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Absolute Finsternis umhüllte mich. Ich konnte mich nicht bewegen und die Totenstille nagte an meinem Verstand. Gefangen in meinem engen Behältnis verharrte ich regungslos und schweigsam, aber nicht bewusstlos: Mein Verstand befand sich im Modus Daueraktiv, ohne die Möglichkeit auf eine Stand-by-Schaltung. Und doch konnte ich mental Informationen empfangen, durch feinstoffliche Schwingungen über den Äther übertragen, Informationen von dort draussen, welche mich mit der Welt verbanden, mich eins mit dem Universum werden liessen. Aber vor allem eine Kommunikation mit meinen beiden Brüdern, welche sich in der gleichen Situation befanden wie ich, telepathisch aufzubauen und auszubauen, zu vervollkommnen. Ja, ich nahm ganz deutlich deren Präsenz wahr, fühlte förmlich ihre unmittelbare Nähe. Auch ihnen erging es wie mir. Sie warteten in ihrem kalten und dunklen Gefängnis, und auch sie konnten sich nicht bewegen – noch nicht.
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Seitenzahl: 87
Werner Hermann
Geheimprojekt Pyramiden
Arcanum Fantasy Verlag
e-book 236
Mystische Schriften 16
Werner Hermann - Geheimprojekt Pyramiden
Erscheinungstermin: 01.06.2024
© Arcanum Fantasy Verlag
Erik Schreiber
An der Laut 14
64404 Bickenbach
www.arcanum-fantasy-verlag.de
Titelbild: Igor Shaganov
Vertrieb: neobooks
Danksagungen
Für Klaus GM aus HB,
GK des S.O.S.M.,
für seine Ermutigung zum Schreiben;
für Ronin Erik aus Medilihha,
Weltenbummler und Esoteriker,
für seine unermüdliche Inspiration;
für meine Gattin „Bambi“ Eliete
und meine Katze „Isis“,
für ihre Geduld mit mir;
für meinen Verleger Erik Schreiber,
der mit dieser Veröffentlichung bewiesen hat,
dass er immer noch an mich glaubt.
Inhaltsverzeichnis
Prolog
Geheimprojekt Pyramiden
Epilog
Glossar
Über den Autor
„Eines Tages wird man offiziell zugeben müssen, dass das, was wir Wirklichkeit getauft haben, eine noch grössere Illusion ist als die Welt des Traumes.“
Salvador Dali
Prolog
Absolute Finsternis umhüllte mich. Ich konnte mich nicht bewegen und die Totenstille nagte an meinem Verstand. Gefangen in meinem engen Behältnis verharrte ich regungslos und schweigsam, aber nicht bewusstlos: Mein Verstand befand sich im Modus Daueraktiv, ohne die Möglichkeit auf eine Stand-by-Schaltung. Und doch konnte ich mental Informationen empfangen, durch feinstoffliche Schwingungen über den Äther übertragen, Informationen von dort draussen, welche mich mit der Welt verbanden, mich eins mit dem Universum werden liessen. Aber vor allem eine Kommunikation mit meinen beiden Brüdern, welche sich in der gleichen Situation befanden wie ich, telepathisch aufzubauen und auszubauen, zu vervollkommnen. Ja, ich nahm ganz deutlich deren Präsenz wahr, fühlte förmlich ihre unmittelbare Nähe. Auch ihnen erging es wie mir. Sie warteten in ihrem kalten und dunklen Gefängnis, und auch sie konnten sich nicht bewegen – noch nicht.
Geheimprojekt Pyramiden
Alert (Kanada), zwei Jahre zuvor
Der Chaos-Magier Kire Mylonas aus Medilihha, die Hexe Gundula Gittermann von Gaia und das Schamanen-Ehepaar Nuussuaq und Nutaarmiut von den Ewigen Eisgründen sassen gemütlich an einem Tisch in der einzigen Gaststätte des Militärstützpunktes Alert in Qikiqtaaluk, nahmen ihre Mahlzeit zu sich und unterhielten sich miteinander über ihr Vorhaben. Selbst für die beiden Autochthonen war es nicht einfach gewesen, die erforderliche Zutrittsgenehmigung für das Sperrgebiet für alle vier Beteiligten ihres Schamanen-Covens zu bekommen. Doch die geografische Lage in unmittelbarer Nähe zum Nordpol versprach optimale Bedingungen bei den geplanten Ritualen, die vier Elementargeister, welche allen Dingen innewohnen, heraufzubeschwören. Als unvergleichlicher Elektrometeor besass die Aurora borealis insbesondere in der langen Polarnacht jene unabdinglichen, natürlichen Eigenschaften, um bei den Evokationen der kleinen Gruppe die Energien freizusetzen und zu bündeln, welche dazu dienten, den Gottheiten der vier bekannten Elemente die Ehre zu erweisen und mit ihnen in Kontakt zu treten.
