Future ready People & Culture - Dominique René Fara - E-Book

Future ready People & Culture E-Book

Dominique René Fara

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Beschreibung

Die Hoffnung vieler deutscher Unternehmen, beim Thema Digitalisierung nur mit der Optimierung ihrer Prozesse wettbewerbsfähig zu bleiben, hat sich nicht erfüllt. Dieses Buch macht schonungslos sichtbar, wo wir gerade bezüglich Digitalisierung stehen. Die Autorinnen und Autoren legen die Lupe auf den Personalbereich - einem der unterschätztesten und wichtigsten Bereiche, um die Transformation zu schaffen. Sie zeigen, welche Veränderungen hier bevorstehen und wie Personalbereiche schon jetzt einen erheblichen Beitrag leisten können. Mit zahlreichen Erfolgsgeschichten namhafter Unternehmen und Beiträgen u. a. von Prof Dr. Gunther Olesch, Dr. Holger Schmidt, Laura Bornmann und Johanna Geisler. Inhalte: - Warum Deutschland ein neues Geschäftsmodell braucht - Personalmanagement in das Topmanagement - Rolle des Personalwesens in der digitalen Transformation - Warum HR entscheidend für die Zukunft ist - Menschen im Wandel mitnehmen und Potenziale neu entfachen - Die Auswirkungen agilen Arbeitens auf HR - Recruiting neu gedacht - Best-Practice-Beispiele von Otto Group, Wilo Gruppe, AXA, Fujitsu, Signal Iduna Gruppe, One Swisscom Academy u. a.Die digitale und kostenfreie Ergänzung zu Ihrem Buch auf myBook+: - Zugriff auf ergänzende Materialien und Inhalte - E-Book direkt online lesen im Browser - Persönliche Fachbibliothek mit Ihren BüchernJetzt nutzen auf mybookplus.de.  

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Inhaltsverzeichnis

InhaltsverzeichnisHinweis zum UrheberrechtmyBook+ImpressumGeleitwortHR-Abteilungen in »People & Culture« umzubenennen ist ein guter Start. Das, was dann kommt, ist noch wichtiger!Teil 1:HR als Treiber der Digitalisierung1 Einleitung1.1 Deutschland auf dem Weg ins digitale Zeitalter1.2 HR ist entscheidend für die Zukunft2 Warum Deutschland ein neues Geschäftsmodell braucht2.1 Deutschlands digitale Wettbewerbsfähigkeit2.2 Digitalisierung erhöht den Wettbewerbsdruck2.3 Digitale Produkte und Geschäftsmodelle2.4 Digitale Kompetenzen für die Aufholjagd3 Die Rolle des Personalwesens (HR) in der digitalen Transformation3.1 Einleitung und Hintergrund3.2 Vorgehen3.3 Bedeutung der digitalen Transformation und Position innerhalb der Unternehmensbereiche3.4 Rolle und Aufgaben von HR in der digitalen Transformation3.5 Fazit4 Future ready People & Culture 4.1 Zentrale Einflüsse auf Unternehmen4.1.1 Neue Geschäftsmodelle4.1.2 New Work4.1.3 Demografie4.1.4 VUCA und BANI4.2 Unternehmen als komplexe Systeme4.3 Vier HR-Konzepte und ihre Tauglichkeit für die Zukunft4.3.1 Get-Keep-Grow-Modell4.3.2 Das Generationenmodell4.3.3 Das Lebensphasenmodell4.3.4 Der Employee Life Cycle4.4 People & Culture – ab in die Zukunft!4.4.1 Ein neues Bild: Wenn Ameisen uns in die Zukunft führen4.4.2 Das Ameisen-ModellTeil 2:Beispiele aus derPraxis5 New HR5.1 Alles OKiDoki bei AXA – Wie OKRs dabei helfen, unsere Teams zu empowern und fokussierter zu arbeiten5.2 Personalmanager:innen in das Top-Management5.3 Der »CIC« zum agilen HR bei Wilo5.4 Data beats opinion – Mit Learning Analytics bessere Entscheidungen treffen6 New Competence6.1 Wie Drachen digitale Geschäftsmodelle vorantreiben6.2 Digitale Kompetenzentwicklung: Einfach mal anfangen6.3 Lernkultur als Schlüsselaspekt einer resilienten Organisation – die Otto Group7 New Leadership7.1 Corporate Mindfulness: Wie man sich in der digitalen Transformation nicht selbst verliert7.2 Sinn und Digitalisierung als Chance des Mittelstandes7.3 Pontifex Digitalis – Die Führungskraft als Brückenbauer zwischen alter und neuer Welt7.4 Wenn HR (uns) alle angeht7.5 Menschen im Wandel mitnehmen und Potenziale einfach entfalten7.6 New Bonus – Potenziale entfalten8 New Collaboration8.1 Digitale Transformation und Betriebsverfassung8.2 Bitte anschnallen: Die Auswirkungen agilen Arbeitens auf HR8.3 Warum ich mein Projekt heimlich ›Dumbo‹ nenne?8.3.1 Das Problem8.3.2 Der Traum8.3.3 Die Lösung8.3.4 Was wir gelernt haben8.3.5 Der Ausblick8.4 Co-Creation als Transformationstreiber für Human Ressources (HR)9 New Recruiting9.1 Recruiting neu gedacht9.2 Digitalisierung der Recruitingprozesse im Handelsunternehmen REWE Dortmund9.3 GenZ im Arbeitsmarkt: GenZ-Gründer teilen ihre Erfahrung9.4 Mit authentischen Corporate Influencer:innen die besten Talente gewinnenEin AppellStichwortverzeichnis

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InhaltsubersichtCoverTextanfangImpressum
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Graphik und Design: Maren Haimhof in Kooperation mit Karin Wiesenthal. Verwendetes Tool: Flipchart Kit (Flipchart-KIT - Workshop24.org)

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Print:

ISBN 978-3-648-16947-6

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ISBN 978-3-648-16949-0

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Dominique René Fara (Hrsg.)

Future ready People & Culture

Juni 2023

© 2023 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg

www.haufe.de

[email protected]

Bildnachweis (Cover): Grafik von Simon Lee auf Unsplash

Produktmanagement: Dr. Bernhard Landkammer

Lektorat: Peter Böke, Berlin

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

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Sollte dieses Buch bzw. das Online-Angebot Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte und die Verfügbarkeit keine Haftung. Wir machen uns diese Inhalte nicht zu eigen und verweisen lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung.

Geleitwort

Dr. Michael Trautmann

HR-Abteilungen in »People & Culture« umzubenennen ist ein guter Start. Das, was dann kommt, ist noch wichtiger!

Unsere Art zu arbeiten muss sich weiter verändern

Die Corona-Krise hat uns gezeigt, dass sich unsere Art und Weise zu arbeiten in vielen Bereichen zeitlich und räumlich entkoppeln lässt. Eine Flut neuer Software-Tools hat viele der sogenannten Wissensarbeiter:innen, zu denen die 30 Autor:innen dieses Buches und auch ich gehören, dabei geholfen, selbstbestimmter, effektiver und effizienter zu arbeiten. Für viele scheint der Eindruck entstanden zu sein, dass uns damit die Digitalisierung bereits gelungen ist. Der immer noch andauernde Krieg in der Ukraine und die sich daraus ergebenden Veränderungen unter anderem in der Sicherheits-, Wirtschafts- und Energiepolitik haben uns jedoch schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Fest steht: Wir können uns nicht auf unserer Geschichte und dem damit verbundenen wirtschaftlichen Aufstieg der letzten fast 80 Jahre ausruhen.

Die großen Herausforderungen bleiben. Das vorliegende Buch lenkt den Fokus auf eine aus wirtschaftlicher Sicht zentrale Herausforderung. Deutschland hat ein Digitalisierungsproblem. Angefangen bei der leidigen Diskussion um den stockenden Breitbandausbau über die notwendigen Skills bis hin zu den disruptiven Geschäftsmodellen. Wir sind in allen Bereichen zu langsam. Und während wir uns um die Grundlagen sorgen, schwappt seit Wochen eine Welle von AI-Tools zu uns rüber, die uns vor weitere Herausforderungen stellen wird. ChatGPT ist nur der Anfang. Die ersten Studierenden nutzen bereits die mangelnden Reaktionsgeschwindigkeiten ihrer Hochschulen und lassen sich von ChatGPT bei ihren Klausuren und Hausarbeiten »helfen«. Zeitgleich realisieren die weiter oben erwähnten Wissensarbeiter:innen, dass es vielleicht doch nicht die Lkw-Fahrer:innen sind, die als Erste ihre Jobs verlieren werden, sondern dass die Künstliche Intelligenz vor allem die Jobs in den Büros verändern wird und viele von diesen Jobs schlicht wegfallen werden.

