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Beim Coaching stoßen Berater häufig auf gesundheitliche Probleme, die ihre Klienten beeinträchtigen oder sogar gefährden. Vom Coach werden dann besondere Kompetenzen verlangt: Zusammen mit den Klienten muss er einen veränderten Lebens- und Arbeitsstil entwickeln, der deren Gesundheit und Leistungsfähigkeit erhält und fördert. Matthias Lauterbach stellt in diesem Band das erste umfassende Konzept zum Gesundheitscoaching vor. Es basiert auf einem systemischen Beratungsansatz, der durch zahlreiche weitere, zum Teil eigens für diesen Ansatz entwickelte Methoden ergänzt wird. Das hier vertretene ganzheitliche Konzept von Gesundheit umfasst neben den Aspekten Bewegung, Ernährung, Entspannung und Stressprotektion auch die Themen Lebensbalance und Sinnfragen. Neben einem umfangreichen Methodenteil und zahlreichen Fallbeispielen enthält der Band Beiträge von Gastautoren, die sich einzelnen Aspekten des Gesundheitscoachings widmen: Stressprotektion, Bewegung und psychophysische Fitness, betriebliches Gesundheitsmanagement, Umsetzung von Gesundheitscoaching in einem Unternehmen u. a.
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Seitenzahl: 325
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Die ReiheManagement / Organisationsberatung
Die heutige Gesellschaft ist eine organisierte Gesellschaft. Man muss schon lange suchen, um überhaupt noch Bereiche zu finden, die nicht von Organisationen geprägt sind. Unternehmen jedweder Größe und Eigentumsform, Verwaltungen, Schulen, Gerichte, Krankenhäuser, Universitäten, Kirchen, Verbände, Parteien, Vereine etc. – allesamt übernehmen sie gesellschaftliche Funktionen und bestimmen unser Leben. Die Fülle an Aufgaben, die unter den Bedingungen zunehmender Globalisierung und Digitalisierung gleichzeitig zu erfüllen sind, wie auch die Bandbreite an Organisationskonzepten und Führungsansätzen, mit denen der komplexe Alltag bewältigt werden soll, stecken das Feld ab, in dem Management und Beratung mehr oder weniger wirksam werden.
Die Zeiten, in denen es einfache Antworten auf die vielfältigen Fragen zur Überlebenssicherung einer Organisation und auch zur Steuerung tagtäglicher Entscheidungsprozesse gab, sind seit Langem vorüber. Der Komplexität, mit der heute alle konfrontiert sind, die in verantwortlichen Funktionen in und mit Organisationen arbeiten – Führungskräfte, Manager und Organisationsberater etc. –, wird man mit Rezeptwissen nicht mehr gerecht. Hier setzen die neuere Systemtheorie und mit ihr die Reihe Management/Organisationsberatung im Carl-Auer Verlag an. Beide liefern Konzepte und »Landkarten«, die auch im unübersichtlichen Terrain von Wirtschaft und Organisation Orientierung ermöglichen und Handlungsfähigkeit sicherstellen.
Das Ziel der Reihe ist es, empirisch gehaltvolle Forschungen über die Prozesse des Organisierens wie auch theoretisch angemessene Führungs- und Beratungsansätze zu präsentieren. Zugleich sollen bewährte Methoden einer system- und lösungsorientierten Praxis im Kontext von Organisationen überprüft und neue Ansätze entwickelt werden.
Torsten GrothHerausgeber der ReiheManagement/Organisationsberatung
Matthias Lauterbach
Strategien und Methodenfür Fitness undLebensbalance im Beruf
Mit Gastbeiträgen von:Klaus-Michael BraumannChristine KaulManfred SchedlowskiElisabeth Wienemann
eBook, 2018
Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats des Carl-Auer Verlags:
Prof. Dr. Rolf Arnold
Prof. Dr. Dirk Baecker
Prof. Dr. Ulrich Clement
Prof. Dr. Jörg Fengler
Dr. Barbara Heitger
Prof. Dr. Johannes Herwig-Lempp
Prof. Dr. Bruno Hildenbrand
Prof. Dr. Karl L. Holtz
Prof. Dr. Heiko Kleve
Dr. Roswita Königswieser
Prof. Dr. Jürgen Kriz
Prof. Dr. Friedebert Kröger
Dr. Tom Levold
Dr. Kurt Ludewig
Prof. Dr. Siegfried Mrochen
Dr. Burkhard Peter
Prof. Dr. Bernhard Pörksen
Prof. Dr. Kersten Reich
Prof. Dr. Wolf Ritscher
Dr. Wilhelm Rotthaus
Prof. Dr. Arist von Schlippe
Dr. Gunther Schmidt
Prof. Dr. Siegfried J. Schmidt
Jakob R. Schneider
Prof. Dr. Fritz B. Simon
Dr. Therese Steiner
Prof. Dr. Helm Stierlin
Karsten Trebesch
Bernhard Trenkle
Prof. Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler
Prof. Dr. Reinhard Voß
Dr. Gunthard Weber
Prof. Dr. Rudolf Wimmer
Prof. Dr. Michael Wirsching
Themenreihe »Management und Organisationsberatung«hrsg. von Torsten GrothUmschlaggestaltung: Uwe GöbelSatz: Drißner-Design u. DTP, Meßstetten
Vierte Auflage, 2018
ISBN 978-3-8497-0256-4 (Printausgabe)
ISBN 978-3-8497-8147-7 (ePUB)
© 2005, 2018 Carl-Auer-Systeme Verlag
und Verlagsbuchhandlung GmbH, Heidelberg
Alle Rechte vorbehalten
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Carl-Auer Verlag GmbHVangerowstraße 14 • 69115 HeidelbergTel. + 49 6221 6438-0 • Fax + 49 6221 [email protected]
Einleitung
I. Theoretischer Teil
1.Gesundheitscoaching: zur Entstehung undEntwicklung des Konzepts
1.1Definition von Coaching
1.2Arbeitsfelder von Coaching
1.3Der Kontext von Gesundheitscoaching
1.4Megatrends und Coachinganlässe
2.Was ist Gesundheit?
