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Der erfahrene Heilpraktiker und Erfolgsautor Joachim Bernd Vollmer hat eine effektive Methode zur Behandlung von Neurodermitis entwickelt, die sich seit vielen Jahren in seiner Praxis bewährt hat. Sie basiert auf Ernährungsumstellung, gründlicher Darmsanierung und der Vermeidung von Allergenen. Daneben diskutiert er auch psychische Faktoren, das Thema freie Radikale sowie Folgen gentechnisch veränderten Essens.
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Seitenzahl: 288
Joachim Bernd Vollmer
Neurodermitis natürlich heilen
Mit der bewährten Schwedler-Vollmer-Methode
Knaur e-books
Meinen ehemaligen Patienten, meiner Familie sowie meinem Freund und Lehrer H. D. Schwedler gewidmet, der im September 2011 im Alter von 88 Jahren verstarb.
Bekanntlich vertreten Fachleute auf dem Gebiet der Ernährung und Gesundheitspflege unterschiedliche Meinungen, die nebeneinander bestehen. Ziel des Autors ist es, die Erfahrungen mitzuteilen, die er in dreißig Jahren Naturheilpraxis bei der Behandlung von Zivilisationskrankheiten wie Neurodermitis und vielen verdauungsursächlichen Problemen selbst gewonnen hat.
Außerdem ist zu bedenken, dass sich die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Heilkunde durch Forschung und Erfahrung beständig fortentwickeln. Alle Angaben in diesem Buch entsprechen dem zur Zeit seiner Verfassung aktuellen Wissensstand.
Die hier vorgestellten Informationen und Empfehlungen sind nach bestem Wissen und Gewissen geprüft. Dennoch übernehmen Autor und Verlag keinerlei Haftung für Schäden irgendwelcher Art, die sich direkt oder indirekt aus dem Gebrauch der beschriebenen Anwendungen ergeben. Bitte nehmen Sie im Zweifelsfall bzw. bei ernsthaften Beschwerden immer professionelle Diagnose und Therapie durch ärztliche oder naturheilkundliche Hilfe in Anspruch.
Meine Bücher über den Darm, die Leber und dieses über Neurodermitis möchten Ihnen die Möglichkeit einer Neuorientierung zur Erlangung von Gesundheit anbieten, die grundlegend ist und vor allem nicht von fremden, besonders wirtschaftlichen Interessen bestimmt wird.
In das Buch sind rund fünfzig Jahre Erfahrung eingeflossen, die mein Vorgänger H. D. Schwedler und ich gewinnen konnten und von der bis heute Tausende Betroffene direkt oder indirekt profitiert haben.
Dabei haben wir uns schon früh von zahlreichen Dogmen und überkommenen Lehrmeinungen verabschiedet, die effektive Heilmethoden ignorierten oder gar verhinderten. Zum Beispiel ist eine vernünftige cortisonfreie Neurodermitisbehandlung ohne entsprechende Ernährungsumstellung heutzutage kaum noch denkbar. Vor dreißig Jahren wurde man von klassischen Schulmedizinern jedoch noch milde belächelt, wenn man ebendiese These vertrat: »Ernährungsumstellung bei Hauterkrankten? Wer kommt denn auf solch einen Nonsens?« Nun, es war zum Beispiel H. D. Schwedler.
Die meisten Betroffenen wissen heute, dass sie Milch, Zitrusfrüchten, Weißmehl, Schweinefleisch und Zucker besser die Rote Karte zeigen sollten. Dieses Wissen geht zum großen Teil zurück auf die aus vielen einschlägigen Erfahrungen resultierende Denkweise H. D. Schwedlers, die nicht immer konform ging mit der offiziellen Lehrmeinung. Doch wie heißt es letztlich so treffend? »Wer heilt, hat recht.«
Da länger an Neurodermitis Erkrankte im Lauf der Zeit zunehmend psychische Probleme entwickeln können, führte ich in den achtziger Jahren verstärkt zusätzliche psychologische Tests und Therapien in den Behandlungsplan mit ein, die sich als sehr nützliche und ergänzende Unterstützung bewährt haben.
Hinzu kam in den Neunzigern noch das Kernstück der aus meiner Sicht vollständigen Behandlung: die Darmsanierung mittels Symbioselenkung und die Colon-Hydro-Therapie, die in diesem Buch beschrieben werden.
Durch immer wieder neu gewonnene Erfahrungen – denn jeder Therapeut lernt von Patient zu Patient etwas dazu – fügte sich so Mosaiksteinchen für Mosaiksteinchen zusammen. Und es entwickelte sich im Lauf der Zeit eine umfassende Kombinationstherapie, deren Schwerpunkte je nach individuellem Fall unterschiedlich angepasst werden können. Eine relative Bekanntheit erlangte die Therapie bereits in den achtziger Jahren unter dem Namen »Schwedler-Vollmer-Methode« oder auch »Hamburger Modell«. Heute arbeiten viele Ärzte und Therapeuten direkt oder indirekt bzw. zumindest partiell nach unserer Methode, die hier ausführlich dargestellt wird.
Dieses Buch ist in erster Linie als Leitfaden gedacht, als Hilfe zur Selbsthilfe, und zwar sowohl für die Betroffenen als auch für Therapeuten. Sollten Sie sich für einen auf der Naturheilkunde basierenden Weg entscheiden, wie sie hier vorgeschlagen werden, richten Sie sich darauf ein, dass Sie bei dieser Vorgehensweise auch Geduld und Zeit brauchen. Es dauert nämlich meist ein Weilchen, bis erste anhaltende Erfolge zu verzeichnen sind. Und auch eventuelle Rückschläge könnten Sie dazu veranlassen, Ihren einmal begonnenen Weg wieder in Frage zu stellen.
