Gekündigt  - zum Glück! - Everhard Uphoff - E-Book

Gekündigt - zum Glück! E-Book

Everhard Uphoff

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Beschreibung

"Wir trennen uns von dir", sagte mein Chef. Aus, vorbei. Das war's. Die Entscheidung war gefallen. Gegen mich. Endgültig. Darauf war ich nicht vorbereitet. So geht es tagtäglich vielen Menschen. Sie verlieren ihren Job. Die wenigsten wissen, was damit auf sie zukommt und wie sie mit dieser emotional aufgeladenen Situation umgehen sollen. Ich war vor fünf Jahren genau in dieser Situation. Ich weiß, wie sich die Betroffenen fühlen und was mit ihnen passiert. Während der letzten 24 Monate habe ich mit über 100 Fach- und Führungskräften gesprochen. Sie alle haben berufliche Umbrüche erlebt und sind mal mehr, mal weniger heftig Gefühlsachterbahn gefahren. Entweder haben sie die Veränderung selbst herbeigeführt oder sie wurden dazu gezwungen, ihren Arbeitsplatz zu räumen. Was sie erlebt haben, wie sie mit der Situation umgegangen sind und wie sie wieder Fuß fassen konnten, beschreiben die 15 Interviews im Buch. Ich habe sie bei diesem Prozess, der viel Kraft, Zeit und Einsicht erfordert, begleitet. Die gesammelten Erfahrungen zeigen anderen Betroffenen, dass sie nicht allein sind - und dass es Licht gibt am Ende des Tunnels. Sie können nämlich selbst etwas tun und ihr Leben wieder in die Hand nehmen.

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Gekündigt – zum Glück!

Für Katja, Ava und Finn

Everhard Uphoff

Gekündigt – zum Glück!

Das Mutmachbuch für den Neustart

© 2020, Everhard Uphoff

ISBN

 

Paperback

978-3-347-11477-7

Hardcover

978-3-347-11478-4

e-Book

978-3-347-11489-1

Begleitung, Lektorat und Satz: Cornelia Rüping, traum-vom-buch.de Schlusskorrektur: Dr. Leila Werthschulte

Umschlag: Laura Niklaus, studiowoander.com

Illustrationen: Marcela Müllerová

Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40–44, 22359 Hamburg

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Meine Geschichte: Ich wurde gefeuert – zum Glück

Kapitel 1: Job weg – eine Kündigung kann viele Gesichter haben

Kapitel 2: Das Marktumfeld – Wirtschaft und Gesellschaft

Arbeiten in der modernen Welt

Corona: wie eine Pandemie das Wirtschaftsleben in den

Ausnahmezustand versetzt

Arbeitsmarkt der Zukunft

Elke D.: Jobverlust während der Corona-Krise mit 57 Jahren

Martina K.: Entlassung nach Standortverlagerung

Michaela S.: Drastischer Umbau in der IT-Branche

Michael W.: Arbeitslos nach Werksschließung

Markus M.: Neustart nach der Airline-Pleite

Kapitel 3: Das Unternehmen – Werte, Leitbild und Kultur

Sand im Getriebe: Unternehmen ohne gelebte Werte

Trennungskultur: der Umgang mit Gekündigten

Knud D.: Kündigungen als Teil des Berufsalltags

Claudia L.: Ein Pharmabetrieb tauscht seine Arbeitskräfte aus

Greta A.: Wenn dem Start-up das Geld ausgeht

Heike Z.: Job futsch nach Zwangsversetzung und Krankheit

Anton B.: Frust am Arbeitsplatz – die Folge: innere Kündigung

Kapitel 4: Der Chef – Führung Fehlanzeige

Narzissten in der Chefetage: Mobbing und Bossing

Sebastian K.: Narzisst verschleißt sieben Mitarbeiter in einem Jahr

Silke E.: Chef vergrault Top-Mitarbeiterin

Ines V.: Jobkiller Schwangerschaft

Mirko W.: Erpressung in der Probezeit

Kapitel 5: Der Mensch – innere und äußere Krisenauslöser

Helmut W.: Keinen Bock mehr auf das Machtgerangel

Christian K.: Mit Burnout in die Klinik

Isabel M.: Raus aus dem Hamsterrad

Thorsten B.: 190 Bewerbungen – nur Absagen

Special: Der lange Weg durch die Verfahren

Stefan K.: Mitarbeiter gibt im Kampf für Anstand und Gerechtigkeit nicht klein bei

Blitztipps: Wie du heil aus der Jobkrise kommst

#1 Alles zu seiner Zeit – gut vorbereitet auf die Kündigung zusteuern

#2 Während der Kündigung – handlungsfähig und selbstbestimmt bleiben

#3 Nach der Kündigung – das Beste draus machen

Was ich dir noch mit auf den Weg geben möchte

Erzähl mir deine Geschichte

Literatur

Stichwortverzeichnis

Herzlichen Dank

Der Autor

Vorwort

„Wer ständig glücklich sein möchte, muss sich oft verändern.“ Konfuzius

Als ich das Chefbüro betrat, saßen beide Geschäftsführer am Besprechungstisch. Was hatte das zu bedeuten? Einer sagte plötzlich: „Wir trennen uns von dir.“ Einfach so, aus dem Nichts heraus. Der andere gab keinen Ton von sich. Funkstille. Die Worte trafen mich unvorbereitet und mitten ins Mark. Ich war geschockt, sprachlos, wusste gar nicht, was ich antworten sollte. Meine Stimme war weg, die Miene versteinert, ich spürte, wie ich blass wurde, mir war kalt. „Wir trennen uns von dir“, wiederholte mein Chef. Aus, vorbei. Das war’s. Die Entscheidung war gefallen. Gegen mich. Endgültig. Ich verlor das Gefühl für Raum und Zeit, konnte mich später nicht mehr daran erinnern, wie lange ich da saß auf meinem Stuhl, mit dem Rücken zur Wand, erstarrt, fassungslos. Und dann verspürte ich nur noch einen Wunsch. Ich wollte weg, den Raum verlassen.

