Geld frisst Kunst – Kunst frisst Geld - Markus Metz - E-Book

Geld frisst Kunst – Kunst frisst Geld E-Book

Markus Metz

4,6
19,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Dass die bürgerliche Emanzipation der Kunst von Kirche und Adel keineswegs nur Autonomie, sondern auch einen paradoxen Markt des Unmarktförmigen mit eigenen Herr/Knecht-Verhältnissen hervorgebracht hat, ist nichts Neues. Doch mit der Herausbildung einer globalisierten Kunstbörse erhält diese Dialektik eine neue, durch immer krudere Kurzschlüsse von Kunstgeld und Geldkunst geprägte Qualität. Markus Metz und Georg Seeßlen kartographieren, analysieren und kommentieren diese Entwicklung in den Werken, Institutionen, Diskursen und Akteuren der Gegenwartskunst – und kontern mit der Gegenfrage: Wie und wo kann Kunst trotz allem mehr sein als die schickste Form der Steuerhinterziehung?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 433

Bewertungen
4,6 (16 Bewertungen)
11
3
2
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Dass die bürgerliche Emanzipation der Kunst von Kirche und Adel keineswegs nur Autonomie, sondern auch einen paradoxen Markt des Unmarktförmigen mit eigenen Herr/Knecht-Verhältnissen hervorgebracht hat, ist nichts Neues. Doch mit der Herausbildung einer globalisierten Kunstbörse erhält diese Dialektik eine neue, durch immer krudere Kurzschlüsse von Kunstgeld und Geldkunst geprägte Qualität. Markus Metz und Georg Seeßlen kartographieren, analysieren und kommentieren diese Entwicklung in den Werken, Institutionen, Diskursen und Akteuren der Gegenwartskunst – und kontern mit der Gegenfrage: Wie und wo kann Kunst trotz allem mehr sein als die schickste Form der Steuerhinterziehung?

Markus Metz, geb. 1958, Studium der Publizistik, Politik und Theaterwissenschaften an der FU Berlin, freier Journalist und Autor, lebt in München.

Georg Seeßlen, geb. 1948, Studium der Malerei an der Kunsthochschule München, freier Journalist und Autor, lebt in Kaufbeuren.

Markus Metz/Georg Seeßlen

Geld frisst KunstKunst frisst Geld

Ein Pamphlet

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2014

Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage der Ausgabe der edition suhrkamp 2675.

© Suhrkamp Verlag Berlin 2014

Originalausgabe

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.

Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Für Inhalte von Webseiten Dritter, auf die in diesem Werk verwiesen wird, ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich, wir übernehmen dafür keine Gewähr.

Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar.

Satz: Satz-Offizin Hümmer GmbH, Waldbüttelbrunn

Inhalt

Vorneweg

I. Diskurswechsel Kunst

Das Kunstwerk im Zeitalter des totalen Kapitalismus. Ein erstes Erschrecken

II. Ökonomie, Politik & Kunst

Wie sich eine Kultur für Neoliberalismus und Postdemokratie organisiert. Eine Agenda

III. Kapitale Kunstfehler

Rund um den Kunstmarkt kommt es zu tieftraurigen Phänomenen, die uns lachen machen. Eine Anamnese

IV. Schmiermittel

Die geschmeidige Verbindung von Politik und Ökonomie durch die Kunst. Eine Abfuhr

V. Die innere Landnahme

oder Kunst und Kapital als schöne Weltuntergangsmaschinen betrachtet. Ein Theorem

Anhang: Occupy Art!

Ein Manifest

Vorneweg

Hau' mich um!Popeye der Seemann

Man könnte sagen: Jede Gesellschaft hat die Kunst, die sie verdient. Und jede Kunst findet die Gesellschaft, die sie verdient. Man könnte sagen, die Kunst suche sich ihre Realisierung und ihre Verbreitung immer in genau den Kanälen und Medien, die die jeweilige Gesellschaft oder das Ineinander von Gesellschaften ihr bieten. Man könnte sagen, dass die Kunst einer neoliberalen und postdemokratischen Gesellschaft gar nicht anders könne, als Spiegel und Teil von Neoliberalismus und Postdemokratie zu sein. Man könnte sagen, dass die vom Betrieb enttäuschte Liebe zur Kunst keine gute Grundierung für eine Kritik der Kunst sei. Man könnte sagen, die Kunst, von Ewigkeit zu Ewigkeit besehen, sei so sehr menschliche Natur und Kultur, dass ihr keine Korruption und keine Enteignung ernsthaft etwas anhaben könne. Man könnte sagen, die Kunst sei es schließlich, die uns helfe, die kalten und immer noch kälteren Zeiten zu überstehen. Man könnte sagen, das wahre Verständnis der Kunst spiele sich ohnehin in einem Jenseits, einer Transzendenz zu Zeit und Raum ab, was kümmere uns da momentane und soziale »Verschmutzung«? Man könnte sagen: Wo Teile der Kunst sich korrumpieren und enteignen ließen, da wüchsen andere Teile nach, die sich dem radikal und energetisch entgegenstellten. Man könnte sagen, auch in einer neoliberalen und postdemokratischen Gesellschaft fände die richtige Kunst noch immer die richtigen Adressaten. Man könnte sagen, die subjektive Freiheit der Künstler, auch wenn diese sich mit dem Kapital und dem Markt noch so innig einließen, tauche früher oder später immer wieder als subversive Energie auf. Man könnte sagen, die Super-Kunstmarkt-Kunst sei das eine, mein Besuch in einer kleinen, selbstausbeuterisch geführten Galerie, mein Genuss im Museum, sei etwas ganz anderes. Man könnte sagen, die Kunst sei, wie immer sie sich gesellschaftlich kontrollieren und manipulieren lasse, am Ende doch auf der Seite des autonomen Individuums. Man könnte sagen, die subjektive Freiheit, welche durch nichts so wie durch Kunst ausgedrückt werde, überlebe doch immer politisches und ökonomisches Ordnen. Man könnte sagen, die Kunst sei ein dermaßen selbstreflexives System, dass sie immer auch darüber nachdenke, was aus ihr gerade werde. Man könnte von den Selbstreinigungskräften dieser besonderen Art des »Kreativen« sprechen. Das alles und noch viel mehr könnte man sagen. Wir sagen etwas anderes.

