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Helmut Werner, selbst ein anerkannter Anorganiker, beleuchtet in seinem Buch die Entwicklung der anorganischen Chemie in Deutschland von den ersten wirklich wissenschaftlichen Schritten im frühen 19. Jahrhundert bis hin zu den modernen Forschungsthemen des beginnenden 21. Jahrhunderts. Dabei stehen stets die Wissenschaftler im Vordergrund, die mit ihren Leistungen und Schwerpunktsetzungen die wissenschaftliche Landschaft über ihren Tod hinaus geprägt haben. Dem Autor gelingt es so, die Geschichte einer Wissenschaft lebendig werden zu lassen.
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Seitenzahl: 1376
Cover
Titel
Autor
Impressum
Widmung
Vorwort
Danksagung
Teil I: Historischer Abriss der Entwicklung der anorganischen Chemie in Deutschland
1 Prolog
2 Vorfahren
Literatur
3 Das 19. Jahrhundert: Die anorganische Chemie bekommt Konturen
Literatur
4 Das erste Drittel des 20. Jahrhundert: Ein schrittweiser Aufschwung
4.1 Die Chemie der Borane und Silane: Meisterleistungen der Experimentierkunst
4.2 Otto Ruff und der Höhenflug der Fluorchemie
4.3 Die Koordinationschemie fasst Fuß
4.4 Metallorganik trifft Koordinationschemie: Die Chemie der Metallcarbonyle
4.5 Pionierarbeiten in der Festkörperchemie
Literatur
5 1933–1945: Eine bedrückende Zeit
5.1 Die allgemeine Situation
5.2 Alte und neue Forschungsprojekte
Literatur
6 1945–1960: Die Aufbaujahre
6.1 Ein schwieriger Beginn
6.2 Die vorherrschenden Forschungsthemen
6.3 Ein Schritt in Neuland
Literatur
7 1960–1975: Die Renaissance der anorganischen Chemie
7.1 Der erste Paukenschlag: Die Synthese stabiler Verbindungen der „edlen“ Gase
7.2 Der zweite Paukenschlag: Die Entdeckung der Carben- und Carbinkomplexe
7.3 Renaissance der Nichtmetallchemie
7.4 Frische Impulse in der Festkörperchemie
7.5 Fortschritte in der metallorganischen Chemie
Literatur
8 1975–1990: Eine neue Generation rückt nach
8.1 Der Sturz des Doppelbindungsverbots
8.2 Weitere Glanzpunkte in der Nichtmetallchemie
8.3 Ein altes und doch neues Gebiet: Molekulare Metallcluster
8.4 Experiment und Theorie in der Festkörperchemie
8.5 Neue Facetten in der Organometall- und Koordinationschemie
Literatur
9 Die anorganische Chemie an den Universitäten in der DDR
9.1 Unruhige Jahre
9.2 Forschungsaktivitäten im real existierendem Sozialismus
Literatur
10 Anorganische Chemie vor und nach der Jahrtausendwende
10.1 Festkörperchemie und Nanomaterialien
10.2 Metalloide, „Wagenräder“ und Riesencluster
10.3 Chemie der Nichtmetalle: Unverändert aktuell
10.4 Elementorganische und Metallorganische Chemie
10.5 Ein neuer Zweig: Bioanorganische Chemie
Literatur
Teil II: Die Entwicklung der anorganischen Chemie an den deutschen Universitäten und Technischen Hochschulen
11 Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
Literatur
12 Humboldt-Universität zu Berlin
Literatur
13 Technische Universität Berlin
Literatur
14 Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Literatur
15 Technische Universität Braunschweig
Literatur
16 Technische Universität Clausthal
Literatur
17 Technische Universität Darmstadt
Literatur
18 Technische Universität Dresden
Literatur
19 Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Literatur
20 Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Literatur
21 Technische Universität Bergakademie Freiberg
Literatur
22 Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Literatur
23 Justus-Liebig-Universität Gießen
Literatur
24 Georg-August-Universität Göttingen
Literatur
25 Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
Literatur
26 Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Literatur
27 Universität Hamburg
Literatur
28 Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover
Literatur
29 Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Literatur
30 Friedrich-Schiller-Universität Jena
Literatur
31 Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Literatur
32 Christian-Albrechts-Universität Kiel
Literatur
33 Universität Köln
Literatur
34 Universität Leipzig
Literatur
35 Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Literatur
36 Philipps-Universität Marburg
Literatur
37 Ludwig-Maximilians-Universität München
Literatur
38 Technische Universität München
Literatur
39 Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Literatur
40 Universität Rostock
Literatur
41 Universität Stuttgart
Literatur
42 Eberhard Karls Universität Tübingen
Literatur
43 Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Literatur
44 Die ehemals deutschen Universitäten Königsberg und Breslau und die Technischen Hochschulen Breslau und Danzig
Literatur
Teil III: Die „jungen“ Universitäten
45 Universität Augsburg
Literatur
46 Universität Bayreuth
Literatur
47 Freie Universität Berlin
Literatur
48 Universität Bielefeld
Literatur
49 Ruhr-Universität Bochum
Literatur
50 Universität Bremen
Literatur
51 Technische Universität Chemnitz
Literatur
52 Technische Universität Dortmund
Literatur
53 Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Literatur
54 Universität Duisburg-Essen
Literatur
55 Universität Hohenheim
Literatur
56 Technische Universität Kaiserslautern
Literatur
57 Universität Kassel
Literatur
58 Universität Konstanz
Literatur
59 Otto-von Guericke-Universität Magdeburg
Literatur
60 Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Literatur
61 Universität Osnabrück
Literatur
62 Universität Paderborn
Literatur
63 Universität Potsdam
Literatur
64 Universität Regensburg
Literatur
65 Universität des Saarlandes
Literatur
66 Universität Siegen
Literatur
67 Universität Ulm
Literatur
68 Bergische Universität Wuppertal
Literatur
69 Max-Planck-Institute
Literatur
Epilog
Literatur
Quellenverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Namensverzeichnis
Endbenutzer-Lizenzvereinbarung
2 Vorfahren
Abb. 2.1 Ernst Georg Stahl
Abb. 2.2 Martin Heinrich Klaproth
3 Das 19. Jahrhundert: Die anorganische Chemie bekommt Konturen
Abb. 3.1 Johann Wolfgang Döbereiner
Abb. 3.2 Robert Wilhelm Bunsen
Abb. 3.3 Otto Linné Erdmann
Abb. 3.4 Johann Friedrich Stromeyer
Abb. 3.5 Friedrich Wöhler
Abb. 3.6 Eilhard Mitscherlich
Abb. 3.7 Carl Friedrich Rammelsberg
Abb. 3.8 Wilhelm Hampe
Abb. 3.9 Clemens Winkler
4 Das erste Drittel des 20. Jahrhundert: Ein schrittweiser Aufschwung
Abb. 4.1 Alfred Stock
Abb. 4.2 Otto Ruff
Abb. 4.3 Paul Pfeiffer
Abb. 4.4 Wilhelm Manchot
Abb. 4.5 Walter Hieber
Abb. 4.6 Wilhelm Biltz
Abb. 4.7 Eduard Zintl
5 1933–1945: Eine bedrückende Zeit
Abb. 5.1 Friedrich Adolf Paneth
Abb. 5.2 Lothar Wöhler
Abb. 5.3 Hans von Wartenberg
Abb. 5.4 Wilhelm Johann Schlenk
Abb. 5.5 Wilhelm Klemm
Abb. 5.6 Ida und Walter Noddack
Abb. 5.7 Robert Schwarz
Abb. 5.8 Robert Fricke
6 1945–1960: Die Aufbaujahre
Abb. 6.1 Ernst Otto Fischer
Abb. 6.2 Franz Hein
7 1960–1975: Die Renaissance der anorganischen Chemie
Abb. 7.1 Rudolf Hoppe
8 1975–1990: Eine neue Generation rückt nach
Abb. 8.1 Gerd Becker
Abb. 8.2 Rolf Appel
Abb. 8.3 Oskar Glemser
Abb. 8.4 Max Schmidt
Abb. 8.5 Marianne Baudler
Abb. 8.6 Gerhard Fritz
Abb. 8.7 Hans Georg von Schnering
Abb. 8.8 Karl Wieghardt
9 Die anorganische Chemie an den Universitäten in der DDR