3.Gesundheit als Coachingthema
4.Transfer von Konzepten zur Gesundheit in den Coachingprozess
4.1Salutogenese und Resilienz
4.2Lebensbalancen
4.3Die Frage nach dem Sinn
4.4Humor, Freude, Glück
4.5Fazit
5.Gesundheitscoaching im Kontext von betrieblichem Gesundheitsmanagement, Organisations- und Personalentwicklung
5.1Die Dynamik der Nahtstelle Individuum/Organisation
II. Die methodische Umsetzung
1.Einleitung
2.Gesundheitscoaching im Einzelsetting – Standardstruktur
2.1Die Grundzüge des Gesundheitscoaching-Prozesses
2.2Das Aufgabenspektrum des Coach im Gesundheitscoaching
2.3Die Ressourcen des Kunden
2.4Die Kontraktierung von Gesundheitscoaching
3.Der Einstieg in das Gesundheitscoaching mit dem Check-up-Interview »Führungskompetenz durch Balance und Stimmigkeit«
3.1Entwicklung des Instruments
3.2Setting
3.3Materialien für das Check-up-Interview
4.Der Einstieg in das Gesundheitscoaching über Informationsvermittlung und Gesundheitschecks
4.1Materialien zur Information über ein ganzheitliches Verständnis von Gesundheit und über Gesundheitskonzepte
4.2Untersuchungen von Gesundheit und Fitness
5.Projektmanagement zur Gestaltung einer gesundheitsorientierten Veränderung von Lebens- und Arbeitsstil
5.1Grundzüge
5.2Methodisches Vorgehen und Arbeitsschritte
6.Methoden für die Themen »Sinnfragen« und »Lebensbalancen«
6.1Szenarien
6.2Lebenszyklen
6.3Der Coach vor der Frage nach dem Sinn
7.Die Arbeit mit Gesundheitsmetaphern
7.1Metaphorik von Gesundheit
7.2Metaphernanalyse
7.3Erzeugung von Metaphern
8.Die Checkliste »Das Wissen über sich selbst«
8.1Die Arbeit mit der Checkliste
9.Die Energiebilanz
10.Systemische Strukturaufstellungen mit dem Thema Gesundheit
11.Fotoexplorationen, Fotoinszenierungen zum Thema Gesundheit
12.Fragebogen zur Lebensqualität
13.Methoden und Instrumente zum Thema Bewegung
13.1Informationen für den Kunden
13.2Gemeinsames Bewegen mit Anleitungen
13.3Pedometer
13.4Planung
14.Methoden und Instrumente zum Thema Ernährung
15.Methoden und Instrumente zum Thema Entspannung, Meditation, Selbstwahrnehmung
15.1Entspannungsmethoden und Meditation
15.2»Body Scan«
16.Methoden und Instrumente zum Thema Schlaf
17.Ressourcenorientierte Partnergespräche zur Optimierung von Lebensbalancen im Gesundheitscoaching
18.Methoden zum gesundheitsorientierten Führungsverhalten »Diagnostik«
19.Über das Einzelcoaching hinaus: Seminare zur Entwicklung von Gesundheitsorientierung
III. »Standardsituationen« von Gesundheitscoaching
1.Stressbezogenes Coaching
1.1Der Kontext von Stress
1.2Die Grundstruktur des stressbezogenen Coachings
1.3Situative Faktoren im stressbezogenen Coaching
1.4Persönliche Faktoren im stressbezogenen Coaching
1.5Spezifische Methoden im stressbezogenen Coaching
2.Gesundheitscoaching in Übergangs- und Umbruchsituationen
3.Gesundheitscoaching bei Stressfolgen mit Symptomausbildung
4.Gesundheitscoaching nach körperlichen Erkrankungen
4.1Übergangssituationen bei psychophysischen Einschränkungen chronischen Erkrankungen, beim Älterwerden
IV. Ausblick
V. Gastbeiträge
Fit im Beruf – einige Hinweise zum Gesundheitscoaching aus bewegungsmedizinischer Sicht
Klaus-Michael Braumann
1.Einleitung
2.Risikofaktoren aus bewegungsmedizinischer Sicht
2.1Bewegungsmangel und Fehlernährung – eine tödliche Kombination
2.2Übergewicht
2.3Das metabolische Syndrom
2.4Akuter Stress und Bluthochdruck
2.5Risikofaktor Insulinresistenz
2.6Orthopädische Krankheitsbilder
3.Gesundheit und psychophysische Fitness durch Bewegung
4.Das maßgeschneiderte Programm zur Entwicklung gesunder Bewegung
5.Fazit
Gesundheit, Fitness und Lebensbalance als Thema zwischen Personalentwicklung und betriebsärztlichem Dienst bei Volkswagen
Christine Kaul
1.Entwicklung des Gesundheitscoachings bei Volkswagen
2.Praktische Umsetzung
3.Beispiel für die komplexe Lebens- und Arbeitssituation
4.Fazit
Stress, Stressreaktionen und Belastungsbewältigung
Manfred Schedlowski
1.Einleitung
2.Theoretische Erklärungsmodelle zur Stressreaktion
3.Belastungsbewältigung
4.Der richtige Umgang mit Stress lässt sich trainieren
Betriebliches Gesundheitsmanagement und die Rolle der Führungskraft
Elisabeth Wienemann
1.Gesundheit als strategischer Faktor
2.Gesundheitsbezogene Aktivitäten in betrieblichen Organisationen
3.Struktur des betrieblichen Gesundheitsmanagements
4.Gesundheit im Unternehmen als Führungsaufgabe
5.»Gesund Führen« als Leitbild der Personalführung
6.Gesundheitsmanagement als Leitungsaufgabe
Literatur
Über den Autor
Über die Gastautoren
Die Frage, was Menschen heute wissen und tun müssen (und können), um unter Belastungs- und Stressbedingungen gesund zu bleiben, hat uns in den letzten Jahren intensiv beschäftigt. Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass sich in vielen Bereichen von Forschung und Praxis Entwicklungen zeigten, die noch nicht in einer praxisnahen Form dort ankommen, wo sie gebraucht werden. 1999 initiierte der Autor das »Kompetenznetzwerk Gesundheitscoaching« (KGC)1, das ausgewiesene Fachleute aus verschiedenen Fachbereichen der Medizin und Psychologie zusammenführte. Erkenntnisse aus der Verhaltensmedizin, aus der Psychoneuroimmunologie und Psychoneuroendokrinologie (die sich beide mit hochkomplexen Wechselwirkungsprozessen beschäftigen), aus der Stressforschung, der Bewegungsmedizin und Ernährungskunde, aus Forschungen zu Herz/Kreislauf, Schlaf, Schmerz, Sucht, psychischer Gesundheit, Tumorprävention, Sexualität, Reisemedizin wurden zusammengetragen und methodisch für den Transfer in die konkrete gesundheitsorientierte Arbeit im Einzelcoaching und in die Seminararbeit sowie zur Entwicklung gesundheitsorientierter Organisationsstrukturen aufbereitet.
Der Autor hat für diesen Arbeitsansatz das hier vorgestellte Konzept für das Gesundheitscoaching im Einzelsetting entwickelt.
Dieser Entwicklungsprozess gestaltete sich historisch in mehreren Etappen.
Zunächst fiel in der konkreten Arbeit als Coach auf, dass Coachingkunden häufig gesundheitliche Herausforderungen zu bestehen hatten. Die Zunahme dieser Beobachtungen wurde einer sich verändernden Arbeitswelt und den damit verbundenen Risikofaktoren zugeordnet.
Im nächsten Schritt wurde das Thema »Gesundheit« aus einer theoretischen und später methodischen Perspektive mit den Anliegen und Arbeitssituationen der Kunden zusammengebracht: Die Orientierung an Gesundheit in einem ganzheitlichen Sinne wurde als Konzept zur Gestaltung von Coachingprozessen entwickelt (Lauterbach 2005). Einfach gefragt: Nutzt das Coaching dem Kunden für seine Gesunderhaltung? (Oder: Kann der Kunde das Coaching (auch) für seine Gesunderhaltung nutzen?)