Ich hörte mich sagen, dass ich jetzt gehen würde, stand auf, drehte mich um und verließ wie ferngesteuert den Raum. Schnurstracks ging ich in mein Büro und packte meine persönlichen Gegenstände zusammen. Ich war überfordert mit der Situation, wollte einfach nur raus, weg. Auf dem Weg nach draußen begegnete ich keiner Menschenseele. Tief erschüttert fuhr ich nach Hause, suchte einen Zufluchtsort, um mich zurückzuziehen und zu verkriechen. Ich fühlte mich wie ein schutzloses, verwundetes Tier.

Auf diese Situation war ich einfach nicht vorbereitet. In meinem Kopf wimmelte es nur so von wirren Gedanken. Nie im Leben hätte ich damit gerechnet, dass der Konflikt mit dem Produktionsleiter derartig eskalieren und sich das Blatt so folgenschwer gegen mich wenden würde. Ich konnte es einfach nicht fassen, kam mir vor wie die sprichwörtliche heiße Kartoffel, die fallen gelassen wird. Fünf Monate zuvor hatte ich mir doch noch ein Zwischenzeugnis ausstellen lassen. Als mein Chef es mir überreicht hatte, hatte er mir versichert, dass ich die beste Besetzung für meinen Posten sei. Und jetzt das.

Doch irgendwie war ich auch erleichtert. Endlich war der Spuk vorbei: die angespannte Situation und der Druck der letzten Wochen und Monate, das Unausgesprochene, das Schweigen, die Heimlichtuerei, das Gefühl, dass da etwas im Hintergrund lief. Die dicke Luft, die sich über die letzten Monate aufgebaut und kein Ventil bekommen hatte, das permanente Gefühl, nicht mehr willkommen zu sein, die unterschwellige Missbilligung, Ablehnung und Entwertung, all das bekam jetzt schlagartig einen Sinn.

Was ich als Nächstes tat? Ich rief meinen Anwalt an.

Ja, so ist es bei mir gelaufen und damit wurde ein Prozess in Gang gesetzt, der bis heute andauert. Der mich durch Höhen und Tiefen führte, in die Verzweiflung, in die Hoffnung und am Ende ins Glück. Als ich für mich wieder Boden unter den Füßen hatte, wollte ich dazu beitragen, dass andere Menschen, die in diese Situation geraten, es leichter haben. Mein Buch will dich, liebe Leserin und lieber Leser, dabei unterstützen, vorbereitet zu sein, Fehler in einer für dich sicher emotional aufwühlenden Zeit zu vermeiden und vor allem handlungsfähig zu bleiben. Denn wer in eine Position gedrängt wird, aus der heraus nur eine Reaktion und keine Aktion mehr möglich ist, wer gefühlt mit dem Rücken zur Wand steht, braucht gute Informationen und einen kühlen Kopf. Das ist aber schwierig, wenn die Emotionen hochkochen und kaum ein klarer Gedanke zu fassen ist. Dieses Buch kann dich davor bewahren, in einer Schockstarre zu verharren oder in die Opferrolle zu schlüpfen. Es hilft dir dabei, mit hoch erhobenem Kopf und strukturiert an die Aufarbeitung dessen heranzugehen, was mit dir geschehen ist.

Was ich noch ausdrücklich erwähnen möchte: Es geht mir nicht darum, mit meinem alten Arbeitgeber abzurechnen oder einseitige Positionen zugunsten von Gefeuerten zu beziehen. Dieses Buch soll Mut machen! Es ersetzt jedoch weder die Unterstützung durch einen Anwalt oder Psychologen, noch einen Arztbesuch oder Begleitmaßnahmen bei der beruflichen Neuorientierung.

Alles Gute für dich in deinem Veränderungsprozess!

Everhard Uphoff, Grassau im November 2020

Einleitung

Als ich zu Hause war, merkte ich, dass ich etwas unternehmen wollte. Ich hatte meinen Job verloren und wusste überhaupt nicht, was ich in dieser Situation zu tun hatte. Innerhalb kürzester Zeit war ich emotional in einen absoluten Ausnahmezustand geraten und konnte nicht mehr klar denken. Plötzlich sah ich mich mit vielen neuen Themen konfrontiert, über die ich mir bisher nie wirklich Gedanken gemacht hatte: Aufhebungsvertrag, Rechtsschutz oder Kündigungsschutzklage. Damit kannte ich mich nicht aus. Ich kam auf die Idee, mich übers Internet schlau zu machen. Doch schnell verlor ich mich bei der Suche im Netz und fand nicht wirklich das, was ich in diesem Moment brauchte.

