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Das Zentrum unserer Gesundheit Sind Ballaststoffe tatsächlich so gesund? Sollte man auf Kuhmilch besser verzichten? Welche Lebensmittel fördern die Gesundheit? Der erfahrene Heilpraktiker Joachim Bernd Vollmer erklärt hier die Ursachen von Magen-Darm-Beschwerden und zeigt sanfte Behandlungsmöglichkeiten. Er legt dar, dass viele Krankheitsbilder wie Hautleiden, chronische Kopfschmerzen oder Allergien auf ein Ungleichgewicht im Darm zurückzuführen sind und räumt auf mit hartnäckigen Ernährungsirrtümern. Mit vielen wertvollen Tipps zur Selbsthilfe und Ernährung. Gesunder Darm von Joachim Bernd Vollmer: Tipps zur Gesundheit im eBook!
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Seitenzahl: 276
Joachim Bernd Vollmer
Gesunder Darm, gesundes Leben
Knaur e-books
So verschieden wir auch sein mögen, eines ist uns allen gemeinsam: der Wunsch nach immerwährender Gesundheit. Verbinden wir doch mit diesem Begriff Lebensfreude, Leistungsstärke und ein erfülltes Leben. Solange wir gesund sind, nehmen wir das als selbstverständlich hin; erst eine Erkrankung macht uns bewusst, wie leicht dieser Zustand aus dem Gleichgewicht geraten kann. Dass Gesundheit, richtig verstanden, allerdings zu einer lebenslangen Aufgabe wird, macht man sich nur selten klar. Der griechische Philosoph Platon (428–348 v. Chr.) muss sich seine Gedanken darüber gemacht haben, als er es scherzhafterweise so ausdrückte: »Die größte Behinderung des Lebens liegt darin, ständig auf seine Gesundheit achten zu müssen.« Für ihn schien es sich auf jeden Fall gelohnt zu haben, denn er starb für damalige Verhältnisse hochbetagt mit achtzig Jahren, und er hielt noch bis ein paar Tage vor seinem Tod Vorträge.
Im krassen Gegensatz hierzu haben sich die meisten unserer Zeitgenossen längst daran gewöhnt, die Verantwortung für ihr körperliches und seelisches Wohl eher in die Hand eines »Spezialisten« zu legen, als selbst etwas dafür zu tun. Sei es, weil wir nicht mehr allzu viel von alten Hausmitteln oder Heilpflanzen wissen, sei es, weil wir unserer Intuition im Hinblick auf das, was unser Körper signalisiert, nicht mehr vertrauen. Vielleicht aber auch, weil wir Erkrankungen ungern mit eigenen Fehlern unserer Lebensweise in Verbindung bringen wollen, sondern sie als etwas betrachten, was uns vom Schicksal auferlegt wurde. Doch woran es auch liegen mag, von Pillen, Spritzen oder hochtechnisierten Geräten erwarten wir Heilung jedweder Beschwerden, und das möglichst rasch und ohne große Eigenleistung.
Dass dies nicht immer funktioniert, hat fast jeder schon erlebt. Vielleicht in der Form, dass die so behandelten Beschwerden zwar verschwanden, dafür aber bald ein anderes Leiden auftauchte oder sich die alten Symptome erneut einstellten. Vielleicht haben wir aber auch selbst von der einen oder anderen medizinischen Behandlung Abstand genommen, weil uns die möglichen Nebenwirkungen größer als die potenziellen Heilwirkungen erschienen oder einfach nur das Vertrauen darein im Laufe der Zeit abhandengekommen war.
An diesem Punkt angelangt, sucht so mancher nach sanften und natürlichen Methoden gegen seine Beschwerden und trifft dabei zum Beispiel auf dieses Buch. Wie der Leser bald feststellen wird, begibt er sich damit auf eine Reise, auf der er nicht nur eine Fülle von interessanten Informationen findet, sondern im speziellen Fall vor allem dem Darm begegnet, dessen zentrale Rolle für unsere Gesundheit und dadurch nicht zuletzt auch uns selbst besser verstehen lernt.
Gesundheit ist kein statischer Zustand, sondern beständig vom Zusammenspiel verschiedener innerer und äußerer Faktoren abhängig. Alle wichtigen Körperfunktionen wie Atmung, Hormonhaushalt oder die Verarbeitung der Nahrung sind fließende Systeme, Regelkreise, die sinnvoll und ohne unser Zutun arbeiten und sich auf die verschiedenen Zustände des Körpers einstellen. Fieber ist eine zweckmäßige Erscheinungsform innerhalb solch eines Regelkreises, wird aber oft fälschlicherweise als Erkrankung bekämpft. Körperliche Gesundheit bedeutet also ein reibungsloses Miteinander dieser Funktionen und vor allem die Fähigkeit, Heilungsprozesse in Gang zu setzen und zu vollenden.
Allerdings sorgen Viren, Bakterien, die Umweltverschmutzung, Elektrosmog, chemische Einflüsse und noch viel mehr dafür, dass ein reibungsloser Ablauf dieser Regelkreise manchmal empfindlich gestört werden kann. Kommt dann eigene Unvernunft durch Bewegungsmangel, Zigaretten und Alkohol mit dazu, fehlt nur noch der sprichwörtliche »Tropfen«, der das Fass zum Überlaufen bringt.
