Girls before Earls – Alte Geheimnisse und neue Skandale - Lex Croucher - E-Book
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Girls before Earls – Alte Geheimnisse und neue Skandale E-Book

Lex Croucher

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Beschreibung

Selbstbewusste Protagonistinnen, Diversität, rauschende Feste und geheime Küsse: Mit diesem Regency-Roman wird aus jeder Tea-Time eine Party!  England zur Regency-Zeit: In der Obhut ihrer Tante soll aus Bücherwurm Georgiana eine tugendhafte junge Dame werden. Wie langweilig! Sie sehnt sich nach Freundinnen – und nach Abenteuer! In Frances,  Lord Campbells Tochter, findet sie eine Verbündete. Die Adlige entführt sie in eine Welt voll trunkener Ausschweifungen und verlockender Begegnungen. Georgiana liebt das Leben der High Society. Und sie kann gar nicht genug bekommen von den Blicken, die ihr der attraktive Thomas zuwirft. Aber als die schillernde Welt ihre Schattenseiten zeigt, müssen die Freundinnen mehr denn je zusammenhalten. Der Regency-Trend geht weiter: neuer Lesestoff für alle »Bridgerton«-Fans!

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Übersetzung aus dem Englischen von Babette Schröder

© Lex Croucher 2021

Titel der englischen Originalausgabe:

»Reputation«, Bonnier Zaffre, ein Imprint von Bonnier Books UK Limited, London 2021

© der deutschsprachigen Ausgabe:

Piper Verlag GmbH, München 2022

Redaktion: Nadine Lipp

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

Covergestaltung: t. mutzenbach design, München

Covermotiv: Arcangel Images (Lauren Rautenbach; Laura Ranftler); Trevillion Images (ILINA SIMEONOVA)

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Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Widmung

Kapitel eins

Kapitel zwei

Kapitel drei

Kapitel vier

Kapitel fünf

Kapitel sechs

Kapitel sieben

Kapitel acht

Kapitel neun

Kapitel zehn

Kapitel elf

Kapitel zwölf

Kapitel dreizehn

Kapitel vierzehn

Kapitel fünfzehn

Kapitel sechzehn

Kapitel siebzehn

Kapitel achtzehn

Kapitel neunzehn

Kapitel zwanzig

Kapitel einundzwanzig

Kapitel zweiundzwanzig

Kapitel dreiundzwanzig

Kapitel vierundzwanzig

Kapitel fünfundzwanzig

Kapitel sechsundzwanzig

Kapitel siebenundzwanzig

Kapitel achtundzwanzig

Kapitel neunundzwanzig

Kapitel dreißig

Kapitel einunddreißig

Dank

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Für Jane Austen. Sorry, Jane.

Kapitel eins

Es begann auf einer Gesellschaft, wie fast alles, was reizvoll ist.

Dabei handelte es sich bei diesem Abend aber keineswegs um eine große Angelegenheit. Es gab kein Abendessen, und der Mann, der die Bratsche spielen sollte, schien das Instrument eher zu quälen. Außerdem mangelte es an Kerzen, was auf die schlechte Vorbereitung des Gastgebers zurückzuführen war und nicht etwa auf fehlende finanzielle Mittel, und so war es in fast allen Räumen gefährlich dunkel.

»Wie romantisch!«, hatte Mrs Burton großherzig gesagt, als sie einige Stunden zuvor durch das Haus geführt worden waren. Dabei war sie nur knapp einem Zusammenstoß mit einem Dienstmädchen entgangen, das ein Tablett mit verdünntem Punsch trug. Das Dienstmädchen wich geschickt aus und wurde sofort wieder von der Dunkelheit verschluckt.

Es war nicht romantisch. Ihre Tante hatte ihr einen Abend mit geübten Tänzern, zartaufblühenden Freundschaften und einer Fülle von Junggesellen mit glänzenden Jackenknöpfen und schneidigen Schnurrbärten versprochen. Stattdessen lehnte Georgiana in dem leeren Flur in einer düsteren Nische, knüpfte kleine Knoten in ihr zweitbestes Band, löste sie wieder und dachte wehmütig an Wikingerbegräbnisse.

Nordische Krieger wurden oft zusammen mit ihren Booten und einem Großteil ihrer persönlichen Habe auf Scheiterhaufen verbrannt. Georgiana hatte in einem der Bücher ihres Onkels von diesem Brauch gelesen und Anfang der Woche am Esstisch der Burtons lebhaft und in aller Ausführlichkeit darüber gesprochen, während sie ihre Kartoffeln verzehrte. Als sie gerade darüber referierte, dass auch Ehefrauen und Sklaven ihren Herren in den Tod folgten, schlug ihre Tante in einer für sie untypischen Kraftanstrengung mit der Hand auf den Tisch und rief: »Bist du jetzt fertig, Georgiana?«

Georgiana hatte von ihrem Teller aufgeschaut und in das entsetzte Gesicht ihrer Tante geblickt.

»Es tut mir leid, Mrs Burton, aber wenn Sie mich nur noch dies ergänzen ließen: Ich glaube nicht, dass es den Frauen und Sklaven etwas ausmachte, den Wikingern in den Tod zu folgen. Die Normannen glaubten an eine Art Himmel. Wenn Mr Burton morgen auf seinem Morgenspaziergang stürzte und sich den Kopf an einem Felsen zerschmetterte, würden Sie dann nicht mit ihm gehen wollen? Wenn der Himmel so schön ist, wie alle sagen, dann wäre das doch wie Urlaub. Sie freuen sich so auf St. Ives im September – es wäre, als würden Sie früher fahren. Würden Sie sich nicht auf einen brennenden Scheiterhaufen stürzen, wenn Sie morgen in St. Ives sein könnten?«