Und wir sagen es im Folgenden in zwei verschiedenen Modi: einmal, wie gewohnt, von vorn nach hinten und in ganzer Breite.

I. Diskurswechsel Kunst

Das Kunstwerk im Zeitalter des totalen Kapitalismus.Ein erstes Erschrecken

Die Kunst ist ein Phänomen des Menschen.Der Mensch ist ein Phänomen der Kunst.André Comte-Sponville

Was bisher geschah. Entweder gibt es die Kunst, seit man von ihr redet, oder aber man muss von der Kunst reden, seit es sie gibt. Jedenfalls können wir uns hier keinen Zustand vorstellen, in dem Kunst einfach so da wäre. Kaum gerät sie in den Blick, muss sie auch diskutiert werden, müssen Definitionen, Analysen, Historien und Abgrenzungen her. Der Schauplatz der Kunst wird erst lebendig durch das Geschwätz des Publikums. Es sollte, wenn es gerade gut geht, ein »schönes Geschwätz« sein, das wir, intimer, auch als »angenehmes Gespräch über Kunst« erfahren können oder auch als anregenden Streit, überraschendes Einverständnis (der Beginn einer Liebesgeschichte, wer weiß) oder die Lust, »sich die Köpfe heiß zu reden«. Allerdings: Es geht gerade nicht sehr gut.

Mit Martin Heidegger[1] könnte man der Meinung sein, das »Wirkliche« an der Kunst seien die Werke und die Künstler. Was sonst könnte ein »Sich-ins-Werk-Setzen der Wahrheit des Seienden« auch bewerkstelligen? Alles andere wäre dann bloß Mythos und Imagination. Man könnte es aber auch andersherum sehen. Das Wirkliche an der Kunst wären dann gerade das Geld und das Geschwätz – während das Werk und die Subjekte der Kunstproduktion im schönen Nebel von Mythos und Imagination verschwinden könnten.

Über lange Zeit war der Kern der großen Kunst-Erzählung die Beziehung zwischen Künstler und Kunstwerk. Wir sind Zeugen eines Diskurswechsels. In der Zeit von Neoliberalismus und Postdemokratie besteht der Kern der nicht mehr so großen Kunst-Erzählung aus der Beziehung zwischen Geld und Diskurs.

Die großen Erzählungen der Kunst haben bislang vom Geld hauptsächlich geschwiegen, während die großen Erzählungen des Geldes gern von Kunst gesprochen haben. Während das Kapital mit seiner Kunst-Haltigkeit geprotzt hat, hat die Kunst ihre Kapital-Haltigkeit verschleiert. Die Obszönität, mit der der Geld/Kunst-Zusammenhang nach der Krise in die Öffentlichkeit getragen wird, hat immerhin etwas Gutes: Man wird nicht mehr um die Einsicht herumkommen, dass Geld nicht äußeres Instrument und Belohnung für Kunst, sondern beides essentiell ineinander eingeschrieben ist. Geld ermöglicht nicht nur Kunst, so wie Kunst auch Geld »ermöglicht«, Geld und Kunst drücken sich nicht nur gegenseitig aus, die Beziehung von Kunst und Geld ist vielmehr einer der Motoren von Demokratie und Kapitalismus.

Jedes Kunstwerk ist ein Schauspiel nach eigenem Recht, gewiss. Angenehme Gespräche über Kunst konzentrieren sich darauf und vergessen die Welt. Vergessen die Fragen: Warum ist das Kunstwerk eigentlich da? Wie, jenseits der subjektiven Schöpfergeste und jenseits der transzendentalen Begründung, ist es entstanden? Und wozu? Vergessen, dass es bei Kunst immer auch um Geld geht. Die kommunikative Ausweitung der Kunstzone steckt schließlich schon im Werk selber, das sich weder selbst erklärt noch selbst genug sein kann. Das Schauspiel der Kunst ist drastisch. Man findet daher im Geschwätz so viel geheuchelte Liebe wie performativen Hass. Immer dreht sich dann alles darum, was Kunst ist, was sie darf, soll oder muss, gleich darauf darum, wem sie gehört, und zum dritten, was sie diesem oder jener bedeutet. Beginnt man, von der Kunst zu sprechen, wird es politisch, so oder so. Wenn man von der Kunst nicht spricht, verschwindet sie einem vor den Augen. Oder wächst ins Unermessliche.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!