Die Probleme und die Chancen sind schon lange bekannt

Der Philosoph Frithjof Bergmann sah bereits in den 1980er Jahren die für die Zukunft erwarteten technologischen Umbrüche als eine große Chance dafür, Arbeit anders zu organisieren. Die von ihm gegründete New-Work-Bewegung suchte unter anderem nach Antworten auf die folgenden Fragen:

Welchen Einfluss haben neue Technologien auf unsere Arbeit?

Wie können wir unsere Arbeit mithilfe von Technologien anders organisieren?

Wie können wir monotone Routinetätigkeiten reduzieren?

Wie können wir mehr Zeit mit sinnstiftender Tätigkeit verbringen?

Es ging Bergmann also vor allem um unsere Haltung zu neuen Technologien und darum, wie wir mit der verbundenen Veränderung oder einer möglichen Veränderung umgehen sollten.

Die Veränderungen kommen schneller und sie sind bedeutender, als wir ahnen

In seiner Einschätzung der großen Veränderungsdynamik zahlreicher neuer Technologien auf unser Leben wurde und wird Bergmann immer wieder bestätigt. Das McKinsey Global Institute übersetzt diese Einschätzung in Zahlen: »Verglichen mit der Industriellen Revolution vollzieht sich dieser Wandel nach unseren Schätzungen zehnmal schneller und in 300-mal größerem Ausmaß, das heißt mit etwa 3.000-mal größeren Auswirkungen.« In einer Studie aus dem Jahr 2017 prognostiziert McKinsey, dass bis 2030 nahezu 800 Millionen Jobs wegfallen beziehungsweise durch Maschinen übernommen werden. 2021 kommt McKinsey zu der Einschätzung, dass in Deutschland bis 2030 fast vier Millionen Beschäftigte von einem Jobwechsel betroffen sein könnten. In Deutschland stünden insgesamt ungefähr 10,5 Millionen Arbeitnehmer:innen vor massiven Veränderungen und 6,5 Millionen davon müssten weitergebildet werden.

Deutschland verliert weiter im internationalen Vergleich

Wir haben keine Zeit mehr zu warten, wir müssen jetzt handeln. Im Jahr 2022 ist Deutschland im »Digital Competitiveness Ranking« des Schweizer IMD auf Rang 19 von 63 Ländern, die bewertet wurden, zurückgefallen. In allen drei Kategorien (Technologie, digitales Wissen und Future Readiness), die gemessen wurden, hat Deutschland in den vergangenen sechs Jahren an Boden verloren. Worum es aktuell geht, fasst Holger Schmidt für uns in drei Punkten zusammen. Wir brauchen in zahlreichen Branchen neue Geschäftsmodelle. Die Digitalisierung bildet dazu ein notwendiges Fundament. Eine Transformation unserer Bildung wird unumgänglich sein. Kurz: Es geht um eine digitale Kompetenz für die Aufholjagd.

Der Mensch steht im Mittelpunkt – Die Personalabteilungen werden wichtiger

Im Kern der notwendigen Transformation stehen nicht einzelne Prozesse oder Technologien, sondern es geht um die Transformation der Menschen, die den notwendigen Wandel gestalten müssen. Der Personalbereich kann dabei eine wichtige Rolle spielen. Die Autor:innen in diesem Buch sind sich einig: Es muss eine zentrale Rolle sein, damit die Menschen die Transformation ins digitale Zeitalter schaffen können. Die Personalbereiche werden darüber mitentscheiden, ob wir in Zukunft, wo immer es geht, agiler arbeiten und ob sich Führungsstile und Führungskompetenzen so entwickeln, wie wir es brauchen. Sie haben auch einen Einfluss darauf, ob die notwendigen Kompetenzen der Zusammenarbeit in Teams vermittelt werden. Sie sind wichtige Akteure, wenn Change gelingen soll.

Es geht auch um eine transparente und ehrliche Selbsteinschätzung, denn, so sind sich die Autor:innen sicher, die Personalabteilungen der meisten Unternehmen in unserem Land zählen noch nicht zu den Treibern des Fortschritts. Die gute Nachricht, so haben Steffen Kinkel und Sebastian Beiner vom Institut für Lernen und Innovation in Netzwerken (ILIN) in einer Befragung herausgefunden, die Personalabteilungen werden als strategischer Partner für den notwendigen Wandel wahrgenommen, mehr als sie sich selber dort bisher sehen. Die Botschaft: Auf geht’s!

Die Praxisbeispiele machen Mut

Anhand ganz konkreter Beispiele zeigen die Autor:innen auf, wie sich der Personalbereich neu aufstellen kann, um damit die Voraussetzungen zu schaffen, damit der Wandel gelingt.

Philip Junker und Jessica Werner von AXA AG stellen vor, wie es dem Unternehmen gelungen ist, seine Teams durch den Einsatz von OKRs zu empowern und außerdem eine fokussierte Art des Arbeitens zu etablieren.

Gunther Olesch zeigt auf, wie es gelingen kann, mehr HR-Manager:innen hin zu Mitgliedern des Top-Managements zu entwickeln.

Eveline Swientek von der Wilo SE beschreibt, wie agile Methoden helfen können, HR-Produkte und -Prozesse kundenorientierter aufzusetzen.

Emmerich Stoffel von der Swisscom legt in seinem Beitrag den Fokus auf das Thema Lernen und wie uns dabei »Learning Analytics« helfen können, die Lerngeschwindigkeit zu erhöhen und die Qualität des Lernens zu verbessern, um so bessere und relevantere »Learning Journeys« entwickeln zu können.

Die Ideen- und Herausgeber:innen für dieses Buch – Dominique René Fara und Claudia Fischer erzählen uns, wie sie mithilfe von »Drachen« digitale Geschäftsmodelle vorantreiben.

Julia Küting und Nina Habenstein von der Wilo-Gruppe schärfen unseren Blick für das Thema Kompetenzbildung.

Inge Könneker und Antonia Schmidt berichten über die Lernkultur als einen Schlüsselaspekt für eine resiliente Organisation am Beispiel der Otto Gruppe.

Der Coach Michael Löwen gibt uns ein eindringliches Plädoyer für das Thema »Corporate Mindfulness«, als Schutzmechanismus in der digitalen Transformation.

Christian Beckmann von der Reline UV Gruppe stellt uns das Zusammenwirken von Sinn und Digitalisierung als Chance für den Mittelstand vor.

Anke Hirning von Hewlett Packard beschreibt die Rolle der Führungskraft als Brückenbauer zwischen der alten und der neuen Welt.

Lars-Thorsten Sudmann von bloola hat die Corona-Krise zusammen mit seinen Kolleg:innen genutzt, eine neue Firmenkultur zu etablieren.

Felicitas Birkner von Fujitsu sieht die Potenzialentfaltung der Menschen als Chance, sie im Wandel mitzunehmen.

Sven Myland von der Stadtwerke Jena Gruppe zeigt auf, wie ein neues Bonussystem helfen kann, die Potenziale der Menschen zu entfalten.

Der Anwalt Philipp Wiesenecker bietet uns einen Einblick in die rechtlichen Rahmenbedingungen und stellt die Frage, welche Rolle die Betriebsverfassung für die digitale Transformation spielt.

Tobias Vögele glaubt, dass sich die Personalmanager:innen »anschnallen« müssen, und er gibt dafür zahlreiche Beispiele.

Patricia Seeliger von der GIZ nennt ihr Projekt »Einführung einer Talent Management Suite« heimlich »Dumbo«, na ja, bevor das Buch erschien, war es heimlich. Ihre Frage? Wie lernt ein Elefant eigentlich fliegen?

In ihrem zweiten Beitrag teilt Felicitas Birkner von Fujitsu ihre Erfahrungen zum Thema Co-Creation und seine Bedeutung als Transformationstreiber für die Human Ressources.

Johanna Geisler beschreibt den Einfluss von Plattformen wie Bumble (!), WhatsApp und Co. auf die Talentgewinnung und dass diese sie sogar auf ein neues Level heben können.

Eva Fischer beschreibt ihre Learnings, die sie im Rahmen der Digitalisierung der Recruitingprozesse im Handelsunternehmen REWE Dortmund gewonnen hat.