Schon der Ärztevater Hippokrates (460–377 v. Chr.) hatte das ganz im Sinne der Naturheilkunde erkannt, als er sprach: »Krankheiten befallen uns nicht aus heiterem Himmel, sondern entwickeln sich aus den täglichen Sünden wider die Natur. Wenn sie sich gehäuft haben, brechen sie unversehens hervor.« Eine Grippe beispielsweise erwischt uns also besonders leicht, wenn wir ohnehin schon angeschlagen sind, sei es durch psychische Belastungen oder durch Raubbau am eigenen Körper.
Irgendwann einmal kommt schließlich der Punkt, an dem wir ganz genau spüren, dass wir etwas dagegen unternehmen müssten. Aber was hält dann so viele von gesunder Ernährung ab, von Bewegung an frischer Luft oder dem Aufgeben von Süchten? Könnten wir bei Stress anstatt der beruhigenden, aber die Leber belastenden Pille nicht vielleicht autogenes Training, Yoga oder einen Spaziergang machen? Muss ein schlechter Kreislauf unbedingt mit chemischen Mitteln oder Kaffee aufgeputscht werden, anstatt ihn durch Wechselduschen, Trockenbürsten und anregende Kräutertees in Schwung zu bringen? Auch eine Erkältung braucht sicher in den seltensten Fällen ein Antibiotikum, das die für unser Immunsystem so wichtige Darmflora zerstört, sondern lässt sich mit bewährten Hausmitteln locker kurieren, ganz ohne chemische Präparate und ohne Nebenwirkungen. Doch was ist mit den ererbten Schwachstellen, auf die sich manch einer so gern beruft? Auch sie sind nicht völlig unabwendbar und durchaus mit entsprechender Lebensführung beeinflussbar. Einer Neigung zur Gallenblasenerkrankung ließe sich zum Beispiel entgegenwirken, indem man fettes Essen generell meidet, etwaiges Übergewicht abbaut, Leber wie auch Galle durch pflanzliche Wirkstoffe unterstützt und, was vielleicht genauso wichtig ist, durch Entspannungsübungen verhindert, dass jeder Ärger »auf die Galle schlägt«.
Gerade die Naturheilkunde hält eine Fülle von Heilmitteln bereit, die wir mit dem entsprechenden Wissen gefahrlos anwenden können. Heilpflanzen, Wasser-, Wärme- und Kältereize sind neben vielen anderen Möglichkeiten bewährte Maßnahmen, etwas für sich tun zu können, um die Selbstheilungskräfte wieder in Gang zu setzen und auch zu halten.
Doch nicht alle Umweltgifte müssen hingenommen werden. Es ist weitgehend möglich, sich vor Wohngiften, einem Zuviel an elektromagnetischen Einflüssen und einer großen Menge anderer Belastungen zu schützen, wenn man sich nur dafür interessiert und aktiv etwas dagegen unternimmt.
Niemand will und kann im Ernstfall auf chirurgische Eingriffe oder lebensrettende Maßnahmen der Notfall- und Intensivmedizin verzichten. Doch vermag sie trotz aller technischer und diagnostischer Möglichkeiten nicht, die Zunahme chronisch degenerativer Erkrankungen aufzuhalten, sondern sie kann entstandene Beschwerden höchstens lindern. Denn wenn die Ursachen nicht erkannt werden, muss jede noch so wohlgemeinte Behandlung der Symptome letztlich zu einem bleibenden Krankheitsbild führen. Eine Medizin, die den Menschen als zusammenhängendes Ganzes vernachlässigt und versucht, ihn lediglich als Summe austauschbarer Ersatzteile zu sehen, ist schon längst an ihre Grenzen gestoßen.
Die Folge ist, dass es immer mehr Patienten nach menschlicher Anteilnahme, nach Zuhören, Trost und echter Hilfe verlangt: Faktoren, die für den Heilerfolg mindestens genauso wichtig sind wie die Behandlung selbst.
Die traditionelle Heilkunde hat im hippokratischen Sinne (»Zuerst das Wort, dann die Therapie, zum Schluss das Messer«) schon immer Körper, Seele und den Geist als Einheit in ihrem Behandlungskonzept berücksichtigt. Der therapeutische Ansatz basiert auf der Erkenntnis, dass der Organismus sich immer nur selbst heilen kann und demzufolge bestmöglich entlastet und unterstützt werden muss. Allen ganzheitlichen Verfahren ist diese Vorgehensweise gemeinsam. Sie bekämpfen und unterdrücken keine Krankheitssymptome, sondern versuchen, die Blockierungen des Organismus zu finden und aufzulösen, um das »Fließgleichgewicht« des Systems wiederherzustellen. Das braucht oft Zeit und erfordert die Mitarbeit des Patienten. Doch es kann ein doppelt erfolgreicher Weg werden, der zur Heilung der Erkrankung, aber auch zu den eigenen Stärken oder Schwächen führen kann. Letzten Endes dient alles zur Entwicklung eines Selbstverständnisses, das den Arzt nur noch im Notfall braucht.