Das wollte Mrs Burton keineswegs. Und somit wurde das Thema Wikinger für immer aus der höflichen Konversation verbannt.

~~~

In den dreizehn Tagen, seit Georgiana nun schon bei ihrer Tante und ihrem Onkel weilte, hatte sie sie weit besser kennengelernt als in den letzten zwanzig Jahren ihres Lebens. Ihr war ziemlich schnell klar geworden, dass die Burtons zwar sehr freundliche und zuvorkommende Menschen waren, dass sie aber auch ein besonderes Geschick besaßen, ganze Tage und Wochen mit monotonen Nichtigkeiten zu verbringen, an denen Georgiana keine Freude fand. Wann immer sie einen Ausflug oder eine Aktivität vorschlug, die auch nur im Entferntesten etwas Aufregung oder Abwechslung versprach, wiesen sie es mit der Erklärung ab, sie müsse sich erst noch »einleben«.

Georgiana hatte das Gefühl, sich bereits so eingelebt zu haben, dass, wäre sie gezwungen, sich noch weiter einzuleben, ihre Empfindungsfähigkeit gänzlich verloren ginge und sie ein integraler Bestandteil des Hauses würde – das menschliche Äquivalent eines tragenden Balkens. Kürzlich hatte sie einen ganzen Nachmittag lang in ihrem neuen, recht kleinen Zimmer alle Kleidungsstücke anprobieren müssen, die sie besaß, während Mrs Burton und ihr schüchternes Dienstmädchen Emmeline sie auf erforderliche Reparaturen oder Änderungen hin untersuchten. Als sie ihr letztes Kleid begutachteten, konnte Georgiana nicht mehr stillhalten, ihre Augen funkelten gefährlich wütend und streitlustig.

In den Augen von Mrs Burton freilich erforderte der Prozess des »Einlebens«, dass man sich eine Zeit lang quälend langweilte und so einsam war, dass man im Geiste gebrochen wurde und sich vermutlich weit weniger gegen die üblichen Rituale des Hauses auflehnte. Man konnte nicht unendlich oft die örtlichen Anzeigen lesen, Hunderte von Sticknadeln nach Größe ordnen oder bevorstehende Mahlzeiten für drei Personen besprechen, als ob es sich um die Speisung der Fünftausend handeln würde. Der Morgen, an dem das Pferd eines Nachbarn ausgebrochen war und im Garten ausgelassen seine Runden drehte, war eine derart erfreuliche Abwechslung gewesen, dass sie sich noch Tage später daran erinnerte.

In Romanen – und Georgiana hatte eine Menge davon gelesen – begannen Neuanfänge nie so. Vor vierzehn Tagen hatte sie einen Koffer, der doppelt so schwer war wie sie selbst, zum Haus ihrer Tante und ihres Onkels geschleppt. Er war übervoll mit Büchern, von denen sie sich nicht hatte trennen können. In all den Romanen, in denen eine Heldin in einer Stadt, einem Dorf oder einem Schloss neu anfing, stolperte sie sofort in eine Reihe waghalsiger Abenteuer, verirrte sich auf dramatische Weise im Moor oder sank ohnmächtig in die Arme eines zufällig vorbeikommenden (und sehr gut aussehenden) Gentlemans.

In keiner dieser Geschichten starrte die Heldin zwei Wochen lang auf einen feuchten Fleck an der Wohnzimmerdecke und fragte sich, ob er eher wie ein Mann aussah, der über einen Hocker fiel, oder wie eine Eule, die Billard spielte.

Georgiana hatte ihre Tante beharrlich angefleht, an irgendeinem gesellschaftlichen Ereignis teilnehmen zu dürfen, und sie vermutete, dass dieses Fest ihre Buße war. Sie hatte sich nun fast eine Stunde lang in ihrer Nische versteckt und sich gewünscht, sie hätte die Geistesgegenwart gehabt, ein Buch mitzubringen. Von hier aus konnte sie perfekt das Kommen und Gehen der Gäste beobachten, die sich vom Speisesaal zum Salon bewegten, und sie belauschen. Leider schienen ihre Gastgeber, die Gadforths, nur Männer und Frauen jenseits der fünfundvierzig zu kennen, die keinen Funken Persönlichkeit besaßen. Georgiana hatte zwei völlig unterschiedliche Gruppen unabhängig voneinander genau das gleiche Gespräch darüber führen hören, ob die Vorhänge im Esszimmer rot oder lila waren und welche Farbe greller sei. Beide Male waren sich alle Beteiligten einig, dass beide Farben unschicklich seien, aber da es zu dunkel war, um die Angelegenheit zu klären, würden sie das Thema zu einem späteren, günstigeren Zeitpunkt wieder aufgreifen.

»Sie sind pflaumenfarben«, murmelte Georgiana vor sich hin und griff nach ihrem Getränk, während die jüngste Gruppe von Experten für Heimtextilien außer Hörweite schlenderte.

»Unsinn. Sie sind irgendwie weinfarben.«

Die Antwort ertönte so dicht an ihrem Ohr, dass Georgiana vor Schreck ihr Glas umstieß. Sie spürte, wie Mrs Gadforths ungenießbarer Punsch ihr Kleid und ihren Unterrock durchnässte, während sie sich umdrehte, um festzustellen, woher die Stimme kam.

Der Vorsprung, auf dem sich Georgiana niedergelassen hatte, befand sich hinter einer der vielen unechten Gipssäulen. Offenbar hatte jemand anderes einen anderen Vorsprung seit einiger Zeit in ähnlicher Weise genutzt, ohne dass sie es bemerkt hatte. Sie hörte das Rascheln von Röcken, sah eine schlanke Hand auf dem Putz und bewegte sich unbewusst zur Seite, sodass der gleichgesinnte Eindringling neben ihr Platz nehmen konnte.

Im schwachen Licht erkannte Georgiana eine schlanke Gestalt mit dunklem Teint und üppigen schwarzen Locken, die kunstvoll auf dem Kopf hochgesteckt waren. Sie duftete berauschend nach einem blumigen Parfüm, und als die Fremde ihr eine elegante Hand hinhielt, erhaschte Georgiana einen Blick auf funkelnde Edelsteine und blitzendes Gold.

»Frances Campbell«, sagte die junge Frau in geschliffener Sprache, und bevor Georgiana etwas erwidern konnte, sagte sie: »Das ist zweifellos die langweiligste Gesellschaft, auf der ich je gewesen bin. Wenn irgendetwas auch nur einigermaßen Anregendes geschähe, würden alle vor Schreck umkippen.«

»Ich bin Georgiana. Georgiana Ellers.«

»Ach. Ich wäre eigentlich gar nicht hier, wenn mein Vater nicht ein Gemälde an diese furchtbaren Leute, die Godforths, verkauft hätte. Sie waren ganz aus dem Häuschen und schwärmten davon, was für ein Triumph es sein würde und was für tolle Freunde wir werden würden. Es ist ein abscheuliches Gemälde – Vater konnte es kaum erwarten, es loszuwerden; er hatte es geerbt, um seiner Sünden willen. Aber ich nehme an, es passt gut hierhin, zu all dem hier …« Sie deutete auf die geschmacklosen Säulen.

»Sie heißen Gadforth«, verbesserte Georgiana und fragte sich, warum sie plötzlich nur noch Namen aussprechen konnte.

Frances Campbell schien es nicht zu bemerken. Sie hatte eine Hand auf den Vorsprung gelegt und zog sie schnell wieder zurück.

»Aber was in aller Weltist mit Ihrem Kleid passiert?« Georgiana hatte ganz vergessen, dass sie sich Punsch über das Kleid gekippt hatte. Frances musste ihre Hand direkt in eine Punschpfütze gelegt haben. »Ich hoffe, es war kein Lieblingsstück. Ein weiteres tragisches Opfer dieses abscheulichen Punschs. Ärgern Sie sich nicht, nehmen Sie etwas hiervon.«

Sie reichte Georgiana einen kleinen Flachmann, den diese, ohne zu fragen, leicht benommen an die Lippen führte. Anschließend prustete sie, weil etwas viel Stärkeres als Punsch in ihrer Kehle brannte.

»Das ist Cognac. Schrecklich, nicht wahr?«, sagte Frances fröhlich, als Georgiana hustete. »Nehmen Sie noch einen Schluck.«

Georgiana folgte ihrer Aufforderung.

Sie hatte noch nie jemanden getroffen, der in so kurzer Zeit einen derart starken Eindruck auf sie gemacht hatte. Sie kannte Frances Campbell vielleicht seit fünfzig oder sechzig Sekunden und fürchtete bereits den Moment, in dem sie von dem Vorsprung rutschen und Georgiana dem Rest ihres einsamen Abends überlassen würde. Sie war sicherlich kein verwegener Abenteurer oder windgepeitschter Adliger, aber Georgiana wusste sofort, dass sie es mit einer Hauptfigur zu tun hatte.

»Ich kann nicht fassen, dass sie die Dreistigkeit besitzen, dies als Gesellschaft zu bezeichnen«, sagte Frances und gestikulierte heftig mit der freien Hand, während sie mit der anderen das Cognacfläschchen entgegennahm. »Sie ist so fröhlich und charmant wie ein Hundebegräbnis. Und warum ist es überhaupt so dunkel?Vorhin wäre ich fast über den Saum meines Kleides gestolpert und aus einem Fenster gefallen. Dann dachte ich, dass das im Großen und Ganzen vielleicht sogar dem hier vorzuziehen wäre. Wir befinden uns ja schließlich im Erdgeschoss.«

Georgiana schnaubte vor Lachen und schämte sich dann sogleich, dass sie ein so abstoßendes Geräusch gemacht hatte.

»Wer hat Sie eigentlich hierhergeschleppt?«

»Oh.« Georgiana räusperte sich, ihre Stimme war heiser, da sie sie den ganzen Abend über nicht gebraucht und sich mehr oder weniger durch demütiges Nicken verständigt hatte. »Ich wohne bei meiner Tante und meinem Onkel, den Burtons. Ich glaube, sie sind schon seit einiger Zeit mit den Gadforths befreundet. Sie sind reizend, die Burtons«, sagte sie eilig und sah Frances’ dunkle Augenbraue zucken, »aber ihr Geschmack, was Gesellschaften angeht, ist mir unverständlich. Glauben Sie mir, wenn mir das mit dem Fenster eingefallen wäre, würden Sie mich jetzt nur noch als fernen Punkt sehen, der immer schneller den Hügel hinunterrollt.«

Frances lachte. Sie nahm Georgiana das leere Glas ab, füllte es mit Cognac, gab es ihr zurück und hob den Flachmann, als wollte sie einen Toast aussprechen.

»Prost – auf unsere schrecklichen Familien und auf die unendlich vielen, viel besseren Gesellschaften, die wir in diesem Augenblick verpassen! Mögen unsere Freunde an unserer Stelle ausgelassen feiern.«

Georgiana fand die Burtons nicht besonders schrecklich, und aufgrund ihres derzeitigen kläglichen Mangels an Beziehungen gab es für sie keinen besseren Ort, aber es schien ihr unhöflich, das in diesem Moment anzusprechen. Also stieß sie ihr Glas gegen den Flachmann und nahm einen großen Schluck. Frances seufzte erschöpft und lehnte sich gegen die Säule, als gäbe es keine größere Qual auf dieser Welt, als ein unterdurchschnittliches gesellschaftliches Ereignis zu ertragen.

»Der einzige Trost ist, dass die Dame des Hauses eine echte Persönlichkeit ist. Haben Sie ihr Kleid gesehen? Es ist ganz aus rosa Atlas gefertigt, mit einem fragwürdigen Korsett. Sie sieht aus wie ein matschiger Erdbeerpudding. Ich kann mir vorstellen, dass Mr Gadforth sie mit Gänseschmalz einreiben muss, um sie später davon zu befreien.«

Georgiana kicherte, ihre Wangen waren gerötet, und ihr schwindelte von der Aufmerksamkeit und dem Cognac, was Frances nur anzustacheln schien. Gerade beschrieb sie den Schnurrbart von Mr Gadforth – »Haben Sie jemals ein Eichhörnchen gesehen, das von einem Pferd zertrampelt wurde?« –, als sie hörten, wie jemand mit etwas Metallischem an ein Glas schlug und sich der Lärm im Salon legte. Offenbar sollte eine Rede gehalten werden. Frances verdrehte die Augen, stand auf, strich die Falten ihres Kleides glatt und verstaute den Flachmann ordentlich in ihrem Pompadour.

»Kommen Sie. Mr Gadforth ist im Begriff, vor Freude zu weinen und meinem Vater seinen irdischen Körper und seine unsterbliche Seele zum Dank für das verdammte Gemälde zu vermachen. Ich sollte dabei sein, um zu lächeln und einen Knicks zu machen – oder ihn zumindest zurückhalten, wenn er sich zu einem Kuss hinreißen lässt.«

Sie bot Georgiana ihren Arm an, und sie mischten sich unter die Menge, wobei sie den Eindruck machten, als seien sie gute alte Freundinnen und engste Vertraute.