Abb. 9.1 Erich Thilo
Abb. 9.2 Günther Rienäcker
Abb. 9.3 Siegfried Herzog
Abb. 9.4 Kurt Issleib
Abb. 9.5 Arthur Simon
Abb. 9.6 Rudolf Taube
Abb. 9.7 Karl-Heinz Thiele
11 Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
Abb. 11.1 Alfred Hermann Benrath
Abb. 11.2 Peter Paetzold
Abb. 11.3 Welf Bronger
Abb. 11.4 Gerhard E. Herberich
12 Humboldt-Universität zu Berlin
Abb. 12.1 Arthur Rosenheim
Abb. 12.2 Wilhelm Traube
Abb. 12.3 Erich Tiede
Abb. 12.4 Lothar Kolditz
Abb. 12.5 Manfred Meisel
13 Technische Universität Berlin
Abb. 13.1 Hugo Wilhelm Traugott Erdmann
Abb. 13.2 Gerhart Jander
Abb. 13.3 Peter Wolfgang Schenk
Abb. 13.4 Bertold Reuter
Abb. 13.5 Brigitte Sarry
Abb. 13.6 Herbert Schumann
Abb. 13.7 Jörn Müller
14 Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Abb. 14.1 Otto Schmitz-DuMont
Abb. 14.2 Heinrich Puff
Abb. 14.3 Edgar Niecke
15 Technische Universität Braunschweig
Abb. 15.1 Hellmut Hartmann
Abb. 15.2 Ulrich Wannagat
Abb. 15.3 Reinhard Schmutzler
Abb. 15.4 Wolf-Walther du Mont
16 Technische Universität Clausthal
Abb. 16.1 Friedrich Wilhelm Küster
Abb. 16.2 Lothar Birckenbach
Abb. 16.3 Martin Linhard
Abb. 16.4 Armin Schneider
Abb. 16.5 Werner Bues
Abb. 16.6 Eberhard Stumpp
17 Technische Universität Darmstadt
Abb. 17.1 Hans Wolfgang Kohlschütter
Abb. 17.2 Herbert Schäfer
Abb. 17.3 Horst Elias
Abb. 17.4 Hans-Friedrich Klein
18 Technische Universität Dresden
Abb. 18.1 Walter Hempel
Abb. 18.2 Hans Albert Lehmann
Abb. 18.3 Heinrich Oppermann
Abb. 18.4 Peter Böttcher
Abb. 18.5 Rüdiger Kniep
19 Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Abb. 19.1 Helmut Behrens
Abb. 19.2 Klaus Brodersen
Abb. 19.3 Dieter Sellmann
Abb. 19.4 Rudi van Eldik
20 Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Abb. 20.1 Paul Royen
Abb. 20.2 Hans Bock
21 Technische Universität Bergakademie Freiberg
Abb. 21.1 Anton Lissner
Abb. 21.2 Richard Schrader
Abb. 21.3 Hans-Heinz Emons
Abb. 21.4 Gerhard Roewer
22 Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Abb. 22.1 Georg Karl Brauer
Abb. 22.2 Heinrich Vahrenkamp
Abb. 22.3 Gerhard Thiele
23 Justus-Liebig-Universität Gießen
Abb. 23.1 Reginald Gruehn
24 Georg-August-Universität Göttingen
Abb. 24.1 Gustav Tammann
Abb. 24.2 Richard Zsigmondy
Abb. 24.3 Anton Meller
Abb. 24.4 George M. Sheldrick
Abb. 24.5 Herbert W. Roesky
25 Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
Abb. 25.1 Gerhard Bähr
Abb. 25.2 Kurt Madeja
Abb. 25.3 Joachim Heinicke
26 Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Abb. 26.1 Alfred Tzschach
Abb. 26.2 Dirk Steinborn
27 Universität Hamburg
Abb. 27.1 Heinrich Remy
Abb. 27.2 Reinhard Nast
Abb. 27.3 Erwin Weiss
Abb. 27.4 Rainer D. Fischer
Abb. 27.5 Heindirk tom Dieck
28 Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover
Abb. 28.1 Werner Fischer
Abb. 28.2 Hans Joachim Berthold
Abb. 28.3 Hinrich Seidel
Abb. 28.4 Michael Binnewies
29 Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Abb. 29.1 Margot Becke-Goehring
Abb. 29.2 Ulrich Hofmann
Abb. 29.3 Wolfgang Sundermeyer
Abb. 29.4 Walter Siebert
Abb. 29.5 Gottfried Huttner
30 Friedrich-Schiller-Universität Jena
Abb. 30.1 Adolf Sieverts
Abb. 30.2 Egon Uhlig
Abb. 30.3 Dirk Walther
Abb. 30.4 Ernst-Gottfried Jäger
31 Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Abb. 31.1 Rudolf Scholder
Abb. 31.2 Hartmut Bärnighausen
Abb. 31.3 Klaus Krogmann
Abb. 31.4 Dieter Fenske
Abb. 31.5 Hansgeorg Schnöckel
32 Christian-Albrechts-Universität Kiel
Abb. 32.1 Robert Juza
Abb. 32.2 Hanskarl Müller-Buschbaum
Abb. 32.3 Wilhelm Preetz
33 Universität Köln
Abb. 33.1 Franz Fehér
Abb. 33.2 Thomas Kruck
Abb. 33.3 Hans Uwe Schuster
Abb. 33.4 Dieter Naumann
Abb. 33.5 Gerd Meyer
34 Universität Leipzig
Abb. 34.1 Arthur Hantzsch
Abb. 34.2 Leopold Wolf
Abb. 34.3 Eberhard Hoyer
Abb. 34.4 Horst Hennig
Abb. 34.5 Lothar Beyer
35 Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Abb. 35.1 Philipp Gütlich
36 Philipps-Universität Marburg
Abb. 36.1 Hans Kautsky
Abb. 36.2 Kurt Dehnicke
Abb. 36.3 Dirk Reinen
Abb. 36.4 Dietrich Babel
37 Ludwig-Maximilians-Universität München
Abb. 37.1 Otto Hönigschmid
Abb. 37.2 Egon Wiberg
Abb. 37.3 Armin Weiss
Abb. 37.4 Wolfgang Beck
Abb. 37.5 Heinrich Nöth
Abb. 37.6 Hanns-Peter Boehm
38 Technische Universität München
Abb. 38.1 Emil Erlenmeyer
Abb. 38.2 Heinz Peter Fritz
Abb. 38.3 Hubert Schmidbaur
Abb. 38.4 Wolfgang A. Herrmann
39 Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Abb. 39.1 Johann Wilhelm Hittorf
Abb. 39.2 Rudolf Schenck
Abb. 39.3 Harald Schäfer
Abb. 39.4 Hermann Josef Becher
Abb. 39.5 Bernt Krebs
Abb. 39.6 Joseph Grobe
Abb. 39.7 Wolfgang Jeitschko
40 Universität Rostock
Abb. 40.1 August Michaelis
Abb. 40.2 Paul Walden
Abb. 40.3 Günther Schott
41 Universität Stuttgart
Abb. 41.1 Josef Goubeau
Abb. 41.2 Heinz Krebs
42 Eberhard Karls Universität Tübingen
Abb. 42.1 Ekkehard Lindner
Abb. 42.2 Joachim Strähle
43 Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Abb. 43.1 Bruno Emmert
Abb. 43.2 Reinhold Tacke
46 Universität Bayreuth
Abb. 46.1 Hans-Ludwig Krauss
Abb. 46.2 Max Herberhold
47 Freie Universität Berlin
Abb. 47.1 Konrad Seppelt
Abb. 47.2 Wolf Peter Fehlhammer
48 Universität Bielefeld
Abb. 48.1 Achim Müller
Abb. 48.2 Peter Jutzi
49 Ruhr-Universität Bochum
Abb. 49.1 Hermann Specker
Abb. 49.2 Alois Haas
Abb. 49.3 William S. Sheldrick
52 Technische Universität Dortmund
Abb. 52.1 Martin Schmeißer
Abb. 52.2 Friedo Huber
Abb. 52.3 Herbert Jacobs
Abb. 52.4 Bernhard Lippert
53 Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Abb. 53.1 Wilhelm Kuchen
Abb. 53.2 Dietrich Mootz
Abb. 53.3 Wolfgang Kläui
54 Universität Duisburg-Essen
Abb. 54.1 Günter Schmid
Abb. 54.2 Peter Sartori
55 Universität Hohenheim
Abb. 55.1 Harry Hahn
Abb. 55.2 Wolfgang Haubold
56 Technische Universität Kaiserslautern
Abb. 56.1 Otto J. Scherer
Abb. 56.2 Cornelius G. Kreiter
58 Universität Konstanz
Abb. 58.1 Hans Herbert Brintzinger
Abb. 58.2 Helmut Fischer
60 Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Abb. 60.1 Manfred Weidenbruch
Abb. 60.2 Siegfried Pohl
62 Universität Paderborn
Abb. 62.1 Gerald Henkel
64 Universität Regensburg
Abb. 64.1 Henri Brunner
Abb. 64.2 Klaus-Jürgen Range
65 Universität des Saarlandes
Abb. 65.1 Friedrich Seel
Abb. 65.2 Horst Philipp Beck
Abb. 65.3 Michael Veith
66 Universität Siegen
Abb. 66.1 Heinz Dieter Lutz
Abb. 66.2 Hans-Jörg Deiseroth
68 Bergische Universität Wuppertal
Abb. 68.1 Hans Bürger
Abb. 68.2 Helge Willner
69 Max-Planck-Institute
Abb. 69.1 Albrecht Rabenau
Abb. 69.2 Arndt Simon
Abb. 69.3 Martin Jansen
Cover
Table of Contents
Begin Reading
C1
III
IV
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1
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Helmut Werner
Helmut Werner
Universität Würzburg
Am Hubland
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Deutschland
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Meinen Lehrern Franz Hein und Ernst Otto Fischer gewidmet
Es läßt sich wohl behaupten, dass die Geschichte der Wissenschaften die Wissenschaft selbst sei. Man kann dasjenige, was man besitzt, nicht rein erkennen, bis man das, was andere vor uns besessen, zu erkennen weiß.