Chronische Erkrankungen entstehen nicht von heute auf morgen (das griechische Wort chrónos heißt »Zeit«). Und man kann sie sich auf vielfältige Art erwerben. Zuerst treten meist kleine »Zipperlein« auf, die man kaum wahrnimmt. Verschwinden sie wieder, muss niemand sich sorgen. Kommen sie erneut verstärkt zurück oder wachsen sie sich aus, sollte etwas geschehen.
Nehmen wir das einfache Beispiel Verstopfung. Tritt sie nach einem üppigen Mahl auf, weiß wohl jeder, woher die Problematik kommt und dass sie sich nach ein, zwei Tagen von selbst wieder verzieht. Beginnt sie sich des Öfteren ohne ersichtlichen Grund einzustellen, sieht es schon wieder anders aus. Jetzt ist Entscheidungsfreudigkeit gefragt. Der einfachste Weg ist der zur Apotheke, um ein Abführmittel zu besorgen. Wenn dadurch die Verstopfung aufgehoben wird und auch nach Absetzen des Medikaments nicht wieder auftritt, Schwamm drüber, dann war’s das.
Stellt sich allerdings kurz nach Weglassen des Medikaments alles wieder wie vorher ein, gibt es zwei Möglichkeiten: Zum einen kann man natürlich das Mittel weiter nehmen. So lange, bis es die Wirkung verliert und man die nächsthöhere Stufe in der Medikamentenleiter nimmt. Das geht vielleicht ein paar Jahre gut, aber es wird der Zeitpunkt kommen, da die stärkste Dosis nicht mehr weiterhelfen wird oder Nebenwirkungen das ursprüngliche Problem in den Hintergrund treten lassen. Weitere Gänge in die Apotheke sind notwendig, neue Medikamente gegen Kopfschmerzen, Unwohlsein, Müdigkeit, Schlafstörungen, Unkonzentriertheit – und ich weiß nicht, was noch alles – füllen die Hausapotheke mehr und mehr. Hier sind wir noch bei den allgemeinen Symptomen, die selten gefährlich sind, deren Auswirkungen aber zunehmend den Tagesablauf beeinflussen. Irgendwann einmal kommt dann der Punkt, an dem das rote Licht der »Reserve« aufleuchtet. Nur noch unter Einsatz aller Kräfte ist es möglich, das tägliche Pensum durchzuführen, die Kraft lässt schneller nach als gewohnt. Leere und Ausgebranntheit machen sich breit.
Die sich mehrenden Arztbesuche führen nicht zu dem gewünschten Ergebnis. Überweisungen zu anderen Spezialisten folgen. Solange keinerlei eindeutige Labor- oder Durchleuchtungswerte festgestellt werden, sind Sie für den schulmedizinisch orientierten Arzt gesund. Schlimmstenfalls bilden sogar Psychopharmaka das Ende der Fahnenstange, wie mir einige nach Jahren »austherapierte« Patienten berichteten.
Natürlich ist es verständlich, erst einmal jeden Strohhalm zu ergreifen und alles auszuprobieren, was unser Gesundheitssystem zu bieten hat; und man findet weltweit kaum solch breitgefächerte Möglichkeiten wie in Deutschland. Aber je größer der Markt, desto größer die Konkurrenz, und umso mehr Gefahren lauern durch falsche Versprechen auf dem Weg zur Gesundung. Das Geschäft mit der Angst ist kein gutes, aber ein lukratives, und es hat mittlerweile weite Bereiche unseres Alltags erfasst.
Eines sollte besonders bedacht werden: trotz allem kühlen Kopf bewahren und Vorsicht walten lassen, wenn es um Ihre Gesundheit geht. Lassen Sie sich von nichts und niemandem in Panik versetzen! Sollte Ihnen ein Therapeut, ob Schulmediziner, Heilpraktiker oder sogenannter Wunderheiler, weismachen wollen, dass nur die von ihm vorgeschlagenen Medikamente oder Therapien Ihre Krankheit beseitigen können, holen Sie sich besser eine zweite und, wenn nötig, dritte Meinung ein. Unterstellen wir dabei einmal niemandem Böswilligkeit, so bleibt doch übrig, dass jeder Therapeut von dem, was er tut, überzeugt ist oder es zumindest sein sollte. Ein Chirurg zum Beispiel ist »zum Schneiden da«, dafür wurde er ausgebildet. Kommt es zur Lebensbedrohung durch bösartige Geschwüre, ist er häufig wie auch bei vielen akut auftretenden Verletzungen und Erkrankungen die letzte Rettungsmöglichkeit. Es wird jedoch leider auch oft dort geschnitten, wo es gar nicht notwendig wäre. Ein verantwortungsvoller Therapeut kennt seine Fähigkeiten und weiß, wie und ob er sie zum Einsatz bringt oder Sie besser an einen Kollegen überweist. Hat er ein begrenztes Sichtfeld, kann er in der Regel nur das nutzen, was seinem Gebiet entspricht. Außerhalb dieser erlernten Spezialisierung ist er oft mit seinem Latein am Ende. Dabei sind aber sieben von zehn Erkrankungen als chronisch eingestuft und benötigen eine umfassendere Behandlung, als jeder Spezialist sie bieten könnte.
Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rheuma, Migräne, Diabetes, Gicht, Asthma, Psoriasis, Neurodermitis, Allergien sind nur ein Teil davon. Wegschneiden, medikamentöse Unterdrückung oder salbenmäßige Übertünchung mögen kurzfristig und im Notfall unumgängliche Maßnahmen sein, eine langfristige Ursachenbeseitigung ist damit allerdings nicht gewährleistet. Die Prägung derartiger Störungen liegt zwar auch in den Genen, Entstehung und Entwicklung sind jedoch ebenso Sache unserer Lebensführung.
Damit kommen wir zur zweiten Möglichkeit. Man muss nicht zum Leistungssportler, »Körnerfresser« oder zum Asketen werden, um gesund zu bleiben. Licht, Luft, Wasser und Erde, ganz im Sinne der Elementelehre, wären in puncto Lebensweise auch hier die Antwort der »Alten« gewesen. Egal, wie das Wetter war, man bewegte sich viel an der frischen Luft, machte je nach Lust und Laune tägliche Wasseranwendungen, manchmal auch verbunden mit Schlammpackungen, Gymnastik und Lauftraining, alles zum Nulltarif. Sicherlich ist es auch heute kein Problem, sich so oder ähnlich um seine Gesundheit zu kümmern. Spazierengehen, Laufen, Schwimmen, Kneippsche Güsse unter der Dusche, Trockenbürstenmassagen und Gymnastik sind nur eine Frage des guten Willens und nebenbei das Einfachste und Kostengünstigste, was man für seine Gesundheit tun kann. Eine vermehrte Sauerstoffzufuhr durch Bewegung ist für alle Organe förderlich, Wasser regt die Lebensgeister und den Kreislauf an, natürlich auch die Verdauung. All dies sind unbezahlbare Aspekte, wenn es um die Aktivierung der Abwehrkraft und damit um unsere Gesundheit geht. Vorsichtig begonnen, anfangs vielleicht noch mit ein wenig Hilfe durch fachkundige Anleitung, spürt man schon nach kürzester Zeit eine belebende Wirkung dieser einfachen Maßnahmen. Wenn man dann noch ab und zu eine Tasse guten Kräutertees trinkt und etwas mehr auf seine Ernährung achtet, gewinnt das Leben im Normalfall wieder an Wertigkeit.
Wie sehr dabei unsere Gesundheit von einem gut funktionierenden Darm abhängt, auf was man verstärkt achten sollte und was man selbst dazu beitragen kann, das ist das Hauptanliegen dieses Buches. Denn es gibt kaum Prozesse in unserem Körper, die nicht direkt oder indirekt auch mit dem Darm zu tun haben. Außerdem birgt er, wie wir noch sehen werden, weit mehr Überraschungen und Geheimnisse, als man im Allgemeinen so denkt. Dazu sollten wir uns aber vorab den Prozessen der Nahrungsaufnahme, der Fortbewegung der Nahrung, der Zerkleinerung und Verarbeitung durch Verdauungssäfte bis hin zur Ausscheidung widmen, faszinierende Vorgänge, deren reibungslose Abläufe das Abc für unsere Gesundheit sind.
Stellen Sie sich bitte ein Stück Brot vor, der Einfachheit halber eines aus Weißmehl, denn bei Vollkornprodukten würde die folgende Reise etwas komplizierter werden.
»Die Verdauung beginnt im Mund«, so heißt es. Nun ja, wenn wir es ganz genau nähmen, sollten wir den Satz so nicht stehen lassen. Ein kleiner Teil, genauer gesagt die »Vor«verdauung von Kohlenhydraten durch Eiweiße des Speichels, beginnt im Mund. Das kann man daran erkennen, dass auch das kernigste Brot bei langanhaltendem Kauvorgang immer süßer schmeckt.
Einbildung? Mitnichten. Während des Kauvorgangs »zerhäckselt« das im Speichel vorhandene Enzym Ptyalin die Kohlenhydrate des Mehls zu Zucker, wodurch das Brot immer süßer zu schmecken beginnt. Fette und Eiweiße werden unverändert Richtung Schlund weitergeleitet. Die Zunge formt dabei unbewusst einen Bissen, der besser die Speiseröhre hinuntergleiten kann. So reisefertig gemacht, wird er zum Zungengrund transportiert, den man als »Fluss ohne Wiederkehr« bezeichnen könnte. Sobald der Schluckreflex ausgelöst ist, gibt es kein Zurück mehr. Je kleiner, desto besser für den Bissen, denn er muss drei Engpässe auf seiner Reise überstehen: am Ringknorpel, an der Aorta und am Zwerchfell. An diesen Stellen ist das Entzündungsrisiko erhöht, daher widmen wir dem Kauen zusätzliche Aufmerksamkeit.
Kauen
Die Vorverdauung von Kohlenhydraten beginnt im Mund, das ist eine nicht unwesentliche Entlastung für den Verdauungsvorgang. Je länger wir also kauen, umso weniger Verdauungsenzyme müssen später unser Dünndarm und unsere Bauchspeicheldrüse bereitstellen. Wichtig ist dies nicht nur für Diabetespatienten und Fettleibige!