Doch ich ermuntere Sie dazu durchzuhalten, selbst wenn das Ganze sich über längere Zeitstrecken hinziehen sollte. Aber keine Angst: Im Normalfall geht es bei sorgfältiger und konsequenter Beachtung und Umsetzung der hier angebotenen Informationen in aller Regel viel, viel schneller. Es lohnt sich immer, diesen Weg einzuschlagen. Denn der führt Sie letztlich zu einem wirklichen, natürlichen inneren Heilungsprozess, ohne dass Sie auf Mittel wie Cortison zurückgreifen müssten. Und das ist es doch allemal wert. Denn Cortison hat viele unerwünschte Nebenwirkungen, ohne eine tatsächliche, dauerhafte Heilung herbeizuführen.
Neurodermitis ist auch eine Erkrankung, die von den verschiedensten, manchmal skurrilsten Faktoren ausgelöst werden kann und, ist sie erst einmal in Gang gesetzt, in einen Teufelskreis mündet, der die Betroffenen ihr Leben lang als Schatten begleiten kann. Dieser zähe »Circulus vitiosus« muss also durchbrochen werden, um der Neurodermitis wirkungsvoll begegnen zu können.
Wie das geschehen kann, will Ihnen dieses Buch vermitteln, das sich im Kern immer wieder mit ganzheitlichen Ansätzen für eine mögliche Heilung bei Neurodermitis, aber auch ähnlich strukturierten chronischen Krankheiten auseinandersetzt. Dabei sehen wir den Menschen in seiner Gesamtheit und untersuchen keine einzelnen Bereiche seiner Natur so, als könnte man sie unabhängig von ihrem Kontext wirklich verstehen oder gar kurieren.
Diese wie auch viele andere hilfreiche Therapien werden von der offiziellen Medizin und der Pharmaindustrie in aller Regel ignoriert, belächelt, abgelehnt oder sogar bekämpft, ohne dass ihre Wirksamkeit hinreichend sorgfältig erforscht worden wäre. Vielfach wurden dabei die angelegten Prüfkriterien nämlich dem Objekt der Untersuchung gar nicht gerecht.
Während die moderne Apparatemedizin mit all ihren pharmazeutischen Begleitern, die im gezielten (Not-)Einsatz sicher ein Segen für die Menschheit ist, astronomisch teure technische Triumphe feiert, tritt die Menschlichkeit oft in den Hintergrund. Allzu leichtfertig schießt man mit Kanonen auf Spatzen und setzt zum Beispiel schon bei verhältnismäßig harmlosen Infektionskrankheiten Antibiotika ein, nur um festzustellen, dass mit der Zeit immer mehr Erreger gegen sämtliche Maßnahmen dieser Art resistent werden. Ähnlich kommen bei Hautkrankheiten oft allzu früh Cortisonpräparate zum Einsatz, die das zugrunde liegende Problem jedoch keineswegs beseitigen, sondern lediglich imstande sind, die oberflächlichen Symptome kurzfristig zu unterdrücken. Das ist ungefähr so, als würde man in einem Auto nur den Ölstandsanzeiger verdecken, wenn dieser signalisiert, dass man eigentlich das Schmiermittel nachfüllen müsste.
Das Interesse der so behandelten Kranken wendet sich folgerichtig mehr und mehr den alternativen Heilmethoden zu. Viele der Betroffenen haben nämlich längst selbst erkannt, dass ihr Befinden mit der stereotyp verordneten chemischen Keule nicht grundlegend gebessert wird, sondern die Unannehmlichkeiten lediglich kurz verdrängt werden, um im Anschluss umso vehementer wieder zuzuschlagen. An diesem Punkt setzt das Buch an, das Sie gerade in Ihren Händen halten.
Zahlreiche alternative Heilverfahren werden hier als gangbare und realistischere Methoden dargestellt, die selbst chronisch gewordene Leiden wirksam zu kurieren vermögen, wenn diese bereits als therapieresistent aufgegeben worden sind. Viele vielleicht bekannte Fakten werden im neuen Licht aktueller Erkenntnisse dargeboten, andere können als hilfreicher Leitfaden für die Umstimmung eines Krankheitsgeschehens wie ebender Neurodermitis dienen.
Heute, nach etwas mehr als dreißig Jahren Praxistätigkeit, blicke ich dorthin zurück, wo alles begann: Hamburg-Rahlstedt, Anfang der achtziger Jahre. Ich hatte eine Praxis übernommen, die damals als einzige die Möglichkeit anbot, einem an der Erkrankung Neurodermitis leidenden Menschen ein beschwerdefreies Leben zu verschaffen.
Bereits in den sechziger Jahren hatte mein Vorgänger H. D. Schwedler begonnen, eine Therapie zu entwickeln, die auf verschiedenen sich ergänzenden naturheilkundlich orientierten Heilverfahren basiert.
Er ging von dem naturheilkundlich inspirierten Gedanken aus, dass die wirklichen Ursachen des Großteils von sogenannten Hauterkrankungen sprichwörtlich nur am Rande etwas mit dem Organ Haut selbst zu tun haben. Vielmehr lägen sie im Innern des Körpers begründet.
Damit war er seiner Zeit weit voraus.
Unser Körper ist ein unvorstellbar hoch entwickeltes und komplexes Labor. Jede noch so kleine Störung kann die Leistung des entsprechenden Organs und die mit ihm mehr oder weniger direkt korrespondierenden Körperbereiche beeinträchtigen. Sei es die Leber, die Niere, der Darm oder auch die Psyche: Alles muss optimal versorgt und entsorgt werden für das oberste Ziel – die Aufrechterhaltung unserer Gesundheit.