~~~

Mr und Mrs Gadforth standen in der Tat direkt vor »dem verdammten Gemälde«, strahlten ihre Gäste an und hielten übervolle Gläser in den Händen. Unwillkürlich sah sie die arme Mrs Gadforth jetzt genau so, wie Frances sie beschrieben hatte, und musste sich ein Lachen verkneifen, als die Gastgeberin ungeschickt ihr Mieder zurechtrückte und ihren Busen optimistisch nach oben schob. Frances dagegen gab sich keinerlei Mühe, ihre Heiterkeit zu verbergen. Dann löste sie sich von Georgiana und verbeugte sich kurz und sarkastisch zum Abschied, bevor sie den Raum durchquerte und sich zu zwei Personen stellte, von denen Georgiana annahm, dass es sich um Mr und Mrs Campbell handelte.

Ohne ihre neue Freundin oder eine Verwandte, hinter der sie sich verstecken konnte, fühlte sich Georgiana plötzlich unwohl und trat in den hinteren Teil des Raumes, als Mr Gadforth sich räusperte und zu sprechen begann. Sie hörte kein Wort von dem, was mit Sicherheit ein quälender Monolog war; stattdessen beobachtete sie die Campbells.

Frances’ Vater war ein stattlicher Mann: groß, blass und breitschultrig, mit dunklem Haar und ordentlich gekämmtem Schnurrbart. Seine Haltung wirkte beeindruckend, fast militärisch, und auf seinen Lippen lag ein kleines Lächeln, das zwar ein wenig brüchig wurde, je lauter und enthusiastischer Mr Gadforth sprach, aber nie ganz verschwand. Seine Frau war ebenfalls von großer eindrucksvoller Gestalt. Doch während er von kräftiger Statur war, war sie schlank und hatte schwarze Haut. Georgiana vermutete, dass sie aus Afrika oder vielleicht von den Westindischen Inseln stammte – zweifellos von einem Ort, der weit weniger grau war als England. Niemand schien ihr Beachtung zu schenken, aber als Georgiana noch einmal zu ihr hinschaute, bemerkte sie, dass der Blick eines Gentleman, der ein paar Meter entfernt stand, alle paar Sekunden zu Mrs Campbell glitt. Ein Diener, der mit einem Tablett mit Getränken vorbeikam, starrte sie unverhohlen an. Sie war in prächtige marineblaue Seide gekleidet, und ihre dichten schwarzen Locken waren meisterhaft in Form gebracht und festgesteckt; die Halskette, die sie trug, war unverkennbar mit echten Diamanten besetzt.

So beeindruckend ihre Eltern auch waren, Frances übertrumpfte sie.

Georgiana konnte sie jetzt deutlich sehen, denn Mrs Gadforth hatte offensichtlich ihr Budget für Kerzen ausschließlich auf diesen Raum verwandt. Frances’ Kleid war einfach geschnitten, aber sorgfältig mit Juwelen besetzt, sodass sie schimmerte, wann immer das Licht auf sie fiel. Ihre Wangen waren leicht gerötet, was jene, die nicht wussten, dass dieser Effekt von größeren Mengen französischen Cognacs herrührte, vermutlich für das Feuer der Jugend hielten. Ihre goldbraunen Augen, die sich verblüffend hell von ihrer bernsteinfarbenen Haut abhoben, verrieten, dass sie gerade an etwas außerordentlich Lustiges gedacht hatte. Alles, von den Bändern in ihrem Haar bis zu ihrer Haltung, zeugte von unvorstellbarem Reichtum und der natürlichen Eleganz, die mit ihm einherging. Georgiana fühlte sich einer solchen Gesellschaft nicht würdig, empfand jedoch zugleich den dringlichen und verzweifelten Wunsch, Frances irgendwie zu umwerben und sie als Freundin zu gewinnen.

Derweil erreichte Mr Gadforth den Höhepunkt seiner Rede.

»Dieses schöne Gemälde, dieses exquisite Kunstwerk, hat unser Heim vervollständigt, und ich werde jedes Mal, wenn ich es betrachte, liebevoll an meinen außerordentlich gütigen Freund, den hochgeschätzten Lord Campbell, denken.«

Georgiana erschrak und verschüttete beinahe zum zweiten Mal an diesem Abend ihr Getränk, dann warf sie einen weiteren ehrfürchtigen Blick auf Frances’ Eltern – nicht Mr und Mrs Campbell, sondern Lord und Lady Campbell. Erneut sah sie zu Frances, die Mr Gadforth nun unverhohlen angrinste. Er lächelte freundlich zurück und erhob sein Glas, als wäre er in den Scherz eingeweiht und nicht das unglückliche Opfer desselben.

Die Rede endete mit höflichem Applaus, und Georgianas Magen krampfte sich unangenehm zusammen. Wenn Frances und ihre Eltern jetzt verschwinden würden, wäre diese kurze unterhaltsame Unterbrechung ihres monotonen Lebens bei den Burtons abrupt beendet. Sollte sie eine weitere Woche mit Gesprächen über die Fadenzahl von Schals oder die richtigen Bedingungen für den Anbau von Rüben ertragen müssen, würde sie den Verstand verlieren. Frances versprach geistreiche Gespräche, angesehene Gesellschaft und Gesellschaften, denen man nicht entfliehen wollte, indem man sich einen steilen Hügel hinunterrollte und in einem stehenden Gewässer landete. Frances fühlte sich wie ein verheißungsvoller Anfang an, der Anfang einer Geschichte, die Georgiana unbedingt zu Ende verfolgen wollte.

Die Stimmen im Raum wurden lauter, und es kam wieder Bewegung in die Gesellschaft, doch sie wagte nicht, den Blick zu heben, um zu sehen, ob sich die Campbells anmutig entfernt hatten. Als dann plötzlich eine kühle Hand ihren Arm berührte, schwindelte ihr vor Erleichterung.

»Sie wirken furchtbar einsam hier hinten«, sagte Frances. »Als hätten Sie gerade einen Korb bekommen. Kommen Sie, ich stelle Ihnen meine Eltern vor.« Und schon lenkte Frances Georgiana geschickt durch den Raum.

»Werden Sie den Sommer hier verbringen, Miss Ellers?«, fragte Lady Campbell, nachdem die Formalitäten ausgetauscht waren.

»In gewisser Weise ja, Lady Campbell, doch womöglich werde ich auch über den Sommer hinaus bleiben«, sagte Georgiana in einem, wie sie hoffte, leichten und unbeschwerten Tonfall, als ob ihr die Umstände nichts ausmachten. »Meine Mutter war unpässlich. Wegen der besseren Luft sind mein Vater und sie deshalb an die Küste gezogen. Sie hielten es für das Beste, wenn ich näher an der Zivilisation bleibe. Meine Tante und mein Onkel – die Burtons – waren so freundlich, mich bei sich aufzunehmen. Sie wohnen gleich hinter der Westbrücke.«

Die Lage des Hauses der Burtons – zu dicht an der Stadt für ein großes Anwesen und zugleich zu weit entfernt, um schick zu sein – verriet genug über ihre Mittel (vielmehr die nicht vorhandenen Mittel), und Georgiana fürchtete, sie werde vielleicht etwas weniger herzlich aufgenommen. Doch sie hätte sich deshalb keine Sorgen machen müssen; die Campbells schienen die Art von Menschen zu sein, die ihre Tante als »fein und aufrecht« beschreiben würde – was so viel bedeutet wie »Leute, die nicht offen über die finanziellen Angelegenheiten anderer höhnten« –, und erkundigten sich höflich nach der Gesundheit der Burtons.

Mrs Burton, die ein Stück hinter den Campbells im Raum stand, ohne zu ahnen, dass gerade über sie gesprochen wurde, blickte auf und sah, mit wem Georgiana sich unterhielt. Sie schenkte ihrer Nichte ein schwaches, angespanntes Lächeln und raunte ihrem Mann sodann mit besorgter Miene etwas ins Ohr. Georgiana vermutete, dass sie sich an ihre Geschichte über die Begräbnisse der Wikinger erinnerte.

»Frances, Liebes, könntest du mit Mrs Gadforth sprechen und Miss Ellers helfen, Ersatz für ihr Kleid zu finden?«, fragte Lady Campbell leise, legte Frances eine Hand auf den Arm und warf einen kurzen Blick auf den großen Punschfleck, den Georgiana in all der Aufregung ganz vergessen hatte.

»Natürlich!«, sagte Frances. »Meine Güte, und ich stehe hier herum, während Sie ganz durchnässt sind. Kommen Sie mit.«

Georgiana machte einen Knicks und ließ sich dann aus dem Zimmer führen, wobei sie Frances auf dem Weg die dunkle Treppe hinauf darauf hinwies, dass sie sich genau in die entgegengesetzte Richtung von Mrs Gadforths wogendem Busen bewegten.

»Oh, Sie sind ein süßes kleines Ding – das wird niemandem auffallen«, sagte Frances tröstend. »Außerdem kann ich es kaum erwarten, den Rest von Mrs Gadforths Garderobe zu sehen. Ich tippe auf unendlich viel Goldbrokat und irgendeinen festlichen Hut mit Früchten obendrauf.«

Der Cognac schien seine Wirkung zu entfalten. Georgiana hatte deutlich das Gefühl, dass sie protestieren sollte, doch stattdessen folgte sie Frances bereitwillig auf der Suche nach dem Ankleidezimmer, wobei sie sich erneut unterhakten. Es in der Dunkelheit zu finden, erwies sich als nicht so einfach, aber schließlich riss Frances die richtige Tür auf und klatschte freudig jubelnd in die Hände.