Obwohl alle von der Anreise per Flugzeug ermüdet waren und erst einige Stunden in ihrem containerartigen Quartier verbracht hatten, wollte das Quartett schon in Kürze zu jener Stelle aufbrechen, wo es zur Sache ging. Alle Vorbereitungen in puncto Ausrüstung waren abgeschlossen. Auch die lebensnotwendige Bewaffnung stimmte, da die grösste Gefahr in der Polarregion von wilden, hungrigen Eisbären ausging. Zu deren Abwehr trug Kire Mylonas eine Desert Eagle 357 Magnum mit neun Schuss Magazinkapazität, Gundula Gittermann einen acht-schüssigen Taurus Revolver, Model 608, Kaliber 357 Magnum, und Nuussuaq und Nutaarmiut vertrauten jeder auf seinen Smith & Wesson Revolver Model 686 des gleichen Kalibers mit jeweils sechs Kammern in der Trommel.
Sie tranken ihre Getränke aus, verliessen das Lokal und brachen auf. Die eiskalte Dunkelheit empfing sie draussen mit einem unwirtlichen Windstoss. Noch stand ihnen ein längerer Fussmarsch bevor, doch die hoch motivierten Nigromanten scheuten kein Hindernis, ihr Unterfangen zu verwirklichen. Bald schon sollte es so weit sein.
Kire Mylonas, Gundula Gittermann und das Schamanen-Paar Nuussuaq und Nutaarmiut hatten ihre vorbestimmten Plätze eingenommen. Der Chaos-Magier griff in seinen legendären, schwarzen Rucksack und holte einen elektronischen Kompass heraus, um die genauen Koordinaten zu überprüfen, welche für das Ritual erforderlich waren. Auch die magnetischen Frequenzen und die Lumineszenz der Aurora borealis passten genau. Alle Beteiligten richteten ihre geografischen Positionen aus, bildeten einen Kreis und fassten sich bei den Händen. Über ihnen leuchtete im tiefschwarzen Himmel das Nordlicht in grünen und roten Spektralfarben. An diesem speziell ausgewählten Datum standen die Gestirne in der richtigen Relation zueinander, um das Vorhaben der Gruppe zu ermöglichen. Es war genau Mitternacht Ortszeit. Die vier Reisenden konzentrierten ihre Gedanken auf die schlingenden, tanzenden Lichtschweife des anmutig erscheinenden Lichtphänomens und krochen mit ihrem Bewusstsein an ihnen empor, um im eisigen, mit kristallähnlichen Sternen behangenen Firmament einzutauchen und sich in der Tiefe des Weltalls zu verlieren. Wenig später verharrten nur mehr vier Gestalten in Polarkleidung auf dem gefrorenen Boden unserer bekannten Erde, leere organische Hüllen ohne Seele.
Kire Mylonas, Gundula Gittermann und das Schamanen-Duo Nuussuaq und Nutaarmiut hielten sich immer noch an den Händen. Sie öffneten ihre Augen und sahen, dass sie sich immer noch am selben Ort wie zuvor befanden. Doch irgendetwas hatte sich verändert. Sie spürten keine Kälte mehr, die Farben der Aurora borealis und des Himmelszeltes strahlten in einer anderen Farbkonstellation und der gefrorene Boden, auf welchem sie standen, strahlte plötzlich eine sonderbare Wärme aus, als ob das Eis hier aus feinem, weissen Sand bestünde. Sie liessen voneinander ab, drehten sich in alle Richtungen und zogen ihre Anoraks, Kapuzen und Stiefel aus. Tatsächlich fühlte sich der Untergrund an ihren Füssen an, als stünden sie auf einem karibischen Strand. Die Landschaft ähnelte immer noch einer unendlichen Ebene, doch in einer Richtung ragte am fernen Horizont ein helles, pastellfarbenes, tempelähnliches Gebäude aus dem Zwielicht heraus. Die vier sahen sich entschlossen an und begaben sich sodann auf den Weg zu dem merkwürdigen Bauwerk. Kire machte den Anfang, gefolgt von Gundula, Nutaarmiut und Nuussuaq. Alle fühlten sich leichter als zuvor und ihre Schritte schienen enorm, als würden sie sich auf dem Mond fortbewegen. Sie verloren auch das Zeitgefühl und konnten keineswegs bestimmen, ob die Dauer ihres Fussmarsches langsamer oder schneller vor sich ging, als sie es vormals gewohnt waren. Die Luft war mild und würzig, roch nach Meeresbrise gepaart mit Bergkräutern. Schon nahte der vermeintliche Tempel und eine Gestalt kam ihnen von dort entgegen. Wenig später erkannten sie, dass es sich um einen alten Mann mit einem langen, weissen Bart in einem ebenfalls langen und weissen Gewand handelte. Sie verharrten. Vorsicht und Erstaunen machten sie misstrauisch. Die seltsame Erscheinung kam ihnen näher und blieb in einer respektvollen Distanz vor der Gruppe stehen. Dann sprach sie: „Willkommen in der Überwelt! Ich habe euch schon erwartet. Ich bin der Alte Weise, Hüter des allumfassenden Archives des kosmischen Wissens der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, beherbergt im Palast der universellen Erkenntnis.“
„Eigentlich“, erhob Kire Mylonas im Namen seiner Gruppe das Wort, „suchen wir nach den vier Elementargeistern, welche in allen Dingen wohnen und diese ausmachen. Wir erbeten uns ihren Schutz und wollen ihnen huldigen.“
„Die vier Elementargeister. Aha! So, so. Dazu kommen wir etwas später. Ich biete euch eine einmalige Gelegenheit an, euren Wissensdurst zu stillen. Ich lade jeden von euch dazu ein, einen elektronischen Datenträger im Haus der Aufzeichnungen zu einem euch beliebigen Thema zu konsultieren, um so herauszufinden, was auch immer ihr wollt“, antwortete der Alte Weise.