In der nächsten Phase gab es viele Versuche, das Zwischenfeld zwischen »klassischem« Coaching und dem Ausbau eines gesundheitsorientierten Lebensstils methodisch zu erschließen. Einerseits gab es dabei viele Überschneidungen der Themenfelder, die den Entwicklungsprozess förderten, andererseits war immer zu überprüfen, was in das Setting »Coaching« und was eher in den Kontext von Sport, von medizinischer Diagnostik und Therapie, von privatem Lebensraum gehörte. Die Frage war also, was die Rahmung von Gesundheitscoaching sein könnte, was den Unterschied zu anderen Aktivitäten ausmacht. In den Organisationen spiegelt sich dies darin wider, dass Coaching im Feld der Personalentwicklung und Gesundheit im betriebsärztlichen Dienst ressortiert, Gesundheitscoaching also Aktivitäten in einem nicht immer spannungsfreien Gelände bezeichnet.
Letztlich erwies sich gerade dieses Gelände aber als sehr ergiebig: Fast wie in einer über die Monate andauernden »Mind-Map-in-Action«-Situation fügten sich viele Denkmodelle und Methoden zusammen und brachten in der Praxis eine hohe Resonanz und gute Ergebnisse. Dieser Stand wird hier dargestellt.
Ein Übriges tat die Wanderung des Autors selbst »zwischen den Welten«: Aus der Medizin kommend und dort mit Erfahrungen aus der Arbeit in Teams und in Führungspositionen sowie aus der eigenen Praxis ausgestattet, lehrend durch die (systemische und psychodramatische) Psychotherapie und Beratung reisend, dann ausgiebig die Welten von Coaching und Organisationsentwicklung erkundend, war mit dem Ansatz des Gesundheitscoachings eine Synthese der Reiseerfahrungen und der mitgebrachten Schätze möglich.
Gesundheitscoaching kann jetzt verstanden werden als ein Modell, das die Möglichkeiten systemischen Coachings erweitert. Dafür wurden spezielle theoretische Modelle, Sichtweisen, Methoden entwickelt, die in das Coaching einfließen können. Es entwickelte sich in der Arbeit mit dem Thema aber auch ein eigenständiges Produkt, das über spezialisierte Formen der Prozessgestaltung verfügt. Das hier vorgestellte Gesundheitscoaching wird einerseits in dem Setting eines Einzelcoachings umgesetzt, andererseits enthält es auch für die Seminararbeit einen reichen Fundus an dafür einsetzbaren Methoden. Der Blick durch die »Gesundheit« genannte Brille bringt einen sehr anregenden, zusätzlichen Schwung in die Coachingarbeit: Es wird angeknüpft an einen für Coach und Kunden gleichermaßen emotional wichtigen Aspekt von Leben und Lebensgestaltung. Auf diesem Wege lassen sich zusätzliches Wissen, Methoden, Denkmodelle für das Coaching nutzbar machen – ein noch lange nicht abgeschlossener Prozess.
Basis des Gesundheitscoachings ist ein systemisches Konzept von Beratungsarbeit, das einen ganzheitlich verstandenen Gesundheitsbegriff und Modelle zur Gestaltung von Veränderungsprozessen (Übergangssituationen) umschließt. Daraus wurden gesundheitsorientierte Angebote entwickelt und formuliert.
Das Gesundheitsverständnis umfasst mehrere Ebenen: Es knüpft an die »klassischen« Felder Bewegung, Ernährung, Entspannung an, reicht über das Thema Stress und Stressprotektion bis zu der Frage eines gesundheitsorientierten Führungsstils und gesundheitsorientierter Arbeitsorganisation und schließt den Bogen beim betrieblichen Gesundheitsmanagement. Letzteres interessiert hier besonders unter Einbezug der persönlichen Perspektive und Aufgaben der Führungskräfte.
Die Wechselwirkungen zwischen diesen Ebenen werden ausdrücklich als Teil des Konzepts verstanden. Gesundheit, psychophysische Fitness, Lebensbalance, Sinnfragen etc. sind individuell, familiär und kollektiv im Unternehmen zu gestalten und dabei aufeinander bezogen und voneinander abhängig, sie sind jeweils Umwelten füreinander. Interventionen (Coaching, Seminare, Veränderung von Arbeitsorganisationen etc.) haben immer interagierende Auswirkungen in den unterschiedlichen Systemen der Beteiligten.
Zielgruppe der entwickelten Angebote sind sowohl Einzelne, die ihren Lebens- und Arbeitsstil verändern wollen, als auch Organisationen, Unternehmen, die einen Zugang zu der Gesundheitsthematik suchen oder ihre vorhandenen Aktivitäten ausbauen wollen. In diesem Buch werden die Grundlagen, die leitenden Konzepte ebenso dargestellt wie die konkreten Umsetzungen mit zahlreichen methodischen Zugängen.
Dies alles kann in der Form eines vollständigen Prozesses »Gesundheitscoaching im Einzelsetting« umgesetzt werden, oder Coaches bzw. Seminarleiter werden dazu motiviert, mit ausgewählten Methoden den Gesundheitsaspekt in ihrer Arbeit zu verstärken. Letzteres ist in der Praxis sicher die am häufigsten vorkommende Variante, die Bezug nehmen kann auf die hier dargestellten Konzepte.
In dem Text wird grammatikalisch durchgehend die männliche Form benutzt. Dies geschieht aus Gründen der Lesbarkeit. Das Thema Gesundheit hat allerdings auch einen deutlichen Gender-Aspekt: Neben allen individuellen Unterschieden ist das Erleben und Beschreiben von Gesundheit natürlich sehr eng mit der unterschiedlichen Geschlechtsperspektive verbunden. Die hier vorgelegten Konzepte sind von einem Mann in der Arbeit in einem männerdominierten Feld entwickelt worden. Das prägt sicher die Konzepte. Es hat sich allerdings gezeigt, dass dies in der konkreten Arbeit nicht zu ausschließenden Effekten führt – ganz im Gegenteil.
Die Szenenfolge in diesem Buch führt zunächst zur Verortung von Gesundheitscoaching in der Landschaft, in der es zum Einsatz kommen soll. Die Auseinandersetzung mit dem, was Gesundheit denn sei, lässt dann andere Szenen auftauchen, die Gesundheit und Coaching verbinden und die eine tragfähige Verständnisbasis für die weiteren Arbeitsschritte schaffen. Dafür werden Konzepte wie Salutogenese, Resilienz, Lebensbalance und die Beschäftigung mit Fragen nach dem Sinn eingespielt werden. Nach dem Auftritt der Stimme, die das betriebliche Gesundheitsmanagement vertritt, ist der Bogen dieses ersten Teils geschlossen.
In den folgenden Akten wird die konkrete Umsetzung in die Praxis des Gesundheitscoachings zunächst mit einigen Grundprinzipien und Grundmethoden und dann mit verschiedenen Spielarten in vielen Szenen auf die Bühne gebracht. Es wird konkretes Handwerkszeug mit seinen jeweiligen Einsatzmöglichkeiten skizziert.
Die Themenfelder Lebensenergie, Körperwahrnehmung, Lebensqualität, gesundheitsorientiertes Führen, gesundheitsorientierte Arbeitsprozesse u. v. a. m. werden erklingen, wobei die Nachhaltigkeit von Lebensstilveränderungen als basso continuo mitschwingen wird. Abschließend werden Szenen dargestellt, die als »Standardsituationen« besonders typisch für ein Gesundheitscoaching sind.
