Glühwein, Kuss und Currywurst - Sontje Beermann - E-Book
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Glühwein, Kuss und Currywurst E-Book

Sontje Beermann

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Beschreibung

Ricky schmeißt das BWL-Studium und nimmt einen Job auf dem Weihnachtsmarkt an.
Dumm nur, dass sie Weihnachten hasst.
Die Glühweinhütte scheint jedoch ein ganz besonderer Ort zu sein.
So will Mark, der Kanzlei-Partner ihres Patenonkels, seine Kollegin Jill endlich davon überzeugen, dass sie für einander bestimmt sind.
Ihr ehemaliger Mitschüler Nikolas begegnet der Hobbytänzerin Rosalie, die mit ihrer Anmut nicht nur seine Zuckerbäckerfantasie anregt.
Zu guter Letzt trifft Ricky auf den Musiker Till, der sein altes Leben vergessen will.
Es dauert ein paar Tage, bis sie seiner Einladung folgt, doch dann ist da ohne Vorwarnung diese Anziehungskraft zwischen ihnen.
Sie geben ihr nach, es ist nichts mehr wie es war. Unversehens ist das Leben voller Möglichkeiten.
Man muss nur zugreifen – und losgehen …

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Rache ist Metal
Rockstars `n` Kisses – Uncover Me

 

 

Glühwein, Kuss und Currywurst

 

Von Sontje Beermann

 

 

 

 

 

 

 

 

Buchbeschreibung:

Ricky schmeißt das BWL-Studium und nimmt einen Job auf dem Weihnachtsmarkt an. Dumm nur, dass sie Weihnachten hasst.

Die Glühweinhütte scheint jedoch ein ganz besonderer Ort zu sein.

So will Mark, der Kanzlei-Partner ihres Patenonkels, seine Kollegin Jill endlich davon überzeugen, dass sie für einander bestimmt sind.

Ihr ehemaliger Mitschüler Nikolas begegnet der Hobbytänzerin Rosalie, die mit ihrer Anmut nicht nur seine Zuckerbäckerfantasie anregt.

Zu guter Letzt trifft Ricky auf den Musiker Till, der sein altes Leben vergessen will.

Es dauert ein paar Tage, bis sie seiner Einladung folgt, doch dann ist da ohne Vorwarnung diese Anziehungskraft zwischen ihnen.

Sie geben ihr nach, es ist nichts mehr wie es war. Unversehens ist das Leben voller Möglichkeiten. Man muss nur zugreifen – und losgehen …

 

 

 

 

Über die Autorin:

Hallo, ich bin Sontje!

Ich arbeite und lebe mit meiner Familie im Herzen des Ruhrgebiets und das Schreiben ist seit Teenagerzeiten meine größte Leidenschaft.

 

Meine facettenreichen, romantischen Geschichten würze ich am liebsten mit Humor, Musik und ab und zu einer Prise aufregendem Prickeln.

 

Ich schreibe Romane, die ans Herz und unter die Haut gehen. Weil ich an die großen Gefühle und Chancen im Leben glaube!

 

 

 

 

 

 

Glühwein, Kuss und Currywurst

 

 

 

Von Sontje Beermann

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Auflage, 2017

© Sontje Beermann – alle Rechte vorbehalten.

Sontje Beermann / Katie McLane

c/o easy-shop

K. Mothes

Schloßstr. 20

06869 Coswig (Anhalt)

 

[email protected]

https://katie-mclane.de/Weitere-Romane/Sontje-Beermann/

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung, auch auszugsweise, ist nur mit schriftlicher Zustimmung der Autorin zulässig.

Die unerlaubte Verbreitung des E-Books ist untersagt und Diebstahl geistigen Eigentums, also strafbar. Darüber hinaus drohen zivilrechtliche Konsequenzen wie Schadenersatzansprüche.

Personen und Handlungen sind frei erfunden, etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Aller Anfang ist …

… scheiße. Ehrlich!

Was, zum Teufel, tat sie hier? Sie hasste Weihnachten. Wie die Pest.

Der Firlefanz, die Kerzen, die übermäßige Gemütlichkeit. All das ging ihr tierisch auf die Nerven.

In ihrer eigenen Bude boykottierte sie es. Kein „Last Christmas“, kein Adventskranz, keine Dominosteine, Vanillekipferl oder Ähnliches. Die warf sie in die nächstbeste Tonne, sobald sie die adventssonntägliche Stippvisite bei ihren Eltern absolviert hatte. Ihre Mutter liebte die Vorweihnachtszeit so sehr, dass sie acht Wochen vor den Feiertagen anfing zu backen. Und Familie und Freunde mit den Ergebnissen ihres Backwahns zu versorgen.

