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Vom Zauber der Wildnis und lebendigen Großstädten Tansania vereint eine einzigartige Mischung aus faszinierenden Nationalparks, tropischen Küsten und kultureller Vielfalt. Es ist Inbegriff der Afrikasehnsucht – Serengeti, Kilimandscharo und Sansibar versprechen atemberaubende Abenteuer. Monika Czernin reist durch das Land, als Backpackerin mit dem Bus, per Dhau, Buschflieger oder auf luxuriöser Flugsafari, sie erkundet pulsierende Großstädte, wohnt in Baumhäusern, trifft auf die »Big Five« und empfiehlt lohnenswerte Abstecher in die unbekannteren Ecken des Landes. Sie erzählt von spannenden Begegnungen, unter anderem im Nationalpark der berühmten Schimpansen-Forscherin Jane Goodall, vom Kampf gegen die Wilderei, den Auswirkungen des Klimawandels und den Folgen der deutschen Kolonialherrschaft. Sie besucht Kaffee-Kooperativen und Solar-Startups, in denen die einheimische Mittelschicht die Zukunft des Landes formt. Von Serengeti bis Sansibar – gehen Sie auf Lesesafari! Kenntnisreich und mit einer auf jeder Seite spürbaren Begeisterung für das Land nimmt Monika Czernin den Leser mit auf eine Entdeckungsreise durch Tansania, von den Ufern des Indischen Ozeans über den Gipfel des höchsten Berges Afrikas und die tierreichen Savannen bis in den wilden Süden. Ein Buch, das die Magie Afrikas erweckt
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Von Monika Czernin liegen im Piper Verlag vor:
Gebrauchsanweisung für Wien
Mit Remo H. Largo:
Glückliche Scheidungskinder
Jugendjahre
Für die besten Reisegefährten der Welt:
Helena, Anne, Jean und Thomas
© Piper Verlag GmbH, München 2023
Covergestaltung: Birgit Kohlhaas, kohlhaas-buchgestaltung.de
Coverabbildung: Salem Kamel / Huber Images (Jambiani Strand, Sansibar)
Karte: Peter Palm, Berlin
Litho: Lorenz & Zeller, Inning am Ammersee
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Cover & Impressum
Karte von Tansania
Warum Tansania – eine Einleitung
Buschflieger, Daus und manchmal auch ein Dala-Dala
Fliegen, die maximale Freiheit
Eine Hymne auf den Toyota Land Cruiser
Die Kokosnuss und eine Liste der Gefahren
Busse, Dala-Dalas und die Eisenbahn
Das Reisen zu Wasser
Was Sie sonst noch brauchen oder eben nicht brauchen
Chole Mjini – Ankommen zwischen Mangroven und Affenbrotbäumen
Augenblicksglückseligkeit im Baumhaus
Schwimmen mit Walhaien oder zu den Putzerfischen tauchen
Kua – sagenumwobene Ruinen
Die Schulkinder von Chole
Daressalam – gleichzeitig chillig und stressig
Großstadt und afrikanisches Dorf in einem
Ein deutscher Kurort verlegt in die Tropen
Die Komplexität des Lebens weglachen
Ein Angriff auf alle Sinne – der Fischmarkt
Die Geschichte der Unabhängigkeitsbewegung
Julius Nyerere – einer der Großen Afrikas
Ein Dinosaurier zwischen Berlin und Daressalam
Sundowner auf der Peninsula
Serengeti – der Inbegriff der Afrikasehnsucht
Nehmen Sie sich in Acht – vor Pavianen
Grzimek und die Erschaffung des Nationalparkkonzeptes
Die Serengeti und die Jahreszeiten
Die Gnus und ihre Jahrmillionen alte Wanderung
Alles endet immer am Lagerfeuer
Mwanza – wieso auch dieser Trip notwendig ist
Loy und Tatu – vorbehaltlose Gastfreundschaft
Mwanza – Darwin’s Nightmare?
Gold und Diamanten – Reichtum für wen?