Als Vertreter der GenZ geben uns Eike Czada und Jan Michalczonek von Twentyone Studios einen Einblick, wie ihre Generation auf den Arbeitsmarkt blickt und sich dort einbringt.

Laura Bornmann von Startup Teens & GenZ Talents spricht aus ihrer Erfahrung als Corporate Influencer und fragt, welchen Beitrag diese für die Gewinnung der besten Talente haben können.

Starten, statt warten!

So lautet der abschließende Appell des Herausgebers. Recht hat er, aber ich bin davon überzeugt, dass dieses Buchprojekt dazu beitragen wird, den Personalbereich als zentralen Treiber der Digitalisierung zu positionieren und somit einen wichtigen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit deutscher Unternehmen zu leisten. Ich wünsche Ihnen viel Freude und noch mehr ganz konkrete Umsetzungsideen beim Lesen dieses Werkes.

Teil 1:HR als Treiber der Digitalisierung

1 Einleitung

Dominique René Fara, Tree Consulting GmbH

Dominique René Fara

Dominique René Fara, Inhaber und Geschäftsführer der Tree Consulting GmbH, startete im Jahr 2000 studiumsbegleitend in der Unternehmensberatung seines Vaters. Nach seinem Studium arbeitete Dominique in unterschiedlichen Positionen des Personalbereichs, davon zwölf Jahre in Führungspositionen. 2013 übernahm Dominique den Bereich People Development der WILO SE für die Themen Personal- und Führungskräfteentwicklung, Change Management, Coaching und Wissensmanagement. Nach neun Jahren in dieser Position wagt er den Schritt in die Selbstständigkeit. So begleitet er heute Menschen und Organisationen auf dem Weg der digitalen Transformation. Dabei ist er zutiefst davon überzeugt, dass Menschen Erfüllung finden, wenn sie über sich hinaus wachsen.

1.1 Deutschland auf dem Weg ins digitale Zeitalter

Es heißt, wenn ein Frosch in heißes Wasser springt, merkt er sofort, wie gefährlich das für ihn ist, und er springt instinktiv wieder heraus. Gerät ein Frosch allerdings in kaltes Wasser, das langsam erhitzt wird, so merkt er das zu spät und schafft es nicht mehr, das Wasser zu verlassen.

Diese Geschichte erinnert mich immer an Deutschland auf dem Weg ins digitale Zeitalter. Unser Land ist irgendwann in den Tümpel mit dem angenehm kühlen Wasser gesprungen. Das waren die Firmen, die im Industriezeitalter gemerkt haben, wie man mit Prozessen und Qualität schnell den Markt für sich gewinnen konnte. Schon Reinhold Würth wusste »die Schnellen fressen die Langsamen«.1

Die Firmen in Deutschland haben die Umgebung in Windeseile ausgekundschaftet und aufgebaut, was aufzubauen ging. Kleine Unternehmen wurden zu Weltmarktführern, wuchsen und breiteten sich aus. Dieses kleine Land – Deutschland – machte sich die notwendigen Stärken dieser Zeit so zu eigen, dass es regelmäßig zum Exportweltmeister wurde.

Der Erfolg in diesem »Teich« und unsere Geschäftigkeit in den einzelnen Prozessschritten, die wir so gut auf uns abgestimmt haben, lässt uns nicht mehr spüren, dass die Wassertemperatur kontinuierlich steigt.

Amerika und Asien sind mit einer Geschwindigkeit auf dem Weg ins digitale Zeitalter, die wir in Deutschland noch im Industriezeitalter hatten. Doch wir sind noch immer in dem alten Teich und merken gar nicht, wie heiß es langsam um uns herum wird und wie gefährlich der Verbleib im Industriezeitalter geworden ist. Wir spüren gar nicht, wie die Hitze ansteigt, weil wir heute noch ernten können, was wir im Industriezeitalter gesät haben.

Wenn es um die Digitalisierung geht, fokussieren viele Firmen in Deutschland immer noch auf die Digitalisierung von Prozessen. Das alte Geschäftsmodell tut es ja noch.

Wir müssen dringend den Sprung in den neuen »digitalen« Teich schaffen, die Kompetenzen des digitalen Zeitalters erlernen, unsere Unternehmensstrukturen auf die veränderten Rahmenbedingungen anpassen, neue Geschäftsmodelle aufbauen und wieder Geschwindigkeit aufnehmen. Der neue Teich muss erkundet und Territorien erschlossen werden. Wir müssen dringend wieder neu säen. Denn im neuen Teich gelten andere Bedingungen, um zu einer erfolgreichen Ernte zu kommen.

Heißt das, wir müssen alle Geschäftsmodelle, die in dem alten Teich funktioniert haben, hinter uns lassen? Nein, das heißt es auf keinen Fall. Die bestehenden Geschäftsmodelle werden uns noch für eine Weile tragen müssen. Und clever ist es sogar, wenn unsere neuen Geschäftsmodelle die bisherigen auf einer anderen, höheren Ebene veredeln können.

Dieses Buch macht schonungslos sichtbar, wo wir gerade bezüglich Digitalisierung stehen, es hält die Lupe über den Personalbereich. Jetzt werden sich einige fragen, warum gerade auf den Personalbereich? Es ist einer der aktuell besonders unterschätzten und wohlmöglich wichtigsten Bereiche, um die Transformation in die Zukunft zu schaffen. Deswegen möchten wir aufzeigen, welche Veränderung hier bevorsteht und wie andere Personalbereiche schon heute einen erheblichen Beitrag leisten können.

Aber starten wir ganz von vorne …

1.2 HR ist entscheidend für die Zukunft

Im Jahre 1764 wurde die Spinning Jenny entwickelt. Plötzlich musste am Webstuhl nicht mehr nur ein Faden gesponnen werden, sondern acht Fäden konnten gleichzeitig durch eine Arbeitskraft entstehen. Damit konnte eine Arbeitskraft die Arbeit von acht Personen verrichten. Nur fünf Jahre später (1769) wurde die erste effektive Dampfmaschine entwickelt. Jetzt brauchte keine Person mehr am Webstuhl zu sitzen, um den Faden zu spinnen. Stoffe wurden erstmalig für jeden Geldbeutel verfügbar.

Viele Menschen bekamen Angst, weil ihre bisherigen Kompetenzen auf die alte Methode zur Erstellung der Stoffe ausgerichtet war. Würden sie nun überhaupt noch gebraucht? Sie protestierten gegen die dampfbetriebenen Webmaschinen, weil sie ihnen die Arbeit wegnahmen. Ähnlich erging es Landarbeiter:innen, deren Tätigkeit von Feldmaschinen abgelöst wurde. Es wurden Menschen gebraucht, die andere Kompetenzen hatten.

Wie hilfreich wäre es für eine Weberfamilie gewesen, wenn jemand ihnen beigebracht hätte, wie automatische Webstühle aufgestellt und betrieben werden? Vielleicht hätte der Unternehmer seine ausgebildeten Weberinnen weiterbeschäftigt, wenn er ihnen neue Jobs hätte geben und sie Schritt für Schritt durch diese Transformation begleitet könnte? Wie erfolgreich wäre der neue Weberbetrieb geworden, wenn die Eigentümer genau die richtigen Arbeitskräfte gesucht hätten, die über die Zukunftskompetenzen bereits verfügen? Vielleicht hätten sie dann sogar selbst frühzeitig ein Kohlevorkommen erschlossen, um die Energie nicht immer nur zukaufen zu müssen. Vielleicht hätten die Unternehmen ihr Geschäftsmodell sogar dadurch erweitert, dass sie dann Kohle auch an andere verkaufen könnten.

Die oben beschriebene Industrielle Revolution hat den Menschen viel abgefordert, und es war keineswegs ausgemacht, dass die bisher erfolgreichen Organisationen auch in der Zukunft mithalten konnten. Ähnlich ist es heute. Wir befinden uns im Übergang zu einem neuen Zeitalter. Alte Geschäftsmodelle werden weniger lukrativ, während neue entstehen, welche die Welt, wie wir sie bisher kannten, aus den Angeln zu heben scheinen.

