Goettle und die Hexe vom Federsee - Olaf Nägele - E-Book

Goettle und die Hexe vom Federsee E-Book

Olaf Nägele

4,8

Beschreibung

In der Adalbert-Härle-Klinik in Bad Buchau kommt es immer wieder zu ominösen Vorfällen. Die Patienten klagen über Schwindel, Herzrasen, Bauchkrämpfe und seltsame Träume. Der Grund hierfür, so das Fachpersonal, sei harmlos und liege in der Diät, bei der auch Wildkräuter und Heilpflanzen zum Einsatz kämen. Pfarrer Andreas Goettle, der in dem Rehazentrum ein Seminar leitet, wird jedoch misstrauisch, als ein Herzpatient einen tödlichen Infarkt erleidet, der zweite Fall innerhalb von drei Monaten. Beide Patienten hatten sich von Miriam Lusche behandeln lassen, der "Hexe vom Federsee", zu deren ganzheitlichem Angebot auch tantrische Massagen gehören. Da Pfarrer Goettle von Hauptkommissarin Greta Gerber keine Hilfe erwarten kann – die Kripo Biberach ist mit einer seltsamen Einbruchserie beschäftigt –, begibt er sich selbst auf Spurensuche. Er schleust seinen Freund Frieder in die Klinik ein und bald wird klar, dass es Betreuern und Ärzten nicht nur um die Gesundheit der Patienten geht. Als Frieder Miriam Lusches Dienste für sich entdeckt, beginnt ein Wettlauf um Leben oder Tod …

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Ähnliche


Olaf Nägele Goettle und die Hexe vom Federsee

Olaf Nägele

Goettle und dieHexe vom Federsee

Ein Baden-Württemberg-Krimi

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Danksagung

Olaf Nägele ist 1963 in Esslingen am Neckar geboren und hat nach langjährigen Aufenthalten in München, Stuttgart und Hamburg den Weg in seine Heimatstadt zurückgefunden. Seit dem Jahr 2000 lebt und arbeitet er hier als Autor, Texter und Journalist. Neben Veröffentlichungen in Anthologien und als Verfasser von Hörspielen für den SWR hat er sich vor allem durch seine satirisch angehauchten Lesungen beim Publikum einen Namen gemacht. www.olafnaegele.de

1. Auflage 2016

© 2016 by Silberburg-Verlag GmbH,Schönbuchstraße 48, D-72074 Tübingen. Alle Rechte vorbehalten. Umschlaggestaltung: Christoph Wöhler, Tübingen. Coverfoto: © Martin Schlecht – Fotolia.com Lektorat: Michael Raffel, Tübingen.

E-Book im EPUB-Format: ISBN 978-3-8425-1744-8 E-Book im PDF-Format: ISBN 978-3-8425-1745-5 Gedrucktes Buch: ISBN 978-3-8425-1481-2

Besuchen Sie uns im Internet und entdecken Sie die Vielfalt unseres Verlagsprogramms:www.silberburg.de

Als Grossmann wieder erwachte, befand er sich in einem kleinen, schlicht eingerichteten Raum. Er konnte einen Tisch und einen Stuhl erkennen, eine Kommode, auf der eine Vase stand. Diffuses Licht umgab ihn. Er versuchte, den Kopf zu drehen, um irgendetwas zu erkennen. Die Bewegung schmerzte, er zuckte zusammen. Ein Geräusch: das Schaben an einer Scheibe, oder ein Quietschen, als würden Fingernägel über eine Schiefertafel fahren. Wo war er? Wie war er an diesen Ort gekommen? Kurze Sequenzen der Erinnerung. Er war bei ihr gewesen. Wo war sie? Er riss die Augen weit auf. Bedrohliche Fratzen starrten zum Fenster herein, Höllenwesen mit feurigen Augen, die ihre scharfen Krallen über das Glas zogen und dabei einen durchdringenden Schleifton erzeugten. Grossmann wollte schreien, wandte den Blick ab, sah, wie die Wände seines Zimmers auf ihn zukamen. Er konnte das Knirschen hören, das Malmen von Stein auf Stein. Panik erfüllte ihn, er fühlte, wie die Beklemmung in seiner Brust wuchs, ihm den Atem raubte. Rache. Sie nahm Rache. Und sie hatte ihre Mittel. Das wusste er.

Aus der Ecke des Zimmers vernahm er ein Röcheln. Bedrohlich, angsteinflößend. Sein Puls raste, der Schweiß rann. Seine Beine begannen zu zucken. Er sah ihnen zu, als gehörten sie nicht zu ihm, fasziniert zunächst von der krampfenden Choreografie, im nächsten Moment entsetzt, als er erkannte, dass er keine Kontrolle mehr über sie hatte. Ein Fluch. Sie hatte ihn verflucht. Er versuchte erneut zu schreien, doch nur ein schwaches Kieksen entrang sich seiner Kehle. Die geometrischen Figuren des Drucks von Kandinsky, der an der gegenüberliegenden Wand hing, bewegten sich auf ihn zu. Sie rotierten, lösten sich von der Bildfläche, eroberten den Raum. Grossmann warf sich hin und her, versuchte, den farbigen Geschossen auszuweichen. Sein Atem rasselte. Er bekam nicht mehr genug Luft.

»Hilfe«, flüsterte er tonlos in das Kreischen der Wände. Der Stich in der linken Brust wurde stärker. Grossmann fasste sich ans Herz.

»Nein, nein, bitte …«

Und dann stand plötzlich diese Lichtgestalt vor ihm, eine weißbläulich schimmernde Kreatur. Sie schob sich auf ihn zu, hüllte ihn ein, verschaffte ihm einen Moment lang Kühlung.

»So wenig Vertrauen«, raunte sie ihm zu. »Das kann doch nicht ungesühnt bleiben. Vertrauen ist doch das Wesentliche.«

In der hohen Fistelstimme klang Wehmut mit. Grossmann öffnete die Lippen, um etwas zu erwidern. Er wollte versichern, dass er Vertrauen hatte, ganz egal in was und wen. Vertrauen war doch alles, vor allem in diesem Moment. Er hätte alles gegeben, um vertrauen zu dürfen. Wenn nur dieser Traum aufhören könnte … Wenn die Dämonen verschwänden …

Er hechelte wie ein ungeübter Langläufer. Der Schweiß, sein Puls, das Stechen in der Brust. Die Wände, die Fratzen am Fenster.