Im Nachhinein kann ich sagen, dass meine eigenen Erfahrungen in der Notsituation mich dazu motiviert haben, dieses Buch zu schreiben. Denn eins habe ich für mich gelernt: Der häufig vom Arbeitgeber ausgeübte Druck in heißen Phasen kann einen in Zeitnot bringen und Panik auslösen. Wie gut, wenn dann sinnvolle Informationen und wertvolle Erfahrungsberichte ehemalig Betroffener aus erster Hand vorliegen. Denn vielen fehlt – wie mir damals – das Wissen rund um Kündigung und Jobverlust. In dieser Situation sind konkrete Lösungsvorschläge gefragt, wie mit der beruflichen Krise umzugehen ist, um am Ende bestmöglich wieder herauszukommen.

Mit diesem Buch möchte ich generell dazu auffordern, offener mit dem Thema Arbeitslosigkeit umzugehen. Jobverlust ist immer noch ein Tabu und wird als Makel angesehen. Kaum einer geht damit an die Öffentlichkeit, die Betroffenen schweigen, und zwar sowohl diejenigen, die kündigen, als auch diejenigen, die gekündigt werden. Das ist ein gesellschaftliches Problem: Wir definieren uns oft über den Job, unser Selbstwert hängt meist davon ab, was wir geleistet haben, und nicht davon, wer wir sind. Viele schämen sich, wenn sie keine Arbeit mehr haben, und suchen die Schuld bei sich. Sie glauben, gescheitert zu sein, und fühlen sich als Versager. Ihr Selbstwert rutscht in den Keller.

Doch Umbrüche werden in naher Zukunft schon deshalb mehr zum beruflichen Alltag gehören, weil unsere Arbeitswelt im Wandel ist. Die Rede ist von der Industrie 4.0, der vierten industriellen Revolution, in der wir uns aktuell befinden und die innerhalb des aktuellen Jahrzehnts vieles grundlegend verändern wird. Gleichzeitig wird das Klima in der Arbeitswelt rauer. Selbsterhalt, Macht, Besitzverhältnisse, Ego und Abhängigkeiten spielen dabei eine Rolle. Aussprüche wie „Wer zahlt, schafft an“ oder „Ober sticht Unter“ verdeutlichen einleuchtend, worum es geht. Oft erst an zweiter Stelle, wenn überhaupt, folgt die Sache an sich – und ganz am Schluss dann der Mensch. Gemeinsam an einem Strang zu ziehen und eine vorhandene Vision wahr werden zu lassen wird zur Nebensache. Doch genau das ist es, was wir in Zukunft immer mehr brauchen, wenn wir Umbrüche überwinden und neue Systeme schaffen wollen, um unsere Arbeitswelt menschlich und fair umzugestalten.

Leider zeigt sich in der Praxis aber häufig das Gegenteil: In den Unternehmen lässt der Umgang miteinander sehr zu wünschen übrig. Der Mensch wird zum Kostenfaktor degradiert, ausgetauscht und entsorgt, wenn er überflüssig, unbequem oder zu teuer geworden ist. Das spiegelt sich auch in der Art und Weise wider, wie Firmen sich von ihren Mitarbeitern trennen. Noch immer gibt es viel zu viele Unternehmen, die respektlos und unanständig mit ihren ausscheidenden Mitarbeitern verfahren.

Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels kann es sich in Zukunft kaum noch ein Arbeitgeber leisten, seine Mitarbeiter mies zu behandeln und sie scheinbar willkürlich ein- und auszustellen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte Standard sein, wenn ein Arbeitsverhältnis auf das Ende zugeht. Ein wertschätzender Trennungsprozess bewirkt, dass Gekündigte die Situation besser akzeptieren, den Arbeitsplatz schneller loslassen und eher wieder neue berufliche Perspektiven ins Auge fassen können.

Auf welche Art und wie stark ein Mensch darauf reagiert, dass sein Arbeitsplatz wegfällt, hängt vor allem auch davon ab, wie es zu der beruflichen Trennung gekommen ist. Es macht einen großen Unterschied, ob die betreffende Person selbst gekündigt hat oder sie plötzlich ohne Vorwarnung gekündigt wurde. Dazwischen liegt die Variante, dass eine Kündigung vorab bekannt gegeben wird, sodass Zeit bleibt, sich darauf einzustellen und sich auf die neue Situation vorzubereiten. In vielen anderen Fällen verlieren die Betroffenen unverschuldet ihren Arbeitsplatz. Sie haben sich nicht falsch verhalten, gute Leistungen erbracht und keine silbernen Löffel geklaut. Oft erfahren die Mitarbeiter auch gar nicht, warum sie eigentlich das Unternehmen verlassen müssen. Die wahren Gründe bleiben verborgen.

Wie Vorgesetzte mit ihren Mitarbeitern im Zuge des Trennungsprozesses umgehen, ist mitentscheidend. Kommt es zu einer unguten Trennung, kostet das oftmals unnötig Geld, Zeit und Nerven – bei allen Beteiligten. Eines gilt in jedem Fall, ob jemand selbstverschuldet seine Arbeit verloren hat, bewusst oder unbewusst zum Jobverlust beigetragen hat oder schlicht und einfach zur falschen Zeit am falschen Ort war: Fällt der Arbeitsplatz weg, löst das einen Veränderungsprozess in uns aus.

