Gentlemen of New York - William - Joanna Shupe - E-Book
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Gentlemen of New York - William E-Book

Joanna Shupe

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Beschreibung

New York 1888. Die Stadt, die niemals schläft. Niemand weiß das besser als die ersten Millionäre, die hier unermüdlich nach Macht streben. Doch einer von ihnen muss feststellen, dass Liebe nicht einfach nur ein weiteres Geschäft ist.

Will Sloane hat alles: Geld, Macht und Ansehen. Alles, was sein Vater ihm nie zugetraut hat. Doch sein größtes Ziel ist eine politische Karriere. Nichts steht ihm dabei im Wege - außer einer sehr talentierten und sehr verführerischen Betrügerin ...


»Wunderbar anders! Der Roman ist wie gemacht für jeden Liebesromanleser, der nach etwas Frischem sucht.« Booklist


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Inhalt

Cover

Über das Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Widmung

DANKSAGUNG

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINUNDZWANZIG

Über das Buch

New York 1888. Die Stadt, die niemals schläft. Niemand weiß das besser als die ersten Millionäre, die hier unermüdlich nach Macht streben. Doch einer von ihnen muss feststellen, dass Liebe nicht einfach nur ein weiteres Geschäft ist. Will Sloane hat alles: Geld, Macht und Ansehen. Alles, was sein Vater ihm nie zugetraut hat. Doch sein größtes Ziel ist eine politische Karriere. Nichts steht ihm dabei im Wege – außer einer sehr talentierten und sehr verführerischen Betrügerin …

»Wunderbar anders! Der Roman ist wie gemacht für jeden Liebesromanleser, der nach etwas Frischem sucht.«

Booklist

Über die Autorin

Joanna Shupe hat mit ihrem Debüt-Roman den prestigeträchtigen Golden Heart Award der Romance Writes of America gewonnen und startete damit ihre Karriere als Schriftstellerin. Ihre Romane wurden in mehrere Länder übersetzt. In Deutschland erscheint 2017 ihre »Gentlemen of New York«-Trilogie, mit der sie in den USA für Furore sorgte. Darin verlässt sie die eingetretenen Wege des Historischen Liebesromans und wendet sich einem für das Genre ungewöhnlichem Setting zu: New York in den 1880er Jahren. Due Serie wurde von Lesern und Journalisten begeistert gefeiert. So urteilte die Washington Post über den ersten Band: »Ein wunderschöner Liebesroman … sexy und clever«. Die Autorin lebt mit ihrem Ehemann und ihren zwei Töchtern in New Jersey und tauscht sich über Facebook und Twitter gern mit ihren Fans aus.

JOANNA SHUPE

GENTLEMENOFNEW YORK

William

Aus dem amerikanischen Englisch vonAnita Krätzer

Vollständige eBook-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Deutsche Erstausgabe

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2016 by Joanna Shupe

Titel der amerikanischen Originalausgabe: »Baron«

Originalverlag: Zebra Books, New York

Published by Arrangement with Kensington Publishing Corp.,

New York, NY 10018 USA

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur

Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen.

Für die deutschsprachige Ausgabe:

Copyright © 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Antonia Zauner, Olching

Covergestaltung: Guter Punkt, München | www.guter-punkt.de unter Verwendung von Motiven von © Alexander Demyanenko/Shutterstock; © Andrej/Adobe Stock

eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-4043-3

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Für Lin, einen der liebenswürdigsten undgroßzügigsten Menschen auf dieser Erde.

DANKSAGUNG

Es hat mir großen Spaß gemacht, dieses Buch zu schreiben. Manche von Ihnen erinnern sich eventuell noch an Will, den überkorrekten älteren Bruder der Heldin aus Hart wie Stahl. Nachdem ich den ersten Band beendet hatte, konnte ich es kaum erwarten, diesem attraktiven Eisenbahnbaron sein eigenes ewiges Glück zu schenken.

Einer der Gründe, warum ich es sehr genossen habe, Rau wie Eisen zu schreiben, ist die Tatsache, dass die Protagonistin ein Medium ist. Nach dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs interessierte man sich in den USA zunehmend für Spiritismus. Mary Todd Lincoln veranstaltete sogar eine Séance im Weißen Haus. Da es für Frauen in der damaligen Zeit nur sehr eingeschränkte berufliche Möglichkeiten gab, wurde der Spiritismus zu einer beliebten Tätigkeit, mit der sie sich ihren Lebensunterhalt verdienten. Angesichts der vielen jungen Söhne und Ehemänner, die im Krieg ihr Leben verloren, können Sie sich vielleicht vorstellen, wie einträglich dieser Beruf für manche Medien war, die ihren Kunden den Kontakt zum Jenseits versprachen.

Ein Riesendankeschön schulde ich meinem Freund Todd Robbins, dem Mitschöpfer der Off-Broadway-Show Play Dead und Autor von The Modern Con-Man. How to Get Something for Nothing. Todd ist ein wandelndes Lexikon des Spiritismus, und ich habe ihn stundenlang ausgefragt, als ich an diesem Buch schrieb. Alle von Avas Tricks haben ihren Ursprung in diesen Gesprächen.

Eine Buchserie über das Gilded Age, das »Vergoldete Zeitalter«, die in New York spielt, wäre nicht vollständig, wenn sie sich nicht auch mit Politik und Tammany Hall befassen würde. Tammany, ein politisches Netzwerk in New York, das fast zwei Jahrhunderte lang die Wahlen und die Politik von New York entscheidend beeinflusste, ist vor allem für seine beispiellose Korruption bekannt. Ich danke Jon Grinspan für seine Vorträge über die Taktiken politischer Parteien am Ende des 19. Jahrhunderts. Sie haben mir ungemein geholfen, die Wahlkampfdetails in Rau wie Eisen zu beschreiben.

Meine Bücher profitieren stets von der Hilfe anderer Menschen. Michele Mannon hat mit mir auf einem Berg in Pennsylvania ein wunderbares Mittagessen eingenommen. Dabei haben wir gemeinsam Details zu Will besprochen. Mit J. B. Schroeder habe ich Pizza gegessen, während sie meinen Plot noch einmal kritisch abgeklopft hat. Lin Gavin hat ihre umwerfenden selbstgemachten Pfannkuchen aufgetischt, als wir über die Entwicklung der Charaktere diskutierten. Diana Quincy hat mir beim Brunch Verbesserungsvorschläge gemacht. (Offenbar kann ich beim Essen am besten denken.) Mein Dank geht an all diese Frauen. Ich liebe euch alle!

Danken möchte ich ferner: Peter Senftleben für seine Tweets, die mich stets zum Lachen bringen, und dafür, dass er ein so toller Lektor ist; der großartigen Jane Nutter und den anderen Teammitgliedern bei Kensington für ihren enormen Einsatz für meine Romane; der rundum fantastischen Laura Bradford; Sonali Dev dafür, dass sie mich großzügig an ihrem Wissen und Denken teilhaben ließ; und all meinen Schreiberfreunden – den Dashing Duchesses, den Lucky 13s, NJRW und den Violet Femmes – für Wein, Lachen und Unterstützung.

Außerdem danke ich von Herzen meinem Mann und meinen Töchtern, die geduldiger und verständnisvoller sind, als es irgendein Autor verdient. In steter Liebe danke ich meiner Mutter, die ebenso versessen auf Liebesgeschichten ist wie ich, sowie dem Rest meiner verrückten Familie für ihre bedingungslose Unterstützung.

Zu guter Letzt möchte ich den Wichtigsten von allen danken: den Lesern und Fans historischer Liebesromane. Ich bin unendlich dankbar für jeden von euch!

KAPITEL EINS

Es gibt ehrliche Korruption, und ich bin ein Beispiel dafür,wie sie funktioniert. Ich könnte das Ganze mit folgenden Wortenzusammenfassen: »Ich habe meine Chancen gesehen und sie ergriffen.«

GEORGE WASHINGTON PLUNKITT, SENATOR DES STAATESNEW YORK UND MITGLIED VON TAMMANY HALL

Atlantic Theater, New York CityMai 1888

William Sloane glaubte nicht daran, dass es möglich war, mit der Geisterwelt zu kommunizieren. Zum Teufel, er glaubte noch nicht einmal daran, dass es überhaupt eine Geisterwelt gab.

Aber hier saß er nun in einem heruntergekommenen Theater im New Yorker Viertel Tenderloin und sah sich dieses unverfrorene Spektakel an. Madame Zalikow, wie sie sich nannte, das rätselhafte Medium, das mit den Geistern kommunizieren und außergewöhnliche Kunststücke vorführen konnte. Die Frau war die schlechteste Schauspielerin, die er je gesehen hatte – und Will hatte schon sehr viele gesehen.

Sie hatte die Augen geschlossen, wiegte sich hin und her und bewegte die Arme auf und ab, während sie singsangartig murmelte. Der Mann ihr gegenüber, den sie zuvor auf die Bühne hochgeholt hatte, starrte sie wie gebannt an, während Madame mit seiner verstorbenen Mutter zu sprechen versuchte. Die Glühbirnen über ihnen flackerten, und das Publikum kicherte.

»Ah! Gleich ist es so weit!«, verkündete sie mit einem haarsträubenden russischen Akzent.

Will war kurz davor, die Augen zu verdrehen. Kaufte ihr wirklich irgendjemand dieses Affentheater ab?