Amazon, Apple, Google sind uns allen bekannt. Sie revolutionierten die Märkte und skalieren ihr Geschäftsmodell dabei auf eine so rapide Weise, dass die Mehrheit der Mitbewerber:innen verdrängt wurde. Das schnelle Skalieren erwies sich als Erfolgsmodell. In diesem Zusammenhang ist Kodak ein häufig angeführtes, anschauliches Beispiel für ein Unternehmen, das mit Innovationsstärke als erstes Unternehmen die Digitalkamera erfand. Die Skalierung und den Markt übernahmen jedoch andere. Auch in Deutschland sehen wir seit vielen Jahren eine »Trägheit in der Skalierung«. Ein Beispiel zeigt recht plakativ, welche Folgen diese Trägheit haben kann. Amazon baut das größte Kaufhaus der Welt über einen komplett neuen Weg, während hierzulande in regelmäßigen Zyklen versucht wird, zum Beispiel Karstadt mit staatlichen Hilfen zu retten, damit die Menschen nicht auf der Straße stehen. Seit Mitte März 2023 wissen wir nun, dass diese wiederholten Rettungsversuche gescheitert sind. Damit ist nicht gemeint, dass die Menschen im Stich gelassen werden sollen, im Gegenteil: Es ist wichtig, ihnen dabei zu helfen, einen neuen Weg zu finden. Aber es bringt wenig, an veralteten Geschäftsmodellen festzuhalten. Vielleicht gibt es einen Grund, warum das Unternehmen immer wieder gerettet werden muss? Deutschland ist mit seinen klugen und weltweit führenden Köpfen in Bedrängnis geraten und immer mehr Unternehmen wie Mitarbeitende denken um. Und genau darin liegt der Schlüssel:

Der Grundstein für eine erfolgreiche Transformation ist die Veränderung in den Köpfen der arbeitenden Menschen. Dabei spielen die Entscheidungsträger:innen natürlich eine wichtige Rolle. Dennoch muss sich jede Person bewegen, statt darauf zu warten, dass das Top-Management vor geht. Jede Person auf jeder Ebene ist für diese Transformation mitverantwortlich.

Genau diese Aufgabe liegt zu großen Teilen im Personalbereich, der in der Vergangenheit im Kern drei Ziele hatte. Es ging darum, die richtigen Menschen für die eigene Organisation zu finden, die bestehende Mannschaft für eine erfolgreiche Zukunft zu entwickeln und sie an die Organisation zu binden.

Abb. 1:

Kernziele für den Personalbereich

Diese drei Kernziele sind heute ebenso wichtig wie in den vergangenen industriellen Revolutionen. In den Kapiteln 2 und 3 zum digitalen Wandel in Deutschland wird mehr als deutlich, dass es heute oft noch viel herausfordernder ist, die richtigen Leute mit den richtigen Kompetenzen zu finden. Der Konkurrenzdruck auf dem Arbeitsmarkt hat massiv zugenommen. Um so entscheidender werden in Folge somit die Kernaufgaben: Entwickeln und Binden.

Besonders die Entwicklung eines zukunftsweisenden Führungsverständnisses, die Einführung neuer Arbeitsmethoden oder sogar neuer Teamstrukturen kann eine kulturverändernde Wirkung haben. Ist eine Firma im Industriezeitalter groß geworden, sind diese Veränderungen besonders wichtig und zugleich herausfordernd. Auch für die Bewältigung dieser Transformation ist der Personalbereich eine entscheidende Größe.

Zusammengefasst kann man sagen: Wir sind auf dem Weg in ein neues Zeitalter. Die sogenannte »digitale Transformation« wird viel zu häufig in die Ecke der neuen Technologie geschoben. Viel entscheidender als das Wort »digital« ist das Wort »Transformation«. Auch die Weberfamilie hat nicht einfach neue Webstühle angeschafft und wurde erfolgreich. Die Veränderung musste in den Köpfen der Menschen stattfinden. Es brauchte damals wie heute ganz neue Fähigkeiten.

Viele Tätigkeiten werden wir als Menschen nicht mehr durchführen müssen. Dafür benötigen wir den Blick auf neue Arbeitsweisen, neue Strukturen und neue Geschäftsmodelle. Darum braucht es jetzt einen aktiven und proaktiven HR-Bereich, der eine führende Rolle in der Transformation übernimmt und selbst wie eine Unternehmerin oder ein Unternehmer denkt.

1 Helge Timmerberg (2020): Reinhold Würth: Der Herr der Schrauben . München: Piper.

2 Warum Deutschland ein neues Geschäftsmodell braucht

Dr. Holger Schmidt, TU Darmstadt

Dr. Holger Schmidt

Dr. Holger Schmidt beschäftigt sich seit zwei Jahrzehnten mit der digitalen Ökonomie. Heute lehrt er digitale Transformation und Plattformökonomie an der TU Darmstadt und ist Berater des »The Original Platform Fund«.

Unterschätzung von digitalen Geschäftsmodellen

digitales Geschäftsmodell»Amazon verdient doch kein Geld – die werden sich nicht durchsetzen« war wahrscheinlich die größte Fehleinschätzung deutscher Händler:innen in der ersten Dekade dieses Jahrhunderts. »Tesla ist keine Bedrohung für die deutsche Industrie. Schließlich haben wir das Auto erfunden« ist der Anwärter auf den Titel der größten Irrtümer der zweiten Dekade. In der aktuellen dritten Dekade zählt »Die Menschen wollen keine autonomen Autos, sondern selber fahren« zu den Top-Favoriten.

DisruptionAlle drei digitalen Disruptionen – Plattformökonomie, Software als Innovationstreiber des Autos und autonome Fahrzeuge – haben wir in Deutschland falsch eingeschätzt. Daher waren wir nicht vorbereitet und laufen nun der Entwicklung mühsam hinterher. Diese drei Irrtümer stehen symbolisch für eine Serie von Fehlern, die meist darin bestanden, digitale Geschäftsmodelle wie die Plattformen zu unterschätzen, eigene Digitalprojekte nicht zu skalieren und generell die digitale Transformation nicht mit der nötigen Konsequenz zu verfolgen.

Heute lässt sich festhalten: Die Hoffnung vieler deutscher Unternehmen, als »risikoscheue Standarddigitalisierer« nur mit der Optimierung ihrer Prozesse wettbewerbsfähig zu bleiben, hat sich nicht erfüllt.

Abb. 1:

Umfrage unter Entscheider:innen in deutschen Unternehmen (Quelle: Kearney/DGMF 2020)

Die Wirtschaftsgeschichte ist zwar voller Irrtümer, aber selten hatten diese so schnell so schwerwiegende Folgen wie in der Digitalisierung. Während der Digitalsektor in den USA inzwischen 12 % zum Bruttosozialprodukt beiträgt und die digitalen Superstars aus dem Silicon Valley als Wachstumslokomotiven für die gesamte Volkswirtschaft dienen, haben wir in Deutschland in den vergangenen 25 Jahren keinen digitalen Weltmarktführer aufgebaut. Die Digitalbranche trägt nur 4 % zum BIP bei und die Digitalumsätze der etablierten Unternehmen sind weiterhin gering.

Die Auswirkungen belasten die deutsche Wirtschaft aber stärker als das »Verschenken« einiger Digitalmärkte. Da Konkurrenten in den USA oder Asien das Digitale oft schneller adaptiert haben, sind viele unserer Wettbewerbsvorteile auch in klassischen Vorzeigebranchen zusammengeschmolzen. Das beginnt in der Produktion, in der Industrie-4.0-Technologien den Konkurrenten aus Asien oder Amerika größere Produktivitätssprünge gebracht haben, ist aber noch deutlicher auf der Produktebene sichtbar, auf der immer häufiger die Software oder das Geschäftsmodell über den Erfolg entscheiden. Bestes Beispiel ist die Automobilindustrie: Wenn Unternehmen wie Tesla, Nio oder BYD ähnlich gute Autos bauen wie Mercedes oder BMW, zusätzlich aber Vorsprünge in der Software, dem autonomen Fahren, der Batterietechnik und der Ladeinfrastruktur herausgearbeitet haben, dann sollte dies auch anderen Branchen als Mahnung dienen, sich seriös auf digitale Konkurrenten vorzubereiten.

Twin-Transformation: Digital & Sustainable

TransformationFast ein Jahrzehnt nach Angela Merkels »Neuland«-Spruch fremdeln wir immer noch mit dem Digitalen. Ein Aufholprozess in den kommenden Jahren ist unvermeidlich, um wieder wettbewerbsfähig zu werden und gleichzeitig die Infrastruktur für die ebenfalls notwendige ökologische Transformation aufzubauen, die unsere Abhängigkeit von fossilen Energieträgern (und deren Lieferanten) senken und gleichzeitig das Klima schützen soll.