Und genau hier setze ich mit meinem Buch an: In den letzten drei Jahren habe ich mit mehr als 100 Fach- und Führungskräften aller Hierarchiestufen gesprochen, die aus unterschiedlich großen Unternehmen sowie Branchen stammen. Sie alle haben berufliche Umbrüche erlebt und sind mal mehr, mal weniger heftig emotional Achterbahn gefahren. Manche von ihnen haben die Veränderung selbst herbeigeführt, andere wurden dazu gezwungen, ihren Arbeitsplatz zu räumen.

Meine Gespräche mit ihnen habe ich in Form von Interviews ausgearbeitet. Eine Auswahl findet sich auf den folgenden Seiten. Alle Personen, die hier ihre Geschichten erzählen, wurden zum Schutz anonymisiert dargestellt. Mir war vor allem wichtig zu erfahren, was bei den Einzelnen jeweils zur Jobkrise geführt hat, wie sie diese Phase erlebt haben, welche Hindernisse bestanden und aus dem Weg geräumt wurden – und wie es ihnen letztendlich gelungen ist, wieder auf die Beine zu kommen. Damit möchte ich Betroffenen zeigen, dass sie in ihrer Not nicht allein sind. Vielen anderen ist dasselbe Schicksal widerfahren und sie haben es gemeistert.

Manche der Betroffenen begleitete ich über einen längeren Zeitraum als zwei Jahre. Das hing jeweils davon ab, wie schnell jemand die individuelle Veränderungskurve durchlief und beruflich wieder neu Fuß fasste. Um die Entwicklungen im Lauf der Zeit festzuhalten, wiederholte ich die Interviews mehrmals und arbeitete neue Erkenntnisse entsprechend ein. Die Interviews fanden entweder schriftlich mit einem vorgefertigten Fragebogen, mündlich am Telefon oder auch in Online-Sitzungen statt.

Im Rahmen meiner Arbeit als Veränderungsbegleiter und Krisenmanager wollte ich von den Menschen, denen ich zur Seite gestanden habe, etwas über ganz unterschiedliche Dinge erfahren:

● Arbeitsumfeld (Firmensystem, Betriebsklima, Machtstruktur im Unternehmen, Führungskultur, Verhältnis zum Chef)

● Betriebszugehörigkeit, Alter, Aufgaben, Rollen und Funktionen im Unternehmen

● Gründe für den Wechsel, den Verlust oder die Kündigung

● Ablauf des Trennungsgesprächs

● Emotionale Reaktionen und Auswirkungen im gesamten Trennungs- und Neuorientierungsprozess

● Reaktion des privaten und beruflichen Umfelds auf die Veränderung

● Unterstützung, Hilfe und Rat von außen

● Letzter Arbeitstag

● Persönliche Bewältigungsstrategien (Abwicklungs- oder Aufhebungsvertrag, Klage)

● Trennungskonditionen

● Vorbereitung, Selbstbestimmung und Handlungsfähigkeit im gesamten Prozess

● Rat für andere in einer derartigen Situation

● Vorgehensweise bei der beruflichen Neuorientierung, Szenarien, Resonanz auf Bewerbungen

● Selbstführung in der Krisenzeit (Stresslevel, Lebensführung, eigene Schwachpunkte)

● Persönliche Wertvorstellungen und die Suche nach Sinn

Natürlich steht die Frage im Raum, wer davon profitieren kann, dass sich die interviewten Menschen geöffnet haben und andere vertrauensvoll an ihren Erfahrungen teilhaben lassen. Ganz eindeutig: Dieses Mutmachbuch ist genau richtig für Arbeitnehmer, bei denen absehbar der Arbeitsplatz wegfallen wird, sowie diejenigen, die bereits freigestellt wurden, frisch gekündigt sind oder schon in der beruflichen Neuorientierung stecken.

Viele Gekündigte kommen alleine klar. Dennoch ist dieses Buch gut geeignet auch für sie, weil es sie darin bestärkt, alles richtig gemacht zu haben oder gerade zu machen. Es gibt emotionalen Halt und hilft dabei, sich nicht unterkriegen zu lassen. Und: Die Betroffenen erkennen womöglich, dass die Beweggründe, die zur Kündigung geführt haben, nichts mit ihnen als Person zu tun haben. Diese Erkenntnis hilft ungemein, das Erlebte schneller zu verarbeiten und diese Erfahrung hinter sich zu lassen.

Darüber hinaus können Menschen in Führungsrollen das Buch hervorragend nutzen. Denn es zeigt auf, welchen wirtschaftlichen Schaden eine unprofessionelle Trennungskultur im gesamten Unternehmenssystem anrichten kann. Wer seine Managementaufgaben effizient erfüllen will, muss verstehen, was es bedeutet, Mitarbeiter zu führen und zu verabschieden. Dieses Buch richtet sich auch an Betriebsräte, Unternehmer, Personaler und alle anderen Personen, die am Trennungsprozess beteiligt sind. Es trägt dazu bei, dass sich alle ihrer Verantwortung und Rolle bewusst werden und die Bedürfnisse und Motive der anderen besser verstehen.

Alles in allem erfährst du in diesem Buch, wie die Arbeitswelt von heute tickt, wie du dich optimal auf eine Kündigung und die Phase danach vorbereiten kannst, wie du einen neuen Weg für dich findest und was auf emotionaler Ebene dabei geschieht. Kurzum: Es geht darum, wie du Fehler vermeidest und das Beste für dich herausholen kannst.