Sie hoffte, ihre Eltern dieses Jahr seltener besuchen zu müssen. Ihr neuer Job stellte die ideale Ausrede dar.

Auf diese Weise konnte sie es hinauszögern, ihnen die Wahrheit zu sagen.

Sie würden sie erwürgen.

Und ihr den Geldhahn zudrehen.

Ricky warf den Pappbecher in den nächsten Mülleimer und betrat den Hühnerstall.

Der Hamburger Weihnachtsmarkt war eröffnet.

 

Vorspiel

Nach vier Uhr füllte sich der Hühnerstall stetig mit Gästen, der Geräuschpegel stieg. Ricky war froh, dass sie mehr Stimmengewirr als Weihnachtslieder wahrnahm. Und je mehr sie am Zapfhahn zu tun hatte, desto größer war ihr Spaß bei der Arbeit.

Nicht lange, und ihr fehlte sogar die Zeit, die Gäste zu mustern. Die bunte Mischung aus Touristen und After-Work-Party-Grüppchen, Anzugträgern und Normalos war dermaßen inspirierend, dass sie ihre Fotokamera vermisste. Es waren reizvolle Motive darunter.

„Ricky, bist du das?“

Ricky hob den Kopf und erblickte einen schlaksigen Typen vor sich. Es dauerte zwei Sekunden, bis sie ihn erkannte und lächelte.

„Nikolas, hallo!“ Sie zapfte das Bier zu Ende, gab die Bestellung an den Kellner weiter und widmete sich ihrem ehemaligen Mitschüler.

„Wir haben uns ja eine Ewigkeit nicht mehr gesehen, wie geht es dir?“

„Super. Ich arbeite im Edelkontor, als Patissier. Ganz tolles Arbeitsklima.“

„Und auch noch in deinem Traumberuf. Glückwunsch!“

„Danke. Und du so?“

„Etwas Geld dazuverdienen halt.“ Sie zuckte die Schultern. „Was möchtest du trinken?“

„Ein Bier.“

„Kommt sofort.“

„Hast du sonst noch Kontakt zu jemandem aus unserer Stufe?“

Ricky schüttelte den Kopf. „Außer zu Joya nicht wirklich. Und du?“

„Nee, auch nicht. Danke.“ Nikolas nahm das Bier entgegen und trank einen Schluck. „Wie arbeitest du die Tage? Vielleicht können wir ja mal quatschen.“

„Erstmal jeden Abend.“

„Ricky, Bestellung!“, rief eine der Kellnerinnen.

„Sorry, Nik, ich muss.“

„Kein Problem.“

Kurze Zeit später meinte sie, ihre Arme und Beine würden einen rotierenden Kreis bilden. Wahnsinn, was hier los war! Dabei stand der Hühnerstall laut Aussage ihres Chefs das erste Mal auf dem Hamburger Weihnachtsmarkt. Wenn das so weiterging, würde sie genug zu tun haben, um keinen Gedanken an ihre Situation verschwenden zu können.

Nach einer weiteren Kellnerbestellung kontrollierte sie die Gläser ihrer Thekengäste, Nikolas war längst weg, und ging zu dem neuen Gast am Ende des Tresens hinüber.

„Hallo. Was darf`s sein?“, sprach sie ihn an.

Der Mann mit den dunkelbraunen Locken im schwarzen Wollmantel drehte sich zu ihr um. Im gleichen Moment, wie sie die Irritation auf seinem Gesicht sah, erkannte sie ihn. Der Kanzlei-Partner ihres Patenonkels.

„Ricarda, was machst du denn hier?“, entfuhr es ihm.

Ihr Grinsen misslang, sie seufzte. Scheiße, erwischt!

„Hallo, Mark. Was möchtest du trinken?“

„Ein Bier, bitte.“

Sie wandte sich ab und ging zum Zapfhahn hinüber, einer der Kellner legte ihr eine Bestellung hin. Ricky drückte ihm Marks Bier in die Hand und las den Bon. Froh, dass sie dem Anwalt nicht Rede und Antwort stehen musste.

Teil 1 – Der perfekte Deal

1.1.

„Wollen wir noch etwas trinken gehen?“ Mark trat vor dem Steakhouse am Jungfernstieg auf den Gehweg und klappte den Mantelkragen hoch. Der eisige Wind ließ ihn frösteln.