Weil folglich auch die Neurodermitis verschiedene Ursachen haben kann, wird diese Erkrankung über eine Kombinationstherapie behandelt. Ihr Kernstück ist eine sinnvolle und auf die speziellen Umstände der Krankheit abgestimmte Ernährung. Entgiftung und Entschlackung zählen auch hier zu den prioritären Prinzipien der Naturheilkunde, denen H. D. Schwedler und ich mich verschrieben haben. Die Quintessenz aus Erfahrung und Forschung, die von mir für dieses Buch auf die Erkrankung Neurodermitis fokussiert wurde, aber darüber hinaus noch viel mehr präsentiere ich Ihnen in dieser Form das erste Mal. Die Art, wie das Buch eine gesunde Lebensweise vorstellt und dabei individuellen Bedürfnissen Rechnung trägt, soll es für den Patienten wie für den Therapeuten gleichermaßen wertvoll machen.
Ich vertraue darauf, dass auch Sie diese Erfahrung teilen werden. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei, vor allem aber auch viel Begeisterung und Zuversicht bei der Umsetzung der hier beschriebenen Empfehlungen.
Joachim Bernd Vollmer
im Frühjahr 2012
Um so etwas wie ein Gleichnis zu gebrauchen, könnte man es etwa folgendermaßen formulieren: Ein guter Therapeut versucht bei der Diagnose einer Krankheit, nicht nur auf die Bühne eines Theaters zu blicken, sondern vor allem auch hinter die Kulissen. Alles, was im Leben des Patienten geschieht, ist mehr oder weniger wichtig. Der Therapeut schlüpft in die Rolle eines medizinischen Sherlock Holmes, wenn es um die Ursachenfindung und Behandlung der beständig zunehmenden sogenannten multifaktoriellen, also von vielen Faktoren abhängigen Krankheiten geht, zu denen auch und ganz besonders die Neurodermitis zählt.
Schon der Ärztevater Hippokrates von Kos trennte vor über 2500 Jahren die therapeutische Spreu vom Weizen. Er soll über die weitverbreitete Praxis seiner zeitgenössischen Kollegen gesagt haben: »Sie vermögen es nicht, hinter die Dinge zu blicken.« Allen Schriften aus dem Werk des Hippokrates (Corpus Hippocraticum) gemein ist die Intention, dass das medizinische Handeln auf einer vernunftgemäßen Naturbeobachtung gründen möge. Auf unsere Zeiten übertragen, gilt dies für chronische Erkrankungen, zu denen die Neurodermitis ja ganz sicher zählt, im besonderen Maße. Sei es aus einem vermeintlichen Mangel an Zeit und Geld im zuweilen hektischen Medizinbetrieb oder aus fehlendem Vertrauen gegenüber den Selbstheilungskräften der Natur – man setzt sich halt nicht so gern mit den wirklichen Ursachen einer Erkrankung auseinander, weil es häufig unbequem ist und neben der erforderlichen Eigeninitiative seitens der Betroffenen auch noch Zeit kostet.
Verständlicherweise will man seine lästigen Krankheitssymptome am liebsten so einfach, so preiswert und vor allem so schnell wie möglich loswerden, ohne dass man irgendetwas Grundsätzliches in seinem Leben verändern muss. Und die übliche Routine nach einem vor allem auch kostenorientierten Vorgehen in den deutschen Arztpraxen trägt dieser Denkweise entsprechend Rechnung.
Doch leider lässt sich die Natur nicht so einfach nach unseren begrenzten Vorstellungen handhaben. Wenn wir krank werden, liegt in unserem Organismus eine tiefergehende Störung vor, die grundlegend behoben werden muss. Die Krankheitssymptome sind »nur« die äußerlichen Zeichen, die uns die Natur als Hinweis darauf schickt, dass ein grundlegenderes Problem vorliegt – nachdem sie es zuvor schon etliche Male auf mildere Weise versucht hat, ohne dass wir dies zur Kenntnis genommen bzw. gebührend berücksichtigt hätten. Wenn wir diese äußerlichen Zeichen zu beseitigen versuchen, ohne die zugrunde liegende Störung zu beheben, sucht sich die Natur neue Wege, um uns aufzuwecken. Dabei wird sie bei der Wahl der Mittel, sprich der Krankheitssymptome, zunehmend drastischer und schlägt in der Regel immer vehementer zu.
Nicht zu unterschätzen sind auch die Nebenwirkungen aller chemischen Medikamente, die wir zur Unterdrückung der Symptome einsetzen. Verschiedenen Schätzungen zufolge kommen im Jahr etwa eine halbe Million Patienten nur durch die unerwünschten »Kollateralschäden« aufgrund der Gabe von Pharmazeutika ums Leben, und das allein in Europa. Sich lediglich auf die scheinbare Heilkraft derartig wirksamer Medizin zu verlassen kommt also dem Unterfangen gleich, den Teufel mit dem Beelzebub austreiben zu wollen.
Eine öfter, als man annehmen mag, angewandte Möglichkeit der scheinbar »einfachen Heilung« sind die immer wieder angepriesenen Wundermittel, die auch auf mehr oder weniger inoffiziellen bzw. für Medikamente unüblichen Wegen vertrieben werden. Aber mit denen ist das so eine Sache. Natürlich können diese Mittel auch Berge versetzen, aber fast immer in Form von »Geldhaufen«, die sich in die Richtung der Vertreiber bewegen.
Seit dreißig Jahren habe ich unzählige sogenannte Wundermittel, gerade gegen Neurodermitis, kommen, aber auch genau so viele wieder gehen sehen. Was davon am Ende blieb? Probleme über Probleme, oftmals mehr, als man ohnehin schon hatte.