Die Lichtgestalt war aus seinem Blickfeld verschwunden, doch Grossmann konnte ihre Anwesenheit spüren.

»Bitte, ich bereue …«, murmelte Grossmann.

Es waren seine letzten Worte.

1 – Drei Tage zuvor

Aufgeregtes Schnattern, ein Fiepen im dichten Röhricht, das Schlagen von Flügeln im Wasser. Er blieb einen Moment stehen, um den Geräuschen, die keine sichtbare Quelle hatten, zu lauschen. Er genoss diese Stimmung des hereinbrechenden Abends und nutzte die Zeit bis zum Essen, um den Steg, der eineinhalb Kilometer in den Federsee hineinführte, bis zur Wasserkante entlangzugehen. Er liebte die schwache Federung der Planken unter seinen Füßen, während er den Weg entlangschritt, der keinen Horizont erkennen ließ. Umrahmt von Schilfstängeln, die sich sanft im Wind bogen, die im Dämmerlicht wie dünne Finger wirkten und rauschten, als wollten sie seiner Anwesenheit Applaus spenden. Mit jedem Schritt kam es ihm so vor, als ginge er der Unendlichkeit entgegen, wohl wissend, dass er am Ende des Stegs auf die Plattform stoßen würde, eine hölzerne Insel, umgeben vom trüben Wasser des Sees. Wolken spiegelten sich auf der Oberfläche, schufen als Ensemble mit den Seerosentupfern dreidimensionale Gemälde, die von weißen Schiffchen aus Schwanenfedern durchkreuzt wurden. Er sog diese Ruhe in sich auf, atmete ganz tief ein, als könnte er sie in seinen Lungen speichern, kostete den Moment der Einsamkeit, des Mit-sich-alleine-Seins aus. Dieses Gefühl war es wohl, was im Allgemeinen als Achtsamkeit bezeichnet wurde: Kein Gestern, kein Morgen, nur das Jetzt war wichtig. Mit all seinen Komponenten: Gedanken, Gefühle, Erinnerungen, Assoziationen.

Achtsamkeit. Vor zwei Wochen noch hätte er jedem, der ihn mit diesem Begriff konfrontiert hätte, sein Smartphone unter die Nase gehalten, hätte den Kalender angeklickt und ihn angesichts der endlosen Einträge um Erklärung gebeten. Achtsamkeit, das war etwas für Träumer, für Esoteriker, für Leute, die nicht wussten, wie sie die Zeit totschlagen sollten. Achtsamkeit war die Dividende für Versager, Achtsamkeit muss man sich leisten können, hätte er noch vor zwei Wochen gesagt. Wenn ihn jemand gefragt hätte.

Aber dann kam der Zusammenbruch. Herzrhythmusstörungen, dem Infarkt ganz knapp entronnen. Verordnete Auszeit, verlorene Zeit. Anfangs. Er hatte sich für eine Kur in der Adalbert-Härle-Klinik entschieden, die mit einem ganz neuen Heilkonzept gegen jedes Zipperlein für sich warb: die Rulaman-Methode. Im Grunde ging es darum, sich wie ein Mensch in der Steinzeit zu verhalten, zu bewegen, zu ernähren. Jeden Tag einige Stunden an der frischen Luft, viel Fleisch, Obst, Gemüse, Kräuter und Wildpflanzen, Tinkturen und Heiltees standen auf dem Programm. Die Kraft der Natur im Glas und auf dem Teller. Brot, Nudeln, Bier und Wein waren vom Speiseplan des modernen Steinzeitmenschen verbannt.

Das ausgedehnte Bewegungsprogramm war lästig, lediglich die Massageeinheiten der ansehnlichen Therapeutinnen stimmten ihn versöhnlich. Das Schlimmste jedoch war dieses Psycho-Gequatsche, diese Hirnwäsche mit Weichspülgang: Entdecke dich selbst, Mut zum Ich, raus aus dem Hamsterrad. Hohles Gewäsch, völlig realitätsfremd. Wer erfolgreich sein wollte, musste nun mal ranklotzen. Da gab es keinen Acht-Stunden-Tag. Das konnte sich maximal ein Beamter leisten. Viel bringt viel, das war immer seine Devise gewesen, und er war nicht schlecht damit gefahren. Er hatte bereits den Abbruch der Therapie in Erwägung gezogen, doch dann hatte er diesen Tipp bekommen. Dass es unweit der Klinik eine Dame gab, die ganz andere Heilkräfte mobilisieren konnte.Und auch wenn sie behauptete, dass ihr Ansatz ein ganzheitlicher sei, so richtete sie ihre Künste ganz gezielt darauf, die Energien vor allem in einem Körperteil zum Fließen zu bringen. Tantra-Heilerin nannte sie sich, doch sie war mehr als das. Freilich brachte sie auch Körpersäfte zum Fließen, und genau genommen war er anfangs nur deswegen zu ihr gegangen. Ein bisschen Abwechslung zu dem biederen Klinikalltag, in dem selbst die Kurschatten kränkelten, konnte nicht schaden.

Er hatte gespürt, dass Miriam, die Frau mit den magischen Händen und dem überirdischen Körper, ihn auch auf eine andere Weise berührte, die so gar nichts mit ihrer Massagekunst zu tun hatte. Es war, als streichelte sie seine Seele. Sie hatte ihm in den wenigen Sitzungen mehr vermittelt als die gesamten Schönredner der Härle-Klinik. Sie hatte ihm Fragen gestellt zu seinem Leben, zu seinem Wirken, auf die er keine Antworten hatte. Was ist deine wertvollste Eigenschaft? Was kannst nur du anderen schenken? Was ist dir wichtig? Was soll von dir in Erinnerung bleiben? Wie klingt dein Alltag? Wie klingt Ruhe? Wie riecht Wohlbefinden? Hunderte von Fragen – und er hatte nur mit Phrasen geantwortet, während sie ihn mit einer Liebe angesehen hatte, dass er den Blick abwenden musste.