„Nein, ich bin ziemlich müde, tut mir leid. Außerdem geht mein Zug gleich morgen früh um acht.“ Der Kollege erschien neben ihm und zog den Reißverschluss seines Marken-Outdoormantels über dem Wohlstandbauch hoch.

„Sehr schade, Hellinger.“ Mark lächelte ihn an und streckte ihm die Hand entgegen. „Wir sehen uns dann nächste Woche bei Ihnen in Berlin.“

„Genau. Schön, dass unser Vorschlag auf fruchtbaren Boden gefallen ist.“ Hellinger schüttelte seine Hand, wünschte ihm noch einen angenehmen Abend und lief die Treppe zur U-Bahn hinunter.

Marks Mundwinkel sackten nach unten, er wischte sich die Hand am Mantel ab. Hellinger war ein Top-Anwalt, aber seine körperlichen Eigenheiten waren unangenehm.

Er band seinen Schal zur Schlaufe, vergrub die Hände in den Manteltaschen und wandte sich nach rechts. Wie so oft in letzter Zeit hatte er noch keine Lust, in seine Wohnung zurückzukehren. Dort wartete niemand auf ihn. Schon seit ein paar Monaten nicht mehr.

Die verkehrsberuhigte Nebenstraße führte direkt auf das beleuchtete Rathaus und den davor gelegenen Weihnachtsmarkt zu. War es wieder soweit?

Der Rathausmarkt war voller Menschen, Gerüche und Musik. Mark tauchte in die Atmosphäre ein und ließ sich mit der Menge treiben, betrachtete ab und zu die Auslagen der Buden. Am Ende verbreiterte sich der Gang zu einem Platz, auf dem ein zweistöckiges Holzhaus stand. Im unteren Bereich gab es einen Verkaufsbereich für Speisen, darüber prangte das Wort „Hühnerstall“. Er beobachtete die Menschen hinter den Fenstern im ersten Stock, hörte weihnachtliche Popmusik und Gelächter. Die Hütte schien gut besucht zu sein, trotzdem strömten immer mehr Gäste hinauf.

Hinter sich hörte er unvermittelt ein vertrautes weibliches Lachen. Mark hob die Augenbrauen und drehte sich um, sein Blick tastete die Weihnachtsmarktbesucher ab. Dann hatte er sie entdeckt.

Drei Frauen schlängelten sich zwischen den Menschen hindurch, zwei seiner Angestellten und die Junior-Partnerin seiner Kanzlei, Jill Offeney. Sein Herzschlag nahm Fahrt auf.

Eine der Frauen, es schien die Empfangsdame der Kanzlei zu sein, redete auf sie ein und unterstrich alles mit ausschweifenden Gesten, Jill lachte erneut auf und warf das lange braune Haar zurück. Sie erwiderte etwas und die Frauen lachten zusammen. Sie steuerten die Treppe zum ersten Stock des Hühnerstalls an und öffneten ihre Mäntel und Schals, gingen hinauf und verschwanden hinter der Tür.

Mark handelte instinktiv und folgte ihnen.

Am Eingang quollen ihm Wärme, Glühweinduft und eine beachtliche Geräuschkulisse entgegen. Es war proppenvoll, wie sollte er Jill hier finden?

Er schob sich bis zur Theke vor und ergatterte an einer Ecke ein freies Plätzchen. Hinter ihm befand sich der Durchgang für die Kellner und es herrschte ein stetiges Kommen und Gehen.

„Hallo. Was darf’s sein?“

Er wandte sich um und registrierte im gleichen Augenblick, dass er die Stimme kannte. Die Frisur irritierte ihn jedoch.

„Ricarda, was machst du denn hier?“, entfuhr es ihm.

Die junge Frau hinter der Bar grinste schief und seufzte. „Hallo, Mark. Was möchtest du trinken?“

„Ein Bier, bitte.“

Er sah der Patentochter seines Kanzlei-Partners nach. Sie hätte er hier am allerwenigsten erwartet, schon gar nicht hinter der Theke, aber vermutlich machte sie den Job, um sich neben dem Studium etwas dazu zu verdienen. Wie viele andere auch.

Ein Kellner stellte Mark das Bier hin, er dankte und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf den Grund, aus dem er die überdimensionierte Glühweinhütte betreten hatte.

Er versuchte, im Halbdunkel die Gesichter der Gäste zu erkennen, aber erst nach einer Weile entdeckte er die drei Frauen an der gegenüberliegenden Wand. Sie hatten einen Bistrotisch mit Hockern ergattert.

Seine Junior-Partnerin trug noch den Hosenanzug dieses Arbeitstages, der schokoladenbraune Stoff umhüllte ihre schlanke, weibliche Figur wie eine zweite Haut und passte hervorragend zu ihrer Haarfarbe. Und zu ihren bernsteinfarbenen Augen.