„Wenn wir es uns sowieso aussuchen dürfen, dann …“
„Nicht so eilig, mein Freund“, unterbrach der betagte Mann den Chaos-Magier. „Ich habe gesagt zu EINEM beliebigen Thema! Ausserdem kostet euch diese Konsultation etwas. Nichts ist gratis, aber manches leider zu oft umsonst.“ Er machte eine einladende Handbewegung in Richtung des Eingangstores des Palastes der universellen Erkenntnis, und als sich die vier Nigromanten in Bewegung gesetzt hatten, begleitete er sie etwas abseits von ihnen.
„Der Preis für eure Neugierde ist ein Gestaltwechsel. Ihr werdet eure derzeitige physische Erscheinung verlieren, eure geistige Identität aufgeben und in einer anderen Lebensform die Überwelt durchforsten. Ihr werdet in eine neue Bewusstseinsphase schlüpfen.“ Er schritt nun vor die Reisenden, um diese anzuführen, brachte sie durch die imposante Vorhalle des Bauwerkes, ging mit ihnen einen breiten, hohen Gang entlang und öffnete eine der Türen auf der linken Seite, auf der ein Schild mit der Aufschrift „Universalwissen“ prangte. Nachdem sie in den Raum, welcher leer zu sein schien, eingetreten waren, schloss er die Tür und deutete auf die Wände mit Silbenschriftzeichen. Die universelle Sprache in der Überwelt war das allen Schamanen bekannte Inuktitut. Kire Mylonas und Gundula Gittermann besassen zwar auch Kenntnisse, überliessen den Vortritt jedoch diesmal den beiden Spezialisten auf diesem Gebiet: Nuussuaq und Nutaarmiut. Die beiden Eisländer bestaunten die Schriftzeichen, berieten sich kurz untereinander und richteten sich dann an die Hexe und den Chaos-Magier:
„Wir wollen mehr über unser Volk erfahren. Nuussuaq würde gern die Vergangenheit seines Klans ergründen und ich selbst einen Blick in die Zukunft unseres Stammes werfen.“ Nutaarmiut sah die beiden fragend an.
„Ich möchte in der Gegenwart bleiben“, antwortete Gundula. „Es gibt hier noch so viele Geheimnisse. Warum in ferne Zeiten schweifen?“
„Mich interessieren Wahrheiten, welche in allen Zeiten Gültigkeit besitzen“, gab Kire, ohne zu überlegen, von sich.
„So sei es denn“, mischte sich der Alte Weise ein. „Es wird jedem sein Wunsch nach Wissen erfüllt. Aber bedenkt: Jeder von euch wird mit nur einer einzigen Information diese Stätte der Erkenntnis verlassen!“
Er deutete dem Schamanen-Paar und der Hexe, den Raum wieder zu verlassen, führte sie auf den Gang zurück und schloss hinter sich wieder die Tür. Kire Mylonas befand sich nun allein in dem Raum.
Bei einer der nächsten Pforten mit der Aufschrift „Gegenwart“ blieb der Hüter des Wissens stehen, öffnete diese und bat Gundula einzutreten. Die Kammer war ebenfalls leer, die Wände wieder mit den bekannten Schriftzeichen verziert. Als sie eingetreten war, schloss er die Tür hinter ihr zu. Dann wiederholte er dieses Ritual, bis sich alle Mitglieder der Gruppe in jeweils einem Zimmer befanden. Nuussuaq und Nutaarmiut bekamen wunschgemäss die Räume „Vergangenheit“ und „Zukunft“. Dann verliess der Alte Weise das Gebäude und überliess seine vier Gäste sich selbst.