Er lächelte. Lächle, und dein Tag lächelt zurück. Auch so ein Satz, der einem im äußersten Fall auf einer Packung Räucherstäbchen begegnen dürfte und der sich nun wie selbstverständlich in sein Gedächtnis schob.

Er nickte einem Paar zu, das auf einer der Sitzbänke Platz genommen hatte, um die Dämmerstimmung gemeinsam zu genießen. Die beiden erwiderten seinen Gruß; klar, hier grüßte jeder jeden. Brüder und Schwestern im Leid, die Krankheit kennt keine Kassenunterschiede, die Behandlung schon.

Die Härle-Klinik nahm ausschließlich Privatpatienten auf, jeder Tag des Aufenthalts schlug mit 1200 Euro zu Buche. Nicht gerade geschenkt, aber das war nun mal der Preis für eine außergewöhnliche Therapieform bei bestmöglicher ärztlicher Versorgung. Das Haus war modern eingerichtet, die Zimmer hell, das Personal freundlich. Die Mitpatienten gehörten wie er der besserverdienenden Gesellschaftsschicht an, das ersparte ihm den Anblick von Menschen in ausgebeulter Jogginghose, Kapuzenshirt und Adiletten. Dass die Krankheit bei vielen Menschen auch das Stilbewusstsein befiel, war für ihn unerträglich. Krankheit war mit Würde zu ertragen, alles andere kam einer persönlichen Bankrotterklärung gleich.

Er sah auf die Uhr. In zehn Minuten würde es Abendessen in der Klinik geben, doch er hatte nicht vor, daran teilzunehmen. Er hatte entschieden, seine Mahlzeit im Gasthaus zum Hecht einzunehmen, das für seine Fischspezialitäten bekannt war. Bei dem Gedanken an ein Hechtfilet mit Rosmarinkartoffeln lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Dazu ein Viertel Riesling, vielleicht auch zwei, und zum Abschluss einen Zibartenschnaps. Alles bio, passte irgend wie auch in seine Rulaman-Diät, fand er. Und morgen würde er dem Chefarzt erklären, dass er die Kur abbrach. Er hatte sein persönliches Heilprogramm gefunden, das ihm hundert mal mehr wert war. Und das ihn, mit ein bisschen Glück, ein Leben lang begleiten würde.

Willkommen in Bärbels kleiner Giftküche, www.baerbelsblog.deWissenswertes aus Fauna und Flora Pflanze der Woche: Die Kartoffel

Hallo, meine Lieben,

heute kommen wir zu einem vergessenen Phänomen. Die Kartoffel ist ja aus unseren Küchen nicht mehr wegzudenken. Knusprige Kartoffelpuffer, resche Bratkartoffeln oder schlonziger Kartoffelsalat verfeinern schwäbische Gerichte, verleihen ihnen gar das Beilagenkrönchen. Einst wurde die Kartoffel, oder besser die Kartoffelstaude, als reine Zierpflanze importiert. Kein Wunder, denn blühend sind die Stauden mit ihren weißen Blüten und den roten Beeren eine wahre Pracht. Dass die Knolle essbar ist, wurde erst später entdeckt.

Aber Vorsicht: Grüne Stellen bei der Kartoffel sind giftig, und der Verzehr kann im schlimmsten Fall zum Tode führen. Die Symptome der Vergiftung reichen von Magenschmerzen, Durchfall und Erbrechen bis hin zu raschem Pulsschlag, Halluzinationen und Koma. Also, immer schön Augen auf bei der Zubereitung. Guten Appetit.

Eure Bärbel

2

An der Tür des Pfarrhauses von St. Joseph klingelte es. Renate Münzenmaier, die mit hochrotem Kopf inmitten der Rauchschwaden des Kochtopfes stand, in dem ihre viel gerühmten handgeschabten Spätzle vor sich hinköchelten, fluchte leise, blickte schuldbeladen zum Kruzifix an der gegenüberliegenden Wand, murmelte eine Entschuldigung und schlurfte schließlich den Gang entlang, um zu öffnen. Vor ihr stand der Paketzusteller Hermann Dobler, der mit einem kleinen Plastikstab das Display seines elektronischen Erfassungsgerätes bearbeitete.

»Ja, wia, scho wieder a Päckle. Des isch ja scho des dritte in der Woch«, kommentierte Renate Münzenmaier die Lieferung und bestätigte mit ihrem Kürzel die Annahme.

»Ja, und wieder ohne Absender. Wenn das mal nicht aus Flensburg kommt«, feixte der Zusteller.

»Wie, aus Flensburg?« Renate Münzenmaier sah den Postboten verständnislos an. »Der Herr Pfarrer hot doch gar koin Führerschein.«

Der Zusteller sah kurz von seinem Display auf und runzelte die Stirn. »Na, das Kraftfahrtbundesamt wird seine Punkte ja auch nicht im Päckchen verschicken. Nee, vielleicht kommt das Paket von Beate Uhse oder so. Die schreiben doch auch keinen Absender drauf. Sie wissen schon …«

Hermann Dobler zwinkerte der Haushälterin zu und grinste. Die verstand immer noch nicht.

»Kann die net schreiba, die Frau Uhse, oder wie? Ond woher kennt die denn der Herr Pfarrer? Also, normal isch des ja net.«

Doblers Grinsen erstarrte. Er war sich nicht sicher, ob die burschikose Mittsechzigerin den Scherz nicht einordnen konnte oder ob er derjenige war, der auf den Arm genommen wurde.

»Beate Uhse, so heißt ein Versand von Erotikartikeln. Die schreiben keinen Absender auf das Paket, damit nicht jeder erfährt, dass Schweinkram drin ist«, klärte der Postbeamte auf. »Aber ich habe da einen Blick für.«

Renate Münzenmaier errötete. »Jetzt machet Se aber, dass Se fortkommat. Der Herr Pfarrer bstellt doch koin Schweinkram. Des derf der doch gar net. No net mol dran denka.«

Der Postbote zuckte mit den Schultern. »Man hat schon Pferde vor der Apotheke kotzen gesehen. Ist doch auch nur ein Mann, der Herr Pfarrer. Manche Dinge lassen sich nicht wegbeten.«

Er überreichte der Haushälterin das Paket und verabschiedete sich. Renate Münzenmaier hielt den Karton mit einem gewissen Abscheu von sich weg. »Der wird doch net … auf seine alte Tag«, murmelte sie vor sich hin. Vor ihrem inneren Auge lief ein Film ab, der das Zeug hatte, bei der nächsten Beichte ganz oben auf der Sündenliste zu stehen. »Krautkrapfa, Zwetschgakucha«, flüsterte Renate Münzenmaier wie ein Mantra vor sich hin, um die unkeuschen Bilder durch eindeutig schönere zu ersetzen.