Zum wiederholten Mal studierte er ihre Gesten und Bewegungen und dachte an Roberts Worte. Mark hatte sich im Frühjahr von seiner Freundin getrennt und auf dem Sommerfest der Kanzlei mit seinem Senior-Partner darüber unterhalten, dass er bei Frauen kein glückliches Händchen habe. Ihnen allen hatte es an Intellekt gefehlt, an Köpfchen. Daraufhin hatte Robert Salzinger auf Jill gezeigt und gemeint, sie sei die richtige Frau für ihn.

Zuerst hatte Mark nur darüber gelacht, doch diese Aussage war ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Deswegen hatte er ihre Zusammenarbeit am Bärenberg-Fall eingefädelt. Um zu sehen, ob sein Partner recht hatte.

Er trank sein Bier aus und sah ein letztes Mal hinüber.

Es war an der Zeit, den nächsten Schritt zu gehen.

 

*

 

Der Kellner blieb an ihrem Tisch stehen und verteilte die Glühweintassen.

„Macht neun Euro.“

Jill legte ihm einen Zehner aufs Tablett, strich sich den Pony aus den Augen.

„Stimmt so.“

Der junge Mann bedankte sich mit einem Lächeln und verschwand in Richtung Theke. Sie folgte ihm mit dem Blick und blieb an seiner Kehrseite hängen.

„Netter Arsch“, murmelte sie und grinste.

„Lasst uns anstoßen“, rief Famke, ihre Sekretärin, und hob die Tasse.

„Ja, Pro-host!“, erwiderte Kerstin, die Empfangsdame, und stieß ihre Tasse gegen die ihrer Kollegin, dass der heiße Gewürzwein überschwappte.

Jill lachte auf und stieß vorsichtig mit den beiden an, dann tranken sie.

Famke, eine waschechte Ostfriesin von Kopf bis Fuß und mit unüberhörbarem Zungenschlag, sah etwas genauer umher.

„Coole Hütte“, meinte sie, „nicht so spießig wie die klassischen Buden.“

Jill nickte und unterzog die männlichen Gäste einem prüfenden Blick. „Das Publikum ist auch in Ordnung, sind ein paar schnuckelige Typen dabei.“

Kerstin beugte sich vor und strich eine Strähne ihres platinblonden Bubikopfs hinters Ohr. „Nur das Thekenpersonal ist gewöhnungsbedürftig.“ Die anderen beiden folgten ihrem Kopfnicken.

Die Barfrau am Zapfhahn bildete tatsächlich die Ausnahme. Im Gegensatz zum restlichen Servicepersonal war sie mittelgroß und mollig. Das schwarz-rot karierte Hemd spannte über ihrer beachtlichen Oberweite und den runden Hüften, das asymmetrisch kurze schwarze Haar war von roten Strähnen durchzogen. An einer Ecke ihrer Unterlippe prangte ein schwarzer Piercing-Ring mit rotem Stein, der ab und zu aufglitzerte.

Jill zuckte die Schultern. „Ich habe schon Schlimmeres gesehen. Aber es war eine gute Idee, hier ein bisschen After-Work-Party zu machen, der Bärenberg-Abschluss hat mich echt geschlaucht.“

„Hast du gesehen, wer heute zum vertraulichen Gespräch mit den beiden Senior-Partnern da war?“, fragte Kerstin. Ihre Stimme klang verschwörerisch.

Die anderen beiden Frauen schüttelten den Kopf.

„Der Hellinger von Grautmann, Nebel & Hellinger aus Berlin.“

Jill hob eine Augenbraue. „Ja, und?“

„Ich habe da etwas munkeln hören, dass wir verkauft werden.“

Ihr Magen zog sich vor Schreck zusammen. Verkauft? Jetzt, wo sie endlich als Junior-Partnerin fest im Sattel saß?

„Das glaube ich nicht. Meinst du nicht, dass ich davon wissen müsste?“

Die Empfangsdame zuckte die Schultern und leerte ihre Tasse. „Ich kann nur sagen, was ich gehört habe.“

Famke räusperte sich. „Ruth hat auch erwähnt, dass es ungewohnt geheimnisvoll zugegangen ist.“

Salzingers Sekretärin? Jetzt wurde Jill mulmig.

Ob sie Mark darauf ansprechen sollte? Seit ihrer gemeinsamen Arbeit am Bärenberg-Fall hatten sie einen guten Draht zu einander. Sie kaute auf ihrer Unterlippe und wälzte den Gedanken von links nach rechts.