Der politische und ökologische Zwang zur DekarbonisierungDekarbonisierung erfordert ebenfalls einen schnellen technischen Fortschritt, der parallel zur Digitalisierung gedacht werden muss. Rund drei Viertel der Unternehmen großer Branchen verknüpfen diese beiden Transformationen inzwischen miteinander, zeigt eine Deloitte-Studie.2 Diese Verknüpfung wird helfen, den technischen Fortschritt in den »Climate Techs« zu steigern. Denn bis heute haben nur eine Handvoll sauberer Technologien wie Silizium-Solarzellen, Onshore-Windturbinen oder Lithium-Ionen-Batterien den Sprung aus den Labors in den Massenmarkt geschafft. Oft hat es Jahrzehnte gedauert, bis sie eine relevante Größenordnung erreicht hatten, um die Emissionen weltweit reduzieren zu können. Diese Fristen müssen verkürzt werden, wenn die Welt eine Chance haben soll, die globale Erwärmung auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.

Die dafür notwendigen Energietechnologien für die Stromproduktion, Verkehr, Industrie und Gebäude erfordern ein digitales Fundament, zum Beispiel für eine intelligente Verkehrssteuerung, Smart Grids und Smart Meter oder digitale Zwillinge in der Produktion. Dieses digitale Fundament ist in Deutschland vielfach noch nicht vorhanden und sollte Teil jeder digitalen Transformation in den Unternehmen werden.

2.1 Deutschlands digitale Wettbewerbsfähigkeit

Deutschland auf Rang 19

digitale WettbewerbsfähigkeitWettbewerbsfähigkeitDas Aufholen ist keine Aufgabe nur für die Wirtschaft, sondern für das ganze Land, denn das Fremdeln mit dem Digitalen zeigt sich deutlich in der digitalen Wettbewerbsfähigkeit. Im »Digital Competitiveness Ranking« des Schweizer IMD3 ist Deutschland im Jahr 2022 auf Rang 19 unter 63 bewerteten Ländern zurückgefallen. Bewertet wurden die Kriterien Technologie, digitales Wissen und »Future Readiness« – und in allen drei Kategorien hat Deutschland in den vergangenen sechs Jahren an Boden verloren.

Abb. 2:

Die Entwicklung von Deutschlands digitaler Wettbewerbsfähigkeit unter 63 Ländern (2016 und 2022) (Quelle: IMD 2022)

Besonders drastisch sieht die Einstufung in der digitalen Technologie aus, in der es für Deutschland nur noch zu Rang 27 reicht. Beim digitalen Wissen geht es ebenfalls bergab, allerdings auf einem höheren Niveau. Rang 11 lautet die aktuelle Einstufung, da die Universitäten gut ausbilden, aber die digitalen Skills in der Bevölkerung im internationalen Vergleich auf den hinteren Plätzen landen. Ebenfalls bergab geht es mit der Bewertung der Future Readiness: Inzwischen erreicht Deutschland nur noch Rang 19, da Bewertungsfaktoren wie der Einsatz von Big Data / Analytics im internationalen Vergleich eher schwach eingestuft werden.

Die geringe Wettbewerbsfähigkeit spiegelt sich in der Entwicklung der Börsenkurse. Mitte 2022 befindet sich erstmals kein deutsches Unternehmen mehr unter den 100 wertvollsten Firmen der Welt. Ausgerechnet SAP, einziges deutsches Techunternehmen von Weltrang, ist als letzter Vertreter aus den Top-100 herausgefallen.

Die Entwicklung hat sich lange abgezeichnet: Europas Anteil an den Werten aller börsennotierten Unternehmen ist seit 2007 von 40 auf inzwischen nur noch 15 % gefallen, während die USA und China vor allem aufgrund erfolgreicher Digitalunternehmen in diesem Zeitraum kräftig zugelegt haben. Das ist kein Zufall, lässt sich das Jahr 2007 doch als den Beginn des Siegeszugs der Plattformunternehmen festlegen: Apple hat 2007 das iPhone auf den Markt gebracht, Google wenig später seinen App-Store gelauncht, Amazon seine Marktplatz-Strategie international ausgerollt und Facebook sich für alle Nutzer geöffnet. Die vier strategischen Schritte haben das Wachstum dieser Unternehmen enorm beschleunigt und ihre Börsenwerte vervielfacht.

Abb. 3:

Anteile an Werten der börsennotierten Unternehmen (Quelle: Economist 2021)

Parallel haben Alibaba oder Tencent in China ähnlich spektakuläre Entwicklungen vollzogen, die maßgeblich zum Bedeutungszuwachs Chinas an den Börsen beigetragen haben. In Europa fehlen diese digitalen Champions weitgehend. Von den 23 Digitalunternehmen unter den Top-100 stammen 16 aus den USA, sechs aus Asien und eines (der niederländische Unternehmen ASML, das Maschinen für die Chipproduktion herstellt) aus Europa, zeigt eine EY-Untersuchung, die folgendes Fazit zieht: »Die USA geben eindeutig den Ton an. Viele dieser Tech-Unternehmen sind hochprofitabel und treiben die Digitalisierung der Wirtschaft und aller Lebensbereiche mit Macht voran. Als Gestalter dieses technologischen Wandels spielen allenfalls noch asiatische Konzerne eine Rolle – europäische Konzerne hingegen kaum, und das spiegelt sich im Börsenranking deutlich wider«.

2.2 Digitalisierung erhöht den Wettbewerbsdruck

Die zögerliche DigitalisierungDigitalisierung vieler Unternehmen hat der Konkurrenz die Tür geöffnet – auch in klassischen Märkten. Tesla oder BYD drängen in den AutomobilmarktAutomobilmarkt, Booking.com und Airbnb in den Reisemarkt, Microsoft oder Google in den Maschinenbau, Amazon oder DocMorris in den Pharmamarkt.

In den Märkten, in denen der technische Fortschritt bessere Angebote hervorbringt und die Regulierung immer mehr Digitalisierung ermöglicht, wird der Wettbewerbsdruck weiter steigen. Diesen Druck spüren immer mehr Unternehmen – aus unterschiedlichen Richtungen: 52 % der Unternehmen in Deutschland registrieren einen steigenden Wettbewerbsdruck von Konkurrenten aus der eigenen Branche, die früher digitalisiert haben. Schon mehr als 60 % spüren den Atem der digitalen Angreifer aus fremden Branchen, vor allem der Digitalbranche, die mit ihrem digitalen Wissen in ihre Branche eindringen.

Abb. 4:

Umfrage unter repräsentativen Unternehmen in Deutschland zum Wettbewerbsdruck durch digitale Technologien (Quelle: Bitkom 2022)

Jahr für Jahr legen diese Werte weiter zu: Das E-Rezept wird den Online-Apotheken weiter in die Hände spielen, die Smart Meter den digitalen Energieplayern und das autonome Auto den Mobilitätsplattformen.

Mit dem Vordringen der digitalen Technologien geraten immer mehr Unternehmen, die sich noch in einer vermeintlichen Komfortzone wähnen, unter Zugzwang oder verpassen Chancen. Zwei Drittel der deutschen Unternehmen sehen sich heute als digitale Nachzügler, während gleichzeitig der Anteil der Unternehmen, die sich selbst als Vorreiter sehen, auf 32 % gefallen ist, zeigt eine Repräsentativumfrage des Hightech-Verbandes Bitkom.4

2.3 Digitale Produkte und Geschäftsmodelle

digitales GeschäftsmodellViele Unternehmen stellen sich die Frage, wie eine offensive digitale Transformation aussehen sollte, die über Prozessverbesserungen hinausgehen könnte. Vor allem mit der Entwicklung neuer digitaler Produkte und digitaler Geschäftsmodelle tun sich die Unternehmen oft noch schwer. Nur 10 % der Unternehmen in Deutschland haben bisher neue digitale Produkte auf den Markt gebracht; bei neuen digitalen Dienstleistungen sieht es etwas besser aus.5 Vielfach sind die meisten Unternehmen, vor allem im Mittelstand, noch mit ihren digitalen Hausaufgaben (Verlagerung in die Cloud, Einführung CRM, Industrie 4.0) beschäftigt und haben bisher meist nur wenig Ressourcen, Zeit oder Ideen für diese entscheidende Phase der digitalen Transformation eingesetzt.