»Ah, isch des Päckle für mi?«

Die Haushälterin erschrak. Sie hatte Pfarrer Goettle nicht kommen hören. Nun stand ihr Chef hinter ihr, die Arme nach der Zustellung ausgestreckt.

»Was schleichat Sie sich denn so an«, herrschte sie den Geistlichen an.

»Was kann i denn dafür, wenn Sie mit offene Auga schlofat. Jetzt gebat Se scho her.«

Andreas Goettle riss seiner überraschten Angestellten das Paket aus den Händen und zerfetzte, von rasender Neugier angetrieben, die Verpackung. Er förderte einen weiteren Karton zutage, auf dem ein Gegenstand abgebildet war, der einem Fernglas ähnlich sah.

Erleichtert betrachtete Renate Münzenmaier das Bild. »Was isch denn des?«

»A Nachtsichtgerät. Des sieht mr doch.«

Pfarrer Goettle betrachtete den Karton von allen Seiten, strich behutsam mit den Fingerkuppen über die Abbildung und lächelte selig. Ein wenig ähnelte er den Firmlingen, wenn sie die Päckchen ihrer Paten öffneten und die lang ersehnte Spielkonsole zutage förderten.

»Und zu was isch des guat, so a Nachtschichtgerät?«, schaltete sich seine Haushälterin ein.

Goettle rückte nah an sie heran. »Nachtsicht hoißt des. Damit kann i beobachta, was Sie in der Nacht in Ihrer Kammer machat, wenn ’s Licht aus isch«, wisperte er ihr zu.

Renate Münzenmaier gab ihm einen empörten Klaps auf den Oberarm.

»Was soll i scho in meiner Kammer macha, wenn ’s Licht aus isch. Schlofa halt, was denn sonst?«

Sie stemmte die Hände in die Hüften, um deutlich zu machen, dass sie es ziemlich ungehörig fand, dass ihr Chef ihren Schlaf überwachen wollte.

»Über des Was-denn-sonst kann i Ihne scho bald mehr saga.«

Er lachte, als er das verdutzte Gesicht von Renate Münzenmaier sah. »Koi Angst, Frau Münzenmaier. Wenn i mi langweila will, schalt i die Glotze an. Aber mol im Ernst: In Biberach weht bald ein ganz neuer Wind. Kriminaltechnisch gseha. I hab nämlich vor, mein Geschäftsfeld um das Detektivwesen zu erweitern.«

Andreas Goettle warf sich in die Brust, was ihm eine überhebliche Note verlieh. Seine Ermittlungen, die zur Lösung des Mordfalls Kaiser beigetragen hatten, schienen ihm zu Kopf gestiegen zu sein.

»Wer zugrunde gehen soll, der wird zuvor stolz; und Hochmut kommt vor dem Fall. Steht scho im Alta Testament. Hen Sie net gnuag zom doe?«, erkundigte sich die Haushälterin erzürnt.

Die nebenberuflichen Interessen ihres Chefs gingen ihr allmählich zu weit, zumal er einige seiner hauptberuflichen Aktivitäten ihrer Meinung nach ein wenig vernachlässigte. Der Bibelkreis hatte sich schon beschwert, dass die regelmäßigen Treffen eher einer Verkaufsshow glichen. Seine Idee, die Ministranten nach jeder Messe mit Bauchläden auszustatten, um den Gläubigen Weihwasser to go und Hostie süß-sauer anzubieten, deren Erlös in die Kollekte einfließen sollte, hatte der Kirchenrat ebenso abgelehnt wie die Übernahme der Kosten für die Programmierung einer »God’s App«.

»Die Kirche muss mit der Zeit ganga, sonst verlierat mr den Anschluss«, hatte Goettle gewettert und sofort sein nächstes Projekt vorgestellt. Er wollte es seinen Gemeindemitgliedern ermöglichen, via Skype, also über die Kamerafunktion am heimischen Computer, zu beichten. »In einer vertrauta Umgebung bespricht sich so a Sünde doch viel netter. Die Ave Marias könnat die Leut au drhoim beta«, begründete er seinen Vorschlag, der wieder auf keinerlei Gegenliebe stieß. Zumal die meisten seiner Schäfchen überhaupt nicht wussten, was Skype war. Und dass der umtriebige Geistliche eine Seminarreihe in der Adalbert-Härle-Klinik anbot, die unter dem effektheischenden Titel »Selfie mit Gott« angepriesen wurde, handelte ihm hämische Kommentare von Gemeindemitgliedern ein. »In der Härle-Klinik werdat doch bloß Spenner behandelt. Da müssa mir uffpassa, dass onser Pfarrer net glei dabehalta wird.«

Das Nachtsichtgerät ließ auf weitere Aktivitäten schließen, die mit seiner ursprünglichen Aufgabe als Gemeindeseelsorger nur schwer in Verbindung gebracht werden konnten.

»I sag Ihne oins, Frau Münzenmaier. Sündenprävention ist das christliche Gebot der Stunde. Noch bevor eines meiner Gemeindemitglieder einem Furz im Hirn … also einem sündiga Gedanka nachgeha kann, bin i scho zur Stell, um dies zu verhindern. Ond i kenn doch meine Pappenheimer. I woiß genau, wem i auf der Zahn fühla muss.«

Er verengte seine Augen zu Schlitzen. »Und den Spitzbua, der andauernd in dr Klingelbeutel neigreift und die Scheine rausholt, den hab i au bald. Es gibt da nämlich so ein Pulver, mit dem man Fingerabdrücke …«

Die Haushälterin winkte ab. »Des will i gar net höra. Wenn des der Bischof erfährt, dann hem mr den Salat. Der hot scho bruddelt, als Sie sich in die Mordsache Kaiser ei’gmischt hen. Herrgottnoi, mei Essa …«

Renate Münzenmaier eilte in die Küche zurück, um sich um ihre Spätzle zu kümmern.