Er rutschte auf seinem unbequemen Sitz hin und her und sah sich im spärlich erschienenen Publikum um, das aus etwa zwanzig Männern und Frauen bestand. Alle wirkten gewöhnlich, ganz anders als die extravaganten Leute, mit denen er sonst verkehrte. Keine Diamantendiademe oder Straußenfedern waren zu sehen, lediglich Melonen und schlichte Hauben. Aber alle Blicke waren auf die junge Frau auf der Bühne gerichtet.

Für jemanden, der Lügner und Betrüger bevorzugte, mochte sie ganz attraktiv sein, doch er gehörte nicht zu dieser Sorte Mensch. Dennoch, ihr hellblondes Haar brachte ihre bemerkenswerten hellbraunen Augen zur Geltung. Und sie hatte eine gerade, zierliche Nase, hohe Wangenknochen, geschwungene Augenbrauen und volle Lippen, die sie in einem geradezu anstößigen Rot angemalt hatte.

Ihm gefielen diese Lippen. Sehr sogar. Wenn er tot wäre, könnten ihn allein diese Lippen wieder zum Leben erwecken.

»Ich höre sie!« Von allen Seiten des Raumes war der Widerhall eines gleichförmigen Klopfens zu hören. Es stammte zweifellos von einem Komplizen, aber das Publikum schnappte nach Luft. »Mr. Fox, Ihre Mutter ist jetzt hier bei uns. Was würden Sie sie gern fragen?«

Während der nächsten fünfzehn Minuten stellte der Mann auf der Bühne einfache Fragen, und Madame Zalikow »übersetzte« die Antworten der verstorbenen Mutter. Will rieb sich geistesabwesend den Magen. Er war voller Zorn über diese Vorführung und darüber, dass das Medium auf eine so durch und durch betrügerische Art aus der Trauer von jemandem Profit schlug. Als Wills eigene Mutter gestorben war, hatte er sich inbrünstig irgendetwas – was es auch sein mochte – gewünscht, das sie zurückbringen würde. Nichts hatte das jedoch vermocht, und er war in einem kalten Haus mit einem noch kälteren Mann zurückgeblieben.

Madame Zalikow plapperte weiter und zog seine Aufmerksamkeit wieder auf sich. Hatte diese Frau keine Scham? Kein Mitgefühl mit dem tiefen Kummer, der mit dem Verlust eines geliebten Menschen einherging? Zum ersten Mal, seit er Platz genommen hatte, freute er sich auf die Konfrontation mit ihr.

Er plante, dem Medium das Handwerk zu legen. Er wollte diese Frau notfalls mit Schimpf und Schande aus Manhattan jagen, weil sie etwas Größerem im Weg stand. Es ging um Macht, eine andere Art von Macht, als er sie jetzt besaß, aber eine, die von größerer Bedeutung war; eine Macht, die er sich ganz sicher aneignen würde.

John Bennett, früherer Senator des Staates New York und gegenwärtiger Gouverneurskandidat, hatte Will gefragt, ob er nicht als Vizegouverneur mit ihm kandidieren wolle. Politischen Einfluss auszuüben war etwas, das Wills Vater sich immer gewünscht hatte, doch er war gestorben, noch bevor seine politische Karriere beginnen konnte. Jetzt würde Will der Sloane sein, der dieses Ziel erreichte – und er würde auf dem Grab seines Vaters tanzen, nachdem Bennett und er die Wahl gewonnen hatten.

Aber John Bennett hatte eine Schwäche, und die trug den Namen Madame Zalikow. Offenbar hatte die Madame Bennett am Haken, sodass alle Warnungen bezüglich der Gefahren dieser Verbindung bei ihm auf taube Ohren stießen. Aber Will war nicht bereit, es zuzulassen, dass sie Bennetts politische Karriere – und damit auch seine eigene – gefährdete. Sie konnten sich sechs Monate vor der Wahl keinen Skandal leisten.

Als die Vorstellung schließlich endete, verzichtete Will darauf, wie die anderen Besucher zu klatschen oder mit den Füßen zu stampfen. Er erhob sich, machte auf dem Absatz kehrt und steuerte direkt auf die Tür zu, die ihn, wie er erfahren hatte, direkt hinter die Kulissen führte.

Niemand hielt ihn auf, doch ihm folgten zahlreiche neugierige Blicke. Er zog die Melone tiefer in die Stirn, um sein Gesicht zu verbergen. Seit dreizehn Jahren führte er Northeast Railroad als Inhaber, und er stammte aus einer der bedeutendsten New Yorker Familien. Der Name Sloane war ebenso bekannt wie die Namen Astor, Stuyvesant oder Van Rensselaer. Daher hatte er die öffentliche Aufmerksamkeit nie gescheut, aber hier wollte er lieber nicht erkannt werden.

Mehrere Minuten lief er durch die langen Flure, die das Innere des Theaters durchzogen. Schließlich klopfte er an die Tür ihrer Garderobe. Ein Riegel wurde zurückgeschoben, dann öffnete sich die Tür und gab den Blick auf eine dunkelhaarige Frau in schwarzen Kleidern frei – das Kostüm, das sie auch auf der Bühne getragen hatte. Ihre Lippen waren noch immer mit einem dunklen Rot angemalt. Er deutete eine leichte Neigung seines Kopfes an.

»Madame Zalikow.«

»Kommen Sie doch bitte herein.«

Ihre Stimme war dunkel und heiser und hatte einen sinnlichen Klang, der besser in ein Schlafzimmer als auf die Bühne passte. Zum Glück war keine Spur des lächerlichen russischen Akzents mehr zu hören, mit dem sie vor ihrem Publikum sprach. Vielleicht würde dieses Gespräch doch nicht so schwierig werden, wie er gefürchtet hatte.

Sie trat zur Seite. »Ich habe Ihren Besuch erwartet, Mr. Sloane.«

Es war nicht verwunderlich, dass sie sein Gesicht kannte, aber hatte sie ihn wirklich im Publikum bemerkt?

Mit drei Schritten war er in ihrem Ankleidezimmer, wenn man einen Raum, der nicht größer war als ein Schrank, denn als »Zimmer« bezeichnen konnte. Die vorhandene Fläche reichte gerade für einen kleinen Tisch und einen Stuhl aus. An der Wand hing ein Spiegel, und eine blonde Perücke ruhte auf einem Ständer auf dem Tisch. Da er nirgendwo hingehen konnte, faltete er die Hände hinter dem Rücken.

Sie glitt an ihm vorbei und ließ sich auf dem einzigen Stuhl nieder. Ohne ihn anzusehen, griff sie nach einem Tuch. Er beobachtete sie im Spiegel, während sie sich langsam damit über den Mund fuhr, um sich die Farbe ihres Lippenstifts abzuwischen. Sie beeilte sich nicht, und Will hatte reichlich Zeit, ihren Mund zu betrachten. Er hatte den starken Verdacht, dass diese Zurschaustellung darauf angelegt war, ihn zu irritieren.

»Gibt es einen anderen Namen, mit dem ich Sie ansprechen darf? Einen anderen als den Bühnennamen?«

»Nein.«

»Ich fühle mich albern, wenn ich Sie Madame Zalikow nenne.«

»Das ist Ihr Problem, nicht meins.« Sie war mit dem Abwischen fertig und ließ das Tuch auf den Tisch fallen. Dabei fing sie seinen starrenden Blick im Spiegel auf. »Wir sind keine Freunde, Mr. Sloane, also lassen Sie uns auch nicht so tun, als ob es anders wäre. Ich weiß, warum Sie hier sind.«

»Tun Sie das?« Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie ihm so direkt begegnen würde. Vielmehr hatte er erwartet, dass sie sich unterwürfig und verängstigt verhalten und voller Sorge sein würde, angesichts der Unannehmlichkeiten, in die ein Mann in seiner Position eine Frau in ihrer Position bringen konnte. Aber diese Frau wirkte weder unterwürfig noch verängstigt. »Und warum bin ich hier?«

»Sie wollen mich von John wegjagen. Ihn aus meinen bösen Klauen reißen.« Sie krümmte ihre Finger bedrohlich, während sie den letzten Satz aussprach. »Stimmt’s?«

»Gut. Das spart uns beiden Zeit. Dann werden Sie sich einverstanden erklären, Bennett nie wiederzusehen, aufzuhören, ihn um Hunderte von Dollar zu prellen, und sich dann für immer aus seinem Leben herauszuhalten.«

»Ihn prellen?« Sie verzog den Mund, wodurch sich Wills Aufmerksamkeit erneut auf ihre Lippen richtete. Verdammt. »Ich habe eine gute Nachricht für Sie, Sie Schnösel. Ich habe jeden Dollar dadurch verdient, dass ich Ihrem Freund Dienste erwiesen habe – und zwar nicht solche Dienste, wie Sie meinen. John und ich haben eine rein geschäftliche Beziehung.«

Will grinste. Er hatte noch nie erlebt, dass ein unverheirateter Mann und eine unverheiratete Frau, die viele Stunden miteinander verbrachten, wobei Geld den Besitzer wechselte, eine »rein geschäftliche Beziehung« hatten. »Miss, wer auch immer Sie sein mögen, mich interessiert nicht, was für Lügen Sie dem Publikum da draußen auftischen. Ich jedenfalls bin kein unwissender Bauerntölpel. Ich weiß, worum es Ihnen geht, und das stinkt gewaltig.«

»Ach ja? Worum geht es mir denn?«

»Um Erpressung. Und wenn er nicht zahlt, werden Sie alle persönlichen Details, die Sie von ihm erfahren haben, an die Zeitungen weitergeben und ihn zur Lachnummer machen. Ich werde das nicht zulassen.«

Sie erhob sich. In dem engen Raum kam sie ihm nahe genug, dass er die grünlichen Tupfen in ihren braunen Augen sehen konnte. Hatte sie etwa Sommersprossen auf der Nase?