Tansanit – der schönste Edelstein der Welt
Secondhand-Industrie – pro und kontra
Von Tabora an den Tanganjikasee
Tabora, wichtige Etappe des Karawanenhandels
Ein Hotel mit verblasstem Charme
Einsamer geht es kaum – das Malagarasi-Sumpfland
Kigoma, Livingstone und die Liemba
Der Bischof von Kigoma ist auch unsere Rettung
Bei unseren nächsten Verwandten in Gombe und Mahale
Gombe – eine grüne Insel voller Vitalität
Jane Goodall und ihr Lebenswerk
Aus Umweltschutz wird Tierschutz
Mahale – noch wilder, noch jungfräulicher
Game of Thrones im Urwald
Lodges, deren wichtigster Protagonist die Natur selbst ist
Die Büffel des großen Katavi-Nationalparks und die kleinen Buntbarsche
Hippos und Büffel everywhere
Brückenbau und andere Abenteuer
Wenn Zäune ein No-Go sind
Ubuntu und die Pandemie
Mbeya – Provinzstädtchen und Kaffeehochburg
Landwirtschaft im südlichen Hochland
Kaffee – vom Massenprodukt zum hippen Barista-Erlebnis
Iringa – die Hehe und das Fox-Imperium
In den Udzungwa-Bergen – wilde Natur
Das Hochland von Mufindi – Teeplantagen und wilder Jasmin
Wie aus dem Ruaha einer der schönsten Nationalparks wurde
Iringa und die Entwicklungshilfe
Der Kopf des Chief Mkwawa
Flucht in den Ruaha
Silicon Dar und die hippe Crowd von Arusha – der Afrika-Boom
Arusha und seine hippe Crowd
Wie Edwin gegen Corona gewann
M-Pesa und Silicon Dar
Benötigt werden wie überall Investitionen und Bildung
Die Wiege der Menschheit und wie es danach weiterging
Die Olduvai-Schlucht – und warum wir alle Tansanier sind
Die vielen Völker Tansanias
Die Massai und ihr Erfolg
Kilimandscharo – auf den höchsten Berg Afrikas
Hatari und tansanisches Superfood
Die Kaiser-Wilhelm-Spitze
Die Chagga-Homegardens und die wundersame Kweme
Die lange Festlandküste Tansanias ist noch immer ein Geheimtipp
Tanga – verschlafen und doch voller Entdeckungen
Badeurlaub mit oder ohne Quastenflosser
Bagamoyo – verdichtete Geschichte
Der Julius-Nyerere-Damm und die Umweltschutzdebatten
Maji – das Wasser, das nicht schützte
Kilwa – eine der schönsten Ruinenstädte der Welt
Mikindani – am Ende der Welt
Makonde – inspiriert von den Wolken
Stone Town – Städte haben die Kultur der Swahili-Küste geprägt
Mythische Städte – versunken und überraschend
Stone Towns Glanz und Verfall
Wohnen wie in einer Vogelvoliere
Freddie Mercury, Queen Victoria und Tippu-Tip
Eine orientalische Prinzessin und ein Massaker
Massentourismus à la Dubai oder prämierter Ökotourismus
Nachwort und Dank
Inhaltsübersicht
Cover
Textanfang
Impressum
Ein heftiges »Rums«, durchdrehende Räder, ein aufjaulender Motor, doch der Wagen bewegt sich nicht mehr, kein bisschen. Jeder Versuch, den Toyota Land Cruiser aus dem schlammigen Bachbett zu befreien, scheitert kläglich. Zu tief ist der Graben, den die zwei wackligen Bretter irreführenderweise zu überbrücken versprachen. Wir stecken bis zur Motorplatte im Schlamm. Uns bleibt nichts anderes übrig, als aus dem gestrandeten Jeep zu klettern und unser selbst verschuldetes Unglück zu begutachten.
Schon die nur auf Guru Maps (eine für Tansania-Reisende unverzichtbare App mit Offline-Landkarten) angezeigte Route, die uns hinter die Mahale Mountains führte, hätte uns Warnung genug sein müssen, entpuppte sie sich doch als einer der vielen Fahrradwege, die es im ländlichen Tansania zwischen kleinen Dörfern gibt. Hier, im äußersten Westen oder besser im wilden, spärlich besuchten Westen des Landes gibt es immer noch wenig Straßen, auf die ein Auto passt, und noch weniger Asphaltstraßen. Dessen ungeachtet wollte ich seit Jahren mit dem Auto vom Mahale-Mountains-Nationalpark zum Katavi-Nationalpark fahren, wohl einfach deshalb, weil es auf Google Maps und herkömmlichen gedruckten Landkarten unmöglich schien, diese Strecke von etwa 200 Kilometern anders als querfeldein zurückzulegen, was eines jener Abenteuer zu werden versprach, die das Reisen durch Tansania so faszinierend und lohnend machen. Guru hatte – auch dies hätte eine Warnung sein können – die Strecke mit zwölf Stunden Fahrtzeit angegeben, aber um ehrlich zu sein, hatte das weder mich noch meine gleichgesinnten Mitreisenden dazu veranlasst, unsere Route zu ändern. Wir waren also voller Optimismus. Und nun das.
Wir: Das sind Anne und Jean, die eine gute Portion Afrika-Erfahrung zu diesem Roadtrip beisteuern, sowie Thomas und ich, die trotz vieler Reisen nach Tansania immer noch ganz schöne Greenhorns sind (wie wir in der Folge noch öfter bemerken werden). Nicht immer sind wir in dieser Kombination unterwegs, manchmal schließen sich uns andere Unternehmungslustige an. Wir sind auch nicht ständig auf Achse, sondern auch mal am Strand, auf Sansibar, genießen das Großstadtleben oder das Tauchen. Und natürlich fließen auch all die anderen Tansania-Erlebnisse, insbesondere die Reisen mit meiner Tochter Helena, in dieses Buch ein.