Meine Geschichte: Ich wurde gefeuert–zum Glück

Ja, so wie die anderen Menschen, die in diesem Buch zu Wort kommen, verlor auch ich meinen Job, durchlebte eine tiefe Krise und stand wieder auf. Das hat eine ganze Weile gedauert. Heute kann ich die Erfahrungen einordnen und sagen, dass ich mein Glück gefunden habe. Wie es mir erging, erfahrt ihr, liebe Leserinnen und Leser, auf den nächsten Seiten.

Everhard Uphoff(geboren 1971) war fünf Jahre lang Vertriebs- und Marketingleiter in einem stark exportorientierten Unternehmen. Es gab einen kaufmännischen und einen technischen Geschäftsführer – einen Betriebsrat hingegen nicht.

Welche Rolle hattest du in dem Unternehmen?

Ich wurde als Marketing- und Vertriebsleiter angestellt und sollte den damals noch kleinen Geschäftsbereich mit den aufblasbaren Eventzelten aufbauen. In meiner Funktion bewegte ich mich zusammen mit einem Kollegen auf der zweiten Führungsebene in einer klassischen Sandwichposition zwischen Geschäftsführung und Teamebene. Nach einiger Zeit wurde ich auch ins Managementboard berufen.

Was genau waren deine Aufgaben?

Die neue Arbeit kam mir vom ersten Tag an wie ein Traumjob vor. Ich war Feuer und Flamme, einen neuen Bereich weltweit aufzubauen. Dafür zog ich sogar mit der Familie von der Stadt aufs Land. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Innerhalb von drei Jahren gelang es mir, mit einem stetig wachsenden Team – zeitweise waren wir zehn Personen – die Marke international bekannt zu machen. Zudem stellte ich in diesem Zeitraum ein weltweites Vertriebsnetz mit 50 Händlern in 40 Ländern auf die Beine.

Neue Produkte kamen zur rechten Zeit auf den Markt, die Umsätze und Gewinne stiegen. Einer der Gesellschafter kam eines Tages auf mich zu und bedankte sich bei mir mit den Worten, was für ein Glücksgriff ich doch für die Firma sei. Das Unternehmen blieb dann weiterhin auf Wachstumskurs. Wir wagten sogar den Sprung über den Teich, hinüber in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten und breiteten uns in den USA aus.

Wie gestaltete sich die Machtstruktur in der Firma? Wie würdest du deinen direkten Chef beschreiben?

Nach außen gab man sich lässig, sportlich und hip. In meinem Bereich herrschte lange Zeit Aufbruchstimmung. Meine Chefs begegneten mir anfangs mit einem großen Vertrauensvorschuss, sie ließen mich nach Gutdünken schalten und walten. Sie führten mich an der langen Leine und ich lieferte ab, indem ich die an mich gestellten Anforderungen und Vorgaben erfüllte. Das System funktionierte, weil es mir wichtig war, mich vorab mit meinen Vorgesetzten abzustimmen, wenn neue Vorhaben anstanden.

Erst mit der Zeit begriff ich, dass die Laissez-faire-Politik mit gleichzeitiger Machtkontrolle einherging, zum Beispiel in Hinblick auf das Budget. Mein direkter Vorgesetzter wollte die fachliche und disziplinarische Verantwortung für das Team nicht komplett aus der Hand geben. Er scheute Konflikte und verhielt sich mir gegenüber nicht loyal. Zudem schwieg er meist und vermied offene Kommunikation. Wichtige strategische Entscheidungen wurden vorrangig auf der Gesellschafterebene getroffen. Die zweite Führungsebene hatte daran nur bedingt Anteil.

Je nach Geschäftsbereich und Abteilung wurden unterschiedliche Mitarbeitertypen eingestellt: auf der einen Seite waren das eher „brave“ Mitarbeiter, die sich leicht anpassten und einordneten. Gleichzeitig zog das Unternehmen individualistische Persönlichkeiten mit egozentrischen und narzisstischen Zügen an. Die waren wenig teamorientiert und auf die eigenen Interessen bedacht. Die Unternehmensleitung tolerierte das.

Was passierte mit dir?

In meinem Geschäftsbereich planten wir eine neue Produktlinie mit kostengünstigeren Materialien und geänderter Fertigungsmethode. Bislang hatte das Unternehmen in Fernost produzieren lassen. Im Vorfeld hatte ich zusammen mit einer Hochschule einen Marketingplan ausgearbeitet. Nachdem die Geschäftsführung ihn freigegeben hatte, begann die Suche nach einer eigenen Produktionsstätte und einem Produktionsleiter. In Osteuropa wurde die Unternehmensleitung dann fündig, dort sollten neue und auch bestehende Produkte hergestellt werden. Für den Aufbau dieses Standorts, eine strategisch sehr wichtige Aufgabe, wurde ein Produktionsleiter eingestellt. Neben mir als Vertriebs- und Marketingleiter sollte er eine tragende Rolle bei der Umstrukturierung und Neuausrichtung des Unternehmens spielen.