Georgiana nahm auf Mrs Gadforths Fußbank aus rosa Samt Platz und beobachtete, wie Frances ein abscheuliches Kleidungsstück nach dem anderen aus dem Schrank zog – einen Schal aus Pfauenfedern, eine Maske, die aus Leder zu sein schien, ein graues Kleid mit einem so tiefen Ausschnitt, dass es unmöglich einen menschlichen Busen bedecken konnte –, bis sie sich beide vor Lachen bogen. Frances bedeutete ihr, die Knöpfe auf dem Rücken ihres Kleides zu öffnen, und Georgiana hielt eine Sekunde lang unsicher inne, bevor sie ihr etwas ungeschickt half. Anschließend erkundete Frances den Kleiderschrank mit neuer Entschlossenheit.

»Hier«, sagte sie schließlich und nahm Georgiana den Flachmann ab, wobei Georgiana sich gar nicht erinnern konnte, ihn überhaupt genommen zu haben. »Probieren Sie das mal an.«

Sie warf Georgiana einen nicht zu identifizierenden Stoffhaufen zu und verschwand aus dem Raum. Georgiana betrachtete ihn einen Moment lang – das Kleid wirkte zu groß und war mit geschmacklosen Rüschen verziert –, dann zog sie es über den Kopf. So allein kam ihr das Ganze plötzlich mehr als lächerlich vor, dennoch grinste sie albern in den Schminkspiegel. Ihr Haar löste sich, und sie wirkte ob ihrer Trunkenheit insgesamt etwas aufgelöst, was ihr vollkommen fremd war. Doch das spielte keine große Rolle. All das trat in den Hintergrund, denn es war einfach wunderbar, nach Wochen der Einsamkeit einen albernen unbeschwerten Moment mit einer Freundin zu haben – auch wenn sich diese noch frische Freundschaft bisher nur darum zu drehen schien, ein korpulentes Paar mittleren Alters zu schikanieren.

»Mrs Gadforth, Sie sehen einfach hinreißend aus«, sagte Frances mit verstellt-tiefer Stimme, als sie zurück ins Zimmer trat.

Georgiana wurde von einem erneuten Lachanfall geschüttelt, als sie sah, dass Frances sich alle Mühe gab, den unglücklichen Ehemann der Gastgeberin zu mimen. Sie hatte sich einen Morgenanzug und einen Zylinder besorgt, die ihr viel zu groß waren und die sie beim Gehen festhalten musste, um nicht plötzlich ohne Kleidung dazustehen.

»Oh, Mr Gadforth, Sie Schurke«, antwortete Georgiana mit einer albernen Fistelstimme. »Vernaschen Sie mich wie einen Ihrer französischen Puddings!«

Frances kicherte vergnügt, schlurfte zu Georgiana und brach neben ihr auf der Fußbank zusammen. Sie lachten ausgelassen weiter, während Georgiana Frances dabei half, sich mit Mrs Gadforths Kajalstift einen schiefen Schnurrbart zu malen. Nachdem sie fertig war, nahm Frances einen ihrer Ringe ab und steckte ihn anstelle eines Eherings auf Georgianas Finger.

Sie setzten sich rittlings auf die Fußbank und bekundeten ihre tiefen ehelichen Gefühle füreinander (»Mr Gadforth, neben diesem Gemälde sind Sie ein wahres Kunstwerk!« »Oh, danke, Mrs Gadforth, und ich muss sagen, dass ich die nahezu pornografischen Bilder bewundere, die Sie auf dem hinteren Rasen in Auftrag gegeben haben.«) Und das war der Moment, in dem sie Lady Campbell entdeckte.

Georgiana erstarrte, als die Tür aufging, und war so beschämt, dass sie am liebsten auf der Stelle im Boden versunken wäre. Zu ihrer Überraschung schien Lady Campbell nicht wütend zu sein, sie wirkte vielmehr erschöpft.

»Wasch dein Gesicht und hol deinen Mantel, Frances«, sagte sie ruhig. »Dein Vater sagt, wir gehen.« Sie machte auf dem Absatz kehrt und entfernte sich ohne ein weiteres Wort.

Georgiana fühlte sich gedemütigt und drehte sich zu Frances um, in der Erwartung, auf ihrem Gesicht dasselbe Gefühl zu entdecken. Doch ganz im Gegenteil: Frances sah schlicht verärgert aus.

»Wie aufs Stichwort. Kaum hat man etwas Spaß, muss sie ihn sofort im Keim ersticken. Sie ist eine furchtbare Langweilerin.«

Sie entkleidete sich bis auf ihr Höschen und begann, ihre Sachen wieder anzuziehen, während Georgiana sich mit hochrotem Kopf Mrs Gadforths Rüschenkleid über den Kopf zog und es vorsichtig zurück in den Schrank hängte. Frances ließ Mr Gadforths Anzug auf dem Boden liegen, als hätte sie nichts mit ihm zu tun, und nahm ihren Ring an sich.

»Hoffentlich sehen wir uns beim nächsten Mal wieder.« Sie winkte Georgiana zum Abschied, dann drehte sie sich um und verließ den Raum. »Es war mir ein Vergnügen, Miss Ellers.«

Plötzlich allein, hob Georgiana den Stapel herausgerissener Kleidung auf und begann eilig, alles wieder an seinen Platz zu räumen. Sie brachte Mr Gadforths Anzug zurück und eilte dann die Treppe hinunter. Während sie sich fragte, was genau Frances mit »beim nächsten Mal« gemeint hatte, stieß sie mit den Burtons zusammen.

»Was in aller Welt hast du getrieben, Georgiana?«, rief Mrs Burton aus. »Warum bist du so rot? Bist du gestürzt? Bist du krank?«

»Keineswegs, mir geht es gut«, sagte Georgiana, während sie den Handrücken auf ihre Wange legte und feststellte, dass sie sich heiß anfühlte.

»Nun, dann komm«, sagte Mrs Burton und musterte sie mit größtem Misstrauen. »Dein Onkel hat eine schlechte Weintraube gegessen und fühlt sich gar nicht gut. Wir gehen nach Hause.«

Kapitel zwei

Im Haus der Burtons gab es weder viele Zimmer, noch waren sie sonderlich hübsch eingerichtet, aber dieses Manko wurde in Georgianas Augen durch eine gut ausgestattete und gemütliche Bibliothek ausgeglichen, die nach Westen ausgerichtet war und von der letzten Abendsonne profitierte. Das Haus wirkte allgemein etwas verwohnt, wogegen Mrs Burton ständig anzukämpfen schien – sich wölbende Tapeten, Kratzer in den Möbeln, die sich nicht wegpolieren ließen –, und obwohl dies auch auf die Bibliothek zutraf, fand Georgiana nicht, dass es dem Raum schadete. Sie hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, sich jeden Abend nach dem Essen dorthin zurückzuziehen und stundenlang im rissigen Ledersessel ihres Onkels zu lesen, und obwohl Mrs Burton sie häufig aufforderte, mit ihr im Salon so schreckliche Dinge zu tun wie fette kleine Kätzchen auf Kissen zu sticken, ließ man sie im Allgemeinen in Ruhe.

Bei ihrer Ankunft hatte sie versucht, ihren Onkel zu seiner Bibliothek auszufragen, aber er schien sie zugunsten endloser Zeitungen, hinter denen er sich zu verschanzen pflegte, völlig aufgegeben zu haben. Er hatte ziemlich unbefriedigend geantwortet: »Ah, ja. Bücher.« Vor seiner Frühpensionierung war Mr Burton Anwalt gewesen, und Georgiana fragte sich oft, ob er während seines Berufslebens den Wortschatz eines ganzen Lebens aufgebraucht hatte, sodass ihm für seinen Lebensabend nur noch sehr wenige Worte übrig geblieben waren.

Also erkundete sie den Inhalt der Bibliothek auf eigene Faust.

Zu Hause hatte sie ihre persönliche, sorgfältig kuratierte Büchersammlung, aber sie konnte mit den Regalen, die fast jede Wand im Rest des Hauses säumten, und dem Arbeitszimmer, in dem sich die Bibliothek ihres Vaters befand, nicht mithalten. Ihr Vater hatte ein ziemlich bedeutendes Internat geleitet, und sie hatten auf dem Internatsgelände gewohnt. Wenn Georgiana also jemals in ihren eigenen Regalen etwas vermisst hatte, musste sie ihm nur eine Liste vorlegen, und er kehrte mit einem Bücherstapel aus der Schulbibliothek zurück. Ihre Eltern waren selbst begeisterte Leser und saßen oft noch lange nach dem Essen am Tisch, um über literarische Stile oder die Vorliebe eines bestimmten Autors für Bindestriche oder Schachtelsätze zu diskutieren. Georgiana war jedoch nicht befugt, ihre Bücher ohne ausdrückliche Erlaubnis auszuleihen. Das war auf einen speziellen Vorfall zurückzuführen, bei dem sie mit ihren tintenverschmierten Händen Fingerabdrücke in einer unbezahlbaren Erstausgabe hinterlassen hatte, was man ihr nie ganz verziehen hatte. Dabei war sie damals erst vier Jahre alt gewesen.