Aber im Moment befinden wir uns in der bergigen Gegend östlich des Tanganjikasees, des längsten, zweittiefsten und auf das Wasservolumen bezogen zweitgrößten Sees der Erde. Wir haben keinen Mobilfunkempfang (obwohl der in den letzten Jahren eigentlich jedes Dorf erreichte), zu Fuß ist die nächstgrößere Ortschaft eine Tagesreise entfernt, rundum scheint es nur Busch und Miombowald (der ganz Tansania, ja das südliche Zentralafrika durchziehende Trockenwald) zu geben.
Es ist Nachmittag, die Hitze hat schon nachgelassen, in wenigen Stunden wird es schlagartig dunkel sein. Während wir den schmalen und steil ansteigenden Weg zu passieren versuchten, begegneten uns vereinzelte Fahrradfahrer, riesige Reisig- und Bananenstaudenbündel auf dem Gepäckträger balancierend. Wir wissen, dass uns, sollten wir in absehbarer Zeit keine Hilfe finden, nur die Übernachtung im Zelt bleibt – im Nirgendwo. Und doch sind irgendwie, auf wundersame Weise, innerhalb von Minuten, nachdem wir stecken geblieben waren, auch schon ein gutes Dutzend Helfer zur Stelle, junge Burschen, alle bei bester Laune, angefeuert durch ein – für den am Ende geleisteten Herkulesjob – äußerst moderates Trinkgeld. Wir graben das Auto mit bloßen Händen aus dem Schlamm, stemmen mit vereinten Kräften Holzlatten unter die Räder und befestigen ein Seil, das wir Gott sei Dank mit uns führen, unter der vorderen Stoßstange an dem für solche Zwecke bestimmten Eisenring. Und dann bemühen wir uns gemeinsam, den gut drei Tonnen schweren Wagen lachend und uns in den gleichen Rhythmus singend aus dem Bachbett zu ziehen. Das Ganze gleicht einem fröhlichen Fest und ist doch eine Hilfsaktion. Witze fliegen von einem zum anderen, immer mehr helfende Hände treffen ein, alles wird aus verschiedenen Perspektiven gefilmt, das Trinkgeld wird angehoben, und – schwups – auf einmal bewegt sich der Toyota, die Reifen kommen frei, er rollt den Weg entlang.
Unsere Autopanne ist das Ereignis des Tages, vielleicht sogar der Woche, eines, das Solidarität erfordert, ganz im Sinne der afrikanischen Lebensphilosophie des Ubuntu. Dabei geht es um Gemeinschaft sowie die Erfahrung, dass man nur durch andere Menschen zum Menschen wird. So hat es der Ende 2021 verstorbene Bischof Desmond Tutu, Friedensnobelpreisträger und Weggefährte Nelson Mandelas, erklärt. Diese Haltung wird uns immer wieder begegnen in all ihren Schattierungen und Ausprägungen. Und vielleicht ist es ja wirklich dieser Grundkonsens, der die Menschen in diesem Teil der Welt so warmherzig, fröhlich und mit einer immer wieder staunenswerten Großzügigkeit des Herzens füreinander da sein lässt. Und zwar in einer Weise, die wir mit unserer mitteleuropäischen Mentalität nur schwer begreifen können. Sie muss erlebt, erfahren und in unserem Fall »er-reist« werden. Darum soll mein Ubuntu-Erlebnis bei der Autopanne im wilden Westen Tansanias eine Art Kompass für dieses Buch sein, zeigt es doch, warum es sich lohnt, dieses afrikanische Land zu bereisen und kennenzulernen. Nicht nur wegen seiner atemberaubenden Natur und all der Reiseerlebnisse, die es selbstverständlich zu beschreiben und zu würdigen gilt, sondern vor allem wegen der Menschen muss man dorthin.
Natürlich müssen Sie nicht gleich in einem Schlammloch stecken bleiben, im Straßengraben landen oder sonst irgendein nach Abenteuer riechendes Missgeschick erleiden. Auch wenn Sie eher auf sicheres Reisen, gar auf eine organisierte Safari stehen und von einem erholsamen Urlaub unter Palmen träumen, werden Sie – wenn Sie Augen und Herz für den Alltag der Menschen hier öffnen – besondere Begegnungen erleben. Und dann sind Sie angekommen in Tansania. In einem Land der Superlative. Die Serengeti, einer der größten und wohl auch grandiosesten Nationalparks der Erde, ist einfach der Inbegriff jeder Afrikasehnsucht. Und der Kilimandscharo oder Sansibar sind Attraktionen, die auch jedem Nicht-Afrika-Reisenden ein Begriff sind. Fast dreimal so groß wie Deutschland, ist Tansania mit seinen Naturwundern, seinem Reichtum an Bodenschätzen, seinen 130 verschiedenen Volksgruppen und fast ebenso vielen Sprachen ein Universum der besonderen Art. Tansania gehört zu den stabilsten und sichersten Regionen des Kontinents und hat doch seinen Anteil an den großen Problemen unserer Zeit – auch die will und kann ich Ihnen nicht ersparen: das immer noch fast ungebremste Bevölkerungswachstum (1961 hatte Tansania etwa zehn Millionen Einwohner, heute über 60 Millionen, nach Schätzungen werden es 2050 130 Millionen sein), die Abholzung der Wälder, Auswüchse der Klimaveränderung wie Versteppung, Dürre und Korallensterben. All die daraus entstehenden Sorgen und Nöte lassen sich beim Reisen durch das Land nicht nur vielfach beobachten, sie haben auch diverse höchst spannende Initiativen entstehen lassen. Und so ist die Reise durch das Land immer auch eine Reise durch ein Laboratorium unserer sich rasant verändernden Welt.