»Mir ist gleichgültig, wer Sie sind und was Sie über mich denken«, entgegnete sie. »Wenn Sie glauben, dass mir irgendein aufgeblasener, wichtigtuerischer Eisenbahnmann meinen besten Kunden vergraulen kann, haben Sie sich ganz gewaltig geirrt.«

Ava Jones mühte sich, weiter zu lächeln, während der attraktive Mann ihr gegenüber damit beschäftigt war, ihren letzten Satz zu verarbeiten. Ja, allmählich kapierst du’s, Eisenbahnmann. Ich habe keine Angst vor dir.

Jeder in New York kannte William Sloane. Er war unanständig reich und stammte aus einer der versnobten High-Society-Familien der Stadt. In den Zeitungen wurde häufig über ihn berichtet, sowohl auf den Finanz- als auch auf den Klatschseiten. Zweifellos beugten sich Männer und Frauen täglich von morgens bis abends seinen Forderungen. Nicht so Ava. Sie schuldete ihm nichts, und seine Forderungen waren ihr gleichgültig. Wenn sie sich nicht gewünscht hätte, ihn für immer loszuwerden, hätte sie ihn einfach vollständig ignoriert.

Zumindest hätte sie versucht, ihn zu ignorieren. Unglücklicherweise war Mr. Sloane ein Mann, der auffiel. Sie hatte ihn sofort im Publikum entdeckt. Ein kräftiges, kantiges Kinn. Ausgeprägte Wangenknochen, die eine aristokratische Nase betonten. Sandfarbenes blondes Haar, das sorgfältig eingeölt und aus der Stirn gekämmt worden war. Ein scharf geschnittener, strenger Mund, der Frauen verlockte herauszufinden, was ihn weicher machen konnte.

Aus der Nähe betrachtet sah er erheblich besser aus. Durchdringende Augen, die im Theater blau gewirkt hatten, aber tatsächlich stahlgrau waren. Er war groß, schien selbstbewusst wie ein Prinz, und sein Körper strahlte eine geradezu greifbare Energie aus. Breite Schultern füllten den Schnitt seines modischen Mantels perfekt aus. Sie hatte sich stets von starken Schultern angezogen gefühlt, die etwas von Atlas hatten, der das Gewicht der Welt trug …

Aber sie hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass es niemanden gab, der ihr das Gewicht ihrer Sorgen abnahm. Sie zu tragen war allein ihre Sache.

»Kunde?«, meinte er höhnisch. »Wäre ›Betrugsopfer‹ nicht der zutreffendere Begriff?«

Du meine Güte. In ihr wuchs die Abneigung gegen diesen Mann. »Sie vermuten, dass ich ihn betrüge, wenn ich ihm meine Dienste zur Verfügung stelle.«

»Indem Sie mit Johns toten Verwandten kommunizieren? Nun kommen Sie, Madame Zalikow. Wir wissen beide, dass das unmöglich ist.«

Verärgert trommelte sie mit dem Fuß auf den Boden. Hatte er eigentlich eine Vorstellung davon, wie einsam John Bennett war? Ob ihre Kunden nun an ihre Kräfte glaubten oder nicht, die meisten brauchen jemanden, der ihnen Zuwendung zeigte. Einen Freund, mit dem sie sprechen konnten. Einen Menschen, der ihnen die Hoffnung gab, dass etwas über diese Plackerei hinaus existierte, die sich Leben nannte. Das war es, was Madame Zalikow anbot – gegen ein kleines Entgelt selbstverständlich.

Die Vorführungen waren etwas anderes. Die Leute wünschten sich ein Spektakel, eine einmalige Erfahrung, die sie mit ihren Freunden und Nachbarn teilen konnten. Ein bisschen Magie, die von der Erschöpfung ablenkte. Nicht jeder kam aus einer wohlhabenden Familie und hatte das Glück, ein großes Unternehmen zu leiten. Die meisten Menschen brauchten eine Pause von ihren täglichen Mühen.

»Sie sprechen über Dinge, von denen Sie nichts verstehen«, erwiderte sie. »Wenn John mir sagt, dass er meine Gabe nicht länger benötigt, werde ich mich respektvoll zurückziehen. Aber Sie tun, als wäre er ein Opiumkonsument und als würde ich ihn mit der Droge versorgen. Ich zwinge ihn nicht, sich mit mir zu treffen.«

»Was ich verstehe, ist, dass Sie einen vermögenden und bald einflussreichen Mann ausnutzen.«

Ihre Muskeln spannten sich an, und in jedem Zentimeter ihres Körpers baute sich Wut auf. »Ich würde ihn nie erpressen. Es geht mir nicht darum, Ärger zu machen. Es ist nur hilfreich für mich, wenn ich den Gouverneur als Kunden habe.«

Bekannte Kunden bedeuteten mehr Kunden und damit auch mehr Einnahmen. Sie musste lediglich genug Geld zusammensparen, um ihre beiden Brüder und ihre Schwester aus den Fabriken holen zu können. Ihren Berechnungen nach brauchte sie dafür nur noch vier weitere Monate, wenn alles so blieb, wie es war. Vier weitere Monate, nachdem sie vor zwei Jahren die Identität der Madame Zalikow angenommen hatte, und sie würde genug haben, um ihre Familie abzusichern.

Raus aus New York. Weg von dem Dreck und dem harten Leben in dieser Stadt. Fort von den schmerzlichen Erinnerungen. Stattdessen würden sie auf einer Farm saubere Luft und weites Land haben. Freiheit.

Mr. Sloane schüttelte den Kopf und kniff sich in die Nasenwurzel, was Ava veranlasste, die Augen zu verdrehen. Wie konnte jemand, der so wohlhabend war, auftreten, als geschähe ihm großes Unrecht? Wusste dieser Mann nicht, was wirkliche Probleme waren? Am liebsten hätte sie ihm angeboten, ihn zur Zündholzfabrik mitzunehmen, um ihm Fälle von Phosphornekrose zu zeigen. Hatte er schon einmal die jungen Mädchen mit ihren verwesenden Gesichtern gesehen, deren Kieferknochen in der Dunkelheit leuchteten und die sich das alles nur antaten, weil sie etwas zu essen brauchten?

Das war Not, und nicht die Tatsache, dass ihr sein Freund und politischer Partner fünf Dollar die Woche dafür bezahlte, dass sie ihm etwas aus Teeblättern las und »Nachrichten« aus dem Jenseits an ihn weiterleitete.

»Wie viel kostet es?«, fragte Sloane sie. »Wie viel brauchen Sie, um fortzugehen?«

Oh, wie verführerisch. Ava konnte einfach einen hohen Betrag nennen und sehen, ob der Eisenbahnmann anbiss. Falls er es tat, könnten ihre Geschwister ihre Arbeit in den Fabriken kündigen. Dann hätte sie genug, um das Stück Land zu kaufen, und sie könnten alle zusammen dort leben. Endlich.

Aber sie konnte es nicht. Zum einen erlaubte es ihr Stolz nicht. Wenn sie Sloanes Geld nahm, kam das einem Eingeständnis gleich, dass sie andere Menschen ausplünderte, was sie nicht tat. Zum anderen wusste sie besser als die meisten, dass die Annahme von Geld immer mit bestimmten Bedingungen verbunden war. Wenn man nahm, was einem angeboten wurde, hatten die Geldgeber das Gefühl, dass sie einen besaßen.

Und niemand besaß Ava Jones. Nicht mehr.

»Sie haben nicht genug Geld, um mich verschwinden zu lassen. Aber wenn es Ihr Wohlbefinden hebt, gebe ich Ihnen einen Rabatt auf eine Séance.«

Er räusperte sich. »Das ist das Letzte, was ich brauche.«

Ein Klopfen an der Tür, dann rief Robbie, einer der Hilfskräfte: »Ava, beeil dich. Ich brauche den Raum.«

Mr. Sloane hob die Augenbrauen, und Ava fluchte innerlich, verärgert über die Enthüllung. »Ava«, sagte er gedehnt, als wollte er den Klang auf seiner Zunge testen. »Hübsch. Außerdem gefällt mir Ihr Haar so besser, ohne die Perücke.«

Sie drehte sich um und begann, ihre Sachen in ihrer bunt gemusterten Reisetasche zu verstauen, wobei sie sich bemühte, das flatternde Gefühl in ihrem Bauch zu ignorieren. Die Komplimente kamen so unerwartet wie unerwünscht. »Sparen Sie sich Ihre Sprüche für Ihre Debütantinnen von der Fifth Avenue, Eisenbahnmann. Sie verschwenden Ihre Zeit mit mir.« Vorsichtig legte sie die Perücke und den Perückenständer in ihre Tasche. Dann setzte sie sich ihre Haube auf und machte sich daran, ihren Mantel überzustreifen.

Eine große Hand griff nach dem Mantel und hielt ihn ihr hin. Mit einer leichten Bewegung schlüpfte sie mit den Armen hinein. »Danke«, murmelte sie.