Zwei Autorinnen und zwei Autoren leisten wichtige Beiträge zu dem Gesamtverständnis (hier in der Reihenfolge ihres »Auftritts«):
Klaus-Michael Braumann, einer der in unserer Zeit maßgeblichen Bewegungsmediziner und erfolgreicher medizinischer Begleiter von Hochleistungssportlern und Sportmannschaften, wird die bewegungsmedizinischen Grundlagen und ihre Konsequenzen erläutern.
Christine Kaul wird als innovationsfreudige Leiterin des Geschäftsfelds Coaching der Volkswagen Coaching GmbH über Implementierungen des Themas in einem Unternehmen berichten. Dort ist unter dem Label »Gesundheitscoaching« ein systematischer mehrstufiger Prozess entwickelt worden, der von der Personalentwicklung und dem betriebsärztlichen Dienst gemeinsam getragen wird – ein fachlich fraglos sinnvoller, aber in deutschen Unternehmen noch lange nicht selbstverständlicher Prozess.
Manfred Schedlowski wird als einer der profiliertesten Stressforscher und Psychoneuroimmunologen die Grundlagen und Handlungsstrategien für dieses Feld beschreiben.
Elisabeth Wienemann gilt als führende Vertreterin von ganzheitlichen Konzepten des betrieblichen Gesundheitsmanagements, auch und besonders der Suchtprävention, und wird die personenbezogene Seite des Themas und die Implikationen für die Führungsarbeit darstellen.
1KGC: Das sind die Professoren Born, Braumann, Fandrey, Hartmann, Heemann, Limmroth, Schedlowski, Schmoll, Schneider, PD Dobos, Dr. Fliegel und Dr. Lauterbach.
Die Bezeichnung »Coaching« wird in diesem Buch benutzt für die 1:1-Beratung von Menschen, die ihre berufliche Situation und ihren persönlichen Umgang mit beruflichen Herausforderungen reflektieren wollen und sich dafür einen Fachmann/eine Fachfrau gönnen. Coaching steht in Wechselwirkungen mit dem beruflichen und sozialen Kontext des Kunden, z. B. hat Coaching ein bestimmtes Image im Unternehmen, es findet verdeckt oder offen statt, es kann durch die Initiative von Dritten angestoßen sein, oder die Finanzierung eines Coachings durch Dritte macht diese zu (virtuellen) Teilnehmern. Auch die gelegentliche Erweiterung des Settings durch die Einbeziehung von Ehepartnern, Vorgesetzten etc. in die Gespräche oder die Erweiterung durch eine Sequenz mit teilnehmender Beobachtung im beruflichen Handlungsfeld des Kunden kann sinnvoll sein, bleibt aber um das Zentrum des 1:1-Kontakts organisiert. Im Gesundheitscoaching sind besondere Erweiterungen des Settings entwickelt worden, die später noch dargestellt werden.
Im Coaching handeln also im direkten Kontakt zunächst zwei Personen, von denen der eine Coach genannt wird und der andere wechselnde Titel erhält: Coachee (was in der flüssigen Sprache albern klingt), Klient (was die Nähe zu anderen Beratungsformen implizieren kann), Mandant (das bislang eher dem juristischen Feld vorbehalten ist) oder eben Kunde, was hier benutzt wird, auch wenn der Begriff in den letzten Jahren arg überstrapaziert wurde (Kundennähe, Kundenorientierung etc.).
Über die Anforderungen an Coaches, über ihre Qualität und die Sicherung der Qualität des Coachingprozesses habe ich an anderer Stelle geschrieben (s. dazu ausführlich Lauterbach 2003a).
Coaching ist in der Regel keine Schönwetter-Veranstaltung. Es wird dann in Anspruch genommen, wenn es – schlicht gesagt – irgendwo klemmt, wenn Entwicklungen stocken, wenn dem Kunden etwas »an die Nieren« geht.
Im Coaching geht es natürlich um das Leben im Beruf, um (Spitzen)Leistungen, um Belastbarkeit und Stressresistenz, um den Umgang mit Macht, mit Dissens und mit Konflikten, um Entscheidungen, um Karriere, um die Gestaltung komplexer Veränderungsprozesse, um Erfolge, Misserfolge und Enttäuschungen, um berufliche Höhen und Abstürze, um strategische Finessen im Umgang mit der Dynamik von Organisationen, um Zeitdruck und Überlastung, um das Auftreten des Kunden, seine Wirkung, sein Charisma, um Handlungsspielräume und Verhandlungsspielräume, um »schwierige« Mitarbeiter und »schwierige« Vorgesetzte u. Ä. Das »Klemmen« kann sich also auf alle diese Bereiche beziehen. Allerdings sind solche Themen immer auch verbunden mit den persönlichen Entwicklungen des einzelnen Menschen, mit seinen beruflichen Sehnsüchten und Plänen, mit Erfüllung und Sinn, mit den Kontinuitäten und Brüchen des Lebens, mit Lebensenergie und Fitness, mit körperlichen und seelischen Einschränkungen, mit den biografischen Besonderheiten der Karriere und den Lebensentwürfen, mit den in jeder Lebensphase neu zu gebenden Antworten auf das »Wohin«, »Wozu« und »Wie«, mit dem Aufstieg und Abstieg, mit dem Älterwerden im Beruf, mit der Gestaltung des Ausstiegs aus dem Berufsleben.
Im Coaching von Führungskräften stehen natürlich besonders auch die unterschiedlichen Facetten der Führungstätigkeit im Fokus der Reflexion, wie z. B. die Gestaltung der Rahmenbedingungen und Strukturen der Arbeitsprozesse und die Personalführung. Da das Verhalten von Führungskräften Auswirkungen auf Faktoren wie Motivation, Leistungsfähigkeit, Effizienz, Gesundheit (z. B. Fehltage) von Mitarbeitern hat – wie noch darzustellen sein wird –, können aus verschiedenen Perspektiven Leitlinien für ein nützliches Führungsverhalten beschrieben werden. Im Coaching sind solche Beschreibungen dann hilfreiche Folien, vor denen das Verhalten des Kunden beschrieben, evaluiert und weiterentwickelt werden kann.
Letztlich kreist Coaching um die Frage, wie der einzelne Mensch mit seinen persönlichen Prägungen in einer konkreten Lebenssituation die beruflichen Herausforderungen meistern, gestalten und wie er die notwendigen Balancen erzeugen kann. Insofern haben »klemmende« Prozesse immer Auswirkungen auf die Gesamtperson, auf seine persönliche Entwicklung, seine privaten Bezüge, genauso wie diese Bereiche Auswirkungen auf das Leben im Beruf haben. »Einen Mitarbeiter, der sich privat in einer konflikthaften Trennungssituation befindet, plane ich ein Jahr lang nur mit 60 % seiner Leistungsfähigkeit ein«, fasste dies kürzlich ein Geschäftsführer zusammen. »Klemmende« Prozesse im Leben des Kunden geben gleichzeitig auch Hinweise auf anstehende oder überfällige Veränderungsprozesse.