Vor allem aber nehme ich Sie mit zu einer einzigartigen Mischung aus immer noch unberührter Natur – ob in den unendlichen Weiten der Nationalparks oder an den tropischen Küsten des Indischen Ozeans – und der für den Kontinent so charakteristischen Vielfalt des afrikanischen Lebens. Vieles davon passt schon lange nicht mehr zu den Vorurteilen, die Europäer teilweise immer noch gegenüber dem angeblich ausschließlich von Armut, Flüchtlingen, Kriegen und Korruption geprägten Kontinent pflegen. Tansanias Bevölkerung ist zunehmend besser ausgebildet, die Wirtschaft ist in den letzten Jahren um jeweils fünf bis sieben Prozent gewachsen, womit Tansania zu den leistungsstärksten Volkswirtschaften in Subsahara-Afrika zählt. Die größer werdende Mittelschicht verändert das Land in einer nie zuvor da gewesenen Art und Weise. Wir werden überall auf ihre Vertreter treffen, ob als Manager von Kaffeefarmen und Hotels, als Gründer von Start-ups und Venture Capital Funds, als einflussreiche Bischöfe oder engagierte Museumsdirektoren. Durch die deutsche Kolonialgeschichte, während der Tansania sowie Burundi, Ruanda und Teile Mosambiks als Deutsch-Ostafrika bezeichnet wurden, sollte das Land nicht nur zur deutschen Selbstkritik einladen, sondern vor allem ein Partner auf Augenhöhe sein. Dass die enorme Entwicklung, die Tansania in den letzten 20 Jahren durchlaufen hat, vielfach im Windschatten unserer Aufmerksamkeit vonstattengegangen ist, erlebt man immer wieder voller Staunen, wenn man das Land bereist.
Schon als junges Mädchen zog es mich nach Afrika, zuerst nach Kenia, dann nach Südafrika und Namibia, schließlich fand ich in Tansania so etwas wie eine zweite Heimat. Als Rundfunkjournalistin erarbeitete ich Features über Nairobi und Johannesburg. 2008 brachte ich schließlich mein erstes Buch über Tansania heraus. Frieda von Bülow und die Sehnsucht nach Afrika handelt von Deutschlands berühmtester Kolonialschriftstellerin und ihrer Farm im damaligen Deutsch-Ostafrika. Meine intensive Auseinandersetzung mit Themen des Kolonialismus, afrikanischer Kunst und Entwicklungspolitik führte 2014 zu einem berufsfremden Engagement, nämlich auf die kleine, zum Mafia-Archipel gehörende Insel Chole, wo ich interimistisch eine Baumhauslodge mit angeschlossenem Entwicklungshilfeprojekt gemanagt habe. Chole ist mir seither ans Herz gewachsen, und die Besitzer der Lodge wurden nicht nur zu lebenslangen Freunden, sondern auch zu den besten Reisegefährten, um Tansania in seiner ganzen Vielfalt zu erleben und die Erfahrungen am Lagerfeuer zu diskutieren.
Wir Europäer sind so gut darin, uns und der Welt irgendeine Haltung zu verpassen, unser Denken als Matrix für andere zu verwenden. So haben wir Afrika auch noch nach der Unabhängigkeit weiterkolonialisiert und in unsere Denkmuster von Entwicklung gepresst. Doch diese Nord-Süd-Bindung löst sich zunehmend auf. Wir leben längst in einer multipolaren Welt, in der die Süd-Süd-Achse aus Ländern, die zumeist selbst kolonisiert waren, aber nicht kolonisiert haben, immer wichtiger wird.
Dekolonisierung heißt für mich, mich der Komplexität meines weißen Blicks auf Afrika zu stellen, andere Blickwinkel nachzuvollziehen und einen möglichst vielstimmigen Kreis an Gesprächspartnern zu Wort kommen zu lassen. Wenn es im Buch dennoch viele »weiße« Stimmen gibt, dann hat es auch damit zu tun, dass ausgerechnet die Tourismusindustrie immer noch von europäischen Investoren oder zumindest ursprünglich aus Europa stammenden Ostafrikanern geprägt ist. Dennoch: Sosehr ich mich auch seit vielen Jahren für Tansania und Ostafrika interessiere und mich immer wieder in die für mich fremde Kultur versetzt habe, mein Blickwinkel bleibt der einer weißen Autorin aus Mitteleuropa, wenn auch mit einer – hoffentlich – großen Empathie für das Land.