Goettle sah ihr nach. »Dr Bischof …«, murrte er. »Was woiß der denn scho von Sündenprävention.«

Er betrachtete noch einmal seine Neuanschaffung und nickte. Ein guter Kauf, so ein Nachtsichtgerät konnte man immer gebrauchen. Er wusste nur noch nicht genau, wofür.

3

Das Telefon stand an diesem Morgen nicht still.

Hauptkommissarin Greta Gerber hatte bislang noch nicht die Zeit gefunden, die stattliche Reihe an Post-it-Zetteln, die an ihrem Rechner klebten, abzuarbeiten. Sie verfluchte sich, dass sie dem Urlaub von Laura Behrmann zugestimmt hatte, die für ihre bestandene Prüfung zur Kommissarin von den Eltern eine Reise nach New York geschenkt bekommen hatte.

Sie nahm den Hörer ab, lauschte der männlichen Stimme, fertigte Notizen und legte stöhnend auf. »Schon wieder ein Einbruch. Der dritte in den letzten zwei Wochen. Dieses Mal in der Matthias-Erzberger-Straße.«

»Die isch doch in Bachlangen draußen, oder?«, fragte Polizeiobermeister Fritz, der sich gerade intensiv mit seinem Leberkäswecken auseinandersetzte. Er war kurz davor, den ersten Biss zu setzen. Seine gezwirbelten Bartspitzen zitterten in freudiger Erwartung.

Greta rief den Stadtplan von Biberach auf und gab die Adresse in das Suchfeld ein. »Richtig. Das ist eine Parallelstraße zur Stresemannstraße, aus der uns vor zwei Tagen ein Einbruch gemeldet wurde. Und gar nicht weit weg von der Friedrich-Ebert-Straße. Einbruch letzte Woche. Ich würde mal sagen, unsere Täter haben sich auf diese Villengegend spezialisiert.«

POM Fritz kaute bedächtig. »Aharmaahag«, sagte er mit vollem Mund.

»Was? Könnten Sie bitte schlucken, bevor Sie mit mir sprechen?«

Es war schon schlimm genug, dass ihr Kollege sich nicht sonderlich viel Mühe gab, hochdeutsch zu sprechen, obwohl er wusste, dass sie als Badenerin, die vor zwei Jahren von Freiburg nach Biberach gezogen war, Verständnisprobleme mit dem Schwäbischen hatte, aber dass er ihr auch noch sein vom Leberkäswecken verfremdetes Genuschel zumutete, ging doch ziemlich weit.

»Gab es eine Alarmanlage?«, wiederholte POM Fritz, der sich seinen Bissen vorübergehend in die linke Backe geschoben und die Kaubewegungen vorsichtshalber eingestellt hatte.

»Offensichtlich schon, hat der Kollege vor Ort gesagt. Aber sie war, wie in den anderen beiden Fällen auch, außer Kraft gesetzt. Wir sollten dort mal hinfahren und uns das ansehen.«

Sie riss ihre Jacke von der Stuhllehne, warf sie sich über die Schulter und sah dem Kollegen zu, der sein Vesper knurrend zusammenpackte. Ihre Aufmerksamkeit wurde von ohrenbetäubendem Getöse im Flur abgelenkt. Irgendetwas war zu Bruch gegangen, dem Geklirr nach zu urteilen, war es der Wasserspender.

»Das ist nicht schlimm, Malte. Da war ja fast nichts mehr drin«, hörte sie ihren Chef sagen. »Kann jemand mal die Scherben aufsammeln? Nicht, dass sich noch jemand verletzt.«

Kriminalrat Seidel tauchte im Türrahmen auf und schob eine schlaksige Gestalt vor sich her. Greta schätzte das Alter des Jungen auf sechzehn Jahre, der Haltung gemäß ein typischer Vertreter der Generation »Leck mich!«. Er blickte zu Boden, seine Schultern schienen ebenfalls dem Gesetz der Schwerkraft zu folgen. Er trug Baggy Pants, also eine Hose mit »Arsch auf Halbmast«, wie es POM Fritz auszudrücken pflegte, und ein Kapuzenshirt mit dem sinnfreien Aufdruck »Maul! Däsch! Träsch!«. Auf dem Kopf saß eine Baseball-Mütze, die Füße steckten in schwarzen Sneakers, die an den Spitzen schon ziemlich ramponiert waren.

»Frau Gerber, Herr Fritz. Schön, dass ich Sie antreffe. Ich wollte Ihnen meinen Neffen Malte vorstellen. Er hat in diesem Jahr die Mittlere Reife abgeschlossen und befindet sich momentan in der Berufsorientierungsphase. Da kam meine Schwester auf die Idee, er könnte doch bei uns ein Praktikum machen. Vier Wochen oder so. Wenn er sich gut anstellt, vielleicht länger. Was meinst du, Malte?«

Der Junge zeigte keine Reaktion.

»Wegen des Wasserspenders musst du dir keine Sorgen machen. Ich sage schon lange, dass er ziemlich ungünstig platziert ist. Da musste ja mal einer dagegenrennen, nicht?«

Kriminalrat Seidel schob seinen Neffen noch weiter in den Raum, klopfte ihm dann auf die Schulter. »Also, ich geh dann mal wieder. Die Frau Gerber wird dir alles Weitere zeigen, gell?«

Seidel nickte der Hauptkommissarin zu und verließ den Raum. Greta verdrehte die Augen. Drei Einbrüche in zwei Wochen, Laura Behrmann im Urlaub und nun noch eine Klette namens Malte am Hals. Das Schicksal schien es mal wieder nicht besonders gut mit ihr zu meinen.

Der Junge stand nach wie vor regungslos im Raum. Greta legte den Arm um seine Schultern, führte ihn an ihren Schreibtisch und drückte ihn auf den dazugehörigen Stuhl.

»So, Malte, weißt du was? Der Herr Fritz und ich, wir müssen mal kurz zu einem Termin. Und du bleibst hier am Telefon und schreibst von jedem, der anruft, die Nummer auf. Das ist eine verdammt wichtige Aufgabe. Kriegst du das hin?«

Keine Reaktion.