Monatelang warteten wir auf den Produktionsleiter. Als er dann endlich seine Stelle antrat, konnten wir mit dem neuen Projekt starten. Doch schnell zeigte sich, dass es nicht gut lief. Vom ersten Tag an verstand ich mich nicht wirklich mit dem neuen Mann vor Ort. Es kam mir so vor, als wollte er nicht mit mir zusammenarbeiten. Und er ließ sich nicht in die Karten schauen. Auch die Geschäftsführung benahm sich seltsam, seit er da war. Wichtige Informationen kamen nicht bei mir an und wenn wichtige Entscheidungen anstanden, wurde ich nicht mehr einbezogen. In dieser Phase kam es immer wieder zu Konflikten mit dem Produktionsleiter und der Geschäftsführung. Ich verstand nicht, was da im Hintergrund vor sich ging. Meine Versuche, mit den Vorgesetzten darüber zu sprechen und die Situation zu entschärfen, verliefen ins Nichts.

Die Monate vergingen und meine Unzufriedenheit wuchs, meine Stimmung war getrübt. Ich fühlte mich einfach nicht mehr wohl. Anstatt mit allen an einem Strang zu ziehen und die hochgesteckten Ziele voranzutreiben, veränderte sich binnen weniger Monate mein Arbeitsumfeld. Wie mir schien, legte es der Produktionsleiter darauf an, das Team zu spalten und die Geschäftsführung gegen mich aufzubringen.

Das über Jahre gewachsene Vertrauen schwand. Menschlich kamen meine Chefs, der Produktionsleiter und ich immer weniger miteinander klar, die Chemie stimmte einfach nicht (mehr). Der Konflikt eskalierte, am Ende zog ich den Kürzeren.

Wie kam es zur Kündigung?

Einmal im Monat trafen sich alle Mitarbeiter in der Firmenzentrale. Bei diesem Termin wurden die Zahlen der einzelnen Geschäftsbereiche präsentiert, Einblick in den Stand laufender Projekte gegeben und Personalmeldungen kommuniziert. Damals lief es in meinem Geschäftsbereich so gut wie nie zuvor. Ein asiatischer Neukunde hatte uns einen Großauftrag beschert, was ein Umsatzplus von 30 Prozent bedeutete! Es gab also Grund zum Feiern. Nach außen hin schien alles in Ordnung zu sein. Nur wenige bekamen mit, was hinter den Kulissen ablief und sich über die Monate zusammenbraute.

Ich erinnere mich noch genau daran, dass es ein Dienstag war, denn da fand am Nachmittag immer mein Wochengespräch mit einem der zwei Geschäftsführer statt. Sein Büro war nur wenige Meter von meinem entfernt. Ich hatte mich wie immer gut auf das Treffen vorbereitet. Meistens lief es so ab, dass ich den größeren Redeanteil hatte und ablieferte, während mein Chef zuhörte und schwieg. Diesmal aber war es anders als sonst. Ich wurde gefeuert.

Bahnte sich die Kündigung an? Wenn ja, wie?

Rückblickend kann ich sagen, dass der Eintritt des narzisstischen1 Kollegen der Anfang vom Ende war, hinzu kam die wachsende Illoyalität meiner Chefs. Es war absehbar, was passieren würde, doch anstatt selbst zu kündigen und einen Schlussstrich zu ziehen, harrte ich noch monatelang aus und hoffte vergeblich auf eine Kehrtwendung. Ich war nicht bereit, meinen Traumjob und all das, was ich mit viel Herzblut und Engagement aufgebaut hatte, einfach so aufzugeben. Ich wollte nicht wahrhaben, dass ich letztendlich keine Chance gegen meinen Widersacher und meine Vorgesetzten hatte. Für mich war das schwer nachzuvollziehen: Für mein Empfinden hatte ich mir nichts zu Schulden kommen lassen, mich nicht falsch verhalten. Irgendwann habe ich das Verhalten der anderen dann auch persönlich genommen. Je mehr ich um meinen Arbeitsplatz kämpfte, desto schlimmer wurde es. Anzeichen, dass es in diesem Unternehmen nicht weitergeht für mich, gab es unzählige. Hätte ich damals auf mein Bauchgefühl gehört, wäre mir ein äußerst schmerzhafter Trennungs- und Ablöseprozess erspart geblieben.

Was war für dich das Schlimmste an der Kündigung?

Es war gar nicht mal der Jobverlust an sich, der mich tief traf. Es war eher die Art und Weise, wie mit mir in den Tagen danach umgegangen wurde. Das erschreckte mich. Die Brutalität und Kaltschnäuzigkeit, mit der die Geschäftsleitung mir begegnete, hielt ich für grenzwertig und beschämend. Ich konnte kaum glauben, wie das ablief. Anstatt gebührend verabschiedet zu werden, verfolgten meine Chefs offensichtlich das Ziel, mich heimlich, schnell und kostengünstig aus dem System zu entsorgen. Ich bekam keinen Dank, keine Wertschätzung für meine geleistete Arbeit, weder Fairplay noch Respekt.

Nach dem Kündigungsgespräch wurde ich gleich freigestellt, schon am nächsten Abend warf mir jemand aus der Firma den Aufhebungsvertrag in den Briefkasten. Ich bat meinen Anwalt, das Dokument zu prüfen. Er meinte, dass mir daraus nur Nachteile entstünden. Der einzige, der davon profitieren würde, war der Arbeitgeber. Mein Rechtsanwalt empfahl mir daher, diese Aufhebungsvereinbarung abzulehnen.