Die Neurodermitis kennzeichnet eine ganz bestimmte Eigenart, die Scharlatanen äußerst dienlich ist: Sie hat naturgegebene, vollkommen erscheinungsfreie Phasen auch ohne jeden Medikamenteneinsatz. Ob Sie also irgendetwas nehmen oder nicht, Sie werden das Gefühl haben, die zeitweise auftretende Erscheinungsfreiheit hätte irgendeine Beziehung zu dem, was Sie gerade tun. Das Mittel, das Sie gerade eingenommen haben, ist es in 99 Prozent aller Fälle mit Sicherheit nicht, Cortisonpräparate einmal ausgenommen. Aber man kann es nicht oft genug sagen: Denken Sie bei jeglicher Daueranwendung von herkömmlichen Medikamenten stets an die sicher zu erwartenden Nebenwirkungen, die viel schlimmer sind, als man gemeinhin annimmt. Die Dosis macht zwar immer noch das Gift, das uns manchmal schneller, manchmal langsamer tötet – das Ergebnis bleibt im Endeffekt aber das Gleiche …!
Lassen Sie mich an dieser Stelle nun von einem Patienten erzählen, der dadurch, dass er sich im Sommer 1982 in meine Hamburger Praxis begab und sich mir anvertraute, auch mein Leben grundlegend veränderte. Marcel war damals 32 Jahre alt, er stammte aus Zürich, lebte aber auf Teneriffa.
Marcel durchlebte seit seiner Kindheit alle Höhen und Tiefen eines an Neurodermitis Erkrankten. Von Geburt an litt er mit kurzen Unterbrechungen an dieser Krankheit. Als er mit 25 Jahren das erste Mal auf Teneriffa Urlaub machte, erfuhr er jedoch eine bis dahin noch nie erlebte Freiheit von Symptomen, die in ihm den verständlichen Gedanken entstehen ließ, auf diese »Insel der Seligen« auszuwandern. In sehr kurzer Zeit war alles organisiert, und er bezog sein neues Apartment im Süden des schönen Eilands.
Anfangs schien alles so zu laufen, wie Marcel es sich vorgestellt hatte. Doch sein Martyrium sollte noch kein Ende haben. Bereits nach wenigen Wochen Verschnaufpause kamen die Erscheinungen geballter als je zuvor zu ihm zurück.
Marcel erzählte mir, er beginne so stark am ganzen Körper klebrige Flüssigkeiten (Lymphe) abzusondern, dass er seine Kleider auf normalem Weg nicht mehr vom Leib bekam. Er setzte sich also jedes Mal vor einem Kleiderwechsel voll bekleidet in die Badewanne und wartete geduldig, bis das Wasser seine Kleider so weit aufgeweicht hatte, so dass er sie ohne zusätzliche Verletzungen ausziehen konnte.
Irgendwann hörte er von unserer Methode, begab sich in meine Hamburger Praxis, stellte gemäß unseren Vorschlägen sein Leben um und war nach relativ kurzer Zeit erscheinungsfrei. Marcel geht es übrigens bis heute, dreißig Jahre nach der Therapie, immer noch blendend!
Ich selbst verbrachte durch die Bekanntschaft mit Marcel jahrelang Urlaube auf Teneriffa, bis – ja, bis das Schicksal mich auch ganz auf die Kanaren verschlug.
Doch das nur am Rande. Warum ich von diesem Patienten erzähle, hat folgenden Grund: Marcel probierte vom Kindesalter an alles aus, was an gängigen Neurodermitistherapien angeboten wurde – nichts hatte nach seinen eigenen Worten geholfen.
Kliniken, Ärzte, Naturheiler, »Wundermedizin« und auch verschiedene Klimakuren hatten, wenn überhaupt, nur kurzfristig Linderung gebracht. Er durchlief das gesamte Spektrum der modernen und alternativen Möglichkeiten ohne nennenswerten Erfolg. Seine Krankenkasse und er kamen an Kosten für die verschiedensten Klinikaufenthalte, Klimakuren und sonstigen Behandlungen summa summarum auf einen Betrag von mehreren hunderttausend Franken, wie er mir glaubhaft versicherte.
Marcels Fall ist sicher sehr extrem, aber leider nicht der einzige dieser Art, der mir in den letzten Jahrzehnten vorkam. Und ein Extremfall war er nicht zuletzt deshalb, weil Marcel sich zu jeder Gelegenheit schon fast automatisch mit Cortisonsalbe einrieb. »In den ersten Jahren«, erzählte er mir mit seinem sympathischen schwyzerdütschen Akzent, »war die Dosis noch relativ gering, aber Jahr für Jahr musste ich sie steigern.«
Selbst in solch scheinbar ausweglosen Situationen griff die Therapie, die ich Ihnen in diesem Buch vorstelle, und zeitigte nachhaltige Heilerfolge. Aber lassen Sie uns noch einmal abschweifen und nur kurz einen Blick auf die Geschichte dieser Krankheit werfen.
Erste Hinweise auf die Symptome der Neurodermitis gab es schon in der Antike. Auch im 15. und 18. Jahrhundert finden sich typische Beschreibungen. Der Name »Neurodermitis« bzw. »Neurodermatitis« wurde jedoch erst im Jahr 1891, als diese Krankheit immer noch kaum bekannt war, von den französischen Ärzten L. Brocq und L. Jacquet in die medizinische Fachsprache eingeführt. Ziemlich ungenau deuten die aus dem Altgriechischen entnommenen Wortelemente[1] auf eine Hautproblematik hin, die eine nervliche Beteiligung (Juckreiz) mit entzündlichen Begleiterscheinungen aufweist.
Diese nahezu laienhaft oberflächliche Bezeichnung für eine Erkrankung, die sich bis heute in vielfältigen Ausprägungen darstellt, hat dazu geführt, dass im Lauf der Jahrzehnte zwar fachlich präzisere Namen auftauchten, deren therapeutische Erfolge zum Leidwesen der Betroffenen aber weiter ausblieben.