Johann Wolfgang von Goethe (1749–1822)
Als ich im Sommer 2011 begann, dieses Buch zu schreiben, ging ich davon aus, dass ich die Geschichte unseres Faches in maximal drei Jahren erfassen könnte. In den ersten Kommentaren zu meinem Vorhaben, die ich von Kollegen bekam, klang neben viel Ermunterung auch eine Portion Skepsis, ob dies überhaupt zu schaffen sei. Vielleicht dachten manche dabei an mein Alter und ebenso daran, dass ich bereits 2002 emeritiert worden war und nach Abschluss meiner Forschungsarbeiten den Überblick über die Entwicklung unseres Fachgebietes verloren haben könnte. Auch wenn diese Skepsis nicht unbegründet war, habe ich mich nicht abschrecken lassen und weiter darauf vertraut, dass das Ziel zu erreichen sei. Eine wichtige Triebkraft dabei war, dass je tiefer ich in das Thema einstieg und je präziser ich meine Anfragen formulierte, desto bereitwilliger mir geholfen wurde, und zwar sowohl von Kollegen meiner Generation als auch von den Jüngeren. Die angefügte Namensliste derjenigen, denen ich Dank schulde, wird dies verdeutlichen.
Je weiter ich mit meinen Recherchen und dem Schreiben vorankam, umso klarer wurde mir, dass ich den Umfang meiner Ausführungen begrenzen muss. Ich habe mich daher entschieden, in den Kapiteln 2 bis 10 nur in einigen Fällen auf den Lebensweg der handelnden Wissenschaftler näher einzugehen und die mir diesbezüglich wichtigen Angaben in die Kapitel 11 bis 44 und 45 bis 69 einzufügen. Außerdem habe ich (und dies fiel mir schwer) auf Reaktionsschemata, Strukturformeln, Tabellen und Diagramme verzichtet. Aus Erfahrung wußte ich, wieviel Platz solche Darstellungen einnehmen. Aus demselben Grund habe ich auch nur Photos von Kollegen eingefügt, die einen Lehrstuhl hatten und bereits verstorben oder emeritiert sind. Einige Photos fehlen, da sie in der notwendigen Qualität nicht verfügbar waren oder ich auf meine Bitte um Überlassung eines Photos keine Antwort erhielt.
Um die Zahl der Literaturzitate in den einzelnen Kapiteln in Grenzen zu halten, habe ich mich, soweit möglich, bei meinen Recherchen vorwiegend auf Aufsätze und Buchkapitel gestützt. Für die Zeit vor 1950, als es nur wenige Zeitschriften gab, in denen man zusammenfassende Berichte publizieren konnte, sind häufiger Originalarbeiten zitiert. Bei den Angaben über die Ergebnisse der Arbeiten der genannten Kollegen habe ich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, maximal drei Referenzen gewählt, die mehrfach in a), b) etc. unterteilt sind. Die vollständigen Publikationslisten für nahezu jeden sind in der Datenbank SciFinder zu finden. Kollegen, die in anorganischer Chemie habilitiert haben, danach aber eine Industrietätigkeit ausübten oder vorwiegend mit Verwaltungsaufgaben und der Betreuung von Praktika beschäftigt waren aber nicht forschten, werden namensmäßig nur in wenigen Fällen erwähnt. Weiterhin bezeichne ich als Schüler eines Kollegen oder einer Kollegin nur diejenigen, die bei dem Genannten promoviert haben. Postdocs zählen dazu nicht. Ich hoffe, dass ich dafür Verständnis finde. Um Verständnis bitte ich auch, dass ich für Professoren die Bezeichnungen Ordinarius und Extraordinarius bzw. ordentlicher (o.) und außerordentlicher (ao.) Professor und nicht die aktuellen Bezeichnungen C4, C3, C2 oder W3, W2 verwende. Letztere würden von ausländischen Lesern (selbst in Österreich und der Schweiz) mehrheitlich nicht verstanden. Außerdem spreche ich von Lehrstühlen und, da dies vor allem vor 1945 an den Technischen Hochschulen üblich war, von Abteilungen, obwohl die Bezeichnung Abteilung heute kaum noch und die Bezeichnung Lehrstuhl an einigen Hochschulen offiziell nicht mehr verwendet werden. Schließlich bitte ich noch um Verständnis, dass ich die vor 1945 existierenden Universitäten auf den bis 1938 gültigen Grenzen des deutschen Reiches mit ihrem deutschen und nicht mit dem jetzigen polnischen bzw. russischen Namen nenne. Mir erscheint dies nicht zuletzt insofern angebracht, als sich die danach dort vollzogene Entwicklung nicht Inhalt dieses Buches ist.
Wie oben schon erwähnt, ist die Liste derjenigen, die mich unterstützt haben, sehr lang. Auch wenn ich hier nicht jeden Namen nenne, möchte allen dafür herzlich danken. Sehr geholfen haben mir Peter Paetzold und Richard Dronskowski (RWTH Aachen), Max Herberhold und Rhett Kempe (Universität Bayreuth), Sebastian Hasenstab-Riedel (FU Berlin), Eberhard Wenschuh und Thomas Braun (HU Berlin), Jörn Müller, Brigitte Sarry und Matthias Driess (TU Berlin), Peter Jutzi und Thorsten Glaser (Universität Bielefeld), Alois Haas, Roland A. Fischer und Nils Metzler-Nolte (Universität Bochum), Günther Bergerhoff und Alexander Filippou (Universität Bonn), Matthias Tamm (TU Braunschweig), Jens Beckmann (Universität Bremen), Heinrich Lang (TU Chemnitz), Arnold Adam (TU Clausthal), Jörg Schneider (TU Darmstadt), Klaus Jurkschat (TU Dortmund), Heinrich Oppermann (TU Dresden), Wolfgang Kläui (Universität Düsseldorf), Günter Schmid und Stephan Schulz (Universität Duisburg-Essen), Lutz Dahlenburg und Karsten Meyer (Universität Erlangen-Nürnberg), Martin Trömel und Matthias Wagner (Universität Frankfurt), Gerhard Roewer (TU Freiberg), Heinrich Vahrenkamp und Gerhard Thiele (Universität Freiburg), Siegfried Schindler (Universität Gießen), Herbert Roesky und Dietmar Stalke (Universität Göttingen), Joachim Heinicke (Universität Greifswald), Horst Remane und Dirk Steinborn (Universität Halle-Wittenberg), Michael Fröba und Rainer Dieter Fischer (Universität Hamburg), Hans Joachim Berthold und Michael Binnewies (Universität Hannover), Lutz Gade (Universität Heidelberg), Arno Martin, DirkWalther und Matthias Westerhausen (Universität Jena), Werner Thiel und Helmut Sitzmann (TU Kaiserslautern), Hartmut Bärnighausen und Hansgeorg Schnöckel (TU Karlsruhe), Ulrich Siemeling (Universität Kassel), Klaus Beneke (Universität Kiel), Gerd Meyer (Universität Köln), Helmut Fischer (Universität Konstanz), Lothar Beyer und Evamarie Hey-Hawkins (Universität Leipzig), Rudolf Robelek (Universität Mainz), Dirk Reinen, Christoph Elschenbroich und Stefanie Dehnen (Universität Marburg), Wolfgang Beck (LMU München), Frank Köhler, Hubert Schmidbaur und Thomas Fässler (TU München), Bernd Krebs und Josef Grobe (Universität Münster), Rüdiger Beckhaus (Universität Oldenburg), Markus Haase (Universität Osnabrück), Hans-Jürgen Holdt (Universität Potsdam), Henri Brunner und Manfred Scheer (Universität Regensburg), Axel Schulz (Universität Rostock), Michael Veith (Universität Saarbrücken), Claudia Wickleder (Universität Siegen), Otto Mundt und Wolfgang Kaim (Universität Stuttgart), Eberhard Schweda, Ekkehard Lindner und Norbert Kuhn (Universität Tübingen), Helge Willner (Universität Wuppertal), Wolfgang Hönle, Arndt Simon und Martin Jansen (MPI Stuttgart), Karl Wieghardt (MPI Mülheim), Rüdiger Kniep (MPI Dresden) und meine Kollegen der Universität Würzburg. Ein besonderer Dank geht an Max Herberhold, Martin Jansen, Peter Paetzold, Arndt Simon, Rudolf Taube und Eberhard Wenschuh, die nicht nur den Textentwurf für ihre Universität oder ihr MPI, sondern auch den Text für mehrere der Kapitel 2 bis 10 korrigierten. Bereitwillig unterstützten mich weiterhin mit Photos und wertvollen Informationen Frau Christel Dell und Herr Dr. Renko Geffarth von der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Frau Stefanie Schehlmann von der Zeitschrift Nachrichten aus der Chemie, Frau Barbara Köhler von der GDCh, Frau Eva-Maria Hölzl vom Archiv der TU München und Herr Dr. Michael Schwarz vom Archiv der Universität Heidelberg. Ich danke auch dem Verlag Wiley-VCH für das mir entgegengebrachte Vertrauen und insbesondere Herrn Dr. Martin Preuß, Herrn Dr. Andreas Sendtko und Herrn Dr. Ulf Scheffler für wertvolle Ratschläge. Ein letzter, sehr herzlicher Dank gilt schließlich noch meiner Frau, die mir ebenfalls beim Korrekturlesen half und vor allem große Geduld dafür zeigte, dass ich selbst in den Jahren nach der Emeritierung noch immer der Chemie den Vorzug vor den ursprünglich versprochenen gemeinsamen Aktivitäten gegeben habe.