Greta Gerber versuchte sich an einem Lächeln. »Aber ja, das bekommst du hin. Telefonieren kann doch jeder, oder? Wir sind in eineinhalb Stunden wieder zurück. Und dann unterhalten wir uns mal richtig, ja?«

Der Junge blieb stumm.

»Vielleicht schwätzt der koi Deutsch?«, versuchte sich POM Fritz an einer Erklärung. Er packte Malte am Kinn, hob den Kopf so, dass der Junge ihm in die Augen sehen musste.

»Was isch jetzt? Die Frau Gerber hot gfrogt, ob de telefoniera kannsch? Ja oder noi?«

Der Polizeiobermeister gab Malte einen leichten Klaps auf den Hinterkopf. Der Junge nickte.

»Pädagogisch nicht einwandfrei, aber immerhin. Und schwäbisch scheint er zu verstehen«, kommentierte Greta Gerber die unkonventionelle Vorgehensweise ihres Kollegen. »Soll mir recht sein. Damit ist Malte Ihr Fall, Herr Fritz.«

Sie flüchtete schnell aus dem Büro, um etwaigen Widerworten ihres Kollegen zu entgehen.

4

Es klopfte an seiner Zimmertür. Peter Grossmann legte das Buch zur Seite, das Miriam ihm empfohlen hatte: die Biografie des Schriftstellers Paolo Coelho, der auf dem Pilgerweg nach Santiago de Compostela ein Erweckungserlebnis hatte. Es gebe Parallelen zwischen Coelho und ihm, hatte seine Heilerin gesagt. Diese zu erkennen und daraus Rückschlüsse zu ziehen, sei seine Aufgabe.

Er erhob sich aus seinem Sessel und schritt den kurzen Flur entlang. Er öffnete. Blandine rauschte ohne Gruß an ihm vorbei, baute sich vor dem Fenster auf. Ihre »leicht chirurgisch korrigierten« Lippen zitterten, doch ihr Blick war klar und scharf.

»Du warst nicht beim Abendessen. Ich habe über eine Stunde auf dich gewartet. Wo bist du gewesen?«

Sie verschränkte die Arme vor der »minimal optimierten« Brust, reckte angriffslustig ihr »sanft der eigentlichen Natur angepasstes« Kinn. In dieser Pose ähnelte sie seiner Frau. Doch im Gegensatz zu seiner Gattin hatte Blandine keinerlei Anspruch auf eine Antwort. Dennoch antwortete er ihr. »Ich hatte einen Termin.«

Blandine lachte schrill, strich mit einer theatralischen Geste ihr »nachgedunkeltes« Haar hinter das Ohr. Ihre Armbänder klimperten. Noch so eine Eigenheit, die ihn an seine Frau erinnerte: Auch sie liebte es, durch kostbare Dinge eine Art Fernwirkung zu erzielen, und wenn dies nicht gelang, zumindest akustisch auf sich aufmerksam zu machen.

»Was soll das denn für ein Termin gewesen sein, wenn ich fragen darf?«, zischte sie. »Du bist hier zur Kur. Schon vergessen?«

»Du darfst aber nicht fragen«, erwiderte er ruhig. Die drei Viertele Wein, die er im Gasthaus zum Hecht zu sich genommen hatte, gaben ihm die nötige Gelassenheit für dieses Gespräch.

Blandine wiederum verlor sichtlich an Haltung, ihr vermeintliches Selbstbewusstsein bröckelte von Sekunde zu Sekunde.

»Aber wir waren doch verabredet.« Sie klang wie ein kleines Mädchen, dem der Kirmesbesuch verwehrt wurde. »Ich habe mich den ganzen Tag nach dir gesehnt.«

Sie schien es ernst zu meinen. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn. Offensichtlich investierte sie mehr Gefühl in diese Affäre, als er angenommen hatte. Dabei waren sie von Anfang an übereingekommen, dass sie sich gegenseitig den freudlosen Therapieaufenthalt durch die Hinzunahme einer erotischen Komponente ein wenig versüßen wollten. Mehr nicht. Ganz ohne Druck oder Verpflichtung dem anderen gegenüber. Sie waren sich einig gewesen, dass Rulaman sicher ebenso gehandelt hätte.

Blandine war eine attraktive Mittvierzigerin, die mit dem natürlichen Alterungsprozess, der bei ihr wahrlich gemäßigt ausfiel, überhaupt nicht klarkam. Offensichtlich wurde sie in jeder Hinsicht, vor allem aber in sexuellen Belangen, von ihrem Gatten vernachlässigt. Der bekam wahrscheinlich nur noch eine Erektion, wenn er auf dem Börsenparkett sein Geld vermehrte, das Schmuckstück in seinem Bett – trotz oder dank aller chirurgischen Eingriffe konnte man Blandine durchaus als Pretiose bezeichnen – interessierte ihn wohl weniger. Entsprechend leicht war es Grossmann gelungen, ihre Leidenschaft zu entflammen. Oder um es salopp zu formulieren: Er hatte nur ein wenig zündeln wollen, aber das hatte genügt, einen Flächenbrand bei ihr auszulösen.

Blandine schob sich auf ihn zu, das Becken leicht nach vorn gestellt, die Lippen zu einer beleidigten Schnute verzogen. Sie drückte sich an ihn, schlang ihre Arme um seinen Hals. »Gut, dann bleibt uns nur noch Zeit für das Dessert.«

Sie versuchte ihn zu küssen, doch er drehte sich weg. »Blandine, lass das. Wir sollten das hier beenden, bevor du noch mehr Gefühle für mich entwickelst. Das bringt doch nichts.«

Sie löste ihre Umarmung, trat einen Schritt zurück und der ursprüngliche Trotz kehrte zurück. »Was soll das? Du weist mich ab? Bin ich dir nicht mehr gut genug? Oder gibt es eine andere?«

Grossmann hätte am liebsten laut aufgelacht. Das war gut. Eine Affäre, die ihm einen Vorwurf machte, dass er eine Affäre hatte! Eine Farce. Dennoch entschied er, dass es besser war, die sanfte Tour fortzuführen. Er wollte Blandine nicht verletzen. Warum auch? Sie war eine zärtliche, einfühlsame Frau, eine Geliebte, wie man sie sich wünschen konnte. Er streckte seine Hände nach den ihren aus, doch sie zog sie weg und verschränkte sie hinter dem Rücken.