Ohne auf ihn zu warten, schob sie sich in den Flur und marschierte auf den Ausgang zu. Die Absätze ihrer Schaftstiefel klapperten auf dem harten Boden, und sie konnte hören, wie Sloanes elegante Abendschuhe mit ihr Schritt hielten. Zweifellos hatte er noch irgendetwas Glamouröses vor wie einen Besuch der Oper oder eines High-Society-Balls. Er war nicht wie sie auf dem Weg zu einer winzigen Dreizimmerwohnung an der West Side, in der sie mit ihren Geschwistern wohnte.

Sie öffnete die Tür zur Eingangshalle. »Alles in Ordnung, Ava?«, fragte Robbie und musterte sie aufmerksam, um seinen Blick dann auf den schweigenden Mann hinter ihr zu richten.

»Alles gut, Robbie. Sag deiner Schwester, dass ich spätestens morgen da bin. Bis nächste Woche dann.«

Er nickte, und sie setzte ihren Weg durch die Eingangstüren fort. Während ihrer Aufführung am frühen Abend hatte es geregnet, und die Luft war etwas stärker abgekühlt, als man es mitten im Frühling erwarten würde. Das Gaslicht der Straßenlampen warf einen gelblichen Glanz über die dunklen, nassen Pflastersteine.

Ava liebte den Regen. Er wusch die Stadt sauber und verschaffte den Bewohnern eine Atempause von den üblichen Gerüchen nach Schweiß, Abfall, verfaulenden Nahrungsmitteln und Pferdeäpfeln.

»Sie haben ja eine ziemliche Anhängerschaft mit diesen Shows gewonnen.«

»Sie sind noch immer da?« Sie marschierte los, ohne darauf zu achten, ob er mitkam. Leider hatte er mit seinen langen Beinen keine Mühe, mit ihr Schritt zu halten. »Ich bin sehr gut in dem, was ich tue, Mr. Sloane. Geben Sie zu, dass Sie sich unterhalten gefühlt haben.«

Er verzog den Mund, als hätte er in eine Zitrone gebissen. »Ich habe mich verärgert gefühlt, wenn Sie es denn wissen wollen.«

Sie waren jetzt an der Ecke angelangt, und sie überquerte die Twenty-Seventh Street, um Richtung Süden zu gehen. Sie bemühte sich, ihren Unmut zurückzuhalten, als sie sagte: »Wir servieren keinen Champagner und keinen Kaviar, daher kann ich mir vorstellen, wie entbehrungsreich der Abend für Sie gewesen sein mag.«

»Ich habe mich auf den Schwindel bezogen, den Sie vor diesen armen ahnungslosen Menschen aufgeführt haben.«

»Schwindel? Diese ›armen ahnungslosen Menschen‹ wollten eine Show, und die habe ich ihnen geboten. Ich trete aus gutem Grund in einem Theater auf, und ich bin verdammt gut in dem, was ich da tue.«

»Sie nehmen das Geld der Leute und geben vor, dass ihre toten Verwandten zu ihnen sprechen.«

Er redete in einem herablassenden, scharfen Tonfall mit ihr, als wäre sie eine Kriminelle, und das Blut schoss ihr in die Ohren.

»Erstens wüsste ich gern, wieso Sie sich so sicher sind, dass meine Gaben nicht wirklich existieren.« Er wollte den Mund öffnen, aber sie blieb auf dem Bürgersteig stehen und zeigte mit einem Finger auf sein Gesicht. »Sie haben keinerlei Ahnung, Mr. Sloane, also sparen Sie sich Ihr Urteil. Zweitens wusste ich gar nicht, dass Ihre eigenen Geschäftspraktiken stets so über alle Maßen untadelig waren.« Seine Augen verdunkelten sich, und sie wusste, dass ihr Hieb gesessen hatte. »Ich bin sicher, dass Sie in der ganzen Zeit, in der Sie ein großes Eisenbahnunternehmen geleitet haben, nie irgendwelche Gesetze übertreten oder sich politische Gefälligkeiten erkauft haben. Also verschonen Sie mich mit Ihrer Scheinheiligkeit.«

»Na schön«, fauchte er und beugte sich zu ihr vor. »Betreiben Sie Ihre Gaunerei, wo immer Sie wollen, Schätzchen, aber lassen Sie John Bennett zufrieden.«

Will Sloane war groß, erheblich größer als sie, aber sie knickte nicht ein, keine Sekunde lang. Sie hatte sich bereits einmal von einem überprivilegierten, gut aussehenden Mann fast ihr Leben ruinieren lassen, und diesen Fehler würde sie ganz gewiss nicht wiederholen.

Wütend starrte sie zu ihm hoch. »Selbst in Ihren kühnsten Träumen werde ich von Ihresgleichen keine Befehle annehmen. Drangsalieren Sie jemand anderen.«

Dieses verfluchte Weibsstück. Will konnte es nicht fassen. Er hatte ihr einen beliebigen Geldbetrag angeboten, damit sie verschwand, und sie lachte ihm ins Gesicht. Ihm, William Sloane. Eine bodenlose Unverschämtheit!

Sie ging weiter, und er eilte ihr mit großen Schritten auf dem schmalen Bürgersteig hinterher. Tenderloin, ein besonders stark von Gewalt geprägtes Viertel, war kein Ort, auf dessen Straßen sich eine junge Frau nach Anbruch der Dunkelheit aufhalten sollte. Doch sie ging mit erhobenem Kopf weiter, ohne sich um ihre Sicherheit zu sorgen.

Er nahm sich einen Moment Zeit, sie zu betrachten – Ava, nicht Madame Zalikow. Ihr schlichter, im Militärstil geschnittener Mantel umschloss ihre zarten Schultern, verriet die üppigen Kurven ihres Oberkörpers und betonte ihre schmale Taille. Eine kleine Strohhaube mit künstlichen Blumen bedeckte ihr zobelbraunes Haar. Ihre Stiefel waren abgenutzt, aber sauber. Sie trug keinen Schmuck. Er hatte auch keinen Ehering an ihrer Hand bemerkt, bevor sie sich ihre Handschuhe übergestreift hatte. Ihm war allerdings aufgefallen, dass das Mieder ihres Oberteils gut ausgefüllt war.

An der Ecke lungerten einige Männer in einem Eingang herum, und ihre Blicke folgten Ava, als sie an ihnen vorbeiging. Einer der Kerle sprang die Treppe hinab, als wollte er ihr folgen. Will zeigte mit dem Finger auf den Mann und flüsterte: Nein. Der Mann blieb stehen und hob kapitulierend die Hände.

Mit zwei weiteren Schritten war Will neben ihr. »Sie sollten eine Begleitung haben. Das hier ist kein Stadtteil, in dem eine Frau allein draußen sicher ist.«

Sie schnaubte verächtlich. »Es gibt keinen Stadtteil, in dem eine Frau allein sicher ist. Selbst in Ihrer noblen Gegend nicht.« Sie schob die Hände in ihre Manteltaschen. »Und Sie brauchen mich nicht zu beschützen. Ich kann allein auf mich aufpassen.«

Das bezweifelte er nicht. Das Bild einer Löwin kam ihm in den Sinn, die einen Mann zerfleischte und ihn dann ausspuckte. »Sind Sie immer so schwierig?«

Sie warf den Kopf in den Nacken und lachte – es war ein unverfälschtes Lachen, das höchst sinnlich klang und ihn mit voller Wucht in der Magengrube traf. Er schob diese Reaktion beiseite und verstaute sie dort, wo auch all die anderen Dinge waren, die er ignorierte. »Nur gegenüber Männern, die versuchen, mich herumzukommandieren.«

»Gibt es viele davon in Ihrem Leben?«

»Im Moment nur einen. Haben Sie eine Idee, wie ich ihn am besten loswerde?«

Will unterdrückte ein Lächeln, aber seine Lippen zuckten. »Nein, es sei denn, Sie geben nach. Ich verschwinde nicht, solange Sie John nicht in Ruhe lassen.«

Sie blieb unvermittelt stehen und stemmte die Hände in die Hüften. Ein zorniges Funkeln trat in ihre braunen Augen, und ihr üppiger Busen hob sich in einer irritierend verführerischen Weise.

»Warum liegt Ihnen so viel daran? Mit Ihrem Geld könnten Sie sich jede Wahl kaufen und jede Spur eines Skandals vertuschen. Also geht es Ihnen nicht wirklich darum, was ich mit John mache. Sagen Sie mir, warum Sie mir folgen. Denn ganz im Ernst, das kaufe ich Ihnen nicht ab.«

Was zum Teufel wollte sie damit andeuten? Dass er hinter ihr her war? Seine Muskeln verkrampften sich, als er auf sie zutrat und hoffte, sie durch den Größenunterschied einzuschüchtern. Erstaunlicherweise wich sie nicht von der Stelle, sondern hob nur eine Braue, als wollte sie sagen: Komm du nur! Er versuchte, nicht beeindruckt zu sein.