Es schmerzte Georgiana, jetzt an all das zu denken: das Haus, das Arbeitszimmer, die Bücher. Ihr Zuhause war fort, und ihre Eltern diskutierten wahrscheinlich ohne sie über Zeichensetzung, während sie die frische, kinderfreie Luft an der Küste genossen.

Kurz nachdem die Gespräche über den Umzug ernsthafte Züge angenommen hatten, beschloss Georgiana, sich auf keinen Fall selbst zu bemitleiden oder sich den Gedanken zu gestatten, sie sei verlassen, abgeschoben oder zurückgelassen worden. Ihre Eltern waren immer überaus pragmatisch gewesen, und ihre Mutter litt schon so lange regelmäßig unter Kopfschmerzen, dass eine drastische Veränderung der nächste logische Schritt war. Jeder vernünftige Mensch konnte nachvollziehen, warum sie ihre erwachsene Tochter nicht mitnehmen wollten, als sie einen neuen Lebensabschnitt begannen. Ihr Vater sollte eine neue Stelle antreten, und die von der neuen Schule zur Verfügung gestellte Unterkunft war kaum geeignet, Georgiana und die Bücher ihres Vaters aufzunehmen.

Georgiana hatte nur ein einziges Mal geweint, als sie die Dokumente unterzeichnet hatten, mit denen das Haus und ihr ganzes bisheriges Leben an den neuen Schulmeister übergeben wurden – einen Mann mit einer lächelnden Frau und drei glücklichen, pummeligen Kindern. Anschließend hatte sie sich vorgenommen, nie wieder zu weinen. In den dunklen Tiefen ihres Geistes stellte sie sich vor, wie sie sich vor ihre Füße warf und sie anflehte, sie aufzunehmen und zu ihrem vierten Kind zu machen. Sie würde ihnen anbieten, sich im Arbeitszimmer ihres Vaters einzuschließen, sich die Mahlzeiten durch die Tür reichen zu lassen und ansonsten das Leben eines traurigen, literarischen Gespensts zu führen. In Wirklichkeit war ihr durchaus bewusst, dass sie kein Kind mehr war; sie hatte großes Glück, dass ihre Tante und ihr Onkel gewillt waren, sie bei sich aufzunehmen. Zumal ihre mangelnden Heiratsaussichten bislang darauf hindeuteten, dass sie eine sehr schlechte Investition war. Beim Abschied von ihren Eltern hatte sie sich zusammengerissen, und ihre Wangen waren trocken geblieben. Doch in ihrem Inneren hatte sie gespürt, wie etwas schmerzhaft und für immer abstarb.

Ihr Vater wollte ihr schreiben, sobald sie sich eingelebt hatten, aber sie waren weit weg, und es gab vieles zu regeln, sodass Georgiana noch keine Nachrichten erhalten hatte. Mrs Burton hatte das Thema ein paarmal angesprochen, aber mit ungewöhnlich viel Taktgefühl davon abgelassen, als sie merkte, dass es nicht gut ankam. Georgiana wusste, dass ihre Tante über die eher laxen Erziehungsmethoden ihrer Schwester ziemlich empört war. Zu Hause war sie stets als Gleichberechtigte behandelt worden, eine Miniaturerwachsene, selbst in ihrer Kindheit. Mrs Burton hingegen – für die die Rolle des Vormunds neu war und die keine eigenen Kinder hatte – wollte ständig, dass Georgiana Kuchen backte oder sich um ihr Haar kümmerte, und wies sie zudem lautstark für das Vergehen zurecht, »zu lange aufzubleiben« und »zu zügig zu gehen«.

Leider war das Ausbleiben von Nachrichten ihrer Eltern ziemlich vorherrschend in Georgianas Gedanken, da es nicht viel anderes gab, worüber sie nachdenken konnte. Ihre wenigen Freundinnen von zu Hause hatten ihr ebenfalls nicht geschrieben, vermutlich waren sie selbst in der Sommerfrische oder hatten Georgiana bereits vergessen, nachdem sie nun nicht mehr bei jeder Dinnerparty und jedem Kartenspiel vor ihnen saß. Ihre Eltern hatten oft Kollegen zu lebhaften Debattierabenden eingeladen, und deren Kinder waren Georgianas ständige Begleiter gewesen. Es waren ruhige, belesene Individuen, alle von ähnlich ernstem Gemüt. Einige von ihnen waren mit einer gewissen Eloquenz gesegnet, doch die wurde meist an ausufernde, bösartige Debatten über bestimmte Teilbereiche der römischen Geschichte verschwendet. Manche nutzten sie auch dazu, sich während langer Schachpartien gegenseitig abzulenken und sich zu unverzeihlichen Fehlern zu verführen. Bei einer besonders denkwürdigen Gelegenheit hatte ein Junge während eines Gesprächs einen Infinitiv grob getrennt, und sie hatten eine Woche lang über nichts anderes gesprochen.

Doch sie kannte diese Menschen seit ihrer Kindheit, und ihr Schweigen verletzte sie. Wenn Georgiana sich nicht gerade ausgeklügelte biblische Strafen für sie ausdachte, weil sie sie ignorierten, bestand ihre einzige Beschäftigung darin, ein Übermaß an Brot zu essen, bei schönem Wetter durch die nahe gelegenen Gassen und Wälder zu spazieren und sich nach ihrer Rückkehr mit einer zerlesenen Ausgabe von Robinson Crusoe oder einem Gruselroman von Mrs Radcliffe in die Bibliothek zurückzuziehen.

Obwohl ihr die Bücher Trost spendeten und sie ablenkten, stieß Georgianas bis dahin unendliche Freude am geschriebenen Wort bald an eine Grenze. Nach stundenlangem Lesen legte sie ein Buch beiseite, sah sich nach einer anderen Quelle der Unterhaltung um und nahm es dann seufzend wieder zur Hand, denn es war weit und breit keine anregendere Gesellschaft zu finden. Die Burtons ließen nicht zu, dass sie auf der Suche nach Anregung allein richtige Ausflüge unternahm. Das Haus lag so weit draußen am Stadtrand, dass die Kutschfahrt in die Stadt zwanzig Minuten dauerte, und sie selbst hatten selten das Bedürfnis, dorthin zu fahren.