„Na, jetzt aber keine langen Gesichter.“ Kerstin klopfte auf den Tisch. „Lasst uns lieber noch eine Runde bestellen.“

1.2.

Es klopfte an ihrer Tür. „Hast du einen Moment?“

Jill sah auf. Mark Baumhoff, der jüngere Senior-Partner der Anwaltskanzlei, lehnte mit der Schulter im Türrahmen.

Sie lächelte. „Sicher. Komm herein.“

Sie legte den Stift zur Seite, die Unterarme auf die Unterlagen vor sich und sah zu ihm auf. Sein Erscheinungsbild war wie immer von makelloser Eleganz und enormer Attraktivität. Sie musste an sich halten, um sich nicht über die Lippen zu lecken.

„Hast du heute Abend schon etwas vor?“

Jill runzelte die Stirn. „Nein, warum?“

„Was hältst du davon, wenn wir zusammen essen gehen?“ Mark beugte sich zu ihr, seine Lippen verzogen sich zu dem charmanten Lächeln, das sie bisher nur gelegentlich hatte beobachten können. Nie hatte es ihr gegolten.

Sie blinzelte und streckte den Rücken durch, schlug die Beine übereinander. Ihr Fuß begann zu wippen. Hatte er sie soeben zum Abendessen eingeladen?

So, wie er vor ihr stand, konnte sie keinen klaren Gedanken fassen. Die Hände auf ihren Schreibtisch gestützt und dieses Lächeln auf den Lippen, das ihre Sinne zum Vibrieren brachte. Eine der braunen Locken war ihm in die Stirn gefallen, er richtete sich auf und fuhr sich mit der Hand durchs Haar.

„Nun, wie lautet deine Entscheidung?“ Mark hob eine Augenbraue und versenkte die Hände in den Hosentaschen.

Sie räusperte sich. „Sehr gerne. Wann und wo?“

„Ich hole dich um halb acht ab.“ Er wartete ihre Zustimmung nicht erst ab, wandte sich um und verließ ihr Büro. Jills Blick glitt über seine breiten Schultern hinab zu seinem Hintern. Ihr wurde heiß.

Es war zwar Freitagabend, aber nur ein Abendessen unter Kollegen.

Oder?

Jill fühlte sich hin und her gerissen zwischen ihrer Professionalität und ihren Gefühlen für Mark. Er hatte ihr noch vor dem Abschluss an der Universität Hamburg ein unwiderstehliches Angebot unterbreitet und sie in seine Kanzlei geholt, Spezialisierung Wirtschaftsrecht. Der erste Kontakt hatte telefonisch stattgefunden, aber sie erinnerte sich noch genau daran, wie er zur Absolventenfeier unangekündigt vor ihr gestanden, wie sich der Strudel von widersprüchlichen Empfindungen angefühlt hatte.

Ihr Telefon klingelte und riss sie aus ihren Gedanken. Sie seufzte vor Erleichterung auf.

 

*

 

Auf dem Weg nach oben ging sie im Kopf verschiedene Outfits durch, aber sie konnte sich nicht konzentrieren. Jill betrat ihre Zweieinhalb-Zimmer-Altbau-Wohnung, streifte Pumps und Kostümjacke ab und schaltete die Musikanlage ein. In jedem der Räume waren Lautsprecher angebracht, sie konnte beim Kochen oder unter der Dusche mitträllern.

Um nicht doch noch ins Grübeln zu geraten, versuchte sie, sich einzureden, dass es wirklich nur ein geschäftliches Abendessen war, möglicherweise als Dank für die hervorragende Zusammenarbeit, aber bestimmt ohne eine anderweitige Intention ihres Kollegen. Folglich tat sie das, worin sie seit einigen Jahren geübt war. Sie schob ihre persönliche Gemütslage zur Seite und konzentrierte sich ausschließlich darauf, professionell zu sein.

Dementsprechend wählte sie ein schwarzes Etuikleid, das ihre Kurven mehr verhüllte als unterstrich, und zurückhaltendes Make-up. Das Haar ließ sie offen über ihren Rücken fallen. Sie schlüpfte in schwarze High Heels aus Lackleder, warf einen letzten Blick in den Schlafzimmerspiegel und verließ ihre Wohnung, um unten auf Mark zu warten.

Er fuhr in dem Moment vor, in dem die Haustür hinter ihr ins Schloss fiel, stieg aus und umrundete den Wagen.

„Bin ich zu spät?“ Er öffnete ihr die Beifahrertür seines Sportcoupés und lächelte.