Nun betreten Coaches selten Neuschnee: Menschen in Verantwortungs- und Führungspositionen sind darin geübt und oft sehr kompetent, Antworten auf die damit zusammenhängenden Fragen zu geben, einschließlich des für die Umsetzung notwendigen so genannten Selbstmanagements. Sie haben sich über Seminare, Literatur oder auch in vorangegangenen Coachingprozessen das einschlägige Wissen und Handwerkszeug (Zeitmanagement, Konfliktmanagement, Auftritt und Präsentation, Entscheidungsraster etc.) verschafft. Coaching setzt also hinter diesem Know-how und basierend auf den damit bestehenden Erfahrungen an. Es ist also damit zu rechnen, dass Coaching dann angefragt wird, wenn die erprobten Methoden des Selbstmanagements nicht mehr greifen. Dies sind dann oft sehr herausfordernde Situationen, in denen Führungskräfte vor einschneidenden Konsequenzen stehen (wie z. B. dem Verlust ihres Jobs), mit ihren Fach- und/oder Führungsaufgaben nicht mehr klarkommen, sich entwertet fühlen, in ihrem Karriereprozess feststecken, an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit gekommen sind, mit Dauerstress auf höchstem Niveau leben, ihre privaten Beziehungen der beruflichen Belastung längst geopfert haben, trotz schwerer Erkrankungen ihr Arbeitsprogramm durchziehen u. Ä. Und es sind häufig auch Situationen, in denen Führungskräfte – teilweise unter Druck – »geschickt« werden, weil die Umgebung Grenzen der Kompetenzen ihres Managements oder Selbstmanagements ausgemacht hat.
Es ist noch wenig Praxis, Coaching präventiv als Prozess zur Reflexion und zur Ressourcenpflege in Anspruch zu nehmen.
Mit einem Satz: Coaching startet oft in Situationen, die für den Kunden herausfordernd und brisant sind. Dies ist hier deshalb so pointiert beschrieben, weil dieser Aspekt oft unterschätzt wird und nicht die angemessene Antwort in Methodik und Struktur des Coachingprozesses findet. Hier setzt das Gesundheitscoaching an, das die mit solchen Situationen verbundenen körperlichen, seelischen, sozialen und spirituellen Gesundheitsrisiken, die notwendige Gestaltung von Gesundheit und die dafür verfügbaren Ressourcen bewusst in den Fokus nimmt. Dieser Blickwinkel hat dann Auswirkungen auf die Beschreibung von Coachingprozessen überhaupt (zu der Ableitung vgl. auch Lauterbach 2005), dadurch dass dem Coaching damit auch ein präventiver Aspekt in Bezug auf mögliche Folgen dysfunktional gestalteter Arbeits- und Belastungsprozesse zugeordnet wird. Coachingprozesse aus der Perspektive von Gesundheit zu beschreiben heißt auch, sich Orientierungsraster und Landkarten für den Coachingprozess zu konstruieren, ohne dabei alle Lebenswelten unter die Oberaufsicht der Medizin stellen zu wollen. Die Breite und Tiefe bei der Bearbeitung des Anliegens des Kunden in Bezug auf seine grundlegenden Lebensausrichtungen, die Stimmigkeit seines Lebens, insbesondere seines Arbeitslebens, seine Balancen und seine Kosten-, Nutzenrechnungen werden zum Thema.
Ziel ist es, mit einem ganzheitlichen Konzept von Gesundheit Coaching noch mehr zu verstehen als einen Prozess,
•der die Persönlichkeit des Coachingkunden auf vielen Ebenen erfasst,
•der vor dem Hintergrund der Wechselwirkungen vieler Lebensprozesse die Beziehung zu den Aufgaben, Zielen und beruflichen Herausforderungen reflektiert und
•der auf diesem Weg zu gut fundierten Entscheidungen, Strategien und Handlungsoptionen führt.
Ich verstehe Gesundheitscoaching als ein Modell, das die Hypothesenbildung, die Interventionsplanung und das Methodenspektrum systemischen Coachings erweitert. Einerseits sind mit den hier vorgestellten Zugängen zu der Thematik die meisten Coachingprozesse zu bereichern, zumal die oben skizzierten Coachinganlässe dies oft nahe legen. Andererseits entwickelte sich in der Arbeit mit dem Thema ein eigenständiges Produkt, das über spezialisierte Formen der Prozessgestaltung und Methodik verfügt. Grundlage ist ein ganzheitliches Verständnis von Gesundheit, das weiter unten abgeleitet wird.
Die hohe Aufmerksamkeit, die das Thema Gesundheit seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts erfährt, hat sich in einer Flut von Publikationen, Ratgebern, Zeitschriften dokumentiert. Hier ist offenbar ein Thema aktiviert worden, das Menschen mit sehr unterschiedlichen Motiven, Wünschen und Gefühlen in eine Art Konsens holt:
•mit ihren Wünschen, sich einer langen Gesundheit zu erfreuen, jung zu bleiben und die Angst vor dem Sterben zu vergessen
•mit dem Streben nach Aufmerksamkeit durch gutes, d. h. junges und gesundes, Aussehen
•mit der Eigenverantwortung, die ihnen zunehmend der Rückzug der sozialen Sicherungssysteme auferlegt
•mit der Leistungsfähigkeit und Fitness, die ihre Position im Kampf um Arbeitsplätze verbessert
•mit der zunehmenden Skepsis gegenüber bestimmten Lebensgewohnheiten, die offensichtlich die Gesundheit beeinträchtigen
•mit der Aufgabe, für das eigene Leben tragfähige Sinnbeschreibungen und eine spirituelle Heimat zu finden, die nicht mehr von externen Autoritäten (Kirchen, Parteien, Familien …) vorgegeben werden.
Dies sind die Rahmenbedingungen, in denen sich jedes Angebot, das auf Gesundheit fokussiert, zunächst wiederfindet – in einem Modetrend. Dass dieser Trend schon lange anhält und sich auf den vielen Ebenen wie z. B. der persönlichen Lebensgestaltung (Wellness, Fitness), der Wirtschaft (Gesundheit als Geschäftsfeld, Gesundheitsförderung in den Unternehmen), der Politik (Gesundheitsreform) wiederfindet, zeigt aber auch etwas anderes: Hier ist offenbar ein lange unterschätztes Thema im öffentlichen Diskurs emergiert, um das herum sich ein nicht unerheblicher Teil gesellschaftlichen Lebens organisiert. Solche Trends berühren natürlich auch die Entwicklungsprozesse von Beratungskonzepten. Ist die Brille »Gesundheit« erst einmal auf der Nase, verändert sich der Blick auf das eigene Tun und auf die eigenen Konzepte. Gesundheitscoaching, wie es hier verstanden wird, ist deshalb der Versuch, diesen Perspektivwechsel als eine mögliche Option zu nutzen, mit ihr zu spielen und neugierig zu bleiben, wohin sie uns führt – ohne einen medizinisch verengten Blick durch das Operationsmikroskop auf die Welt zu erzeugen. Eher erinnert der Prozess an die Stereoskopie: Das war die um die Jahrhundertwende beliebte Möglichkeit, speziell bearbeitete Fotografien durch einen zweiäugigen Apparat zu betrachten und damit Dreidimensionalität zu erzeugen. Die Einbeziehung der Dimension einer ganzheitlich verstandenen Gesundheit lässt die Themen des Coachingkunden plastischer, detailreicher erscheinen.