So kam es zu differenzierenden Ergänzungen wie »disseminata«[2] für Hautausschläge, die sich im Zustand fortschreitender Ausbreitung befinden, und »generalisata«[3] für solche, die bereits den ganzen Körper bedecken. Hauptsache scheint es nach weitverbreiteter Ansicht zu sein, die Krankheitsbilder genauestens benennen und einordnen zu können. Aber auch für nicht exakt zu kategorisierende Hautveränderungen hat man einen Terminus gefunden: »diffusa«[4]. Und Formen, die dem Anschein nach auf starke Überempfindlichkeit der Patienten beruhen, wurden als »Neurodermitis atopica«[5] eingestuft. Gelegentlich wird auch die Bezeichnung »Prurigo-Ekzem«[6] verwandt, wenn die Haut mit stark juckenden Knötchen übersät ist. Damit nicht genug, zieht man es zuweilen vor, die Symptome nach dem Ort ihres Erscheinens aufzugliedern. Demnach lauten die Diagnosen etwa auf »Flexural-Ekzem«[7], wenn nur Armbeugen und Kniekehlen befallen sind.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war es üblich, die bei Neugeborenen vielfach auftretenden Hautveränderungen unter dem Oberbegriff »exsudative Diathese«[8] zusammenzufassen, also einer Neigung zum Ausschwitzen. Die Bezeichnung geht auf den deutschen Kinderarzt Prof. Dr. Adalbert Czerny (1863–1941) zurück. Czerny gilt als Mitbegründer der modernen Kinderheilkunde (Pädiatrie) im deutschen Sprachraum, er lehrte in den Jahren 1913 bis 1932 an der Berliner Universitätsklinik der Charité. Er hatte das im Säuglingsalter auftretende Leiden als eine »Konstitutionsanomalie« definiert, eine Abweichung vom Normalzustand, deren Symptome sich als Ekzeme mit heftigem Juckreiz darstellen und auf einer angeborenen erhöhten Empfindlichkeit für innere und äußere Reize beruhen. Die volkstümlichen Namen dafür wie »Milchschorf«, »Gneis« oder »Grind« beziehen sich auf die unterschiedlichen Formen des Ekzems, das beim Säugling vornehmlich den behaarten Teil des Kopfes, Wangen, Mund und Augenwinkel befällt, meist harmlos verläuft, aber jeder Behandlung hartnäckig widersteht. Zwar gelang es zuweilen, die Hautsymptome durch Salben zu vertreiben, doch es fiel auf, dass sie bald von neuem erschienen und oft erst nach Jahren völlig verschwanden.
Zweifellos handelt es sich bei den von Prof. Czerny definierten Kinderkrankheiten um frühe Formen von Neurodermitis, die als angeboren und damit anlagebedingt zwar richtig eingeschätzt, aber nach dem damaligen Wissensstand noch nicht als Vorstufen des heute weitverbreiteten Zivilisationsleidens erkennbar waren.
Die naheliegende Frage nach der Geschlechtsbezogenheit des Leidens ist ansatzweise untersucht worden. Statistische Erhebungen in zehn Hautarztpraxen ergaben unterschiedliche Anfälligkeiten. Einer Zahl von 1941 weiblichen Patienten aller Altersstufen standen im gleichen Zeitraum nur 1454 männliche gegenüber. Dabei fiel auf, dass Jungen und Mädchen im Säuglings- und Kleinkindstadium gleichermaßen betroffen sind, dass aber bis zum zehnten Lebensjahr doch mehr Jungen erkranken. Im zweiten Lebensjahrzehnt verschiebt sich das Bild zu Lasten der weiblichen Patienten, und jenseits der dreißig erkranken wieder ebenso viele aus beiden Geschlechtern.
Auf der Suche nach möglichen Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten wurden zuweilen Erwägungen angestellt, die meines Wissens und meiner Erfahrung nach neben der Sache liegen: Welcher Gesellschaftsschicht die an Neurodermitis Erkrankten überwiegend angehören, welche Schulbildung sie genossen, ob sie in handwerklichen Berufen, als Beamte, Kaufleute oder Akademiker tätig sind, mag unter sozialpolitischen oder versicherungsmathematischen Gesichtspunkten relevant sein, aus menschlicher und therapeutischer Sicht erkenne ich in solchen Erhebungen keinerlei Nutzen.
Aus Erfahrung kann ich sagen, dass vor allem sogenannte Lymphatiker, also schlankwüchsige, meist blonde, hellhäutige und blauäugige Menschen häufiger betroffen sind als andere. Auch Mischtypen mit schlankem Wuchs, brauner oder braungrüner Augenfarbe entwickeln vorzugsweise neurodermitische Erscheinungen.
Eines der Hauptmerkmale ist die Schlankwüchsigkeit, die auf eine verminderte Fähigkeit von Giftstoffspeicherung über das Binde- und Fettgewebe hinweist, wodurch eine direktere, schnellere Ableitung von Giftstoffen über die Haut sogar vom Körper als lebensnotwendig empfunden werden kann.
Zur »Neurodermitis constitutionalis«[9] und zur genetischen Disposition für die Neurodermitis (sie wird ja nicht selten als »anlagebedingt« aufgefasst und folglich »konstitutionelles Ekzem« benannt, weil man annimmt, das Leiden sei als unheilbar einzustufen) ist nach neueren Forschungsergebnissen allerdings noch so einiges zu sagen (dazu mehr, wenn von der Epigenetik die Rede sein wird).
Bei alledem hat eine dergestalt vorgenommene Differenzierung innerhalb des neurodermitischen Problemkreises für den Patienten aus pragmatischer Sicht keinen gravierenden Nutzen, denn sowohl die Beschwerden als auch die Therapie bleiben bei allen im Großen und Ganzen die gleichen.
Die Vielfalt ärztlicher Benennungen entspricht offensichtlich den auffällig verschiedenen Hautveränderungen, unter denen die Betroffenen leiden. Dabei ist anzumerken, dass die Symptome sogar beim selben Patienten nicht immer die gleichen sein müssen. Da die Krankheit meist in Schüben verläuft, zwischen denen beschwerdefreie Zeitspannen liegen, können von Arzt zu Arzt die unterschiedlichsten Diagnosen vorkommen, obschon es sich um das gleiche Leiden handelt.