Giraffen sind die neugierigsten Tiere der afrikanischen Savanne, und sie lieben modernste Technologie. Allen Ernstes! Auch Ihnen mag es passieren, dass Ihr Pilot auf dem Flugfeld des Nationalparks nicht landen kann, weil den Giraffen langweilig war und sie, durch das lauter werdende Motorengeräusch angezogen, auf die Landebahn eilten, um zu sehen, welcher Buschflieger dort im Begriff ist zu landen. Einer der Fluglinie Coastal Aviation, einer von ZanAir, Safari Air Link oder Auric Air? In jedem Fall wird Ihr Pilot durchstarten und die nahe gelegene Lodge anfunken, um jemanden mit einem Geländewagen zu den ungebetenen, aber eben hier ansässigen Tieren zu schicken, der sie hinter die Flugfeld-Linie bittet.
Keine Frage, Buschflieger sind eine hervorragende, äußerst bequeme und vor allem zeitsparende Art, Tansania zu erkunden. Nehmen Sie nur einmal eine Landkarte zur Hand und überschlagen Sie die Strecken. Allein vom Viktoriasee an die südliche Landesgrenze sind es fast 1500 Kilometer Luftlinie, zwischen Kigoma am Tanganjikasee und Daressalam am Indischen Ozean liegen ebenfalls über 1000 Kilometer. Doch damit ist noch nichts darüber ausgesagt, wie es ist, das Land mit dem Auto, per Bahn oder Bus zu bereisen. Der verstorbene Präsident Magufuli hatte den Ausbau der Infrastruktur, insbesondere von Straßen und Elektrizität, zwar zur Chefsache erhoben, und die Chinesen bauen tatsächlich überall im Land Straßen, ohne Hindernisse sind Überlandfahrten deshalb im Großen und Ganzen allerdings noch nicht.
Jede Transportart hält große Erlebnisse bereit, und schon deshalb gilt es, sie, wenn irgend möglich, alle zu genießen. Außerdem lassen sich unterschiedliche Transportmöglichkeiten miteinander kombinieren. Auf jeden Fall sollten Sie zumindest einmal mit dem Buschflieger auf einer kleinen, holprigen Piste mitten in einem Nationalpark landen (und ganz nebenbei, es wird Ihr in diesem Land ohnehin arg strapaziertes Reisebudget nicht über Gebühr belasten) und sich wie Denys Finch Hatton fühlen, der zur Kaffeefarm seiner Geliebten, Tania (Karen) Blixen, an den nördlichen Ausläufern des Mount Kenia, eilt. Oder wie Hemingway, dessen berühmte und später nicht nur in Schnee auf dem Kilimandscharo verarbeitete Safari Tania Blixens Ehemann Bror von Blixen-Finecke geleitet hat.
Coastal Aviation hat als erste Safarifluglinie in Tansania diese Sehnsucht erfolgreich bedient, nachdem der von Staatspräsident Nyerere ausgerufene afrikanische Sozialismus gescheitert war und Nyereres Nachfolger Ali Hassan Mwinyi das Land für die Marktwirtschaft geöffnet hatte. Damals setzte ein beispielloser Nachholprozess der Tourismusindustrie gegenüber dem Nachbarland Kenia ein, so sehr hatte man im Sozialismus die Infrastruktur für urlaubende Gäste vernachlässigt. Nicola Colangelo, der Gründer von Coastal Aviation, gehörte zur ersten Generation der neuen, meist »weißen« Tourismusunternehmer, deren Vision von Naturschutz und sozial nachhaltiger Entwicklung durch Tourismus Tansania dauerhaft prägen sollte. 1987, als Nicola begann, hatte er nur eine Cessna 206T sowie drei wunderschöne, große Dau-Segelboote, die Urlauber nach Sansibar bringen sollten. Heute werden von Coastal an die 150 000 Passagiere zu 100 oft sehr abgelegenen Zielen – innerhalb der Nationalparks und auf den Inseln des Landes – gebracht. Neben Coastal operieren eine ganze Reihe anderer Buschflieger- und kleiner Billigfluglinien. Nach Sansibar führen mittlerweile schnelle Katamaran-Fähren und natürlich Flugzeuge der großen internationalen Fluglinien. So gesehen kann man die 30-jährige Unternehmensgeschichte von Coastal auch als Pars-pro-Toto-Beispiel für die touristische Entwicklung Tansanias lesen.