Die Rahmenbedingungen, in denen Coaching allgemein heute stattfindet, sollen hier nachgezeichnet werden, um die Platzierung des Gesundheitscoachings deutlich werden zu lassen und um die Öffnung des Blicks, d. h. die »Dreidimensionalität«, zu verankern.
Die oben stehende Skizzierung von Coachinganlässen legt den Verdacht nahe, dass Führungskräfte in aller Regel recht kontinuierlich unter Stressbedingungen arbeiten. Es liegt deshalb mehr als nahe und lohnt sich, der Spur zu folgen, Coaching als ein Instrument zu betrachten, das primär- oder sekundärpräventive Wirkungen in Bezug auf Stressfolgen erzeugen kann. Coaching dient bei dieser Betrachtung der Gesunderhaltung in Bezug auf vorhandene Risiken oder zumindest den angemessenen Umgang mit schon entstandenen Einschränkungen. Dass Coaching überhaupt eine solche Bedeutung zukommen kann, hat mit der deutlich veränderten Risikostruktur zu tun. In den letzten Jahrzehnten haben sich die Risiken im Arbeitsleben deutlich verändert: Standen früher körperliche Belastungen und damit Verschleißerscheinungen als Folgen von Arbeitsprozessen im Vordergrund, sind dies heute die Folgen von Zeitdruck, Unsicherheiten, Stress und Dauerbelastungen. Die Folgen zeigen sich in psychosomatischen und psychischen Beeinträchtigungen, in den Burn-out-Syndromen, bis hin zu vorzeitiger Erwerbsunfähigkeit. Dies ist auch ein Thema für hoch qualifizierte Arbeitskräfte und Führungskräfte geworden.
Hintergrund dieser Entwicklung sind mehrere Megatrends, die sowohl das Arbeits- als auch das Privatleben stark verändert haben und die mit den Stichworten: Globalisierung, Wissensgesellschaft, »intelligente« Produkte, Vernetzung, Informationsdichte, Komplexität angedeutet sein sollen.
Die Folgen dieser Trends sind dezentralisierte Verantwortungs- und Entscheidungsstrukturen mit hohen Anforderungen an die Flexibilität und die ständige Veränderungsbereitschaft, an die fachlichen und immer stärker auch an die sozialen und kommunikativen Kompetenzen der Mitarbeiter und Führungskräfte. Die neuen Wertschöpfungsketten erfordern dieses Kompetenzspektrum, um die notwendigen Kooperationen darstellen und die Komplexität bewältigen zu können.
Das eigene Arbeitsfeld ist dabei in großem Umfang selbst zu organisieren und zu verantworten, die Ansprüche an die erbrachte Arbeitsqualität beziehen auch diese Faktoren mit ein.
Eine weitere Folge des veränderten Szenarios ist ein Formwandel von Führung, die sich neuer Instrumente zur Beeinflussung von Arbeitsprozessen bedienen muss. Gefragt ist die Organisation in Netzwerken, in denen widerstrebende Einzelinteressen wirken. Instabile Beziehungen und inkohärente Organisationen sind von Führungskräften zu balancieren. All dies wiederum führt zu einer neuen Arbeitsintensität mit hohen psychischen und mentalen Belastungen und Unsicherheiten, die oft als Stressoren erlebt werden und eine Gesundheitsgefährdung darstellen können. Besonders bedeutsam für das Gesundheitscoaching sind die Folgen der Veränderung von Eigenverantwortung und Entscheidungskompetenzen auf den verschlankten Führungsebenen, die hohe zeitliche Verdichtung von Informations- und Kommunikationsprozessen (Zeitdruck), die Anforderungen an die Kunst, etwas zu steuern, was nicht zu steuern ist, die Permanenz von Veränderungsprozessen und damit oft ein hohes Maß an Unsicherheit (vgl. dazu ausführlich Brödner 2002; Richter u. Hacker 1997). Bei aller Vernetzung und Kooperation sind in der Unsicherheit nicht steuerbarer Systeme aber Entscheidungen zu treffen, die dann doch Einsamkeit bedeuten – mit dem dabei häufigen, intensiven Stresserleben.
Diese Situation betrifft so unterschiedliche Organisationen wie die Fabriken der Automobilindustrie (z. B. Gruppenarbeit, vgl. dazu Dehrmann 2004), Kliniken (z. B. prozessbezogene Finanzierung) oder Schulen (z. B. die autonome Schule). Typisches Beispiel für die Gestaltung von Arbeits- und Entwicklungsprozessen sind Projektstrukturen, die immer größere Anteile des individuellen Arbeitslebens umfassen und deren Charakteristika u. a. die teilweise selbstorganisierten Arbeitsprozesse, die gestiegenen Entscheidungskompetenzen der Beteiligten, die verdichtete Kommunikation über die persönlichen Fachkompetenzen hinaus in einem mehr oder weniger klar definierten Rahmen sind.
Die Vorteile dieser Situation liegen natürlich in den enormen Entwicklungschancen und Lernmöglichkeiten, der ganzheitlichen Bearbeitung von Aufgaben und in den steigenden Kompetenzen, mit denen die entstehenden Handlungs- und Entscheidungsräume genutzt werden können. Letztlich ist damit wieder der Mensch mit seinen persönlichen Kompetenzen und Entwicklungen in den Mittelpunkt der Arbeitsprozesse gerückt, umstrittene Begriffe wie »Humankapital« oder »Ressource Mensch« machen das drastisch deutlich. Dies ist auch einer der Faktoren für das steigende Interesse an der Gesunderhaltung des »Faktors Mensch«. Hier treffen sich Humanisierungstendenzen und ökonomische Interessen. Offensichtlich sind die Vorteile und Chancen dieser neuen Situation, nämlich die Herausforderungen, die in ihr stecken, mit den sich erst mehr oder weniger schnell entwickelnden individuellen Kompetenzen derzeit erst begrenzt zu nutzen, so dass sich für viele hier eine Schere auftut. Es überwiegen noch Reaktionen und Erlebensweisen, die deutlich die negativen Aspekte in den Vordergrund rücken lassen. Die Situation erscheint aus der Vogel-, besser Satellitenperspektive insgesamt wie ein gigantischer, gesamtgesellschaftlicher Umstellungs- und Lernprozess.
Aus der Schere zwischen Herausforderungen und individuellen Kompetenzen resultieren typische psychisch-mentale Stressoren: quantitative Überforderung durch die Leistungsanforderungen und das Arbeitstempo, qualitative Überforderung durch die Informationsflut, selbst erzeugte Unübersichtlichkeit oder Kompliziertheit, unklare Zielvorgaben, Leistungs- und Zeitdruck, Angst vor Misserfolg und Kontrolle, hohe Verantwortung für Personen oder Werte, unklare Zuständigkeiten etc.
Verschärft wird die Situation für viele Mitarbeiter dadurch, dass die Führungskräfte dieser Situation oft ebenfalls nicht gewachsen sind und durch ihren Führungsstil zusätzliche Stressoren erzeugen.