Sie begnügten sich größtenteils damit, im Haus und im Garten herumzusitzen und Georgiana dabei zuzusehen, wie sie allmählich verrückt wurde.

~~~

Ein paar Tage nach dem Fest der Gadforths empfing Georgiana zusammen mit ihrer Tante eine Besucherin in dem überladenen weizengelben Salon auf der Vorderseite des Hauses. Ihre unmittelbare Nachbarin Mrs Clenaghan, die in einem fast identischen Haus nur ein paar Hundert Meter die Straße hinunter wohnte, war älter, schlecht gelaunt und neigte dazu, wegen Nichtigkeiten zornig zu werden. Sie war zwar nicht gerade die Gesellschaft, die Georgiana sich wünschte, doch wegen ihrer direkten Art und da sie eine unerschöpfliche Quelle an örtlichem Klatsch und Tratsch war, schien ihre Gesellschaft gerade noch erträglich – manchmal sogar leicht amüsant. Die meisten unglücklichen Opfer ihrer Geschichten waren Freunde und Bekannte der Burtons, die Georgiana nicht interessierten. So vertrieb sie sich eine Weile die Zeit, indem sie mit den Fingern über die ausgefransten Polster ihres Sessels fuhr und die Haare in Mrs Clenaghans Damenbart zählte – doch sie waren gerade dabei, Tee zu trinken, als sie den Namen »Campbell« hörte und sogleich aufhorchte.

»Die jüngste Tochter macht ihnen eine Menge Ärger, heißt es. Ein flatterhaftes, unruhiges Ding. Sie neigt zur Hysterie. Eine anständige Ohrfeige sollte sie davon kurieren, aber es heißt, die Ohrfeige sei so ziemlich aus der Mode gekommen. Letzten Sommer hat Mr Grange – Sie kennen Mr Grange, er hat diesen Kropf und nur zwei Paar Stiefel – nun, er hat behauptet, er habe sie unten in seiner alten Mühle mit einigen dieser schrecklichen Typen gesehen, mit denen sie sich herumtreibt, und sie seien«, hier lehnte sie sich vor, als hätte sie Angst, in dem ansonsten leeren Raum belauscht zu werden, »halb nackt gewesen.«

Mrs Burton schien entsetzt. Georgiana stellte sich Frances sogleich entblößt vor und errötete bis zu den Ohrenspitzen.

»Ja, da dürfen Sie ruhig erröten, Liebes«, sagte Mrs Clenaghan äußerst zufrieden. »Die Campbells sind eine besonders alte, äußerst bedeutende Familie. Lord Campbell ist Militärangehöriger und von ausgezeichneter Herkunft. Ich glaube, er hatte häufig geschäftlich in Westindien zu tun, und von einer dieser Reisen kehrte er mit Lady Campbell zurück. Nun, ich sage Ihnen ganz offen, dass das damals für einiges Aufsehen gesorgt hat. In seinen Kreisen hat man sich inzwischen an sie gewöhnt, aber seine eigene Familie hätte ihm den Geldhahn zugedreht, wenn er nicht schon geerbt hätte. Meiner Meinung nach war das zu viel Geld für eine Familie – ich persönlich würde mich schämen, so viel Vermögen zu besitzen. Das Haus, Longview, ist großartig. Es gibt in der ganzen Grafschaft kein schöneres – und ich habe mir gelegentlich sagen lassen, dass ich mit Lob nicht gerade großzügig sei. Ich habe nie viel von Lady Campbell gehalten und anders als andere den Schock ihretwegen nie ganz überwunden, aber offenbar haben sie die extravagantesten Gesellschaften und Abendessen gegeben. Ich halte Gesellschaften für ziemlich vulgär und bin glücklicherweise nie eingeladen worden, jedenfalls scheinen sie in letzter Zeit nicht mehr so viele zu geben. Ihre ältere Tochter, Eleanor, wurde vor etwa fünf Jahren verheiratet und soll nach allem, was man hört, eine sehr angenehme Person sein. Frances Campbell muss in Ihrem Alter sein, Miss Ellers, vielleicht ein oder zwei Jahre älter – es ist eine Schande, dass sie sie so zu ruinieren scheint.«

»Ein lebendigerer Geist als der Ihre, Mrs Clenaghan, muss nicht zwangsläufig den Ruin bedeuten«, sagte Georgiana etwas schärfer als beabsichtigt, woraufhin Mrs Burton ihr einen vorwurfsvollen Blick zuwarf.

»Ach?« Mrs Clenaghan sah Georgiana aus schmalen Augen an und lehnte sich in Mrs Burtons bestem Sessel vor, ganz offensichtlich vergnügte sie sich großartig. »Ist sie etwa Ihre Freundin, Miss Ellers?«

»Georgiana und Miss Campbell haben sich erst letzte Woche auf einem Fest kennengelernt«, warf Mrs Burton hastig ein. »Man kann sie wohl kaum als Freundinnen bezeichnen – und außerdem bin ich mir sicher, wenn Georgiana von irgendeiner Ungehörigkeit von Miss Campbell erführe, wäre sie so vernünftig, den Kontakt abzubrechen – mit Anstand natürlich, aber zügig.«

Georgiana dachte schuldbewusst an Cognac und Rüschenkleider und an Frances’ kecken, mit Kajalstift gemalten Schnurrbart.

»Am besten halten Sie sich von ihr fern, Miss Ellers. In der Stadt gibt es viele gut vernetzte Damen, deren Gesellschaft Sie sicher genießen würden. Ich kenne da eine Gruppe, die sich jeden Samstag zu Tee und Kartenspiel trifft. Und das«, fügte Mrs Clenaghan hinzu und hob ihre dichten Augenbrauen, »mit Kleidern.«

Georgiana fand, dass ein wenig Nacktheit die Art von Kartenspiel, das irgendwelche Freundinnen von Mrs Clenaghan veranstalteten, durchaus etwas auflockern könnte, doch anstelle einer Antwort setzte sie nur ein angespanntes Lächeln auf.

Die Wahrheit war, dass sie sämtliche Teegesellschaften Englands gegen einen weiteren Moment in Frances’ Gesellschaft eingetauscht hätte. In ruhigen Stunden war Georgiana ihr Treffen immer wieder durchgegangen. Sie hatte sogar begonnen, weitere Gespräche zu erfinden und sich künftige Treffen auszumalen, bei denen Georgiana Frances mit ihrem Witz und ihrem Charme beeindruckte, woraufhin eine lebenslange Freundschaft entstünde, der Beginn von vielen Abenteuern, die sie gemeinsam erleben würden. Frances würde ihr wahrscheinlich Zutritt zu allen möglichen glamourösen Festen und bezaubernden Ausflügen verschaffen, aber was noch wichtiger war, sie wäre Georgianas Komplizin. Ihre Vertraute. Ihr Kapitän.

In ihren Tagträumen war Georgiana sogar so weit gegangen, sich einen gut aussehenden Bruder vorzustellen, einen künftigen Lord Campbell mit Humor und angenehmen Gesichtszügen, den sie heiraten könnte, um auf Dauer mit Frances in schwesterlicher Liebe verbunden zu sein. Sie würden alle zusammen über die nahe gelegenen windgepeitschten Moore reiten. Er würde ihr aus der Kutsche helfen, wobei seine Hand einen Moment länger als nötig auf der ihren verweilen würde. Sobald sie verheiratet wären, würden sie nicht mit ihrem Reichtum prahlen, sondern lange Aufenthalte in fernen Ländern vorziehen und sich auf zwei oder vielleicht drei Häuser außerhalb der Stadt beschränken.

Ihr neu erworbenes Wissen, dass Frances nur eine ältere Schwester hatte, die bereits verheiratet war, versetzte diesem Traum einen Dämpfer, konnte ihn aber nicht ganz auslöschen. Vielleicht gab es ja einen flotten Cousin? Einen Freund aus Kindertagen, der aus einem schrecklichen Krieg zurückgekehrt war? Sie würde sich sogar mit einem jungen Onkel zufriedengeben, solange er wohlgeformte Arme und noch einen Großteil seiner Haare besaß.

Das Gespräch im Salon hatte sich auf die Reparaturen an einer nahe gelegenen Brücke verlagert, sodass Georgiana es erneut ausblendete, da sie weder Brückeningenieurin noch eine Langweilerin war. Die wirkliche Herausforderung bestand nun darin, Frances wieder zu begegnen, wo die Burtons sich doch am liebsten in eine ruhige Ecke setzten und um halb zehn ins Bett gingen. Mrs Burton hatte Georgiana versichert, dass der Sommer eine Fülle von Ausflügen mit sich bringen würde, aber was sie bisher von dem gesellschaftlichen Kalender der Burtons gesehen hatte, gab ihr nicht viel Grund zur Hoffnung. Georgiana wusste nicht, wie sie ihre Verbindung wieder aufleben lassen konnte, es sei denn, sie schrieb Frances einen Brief. Aber was konnte sie schon schreiben, wenn sie zum Stift griff?

Liebe Miss Campbell,

ich habe unser trunkenes Verkleidungsspiel neulich sehr genossen und hoffe, es zu einer regelmäßigen Angelegenheit zu machen.

Hochachtungsvoll,

Georgiana Ellers

Das ging wohl kaum.

Nachdem der Tee getrunken war – Georgiana meinte, Mrs Clenaghans Tasse müsse verzaubert sein und sich stets aufs Neue füllen, so lange dauerte es, bis sie den Boden der Tasse erreicht hatte – und ihre Besucherin gegangen war, warf Mrs Burton ihrer Nichte einen vorwurfsvollen Blick zu.

»Denk ja nicht, ich hätte dich und Miss Campbell nicht beobachtet, Georgiana. Was um alles in der Welt habt ihr da oben getrieben?«

»Ach Tante, wir haben tiefgehende Gespräche geführt. Gespräche … kultureller Art.«

»Gespräche kultureller Art? Über welche Kultur, wenn ich fragen darf, habt ihr gesprochen?«

»Die Trinkkultur«, antwortete Georgiana mit großen Augen und ohne eine Miene zu verziehen. »Sie ist eine Geißel unserer Gesellschaft, wissen Sie. Menschen fallen in der Straße um – Verlobungen werden gelöst, Leben ruiniert. Ich habe gehört, dass die Themse zu fast siebzig Prozent aus Gin besteht.«

»Oh, Georgiana, das ist doch Unsinn«, schnaubte Mrs Burton und zögerte dann. »Oder?«

»Es wird untersucht«, sagte Georgiana vage.

Mrs Burton seufzte. »Ich weiß, dass du es hier manchmal ein wenig eintönig findest, aber ich bin sicher, dass es mehr Bälle und Abendgesellschaften geben wird. Du musst ein wenig Geduld haben. Es wird sich reichlich passende Gesellschaft finden – Ladys und Gentlemen –, die anders als Miss Campbell keinen Anlass für Klatsch und Tratsch bieten. Nimm dich vor ihr in Acht, Georgiana. Sie ist von unermesslich hohem Stand, das ist wahr, aber das bedeutet nur, dass sie umso tiefer fallen kann.«

»Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte Georgiana knapp. »Ich werde mich vor schamlosem Verhalten und Nacktheit hüten, wenn die Gadforths ihre nächste Gesellschaft geben, um die Anschaffung neuer Tischdecken zu feiern.«

»Georgiana, du hast keinen Grund, unhöflich zu werden. Ich habe nur gesagt, was ich denke«, erwiderte Mrs Burton und lächelte angespannt in dem Bemühen, die gute Stimmung wiederherzustellen. »Ich hole jetzt meine Stickerei, und du kannst endlich mit deiner anfangen. Ich habe ein reizendes Muster mit ein paar sehr hübschen Putten, das dir sicher gefallen wird.«

Den Rest des Nachmittags verbrachten sie schweigend. Mrs Burton hielt es wahrscheinlich für friedlich und liebenswürdig und ahnte nicht, dass Georgiana sich vorstellte, ihr die Sticknadel durchs Auge und ins Gehirn zu bohren, sobald sie die schrecklichen, lüsternen kleinen Engel gesehen hatte, die sie mit Garn verewigen sollte. Sie beneidete Mr Burton, dem es oft gelang, Mrs Burtons Launen zu entgehen, indem er viele Spaziergänge »zum Wohle der Gesundheit« unternahm. Jeden Morgen und jeden Abend hatte er eine feste Verabredung mit der frischen Luft, und wenn seine Frau besonders gesprächiger oder anstrengender Stimmung war, unternahm er deutlich mehr Ausflüge, wobei ihm manchmal spontan neue Routen einfielen, wenn sie mitten im Satz war. Von seinem letzten Ausflug – von dem Georgiana annahm, dass er sehr dringlich geworden war, als er von Mrs Clenaghans bevorstehender Ankunft gehört hatte – kehrte er gerade rechtzeitig zum Abendessen zurück.

»Es ist so schade, dass Sie sie verpasst haben, Mr Burton.«

»Die Middletons haben Sonnenblumen gepflanzt«, antwortete er, ohne weiter auf sie einzugehen. Sie schien es nicht zu bemerken.

»Sonnenblumen! Nun, ich hoffe, sie halten sie im Zaum. GarstigeDinger – wenn sie zu groß werden, erinnern sie mich an Voyeure, die einen beim Vorbeigehen über die Mauer hinweg anstarren.«

Georgiana versuchte, diese Bemerkung beiseitezuschieben und in Ruhe weiterzuessen, aber es gelang ihr nicht. Sie legte Messer und Gabel weg.

»Ist die Sonnenblume Ihrer Meinung nach die unzüchtigste Blume, Mr Burton?«

Mr Burton verschluckte sich an seinem Bier und brauchte eine ganze Weile, um sich zu erholen. Georgiana sah ihn weiterhin erwartungsvoll an.

»Ah … ich denke schon«, antwortete er schließlich.

»Ich finde viele Blumen ziemlich aggressiv«, sagte Mrs Burton mit einem Schaudern. »Sie haben etwas äußerst Vulgäres an sich.«

»Ich bin ganz Ihrer Meinung«, bemerkte Georgiana beiläufig, nahm ihr Besteck wieder auf und aß ihr Hähnchen. »Man sollte sie verbieten.«

»Verbieten?«, fragte Mr Burton entsetzt. »Blumen verbieten? Die Krönung der Natur verbieten?«

Georgiana tat so, als ob sie sehr angestrengt über die Angelegenheit nachdächte.

»Nun, wenn nicht verbieten, dann zurechtstutzen. Sie in angemessenere Formen bringen.«

»Ja, ich glaube, das wäre gut«, sagte Mrs Burton zustimmend, während ihr Mann sie entgeistert ansah.

»Ich habe einmal eine Blume gesehen, die sah genauso aus wie bei einem Gentleman der …«

»Georgiana!«, rief ihre Tante aus.

»… Zylinder, Mrs Burton. Ehrlich! Manchmal weiß ich nicht, was Ihnen durch den Kopf geht.«

Sie setzten ihr Essen in eisigem Schweigen fort.