Inzwischen waren auch meine Kommunikationskanäle gekappt worden, ich hatte zum Beispiel keinen Zugang mehr zu meinen E-Mails. Firmeninterne Nachrichten liefen an mir vorbei. So bekam ich auch nicht mehr mit, wie die gesamte Belegschaft per E-Mail über meinen Rauswurf informiert wurde. Es hieß, meine Positionen und die der Geschäftsführung bei der Neuausrichtung des Unternehmens seien zu unterschiedlich, als dass eine weitere Fortsetzung der Zusammenarbeit Sinn gemacht hätte. Es kam noch besser: In der Nachricht wurde bereits mein Nachfolger benannt, obwohl das Arbeitsverhältnis offiziell noch gar nicht beendet war. Ein Spezl von einem der Gesellschafter stand schon bereit und sollte ein paar Tage später anfangen. Ich war stinksauer! Womit meine Chefs nicht rechneten: Ein mir wohlgesonnener Kollege leitete das Schreiben an mich weiter – und ich schickte es umgehend an meinen Anwalt.

Es war schmerzhaft einzusehen, dass mich mein Arbeitgeber, dem ich mich lange Zeit sehr verbunden gefühlt hatte, einfach nur noch zu günstigen Konditionen loswerden wollte. Bei der Trennungsverhandlung mit den Anwälten drohte mir mein Ex-Chef eine fristlose Kündigung an. Ohne rot zu werden, behauptete er, dass ich mich zwei Tage zuvor jenseits von Gut und Böse aufgeführt hätte, als ich noch mal ins Büro gekommen war. Mir fehlten die Worte. Ich erkannte den Mann nicht wieder. Spätestens jetzt vertraute ich ihm nicht mehr und wollte sicher nicht mehr ins Unternehmen zurück. Vielleicht bezweckte er auch genau das mit seinem Verhalten. Wie heißt es so schön? Der wahre Charakter zeigt sich in der Krise.

Wie kam es dazu, dass du den Aufhebungsvertrag am Ende unterzeichnet hast?

Aus privaten Gründen und um meine Familie zu schützen habe ich mich letztendlich für den Aufhebungsvertrag und gegen eine Klage entschieden. Ich wollte möglichst bald einen Schlussstrich ziehen und unterschrieb deshalb. Mein Anwalt und ich handelten aus, dass ich acht Monate bei vollem Gehalt freigestellt wurde. Zusätzlich erhielt ich eine angemessene Abfindung und meine Prämie für das laufende Geschäftsjahr. Meinen Dienstwagen behielt ich bis Jahresende. Laptop und Handy gab ich einige Tage nach Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags ab.

Darüber hinaus vereinbarten wir, dass mir ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis ausgestellt würde. Auf meinen Wunsch hin arbeiteten wir mit der Gegenseite außerdem ein detailliertes Schreiben aus, wie mit den Handels- und Geschäftspartnern kommuniziert werden sollte. Darin wurde klar geregelt, wie und mit welchem Wortlaut diese über mein Ausscheiden informiert würden. Eine im Aufhebungsvertrag eingebaute Klausel, dass das Arbeitsverhältnis einzig und allein auf Veranlassung des Arbeitgebers endete, um eine ansonsten unabdingbare betriebsbedingte Kündigung unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zu vermeiden, sollte eine Sperre durch das Arbeitsamt verhindern.

Wie hat sich dein berufliches Umfeld dir gegenüber verhalten?

Um mich herum herrschte Verunsicherung. Meine Mitarbeiter beobachteten die angespannte Situation über Monate hinweg. Die Teammitglieder hielten nicht mehr zusammen. Keiner wusste, wohin die Reise gehen würde. Die meisten duckten sich weg, hielten sich raus, hatten Angst, der oder die Nächste zu sein. Andere wiederum positionierten sich neu, schlugen sich auf die Seite des Produktionsleiters, vielleicht weil sie sich dadurch eine Verbesserung ihrer beruflichen Position erhofften. Das Beziehungsgeflecht spannte sich neu, das System kippte.

Einige Mitarbeiter wendeten sich nach der Trennung von mir ab oder blockten mich in den sozialen Netzwerken. Als ich zum Beispiel einen meiner Teamkollegen anrief, sagte der mir, dass es besser wäre, mich nicht mehr zu melden. Die Geschäftsleitung würde das nicht gerne sehen. Mehrere Versuche, ein Treffen mit meinen ehemaligen Kollegen zu vereinbaren, scheiterten. Stattdessen bekam ich einige Wochen später – genauer an Heiligabend – einen Brief und eine Flasche Rotwein zugestellt. Dem Schreiben entnahm ich, dass mein ehemaliges Team keinen direkten Kontakt mehr wünschte. Es fiel mir schwer, diese Zeilen nicht persönlich zu nehmen.

Nur wenige Menschen standen zu mir, sie stammten allesamt aus anderen Abteilungen. Ein Austausch fand nur noch heimlich statt, um deren berufliche Zukunft nicht zu gefährden. Viel Zuspruch bekam ich dagegen von Händlern und anderen Geschäftspartnern. Sie waren über mein plötzliches Ausscheiden überrascht, bedauerten meinen Weggang und wünschten mir weiterhin viel Erfolg. Ohne deren positive Resonanz hätte ich wohl nur noch mit dem, was passierte, gehadert und an mir selbst gezweifelt.

Wie war dein letzter Arbeitstag?