So gesehen, kann eine Fehldiagnose, die Neurodermitis als Hautleiden einstuft und daraufhin falsch behandelt, durchaus als eine der Ursachen für die Zustände gelten, unter denen der Patient in fortgeschrittenen Stadien seiner Krankheit zu leiden hat. Hier sind iatrogene[10] Einflüsse, also ärztliche »Kunstfehler«, leider nicht selten.
In der Fachliteratur sind über dreißig verschiedene Bezeichnungen anzutreffen, von denen sich jede auf Symptome stützt, die häufig falsch eingeschätzt und mit anderen Hauterkrankungen verwechselt werden.
Es gibt Übergangs- und Mischformen, die anderen Hautproblemen ähneln, aber nur dann als Neurodermitis anzusprechen sind, wenn auch die für dieses Leiden typischen Zeichen damit verbunden sind:
die doppelte Lidfalte des unteren Augenlids, die jeder an Neurodermitis erkrankten Person eigen ist;
ein Haaransatz, der an eine russische Pelzmütze erinnert.
Und ich habe bis heute noch keinen übergewichtigen von der Neurodermitis Betroffenen persönlich kennengelernt.
Außerdem ist bei allen Neurodermitiserkrankungen der unerträgliche Juckreiz gleich (der kann allerdings auch andere Ursachen haben, wie zum Beispiel Schwermetallallergien oder -vergiftungen, Zuckerkrankheit, aber auch Nieren- und Lebererkrankungen sowie Alkoholismus).
Vor wenigen Jahren noch gab es eine Information aus dem Gesundheitsministerium, wonach bei steigender Tendenz sieben bis acht Prozent der Neugeborenen an Neurodermitis erkrankt seien. Heute sind es, immer noch steigend, schon mehr als zehn Prozent. Das wären allein in Deutschland über acht Millionen Betroffene. Genauere Zahlen existieren nicht, da das Leiden keiner Meldepflicht unterliegt. Nicht nur unter den Neugeborenen, auch bei heranwachsenden Jugendlichen und bei reiferen Jahrgängen fällt seit Mitte des 20. Jahrhunderts eine beständige Zunahme der Krankheit auf.
Zugleich markiert dieser Zeitpunkt eine Zäsur im Behandlungswesen der Neurodermitis. Es gelang damals nämlich, auf biochemischem Weg das Hormon der Nebennierenrinde Cortison[11] chemisch nachzubauen, das heißt zu synthetisieren, und damit ein Medikament einzuführen, mit dem der unerträgliche Juckreiz neurodermitischer Ekzeme vorübergehend zuverlässig ausgeschaltet werden kann. Damit ist es in Notfällen sicher unverzichtbar, um Schlimmeres wie fatale Kurzschlusshandlungen der Betroffenen zu verhindern. Allerdings stellte sich nur zu bald heraus, dass Cortison zwar kurzfristig Symptome lindern und zeitweilig zum Verschwinden bringen kann, aber das Leiden keineswegs grundlegend zu heilen vermag. Mit einer dauerhaften Anwendung sind zudem höchst unerwünschte Nebenwirkungen verknüpft, die zu dem flüchtigen Nutzen des Medikaments in keinem akzeptablen Verhältnis stehen.
Die Gründe für den schubweisen Krankheitsverlauf, der von erscheinungsfreien Intervallen unterbrochen ist, täuschen außerdem bei manchen Patienten jahrelang Heilung vor. Diese Reaktionen sind aus schulmedizinischer Sicht ebenso wenig aufgeklärt wie klimatische Einflüsse oder der vorzugsweise Befall einzelner Körperregionen wie Armbeugen und Kniekehlen, der bei Jugendlichen häufiger anzutreffen ist als bei Erwachsenen.
Ein allmähliches Abnehmen der Krankheit, worauf man zunächst gehofft hatte, ist also über Cortison nicht erzielbar. Im Gegenteil wird sie in andere organische und zuweilen auch psychische Bereiche verschoben, wo sie in veränderter Form eskaliert, und keinesfalls ausgeheilt!
Es handelt sich bei dieser Substanz um ein Hormon, das sowohl im menschlichen Körper als auch im Organismus der meisten Säugetiere in winzigen Mengen in den Nebennieren hergestellt wird. Die Nebennieren, zwei ins Körperinnere absondernde (endokrine) Drüsen, sind an den oberen Polen der Nieren angelagert, ohne jedoch an deren Funktionen beteiligt zu sein. Je nach Körperstatur wiegen sie 10 bis 20 Gramm. Das für unser Thema weniger bedeutsame Mark produziert die Hormone Adrenalin und Noradrenalin, die den Blutzuckerspiegel beeinflussen und bei Gefahrensituationen oder im Stress durch erhöhte Hormonausschüttung für eine Anpassung des Blutdrucks sorgen.
In der aus drei Schichten bestehenden Nebennierenrinde werden nicht weniger als vierzig Hormone erzeugt. Die äußere Schicht (Zona glomerulosa[12]) produziert solche, die den Mineralhaushalt im Organismus steuern. Aus der mittleren Schicht (Zona fasciculata[13]) gehen die für unser Thema wichtigen Glucocorticoide[14] wie Cortisol hervor, während die innere Schicht (Zona reticularis[15]) überwiegend Geschlechtshormone (Androgene) erzeugt.
Es bleibt ein als hoch einzuschätzendes Verdienst der Biochemie, die Zusammensetzung dieser Hormone aufgeklärt und sie schließlich synthetisiert zu haben. Was Cortison und seine Anwendung bei Neurodermitis betrifft, muss sie wie gesagt ungeachtet aller Nebenwirkungen in Extremsituationen sogar begrüßt werden, weil der in schweren Fällen unerträgliche Juckreiz bei labilen Patienten unbehandelt schon des Öfteren zu Extremreaktionen geführt hat, mitunter leider auch mit tödlichem Ausgang.