Würzburg, im Frühjahr 2016
Helmut Werner
Zukunft braucht Herkunft ist eine Botschaft, die häufig zu lesen ist und zweifellos Allgemeingültigkeit hat. Der zitierte Spruch hängt in meinem Institutszimmer und ist Teil einer Urkunde, die mir als einem der Mitbegründer der „Freunde und Förderer der Friedrich-Schiller-Universität Jena“ vor mehr als zwei Jahrzehnten überreicht wurde. Die Bedeutung dieser Aussage war mir als Hochschullehrer immer bewusst, und ich habe mich in meinen Vorlesungen stets bemüht, auf die Wurzeln unseres Fachgebiets hinzuweisen. Es war nicht zuletzt auch diese Botschaft, die mich nach der Emeritierung motivierte, das Buch Landmarks in Organo-Transition Metal Chemistry zu schreiben, das kein Lehrbuch ist, aber als Ergänzung zu den Vorlesungen daran erinnern sollte, wie die Forschung auf einem wichtigen Teilgebiet der Chemie begann und wie facettenreich sie schließlich geworden ist. Manche der heute verwendeten Lehrbücher vermitteln teilweise den Eindruck, dass die metallorganische Chemie ein Zweig der organischen Chemie sei, nicht zuletzt deshalb, weil mit Hilfe metallorganischer Verbindungen wichtige organische Produkte leichter und effizienter hergestellt werden können. So wichtig dieser Aspekt ist, so läßt er doch außer Acht, dass der seit Beginn der 1950er Jahre erkennbare Aufschwung auf dem Gebiet der metallorganischen Chemie – nicht nur in Deutschland, aber gerade auch hier – Hochschullehrern der anorganischen Chemie zu verdanken ist. Und weil ich mich zu dieser Zunft zähle und den Eindruck habe, dass mit der zunehmenden Verschulung der Lehre an unseren Universitäten die Wurzeln und die Entwicklung zahlreicher Teilgebiete der anorganischen Chemie nur noch selten angesprochen werden, will ich versuchen, diese Lücke zu schließen.
Dieses Buch ist ein Versuch, die Geschichte der anorganischen Chemie in Deutschland in den vergangenen zwei Jahrhunderten zu erfassen. Es bietet auch, wenn angebracht, Einblicke in Beziehungen und Wechselwirkungen zwischen deutschen und ausländischen Wissenschaftlern, versucht jedoch nicht, die Entwicklung der Disziplin in anderen Ländern nachzuzeichnen. Es ist mir wichtig zu betonen, dass das Ganze eine persönliche Sicht ist, mit allen Einschränkungen und Missdeutungen, die damit verbunden sind. Die alleinige Triebfeder für das Schreiben war, einen Überblick zu gewinnen, wie sich ein wichtiger Zweig der Wissenschaft – genauer: der Naturwissenschaft – in Deutschland entwickelt hat und welche Rolle die dabei beteiligten Forscher spielten. In der Geschichtswissenschaft taucht immer wieder die Frage auf, ob die handelnden Personen oder die zu ihrer Zeit geltenden Bedingungen prägend für die Entwicklung eines Staates oder einer Völkergemeinschaft gewesen sind, und auch unter diesem Blickwinkel erschien es mir interessant zu erfahren, ob sich Ähnlichkeiten oder Parallelen auf dem eigenen Fachgebiet finden.
Die Motivation, hierauf eine Antwort zu geben, entwickelte sich im Verlauf von fünf Jahrzehnten, d. h. vom Beginn der Diplomarbeit bis zu der Zeit nach der Emeritierung. Franz Hein, mein Lehrer in Jena, machte mich bereits bei der Besprechung des Themas meiner Diplomarbeit darauf aufmerksam, dass die 60 Jahre vorher von Alfred Werner begründete Koordinationschemie inzwischen auch in die organische Chemie und die Biochemie ausstrahlt und umgekehrt Prinzipien der organischen Synthese und der Trennung von Naturstoffen Eingang in seine eigenen Untersuchungen über Organometallverbindungen gefunden haben. Ernst Otto Fischer, mein Lehrer in München, zeigte mir dann am Beispiel seiner Arbeiten, wie die anorganische Chemie die Chemie der Kohlenwasserstoffe – bis dato eine Domäne der Organiker – bereichert und wie sie auch der Katalyse – einem wichtigen Pfeiler der physikalischen Chemie – neue Impulse gegeben hat.
Die zeitliche Gliederung der Kapitel 2 bis 10 und die Wahl der Forschungsschwerpunkte und herausragenden Ergebnisse mag manchem Leser willkürlich erscheinen. Dem gebe ich zu bedenken, dass der Blick auf die Entwicklung einer Forschungsrichtung immer subjektiv ist. Ein Historiker hätte möglicherweise eine andere zeitliche Gliederung gewählt. Es würde mir nicht schwerfallen, dies zu akzeptieren. Ich weise jedoch darauf hin, dass ich vom Beginn meiner Dissertation 1958 bis zur Promotion meines letzten Doktoranden 2003 45 Jahre aktiv auf dem Gebiet der anorganischen Chemie tätig war und mich stets bemüht habe, den Blick über den Tellerrand des eigenen Interessengebietes, der metallorganischen Chemie, nicht zu verlieren. In dem herrlichen Film „Some like it hot“ von Billy Wilder sagt einer der Schauspieler am Schluss „nobody is perfect“, und ich weiß, dass dies auch für mich gilt.
Die heute an den Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen tätigen Anorganiker bitte ich um Verständnis, wenn ich ihre wissenschaftlichen Arbeiten vielleicht etwas knapper erläutere als die ihrer Vorgänger, aber in vielen Fällen sind die bearbeiteten Projekte noch in der Entwicklung und die beabsichtigten Ziele noch nicht erreicht. So überlasse ich es gern einem von ihnen, in einigen Jahren oder Jahrzehnten die Entwicklung unseres Faches im 21. Jahrhundert präziser nachzuzeichnen.
