlich dem Werk Torkes entnommen:[27] Gemäß dem Parteiprogramm der KPdSU und Lenins Aprilthesen von 1917 sollte das stehende Heer abgeschafft und durch eine „allgemeine Bewaffnung des Volkes“ ersetzt werden. Nach der Oktoberrevolution vom 7. November 1917[28] wurden alle militärischen Titel, Orden und Dienstabzeichen abgeschafft. Die Truppen sollten sich ihre Vorgesetzten wählen. Am 28. Januar 1918[29] wurde die „Sozialistische Rote Arbeiter- und Bauernarmee“, kurz und im Folgenden „Rote Armee“, gegründet. Geplant war eine Freiwilligenarmee aus der Arbeiter- und Bauernschaft. Noch im Frühjahr 1918 wurde diese Idee aufgegeben und eine reguläre Armee aufgebaut, wobei die besitzenden Schichten von der Dienstpflicht ausgeschlossen waren. Es wurden strenge Disziplinvorschriften erlassen und eine „straff organisierte Militärverwaltung geschaffen“[30]. 1935 wurden die seit der Oktoberrevolution abgeschafften Offiziersränge wieder eingeführt. Seit 1936 war der Armeedienst für alle Pflicht, auch für die bis dahin ausgeschlossenen Bevölkerungskreise der besitzenden Schichten. Für die Durchsetzung der Parteiideologie setzte Iosif V. Stalin[31] ab 1937 politische Militärkommissare ein. Im August 1940 wurden die politischen Militärkommissare kurzzeitig abgeschafft, um nach dem Überfall Deutschlands auf die UdSSR 1941 gleichberechtigt neben dem Kommandeur wieder in das System eingegliedert zu werden. Mit der Wende des Krieges 1942 wurden die Vollmachten der politischen Militärkommissare zurückgenommen. Sie waren nun für den politischen Bereich zuständige Stellvertreter des Kommandeurs. „1942 wurden erste Garderegimenter aufgestellt, 1943 die (alte) Unterteilung in Mannschaften, Unteroffiziere, Offiziere und Generalität wieder eingeführt.“[32]

 

Am 9. Juni 1945 wurde der Befehl Nr. 1 des Oberkommandierenden der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland und des Oberkommandierenden der Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen [GSBT, Anm. d. Verf.] in Deutschland unterzeichnet. Dieses Datum wird als Tag der Bildung der Westgruppe betrachtet.[33]

 

Man benannte noch 1945 die Rote Arbeiter- und Bauernarmee in „Sowjetische Streitkräfte“ um. Diesen Namen trugen die Truppen bis 1991.[34] Danach sprach man von den „Streitkräften der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS)“.[35] Bereits am 25. März 1954 wurde die GSBT in GSSD umbenannt. Die UdSSR weist mit diesem Schritt noch einmal offiziell auf das Ende der Besatzungszeit hin.[36]

 

Mit der Präsenz sowjetischen Militärs bin ich aufgewachsen. Ein wichtiger Aspekt war dabei, dass wir gemeinsam mit meinen Großeltern in einem Haus lebten, welches das letzte in einer Nebenstraße des Dorfes war. Dahinter begannen sofort Felder und Wälder. Aufgrund dieser Lage kam es vor, dass bei uns z. B. manchmal im Winter Offiziere ans Fenster klopften und darum baten, sich aufwärmen zu dürfen. Wir Kinder waren außerdem oft unterwegs, um bei den Soldaten, die bei der Ernte im Spätsommer aushalfen, Abzeichen zu tauschen oder auch nur neugierig und schüchtern ein wenig unsere Russischkenntnisse zu erproben. In meiner Erinnerung ist dabei weniger das Militär als latente Gefahr präsent, sondern die jungen Gesichter der Soldaten. Sie hatten etwas Geheimnisvolles an sich, und ich erinnere mich, dass ich diese Soldaten immer traurig fand. Nun steht diesem verklärten, romantischen Blick aus meiner Kindheit die Tatsache gegenüber, dass ich mich wissenschaftlich mit dem Thema auseinandersetze. Dadurch könnte sich einiges von dem „Geheimnisvollen“ aufklären. In dieser Arbeit geht es mir vordergründig um die Menschen. Nicht zuletzt meine eigenen Erfahrungen haben mich dazu bewogen, mich mit ihrem Leben zu befassen. Vielleicht halfen mir diese Erinnerungen beim Erkunden, Verstehen und Nachvollziehen von Alltagshandlungen.

 

1.3 Fürstenberg/Ravensbrück

 

Fürstenberg/Ravensbrück liegt an der nördlichen Grenze des Landes Brandenburg und zählt heute etwa 4.400 Einwohner.[37]

 

Erstmals 1287 urkundlich erwähnt, blickt Fürstenberg/Havel auf eine interessante Historie zurück. Wohl Mitte des 12. Jahrhunderts errichteten die Markgrafen von Brandenburg auf der Hauptinsel der Stadt eine Burg als vorgeschobenen Stützpunkt auf slawischem Gebiet. In deren Schutz entstand bald eine deutsche Ansiedlung, ein Ort an der Grenzburg, der „vordersten Burg", von den Bewohnern „Vorstenberghe" genannt. Durch ihre Lage an den Grenzen von Mecklenburg und Brandenburg war die Stadt nicht nur Schifferstadt sondern auch Handelsstützpunkt. Bis zum Bau der Schleuse im Jahre 1836 war Fürstenberg/Havel Umschlagplatz für die Waren vom Schiff aufs Fuhrwerk und umgekehrt. Bekannt war es für seine Buttermärkte. Mit dem Bau der „Berliner Nordbahn" im Jahre 1877 verlor die Stadt ihre Bedeutung als Handels- und Umschlagplatz, jedoch entdeckten die Berliner Sommerfrischler Fürstenberg/Havel mit seinen vielen Seen und seiner reizvollen Landschaft. Die Wasserstadt Fürstenberg/Havel entwickelte sich zu einem beliebten Luftkurort und Urlaubsziel.[38]

 

Mehr Informationen sind auf der offiziellen Homepage Fürstenbergs zur Geschichte der Stadt nicht zu finden. Um etwas über die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück zu erfahren, muss man auf deren Homepage bzw. auf literarische Quellen zurückgreifen. Warum das so ist, ist ein weiteres Themenfeld, dem ich mich im Rahmen dieser Arbeit nicht widmen kann.