Für die unerwünschten Nebenwirkungen, die in ihrer Komplexität und Intensität nicht immer prognostizierbar und vermeidbar sind, kommen als Ursachen unter anderem auch zu hohe Dosierungen oder anderweitige falsche Anwendungen in Betracht, etwa innerlich statt äußerlich. Aber auch besondere Empfindlichkeiten, zum Beispiel eine Allergie des Patienten gegenüber den Wirksubstanzen, haben zum Teil verheerende Auswirkungen.
Standardmäßig werden Arzneimittel auf Nebenwirkungen hin geprüft, bevor sie zugelassen werden. Bei stark wirkenden Mitteln ist das Risiko in der Regel größer als bei schwachen oder niedrig dosierten, bei homöopathischen Medikamenten sind gesundheitsschädigende Wirkungen außer einer sogenannten, teilweise erwünschten »Erstverschlimmerung« ausgeschlossen. Und bei lebensrettenden Medikamenten darf das Risiko naturgemäß höher sein als bei solchen, die zur Behandlung leichter Beschwerden dienen. Das Verhältnis vom Nutzen zum möglichen Schaden sorgfältig abzuwägen ist sowohl Aufgabe der Arzneimittelprüfung wie auch des verantwortlichen Therapeuten.
Bei dem Hormon Cortison, das von Natur aus nur in winzigen Mengen zur Verfügung steht und das für das Zusammenwirken mit anderen Hormonen bestimmt ist, mit denen es aus der Nebenniere direkt ins Blut gelangt, sind Nebenwirkungen allein schon deshalb zu erwarten, weil es entweder überdosiert durch Tabletten oder Spritzen verabreicht wird oder weil die Zufuhr – abweichend von der natürlichen Bestimmung des Hormons – meistens von außen her über die Haut erfolgt.
Ob Cortison dem Organismus in Salben-, Tabletten-, Aerosol- (»Püsterchen«) oder Spritzenform zugefügt wird, wer Ihnen die möglichen Nebenwirkungen bei längerer Anwendung verschweigt, handelt verantwortungslos. Zudem ist im Hinblick auf Nebenwirkungen von Bedeutung, dass aufgrund der Synthese praktisch unbegrenzte Mengen dieser hochwirksamen Substanz zugeführt werden können, obwohl es sie in der natürlichen Dosierung nur in Bruchteilen eines Milligramms gibt.
Die Pharmaindustrie hält unzählige Präparate bereit, in denen Cortisonabkömmlinge mit zungenbrecherischen Namen und unterschiedlicher Konzentration enthalten sind. Durch diese Medikamente sollen Überdosierungen vermieden und mögliche Nebenwirkungen auf das geringstmögliche Maß beschränkt werden. Aber zugleich wird in der Schulmedizin die Meinung vertreten und gutgläubig verbreitet, Neurodermitis sei unheilbar, der Patient müsse damit leben und sei – womöglich lebenslang – auf das Einreiben mit cortisonhaltigen Salben angewiesen.
Aus Sicht der Naturheilkunde gibt es wohlbegründete Vorbehalte gegen diese oberflächliche Betrachtungsweise mit ihrer obligaten Salbenschmiererei und der Verdrängung von Symptomen, ohne den Ursachen des Leidens auf den Grund zu gehen. Unter diesen Gesichtspunkten kann die Anwendung von Cortison gegen Neurodermitis nur in seltenen Fällen gutgeheißen werden, etwa in ebenjenen erwähnten, in denen der Patient suizidgefährdet ist. Nach dem Abklingen der lebensbedrohlichen Situation stehen homöopathische Mittel und andere bewährte Behandlungsmethoden zur Verfügung.
Im Laufe meiner Praxistätigkeit musste ich mich mit jeder der in der Übersicht aufgeführten Nebenwirkungen des Cortisons auseinandersetzen, und manchmal war es nachgerade nebensächlich, die Grunderkrankung wie zum Beispiel die Neurodermitis zu behandeln, wenn diese »Begleiterscheinungen« im Vordergrund standen. Cortisonabhängige müssen sich von diesem Medikament befreien, wenn sie eine natürliche, nachhaltige Heilung und Gesundheit erreichen wollen, und ein Ausschleichen ist zuweilen mit Höllenqualen verbunden. Denn Cortison ist und bleibt nur der »Deckel auf dem Dampfkochtopf«. Daher empfehle ich statt der konventionellen Methode von vornherein die Behandlung durch einen naturheilkundlich orientierten Arzt oder einen Heilpraktiker Ihres Vertrauens, der auch einer guten homöopathischen und psychologischen Begleittherapie gegenüber offen ist.
Der Roten Liste für ärztliches Personal entnommen.
Muskeln und Knochen
Muskelschwäche oder Muskelschwund (Muskelatrophie),
Osteoporose und aseptische Knochennekrosen[16] (Kopf des Oberarm- und Oberschenkelknochens).
Haut
Dehnungsstreifen (Striae rubrae),
Dünnwerden der Haut (Atrophie),
punktförmige Hautblutungen (Petechien), Bluterguss,
Steroidakne (durch die Einnahme von Steroiden wie zum Beispiel Anabolika verursachte Hautausschläge),
verzögerte Wundheilung.
Augen
Steigerung des Augeninnendrucks (Glaukom),
Linsentrübung (grauer Star).
Stoffwechsel
erhöhter Blutzuckerspiegel,
Diabetes mellitus,
Wassereinlagerung im Gewebe, Vollmondgesicht,
vermehrte Kaliumausscheidung,
Wachstumsstörungen bei Kindern,
Störungen der Sexualhormonsekretion (Ausbleiben der Menstruationsblutung, abnormer Haarwuchs, Impotenz),
»Stiernacken«.