Auch wenn die kleinen Buschflieger zum romantischen Bild einer echten afrikanischen Safari gehören, so ist der Königsweg, das Land zu entdecken, die Reise mit einem Geländewagen, der in Tansania meist als Toyota Land Cruiser daherkommt, und – ohne Schleichwerbung betreiben zu wollen – dieses absolut unverwüstliche Auto hat zugegebenermaßen seine Vorteile. Im Gegensatz zum Landrover gibt es überall Ersatzteile und – da diese Autos jedem Safariunternehmen als Flotte dienen – auch überall findige Mechaniker. Aber im Grunde genommen hat man mit jedem Geländewagen das, was man braucht, um auf eigene Faust oder mit einem Fahrer (empfehlenswert, wenn man nicht »Afrika-erfahren« ist oder in die Kategorie der unverbesserlichen Abenteurer gehört) durch das Land zu reisen. Das heißt erstens, zweitens und drittens eine praktisch unverwüstliche Mechanik. Außerdem – bei Safaris unerlässlich – ein Dach zum Öffnen. Und dann auch noch eine Kühlbox für Getränke und USB-Steckplätze zum Aufladen der Mobilfunkgeräte. Manche Geländewagen gibt es sogar mit Dachzelt, was angesichts diverser zu Boden lauernder Gefahren reizvoll sein mag. Andererseits ist nichts so gemütlich wie ein Halbrund aus Zelten um ein Feuer, Campingstühle und endlos lange, von einem Glas Whisky oder einem Gin Tonic befeuerte Gespräche unter dem afrikanischen Sternenhimmel.
Nicht nur in den vielen Nationalparks, die es auf diese Art in maximaler Freiheit und Flexibilität zu erkunden gilt, auch bei der Reise durch das Land ist man mit einem Geländewagen auf der sicheren Seite. Selbst für Autopannen (siehe Einleitung) ist man bestens gerüstet. Schließlich sagt ein Sprichwort in Tansania, dass man ein mit Vierradantrieb betriebenes Fahrzeug nur deshalb braucht, um sich in Schwierigkeiten zu bringen, aus denen man nur mit einer Winde wieder herauskommt; wohlgemerkt einer mechanischen Winde, denn eine elektrische wird nach kurzer Zeit ihren Geist aufgeben, weil die Batterie des Autos die zumeist langwierigen und kräftezehrenden Rettungsaktionen nicht überlebt; was zur nächsten Panne, einer leeren Batterie, führt; was wiederum die Konsequenz nach sich zieht, dass man jemanden mit einem Startkabel oder gar ein Autohaus mit einer neuen Batterie (und das gibt es nur in den größeren Städten) finden muss – eine für den im ländlichen Tansania oder in einem Nationalpark Gestrandeten vergleichsweise schwierigere Aufgabe als mittels zwei Dutzend Helfern einen Toyota Land Cruiser aus einem schlammigen Bachbett zu befreien.
Ein Roadtrip durch Tansania (natürlich braucht man auch noch die richtigen Reisegefährten) ist unvergesslich, man erfährt so viel über das reale Land und die Lebensverhältnisse seiner Bewohner. Verstreut liegende Häuschen, viele aus Ziegel oder Beton und mit Wellblech gedeckt, säumen die Ausfallstraßen der Städte. Doch kaum verlässt man die großen Straßen und das besser entwickelte Kernland, sind die Häuser oft immer noch in traditioneller Lehmbauweise hergestellt, bei der ein Gerüst aus dünnen Holzpfosten mit Steinen und Lehm befüllt und danach verputzt sowie das Dach aus Schilf, Palmblättern oder Gras hergestellt wird. Es geht durch extensive Subsistenzlandwirtschaft. Mehr als drei Viertel der arbeitenden Bevölkerung Tansanias sind in der Landwirtschaft beschäftigt, die wiederum um die 30 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beitragen. Je nach Region werden Mais, Hirse, Reis, Maniok, Yams, Süßkartoffeln, Hülsenfrüchte und Bananen – und zwar etwa 20 unterschiedliche Sorten – angebaut.
Man reist entlang unzähliger kleiner Dörfer mit den typischen Straßengeschäften, in denen man das Allernötigste bekommt: Zahnbürsten, Seife, Reis, allerlei Haushaltswaren, Stifte. Die Ernte ist vorbei, das Land braun wie die Lehmziegelhäuschen oder -hütten. Viele Leute sind zu Fuß unterwegs oder mit einem Fahrrad, das unter einem überdimensionalen Bündel aus geerntetem Zuckerrohr oder drei großen Wassertanks fast verschwindet. Ab und zu überholt einen ein klappriges, uraltes Dala-Dala in atemberaubendem Tempo oder ein ebenso klappriger, mindestens so waghalsig dahinbretternder Überlandbus mit abgefahrenen Bremstrommeln. Ziegen und Rinder sind praktisch omnipräsent, immer von kleinen Jungen bewacht und nicht selten mitten auf der Straße. In den größeren Dörfern gibt es meist eine Grundschule und dazu Trauben von Kindern in den diversen Schuluniformen. Auf Schildern steht »Shule«, das aus der deutschen Kolonialzeit stammende Swahili-Wort für Schule.