»Erstens würde ich nie Geld einsetzen, um eine Wahl zu kaufen. Ich will gewinnen, und zwar auf faire Weise. Zweitens kann ich so ziemlich jeden Skandal vertuschen, den ich will, aber es braucht nur einen Hauch, eine Andeutung ungebührlicher Vorgänge, und schon endet meine Karriere, bevor sie begonnen hat, und ich werde zur Lachnummer. Und ich werde auf keinen Fall zulassen, dass das passiert.«

»Nein, John wird zur Lachnummer. Johns politische Karriere wird zu Ende sein. Und Sie«, sie gab einen ungläubigen Laut von sich, »treten auf, als wäre New Yorks Politik sauber und fair. Wir wissen beide, dass Politiker schmutziger sind als Schornsteinfeger, und das will etwas heißen.«

»An Ihrer Stelle würde ich lieber keine Steine nach der Rechtskonformität anderer Berufe werfen.«

»Ach!« Sie warf die Hände in die Luft und stapfte von dannen. »Lassen Sie mich in Frieden, William Sloane.«

Er lief hinter ihr her und hatte sie mit ein paar Schritten eingeholt. »Sie irren. In meiner Welt werden Sie nicht nur nach Ihren eigenen Handlungen beurteilt, sondern auch nach den Handlungen derer, die Sie umgeben. Am Umgang, den Sie pflegen. Wenn John untergeht, gehe ich mit unter.«

»Dann kann ich nur vermuten, was Ihre Welt von Ihnen denken würde, wenn sie erführe, dass Sie mit mir im Tenderloin Umgang pflegen.«

»Sie würden denken, dass ich von allen guten Geistern verlassen bin«, murmelte er.

»Dann schwirren Sie zurück nach Hause in die Fifth Avenue. Ich bin sicher, dass Ihr Butler Sie mit Brandy und Zigarren erwartet.«

»Washington Square.«

Ihr Kopf ruckte herum. »Bitte?«

»Ich wohne am Washington Square.« Es war lange her, dass er das jemandem hatte sagen müssen. Die Sloanes lebten dort, seit die Stadt die Gräber des ehemaligen Friedhofs zugeschüttet und den Platz in einen öffentlichen Park verwandelt hatte.

»Oh, verzeihen Sie«, erwiderte sie mit spöttischem Ernst. »Dann schwirren Sie zurück nach Hause zum Washington Square.«

»Nachdem Sie mir versprochen haben, mit dem Mumpitz mit John aufzuhören.«

»Sloane!«

Die Stimme kam von hinten, also wirbelte er herum, um zu sehen, wer da war. Zwar waren einige Menschen auf den Straßen unterwegs, aber niemand war dicht genug bei ihm. Niemand trat auf ihn zu oder blickte ihm auch nur in die Augen. Wer hatte seinen Namen gerufen? Merkwürdig.

Als er sich wieder umdrehte und nach vorn sah, fiel ihm sofort etwas anderes auf. Er war jetzt allein.

»Ava?« Er stand da und ließ den Blick suchend über den Bürgersteig und die Straße streifen. Er spähte auf die andere Seite, vielleicht hatte sie ja einfach die Straße überquert. Keine Spur von ihr. Nichts. Sie hatte sich in Luft aufgelöst.

KAPITEL ZWEI

Ava stapfte die Außentreppen zu ihrer Unterkunft hinauf. Sie war den ganzen Weg vom Theater bis hierher zu Fuß gegangen, statt noch in eine der späten Straßenbahnen zu springen. Die Nachtluft und die Bewegung hatten ihr geholfen, einen klaren Kopf zu bekommen. Außerdem hatte sie das Fahrgeld sparen wollen.

Hatte es je einen ärgerlicheren Mann als Will Sloane gegeben? In meiner Welt … Ich verschwinde nicht, solange Sie John nicht in Ruhe lassen … Ich wohne am Washington Square. Ava schob den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn ungehalten. Verdammt, er war in jeder Beziehung genau so, wie sie vermutet hatte: aufgeblasen, anmaßend, privilegiert.

Das ist nicht alles, was du über ihn gedacht hast.

Ja, gut. Er war unverschämt attraktiv für einen Mann in seiner Position. Aber derartige Gedanken würden sie nur in Schwierigkeiten bringen.

Nachdem sie das Haus betreten hatte, begann sie, die Treppen zum zweiten Obergeschoss hinaufzusteigen. Die Stufen knarrten unter ihren müden Füßen. In weniger als einer Woche war die Miete fällig. Sie musste sehen, wie viel ihre Geschwister in diesem Monat beitragen konnten. Die Summe schwankte und hing von der Arbeit in den Fabriken ab und davon, ob sie krank gewesen waren, es Feiertage gegeben hatte und so weiter. Ava zahlte fast die gesamte Miete allein, und wenn es einmal nicht reichte, konnte sie auf ihre Ersparnisse zurückgreifen, aber sie zog es vor, das nicht zu tun. Wenn es sein musste, konnte sie in den nächsten Tagen die ein oder andere Mahlzeit ausfallen lassen, um ein wenig Geld zu sparen. Geld sparen bedeutet, es nicht auszugeben.

Madame Zalikow ermöglichte ihnen ein annehmbares Leben, das zweifellos besser war als das der meisten, mit denen sie in der Stadt aufgewachsen waren. Sie konnte ihren Brüdern und ihrer Schwester neue Kleidung, Schuhe und Essen kaufen. Sie waren sauber und hatten ein respektables Dach über dem Kopf. Vor vierzehn Monaten hatte sie mit ihnen aus einer feuchten alten Mietskaserne an der Lower East Side hierher umziehen können – ein Kraftakt, zu dem ihre Eltern zu ihren Lebzeiten nicht imstande gewesen waren.

Darüber hinaus sparte sie Geld für ihre Zukunft. Schon bald würde sie ihre Familie aus diesem gottverfluchten Drecksloch befreien und mit ihr an einen schönen Ort auf dem Land umsiedeln. Die Kinder konnten dann als Kinder aufwachsen statt als erschöpfte und unterbezahlte Arbeiter, die ebenso mies behandelt wurden wie die herrenlosen Straßenhunde, die draußen herumstreunten. Dort auf dem Land würden ihre Geschwister nicht die gleichen Fehler begehen wie sie einst.

Daher: Nein, William Sloane. Sie würde nicht nachgeben. Nicht jetzt, wo sie so kurz vor ihrem Ziel stand.

Sie schloss die Tür zu ihrer Wohnung auf, trat ein und stellte ihre Reisetasche ab. Der schwere Geruch von Kartoffelsuppe stieg ihr in die Nase. Am Tisch fand sie Tom und Mary beim Essen vor. »Guten Abend«, sagte sie, verriegelte die Tür und knöpfte ihren Mantel auf. »Wie ich sehe, habt ihr schon mit der Suppe begonnen, die ich heute gekocht habe.« Ihre dreizehnjährige Schwester nickte mit vor Erschöpfung eingesackten Schultern. »Sie ist lecker. Danke, Ava.«

Mary arbeitete in einer Textilfabrik in der Ludlow Street als Appreturarbeiterin. Ihre Aufgabe bestand darin, letzte Feinheiten an Kleidungsstücken mit der Hand zu nähen. Diese Arbeit war zwar eintönig und ermüdend, aber Gott sei Dank nicht gefährlich.

Tom sagte nichts, sondern schaufelte sich lediglich noch mehr Suppe in den Mund. Ava wusste, dass dies für den Fünfzehnjährigen wahrscheinlich die erste Mahlzeit seit dem Frühstück war. Er arbeitete in einer Zigarrenfabrik in der Rivington Street, nicht weit von Marys Kleiderfabrik entfernt.

»Wo ist Sam?«

Mary schluckte und sagte: »Er hat sich hingelegt. Er sagt, er fühlt sich schlecht.«

Ein nur zu bekannter Knoten der Furcht verkrampfte sich in Avas Brust. Sam war immer schon ein kränkliches Kind gewesen. Schwaches Blut, hatte ihre Mutter häufig gesagt. Doch Ava wusste, dass das Unsinn war. Aus irgendeinem Grund neigte der zwölfjährige Sam dazu, häufiger krank zu werden als die anderen Familienmitglieder. Ava war sich sicher, dass sich seine Gesundheit verbessern würde, sobald sie New York verließen und er sich ausruhen und frische Luft atmen konnte.

Sie ging zu Sams und Toms Schlafzimmer und klopfte an die geschlossene Tür. »Sam, Schatz, hier ist Ava. Darf ich reinkommen?« Ein dumpfes Husten war zu hören, dann erklang Sams Stimme: »Ja.«

Der Raum lag in dunklen Schatten. Sie ließ die Tür offen, damit etwas Licht hereinfiel, und zündete die Gaslampe an seinem Bett an. Eine dünne Gestalt lag unter den Decken und zitterte, obwohl das Zimmer ausreichend beheizt war.

»Sam, was ist los?«

»Ich musste meinen Platz verlassen. Dachte, ich kipp gleich um.«

Sie strich ihm das wirre braune Haar aus dem Gesicht und fühlte seine Stirn. »Du bist ganz heiß vor Fieber. Wie lange fühlst du dich schon so?«

»Seit gestern«, gestand er. »Tut mir leid, Ava. Ich musste gehen, bevor ich alle meine Zeitungen verkaufen konnte …«

Sie hörte das Beben in seiner Stimme. Als Zeitungsjunge wurden Sam alle Zeitungen, die er nicht verkaufte, vom Lohn abgezogen. Die Zeitungsverlage nahmen keine nicht verkauften Exemplare zurück.