Der süße Geschmack entsteht durch Umsetzung von Kohlenhydraten in Zucker. Aber das Kauen hat noch ganz andere Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Zuerst einmal kann sich der Verdauungstrakt in Ruhe auf das einstellen, was ihm von den Geschmacksknospen übermittelt wird. Denken Sie immer daran: Es gibt wirklich nur weniges, was sich schädigender auf die Verdauung auswirkt als Hektik. Und schnelles, gedankenloses Hinunterschlucken gehört dazu.
Auch die Engpässe innerhalb der Speiseröhre am Ringknorpel, an der Aorta und am Zwerchfell sind bei ungenügendem Kauen anfällig. Das wird schon plausibel, wenn man bedenkt, dass bei zwei bis drei Mahlzeiten täglich und siebzig bis achtzig Jahren Lebenserwartung eine enorme Belastung auf sie zukommt und sie durch ungenügendes Einspeicheln zu Reizzonen werden können.
Dann ist da noch die Esskultur des langsamen, genussvollen Kauens. Bei den Säugetieren gibt es einen großen Unterschied zwischen Fleisch- und Pflanzenfressern. Nicht nur die unterschiedliche Länge der Därme – Pflanzenfresser lang, Fleischfresser kurz – entscheidet über die Nahrungsaufnahme, –verarbeitung und –verwertung, sondern auch die Zähne, die auf der einen Seite zum Reißen, auf der anderen zum Mahlen gedacht sind. Ein Fleischfresser schlingt schnell hinunter, während ein Pflanzenfresser langsam und genüsslich seine Nahrung zermahlt. Der Mensch liegt mit Darm und Zähnen mittendrin, ist somit de facto Mischköstler. Auch mit dem Kauen sollten wir es so halten. Addierte man also den Kauzeitraum einer Kuh mit dem eines Wolfs und dividierte das Ganze durch zwei, so erhielte man in etwa den Zeitraum, den ein Mensch für einen Bissen benötigen sollte: Man käme auf durchschnittlich 42 Sekunden. Nimmt man für eine Kaufrequenz der Einfachheit halber eine Sekunde an, so kommt man auf den optimalen Kaukoeffizienten von 42-mal pro Bissen. Jetzt wissen wir alle, woher die Anweisung früherer Autoren, »42-mal pro Bissen kauen«, kommt, wenn man auch meine Herleitung nicht ganz so ernst nehmen sollte …
Nach 6 bis 8 Sekunden ist unser erster Reiseabschnitt durch die Speiseröhre beendet. Dann kommt die Zwischenstation Hölle, eine birnenförmige Höhle, an deren Grund sich ein See aus konzentrierter Salzsäure befindet, in dem unser Bissen nun ein Bad nimmt. Alle 20 Sekunden geht ein wellenförmiges Beben durch die mit unzähligen Falten ausgekleidete Muskelwand des Magens, aus der laufend Verdauungssäfte abgesondert werden. Zwei Stunden lang muss unser Bissen diese Waschmaschinentortur über sich ergehen lassen, zwei lange Stunden. Mittlerweile hat die Salzsäure die pflanzlichen Eiweiße des Getreides aufgebrochen und nichts mehr von seinem ehemaligen Aussehen übrig gelassen, dann wird der Bissen weiter zum Pförtner (Pylorus) des Magens transportiert, um dort, zu einem Häufchen Brei umgeformt, auf den Fortgang seiner Reise zu warten.
Der Magen
Der Magen liegt etwa eine Handbreit oberhalb des Bauchnabels vor dem eigentlichen Verdauungstrakt, dem Darm. Er hat die Aufgaben der Desinfektion, der kurzfristigen Speicherung des Essens, der Durchmischung der Nahrung und der Eiweißvorverdauung, ebenso des Abtötens von Erregern aus der Nahrung und der Verhinderung einer bakteriellen Überwucherung des oberen Magen-Darm-Trakts. Er verbessert die Verdauung etwa von pflanzlichem Eisen und bietet durch die Magensäure Schutz vor Nahrungsmittelallergien.
Der Magen produziert zirka 1,5 Liter Magensaft täglich. Darin befinden sich die Salzsäure mit einem pH-Wert von 1 bis 3,5, eiweißspaltende Enzyme, ein körpereigenes Eiweiß, welches das Vitamin B12 davor bewahrt, von den Darmbakterien zersetzt zu werden, und der Magenschleim, der den Magen davor schützt, sich selbst zu verdauen. Außerdem bietet Hydrogencarbonat der Schleimhaut einen zusätzlichen Schutz.
Eine Überlastung des Magens und eine unnötig verlängerte Verweildauer der Speise werden ausgelöst durch weniger Kauen, fette, süße, kalte oder zu heiße Nahrung.
Die höchste Magensaftproduktion entsteht durch Champagner beziehungsweise Sekt, danach folgen Sherry, Bier und Wein. Daran sollten Menschen mit Neigung zu Sodbrennen und Magengeschwüren denken.
Die Magenschleimhaut hat die Fähigkeit entwickelt, sich selbst innerhalb von drei Tagen vollkommen wiederherzustellen; sie besitzt somit die regenerationsfreudigsten Zellen des gesamten Organismus.