Mit diesem Buch ist – wenn auch in beschränktem Maße – eine Hoffnung verbunden. Aus langjähriger Erfahrung weiß ich, dass mit der Aktualisierung des Vorlesungsstoffes und der Erweiterung des Vorlesungsangebots („Bioanorganische Chemie“, „Organometallchemie und Katalyse“, „Supramolekulare Chemie“, „Chemie neuer Materialien“ etc.) der Blick auf die Wurzeln und die Entwicklung der anorganischen Chemie oft zu kurz kommt. Ich habe in den eigenen Vorlesungen immer versucht, diesen Blick zu behalten und den Studierenden klar zu machen, woher unsere heutigen Kenntnisse stammen. Bei Semesterabschlussfeiern und bei Diskussionen mit Diplomanden und Doktoranden wurde mir allerdings bewusst, dass dieses Bemühen nicht von allen Kollegen geteilt wird. Ich verstehe, dass gerade bei den Jüngeren die Versuchung groß ist, in den Vorlesungen zu zeigen, wie aktuell das von ihnen bearbeitete Teilgebiet ist und wie sie sich an vorderster Front an seiner Entwicklung beteiligen. Trotz dieser Einsicht stimme ich jedoch der Aussage Wilhelm Ostwalds zu, die er in seinem Lehrbuch Elektrochemie so formulierte: „Eine stets wiederkehrende Erfahrung als Forscher wie als Lehrer hat mich überzeugt, daß es kein wirksameres Mittel zur Belebung und Vertiefung des Studiums gibt als das Eindringen in das geschichtliche Werden der Probleme“ 1).
1)
Ostwald, W. (1896)
Elektrochemie
, Verlag Veit, Leipzig.
Ein Wissenschaftsgebiet hat immer unterschiedliche Wurzeln, und dies gilt auch für die anorganische Chemie. Zu den Wurzeln gehören zweifellos der Bergbau und die Metallurgie. Die Erzverhüttung, d. h. die Gewinnung von Metallen aus Erzen, war zwar schon weit vor Beginn unserer Zeitrechnung bekannt, aber eine genauere Erforschung der dabei ablaufenden Vorgänge begann erst im 17. Jahrhundert. Einer der Pioniere in Deutschland war Georg Ernst Stahl (1659–1734). Er wurde in Ansbach geboren, 1679 an der Universität Jena für das Studium der Medizin immatrikuliert und hatte auf diese Weise die Möglichkeit, auch Vorlesungen mit chemischem Inhalt zu hören (Abb. 2.1). Zu jener Zeit war an den deutschen Universitäten Chemie noch kein eigenes Lehrfach, sondern wurde als Hilfswissenschaft der Medizin von Professoren der Medizin gelehrt [1]. In Jena war einer dieser Professoren Werner Rolfinck, der außerhalb des von ihm gegründeten „theatrum anatomicum“ Vorlesungen über Chemie hielt, welche er auch durch Experimente erläuterte. Stahl promovierte 1683 in Jena und übte den Arztberuf – zuerst von 1687–1694 als Hofmedicus des Herzogs von Sachsen-Weimar, danach bis 1715 als Arzt und Hochschullehrer in Halle und schließlich als Leibarzt des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. – bis zu seinem Tod 1734 aus [2].
Stahl hielt in Halle nicht nur die ihm aufgetragenen medizinischen, sondern auch chemische Vorlesungen. Für das Wintersemester 1696/1697 kündigte er z. B. an, dass er „über die wirklichen Grundlagen sowie die höhere, theoretische Chemie und, falls Interesse besteht, über die metallische Probierkunst“ lesen werde [3]. Daran anknüpfend begann er im Wintersemester 1701/1702 über „die Grundlagen der metallurgischen Chemie“ zu lehren. Er wollte damit seinen Schülern zeigen, welchen ökonomischen Nutzen eine wissenschaftlich betriebene Chemie vor allem für die chemischen Gewerbe bringen könnte. In diesem Zusammenhang lehnte er auch die zu seiner Zeit noch immer versuchte Transmutation unedler in edle Metalle als unwissenschaftliche und sinnlose Betätigung ab.
Im Jahr 1700, in dem Stahl auch in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina (jetzt Nationale Akademie der Wissenschaften) gewählt wurde, promovierte sein Schüler Johann Christian Fritsch mit einer Arbeit, deren ins Deutsche übersetzte Titel Anweisung zur Metallurgie lautete. Sie baute vollumfänglich auf Stahls Phlogistontheorie auf. Diese war eigentlich ein Nebenprodukt seines Versuchs, ein naturphilosophisches System zu etablieren, das eine vitalistische Weltsicht beschrieb. Stahl glaubte an eine den lebenden Organismen innewohnende Lebenskraft (vis vitalis) und unterschied streng zwischen unbelebter und belebter Materie [2]. Er betrachtete die Brennbarkeit als eine generelle Eigenschaft der Materie und nicht als eine Wirkung der Lebenskraft, denn schließlich waren auch anorganische Stoffe brennbar. Er knüpfte dabei an die von Johann Joachim Becher (1635–1682) entwickelte Prinzipienlehre an, in der für den allgemeinen „Brennstoff“ (d. h., den Stoff, der für alle Verbrennungsvorgänge gebraucht wird) bereits der Name Phlogiston vorgeschlagen wurde. Während Becher jedoch seine Vorstellungen lediglich theoretisch begründet hatte, machte sich Stahl daran, experimentelle Belege für die Wirkung des Phlogistons zu finden. Da er sich bereits als Jugendlicher für den Vorgang der Metallgewinnung aus Erzen interessiert und nach der Bedeutung der zugesetzten Holzkohle gefragt hatte, führte er Experimente, z. B. mit Bleikalk (PbO) als Ausgangsstoff, durch und kam auf Grund seiner Beobachtungen zu dem Schluss, dass die Kohle „einen materiellen Beitrag“ bei der Metallbildung leistet, d. h. dass „durch … die Kohlen … wirklich etwas Körperliches zu dem Metall beigetragen bzw. beigefügt werde“ [4]. Stahl nahm also an, dass ein bestimmter Bestandteil der Kohle zu den Metallkalken hinzutrete, wodurch diese in Metall zurückverwandelt werden. Dieser Bestandteil (Stoff) war für ihn das Phlogiston (laut griechischer Wortbildung „brennendes Wesen“). Mit dieser Vorstellung implizierte er, dass die verschiedenen Metalle zusammengesetzte Körper (Mixta), d. h. sehr feste Verbindungen aus den Metallkalken und Phlogiston, seien. Beim umgekehrten Prozess, also beim „Verkalken“ der Metalle, würde das Phlogiston wieder aus ihnen entweichen. Stahl gelangte so nicht nur zu einer Deutung der chemischen Prozesse von Oxidation und Reduktion, sondern er nahm, wie in einer Festschrift zum 350-jährigen Jubiläum der Leopoldina betont wurde [5], mit der Umkehrung dieser Prozesse das „Prinzip der mikroskopischen Reversibilität“ vorweg.
Abb. 2.1 Ernst Georg Stahl
Auch wenn Stahls Vorstellungen falsch waren, so stellten sie doch ein völlig neuartiges Grundkonzept dar. Diese erlaubte nicht nur bekannte Vorgänge bei der Hüttenkunde und anderen Verbrennungsprozessen zu erklären, sondern es vermochte auch nachprüfbare Voraussagen zu machen. Es wurde so zum Motor für die Entwicklung der Chemie im gesamten 18. Jahrhundert. Stahls Schriften wurden nicht nur ins Englische, Französische, Italienische und Schwedische übersetzt, sondern seine Lehre wurde europaweit akzeptiert. Sogar Antoine-Laurent Lavoisier war bis zu Beginn seiner systematischen Studien über die Vorgänge der Oxidation und Reduktion ein bekennender „Phlogistiker“, und so herausragende Naturforscher wie Joseph Priestley und Humphrey Davy haben sich selbst nach den ersten Veröffentlichungen von Lavoisier noch zur Phlogistonlehre bekannt [6]. Sie war nicht nur ein Paradigma im Sinne Thomas Kuhns [7], sondern wurde auch ein Stützpfeiler für die Brücke, die den Übergang von der Alchemie zur wissenschaftlichen Chemie schuf.
Ein zweiter Vordenker der wissenschaftlichen Chemie mit anorganischer Blickrichtung war Johann Rudolph Glauber (etwa 1604–1670). In Karlstadt am Main geboren, in der Obhut des ortsansässigen Apothekers aufgewachsen und auf der Wanderschaft in Wien vom Fleckfieber befallen, fand er dort in der Nähe eine Heilquelle und wurde durch das Trinken ihres Wassers gesund. Er dachte über dieses „Wunder“ nach, kochte das heilende Wasser bis zur Trockene ein und stellte fest, dass der Rückstand vorwiegend aus Natriumsulfat bestand. Er stellte dieses Salz in größerer Menge aus Natriumchlorid und Schwefelsäure her, übergab es den kaiserlichen Bediensteten in Wien und wurde so ein geschätzter Ratgeber am Hof. Zugleich machte ihn das Heilsalz, das bis heute seinen Namen trägt, zum ersten Chemiker der Neuzeit, der vom Verkauf seiner Produkte leben konnte [8].