Jill hob eine Augenbraue, verharrte. „Nein, warum?“

„Weil du schon hier bist.“

Sie zuckte nur die Schultern und setzte sich in den Wagen, zog die Füße nach. Er schlug die Beifahrertür zu, ging um die Motorhaube herum, und sie genoss seinen Anblick unter dem Mantel. Sein athletischer Körper steckte nicht nur in einem maßgefertigten Anzug, Hemd und Krawatte schienen ebenfalls von einem Schneider zu stammen. Das Haar war lässiger frisiert als im Arbeitsalltag. Auf diese Weise sah man ihm erst recht nicht an, dass er zehn Jahre älter war als sie.

„Ich hoffe, du magst italienisches Essen.“ Mark fädelte sich in den Verkehr ein und warf ihr einen Blick zu. „Das Da Capo gehört zu meinen Lieblingsrestaurants und ist genau der richtige Ort für den heutigen Anlass.“

„Ja, ich mag die italienische Küche.“ Hinter ihrer Stirn wirbelten die Gedanken umher. Anlass? Was denn für ein Anlass? Was hatte er vor, was sollte das werden?

Möglichst unauffällig atmete sie tief durch, um sich zur Ruhe zu bringen. Spekulationen waren müßig. Wenn er ihr etwas zu sagen hatte, würde er dies bald tun.

Sie dachte wieder an das Gerücht des Kanzlei-Verkaufs. Vielleicht sollte sie dieses Thema ansprechen, ihn damit überrumpeln, sich einen Vorteil verschaffen.

Mark übte sich in Smalltalk und lenkte sie von ihren Überlegungen ab, bis er vor dem Restaurant vorfuhr. Ihnen wurden die Wagentüren geöffnet, der Mitarbeiter auf ihrer Seite reichte ihr zum Aussteigen die Hand. Sie dankte mit einem Nicken und folgte Mark zur Tür, die er ihr öffnete. Sie blieben am Empfangspult stehen und Jill ließ den Blick schweifen. Sie hatte das Gefühl, mitten in eine italienische Oper geraten zu sein. Das Restaurant erstreckte sich über zwei Ebenen. Der untere Bereich war offen und wirkte durch eine elegante Möblierung eher modern, obwohl dies im Widerspruch zu den opulenten Vorhängen und Lampen stand. Der obere Bereich war von außen wie ein Balkon gestaltet, daran hingen venezianische Masken. Die Farben Orange, Rot, Beige und Braun herrschten vor, unterbrochen von goldenen Akzenten. Musik bildete die Untermalung, und sie meinte, einen Tenor herauszuhören.

„Guten Abend, Signore Baumhoff.“ Jill riss den Blick von der Inneneinrichtung los, sie hatte den Oberkellner gar nicht bemerkt.

Ein weiterer Mitarbeiter nahm ihnen die Mäntel ab und brachte sie zur Garderobe.

„Wenn Sie mir folgen wollen, Ihr Tisch ist bereit.“

Der Oberkellner ging voraus zur Treppe. Mark legte ihr eine Hand in den unteren Rücken, nur leicht, aber er nahm sie auch auf den Stufen nach oben nicht fort. Die Berührung verursachte ein Prickeln auf ihrer Haut.

Der Tisch stand am Ende des Balkons, der einzige vor den Fenstern. Mark schob ihr den Stuhl zurecht und nahm ihr gegenüber Platz.

Der Oberkellner reichte ihnen die Karten. „Wünschen Sie einen Aperitif?“

Mark sah sie über die Kerze hinweg an. „Wie wäre es mit einem Glas Champagner?“

„Gerne.“

Jill schlug die Karte auf und fand einen Einleger, auf dem nur das Wort „Überraschungsmenü“ abgedruckt war. Sie sah auf.

„Weißt du, was es mit diesem Überraschungsmenü auf sich hat? Gibt es das hier immer?“

Er schüttelte den Kopf und lächelte. „Ich habe mir erlaubt, dieses Menü zusammenzustellen, basierend auf meinen Beobachtungen der letzten Monate.“

Jill hob eine Augenbraue. „Wen oder was hast du denn beobachtet?“

Er stützte die Ellbogen auf und das Kinn auf die gefalteten Hände. „Dich. Ich hoffe, dass ich mit dem Menü richtigliege, und würde mich freuen, wenn du dich dafür entscheidest. Aber du kannst natürlich auswählen, was du möchtest.“

Ihre Augen weiteten sich. Er hatte sie beobachtet? Warum?