Dass die Geschwindigkeitskontrollen recht streng sind, ist angesichts der Verkehrsteilnehmer und des Zustandes der Straßen mehr als einleuchtend. Und dass von Nachtfahrten strengstens abgeraten wird, ist ebenfalls sinnvoll – wiewohl sie oft nicht vermeidbar sind, Streckenplanungen von A nach B sind mit unvorhersagbaren Schwierigkeiten nur so gepflastert. Dann ist eben doppelte Vorsicht geboten. Statt eines Warndreiecks legen die Leute meist einen Ast auf die Straße und hoffen, dass niemand in den liegen gebliebenen Laster oder das riesige Schlagloch kracht. Immerhin: Seit der vormalige Präsident John Magufuli der Korruption den Kampf angesagt hat, wirken die Verkehrspolizisten nicht mehr ausschließlich wie Wegelagerer. Mittlerweile kann man Verkehrsstrafen meist auch nicht mehr bar bezahlen, sondern nur noch mit M-Pesa (bargeldloser Zahlungsverkehr über Mobiltelefone, dazu mehr im Kapitel über Silicon Dar) oder Kreditkarte, was dem Geldeinsammeln vor Anbruch des Wochenendes, einer zuvor üblichen Praxis der unterbezahlten Staatsbediensteten, einen entschiedenen Riegel vorgesetzt hat.
Wenn man eine Liste der Gefahren erstellt, die einem bei einer Reise durch Tansania drohen, stehen Verkehrsunfälle an oberster Stelle, danach kommt lange nichts, dann Malaria und andere Tropenkrankheiten. Und irgendwann am Ende der Liste firmiert noch die Gefahr, durch eine Kokosnuss erschlagen zu werden.
Was die Coronapandemie betrifft, war Tansania 2020 und 2021 so gut wie ungefährlich (zumindest hat das mein Lokalaugenschein und die Beteuerung sämtlicher befragter Menschen im Land ergeben) – wenig Fälle (zugegebenermaßen auch keine verlässliche Statistik und womöglich eine hohe Dunkelziffer), eine junge Bevölkerung, ein Leben, das sich ganzjährig im Freien abspielt, und sommerliche Temperaturen haben dafür gesorgt, dass die Entwicklung in Tansania keine dramatischen Formen angenommen hat. Ganz ehrlich, nirgendwo sonst konnte man der Pandemie besser entfliehen als hier. Leider hat das kaum jemand so gesehen, und die Pandemie hat die Tourismusindustrie hart getroffen. Besucherzahlen in der Serengeti haben sich um das Hundertfache reduziert, sprich man war in dem über 15 000 Quadratkilometer großen Park praktisch allein (was in der vom Aussterben bedrohten Geparden-Population für größeren Nachwuchs sorgte). Unzählige Tourismusunternehmen mussten Konkurs anmelden, ein massiver Verlust an Arbeitsplätzen war die Folge, die Tourismusindustrie ist schließlich eines der wichtigsten Zugpferde der Wirtschaft des Landes – sie macht um die 30 Prozent der Exporterlöse aus und kreiert Millionen von Arbeitsplätzen. Und immer, wenn der Tourismus einbricht, wirkt sich das auch auf den Umwelt- und Tierschutz aus.
Um die Riege der Transportmittel abzurunden, sei noch auf die Busse verwiesen – große Überlandbusse und kleine Dala-Dalas, die von einem Ort zum anderen oder von einem Stadtteil in den nächsten fahren. Um genauer zu sein, heizen sie in einem atemberaubenden Tempo und ohne Rücksicht auf Verluste durch Stadt und Land. Sie sind stets überfüllt, auch in den besseren Überlandbussen reisen oft Ziegen und Hühner mit. Und es kann leicht passieren, dass man ein schreiendes Baby auf dem eigenen Schoß platziert findet, während die dazugehörende Mutter mit diversen Gepäckbündeln die Fahrt, eingezwängt zwischen weiteren Passagieren, stehend zu überleben versucht.
Busfahren ist ohne Zweifel ein Erlebnis, der einzige Grund, warum es als Form der Abenteuerreise für mich hinter dem eigenen Geländewagen rangiert, ist die Tatsache, dass es so umständlich ist und dass es, abgesehen von den wenigen Hauptverkehrsstrecken, oft nur einen Bus pro Tag, wenn nicht gar pro Woche gibt und auch dessen Fahrplan sich oft durch große Unzuverlässigkeit auszeichnet.
Die Eisenbahn hat ein anderes Problem: Es gibt sie praktisch nicht. In der deutschen Kolonialzeit wurde zwar angefangen, das Bahnstreckennetz mit deutscher Gründlichkeit auszubauen, doch heute liegen viele Strecken brach und die Savanne hat sie zurückerobert. Oder sie werden nur sehr selten befahren. Trotzdem sollte man eine Reise auf einer der zwei Strecken (TAZARA oder Central Line) einplanen, beide Linien werden derzeit revitalisiert, es gibt mittlerweile sogar einen Luxuszug, der einmal in der Woche auf der Central Line von Daressalam nach Kigoma verkehrt.