Abb. 5:

Umfrage unter repräsentativen Unternehmen in Deutschland zur Entwicklung digitaler Produkte (Quelle: Bitkom Research 2022)

Dabei liegt hier meist der entscheidende Hebel für Wettbewerbsvorteile: Nur mit neuen Produkten oder Geschäftsmodellen lassen sich neue Kund:innen und/oder neue Märkte erschließen. Diese neuen Geschäftsmodelle lassen sich in zwei Grundtypen unterscheiden: Plattformen und daten- bzw. KI-getriebene Modelle. Eine wichtige Rolle spielen die Plattformen, die sich ebenfalls in zwei Gruppen unterteilen lassen:

Plattformen als ökonomisches Geschäftsmodell fungieren als Interaktionsmanager zwischen Angebot und Nachfrage (Transaktionsplattformen) oder als Infrastruktur für den Austausch und die Analyse von Daten, um auf dieser Basis neue Geschäftsmodelle zu entwickeln (Daten-/IOT-Plattformen). Der Fokus liegt aktuell auf den Transaktionsplattformen, zu denen Apple, Alphabet, Amazon oder Microsoft ebenso zählen wie neue B2B-Player wie Xometry oder Faire. Das Business-to-Consumer-Segment ist zwar schon stark besetzt ist, bietet aber durchaus noch Raum in vielen Nischen und lokalen Dienstleistungsmärkten. Beispiele sind die Mobilitätsmärkte, die sich mit der Einführung autonomer Autos neu sortieren, Immobilien, Energie und Gesundheit. Noch mehr Spielraum für Plattformen zeigt sich in den B2B-Märkten. Das gilt für den Großhandel, aber auch für Plattformen in der Industrie, die zum Beispiel Fertigungsaufträge nach der Verfügbarkeit freier Kapazitäten auf die Auftragsfertiger vergeben. In diesen B2B-Märkten beginnt die Plattformwelle erst.

Neben den Transaktionsplattformen haben sich die Daten- bzw. IOT-Plattformen etabliert, die für den Datenaustausch in industriellen Umfeldern konzipiert sind. Dieser Austausch soll neue Geschäftsmodelle ermöglichen, zum Beispiel die Analyse von Maschinendaten, um mögliche Störungen vorherzusagen. Hier arbeiten meist Maschinenbauer:innen, die Anwender und KI-bzw. IOT-Firmen zusammen, um Mehrwerte aus der Zusammenarbeit zu erschließen. Dieser Markt ist ebenfalls hart umkämpft: Industrieunternehmen wie Siemens konkurrieren mit Hightechfirmen wie Microsoft oder Amazon und vielen Start-ups um die Gunst der Anwender, die aber oft noch zögern, ihre Daten zu teilen. Technische Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz wie ChatGPTChatGPT bringen den amerikanischen Digitalkonzernen gerade weitere Wettbewerbsvorteile, denen Europa nichts entgegenzusetzen hat.

Ein zweiter großer Block digitaler Geschäftsmodelle sind die reinen Daten- bzw. KI-getriebenen Modelle, bei denen der Mehrwert vorwiegend aus der Datenanalyse kommt. 2Sehr viele Unternehmen arbeiten aktuell daran, ihre Produkte in Intelligente IOT-Services umzuwandeln, um ihre Angebote mithilfe der erzeugten Daten zu verbessern. Auch die Entwicklung von Geschäftsmodellen auf Basis der erzeugten Daten, zum Beispiel Datenprodukte auf der Grundlage der Nutzungsdaten (Google Maps), oder eine Produktion auf Basis des Kundenverhaltens (Alibaba Xunxi), gehören zu dieser Kategorie. Auch in dieser Geschäftsmodellkategorie sind die Märkte noch nicht verteilt. Unternehmen mit intelligenten Ideen können sich hier viele Chancen erschließen.

2.4 Digitale Kompetenzen für die Aufholjagd

digitale KompetenzEgal, von welcher Seite der Blick auf die Digitalisierung fällt – immer stehen die Digitalskills der Menschen im Vordergrund. Der vielzitierte Fachkräftemangel hat sich zur veritablen Wachstumsbremse entwickelt – und zwar auf allen Ebenen: Data-Scientists bzw. Data-Engineers werden gebraucht, um das Potenzial der Künstlichen Intelligenz zu heben. Fachleute für Cloud-Computing sind spätestens mit der Pandemie zur Mangelware geworden, da viele Unternehmen Anfang 2020 ihre Widerstände gegen die Cloud über Bord geworfen haben. Der Blick auf den digitalen Job-Monitor zeigt die sprunghaft gestiegene Nachfrage anhand der erfassten Ausschreibungen für Digital-Profis in Deutschland. Auch eher bodenständige Kenntnisse im Online-Marketing und E-Commerce sind trotz vieler etablierter Ausbildungsmöglichkeiten weiter stark gefragt. Nach der Corona-Delle steigt auch die Nachfrage nach Hightech-Fähigkeiten wie das Internet der Dinge, Robotics oder 3D-Druck wieder an.

Abb. 6:

Entwicklung der Stellenausschreibungen für Digitalprofis in Deutschland (2016-2022) (Quelle: Netzoekonom.de / Index-Gruppe)

Doch vielfach mangelt es in den Unternehmen nicht primär an der Technologie, sondern mehr am Mindset, also vorwiegend an der Bereitschaft, sich zu verändern, zu lernen, Bewährtes in Frage zu stellen, disruptive Innovationen im Produkt oder gar im Geschäftsmodell in Angriff zu nehmen. Wer sich die quälend langen Diskussionen und Entscheidungsprozesse in den Unternehmen anschaut, versteht besser, warum so viele digitale Innovationen an uns vorbeilaufen und erst dann adaptiert werden, wenn ein Konkurrent damit erfolgreich war.

Abb. 7:

Stärker gefragte Kompetenzen für die digitale Transformation (Quelle: VDMA/Kienbaum 2022)

Immerhin: Diese Erkenntnis ist in den Unternehmen angekommen, wie eine repräsentative Umfrage von VDMA und Kienbaum unter 4.300 Unternehmen in Deutschland zeigt.

Die Bereitschaft, Risiken einzugehen, langfristig in neue Technologien oder Geschäftsmodelle zu investieren, sich aus der Komfortzone auf unsicheres Terrain zu begeben, ist uns in Deutschland vielfach verloren gegangen. Zu gut hat das deutsche Modell der inkrementellen Verbesserung über Jahrzehnte funktioniert, so dass wir disruptive Sprünge nur noch selten wagen. Die Ursache liegt in einem eklatanten Versagen des Managements, das den Status-quo optimiert, aber die Zukunft nicht sieht. Zu beobachten ist das heute an allen Ecken: In der Digitalisierung abgehängt, bei den erneuerbaren Energien die Pioniervorteile ohne Not verschenkt, in die Chipproduktion nicht investiert und in der Automobilindustrie zugelassen, dass die beiden wichtigsten Elektroautohersteller heute aus den USA und China kommen.

Deutschland braucht also neue Geschäftsmodelle in vielen Bereichen – und die DigitalisierungDigitalisierung ist das Fundament. Dafür bedarf es einer Kraftanstrengung in der digitalen Bildung in den Schulen, Hochschulen und Unternehmen, um in einem internationalen Wettbewerb die besten Köpfe auszubilden, zu halten oder sogar wieder zurückzuholen. Dieses Buch liefert Ansätze, wie intelligente HR-Strategien der Unternehmen in diesem Wettbewerb um die digitalen Köpfe aussehen könnten.

2 Deloitte Digital Maturity Index 2022. https://www2.deloitte.com/de/de/pages/consumer-industrial-products/articles/Digital_maturity_index_verarbeitende_industrie.html

3https://www.imd.org/centers/world-competitiveness-center/rankings/world-digital-competitiveness/

4https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Digitaler-Wettbewerb-wird-schaerfer

5https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Daempfer-Digitalisierung-Weltlage-bremst-digitale-Transformation-Wirtschaft

3 Die Rolle des Personalwesens (HR) in der digitalen Transformation

Prof. Dr. Steffen Kinkel und Sebastian Beiner, Institut für Lernen und Innovation in Netzwerken (ILIN), Hochschule Karlsruhe

Prof. Dr. Steffen Kinkel und Sebastian Beiner

Dr. Steffen Kinkel ist Professor für Innovationsmanagement und International Management im Fachbereich Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Karlsruhe. Er ist Gründer und Leiter des Instituts für Lernen und Innovation in Netzwerken (ILIN). Prof. Kinkel koordinierte zahlreiche nationale und internationale Forschungsprojekte. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen menschenzentrierte Arbeitsgestaltung und Technikeinführung, nachhaltige Arbeits- und Produktionssysteme, KI-unterstützte Arbeits- und Lernsysteme, digital unterstützte Kompetenzentwicklung, digitale Geschäftsmodelle, globale und lokale Wertschöpfungsketten, resiliente Lieferketten, Re-/Backshoring, Produktions- und Innovationsnetzwerke sowie Technologieplanung und vorausschau.