»Schau«, sagte er. »Wir hatten doch eine gute Zeit, oder nicht? Du hast mir, ich hab dir gutgetan. Und in ein paar Wochen sind wir eh wieder zuhause. Bei unseren geliebten Ehepartnern. Und mit ihnen leben wir unsere Leben getrennt weiter. Alles wie gehabt. Dann können wir doch genauso jetzt Schluss machen, oder nicht?«

Er breitete die Arme aus, um seiner Großmütigkeit eine Dimension zu verleihen, doch Blandine verstand die Geste völlig falsch. »Du servierst mich ab, du selbstgerechtes Arschloch? Einfach so?« In ihren Augen, die durch die nahezu unsichtbaren Kontaktlinsen im Tiefgrün eines Waldsees funkelten, blitzte purer Hass auf.

Einen Moment standen sie sich gegenüber und fixierten sich. Von der Frau, die offenbar vor Wochen noch einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte, die unbedingt eine Auszeit brauchte, war in diesem Moment nichts zu spüren. Grossmann wiederum spürte das rasante Schlagen seines Herzens. »Wer ist sie?«, krächzte Blandine.

Normalerweise hätte sich Peter Grossmann eine Zigarette angesteckt, hätte den Rauch tief inhaliert und ihn langsam durch die Nase entweichen lassen. Um Zeit zu gewinnen. Um nachzudenken. Aber Rulaman war offenbar Nichtraucher gewesen, der Genuss von Tabak war in der Härle-Klinik strengstens verboten. Und wenigstens in diesem Punkt wollte er sich an die Regeln halten.

Dem Unternehmer war klar, dass seine Geliebte nicht zu viel erfahren durfte. Sie würde ihn beim Chefarzt anschwärzen, womöglich seine Frau informieren. Sie würde alles dafür tun, damit er die Kontrolle verlor. Das konnte er nicht riskieren. Er legte ihr die Hände auf die Schultern, sie ließ es geschehen.

»Blandine, Süße, können wir nicht wie Erwachsene handeln? Es war schön mit dir, und wenn es am schönsten ist, soll man gehen.«

Er versuchte sich an einem Lächeln.

Sie schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht.

»Du gehst zu dieser Hexe, nicht wahr? Zu dieser rothaarigen Nutte, die fast allen Männern dieses Kaffs das Hirn rausbläst. Die euch hörig macht. Aber das ist noch keinem gut bekommen.«

Grossmann rieb sich die schmerzende Wange. Eines musste man Blandine lassen. Sie verfügte über eine ordentliche Handschrift.

»Wie meinst du das?«, fragte er.

Blandine warf den Kopf in den Nacken und lachte gequält. »Es stimmt also. Die Hexe vom Federsee hat dich in ihrem Bann.«

»Hexe vom Federsee? Was soll der Quatsch?« Blandine trat so nah an ihn heran, dass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. Er konnte ihren Atem spüren. Heiß, als wollte Dampf entweichen. »Das weißt du nicht? So nennt man diese kleine Nutte, die auf Eso-Heilerin macht. Ihre Behandlung soll umwerfend sein. Ganz anders und genau so, wie ihr Männer das gern habt, nicht wahr? Aber es soll auch Risiken und Nebenwirkungen geben. Sagt man. Aber das wirst du schon noch feststellen. Garantiert!«

Mit diesen Worten ließ ihn Blandine stehen.

5

Die Nacht, sternenklar. Es ist, als öffnete die Dunkelheit den Vorhang zu einer karg ausgestatteten Bühne. Nur ein Mikrofon steht dort im Schein eines Spots, sonst nichts. Und jeder, der etwas zu sagen hat, darf in den Lichtkreis treten und zu einem unsichtbaren, nein, zu einem nicht existenten Publikum sprechen. Frei von Themendruck – es geht nicht ums Gehörtwerden, es geht ums das Loswerden von Gedanken. Damit sie nicht weiter im Kreis laufen müssen, sich nicht in einer Endlosspirale winden. Die Nacht kann diesen Kreislauf durchbrechen, als hätte sie einen Schlüssel zu einer verborgenen Tür, durch den die Gedanken hinausströmen können.

Wieder gibt es einen, der sich nicht an die Regeln halten will. Der meint, er wisse, was gut für ihn ist. Wieder einer, der kein Vertrauen in das System hat. Der sich dagegen auflehnt. Und wieder ist sie es, die ihm die Anleitung zum Ungehorsam eingebläut hat. Die Hexe.

Arme verirrte Seele. Bedauernswerte Kreatur. Von einem Irrlicht geblendet. Ihm muss geholfen werden, klar zu sehen. Ihr muss der wahre Weg gewiesen werden. Zur Heilung. Zur Erkenntnis. Zum Glück. Ein Exempel, es war an der Zeit, wieder einmal ein Exempel zu statuieren. Am besten für alle. Damit die Zweifel vernichtet werden.

Das Publikum schweigt, die Nacht bleibt stumm, die Gedanken bleiben ungehört. Kein Applaus brandet auf. Und doch liegt in diesem Schweigen eine Zustimmung zu dem längst beschlossenen Schritt. Er ist notwendig und daher richtig. Es muss einfach sein.

6

Pfarrer Goettle saß entspannt auf dem Rücksitz der Limousine, die ihn in die Härle-Klinik nach Bad Buchau brachte. Jeden Donnerstagmorgen wurde er von einem Chauffeur der Klinik, der sich mit Jean-Luc vorgestellt hatte, in Wirklichkeit aber Karlheinz Siegle hieß, abgeholt. Allein dieses Ritual hatte etwas von einem Staatsakt. Wenn die schwarze Limousine am Straßenrand vor dem Gemeindehaus parkte, der stilecht mit Anzug und Mütze bekleidete Jean-Luc zur Türklingel eilte und dann in aufrechter Haltung neben dem Wagen stehenblieb, bis Pfarrer Goettle erschien, um ihm die Tür zu öffnen, sie hinter ihm zu schließen, im Laufschritt um den Wagen zu hechten und am Steuer Platz zu nehmen, dann blieben schon mal Passanten stehen. Offenbar vermuteten sie, dass ein Prominenter in der Stadt weilte, um Biberach einen Moment lang in seinen Glanz zu tauchen. Und es war allzu offensichtlich, dass der Geistliche an diesen Momenten Gefallen fand: Er hatte sich angewöhnt, den Gaffern huldvoll zuzuwinken, nicht etwa in der Art, wie der Papst es tat, sondern eher im Stile der englischen Königin.