Die Ausbildung in der Karlstädter Apotheke hatte für Glauber auch noch einen weiteren Nutzen. Durch die Wirren des Dreißigjährigen Krieges aus der Heimat vertrieben, fasste er in Amsterdam Fuß und gründete ein Laboratorium. Dort stellte er nicht nur verschiedene Chemikalien für Handel und Handwerk her, wie z. B. Salmiakgeist, Ammoniumsulfat, Kupfervitriol und konzentrierte Salzsäure (oleum salis), sondern entwickelte auch neuartige Destillierapparate sowie Glasgeräte, Retorten und Tiegel. Nach Zwischenaufenthalten in Wertheim und Kitzingen kehrte er 1655 nach Holland zurück und baute in Amsterdam einen großzügigen Laboratoriumskomplex mit mehreren Abteilungen auf. Dieses „Laboratorium Glauberianum“ wurde zur ersten Chemiefabrik der Welt [8]. Er konnte es sich jetzt leisten, über Grundsätze chemischer Reaktionen nachzudenken und formulierte seine Erkenntnisse zur Wirkung der chemischen Affinität [9]. Von einer geheimnisvollen Krankheit (vielleicht einer Quecksilbervergiftung) gelähmt, blieb er literarisch aktiv und publizierte das siebenbändige Werk „Opera Omnia“, in dem er sein Arbeitsleben, seine Erfindungen und Verfahren beschrieb. Er starb hochgeehrt 1670 in seiner Wahlheimat Amsterdam.
Auch der Lebensweg von Martin Heinrich Klaproth (1743–1817) zeigt, dass die Pharmazie ein Wegbereiter zur wissenschaftlichen Chemie anorganischer Prägung war (Abb. 2.2). Der Sohn eines Schneidermeisters, in Wernigerode geboren, hatte vor allem durch die Auswirkungen des Siebenjährigen Krieges eine harte Kindheit. Im Alter von 16 Jahren verließ er die Schule und begann eine Apothekerlehre in Quedlinburg. Nach Ende der Lehrzeit wechselte er als Geselle zur Hofapotheke in Hannover, wo er in der Bibliothek seines Prinzipals erstmals mit Büchern chemischen Inhalts in Berührung kam. Da aber in Hannover keine Möglichkeit bestand, genauere Kenntnisse zur Chemie zu erwerben, ging er 1768 zuerst nach Berlin, 1770 nach Danzig und kehrte ein Jahr später nach Berlin zurück. Auch dort gab es zu dieser Zeit zwar noch keine Universität, aber an der Akademie der Wissenschaften gab es das Unterrichtsfach „Naturwissenschaften“ und dort wurden abends Vorlesungen über Chemie angeboten. Mit dem Vermögen seiner Frau konnte Klaproth 1780 die Berliner Apotheke „Zum Bären“ erwerben, in der er sich ein kleines Labor einrichtete [10]. Seinem wissenschaftlichen Interesse ließ er jetzt freien Lauf. Zum großen Vorbild wurde für ihn Lavoisier, dessen Gebot ihn überzeugte, dass bei allen chemischen Reaktionen die Massenbilanz ausgeglichen sein muss. Daher rückte er auch schon bald von der Phlogistontheorie ab, was ihm von nationalistisch eingestellten Zeitgenossen verübelt wurde. Um den Streit zu beenden, schlug er der Akademie der Wissenschaften vor, die Versuche Lavoisiers zu wiederholen und von unabhängigen Gutachtern nachprüfen zu lassen. Als die Ergebnisse Lavoisiers bestätigt wurden, ebbte der Streit ab. In der Folge wurde Klaproth nach Meinung Berzelius’ zum „ersten analytischen Chemiker Europas“ [10], und es häuften sich bei ihm die Aufträge, Mineralproben genauer zu untersuchen. Aus zahlreichen Ländern bekam er solche Proben geschickt, die er gut reinigte und die zum Grundstock einer der bedeutendsten geologischen Sammlungen Europas wurden.
Abb. 2.2 Martin Heinrich Klaproth
Unter den 1783 eingesandten Proben befand sich auch ein pechschwarzes, fettglänzendes Erz aus dem böhmischen Joachimsthal, aus dem Klaproth einen gelblichen Stoff isolierte, dessen Analyse ihm zunächst große Rätsel aufgab. Erst sechs Jahre später war er in der Lage, der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin zu berichten, dass er aus dem Erz ein neues Element gewonnen habe, dem er „bis zur etwaigen Auffindung eines noch schicklicheren den Namen Uranit“ in Anlehnung an den von Herschel kurz zuvor entdeckten Planeten Uranus gab. Er änderte ihn schließlich in „Uranium“ und dann in Uran um [10]. Erst später stellte sich heraus, dass es sich bei dem gelblichen Stoff nicht um Uran, sondern um Uranoxid handelte. Ähnlich ging es ihm mit „Zirconium“ und „Titanium“, denn auch hier glaubte er, aus dem ceylonesischen Hyazinth bzw. dem ungarischen Schörl zwei neue Elemente isoliert zu haben, die sich später als ZrO2 bzw. TiO2 entpuppten. Reines Tellur konnte er aus dem Siebenbürger Golderz gewinnen (wahrscheinlich zeitlich etwas nach dem ungarischen Chemiker Paul Kitaibel, der seine Ergebnisse jedoch nicht veröffentlichte) [11], während er sich die Entdeckung des Cers mit Jöns Jacob Berzelius teilte. Er fand zu seiner Überraschung auch das „Pflanzenalkali“ (Kalium) in Mineralien, dessen „Daseyn wohl noch niemand innerhalb der Gränzen des Mineralreichs … je vermutet hat“. Er schlug vor, statt der früheren Bezeichnungen Mineralalkali, Soda usw. den kurzen Namen Natron und statt Pflanzenalkali, Pottasche, vegetarisches Laugensalz usw. kurzweg die Bezeichnung Kali zu gebrauchen [12].
Klaproth machte sich auch als Fachschriftsteller einen Namen. Er war Mitautor des Chemischen Wörterbuches, einer enzyklopädischen Darstellung des chemischen Wissens der damaligen Zeit, besorgte eine Neubearbeitung des Handbuchs der Chemie und publizierte zwischen 1795 und 1815 sein sechsbändiges Werk Beiträge zur chemischen Kenntnis der Mineralkörper. Der letzte dieser Bände mit dem Titel Chemische Abhandlungen gemischten Inhalts hatte für die Fortschritte der Chemie zu Beginn des 19. Jahrhunderts besonderes Gewicht [11]. Im Scheitelpunkt seines Schaffens wurde Klaproth schließlich 1810 im Alter von 67 Jahren zum ersten ordentlichen Professor der Chemie an der neu gegründeten Universität zu Berlin berufen. Wie der im gleichen Jahr nach Jena berufene Johann Wolfgang Döbereiner war auch er nie an einer Universität immatrikuliert gewesen und hatte keinen einzigen akademischen Titel vorzuweisen. Er unterrichtete „mit großer Freude und Hingabe“ bis wenige Wochen vor seinem Tod [10]. In Nachrufen beschrieben ihn Zeitgenossen als einen Chemiker, der wegen seiner „scharfsinnigen Erfindung genauerer und vollständigerer Scheidungswege“ berühmt war, „eine Menge neuer Grundstoffe kennen lehrte“ und dessen Forschung auf „Thatsachen“ und „Experimental-Untersuchungen“ ausgerichtet war [13]. August Wilhelm von Hofmann, einer seiner Nachfolger auf dem Berliner Lehrstuhl, würdigte ihn später mit den Worten: „Von seiner Bescheidenheit, der jede Überhebung fernliegt, voll Anerkennung für die Verdienste anderer, rücksichtsvoll für fremde Schwächen, aber von unerbittlicher Strenge in der Beurteilung der eigenen Arbeit, hat uns Klaproth das Vorbild eines echten Naturforschers gegeben“ [10].