Sebastian Beiner, M. Sc., ist Wirtschaftsingenieur und Technologiemanager an der Hochschule Karlsruhe. Seit 2019 erforscht Sebastian Beiner als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Lernen und Innovation in Netzwerken (ILIN) der Hochschule Karlsruhe Veränderungen, die die digitale Transformation in Organisationen mit sich bringt. Hierbei fokussiert er Themen wie nachhaltige industrielle Produktion, die agile Entwicklung digital vernetzter Geschäftsmodelle sowie die arbeitsgerechte Anwendung von Künstlicher Intelligenz im betrieblichen Kontext.

3.1 Einleitung und Hintergrund

Die digitale Transformationdigitale Transformation stellt viele Unternehmen vor große Herausforderungen. Insbesondere traditionelle und mittelständische Industrieunternehmen tun sich schwer damit, ihre internen Geschäftsprozesse konsequent zu digitalisieren und zu vernetzen (Kinkel et al. 2016; Lichtblau et al. 2015). Es entstehen vielfach Teil- oder Insellösungen, wirklich durchgängige Lösungen sind eher selten. Noch deutlich herausfordernder ist für viele traditionelle Unternehmen die marktseitige digitale Transformation, also die Aufgabe, neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln und erfolgreich in den Markt einzuführen (Müller et al. 2018). Gerade deutsche Industrieunternehmen verharren gerne in ihrem auf den Verkauf hochqualitativer technischer Produkte spezialisierten Geschäft, das viele Jahre gute Gewinne abgeworfen hat. Dabei unterschätzen sie die Dynamik der digitalen Transformation, die durch konsequente Vernetzung und Serviceorientierung das traditionelle Sachgutgeschäft sehr schnell unter Druck setzen oder gar ablösen kann. So hat eine internationale Online-Umfrage des Instituts für Lernen und Innovation in Netzwerken (ILIN) der Hochschule Karlsruhe bei 655 Unternehmen aus 16 hoch entwickelten Industrienationen gezeigt, dass Industrieunternehmen bereits heute im Mittel etwa 40 % ihres Umsatzes mit digitalen Services oder Geschäftsmodellen erwirtschaften. Die deutschen Unternehmen hängen hier mit mittleren Umsatzanteilen von etwa 25 % deutlich zurück und nehmen im Vergleich der 16 Länder den letzten Platz ein (Kinkel et al. 2020).

Vor diesem Hintergrund wurden im Rahmen des BMBF-geförderten Forschungsprojekts AgilHybrid die zentralen Hürden bei der erfolgreichen Bewältigung der digitalen Transformation identifiziert (www.agilhybrid.de). Es wurden sowohl erfolgreiche als auch gescheiterte Vorhaben daraufhin analysiert, welche Faktoren die Transformation verzögern oder behindern. Die folgenden Hürden sind mögliche Ansatzpunkte für Aktivitäten des Personalwesens (HR) zur Unterstützung der digitalen Transformation.

agile ArbeitZum Ersten werden agile Arbeitsweisen nicht konsequent genug eingesetzt. Empirische Erhebungen haben gezeigt, dass der Einsatz agiler Entwicklungsmethoden einen signifikant positiven Beitrag dazu leistet, dass Umsätze mit digital vernetzten Services oder Geschäftsmodellen generiert werden (Kinkel et al. 2020; Trabert et al. 2022). Allerdings sind deutsche Unternehmen bei der Nutzung agiler und offener Entwicklungsmethoden sehr zurückhaltend (Kinkel et al. 2020). Sie belegen im internationalen Vergleich mit einem Indexwert von 0,52 (Mittelwert der Nutzung agiler und designorientierter Entwicklungsmethoden, interner und offener Innovationsplattformen) den letzten Platz (Abb. 1). Damit verschenken sie wertvolle Potenziale, um beim Angebot digitaler Geschäftsmodelle mit der internationalen Konkurrenz mithalten zu können. Vor diesem Hintergrund ist es essenziell wichtig, agile Arbeitsformen konsequent einzuführen und zielorientiert für die Geschäftsmodellentwicklung zu nutzen.

Abb. 1:

Indexwert der Nutzung agiler und offener Entwicklungsmethoden nach Standort (Land) der befragten Unternehmen (Kinkel et al. 2020)

Zum Zweiten sind für die erfolgreiche Entwicklung und Einführung digitaler Geschäftsmodelledigitales Geschäftsmodellandere und vielfältigere Kompetenzen als für die klassische Produktentwicklung gefragt. Benötigt werden dazu insbesondere Wandlungsfähigkeit und Veränderungsbereitschaft (Blacke & Schleiermacher 2018; Davies et al. 2011), agile Fähigkeiten (Kinkel et al. 2016), Fähigkeiten zur selbstorganisierten Zusammenarbeit in eigenständigen Teams (Pfeiffer et al. 2016), digitale Fähigkeiten (Carretero et al. 2017) sowie unternehmerische Fähigkeiten im Sinne des Entrepreneurship (Füglistaller & Halter 2002). Dies hat eine Telefonumfrage bei 200 Industrieunternehmen eindrucksvoll bestätigt, bei der diese Kompetenzen überwiegend als wichtig bis sehr wichtig (73 bis 87 % Zustimmung) für die Fähigkeit zur Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle eingeschätzt wurden (Beiner et al. 2021). Allerdings bleibt die Einschätzung der Unternehmen, wie gut sie mit diesen Kompetenzen ausgestattet sind, hier deutlich zurück (37 bis 53 % gut oder sehr gut ausgestattet). Hier besteht akuter Handlungsbedarf, tragen doch diese Kompetenzen nachweislich zur erfolgreichen Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle bei (Trabert et al. 2022).

Zum Dritten erfordern agile und selbstorganisierte Teams auch einen neuen Führungsstil mit geeigneten Führungskompetenzen. FührungsstilDiese sollten die geforderten Teamkompetenzen widerspiegeln und geeignete Räume zur Entfaltung und Entwicklung dieser Kompetenzen bieten. Gefordert ist hier insbesondere ein transparenter Führungsstil, bei dem die Führungskräfte die für das Team wichtigen Spielregeln und Werte selbst vorleben und geeignete Rahmenbedingungen schaffen, damit die Teams selbstorganisiert, agil und zielorientiert zusammenarbeiten können.

Zum Vierten können die neu erforderlichen Teamkompetenzen nicht einfach mit klassischen Schulungs- und Weiterbildungsangeboten geschult Teamkompetenzoder neben der Arbeitszeit entwickelt werden. Manche Unternehmen versuchen, Mitarbeitende mit den erforderlichen technischen Kompetenzen zu rekrutieren und damit diese Kompetenzen »einzukaufen«, doch dieser Ansatz kommt aufgrund des Fachkräftemangels schnell an seine Grenzen. Gefordert sind hier projektbasierte, arbeitsintegrierte Entwicklungsprogramme, bei denen die entsprechenden Kompetenzen im Rahmen realer Projekte zur Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle entwickelt werden (Learning by doing). Dies erfordert auch eine ausgeprägte Coaching- und Mentoringkomponente. Ein ausgezeichnetes Beispiel ist hier das »Entwicklungsprogramm für digitale Entrepreneure« der Wilo SE (intern auch »Drachenhöhle« genannt), das in Kapitel 6.1 ausführlich dargestellt wird.

Vor diesem Hintergrund untersucht dieser Beitrag

welche Rolle das Personalwesen (HR) bei der digitalen Transformation deutscher Unternehmen und der Schaffung der dafür notwendigen personellen und kulturellen Voraussetzungen spielt,

wie sich HR bei konkreten Handlungsfeldern der digitalen Transformation selbst einschätzt und von Befragten anderer Bereiche eingeschätzt wird.

3.2 Vorgehen

PersonalwesenIm August 2022 wurden 100 im HR-Bereich tätige Personen und 113 Personen aus anderen Unternehmensbereichen online dazu befragt, welche Bedeutung die digitale Transformation in ihrem Unternehmen hat, welche Rollen und Aufgaben der HR-Bereich in der digitalen Transformation einnimmt und in welchem Umfang die Digitalisierung des HR-Bereichs vorangeschritten ist. Ziel war es, ein belastbares Gesamtbild zu diesen Aspekten zu erstellen und Unterschiede in der Einschätzung von Personen aus dem HR-Bereich gegenüber Einschätzungen von Personen aus anderen Unternehmensbereichen sichtbar zu machen.