Die TAZARA, die Tansania mit Sambia verbindet – zwei Züge pro Woche in jede Richtung, dazu mehrere Pendlerzüge in die Vororte Daressalams und dreimal im Jahr der südafrikanische Luxuszug Pride of Africa –, erinnert daran, dass schon der Staatsgründer und langjährige Präsident Nyerere gute Beziehungen zu China hatte. Die Volksrepublik finanzierte diese in den 1970er-Jahren auch geopolitisch wichtige Verkehrsverbindung, denn die Chinesen wollten eine vom Westen und Südafrika unabhängige Transportmöglichkeit für Kupfer aus Sambia zum Indischen Ozean schaffen. Die Strecke verläuft durch zwei Nationalparks, zuerst durch den etwa 200 Kilometer südwestlich von Daressalam gelegenen und nach dem Staatsgründer benannten Nyerere-Nationalpark (früher war er Teil des Selous), dann durch den älteren Mikumi-Nationalpark. Erreicht der Zug die Schutzgebiete noch bei Tageslicht, kann man Giraffen, Antilopen und Elefanten vom Eisenbahnfenster aus beobachten, normalerweise aber muss man sich vor allem auf ozeanische Verspätungen, manchmal gar mehr als 20 Stunden, gefasst machen.
Und dann gibt es natürlich auch noch Fähren und Dau-Segelboote, die zwischen dem Festland und den Inseln des Indischen Ozeans sowie auf den großen Seen, dem Viktoria- und dem Tanganjikasee, verkehren. Während die Fähren zwischen Daressalam und Sansibar, zumindest wenn man das richtige Fährunternehmen bucht, mittlerweile ziemlich sicher sind, sei vor den Daus eher gewarnt. In abgelegenen Orten verkehren sie vollgepackt mit Menschen, Gepäckbündeln und Waren aller Art zwischen den Inseln. Immer wieder kommt es zu Unfällen, es gibt nur unzureichende sanitäre Einrichtungen, keinen Schutz vor Sonne, Wasser und Wind, und man muss selbst einen ausreichenden Vorrat an Wasser und Essen mitnehmen. Wenn Sie dennoch diese Art des Fortkommens wählen, Ihr Leben Ihnen aber lieb ist, checken Sie das Wetter und steigen Sie nicht in überfüllte Boote (was jedoch so gut wie unmöglich ist). Vor allem aber achten Sie auf die Richtung des Monsuns. Fahrten in Windrichtung sind auf jeden Fall sicherer. Von November bis Ende Februar sollten Sie also nur vom Norden in den Süden fahren, von Juli bis September vom Süden in den Norden. Dann machen Sie es so wie die arabischen Händler, die mit diesen Winden seit Jahrhunderten an die Küste Ostafrikas segelten, vor Ort blieben, bis der Wind drehte, und dann, beladen mit Elfenbein und Gewürzen, wieder zurückfuhren.
Selbst wenn Sie sich eine Fahrt mit einer Dau (so es sich nicht nur um ein von allen Tourismusunternehmen angebotenes »Sunset-Segeln« handelt) organisieren lassen, könnte diese zu einem Abenteuer mit unabsehbaren Folgen werden. Ich bin einmal vom Rufiji-Delta nach Mafia gesegelt, einen ganzen Tag lang, bei Windstärke 7 und einsetzender Regenzeit. Die Bootsleute hatten weder Karten noch GPS, auch funktionierte das Mobilfunknetz auf hoher See nicht. Es war eines jener unvergesslichen, aber eben auch herausfordernden afrikanischen Erlebnisse, die sich einem in die Seele einbrennen, weil sie ein Gefühl von maximaler Freiheit und wilder, um nicht zu sagen rauer Romantik hinterlassen.
Die Crew dieses wunderschönen, wohl auch vor 500 Jahren nicht anders funktionierenden Bootes, Kapitän Hamisi Ahamadi und dessen erster Matrose Mwini Mmadi, segelte mit nichts als ihrer eigenen Körperkraft – die Segel der Daus werden noch rein mechanisch gesetzt – und ihrem absolut untrüglichen Orientierungssinn über das Meer. Auf die Frage, wie sie wüssten, wohin wir fahren müssen, zeigten sie bloß vage in Richtung des blauen Horizonts und kannten dennoch jede Untiefe, jede Welle, jede Laune des Windes. Fischer von Geburt an schienen sie eine andere Form des Eins-Seins mit dem Meer, des Fühlens, Lauschens und Navigierens zu besitzen als wir in heimischen Gewässern eigentlich ziemlich segelerprobten Passagiere. Lachend brachten sie uns schließlich in Kilindoni an Land, ich war derart seekrank, dass ich kurzfristig lieber sterben als auch noch durchs knöcheltiefe Wasser an den Strand waten wollte.