Eng mit dieser Entwicklung verbunden ist der Abschied vom Sicherheitsdenken. Diese Tendenz reicht von den aufgeweichten sozialen Sicherungssystemen bis hin zu der Permanenz organisatorischer Veränderungen und Umstrukturierungen. Lebensprozesse haben eine deutlich geringere Vorhersagbarkeit, was sowohl die privaten Prozesse (Lebensabschnittspartnerschaften) als auch das lebenslange Lernen, die lebenslangen beruflichen Umstellungen betrifft. Menschen befinden sich in andauernden Übergangssituationen, die größte Sicherheit ist die, dass der nächste Umbruch bestimmt kommt. Wissen veraltet schnell, »intelligente« Produkte erfordern eine hohe persönliche Entwicklungskompetenz, lassen weniger Routine zu und erzwingen die Zusammenarbeit in immer neuen Teams. Fusionen und Übernahmen führen zu einem Verlust beruflicher »Heimat«, zum Verlust wichtiger Beziehungen und gewohnter Abläufe, erzwingen einen Kulturwechsel. Der konkrete Alltag in den meisten Organisationen ist inzwischen geprägt von immer neuen Umstrukturierungen, mit denen sich die Organisation fit macht für die veränderten Marktbedingungen, die neuen Rahmenbedingungen ihrer Refinanzierung etc. Nicht einmal der Hort der Stabilität, die Verwaltungen, ist davon verschont. Häufig ist das verbunden mit einer operativen Hektik, bei der ein Veränderungsprozess den anderen überholt – oft ohne erkennbare Abstimmung und Sinnhaftigkeit.
Organisationen sind also nicht mehr für lange Zeiträume gebaut, sondern bilden beständig Ad-Hoc-Strukturen zur Bewältigung konkreter Aufgaben und Probleme. Sie entlassen ihre Mitglieder immer wieder in eine – zumindest emotional erlebte – Obdachlosigkeit.
Neben der oft als existenziell erlebten Verunsicherung ist es immer wieder die fehlende Wertschätzung der Leistungen und Erfahrungen, die die ständigen Veränderungen implizit transportieren und die mit dem Verlust an Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit in Verbindung gebracht wird.
Die im privaten Umfeld ebenfalls gestiegenen Optionen verschärfen für viele diese Situation mit der Tendenz, möglichst viel »mitzunehmen«. Größere Freiräume, aber auch gestiegene Selbstverantwortung bei der Gesundheitsvorsorge, den sozialen Absicherungen, den Sinnfragen und Lebensformen, den Setzungen von Prioritäten, der Grenzziehung zwischen Arbeit und Privatem kennzeichnen die Situation. »Da Freunde hub sich große Not, ich schlug mich gegenseitig tot« (sagte der Dichter Jakob van Hoddis). »Der Zusammenbruch der ‚großen Erzählungen‘ (wie Lyotard es ausgedrückt hat) – das Schwinden des Vertrauens auf überindividuelle und übergemeinschaftliche Appellationsgerichte – ist von vielen Beobachtern mit Furcht als Einladung zur ‚everything goes‘-Situation angesehen worden, zur universalen Permissivität und also am Ende zum Ableben aller moralischen und folglich aller gesellschaftlichen Ordnung« (Baumann 1995, S. 307).
Beim Umgang mit diesen Dynamiken in den Organisationen und Unternehmen versagen Führungskräfte noch auf breiter Front. Sie selbst sind dieser Situation oft nicht gewachsen und geben ihren Mitarbeitern nicht die erforderliche Rahmung, die Vision, die Transparenz und die Wertschätzung, so dass die Chancen dieser Situation nicht ausgespielt werden können. »Haltlos im Chaos« titelte das Manager Magazin (1/04, S. 130) und spricht von der »getriebenen Elite«, von überforderten Managern, die Körper und Seele bis zur totalen Erschöpfung quälen. Offenbar ist für viele die Balance schwer zu halten zwischen dem, was an Herausforderungen, Veränderungen, an Druck als stimulierend, lern- und leistungsfördernd erlebt wird und dem, was an Vertrautem erhalten bleiben soll.
Die Gefahr eines Ungleichgewichts zwischen den mentalen und psychischen Anforderungen einerseits und den Leistungsvoraussetzungen und verfügbaren Ressourcen andererseits spiegelt sich in den Anliegen von Coachingkunden zunehmend stark wider: Zum Beispiel sind angewachsene und anspruchsvollere Aufgaben zu bewältigen bei deutlich reduzierten personellen Ressourcen, oder Veränderungsprozesse und einschneidende Umbauprozesse sind zu leisten bei Fortsetzung eines zu 100 % ausgelasteten Routineprozesses. Hohe Verantwortung und hoher Zeitdruck sind im Gesundheitscoaching die am häufigsten genannten Faktoren, die mit dem Erlebnis von starker Belastung in Verbindung gebracht werden.
Ein anderer Megatrend hat noch wenig Eingang gefunden in den Diskurs von Coaching: die Notwendigkeit für viele Menschen, sich der Situation zu stellen, auf Dauer weder existenziell noch sozial abgesichert zu sein, Lebenszeiten gestalten zu müssen, in denen sie keine feste Anstellung und dauerhafte Aufgabe haben. Es ist zu erwarten, dass die Lebenssicherung und vor allem auch die Sinnbeschreibungen künftig von vielen »aus sich heraus« bewältigt werden müssen, d. h. ohne Rückgriff auf einen gesicherten Background wie einen Arbeitsplatz, der helfen könnte, Sinnfragen zu beantworten. Hier gibt es bislang bestenfalls individuelle Lösungswege, die sich kaum zu einem vernetzten Erfahrungswissen verdichten. Im Gegenteil: Der Diskurs darüber wird bislang noch gerne vertagt mit Verweis auf das seit Jahren unmittelbar bevorstehende Wachstum, das alles heilen wird.
Diese Megatrends, diese Entwicklungen sind das »Hintergrundrauschen« des hier beschriebenen Gesundheitscoachings, eine überall spürbare Herausforderung, der sich Leistungsträger und Führungskräfte stellen müssen. Hier liegt offenbar auch ein erhöhtes Risiko für gesundheitliche Einschränkungen, für Zweifel an der Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns, was wiederum die Fähigkeit, auf die Herausforderungen zu reagieren, reduziert und so weiter. Immer mehr Coachingkunden kommen, weil sie sich Strategien zur Bewältigung solcher Situationen erwarten. Stress, Stressfolgen und Stressbewältigung, Stressprotektion werden zu zentralen Themen im Coaching.
Die Zuversicht, den Herausforderungen gewachsen zu sein, und der »Glaube an sich selbst« und an die eigenen Gestaltungsmöglichkeiten werden zu zentralen Kompetenzen, die letztlich auch Gegenstand von Coaching sind. Diese Kompetenzen wachsen »von innen«, sind Ergebnis persönlicher Reifung, eines »In-sich-Ruhens«, eines als stimmig erlebten Lebens. Es scheint so, als ob diese inneren Reifungsprozesse von Leistungsträgern und Führungskräften wesentlich zur Bewältigung der oben beschriebenen Situation beitragen könnten. Wenn dem so ist, dann kann mit dem Thema »Gesundheit« in unserem Coachingansatz ein wesentlicher Beitrag zur Entwicklung dieser Kompetenzen geleistet werden, da sich die hier genutzten Gesundheitskonzepte direkt darauf beziehen.