Die befragten Personen vertreten Unternehmen aus verschiedenen Branchen. Unternehmensdienstleister, Finanz- und Versicherungsanbieter sowie der Groß- und Einzelhandel sind jeweils zu 9 % vertreten, gefolgt von Unternehmen des Gesundheitswesens mit 8 %, dem Baugewerbe mit 7 % und Unternehmen aus dem Bereich des Automobilbaus und seiner Zulieferer, der Bildung und Erziehung sowie der Information und Kommunikation mit jeweils 6 %. Die detaillierte Verteilung der Befragten nach den Größen und Branchen ihrer Unternehmen kann Tabelle 1 entnommen werden.

Hinsichtlich der Größe der Unternehmen stammen 19 % der Befragten aus Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten, 29 % aus Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten, 19 % aus Unternehmen mit 250 bis 999 Beschäftigten und 33 % aus Unternehmen mit 1.000 und mehr Beschäftigen (Tab. 1). Die Stichprobe ist damit recht ausgewogen aus Unternehmen der verschiedenen Größenklassen zusammengesetzt, wobei die großen Unternehmen etwas überrepräsentiert sind.

Neben Vertretern des Personalbereichs, die mit 100 Teilnehmenden zu 47 % vertreten sind, kamen weitere Teilnehmende zu 9 % aus der Geschäftsführung oder -entwicklung, zu jeweils 8 % aus der IT, dem Vertrieb und Service oder der Produktion, zu 7 % aus der Verwaltung, zu 6 % aus der Logistik und zu 5 % aus der Forschung und Entwicklung. Auf den Einkauf entfielen 2 % der Teilnehmenden, auf das Marketing 1 %.

Anzahl Beschäftigte

Häufigkeit

Prozent

weniger als 50 Beschäftigte

41

19,2

50–249 Beschäftigte

61

28,6

250–999 Beschäftigte

40

18,8

1000 und mehr Beschäftigte

71

33,3

Branche

Häufigkeit

Prozent

Automobilbau und -zulieferer

13

6,1

Baugewerbe

14

6,6

Bildung und Erziehung

12

5,6

Chemie, Pharma, Gummi- und Kunststoffwaren

9

4,2

Elektrotechnik, elektrische Ausrüstungen

4

1,9

Finanz- und Versicherungsleistungen

20

9,4

Gastgewerbe

6

2,8

Gesundheitswesen

18

8,5

Groß- und Einzelhandel

19

8,9

Information und Kommunikation

13

6,1

Landes-, Stadt- und Kommunalverwaltung

1

0,5

Maschinenbau

10

4,7

Medizin-, Mess-, Steuer-, Regelungstechnik, Optik

3

1,4

Metallerzeugnisse

4

1,9

Nahrungsmittel

4

1,9

Öffentlicher Dienst

9

4,2

Sonstiges produzierendes Gewerbe

8

3,8

Unternehmensdienstleister

20

9,4

Sonstiges

26

12,2

Gesamt

213

100,0

Tab. 1: Verteilung der Stichprobe nach Größenklasse und Branche der Unternehmen

3.3 Bedeutung der digitalen Transformation und Position innerhalb der Unternehmensbereiche

digitale Transformation, Bedeutung für die UnternehmensbereicheZunächst wurden die Teilnehmenden danach befragt, welche Bedeutung die digitale Transformation ihrer Einschätzung nach für ihr Unternehmen hat. Insgesamt wurde der digitalen Transformation von 72 % der Befragten eine große oder sehr große Bedeutung zugemessen. Dies unterstreicht den hohen Stellenwert, den diese Herausforderung derzeit genießt. Allerdings zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen der Einschätzung der Befragten aus dem HR-Bereich und den Befragten aus anderen Unternehmensbereichen (Abb. 2). So messen nur 20 % der Teilnehmenden aus dem HR-Bereich der digitalen Transformation eine sehr hohe Bedeutung zu, während dies 35 % der Teilnehmenden aus den anderen Unternehmensbereichen tun. Umgekehrt ist der Anteil derjenigen, die der digitalen Transformation lediglich eine mittlere Bedeutung zumessen, bei den Teilnehmenden aus dem HR-Bereich mit 26 % doppelt so groß wie bei den Teilnehmenden aus den anderen Unternehmensbereichen. Die Befragten aus dem HR-Bereich scheinen demnach entweder aus weniger digitalisierungsaffinen Unternehmen zu stammen oder in ihrer Einschätzung skeptischer zu sein als Teilnehmende aus anderen Bereichen.

Abb. 2:

Einschätzung der Bedeutung der digitalen Transformation

Zudem wurden die Teilnehmenden gefragt, wie gut sie ihr Unternehmen im Vergleich zum Wettbewerb bei verschiedenen Output-Indikatoren der digitalen Transformation einschätzen. Die Einschätzungen wurden hier auf einer Skala von (1) deutlich schlechter bis (5) deutlich besser als der Wettbewerb erfragt. Wie sich zeigt, schätzen die Teilnehmenden ihre Unternehmen bei der Einführung und Nutzung digitaler Prozesse mit einem Mittelwert von 3,48 – und damit im Mittel etwas besser als der Wettbewerb – am vergleichsweise besten ein (Abb. 3). Die Einschätzung der Position des eigenen Unternehmens beim Umsatz mit digitalen bzw. smarten Produkten oder Services (Mittelwert 3,47) und der Einführung und Nutzung agiler Arbeitsweisen (Mittelwert 3,45) weichen nur unwesentlich davon ab.

Abb. 3:

Einschätzung der Wettbewerbsposition bei ausgewählten Indikatoren der digitalen Transformation (1 = deutlich schlechter, 2 = etwas schlechter, 3 = etwa gleich, 4 = etwas besser, 5 = deutlich besser als der Wettbewerb)

Deutlich weniger optimistisch wird die eigenen Wettbewerbsposition beim Umsatz mit neuen Geschäftsmodellen (Mittelwert 3,35) und bei der Ausgründung digitaler Aktivitäten (Mittelwert 3,32) eingeschätzt. Doch auch hier liegt die Einschätzung noch über dem Wert von 3,0 und damit im Mittel etwas besser als der Wettbewerb. Insgesamt kann also von der Stichprobe angenommen werden, dass die Unternehmen der Befragten bei verschiedenen Indikatoren der digitalen Transformation etwas besser, aber nicht deutlich stärker als der Wettbewerb aufgestellt sind.

Insgesamt fällt auch bei diesen Einschätzungen auf, dass die Bewertungen der Teilnehmenden aus dem HR-Bereich im Mittel jeweils etwa 0,2 bis 0,3 Punkte schwächer ausfällt als die der Teilnehmenden aus den anderen Unternehmensbereichen. Diese Unterschiede sind nicht so ausgeprägt, dass davon ausgegangen werden muss, dass die Unternehmen der Teilnehmenden aus dem HR-Bereich bei der digitalen Transformation deutlich hinter den Unternehmen der anderen Befragten zurückliegen. Dennoch gilt es, diese skeptischere Einschätzung bei den Interpretationen der Ergebnisse zu berücksichtigen.

Eine weitere Frage zielte darauf ab herauszufinden, in welchem Ausmaß sich die unterschiedlichen Unternehmensbereiche mit der digitalen Transformation beschäftigen. Erwartungsgemäß liegt hier die IT an der Spitze der Nennungen (Abb. 4). Über zwei Drittel der Befragten geben an, dass sich die IT in ihrem Unternehmen in hohem oder sehr hohem Maße mit der digitalen Transformation auseinandersetze. Auf den weiteren Plätzen folgen die Geschäftsführung bzw. Geschäftsentwicklung, der Vertrieb und Service sowie die Verwaltung, denen 55 bis 60 % der Befragten eine hohe oder sehr hohe Beschäftigung mit der digitalen Transformation zusprechen. Danach folgen Marketing bzw. Marktforschung, Forschung und Entwicklung, HR, Logistik, Einkauf und Produktion. Bei Letzterer gehen nur noch etwa 45 % der Befragten davon aus, dass sich dieser Bereich in hohem oder sehr hohem Maße mit der digitalen Transformation beschäftigt.

Abb. 4:

Einschätzung des Ausmaßes der Beschäftigung verschiedener Unternehmensbereiche mit der digitalen Transformation