Aber die Mineralogie und die Pharmazie sind sicher nicht die einzigen Wurzeln, aus denen sich später die anorganische Chemie entwickelt hat. Wahrscheinlich sind sie jedoch die stärksten. Weitere Impulse kamen aus der Medizin, genauer von Ärzten, die sich im Sinn von Paracelsus auch für chemische Fragen interessierten. Einer von ihnen auf deutschem Gebiet war Johann Christian Bernhardt, dessen Wirken erst in jüngerer Zeit publik wurde [14]. Sein Geburts- und Todesjahr liegen im Dunkeln. Er lebte vermutlich im südlichen Sachsen am nördlichen Rand des Erzgebirges und veröffentlichte 1755 im Verlag Breitkopf in Leipzig ein kleines Buch mit dem Titel Chymische Versuche und Erfahrungen, aus Vitriole, Salpeter, Ofenruß, Quecksilber, Arsenik, Galbano, Myrreh, der Peruvianer Fieberrinde und Fliegenschwämmen kräftige Arzneyen zu machen. In diesem Buch beschäftigte er sich recht ausführlich mit der fabrikmäßigen Bereitung der Schwefelsäure, die zu den am längsten bekannten chemischen Stoffen zählte und sowohl für die Medizin als auch für die Erzaufbereitung Bedeutung hatte. Er verwendete als Ausgangssubstanz „Eisenvitriol“ FeSO4 ∙ 7H2O, aus dem nach Abdampfen des Wassers und Erhitzen an Luft Fe2O3 und SO3 entstand. Durch Zugabe von SO3 zu Wasser bildete sich die Schwefelsäure, die Bernhardt unter anderem mit Ethanol (er verwendete den „besten Kornbrandewein“) zu Diethylether umsetzte. Seine Arbeiten, auch mit Salpeter, Quecksilber und Arsenik, wurden zwar kaum zur Kenntnis genommen (das erwähnte Buch erschien nur in einer Auflage von vermutlich nicht mehr als 500 Exemplaren), weisen jedoch darauf hin, dass es vor dem Beginn der wissenschaftlichen Chemie auch Brücken von der Medizin zur Chemie gab [14].
1 Strube, I. (1984) Georg Ernst Stahl, Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner, Bd. 76, Teubner, Leipzig.
2 Priesner, C. (2011) Geschichte der Alchemie, C.H. Beck, München, Kapitel 6.
3 Strube, I. (1984) Georg Ernst Stahl, Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner, Bd. 76, Teubner, Leipzig, S. 19.
4 Strube, I. (1984) Georg Ernst Stahl, Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner, Bd. 76, Teubner, Leipzig, S. 51.
5 Schroth, W. und Remane, H. (2002) in 350 Jahre Leopoldina – Anspruch und Wirklichkeit (Hrsg. B. Parthier, D. von Engelhardt), Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina, Halle (Saale), S. 531–586.
6 a) Strube, I. (1984) Georg Ernst Stahl, Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner, Bd. 76, Teubner, Leipzig, S. 66; b) Labinger, J.A. und Weininger, S.J. (2005) Angew. Chem., 117, 1950–1956.
7 Kuhn, T.S. (1962) The Structure of Scientific Revolutions, University of Chicago Press, Chicago.
8 Schwenk, E.W. (1998) Sternstunden der frühen Chemie, C.H. Beck, München, S. 14–22.
9 Walden, P. (1955) in Buch der großen Chemiker, (Hrsg. G. Bugge), Bd. I, Wiley-VCH GmbH, Weinheim, S. 151–172.
10 Schwenk, E.W. (1998) Sternstunden der frühen Chemie, C.H. Beck, München, S. 91–101.
11 Diemann, E. und Müller, A. (2002) Chem. Unserer Zeit, 36, 334–337.
12 Walden, P. (1944) Z. Anorg. Allg. Chem., 252, 187–189.
13 Klein, U. (2010) in Geschichte der Universität Unter den Linden 1810–2010, (Hrsg. H.E. Tenorth), Bd. 4, Akademie Verlag, Berlin, S. 447–464.
14 Priesner, C. (1982) Chem. Unserer Zeit, 16, 149–159.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Chemie an nahezu allen deutschen Universitäten noch keine eigenständige Disziplin und galt nach einem zeitgenössischen Urteil als „der unreinliche Teil der Physik“ [1]. Sie war in den meisten Fällen der medizinischen, teilweise auch der philosophischen Fakultät zugeordnet. Der Schwerpunkt lag auf der Lehre, und die vorrangige Aufgabe der Chemieprofessoren war es, die Studenten der Medizin, Pharmazie und Technik mit dem damals vorhandenen chemischen Wissen vertraut zu machen. Forschung wurde wenig gewürdigt und Räume für experimentelles Arbeiten standen kaum zur Verfügung. Als Johann Wolfgang Döbereiner (1780–1849) auf Veranlassung von Herzog Carl August 1810 nach Jena berufen wurde, hat man für ihn in Nebengebäuden des Schlosses ein Laboratorium und einen Hörsaal eingerichtet. Aus dem Nachlass seines Vorgängers Johann Friedrich August Göttling erwarb der Herzog die Laborausrüstung sowie die Bibliothek und übergab sie ihm zur Nutzung [2]. An der Universität Rostock musste der 1831 als Professor für Chemie und Pharmazie berufene Helmuth von Blücher (1805–1862) bis 1834 warten, bis das schon von seinem Vorgänger geforderte chemische Laboratorium eröffnet werden konnte [3], und auch in Leipzig mussten sich „die mit Professuren an der Medizinischen Fakultät ,geadelten‘ Chemiker“ bis 1830 mit Notbehelfen begnügen [4].
Etwas günstiger war die Situation an den damals bereits bekannten Universitäten Berlin, Göttingen und Heidelberg sowie an der 1800 von Ingolstadt nach Landshut verlegten bayerischen Landesuniversität. Berlin hatte das Glück, zugleich mit der Gründung der Universität 1810 den bereits in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts bekannt gewordenen Martin Heinrich Klaproth (1743–1817) berufen zu können (siehe Kapitel 2). In Göttingen existierte seit 1806 für den als Professor für Chemie und Pharmazie ernannten Johann Friedrich Stromeyer (1776–1835) ein gut eingerichtetes Unterrichtslaboratorium, in dem die „moderne analytische Chemie“ praktisch erlernt werden konnte [5]. In Heidelberg wurde 1818 für Leopold Gmelin (1788–1853), Schüler Stromeyers und bekannt als Begründer des Handbuch für Anorganische Chemie, nach seiner Ablehnung der Klaprothschen Nachfolge in Berlin ein eigenes Laboratorium eingerichtet [6]. Und in Landshut stand nach der Jahrhundertwende dem „ordentlichen Professor der Chemie, der allgemeinen Naturwissenschaften, der Botanik, der Pharmazie und der Arzneimittellehre“ Georg August Bertele (1767–1818) ebenfalls ein „gut eingerichtetes chemisches Laboratorium“ zur Verfügung. Hier verhalf vor allem sein Assistent Johann Nepomuk Fuchs (1774–1856) durch seine Arbeiten der anorganischen (besser: mineralischen) Chemie zu hohem Ansehen [7].
Wer waren und woher kamen diese Wissenschaftler, die in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts Chemie lehrten und sich auch durch ihre wissenschaftlichen Arbeiten einen Namen machten? Die Wurzeln, auf die bereits in Kapitel 2 hingewiesen wurde, lagen vor allem in der Pharmazie und der Mineralogie. Martin Heinrich Klaproth, der eine Apotheke in Berlin besaß, erwarb sich national und international hohes Ansehen durch seine genauen Untersuchungen zahlreicher Mineralproben und die Entdeckung mehrerer chemischer Elemente [8]. Auch Wilhelm August Lampadius (1772–1842), ab 1796 Professor für Chemie und Hüttenkunde an der Bergakademie Freiberg, hatte vor dem Chemiestudium eine Apothekerlehre beendet und betrachtete dies als Quelle für seine späteren Arbeiten, über die er in dem 1802 erschienenen Handbuch der chemischen Analyse der Mineralkörper berichtete [9]. Auch bei Johann Friedrich Stromeyer in Göttingen und Leopold Gmelin in Heidelberg standen analytische Untersuchungen von Mineralien im Mittelpunkt ihrer Studien, was zugleich die Begrenztheit der Kenntnisse in anorganischer Chemie zu Beginn des 19. Jahrhunderts zeigt.