Das war der Tag, an dem das Kündigungsgespräch stattfand und ich freigestellt wurde. Danach kam ich nur noch einmal ins Büro. Es gab keine Gelegenheit, mich persönlich von geschätzten Kollegen zu verabschieden, denn ich war zu einer Persona non grata geworden. Der Zutritt zur Firma wurde mir durch ein schriftlich fixiertes Hausverbot bis auf Weiteres verwehrt.

Hattest du zu dem Zeitpunkt eine Rechtsschutzversicherung?

Nein, die hatte ich einige Jahre zuvor gekündigt. Unter anderen privaten Umständen und mit einer Arbeitsrechtsschutzversicherung im Rücken hätte ich nicht lange gezögert und mein Recht vor dem Arbeitsgericht eingefordert.

Was würdest du aus heutiger Sicht anders machen?

Ich hätte vor Gericht gehen sollen. Ich dachte, wenn ich den Aufhebungsvertrag unterzeichne, dann ist es vorbei. Das war aber nicht so. In mir steckten noch so viele Emotionen. Und so ging ich auf den Sportplatz und baute dort meine Wut ab.

Wie ging es nach deinem Rauswurf in der Firma weiter?

Im ersten Jahr nach meinem Ausstieg war ich noch sehr stark emotional mit der Firma verbunden. Über drei Ecken bekam ich immer wieder zugetragen, was dort geschah. Es ging drunter und drüber. Mein Nachfolger entpuppte sich als völlige Fehlbesetzung. Innerhalb kürzester Zeit brachte er das gesamte Team gegen sich auf und wurde nach nur drei Monaten wieder entlassen.

Mein narzisstischer Widersacher schaffte es, Gesellschafter zu werden. Die Geschäftsführung ließ sich von ihm beeinflussen und manipulieren. Er bekam viel Vertrauensvorschuss, was sich im Nachhinein als fatal für die Sicherheit und die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens herausstellte. Warnsignale wurden nicht gesehen und Fehlentscheidungen getroffen, was zu großen Schäden führte. Als die Geschäftsführer den Produktionsleiter durchschauten, war es schon zu spät. Innerhalb eines Jahres wurde ihm der Gesellschafterstatus aberkannt, die Wege trennten sich wieder.

Die damals geplante Produktlinie gibt es bis heute nicht. Das Unternehmen geriet durch die Fehlinvestitionen wirtschaftlich in Schieflage, Mitarbeiter wurden entlassen. Die verbliebenen Gesellschafter waren sich plötzlich nicht mehr grün. Der betroffene Geschäftsbereich wurde aus dem Unternehmen ausgegliedert und in eine neue Gesellschaft überführt. Die strategische Neuausrichtung war gescheitert.

War das für dich eine verspätete Genugtuung?

Auf der einen Seite ja, weil mir im Vorfeld keiner geglaubt hatte, wen sich die Firma da ins Haus holte. Die Verantwortlichen mussten einen hohen Preis für diese Entscheidung zahlen. Auf der anderen Seite hätte ich gerne auf die Genugtuung verzichtet. Es tat mir schon weh zu sehen, wie das, was ich in fünf Jahren mit viel Herzblut aufgebaut hatte, innerhalb kürzester Zeit kaputt gemacht wurde.

Wieso konntest du lange nicht loslassen?

Das Abschiednehmen fiel mir echt schwer. Ich hatte das Unternehmen ja nicht auf eigenen Wunsch verlassen. Auch wenn der Arbeitgeber die Trennung angestoßen und ich einen Aufhebungsvertrag unterschrieben hatte, hieß das noch lange nicht, dass ich die Trennung auch akzeptierte. Mein Problem war: Ich konnte meinen Arbeitsplatz nicht einfach so loslassen. Schließlich hatte ich mich sehr mit meiner Arbeit identifiziert. Ich hatte mich verantwortlich gefühlt, als wäre es meine eigene Firma gewesen. Warum sollte ich etwas freiwillig aufgeben, dass ich mit viel Herzblut erfolgreich aufgebaut hatte?

Der Trennungsschmerz saß tief. Das Erlebte hatte mich emotional tief getroffen und mich auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle mit starken Stimmungsschwankungen geschickt. Ich spürte Emotionen, von denen ich vorher nicht gewusst hatte, dass es sie gibt. Ich war aggressiv, hatte Rachegefühle und Gewaltfantasien. Solche Empfindungen tauchten aus dem Nichts auf, kamen wellenartig über mich und strömten durch meinen ganzen Körper. Ich, der ich von Natur aus besonnen, nüchtern und sachlich bin, war von dieser Intensität und Heftigkeit der Gefühle überfordert. Es war eine Illusion zu glauben, mit der Unterschrift unter dem Aufhebungsvertrag sei alles geregelt. Noch Monate später konnte ich emotional nicht loslassen. Und dadurch, dass die Kommunikationskanäle gekappt worden waren und sich viele Kollegen von mir abgewendet hatten, hatte ich kaum noch Gelegenheit, den wahren Grund für meine Kündigung zu erfahren. Ich war verwirrt, mein Kopfkarussell drehte sich unablässig im Kreis, mein Grübeln nahm kein Ende.

Wie bist du mit den heftigen Emotionen umgegangen?

Sport half mir ganz besonders dabei, diese starken Energien zu kanalisieren, auf andere Gedanken zu kommen und den Trennungsschmerz zu lindern.

Wie ging es dann für dich weiter?