Genau betrachtet, hatte unser Stück Brot noch Glück. Ölsardinen hätten das Vierfache an Zeit benötigt, um an diesen Punkt zu kommen. Ungeduldig wartet das Brot. Irgendjemand oder irgendetwas scheint noch nicht das Zeichen zur Weiterreise geben zu wollen. Wurde vielleicht eine verbotene Substanz im Innern unseres Brotes entdeckt, die es blitzartig zur Rückreise zwingen würde? Aber nein – direkt vor ihm kommt Bewegung ins Spiel, ein schlürfendes Geräusch und ein fast zeitgleicher Schubs von hinten sind die Folge. Im Bruchteil einer Sekunde findet sich der Brei im nächsten Abschnitt wieder, im Zwölffingerdarm, dem Anfang des Dünndarms. Hinter ihm schließt sich das Tor zur Hölle genauso schnell, wie es sich am Eingang geöffnet hat.
Hier ist es wie im Paradies. Absolute Ruhe, nur das Rumpeln der Magenwände erinnert den Bissen fern an die schlimmsten zwei Stunden seines Daseins. Von allen Seiten setzt eine sanfte Berieselung ein, die ihn das ätzende Salzsäurebad bald vergessen lässt.
Der Zwölffingerdarm
Der Name »Zwölffingerdarm« kommt daher, dass dieser Abschnitt des Verdauungstrakts der Länge nach zwölf aneinandergelegten Fingern entspricht. Seine Aufgabe: die Neutralisierung des sauren Speisebreis durch Natronlauge.
Das ist der Ort, an dem die Gänge für die Enzyme der Bauchspeicheldrüse und der Galle einmünden. Enzyme sind Eiweißstoffe, durch deren Einsatz es erst ermöglicht wird, aus der Nahrung heraus Energie für unseren Körper zu gewinnen. Anders sieht die Funktion der Gallensäure aus. Sie macht aus einem großen Fetttropfen unzählig viele kleine. Dadurch wird es den Fettenzymen erleichtert, die anfallenden Fetttröpfchen so zu zerkleinern, dass sie für den Körper verwertbar gemacht werden können. Dies geschieht in Form des Zerlegens in die Bestandteile Fettsäure und Glycerin, bevor sie über die Lymphbahn abtransportiert werden können.
Bis hierhin war alles nur ein Vorspiel. Die Feinarbeit der eigentlichen Verdauung beginnt jetzt erst, mit dem Anfang des Dünndarms. Und die darauffolgende »Drecksarbeit« – na ja, dazu kommen wir später …
Unser Speisebrei hat jetzt seinen längsten Reiseabschnitt vor sich. Wie die Tentakel einer Seeanemone tasten die Darmzotten alles ab, was ihnen in ihre Fänge gerät, und beginnen langsam mit dem Herauslösen der Hauptbestandteile der Eiweiße, Fette und Kohlenhydrate. Es ist nicht viel, was unser Bissen mit sich bringt, nur etwa 0,5 Gramm Eiweiß, 5 Gramm Kohlenhydrate und etwa kaum erwähnenswerte 0,1 Gramm Spuren pflanzlichen Fetts.
Während unser Entgiftungsorgan, die Leber, mehrmals täglich kleine Portionen liebt, ist es für unser Verdauungssystem ein Greuel, wegen jedes noch so kleinen Kleckses den gesamten Apparat hochfahren zu müssen. Würde man die verwertbare Energie, die ein kleines Stück Brot mit sich bringt, dem Energieaufwand der Verwertung entgegensetzen, stünde am Ende der Bilanz ein Minuszeichen davor. Im Normalfall benötigt der Verdauungstrakt ein Drittel der uns insgesamt zur Verfügung stehenden Gesamtenergie.
Der Darm liebt es, nur maximal zwei bis drei Mahlzeiten täglich vorgesetzt zu bekommen, während er auf Zwischenmahlzeiten und Snacks liebend gern verzichten kann. Wenn man dies berücksichtigt, ist die Folge nicht nur eine bessere Energiebilanz, sondern man hat noch andere Vorteile: Durch die verschiedenen Zeitzonen des Verdauungstrakts müssen sich Zulieferungsorgane wie Leber, Gallenblase und Bauchspeicheldrüse ihre Arbeitszeiten nach der Nahrungsaufnahme einteilen. Größere Ruhephasen garantieren eine wesentlich konzentriertere Verdauung, die besser für die Hauptmahlzeiten genutzt werden sollte, als unnötig für Zwischenmahlzeiten verschwendet zu werden.
Wellenförmige Bewegungen des Dünndarms transportieren nun sanft unser Stück Brot weiter. Mittlerweile befindet es sich etwas oberhalb des Bauchnabels und wird millimeterweise weitergeschoben: quer hinüber in die eine Richtung, Kehrtwendung, quer herüber in die andere Richtung. Von rechts nach links, von links nach rechts. Wie in einem »S« rutscht es Stunde für Stunde unmerklich tiefer, bis es sich dem Ende des Dünndarms nähert.