Der erste Chemiker, der in seinen Studien bereits andeutete, welche Bandbreite die anorganische Chemie hat, war zweifellos Johann Wolfgang Döbereiner (1780–1849). Auch er hatte eine Apothekerlehre absolviert und vor seiner 1810 erfolgten Berufung an die Universität Jena in einer Manufaktur für Textilwaren gearbeitet (Abb. 3.1). Dort hatte er sich mit dem Bleichen baumwollener Gewebe und der Herstellung von Kalilauge und Natriumhypochlorit befasst. In Jena untersuchte er dann nicht nur Mineralien und das Wasser schwefelhaltiger Heilquellen, sondern setzte sich auch zum Ziel, „heimischen Gewerbetreibenden praktische Hinweise zur Steuerung ihrer handwerklich geprägten Produktionsverfahren“zu geben [2]. Er schrieb ein Buch über die Gärungschemie und klärte Branntwein- und Essigfabrikanten darüber auf, dass es zwischen Zucker, Alkohol und Kohlensäure ein Gleichgewicht gibt und der Sauerstoffzutritt bei der Essigbereitung genau dosiert werden muss. Im Auftrag des Weimarer Hofes beschäftigte er sich außerdem mit der preiswerten Erzeugung von Leuchtgas für die Straßen- und Hausbeleuchtung und versuchte, durch Beimischung von Metalloxiden zur Glasschmelze hochwertige optische Gläser herzustellen. So wurde durch ihn der Boden für die Jenaer Schott Werke bereitet [2].
Bleibende Reputation erlangte Döbereiner jedoch durch zwei sehr unterschiedliche Erkenntnisse. Schon sehr früh hatte er ebenso wie der fast gleichaltrige Jöns Jacob Berzelius (1779–1842) die Bedeutung der Stöchiometrie erkannt und bemühte sich, durch möglichst genaue quantitative Analysen die Zusammensetzung einfacher chemischer Verbindungen zu ermitteln. Daraus leitete er die Mengenverhältnisse oder die Äquivalentgewichte ab, in denen sich die Elemente miteinander verbinden. Die ersten Ergebnisse hierzu fasste er unter dem Titel Darstellung der Verhältniszahlen der irdischen Elemente 1816 in Tafeln zusammen [10]. Bei diesen Arbeiten kam ihm bereits 1817 der Gedanke, den er aber erst später in Poggendorfs Annalen der Physik und Chemie zu Papier brachte, eine „Gruppierung der elementaren Stoffe nach ihrer Analogie“ vorzunehmen. Er hatte z. B. gefunden, dass das spezifische Gewicht der „Strontianerde“ (SrCO3) nahezu das arithmetische Mittel aus den spezifischen Gewichten des Kalks (CaCO3) und der „Baryterde“ (BaCO3) ist; dass in der Gruppe Schwefel, Selen, Tellur das spezifische Gewicht des Selens genau das arithmetische Mittel des Schwefels und Tellurs ist und dass das Atomgewicht des Broms das arithmetische Mittel der Atomgewichte des Chlors und Iods ist. Er nannte das Prinzip der Gruppierung die „Dreiheit“ und fasste die Elemente in Gruppen zusammen, die von Gmelin in seinem Handbuch der Chemie als Triaden bezeichnet wurden [10]. Seine Vorschläge blieben zunächst unbeachtet, bis Max von Pettenkofer (1818–1901) in seiner Publikation Über die regelmäßigen Abstände der Äquivalentzahlen der so genannten einfachen Radikale darauf Bezug nahm, und Dmitrii A. Mendeleev (1834–1907) und Lothar Meyer (1830–1895) sie bei ihrer Formulierung des periodischen Systems der Elemente aufgriffen.
Abb. 3.1 Johann Wolfgang Döbereiner
Die zweite wichtige Erkenntnis resultierte aus Döbereiners Interesse am Platin. Es war wegen seiner Schwerschmelzbarkeit, seines hohen spezifischen Gewichts und seiner Trägheit gegenüber verschiedenen Reagentien bekannt geworden, und es gab bereits Versuche, es für Laborgefäße zu benutzen. Döbereiner hatte erfahren, dass beim Erhitzen einer Lösung von Platinsulfat in Alkohol ein schwarzes Produkt entstand (von ihm als „Platinmohr“ bezeichnet), das beim Befeuchten mit Alkohol ins Glühen geriet, wobei sich der Alkohol entzündete. Diese Kenntnis benutzte er zur Herstellung eines Feuerzeugs, bei dem Alkoholdampf über einen mit Platinmohr überzogenen Feuerschwamm geleitet wurde. Bei einem weiteren Versuch beobachtete er, dass Alkohol in Gegenwart von Platinmohr bei normaler Temperatur mit Luftsauerstoff reagiert und zuerst ein von ihm als „Sauerstoffäther“ bezeichnetes Produkt und danach Essigsäure bildet. 1823 fand er schließlich, dass schwamm- oder pulverförmiges Platin die Eigenschaft hat, ein Gemisch von Wasserstoff und Sauerstoff oder Luft selbst bei –10 °C zu entzünden, und dass auch die kleinste Menge Wasserstoff sich mit dem in der Luft enthaltenen Sauerstoff zu Wasser verbindet [10]. Diese Entdeckung, mit der Döbereiner das Gebiet der Katalyse begründete, erregte enormes Aufsehen und wurde von Berzelius als „die in jeder Hinsicht wichtigste und, wenn ich mich des Ausdrucks bedienen darf, brillanteste Entdeckung des vergangenen Jahres“ bezeichnet [11]. 1832 gelang Döbereiner auch die Oxidation von SO2 zu SO3 mit Platin als Katalysator.
Unter den Chemikern, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine wissenschaftliche Laufbahn einschlugen, wie z. B. Lampadius in Freiberg, Fuchs in Landshut, Stromeyer in Göttingen und Gmelin in Heidelberg, nahm Döbereiner zweifellos eine besondere Stellung ein. Nach Ansicht von Wilhelm Prandtl war er „neben Fuchs als Forscher wohl der hervorragendste, übertraf letzteren aber als Lehrer“ [10]. Als Leitfaden für seine Vorlesungen gab er mehrere Lehrbücher heraus, von denen Grundriß bzw. Lehrbuch der allgemeinen Chemie und Anfangsgründe der Chemie und Stöchiometrie seit 1811 in vielen Auflagen erschienen. Schüler von Döbereiner waren Friedlieb Ferdinand Runge (1794–1867), der Erforscher des Steinkohlenteers und Entdecker des Anilins, Rudolph Christian Böttger (1806–1881), später Dozent für Chemie und Physik am chemischen Laboratorium in Frankfurt am Main, und Gottfried Wilhelm Osann (1796–1866), der an den Arbeiten über das Platin beteiligt war und 1828 Professor der Chemie in Würzburg wurde. Döbereiner erhielt 1818 den Ruf auf den Lehrstuhl für Chemie und Physik in Halle, blieb aber aus Dankbarkeit gegenüber Goethe und dem Weimarer Großherzog Jena treu [10].
Der von Prandtl ebenfalls hervorgehobene Johann Nepomuk Fuchs (ab 1854 von Fuchs) hatte in Landshut wesentlich bessere Startbedingungen als Döbereiner in Jena. Fuchs hatte Medizin studiert, war in Heidelberg zum Doktor der Medizin promoviert worden, entsagte aber bald der Ausübung des ärztlichen Berufes, um sich ganz der Chemie und Mineralogie zu widmen. Nach Aufenthalten in Freiberg, Berlin und Paris legte er vor einer Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München eine Prüfung ab, nach der er im Herbst 1805 als Lehrer für Chemie und Mineralogie an der bayerischen Landesuniversität in Landshut angestellt wurde [8]. Er arbeitete zunächst an der Seite von Bertele (s. o.) und nach dessen Tod 1818 an der Seite von dessen Nachfolger, dem Professor für Pharmazie, Toxikologie und Arzneimittellehre Johann Andreas Buchner (1783–1852). Fuchs erwarb sich durch seine sorgfältigen Studien von Mineralien, Mineralwässern und Salzsolen einen so guten Ruf, dass er 1825 als Konservator der mineralogischen Sammlungen des Staates und als Mitglied der Akademie der Wissenschaften nach München berufen wurde. In seiner Antrittsvorlesung „Über den gegenseitigen Einfluß der Chemie und Mineralogie“ wies er nicht nur auf die engen Beziehungen der beiden Fächer zueinander hin, sondern sagte auch, „daß die Chemie der Mineralogie zu ihrer Begründung und Haltung unentbehrlich“ sei [8]. Die Liebe zur Chemie behielt er auch bei, nachdem die Ludwigs-Maximilians-Universität 1826 von Landshut nach München verlegt und er zum ordentlichen Professor der Mineralogie ernannt worden war.
In der Forschung machte sich Fuchs durch die quantitative Analyse zahlreicher Mineralien einen Namen. Im Gegensatz zu führenden Mineralogen seiner Zeit kam er schon sehr früh zu der Überzeugung, dass für die systematische Ordnung der Mineralien nicht ihre Kristallform, sondern ihre chemische Zusammensetzung maßgebend ist. Er zeigte auch, dass sowohl in Mineralien als auch in synthetisierten chemischen Verbindungen wie dem Alaun gewisse Bestandteile einander