Blut, Immunsystem
Blutbildveränderungen (Leukozytose [Vermehrung der weißen Blutkörperchen], Lymphopenie, Eosinopenie, Polyglobulie),[17]
Erhöhung des Infektrisikos, Immunschwäche.
Es treten vor allem neuropsychiatrische Symptome auf wie:
Konvulsionen (Schüttelkrämpfe),
Schwindel,
Kopfschmerzen,
Schlaflosigkeit,
Euphorie,
Depressionen,
Psychosen oder
die Manifestation einer latenten Epilepsie.
Aus der ärztlichen Fachliteratur, in der Erfahrungen mit Neurodermitispatienten geschildert sind, geht klar hervor, dass es eine einheitliche Beurteilung und Therapie dieser Krankheit nach schulmedizinischen Methoden bisher immer noch nicht gibt. Es bestehen weder über ihre Ursachen noch über die Behandlungsmöglichkeiten übereinstimmende Ansichten oder gar Ansatzpunkte für eine dauerhafte Heilung.
Eine naturheilkundliche Behandlung der Neurodermitis vollzieht sich ebenfalls nicht uniform, bedeutet jedoch vor allem für Mutter und Kind, aber auch für den Betroffenen selbst im Normalfall stets eine konsequente Umstellung der bisherigen Lebensgewohnheiten. Meistens ist es auch erforderlich, an der psychischen Grundeinstellung mitzuarbeiten. Wenn kleine Kinder die Betroffenen sind, müssen die Eltern diesbezüglich verstärkt mit einbezogen werden, wenn nötig, auch mit Hilfe eines Psychotherapeuten. Häufig sind die Probleme eines an Neurodermitis Erkrankten nämlich von tiefgreifender Natur, manchmal so tief, dass das Unterbewusstsein zur endgültigen Lösung erforscht werden muss.
Dennoch reagiert jeder Patient anders. Was bei einem die Kratzattacke auslöst, wird von einem zweiten problemlos vertragen; und was sich in einem Fall als heilsam erweist, kann in anderen Fällen völlig wirkungslos bleiben. Wir sehen die Tatsachen, aber erklärbar sind sie vielfach nicht.
Nachdem Fachgelehrte aller beteiligten Disziplinen die Palette der Erscheinungsformen mit anerkennenswerter Kleinstarbeit durchforscht haben, hat sich im Großen und Ganzen die Erkenntnis bestätigt, dass es sich bei der Neurodermitis um verschiedene, mit starkem Juckreiz belastete Ekzeme handelt.
Sie können schon im Säuglingsalter auftreten, sind zwar nicht ansteckend, aber offenbar durch innere und äußere Einflüsse begünstigt. Zumeist verlaufen sie chronisch (über einen langen Zeitraum) und klingen, von mittlerweile vielen Ausnahmen abgesehen, meistens im sechsten Lebensjahrzehnt allmählich ab.
Wenn man sich also mit der schulmedizinisch vorgegebenen Prognose abfinden wollte, würde man nach einem Leben mit juckender Quälerei und möglicherweise jahrzehntelangem Cortisongebrauch vielleicht ab dem Rentenalter beschwerdefreier leben. Trübe Aussichten, oder?
Deshalb gehen wir in der Naturheilkunde bei der Hautproblematik von einem anderen Ansatz aus, der die Krankheit nicht nur auf den sichtbaren Ort des Geschehens begrenzt, sondern den Menschen in seiner Gesamtheit betrachtet. Die Haut, unser größtes Organ, erfüllt als allgegenwärtiger Sitz des Gefühlssinns und als Ausscheidungsorgan bei der Neurodermitis zwar eine wichtige Schlüsselfunktion, ist aber selbst nicht wirklich krank, sondern vielmehr an den Grenzen ihrer Belastbarkeit angelangt. Sie offenbart eher eine enorm erhöhte Empfindlichkeit des Betroffenen, signalisiert sozusagen eine Störung der Harmonie im Organismus und zeigt, dass Körper, Seele und/oder Geist irgendwie aus dem Gleichgewicht geraten sind. Die Bezeichnung »irgendwie« ist hier allerdings nicht aus Verlegenheit gewählt, sondern sie soll die Vielfalt an Möglichkeiten signalisieren, die als Ursachen für die Erkrankung in Frage kommen.
Durch unerträglichen Juckreiz dazu gezwungen, unterstützt der Betroffene den Alarm seines Körpers durch sein Kratzen. Je mehr er kratzt, desto stärker juckt es. Die Haut rötet sich, schwillt an und bildet meist entzündete Ekzeme aus, die je nach Lebensalter des Patienten und Entwicklungsstadium des Leidens sehr verschieden aussehen können.
Was dabei in der Haut vorgeht, wie es zum Juckreiz kommt und worin die auf solche Art signalisierten Störungen bestehen könnten, ist theoretisch zwar weitgehend erforscht, aber im Einzelfall nicht leicht zu ermitteln. In fast jedem Fall kommen die unterschiedlichsten Faktoren in Betracht.
Auch die vielfach vertretene Annahme, die genetische Disposition sei eine Ursache für die Krankheit und ihren chronischen Verlauf, ist einem allmählichen Wandel unterzogen. Denn das neuere biologische Spezialgebiet der Epigenetik[18] ist entstanden aus der Erkenntnis dessen, was bis vor relativ kurzer Zeit noch niemand für möglich gehalten hatte. Unsere Gene sind über die Vorgaben in der DNA[19] hinaus nämlich das ganze Leben hindurch in Bewegung, wobei es einzelne Phasen gibt, in denen der Mensch sowohl im Positiven wie auch im Negativen besonders anfällig für Anpassungen an die Umwelt ist:
in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft,
in den ersten drei Jahren nach der Geburt und
in der Pubertät.