Die Dünndarmzotten haben ganze Arbeit geleistet. Unser Bissen ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Während seiner rund acht Stunden währenden Achterbahnfahrt im Dünndarm wurden die Eiweiße in mikroskopisch kleinste Aminosäuren zerlegt, die Kohlenhydrate als Einfachzucker über das Blut abtransportiert und das bisschen, eigentlich gar nicht der Rede werte Fett nebenbei zerkleinert, als sogenannte Chylomikronen verpackt und über die Lymphbahnen auf die Reise geschickt. Bei solch geringen Mengen hätte es zu viel Mühe gemacht, sie in die Fettdepots zu transportieren und dort einzulagern. Die Leber, die ohnehin schon nicht mehr weiß, wohin mit ihren Fetten, winkt ab, und so entscheidet man sich, die überflüssige Fracht irgendwo an die Wand eines Blutgefäßes zu kleistern. Hauptsache entsorgt, und wenn’s die Herzkranzgefäße sind.
Der Dünndarm
Zu den Aufgaben des Dünndarms zählt hauptsächlich die Überführung der Hauptbestandteile Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette ins Blut und in die Lymphe. Nachdem die brauchbaren Stoffe in unseren Körperzellen verwertet worden sind, werden deren Abfälle wieder zurück in den Darm geführt, von wo aus sie dann auf normalem Wege mit ausgeschieden werden. Diese Stoffwechselgifte machen zusammen mit den unverdaulichen Bestandteilen etwa die Hälfte des sogenannten Stoffwechselendprodukts aus, das wir hoffentlich täglich in unserer Kloschüssel wiederfinden.
Durch die Anordnung der Darmzotten vergrößert sich die Fläche genauso, als ob man ein stark zusammengeknülltes Blatt Papier auseinanderfaltet. In unserem Fall ergäbe das mindestens die Fläche eines Tennisplatzes, manche Berechnungen tendieren sogar darüber hinaus. Aber egal, auf welcher Größe sich die Verdauung tatsächlich abspielt, interessant ist doch auf jeden Fall, was für Verrücktheiten sich die Natur hat einfallen lassen, um Leben in dieser Form erst zu ermöglichen.
Die momentane Position unseres Restbissens? Vom Bauchnabel aus gesehen, eine Handlänge schräg nach rechts unten. Es ist der Ort, wo der Dünndarm in den Dickdarm übergeht. Sobald sich die Eingangspforte zum Dickdarm öffnet, die »Ileozökalklappe« (deren Namen Sie gleich wieder vergessen können), wird unser mittlerweile reiseunlustiger Bissen in eine sackartige Höhle namens Blinddarm geschubst, Gärbottich und Fäulnisgrube in einem.
Zum besseren Verständnis sollte noch erwähnt werden, dass bei einer sogenannten Blinddarmoperation nicht der Blinddarm selbst entfernt wird, sondern nur sein lymphatisches Anhängsel namens »Wurmfortsatz« oder »Appendix«. Aber das kannten Sie ja schon aus der Schule.
Innerhalb des Blinddarms herrscht eine unangenehme Atmosphäre, die an einen modrigen Sumpf erinnert, worin unser Bissen ein paar Stunden ausharren muss. Ein ungewöhnliches Wartezimmer: frei von Sauerstoff, dafür ersatzweise mit anrüchigen Gasen gefüllt. Überbleibsel vergangener Mahlzeiten erinnern an faule Eier. Das ist kein Ort für zarte Gemüter. Von Morast umgeben, harrt unser Bissen beziehungsweise das, was von ihm geblieben ist, schon stundenlang hier aus. Der letzte Akt der Verdauung beginnt, denn etwas gibt es noch, was für den Körper wichtiger ist als alles andere – Wasser und die darin gelösten lebenswichtigen Mineralstoffe. Unser Bissen badet acht Stunden und mehr in dem Morast, dann kommt plötzlich Bewegung in die Sache. Ruckartig wird er von unten nach oben unterhalb des rechten Rippenbogens befördert, um wiederum acht Stunden oder mehr in Ruhe zu verbringen. Seine Farbe beginnt sich vom Glibbergrau in ein Nussbraun zu verändern, eine Folge der Einwirkung von Gallensäuren, die je nach Konzentration die Farbgebung des Dickdarminhalts bestimmen.
Bevor der Dickdarm seinen Inhalt in die Warteposition »Ausgang After« schiebt, hat er ihn gnadenlos ausgesaugt, mit dem Gallenfarbstoff Bilirubin braun gefärbt, mit normalem Müll, Sonder- und Giftstoffmüll versehen, um ihm abschließend ein nach Maß gefertigtes »Kondom« aus Schleim überzuziehen, das bei optimaler Passform keinerlei Geruchsbelästigung des Umfelds zulässt. So gelingt es dem Inhalt, in einem Stück aufwandlos in die Umwelt hinauszugleiten. Bevor es aber so weit ist und sich der Schließmuskel öffnen kann, muss noch eine Mindestanforderung gegeben sein, die unser stecknadelkopfgroßer Bissen allein bei weitem nicht erfüllen kann. Mindestens 100 bis 200 Gramm Gewicht sollten auf die Waage des Enddarms kommen, um den Sammeltransport in die Toilette freigeben zu können.