~~~

Zum Glück für die Burtons wurde Georgiana bald von ihren Versuchen abgelenkt, sie am Esstisch zu quälen. Wenige Tage später saß sie allein mit einem Buch im Esszimmer, atmete den Geruch von Holzpolitur ein und beobachtete, wie Staubpartikel durch das Sonnenlicht tanzten, als Mrs Burton triumphierend hereinkam und einen Brief über ihrem Kopf schwang.

»Von Mutter? Oder Vater?«, fragte Georgiana. Sofort hellte sich ihre Stimmung auf, und sie sprang aus dem Sessel.

»O nein, Liebes, das tut mir leid, aber sie werden sicher schreiben, sobald es ihre Situation zulässt.«

Georgiana setzte sich wieder, ihr war schwer ums Herz. Natürlich war sie kein verarmtes Waisenkind – sie bettelte nicht auf der Straße um Münzen oder kämpfte auf der London Bridge gegen einen unterernährten Bären, um sich eine spärliche Mahlzeit zu verdienen –, aber sie hätte gern ein Zeichen bekommen, dass ihre Eltern sich noch daran erinnerten, eine Tochter zu haben. Außerdem war sie in der langweiligsten Grafschaft Englands zurückgelassen worden; vielleicht wäre es eine interessante Abwechslung, sich mit einem Bären anzulegen.

Mrs Burton kam an den Tisch und legte Georgiana den Brief hin, der ihre Nichte mit so viel Hoffnung erfüllt hatte. Georgiana nahm ihn und stellte fest, dass das Papier von überraschend edler Qualität war.

»Es ist eine Einladung«, sagte sie und versuchte, sie so schnell wie möglich zu lesen. »Zu einem Ball – wer sind die Woodleys?«

»Eine wirklich großartige Familie! Sie haben eine Tochter in deinem Alter. Ich hatte noch nicht das Vergnügen, sie persönlich kennenzulernen, aber ich habe die Nachricht gestreut, dass wir eine junge Dame zu Gast haben, die Gesellschaft braucht, und das müssen sie erfahren haben!« Mrs Burton schien etwas in den Sinn zu kommen, und sie rang in plötzlicher Verzweiflung die Hände. »Oh, aber wir brauchen neue Kleider – und ich muss mich um Mr Burtons Schuhe kümmern. Wir waren noch nie bei einer solchen Veranstaltung! Ihr Haus ist riesig, und sie haben einen weitläufigen Rosengarten.«

Georgiana spürte Nervosität in sich aufsteigen, die jedoch gegen angenehmere Gefühle wie Hoffnung, Freude und Aufregung verblasste. Ein großes Haus und ein weitläufiger Rosengarten klangen nach genau dem Ort, an dem man das Glück haben konnte, auf eine flatterhafte, verdorbene Miss Frances Campbell zu stoßen.

Kapitel drei

Mrs Burton, berüchtigt für ihre Fähigkeit, sich über fast alles aufzuregen, war wundervoll, wenn sie wirklich Grund dazu hatte. Sogleich wurde neuer Stoff für Kleider bestellt – schlichter elfenbeinfarbener Musselin, obwohl Mrs Burton ausdrücklich darauf hinwies, dass er mit ein wenig Spitze aufgewertet werden könnte. Für die Haare wurden neue Bänder geschnitten, und am Abend des Balls sah Georgiana sogar, wie Mr Burton, die Zeitung in der Hand, ganz still dastand und seiner Frau erlaubte, seinen Schnurrbart mit einer Nähschere zu stutzen.

Ihre Tante plapperte unentwegt auf der Fahrt in der klapprigen Kutsche, und Georgiana verspürte den plötzlichen Drang, die Tür der Kutsche aufzureißen und sich anmutig in die Hecken fallen zu lassen, nur um ihr zu entkommen. Zum Glück hatte sich Mrs Burton bei ihrer Ankunft bereits müde geredet, und so fuhren sie in ehrfürchtigem Schweigen die große Auffahrt zu dem größten Haus hinauf, das Georgiana je aus der Nähe gesehen hatte. Mr Burton, der noch halb schlief, schien unbeeindruckt.

Nervöse Aufregung durchströmte sie, als sie die belebte Eingangshalle betrat und versuchte, kaum merklich den Kopf zu drehen, damit nicht zu sehr auffiel, dass sie alles in sich aufnehmen wollte. Allein dieser Raum war so groß, dass die Leistung, ihn mit Gästen zu füllen, einem Wunder gleichkam. Mindestens fünfzig Leute lachten höflich, fächelten sich Luft zu, stießen mit ihren Gläsern an und riefen über die Menge hinweg fröhlich nach ihren Freunden. Ein riesiger Wandteppich, der eine biblisch anmutende Schlacht darstellte, hing über der geschwungenen Treppe, an deren oberem Ende das Familienwappen prangte, und über ihren Köpfen befand sich ein Kronleuchter, der unter der Last des Kristalls geradezu zu ächzen schien.

Georgiana fragte sich, ob die Besitzer des Hauses vielleicht ärmere Verwandte Gottes waren.

Mr und Mrs Burton waren hinter ihr im Eingangsbereich mit irgendetwas beschäftigt – wahrscheinlich mit dem Zählen der Rosensträucher –, und Georgiana nutzte die Gelegenheit, um sich von ihnen zu entfernen und in der anmutigen Menge zu verschwinden, wobei sie unterwegs ein Getränk entgegennahm. Dies war in der Tat anders als die Enthüllung eines Gemäldes bei den Gadforths. Die Kleider waren aus raschelnder Seide und hatten edle Bordüren. Der Champagner floss in Strömen, und die Herren waren gepflegt und standen in ordentlich gestärktem Leinen aufrecht da.

Georgiana hatte drei Stunden gebraucht, um sich anzuziehen und für den Abend vorzubereiten. Das Dienstmädchen Emmeline hatte mit äußerster Sorgfalt darauf geachtet, dass jede Locke genau an ihrem Platz saß, jede Schleife gebunden war. Sie lächelte Georgiana schüchtern im Spiegel an, als sie fertig war. Georgiana fand ihr eigenes Spiegelbild nicht besonders inspirierend – sie wusste, dass ihr Haar einen langweiligen Braunton hatte und ihr blasses Gesicht von Sommersprossen verunstaltet war, aber sie hatte sich Mühe gegeben und fand, dass sie hübscher aussah als je zuvor.

Trotz der sorgfältigen Vorbereitung war das Haus der Woodleys derart einschüchternd, dass Georgiana das Gefühl hatte, sie hätte genauso gut ein Gewand aus Geschirrtüchern tragen können. Immer wieder zupfte sie an ihrem Kleid und glättete ihr Haar, während sie sich einen Weg durch das Gedränge bahnte, womit sie wahrscheinlich das Gegenteil von dem bewirkte, was sie beabsichtigte, und sie sich noch mehr in Unordnung brachte. In Wirklichkeit schenkte ihr niemand einen zweiten – oder gar ersten – Blick, dennoch hatte sie das Gefühl, dass alle sie begutachteten und für mangelhaft befanden. Jeden Moment könnte sie jemand entdecken, »Oh, guter Gott – ein armes kleines Streichholzmädchen!« rufen, und ihr mitfühlend ein paar Münzen vor die Füße werfen.