„Ah ja …“ Sie schluckte. „Okay, dann lasse ich mich auf das Experiment ein.“

Da war es wieder, das charmante Lächeln. „Das freut mich.“

Mark klappte seine Karte zu und sah den Kellner an, der ihnen den Champagner brachte. Er gab ihre Bestellung auf, der Servicemitarbeiter nahm die Karten entgegen und verschwand.

„Auf einen schönen Abend.“ Er hielt ihr sein Glas hin, Jill stieß mit ihrem dagegen und trank.

Ihr war flau im Magen, die Kanzlei-Gerüchte drängten sich an die Oberfläche ihrer Gedanken. Also wagte sie einen Vorstoß.

„Was ist nun der Anlass für dieses Essen? Ich meine, willst du mir irgendetwas schonend beibringen? Vielleicht, dass die Kanzlei verkauft werden soll?“

Seine Augen weiteten sich, er stockte. Dann brach er in Gelächter aus. „Wie kommst du denn darauf?“

Sie erzählte ihm von den Gerüchten und leerte ihr Glas.

Mark lachte erneut und beugte sich vor. „Erstens war Hellinger bei uns, um uns eine Kooperation anzubieten. Zweitens solltest du nicht alles glauben, was der Flurfunk verkündet. Und drittens …“ Er trank den letzten Schluck Champagner.

„Und drittens?“ Jills Finger spielten mit dem Fuß des langstieligen Glases.

„Drittens will ich jetzt kein Wort Geschäftliches mehr hören. Es geht hier nur um uns beide. Rein privat.“

Sie sah ihn verblüfft an. „Ich verstehe nicht.“

„Das wirst du schon noch“, versprach er und wandte sich dem Kellner zu, der neben ihrem Tisch einen Eiskübel positionierte. Er präsentierte Mark die Weinflasche und öffnete sie nach dessen Nicken, schenkte ein. Ein zweiter Kellner brachte einen Brotkorb und eine große Flasche Wasser.

„Also, lass uns das Essen und den Abend genießen.“ Er griff nach seinem Glas und hob es ihr entgegen.

Jill stieß mit ihm an, sie tranken einen Schluck. Der Weißwein war angenehm fruchtig, hatte nur wenig Säure und erfreute ihre Geschmacksknospen.

Dann wurde der erste Gang serviert.

Carpaccio vom Rind, eine ihrer Lieblingsspeisen.

 

*

 

Bis zum Hauptgang, einem traumhaft zarten Fischfilet auf Gemüsebett, unterhielt Mark sie mit Anekdoten aus seiner Studienzeit und nötigte ihr die gleichen Informationen ab.

„Hattest du auch den Beller als Dozenten in Arbeitsrecht I?“, fragte Jill und trank ihren Wein aus. Ihre verkrampfte Haltung hatte sich längst gelöst, und sie genoss seine Gesellschaft.

„Und ob! Am besten ist mir sein Markenzeichen in Erinnerung geblieben: Immer klagen!“ Er imitierte Bellers Stimme und Tonfall.

„Ich habe mich ständig über seine Gesten kaputtgelacht. Wie er die Hand bewegte, den Kopf dazu, das erinnerte mich total an die Augsburger Puppenkiste.“

„Treffend beobachtet.“ Mark grinste sie an und brachte damit ihren Magen zum Flattern.

Jill fuhr sich mit der Hand über den Haaransatz im Nacken.

„Diese Geste machst du immer, wenn dir etwas nicht ganz angenehm ist“, meinte er unvermittelt.

Sie blickte auf, fühlte sich ertappt. Wie genau hatte er sie in den letzten Wochen beobachtet?

„Habe ich etwas Falsches gesagt?“

Jill schüttelte den Kopf und bemühte sich um Lässigkeit. „Nein, nein, es ist alles in Ordnung.“

Die Teller wurden abgeräumt, der Kellner schenkte ihr Wein nach. Mark entschied sich für Wasser.

„Ich muss zugeben, dass ich mich wahnsinnig gerne mit dir unterhalte“, meinte er und sah ihr in die Augen. „Ich freue mich über jede Gelegenheit.“

Sie lächelte. „Geht mir genauso.“

Diese Gespräche hatten sich erst im Laufe des Bärenberg-Falls ergeben und sich rasch zu einer schönen Angewohnheit entwickelt. Ihre Besprechungen hatten immer öfter zum Ende der Arbeitszeit stattgefunden und waren dann in Unterhaltungen über Gott und die Welt übergegangen, oft begleitet von einem Glas Wein.