»Ach, mach dir deswegen keine Sorgen. Es ist wichtig, dass du wieder gesund wirst.«

»Morgen bin ich wieder gesund. Das muss ich. Sonst nimmt mir jemand meinen Platz weg, wenn ich nicht da draußen bin.«

Ein guter Verkaufsplatz bedeutete ihm alles, denn eine belebte Ecke konnte bedeuten, dass man hundert Exemplare statt zehn verkaufte. Sam hatte hart darum gekämpft, seine Ecke nahe Vesey Street und Broadway zu behaupten.

»In Ordnung, wenn es dir dann wirklich wieder gut genug geht. Allerdings würde ich es lieber nicht riskieren. Hast du etwas zu Abend gegessen?«

»Nein, ich hab keinen Hunger. Ich will einfach nur schlafen.«

»Ich hol ein kühles Tuch. Und du wirst etwas essen. Dann kannst du schlafen.«

»Ava …«

»Keine Widerrede.«

Sie ging zum Schrank, fand ein sauberes Tuch und eilte zum Wasserklosett im Flur, das sie mit der anderen Familie auf der Etage teilten. Dort tränkte sie den Lappen mit kaltem Wasser, bevor sie zu Sam zurückkehrte und ihm zugleich auch eine Schüssel mit Suppe brachte. Nachdem sie ihn versorgt hatte, ließ sie sich auf einen Stuhl am Küchentisch sinken.

»Harten Tag gehabt?« Tom hatte seine Mahlzeit beendet und saß nun bei einem Glas Bier da.

Mary kam mit einer Schüssel heißer Suppe in der Hand und stellte sie Ava hin.

»Danke. Setz dich, Mary. Du siehst erschöpft aus.«

»Mir geht’s gut. Dazusitzen und zu nähen ist nicht so schwer. Nicht im Vergleich zu dem, was du tust.«

Ava war da natürlich anderer Meinung. Sie wusste, dass Marys Hände vom Halten der Nadel ständig wund waren und dass sie durch ihre gekrümmte Arbeitshaltung dauernd Rückenschmerzen hatte.

»Die Show heute Abend ist gut gelaufen. Es waren sogar noch mehr Leute da als letzte Woche.«

»Mary, ich muss mit Ava sprechen«, sagte Tom. »Allein.«

Mary runzelte die Stirn. In den vergangenen Monaten waren Toms Wut und Frustration immer offenkundiger geworden. Je älter er wurde, desto weniger schien er mit Ava übereinzustimmen. Avas Inneres krampfte sich zusammen, aber sie bemühte sich, ihre Schwester zu beschwichtigen. »Ist schon gut, Mary. Geh ins Bett.«

Mary ließ ihren Blick zwischen beiden hin und her schweifen und fixierte dann Tom. »Schön. Aber ich hoffe, es geht nicht um diese Kerle, mit denen ich dich nach der Arbeit habe reden sehen.«

»Ich hab dir doch gesagt, dass du dich um deine eigenen Angelegenheiten kümmern sollst«, fuhr ihr Bruder sie an.

»Ava, er will sich einer Gang anschließen.« Mary verschränkte ihre knochigen Arme. »Diese Kerle stehlen Sachen, ich hab sie gesehen.«

»Halt den Mund, Mary!«, schrie Tom, und in diesem Moment glich er so sehr ihrem Vater, dass Ava einen tiefen Schmerz verspürte.

»Bitte, Mary. Lass mich mit ihm reden.«

Mary biss sich auf die Lippe, nickte und ließ die beiden allein.

Zunächst sagte keiner von beiden etwas. Schließlich schob Ava ihre Schüssel weg, ohne die Suppe angerührt zu haben. »Stimmt das? Hoffst du, dich einer Gang anschließen zu können?«

»Die sind keine Gang.« Er trank den Rest seines Bieres aus und lehnte sich zurück. »Sie sind nur ein Haufen Freunde.«

»… die stehlen. Ein Haufen Freunde, die Sachen stehlen und sie dann für Geld verkaufen.«

»Du tust so, als wäre das eine schreckliche Sache, wo du doch fast dasselbe machst. Triffst dich mit diesen reichen Leuten und lässt sie glauben, du würdest ihre toten Eltern hören. Also bitte, Ava.«

Das traf sie, vor allem deshalb, weil Will Sloane ihr vor noch nicht ganz zwei Stunden das Gleiche vorgeworfen hatte.

»Aber was ich tue, schadet niemandem. Sie geben mir freiwillig Geld, um unterhalten zu werden. Das ist etwas völlig anderes, als Menschen direkt zu bestehlen.«

Seine Wut wuchs. »Ich hasse diese verfluchte Fabrik. Du hast mich gebeten, noch ein weiteres Jahr durchzuhalten, aber ich ertrage es nicht mehr. Ich bin erschöpft. Dieser Job bringt mich um oder raubt mir den Verstand. So oder so, ich kann das nicht mehr tun.«

»Ich weiß, Tom. Aber ich brauche nur noch vier weitere Monate, wenn die Dinge so weiterlaufen. Vier weitere Monate, und dann werden wir alle in der Lage sein, dieses gottlose …«

»Vielleicht will ich ja gar nicht weg. Vielleicht wollen Mary und Sam ja auch nicht weg. Hast du schon mal darüber nachgedacht?«

Mit diesem Einwand hatte sie nicht gerechnet. Warum sollten sie hierbleiben wollen, wenn sie ein eigenes Haus und ein Stück Land haben konnten? »Wir können außerhalb der Stadt ein besseres Leben führen.«

»Wo wir dann von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf einer Farm arbeiten? Wie zum Teufel unterscheidet sich das von dem, was wir jetzt tun? Ich bin es müde, die ganze Zeit zu arbeiten, Ava. Es gibt Leute, die Geld haben – richtiges Geld –, und sie arbeiten nicht sechs Tage die Woche vierzehn Stunden am Tag.«

»Weil sie stehlen, willst du sagen.«

Er zuckte mit den Schultern. »Betteln, borgen, stehlen … Wo ist der Unterschied?«

»Da ist ein Unterschied, Tom. Ein riesiger. Ich will nicht, dass du zu einem jämmerlichen Dieb wirst. Du bist besser als das.«

»Nein, bin ich nicht. Und je früher uns allen das klar wird, desto besser ist es für uns.« Er stand auf. »Du hast so viel für uns getan. Glaub nicht, dass ich nicht dankbar bin. Aber ich bin fast sechzehn, und es ist Zeit für mich, meinen Beitrag für die Familie zu leisten.«

»Bitte, gib mir noch vier Monate. Mehr brauchen wir nicht.«

Er verschränkte die Arme und starrte aus dem Fenster, einen unzufriedenen Zug um seinen Mund. »Ich werde es versuchen. Das ist alles, was ich versprechen kann.«

New York City hatte viele Gesichter, und Will liebte jedes von ihnen. Angefangen mit den überfüllten, schmutzigen Mietskasernen der Lower East Side über die Bohème und die Einwanderer nördlich von seinem geliebten Washington Square bis hin zu den riesigen Läden und dem wachsenden Handel des Union Square und dem Vergnügungsviertel in der Nähe des Longacre Square – er wusste all das zu schätzen. Jede Ecke, jedes Gebäude und jedes Haus in dieser Stadt war tief im Mark seiner Knochen verwurzelt.

Dies war seine Stadt. Die Sloanes hatten Manhattan beim Wachsen geholfen und ihr Geld in die Infrastruktur reinvestiert, um das erforderliche Fundament bereitzustellen. Sein Urgroßvater hatte entscheidend dazu beigetragen, dass Wasser von einem Stausee durch Rohre geleitet wurde, um die Stadt zu versorgen. Und Will seinerseits hatte in Hochbahnen sowie in Telefon- und Telegrafenleitungen investiert, die den Himmel durchkreuzten wie die Netze eines Fischers.

Er hatte mit sechzehn Jahren das Ruder von Northeast Railroad übernommen und seit seinem neunzehnten Lebensjahr ohne Pause durchgearbeitet. Es waren Jahre langer Arbeitstage mit wenig Schlaf, vielen Sorgen und Ränkespielen gewesen, in denen das Schicksal des riesigen Erbes seiner Familie in seinen Händen lag. Er hatte in kurzer Zeit sehr viel lernen müssen.

Viele Jahre lang hatte ihn der Hass angetrieben. Die Abscheu vor einem grausamen, kalten toten Mann hatte Will angespornt, erfolgreich zu sein. Du bist schwach, genauso wie deine Mutter. Wie oft war Will als Enttäuschung, als Schande für den Namen Sloane bezeichnet worden! Alles nur, weil er als Kind an Scharlach erkrankt war und, wie ihm später erzählt wurde, es nicht ertragen konnte, von seiner Mutter getrennt zu sein, selbst nachdem er wieder gesund war. Woher hätte Will wissen sollen, dass seine Eltern sich hassten und dass sein Vater Wills Liebe zu seiner Mutter als Verrat erachtete? Die Jahre vergingen, doch sein Vater ignorierte seinen einzigen Sohn weitgehend.

Und als der Bastard starb, schwor Will, auf dem, was Archibald Sloane erreicht hatte, aufzubauen und es um Längen zu übertreffen.

Allerdings wurde all das fast zerstört, als Wills Investmentfirma Geld – viel Geld – des Unternehmens veruntreute. Alles, wofür er gearbeitet hatte, all das Blut und der Schweiß, wurden ihm fast genommen, und die Schande seines Versagens bereitete ihm dauerhafte Magenschmerzen. Du wirst alles ruinieren, hörte er die Stimme seines Vaters höhnen.