Georgiana ging einen langen Flur mit imposanten Ölgemälden und Marmorbüsten entlang, deren Gesichter aussahen, als litten sie unter Verstopfung, bis sie den Hauptballsaal erreichte. Sorgsam wich sie Tänzern und Feiernden aus, während sie sich am Rand hielt. In diesem einen Raum befanden sich mehr schöne junge Männer und Frauen, als sie je in ihrem Leben gesehen hatte, und sie schienen im Kerzenlicht zu leuchten. Man konnte sie nur schwer einzeln wahrnehmen, denn sie verschwammen zu einer Menge eleganter Hände, die behandschuhte Handgelenke berührten, polierter Absätze, die über den Marmorboden klackerten, und wohlerzogener Münder, die sich senkten, um in gerötete zierliche Ohren zu flüstern.

Jeder hier schien auf irgendeine Weise von Bedeutung zu sein. Keiner von ihnen sah aus, als hätte er sich in seinem ganzen Leben jemals mehr als zehn Sekunden gelangweilt. Georgiana fühlte sich wie eine Verhungernde, die über ein Festmahl gestolpert war.

Einige Leute nickten ihr im Vorbeigehen höflich zu. Sie erwiderte die Geste schüchtern und dachte, dass sie bald gezwungen sein könnte, eine Schleife zu drehen und sich wieder den Burtons anzuschließen, doch plötzlich entdeckte sie Frances. Sie stand in der Nähe der offenen Terrassentüren im Schein eines Kandelabers und sah noch prächtiger aus als beim letzten Mal, als Georgiana ihr begegnet war. Damals war sie in dem dunklen tristen Flur der Gadforths verkümmert, jetzt war sie ganz in ihrem Element, strahlte in hellen Grün- und Goldtönen und schwang ein Weinglas in der Hand.

Sie war in ein lebhaftes Gespräch mit einer Gruppe junger Männer und Frauen verwickelt, die so prächtig und gut gekleidet waren, dass Georgiana viel zu schüchtern war, sich ihnen zu nähern, geschweige denn sie anzusprechen, weil sie sich von ihr beleidigt fühlen und sie von oben herab behandeln könnten.

Georgiana wollte sich abwenden und eine weitere Runde durch den Raum drehen, um Mut zu sammeln, bevor sie sich ihnen erneut näherte – doch dann hörte sie Frances ihren Namen rufen. Sie hatte kaum die Stimme erhoben, aber irgendwie drangen die vier Silben durch den Lärm der Menge und die Musik zu ihren Ohren durch, wie ein Pfiff zu einem Hund.

Aufgeregt machte sich Georgiana auf den Weg zu der Gruppe.

»Sieh an, wer da ist«, sagte Frances und schien ehrlich erfreut zu sein. »Meine einstmalige Ehefrau!«

Georgiana wurde der Reihe nach jedem der Anwesenden vorgestellt. Miss Cecily Dugray war groß, blass und außerordentlich hübsch, mit hyazinthblauen Augen und wunderbar vollen Lippen; sie erinnerte an einen goldenen Palomino. Miss Jane Woodley, deren Familienfeier sie beiwohnten, war klein, dunkler und schlichter. Ihre Statur wirkte leicht gedrungen, und sie war mit kräftigeren Strichen gezeichnet als Miss Dugray. Etwas verhalten gab sie Georgiana flüchtig die Hand.

Von den beiden anwesenden Herren begrüßte einer – ein Mr Jonathan Smith – sie überschwänglich und strich sich das rotblonde Haar zurück, das ihm in die lächelnden Augen gefallen war, während er sich vorbeugte, um Georgiana die Hand zu küssen. Der andere, Mr Christopher Crawley, der einen gut gewachsten Schnurrbart trug und ziemlich auffällig in Scharlachrot gekleidet war, zwinkerte ihr schelmisch zu, sodass sie fast vergaß, einen Knicks zu machen. Sie erinnerte sich sofort an die Beschreibung eines Piraten, die sie gelesen hatte, und fühlte sich ein wenig unbehaglich, als ob er ihr jeden Moment einen Degen vorhalten und sie ihrer Haarnadeln berauben würde.

Bislang schien keiner von ihnen auch nur im Geringsten geneigt zu sein, sie zu schmähen.

Sie nahmen sogleich ihr Gespräch wieder auf, und Georgiana hörte zufrieden zu, erfreut über die erstklassige Gesellschaft und dass man sie in den Kreis einbezog. Zudem war sie ziemlich besorgt, dass sie, wenn sie den Mund öffnete, etwas außerordentlich Dummes über das Wetter oder den Lebenszyklus eines Frosches sagen könnte.

»Nein, ich sage euch, wenn Mr Weatherby mich am Sonntag noch einmal misstrauisch anschaut, werde ich ihn öffentlich als Perversen bezeichnen und der Gemeinde erklären, dass er während des Gottesdienstes versucht hat, einen Blick auf meine Knöchel zu erhaschen, als ich mich hingekniet habe«, sagte Frances zur allgemeinen Erheiterung. »Ehrlich gesagt, ist es kein Wunder, dass ich kaum noch in die Kirche gehe – das genügt, um eine Frau in die liebenden Arme des Teufels zu treiben. Wenn er mich ansieht, während er von Familie und Pflichten predigt, weiß ich, was er sich vorstellt – mich als seine Frau, dick um die Mitte, mit einem Stall voller Kinder, die einmal im Jahr einzig zum Zweck der Fortpflanzung die Beine spreizt und die ganze Zeit eifrig an Gott denkt.«

Georgiana verschluckte sich an ihrem Getränk und nahm mit stillem Dank das Taschentuch mit Monogramm an, das Mr Crawley ihr galant anbot.

»Nun, wenn nicht der ehrwürdige Pfarrer, wer darf dann frei auf diese Knöchel blicken, Franny?«, fragte Mr Smith mit einer Vertrautheit, die Georgiana sofort den Eindruck vermittelte, dass er selbst gern die fraglichen Gliedmaßen sehen würde. »Ich habe eine Menge Gerüchte gehört, aber ich befrage gern die Quelle selbst.«

»Dazu darf ich nichts sagen«, entgegnete Frances, nippte an ihrem Getränk und warf den anderen Damen ein Lächeln zu. Georgiana wünschte, sie wüsste, was Frances damit bezwecken wollte, damit sie sich Miss Dugray anschließen konnte, die ihr im Gegenzug ein wissendes Lächeln schenkte. Miss Woodleys einzige Antwort war ein kaum hörbares Schniefen.

»Wer ist der glückliche Mann?«, fragte Mr Crawley. »Oh, Frances, sag mir nicht, dass es dieser aufgeblasene arrogante Dandy ist – der einzigartige Mr Russell?«

»Du bist genauso aufgeblasen wie er, Christopher, und das weißt du«, erwiderte Frances. »Und du trägst Samt im Juni, verdammt noch mal. Ein wenig Selbsterkenntnis würde dir nicht schaden.«

»Nun, ja – aber ich besitze die Würde und den Anstand, meine vielen Vorzüge und meine wenigen Schwächen zu kennen und zu akzeptieren«, sagte Mr Crawley, der nicht im Geringsten beleidigt zu sein schien. »Er tut so, als hätte er keine Ahnung von seinen wenigen, unerklärlichen Reizen – zusammen etwa zwanzigtausend im Jahr –, und macht jedes Mal ein erstauntes Gesicht, wenn sich eine Mutter mit einer Schar Töchter im Schlepptau nähert, die praktisch in Ohnmacht fallen. So ist er schon seit Eton. Und außerdem«, fügte er süffisant hinzu, als sei er im Besitz einer pikanten Information, »war er mit Kitty Fathering im Bett.«

Die Damen schnappten unisono nach Luft. Georgiana spürte, wie sich ihre Augen weiteten, und bemühte sich, sie wieder auf eine angemessene Größe zu verkleinern.

»Das war er nicht, und das weißt du auch«, erwiderte Frances schroff. »Kitty Fathering ist wahrscheinlich betrunken in den Stall ihres Vaters gefallen und hat die Arme um ein besonders hübsches Pony geschlungen, von dem sie aufgrund der Farbe seiner Stirnlocke überzeugt war, dass es sich um Jeremiah handelte.«

»Und der Geruch«, sagte Mr Crawley über sein Glas hinweg.

»Miss Ellers, wir müssen furchtbar langweilig sein, wenn wir über Leute sprechen, die Ihnen unbekannt sind«, sagte Mr Smith. »Mr Russell lebt die Hälfte der Zeit in irgendeiner tristen Stadt in den Midlands, aber er kommt in den meisten Sommern mit seinen Freunden und seiner Familie zur Jagd hierher. Ich bin überrascht, dass er nicht hier ist.«

Georgiana war ein wenig aufgeregt, weil sie so direkt angesprochen wurde, und lächelte.

»Er ist hier«, sagte Mr Crawley zögernd. »Ich habe ihn mit ein paar seiner Anhänger im Garten gesehen, als ich zum Rauchen hinausging.«

»Und das hast du für dich behalten, was?«, sagte Frances und warf ihm einen bösen Blick zu.

Miss Woodley lachte humorlos. »Hast du Angst, dass du übertrumpft wirst, Christopher?«

Ende der Leseprobe