Der Dickdarm
Als letzter Verdauungsabschnitt schließt sich der Dickdarm an den Dünndarm an und rahmt ihn in der Form eines Fußballtors ein. Seine Hauptaufgabe ist es, der Nahrung Wasser und Mineralstoffe zu entziehen und für den Körperkreislauf nutzbar zu machen. Dadurch verfestigt sich der Stuhl bei seiner Durchreise zunehmend. Damit er nicht ins Stocken kommt, muss er gleitfähig gemacht werden. Dazu wird aus den sogenannten Becherzellen ohne Unterlass Schleim abgesondert. Der Enddarm speichert das Produkt so lange, bis der Fülldruck ausreichend hoch ist und einen Reiz ausübt; dann öffnet sich der Schließmuskel, um den Darminhalt freizugeben.
Wie sollte sich ein gesundes Stoffwechselendprodukt der Qualitätskontrolle darbieten? Braune Farbe, nicht zu dunkel, nicht zu hell. Ein über mehrere Sitzungen hinweg von der Farbe Braun abweichender Stuhl ist einer sofortigen Analyse zu unterstellen. Klebrige Eigenschaften, starke Gerüche und häufig wiederkehrende gut erkennbare Teile des Essens weisen auf Störungen der Verdauungsorgane, der Schleimhaut des Dickdarms, ungenügende Verdauungsenzyme, falsche Ernährung oder katastrophales Kauverhalten hin. Meist ist es von allem etwas. Ein Gang zur Toilette, und Sie bekommen den Beweis: Haben Sie Mühe, oder geht alles zu unkontrolliert? Benötigen Sie nach Abschluss mehr als ein Blatt Papier, und beeilen Sie sich aufgrund der raumfüllenden Gase, den Ort zu verlassen?
Ja? Dann nehmen Sie diese frühen Vorboten als Grund, sich ein paar Gedanken über Ihre Verdauung zu machen. Sind jene Anzeichen erst seit ein paar Tagen aufgetreten, dann überlegen Sie, was davor war. Eine Reise, ungewohntes Essen, Feste, Feiern, eine Erkältung oder irgendein Ärger könnten der Auslöser dafür gewesen sein. Ein paar Tage kürzertreten, leichte Kost von Süppchen aus Haferschleim oder Reis, leicht gesalzen ohne alles, einen Magen-Darm-Tee aus der Apotheke, dann normalisiert sich das Verdauungssystem in der Regel wieder von allein.
Ein bis maximal zwei Tage sollte die Reise durch den Verdauungstrakt dauern. Kurz währende Verschiebungen sind nicht tragisch, werden auch schnell von selbst wieder korrigiert. Aber alles, was regelmäßig länger als drei Tage dauert und sich in der Folge auch nicht zu ändern scheint, sollte ärztlich abgeklärt werden, bevor es sich zur Gewohnheit entwickelt. Man spricht dann von »chronischer Obstipation«, was so viel wie »über einen längeren Zeitraum dauernde Verstopfung« bedeutet. Denken Sie bitte daran: Je länger eine Erkrankung dauert, umso länger ist der Weg zur Gesundung. Ausnahmen gibt es natürlich, bestätigen aber trotzdem die Regel. Will man ganz genau wissen, wie lange das eigene Verdauungssystem für einen Durchgang benötigt, esse man ein halbes Pfund Spinat, beobachte seinen Stuhlgang auf die Farbgebung in Richtung Grün und wiederhole dann das Ganze nach einer Woche noch einmal. Stimmen die Zeitabstände in etwa überein, hat man seinen persönlichen Verdauungszeitraum gefunden.
Sicher ist, dass hierzulande so ziemlich jeder irgendwann im Lauf seines Lebens einmal mit Verstopfung zu kämpfen hat, und zwar aus unterschiedlichsten Gründen. Meistens ist das Ganze nur eine vorübergehende »Unpässlichkeit« und kann erst mal wieder vergessen werden. Bei etwa der Hälfte bis zwei Drittel der Bevölkerung häufen sich allerdings im Lauf der Zeit die »Unpässlichkeiten«, bis sie sich in ein handfestes Gesundheitsproblem verwandeln. Wenigstens doppelt so viel Frauen wie Männer sind davon betroffen.
Eines Tages besuchte mich eine Frau in den besten Jahren. Nennen wir sie Heide B. Nachdem sie Platz genommen hatte, begann sie, mir ihre Lebensgeschichte zu erzählen.
»Ich wuchs eigentlich ganz normal auf, jedenfalls was man als Nachkriegskind ›normal‹ nennen kann. Es gab wenig zu essen, aber das störte mich nicht so sehr. Meine Eltern ermöglichten mir und meinem jüngeren Bruder eine gute Ausbildung. Ich wurde Assistentin des Verkaufschefs in einem großen Bekleidungsgeschäft. Dort lernte ich auch meinen jetzigen Mann kennen.
Nach der Heirat und der Geburt meiner zwei Kinder verließ ich schweren Herzens das Geschäft, in dem ich sechs Jahre tätig gewesen war, und kümmerte mich nur noch um die Familie. Sicher war ich auf der einen Seite glücklich mit meiner Aufgabe, auf der anderen Seite fehlte mir mein Beruf.