Mit übertriebener Eile brachte er die Situation wieder in Ordnung, und das Unternehmen gedieh wieder. Aber selbst jetzt noch konnte er sein Büro nicht betreten, ohne einen stechenden Schmerz unter seinem Brustbein zu verspüren, als hätte ihn die Schuld physisch krank gemacht.

»Du darfst nicht so hart arbeiten, William«, hatte sein Arzt Dr. van Kirkland zu ihm gesagt. »Du solltest dich in ein Sanatorium begeben. Ruh dich etwas aus, sonst wird dein Körper sich nie wieder regenerieren.«

»Aber klar doch«, hatte Will ungehalten erwidert. »Schließlich stürzen die Aktien nicht ab, wenn bekannt wird, dass der Präsident von Northeast Railroad krank ist.«

Er konnte nicht einfach weggehen und das Unternehmen und alles, was seine Vorfahren aufgebaut hatten, aufgeben, um zu genesen. Sosehr er auch eine Atempause brauchte, er würde das Imperium, das er aufgebaut hatte, nicht gefährden. – Vor allem jetzt nicht, wo das politische Amt, von dem sein Vater einst geträumt hatte, in Reichweite war. Und der Posten eines Vizegouverneurs erschien ihm wie ein Kinderspiel im Vergleich zu dem, was Will sonst täglich erledigen musste. Daher würde er beide Pflichten erfüllen, wenn er gewählt wurde. Zum Teufel, er wollte beides tun. Selbst wenn er dann nur noch vier statt fünf Stunden schlief.

Madame Zalikow stellte ein unvorhergesehenes Problem dar. Sie gefährdete durch ihre zweifellos schändliche Anwesenheit in Bennetts Leben seine Pläne. Will würde es nicht zulassen, dass der ehrwürdige Name Sloane zur Zielscheibe öffentlichen Spotts wurde und dass man in den Kneipen und Clubs vom Battery Park bis zur Bronx über ihn kicherte und lachte. Nein, nur über seine Leiche. Er würde diese Wahl sauber und ohne Skandal gewinnen.

Das war der Grund, warum er an diesem Donnerstagnachmittag einen raschen Abstecher in die Fifth Avenue machte, tief in das Land der vulgären, überdimensionierten Villen. Die Überheblichkeit, die sich in diesen Mini-Palästen ausdrückte, verschlug ihm den Atem. Einer war größer und protziger als der andere, was auch für das Ungetüm seines neuen Schwagers galt. Hatten diese Leute denn keinerlei Geschmack? Der Sinn von Geld bestand nicht darin, damit anzugeben, sondern es für die eine Sache einzusetzen, auf die es ankam: Macht.

Er erkannte das Haus weiter unten im Block. Will stieß die Tür der einspännigen Kutsche auf, noch bevor die Räder stillstanden. Er hoffte, nicht zu spät zu kommen.

Der Butler erschien und zog unverzüglich die vertäfelte Tür weit auf. »Mr. Sloane, bitte kommen Sie herein. Mr. Bennett ist im Augenblick in seinem Arbeitszimmer mit einem Gast beschäftigt, aber Sie können gern im blauen Salon warten, bis er …«

Will ging mit großen Schritten an dem Butler vorbei. Er wusste, wer der Gast war, und auch, was sie taten. Hatte er der Frau nicht vor drei Tagen gesagt, sie solle sich verdammt noch mal von John Bennett fernhalten?

Als er ins Arbeitszimmer platzte, fand er die beiden eng nebeneinander auf dem langen Samtsofa sitzend vor. Ava beugte ihren Kopf dicht neben Bennetts über eine Porzellantasse, auf deren Boden sie starrte.

Sie blickten beide zur Tür hoch. Auf Bennetts Gesicht stand pure Überraschung geschrieben, während sich Avas üppige Oberlippe langsam widerwillig verzog. Will spürte, wie er darauf mit einem höhnischen Lächeln reagierte. Die wunderschöne Scharlatanin.

»Sloane.« Bennett erhob sich und trat Will entgegen, um ihm die Hand zu schütteln. »Waren wir verabredet?«

Will nahm mit der freien Hand seine Melone ab. »Nein, aber ich habe gehört, dass Madame Zalikow hier zu Besuch ist, und musste einfach vorbeikommen.« Er wandte sich an Ava. »Es macht Ihnen doch nichts aus, oder? Ich bin ziemlich neugierig auf Ihre allseits gefeierten Fähigkeiten.«

Ihr Blick verriet, dass sie ganz genau wusste, was er wollte, aber sie antwortete mit ihrem grässlichen russischen Akzent: »Natürlich. Sie müssen sich setzen. Setzen Sie sich, Mr. Sloane.«

»Danke.« Ohne Bennett die Möglichkeit zum Widerspruch zu geben, ließ sich Will auf einem Stuhl nieder. »Bitte, beachten Sie mich nicht. Machen Sie weiter.«

Bennett nahm wieder seinen Platz ein und fragte die Frau ernst: »Bringt seine Anwesenheit die Sitzung durcheinander?«

»Nein«, erwiderte sie und winkte ab. »Ich kann problemlos so tun, als würde er nicht existieren.«

Will unterdrückte ein Lächeln und schwieg, während sie sich wieder ihren Teeblättern zuwandte. »Also ich sehe hier ein Insekt.« Sie zeigte auf irgendeine Stelle auf dem Boden der Tasse. »Das bedeutet, dass Ihnen Ablenkungen oder Erschwernisse zu schaffen machen. Gibt es jemanden in Ihrem Leben, der Sie von Ihrem Vorhaben abhält?«

»Ja«, stimmte Bennett ihr bereitwillig zu. »Woher wissen Sie das?«

Vielleicht, weil jeder unter Ablenkungen und Erschwernissen leidet. Will seufzte laut, aber die beiden ignorierten ihn, und Ava fuhr fort.

»Die Teeblätter lügen nie. Sie müssen diese Person, die nicht vollkommen auf Ihrer Seite ist, von sich schieben. Er wird Sie nur zu Fall bringen.«

Will umklammerte die Armlehnen des Stuhls. Sprach sie von ihm? Bevor er etwas sagen konnte, setzte sie ihre nichtssagenden Prophezeiungen fort.

»Das hier scheint ein Fuß zu sein, ein Hinweis darauf, dass Sie voranschreiten, weitergehen müssen. Dass eine Veränderung Ihres Standortes oder Ihrer Laufbahn eintreten wird.«

Bennetts Haltung straffte sich, und sein Gesicht erhellte sich deutlich. »Die Wahl. Hören Sie das, Sloane? Wir stehen kurz davor, ins Gouverneurshaus einzuziehen.«

Will stieß ein undefinierbares Geräusch aus. Ava fuhr mit dem Reading fort und beugte den Kopf wieder über die Porzellantasse. »Ah, da sehe ich einen bellenden Hund. Das bedeutet, dass jemand, der Ihnen nahesteht, Dinge gesagt hat, die er nicht hätte sagen sollen. Er ist nicht vertrauenswürdig. Wissen Sie, wer das sein könnte?«

Bennett rutschte mit zusammengekniffenen Augenbrauen auf dem Sofa herum, als würde er über diese Albernheit nachdenken, und Will spürte, dass die Spitzen seiner Ohren heiß wurden. Wie kann sie es wagen. Dieses betrügerische Reading verwandelte sich in einen Angriff auf ihn, und das gefiel ihm gar nicht.

Aus Rache versuchte sie, Unfrieden zwischen ihm und Bennett zu stiften. Das konnte sie sich gleich wieder aus dem Kopf schlagen. Bennett wusste, dass Will ihm ein loyaler Freund war – einer, der nie versuchen würde, ihre Zukunft zu sabotieren. Anders als eine gewisse kleine braunhaarige Hexe, deren Geschäft aus Lügen und Schwindeleien bestand und die überall, wo sie war, Chaos verbreitete.

Aber gut, wenn sie spielen wollte, dann würde er mitspielen.

»Sehen Sie dort irgendetwas Konkretes für Mr. Bennett?«, schaltete er sich ein. »Vielleicht können ihm die Teeblätter den Namen eines Pferdes nennen, auf das er morgen in Saratoga Springs wetten kann?«

Madame Zalikow rümpfte widerwillig die Nase. »Die Teeblätter lassen sich nicht für Pferderennen einsetzen, Mr. Sloane. Die Geister sind nicht für so unwesentliche Dinge wie Wetten oder Glücksspiel da.«

»Unwesentlich? Erzählen Sie das mal den Verlierern«, brummte Will.

Ihre braunen Augen verengten sich gefährlich, und Will hob herausfordernd eine Braue. »John«, sagte sie zu ihrem Kunden, »vielleicht sollte ich morgen wiederkommen. In diesem Raum befindet sich eine negative Energie.«

»In Ordnung, Madame Zalikow. Wir haben ohnehin unser vereinbartes Zeitpensum fast erreicht.« Er stand auf und hielt ihr seine Hand hin, um ihr beim Aufstehen zu helfen, als wäre sie eine unschuldige Debütantin und keine abgebrühte Schwindlerin. Gott im Himmel, war Will der einzige rational denkende Mann, den es noch in dieser Stadt gab?

Bennett starrte ihn wartend an, und Will wurde klar, dass er noch immer saß. Er hatte nicht absichtlich unhöflich sein wollen, aber es fiel ihm schwer, ihr Respekt zu erweisen. Langsam erhob er sich. »Darf ich Sie irgendwo absetzen, Madame Zalikow?«, fragte er.