Gesundheit soll hier verstanden werden als ein lebenslang bewusst zu gestaltender Prozess. Leider gibt es in der deutschen Sprache kaum einen angemessenen Begriff dafür, der nicht schon bedeutungsschwanger und damit missverständlich wäre (neben Gesundheit: Fitness, Wellness). Die Formulierung »Gesundheit, psychophysische Fitness und Leistungsfähigkeit« wird dem speziellen Kontext der Arbeitswelt am ehesten gerecht. Im Text hier wird dies alles verkürzt mit dem Wort »Gesundheit« markiert.
Es ist viel einfacher, Krankheit zu definieren, als eine ähnlich genaue Definition von Gesundheit zu formulieren. Es liegt zunächst nahe, Gesundheit als die Abwesenheit von Krankheit zu definieren:
»Gesundheit ist das ‚normale‘ (beziehungsweise nicht ‚krankhafte‘) Befinden, Aussehen und Verhalten sowie das Fehlen von der Norm abweichender ärztlicher Befunde« (Bibliographisches Institut/F. A. Brockhaus AG 2000). Der spöttische Medizinermund sagt dazu: »Es gibt keine Gesunden, sondern nur schlecht Durchdiagnostizierte.«
Die Weltgesundheitsorganisation blieb mit ihrer Definition 1949 auf einer ähnlichen Linie, wobei dies – anders als beim Brockhaus – als politische Deklaration, als ein weltweit umzusetzender Anspruch formuliert worden ist: »Gesundheit ist ein Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur die Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen.«
Sigmund Freuds Definition, dass Gesundheit bedeutet, »lieben und arbeiten zu können«, ist kurz und schon recht präzise und kommt ohne Verweis auf die Abwesenheit von Krankheit aus. Die Definition von Gesundheit fällt auch deshalb schwer, weil Menschen eher Krankheiten und Symptome bewusst erleben und so in eine paradoxe Situation kommen. »Je mehr ich für meine Gesundheit tue, desto weniger gesund fühle ich mich. In diesem Sinne ist Gesundheit eben nicht machbar, nicht herstellbar, stellt sich vielmehr selbst her. Gesundheit gibt es nur als Zustand, in dem der Mensch vergisst, dass er gesund ist« (Dörner 2002).
Gesundheit ist also immer abhängig von dem, der sich oder andere beobachtet und eine Unterscheidung trifft zwischen dem, was er als gesund und krank bezeichnet (vgl. Simon 2000). Diese Unterscheidung ist abhängig von dem Beobachter, seinen Werten, seiner Geschichte, seinen Absichten usw. Ärzte treffen andere Unterscheidungen als Theologen, Subkulturen definieren Gesundheit anders als der Mainstream (ist Kiffen gesund oder krank?). Die Unterscheidung gesund/krank erzeugt zudem eine Erklärung für das Beobachtete (»Der sieht so aus, weil er krank ist!«) und eine Bewertung (gesund ist meist besser als krank). Bezeichnung, Erklärung und Bewertung sind zudem bezogen auf den Kontext der Beobachtung: Schwitzende Menschen mit hochroten Köpfen geben in der Sauna, nach 1000-m-Läufen und am Strand von Mallorca einen anderen Anlass zu krankheitsbezogenen Unterscheidungen als Menschen mit den gleichen Erscheinungen im Abteil der wohltemperierten Bahn oder in einer heiklen Besprechung am Konferenztisch. Es braucht also immer einen Beobachter, der seinen Beobachtungen die Bedeutung einer Krankheit gibt. Dies ist zunächst ein individueller Prozess, der in einen gesellschaftlichen Konsens geführt werden muss, z. B. um Finanzierungsquellen für Heilung zu erschließen. Das Tilgen der Homosexualität aus dem Krankheitskatalog der »American Psychiatric Association« heilte 1974 tausende von Menschen (Retzer 2002b, S. 114). Kurz: Gesundheit bezieht sich immer auch auf den Kontext, in dem sie definiert wird.
Wichtig ist die Beachtung der Beobachterabhängigkeit von Gesundheit auch deshalb, weil Menschen ihr Verhalten an ihren eigenen Beobachtungen, Beschreibungen, Erklärungen und Bewertungen ausrichten und nicht an medizinischen oder anderen elaborierten Modellen. Das persönliche Gesundheitskonzept des Kunden im Gesundheitscoaching ist ein entscheidender Aspekt, weil es darüber entscheidet, wie er sich auf den Prozess des Gesundheitscoachings einstellt und wie er die Beziehung zu dem Coach gestaltet. Die Überzeugungsmuster des Kunden in Bezug auf Gesundheit prägen seine diesbezüglichen Interaktionen in seinem privaten Umfeld, in seinem Arbeitsfeld und im Coaching (Retzer 2002a, S. 122 ff.). Wir werden diese Zusammenhänge bei der Einbeziehung der Partner in das Gesundheitscoaching erneut betrachten.
Für den hier gewählten Ansatz, der Handlungskonzepte für Gesundheit im Rahmen von Coaching erstellt, wird deshalb eine für dieses Ziel nützliche Definition zu entwickeln sein, um die Beobachtungs-, Erklärungs- und Bedeutungsraster zu verdeutlichen. Das soll in mehreren Schritten geschehen. Zunächst wird Gesundheit als ein ganzheitlicher Prozess und nicht als Zustand verstanden:
Der Satz von Paracelsus »Wir grünen für und für und haben tausenderlei Gesundheiten« (zit. bei Hartmann 1993, S. 38) weist noch darüber hinaus: Er plädiert für die Auflösung starrer Begrifflichkeiten zugunsten der Öffnung für viele individuelle Wertesysteme, Umsetzungswege und Gestaltungsoptionen.
Hartmanns Definition von Gesundheit enthält die Aktivität des Einzelnen und setzt sie in Beziehung zu Lebensentwürfen und Sinnfragen und kommt damit dem hier vertretenen Anliegen sehr nahe: »Gesund ist … ein Mensch, der mit oder ohne nachweisbare oder für ihn wahrnehmbare Mängel seiner Leiblichkeit allein oder mit Hilfe anderer Gleichgewichte findet, entwickelt und aufrechterhält, die ihm ein sinnvolles, auf die Entfaltung seiner persönlichen Anlagen und Lebensentwürfe eingerichtetes Dasein ermöglichen, so dass er sagen kann: mein Leben, meine Krankheit, mein Sterben« (ebd., S. 39).
Die Chinesen versprachlichen Gesundheit als Jian Kang (= Stärke Großzügigkeit). Eine innere, individuelle und eine soziale Komponente sind in den so konstruierten Wirklichkeiten damit untrennbar schon in der Sprache verknüpft.
Gesundheit ist also ein schillerndes Konstrukt, das je nach Kontext und Absicht anders definiert wird, damit aber auch eine große Vielfalt bekommt, die für den Arbeitsprozess im Coaching eingesetzt werden kann.
Das hier genutzte Verständnis von Gesundheit soll in drei weiteren Schritten entwickelt werden:
1. Gesundheit wird nicht nur als Abwesenheit von Krankheit, sondern positiv und aus der individuellen Perspektive beschrieben:
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