Mark streckte seine Hand nach ihrer Linken aus, seine Finger strichen federleicht die ihren hinauf und dann über ihren Handrücken, malten Kreise auf ihre Haut. Sie fühlte sich wie hypnotisiert.

„Ich weiß überhaupt nichts Privates von dir. Du trennst das sehr strikt.“

„So wie du“, gab sie zurück und räusperte sich.

„Erwischt. Aber das muss ja nicht so bleiben.“

Jill verschränkte die Fußknöchel, ihre Füße verkrampften sich. „Was meinst du damit?“

„Dass ich alles von dir wissen möchte.“

„Du glaubst nicht wirklich, dass ich dir irgendwelche Intimitäten verrate!“ Ihr Lachen klang selbst in ihren eigenen Ohren unsicher.

„Das hat Zeit. Jetzt will ich nur wissen, ob du liiert bist.“

Sie zögerte, schüttelte dann aber den Kopf.

„Gut, ich auch nicht.“

Sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss. Er hatte sie aus der Bahn geworfen.

Zu ihrer Erlösung tauchte der Kellner auf und servierte das Dessert, ein Limoncello-Tiramisu mit goldgelbem Gitter darüber.

Jill nahm den Löffel auf und konzentrierte sich auf ihren Teller. Mit sanftem Druck durchstieß sie die Karamellkruste, nahm die Süßspeise auf und kostete. Sie zerging auf der Zunge, die Zuckerfäden knackten und die süßen und sauren Noten ließen ihre Geschmacksnerven explodieren.

Sie schloss die Augen und stöhnte unbewusst auf. Phantastisch!

„Mach das nochmal“, stieß Mark hervor.

Ihre Lider flogen auf, sie schluckte. „Was?“

„Dieses Geräusch … mach das nochmal, es ist …“, er machte eine unbeholfene Geste, „aufregend.“

Das Glühen in ihrem Bauch wurde stärker, breitete sich aus. Himmel, sie hatte es seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gespürt. Und wenn er es durch bloße Worte hervorrufen konnte ... Nein, sie musste dieser Anziehungskraft widerstehen. Wie seit Jahren.

Sie widmete sich ihrem Dessert und versuchte, es zu genießen. Doch eine Frage rotierte immer wieder durch ihre Gedanken. Beim Espresso sprach sie diese schließlich aus.

„Mark, warum hast du mich heute Abend eingeladen?“

„Ist es nicht offensichtlich?“ Er schmunzelte, sie sah ihn nur an.

„Unsere Zusammenarbeit und unsere Gespräche haben mich neugierig gemacht. Auf dich, auf die Frau hinter dem Job. Wie wäre es, wenn wir noch zu dir oder zu mir gehen? Du könntest mir noch etwas über dich erzählen, bei einem Wein oder zwei …“

Jill biss sich auf die Unterlippe, sah ihm direkt in die warmen braunen Augen. Was hatte er vor? Wollte er sie verführen?

„Danke, ich habe genug getrunken für heute.“

Mark ließ erneut die Finger über ihre Hand streichen. „Niemals die Kontrolle verlieren, richtig?“, murmelte er. „Dabei kann das so wunderschön sein.“ Sein Blick war verheißungsvoll.

Jill schluckte, das Glühen wurde zu flüssigem Feuer, das ihren Körper in Besitz zu nehmen schien.

Nein, nein, nein! Das kam nicht in Frage.

Sie atmete tief durch, sammelte sich und trank den letzten Rest Espresso. Dann sah sie ihm in die Augen.

„Ich glaube, wir sollten den Abend an dieser Stelle beenden.“ Sie tupfte sich mit der Serviette den Mund ab.

Mark schien bestürzt. „Aber, Jill, ich … Entschuldige, ich war zu plump, nicht wahr?“

Sie reagierte nicht darauf, wollte nur noch aus der Gefahrenzone und schob den Stuhl zurück.

„Mach dir keine Umstände, ich nehme ein Taxi.“

 

*

 

Mark schloss die Augen, biss die Zähne aufeinander und atmete zweimal tief durch. Na, das war je hervorragend gelaufen! Was hatte er falsch gemacht? War er zu direkt gewesen? Garantiert!

Der Frust fraß sich durch seine Eingeweide.

Er war nicht bereit, das als eine Niederlage hinzunehmen oder Jill aufzugeben. Er musste sich nur etwas Besseres einfallen lassen, und dafür benötigte er Unterstützung.

Mark zückte sein Smartphone und schrieb seinem besten Freund eine Nachricht, ob sie sich in einer halben Stunde auf ein oder zwei Bier in ihrer Stammkneipe treffen wollten.

---ENDE DER LESEPROBE---