Ihr rechtes Auge zuckte leicht. Zweifellos hätte sie ihm am liebsten eins mit ihrer scharfen Zunge übergebraten, aber Bennetts Anwesenheit zwang sie zur Zurückhaltung. »Das ist nicht nötig, Mr. Sloane«, brachte sie mühsam hervor. »Ich bin durchaus imstande …«

»Oh, das sind Sie zweifellos, aber es wäre mir eine Freude.«

»Madame, wehren Sie Sloane nicht ab«, sagte Bennett und tätschelte ihre Hand. »Er ist durch und durch ein Gentleman. Sie brauchen keine Angst zu haben.«

»Ich habe keine Angst.« Vor Ärger legte ihre Stimme den aufgesetzten russischen Akzent ab und hinterließ den warmen, rauchigen Klang, der Will viel besser gefiel. Aber sie fing sich schnell wieder und schlüpfte zurück in ihre Rolle. »Ich meine, Mr. Sloane hat sicher erheblich wichtigere Dinge zu erledigen. Schließlich bin ich hierhergekommen, um mich mit Ihnen zu treffen, John.«

Mit übertriebener Geste schnippte Will mit den Fingern und warf den Kopf zurück. »Ja. Aber nun habe ich völlig vergessen, worüber ich mit Bennett sprechen wollte. Macht nichts. Ich werde es Ihnen telegrafieren, wenn es mir wieder einfällt, Bennett.«

»Hervorragend, abgemacht«, sagte Bennett. »Passen Sie auf sie auf, Sloane. Sie ist ein Geschenk des Himmels.«

»Ein Geschenk des Himmels«, höhnte der Mann neben ihr. »Mein Gott, wie können Sie nachts nur schlafen?«

Ava starrte unverwandt auf das Fenster der Kutsche. Es fiel ihr schwer genug, sich zu konzentrieren, während Sloanes Schenkel und Hüfte eng an ihren Körper gepresst waren und seine breite Schulter jedes Mal gegen ihre stieß, wenn sie über ein Schlagloch fuhren. Sie wünschte, sie wäre sich seiner Gegenwart nicht so bewusst, aber man konnte diesen Mann nicht ignorieren. Er strahlte in höchstem Maße Stärke, Entschlossenheit und ein geradezu greifbares Selbstvertrauen aus. Macht hatte sie schon immer angezogen, aber dieser Mann hatte einen scheußlichen Charakter. Er war unnachgiebig und verwöhnt, ein Rüpel im Frack. Sie musste stark bleiben.

Avas Grinsen triefte vor geheuchelter Aufrichtigkeit. »Ich schlafe genauso wie Sie, Eisenbahnmann. Wie ein Baby. Auf einem Haufen Geld.«

»Das glaube ich Ihnen nicht. Wenn Sie Geld hätten, würden Sie besseres Schuhwerk besitzen. Und eine eigene Kutsche.«

Er hatte recht, aber das würde sie nicht zugeben. Ava sparte jeden Penny, den sie konnte, und das bedeutete, dass sie ihre Schuhe abnutzte, während sie sich zu Fuß durch die Stadt bewegte. Es war unsinnig, für die Hochbahn oder eine Droschke zu bezahlen, wenn sie ihre eigenen zwei Beine gebrauchen konnte, um irgendwo hinzukommen.

»Haben Sie erreicht, worauf Sie hofften, indem Sie John vor meinem unzumutbaren Einfluss retteten?«

»Wohl kaum. Sie haben den Mann so tief in Ihren Fängen, dass er vielleicht nie wieder das Tageslicht erblickt. Wohin bringe ich Sie? Alles, was Sie meinem Kutscher sagten, war Süden.«

»Als ob ich Ihnen meine Adresse nennen würde. Nein, Sie fahren zu Ihrem Haus, und ich werde von dort aus zu Fuß weitergehen.«

»Haben Sie Angst davor, mich Ihr Lebkuchenhaus sehen zu lassen, wo Sie kleine Kinder braten?«

»Nein, keine kleinen Kinder. Jeder weiß, dass unausstehliche, maßlose, reiche Männer erheblich besser schmecken. Es ist klüger, Sie halten sich fern – am Ende bin ich nicht in der Lage, der Versuchung zu widerstehen.«

Er schnaubte, schwieg jedoch. Sie hätte es vorgezogen, wenn er weitergeredet und sie von seiner Arroganz und Selbstbeherrschung abgelenkt hätte, den Eigenschaften, die er mit jedem Atemzug ausstrahlte. Sie wusste nicht, warum sie ihn so anziehend fand, aber, so vermutete sie, manche Frauen wurden eben nie klüger.

Seine Beine wippten federnd, eine Angewohnheit, die sie zuvor schon bemerkt hatte. Ging sie ihm auf die Nerven? Sie wandte ganz bewusst die Augen von ihm ab, fest entschlossen, nichts mehr von ihm wahrzunehmen. »Warum haben Sie überhaupt darauf bestanden, mich mitzunehmen?«

»Der Grund ist, dass wir unser Gespräch neulich Abend nicht beendet haben. Verdammt, ich dachte, jemanden zu hören, der meinen Namen rief. Aber als ich mich umdrehte, war niemand da.«

»Seltsam«, sagte sie und unterdrückte ein Lächeln. Bauchreden war einer der ersten Tricks, die sie bis zur Perfektion gelernt hatte. »Allerdings haben wir einander alles gesagt, was es zu sagen gab, meinen Sie nicht?«

»Nein. Es ist offensichtlich, dass wir das nicht haben.« Er griff sanft nach ihrem Kinn und drehte ihr Gesicht zu sich. Ein Prickeln lief über Avas Haut, ein weibliches Kribbeln, das sehr unselige, unangebrachte Dinge signalisierte. Er ließ seinen Arm wieder sinken. »Sie scheinen den Ernst der Lage nicht zu begreifen. Es ist meine Aufgabe, Sie dazu zu bringen, es zu verstehen. Mit allen erforderlichen Mitteln.«

»Was heißt erforderlich? Mein Gott, Sie sind ja entschlossen. Was, wenn ich sagen würde, dass ich John in Ruhe lasse, wenn Sie einverstanden wären, am kommenden Montag in meiner Show mitzuwirken?«

»Mitwirken? … In Ihrer Show?« Er warf den Kopf in den Nacken und lachte, wobei die kräftigen Sehnen seines Halses hervortraten.

Plötzlich verspürte sie einen starken Drang, mit ihrer Zunge über diese Sehnenstränge zu fahren und sein Lachen auf ihren Lippen zu schmecken. Du lieber Himmel, sie musste damit aufhören. Sie riss den Blick von ihm los und sah beschämt auf die Straße. Sie durfte derartige Gedanken nicht haben, vor allem nicht in Bezug auf William Sloane. Beim Allmächtigen, vermutlich wollte er den Nachweis des Stammbaums einer Frau sehen, bevor er bereit war, sie zu küssen. Außerdem hatte sie vor Jahren als junges Mädchen ihren niederen Instinkten nachgegeben, und was hatte sie davon gehabt? Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals, und die schwere Last der Reue raubte ihr den Atem.

Du hast mit dem Feuer gespielt, Mädchen, und dich dabei verbrannt. Die schrille Stimme ihrer Mutter klang in Avas Kopf. Ja, sie war dumm gewesen, und es verging kein Tag, an dem sie sich nicht selbst ermahnte, niemals wieder dumm zu sein.

Schließlich hörte er auf zu lachen, der Schuft. »Ich würde mich nicht mal dazu erniedrigen, in Ihrer Show mitzuwirken, wenn es mir die Präsidentschaft sichern würde.«

»Sind Sie sicher? Ich kann John nämlich problemlos davon überzeugen, dass er mich zweimal die Woche treffen muss.«

Das vertrieb die Belustigung aus seiner Miene. »Das wagen Sie nicht. Ich schwöre Ihnen, wenn Sie das tun …«

»Immer mit der Ruhe, Eisenbahnmann. Selbst für John hätte ich vermutlich keine Zeit.« Sie warf ihm einen scharfen Blick zu. »Aber ich könnte mir die Zeit nehmen, wenn Sie mich nicht in Frieden lassen.«

»Ich kann Sie nicht in Frieden lassen, bevor Sie mir nicht versprochen haben, dass Sie John in Frieden lassen. Ich habe zu viel zu verlieren, wenn jemand davon erfährt. Oder Sie beschließen, seine Geheimnisse zu verkaufen.«

»Sie haben mein Wort, dass ich das nicht tun werde«, entgegnete sie scharf. »Warum können Sie das nicht akzeptieren und einfach wieder Wahlkampfplaketten verteilen?«

»Verzeihen Sie mir, wenn ich ein Problem damit habe, auf das Wort einer Frau zu vertrauen, die eine blonde Perücke aufsetzt und einen russischen Akzent annimmt, der, nebenbei bemerkt, miserabel ist. Sind Sie je einem echten Russen begegnet?«

Hilfe. Sie war es müde, sich von diesem Mann beleidigen zu lassen. Als müsste er alle, denen er begegnete, darauf hinweisen, wie unterlegen sie seiner erhabenen Größe waren. »Müssen Sie nicht ein Imperium führen? Wie kommt es, dass ein Mann, der für so vieles verantwortlich ist, so viel freie Zeit hat, sich in der Stadt herumzutreiben?«