»A bissle Spaß muss sei«, erklärte er einem Fahrer, der anfangs sehr reserviert auf das Tun seines Fahrgastes reagiert hatte. »Sonschd hen die Leut heut Obend nix zum verzähla.«

Goettle genoss die etwa halbstündige Fahrt von Biberach nach Bad Buchau. Die Landschaft hatte etwas Beruhigendes: Sanft geschwungene Hügel, deren Verlauf von Feldern und kleinen Waldstücken, die ihre farbenfrohe Herbstgewandung angelegt hatten, durchbrochen wurden. Die unaufgeregte Topographie wäre bestens geeignet, um die Bilder zu einem Pink-Floyd-Stück zu liefern, dachte Goettle. Shine on you crazy diamond. Oder zu einem Adagio von Händel. Il Trionfo. Leise summte er die Melodie vor sich hin.

»Soll isch das Radio anmachön?«, fragte Jean-Luc mit aufgesetztem französischen Akzent.

»Noi, i seng selber«, antwortete der Geistliche.

Die Allee der Moorbirken, die in gerader Linie auf den Ort zuführte, zeigte ihm an, dass er schon bald am Ziel sein würde. Die Bäume standen Spalier, als wollten sie seiner Ankunft huldigen, und Goettle musste sich beherrschen, damit er nicht auch ihnen zuwinkte.

Nur wenig später durchkreuzte die Limousine den Ortskern. Einige wenige Flaneure unternahmen ihren Morgenspaziergang; eine Schulklasse drängte sich am Straßenrand, wahrscheinlich stand den Mädchen und Jungen ein Besuch im Federseemuseum bevor.

Goettle erfreute sich an der Unbeschwertheit der Kinder, die sich neckten, Grimassen schnitten und in der Energie der Vorfreude standen. Sie waren das schiere Gegenbild zu den Menschen, die ihn in der Klinik erwarteten. Seine Patienten entbehrten jeglichen Elans, waren ausgebrannt, erschöpft, traurig, fühlten sich allein, hatten Verhaltensrituale entwickelt, die in den Augen der Gesellschaft als abnormal galten und die sich vor allem gegen sie selbst richteten. Sie arbeiteten bis zur völligen Erschöpfung, nahmen Tabletten, tranken Alkohol, litten unter Depressionen, Schlafstörungen, hörten auf zu essen, sprachen nicht und wenn, dann mit unsichtbaren Partnern. Sie alle waren der Beweis dafür, dass Geld nicht glücklich machte. Reichtum war das Einzige, was sie einte. Alle Patienten der Härle-Klinik waren so wohlhabend, dass sie sich über finanzielle Dinge keine Gedanken machen mussten.

Eines von Goettles Kirchenchormitgliedern, die rüstige Frau Blechle, die in der Klinik als Ehrenamtliche in der Küche aushalf und ein bekennender Fan des rustikalen Geistlichen war, hatte der Klinikleitung die Empfehlung gegeben, Pfarrer Goettle für eine Vortragsreihe zu engagieren. Da dies den Verantwortlichen zu »unsexy« klang, gaben sie den Seminaren die neudeutsche Bezeichnung Workshop. Pfarrer Goettle hatte anfangs Würgshop verstanden, was jedoch lediglich im Fall der an einer Essstörung leidenden Natascha einen Sinn ergeben hätte.

Sein Ziel war es, den Haltsuchenden einen Weg zum Glauben aufzuzeigen, und das tat er auf seine Art. Er wusste, dass er mit Bezügen auf die Bibel als moralische Keule wenig Erfolg haben würde. Nein, bei diesem Spezialauftrag galt es, zeitgenössische Bilder zu finden, mit denen die Betroffenen etwas anfangen konnten. »Für jedes Problem gibt’s an Spezialista. Wenn der Fernseher he isch, holsch an Techniker, wenn de aussiehsch, als hättsch Stroh auf dem Kopf, gohsch zum Frisör, wenn de Verstopfung hosch, gohsch zum Apotheker. Aber wenn die Seele verstopft isch, dann gibt’s net viel Spezialista. Eigentlich bloß mi und den lieba Gott. Und mir boide sen der Ansicht: Raus mit dem Scheiß, der euch belastet!«

Mit brachialen Aufmunterungen wie dieser versuchte er, sich seinen Patienten zu nähern. Viele waren es nicht, die seine Dienste in Anspruch nehmen wollten, insgesamt fanden sich nur fünf Interessierte im Seminarraum ein. Hermann Steinbach, der von sich behauptete, dem Alkohol abgeschworen zu haben, der jedoch stets eine Fahne wie ein Standartenträger mit sich führte. Ernst Allgaier, ein Burnout-Patient mit Herzrhythmusstörungen, der keine Minute verbringen konnte, ohne auf seinem Smartphone herumzutippen und zu seufzen. Chantal Möller, die sich stetig ein Krankheitsbild einredete, um sich nicht ihre robuste Gesundheit eingestehen zu müssen, die ihr in ihrer Familie überhaupt keine Aufmerksamkeit eingebracht hätte. Die tief traurige Helen Kreutzer, die von ihrem Mann in die Klinik abgeschoben wurde, damit dieser sich weiter seinen Geliebten zuwenden konnte, und Natascha Petrovic, die sich trotz ihrer 45 Kilogramm bei einer Körpergröße von 1,70 Meter für zu fett hielt.

Um sie machte sich Andreas Goettle die meisten Sorgen. Er war sich nicht sicher, ob die Härle-Klinik tatsächlich der richtige Ort für den Teenager war. Für die 15-Jährige wäre wohl eine richtige Psychotherapie das adäquate Mittel gewesen, um ihr Selbstbild zu korrigieren, und nicht die Pseudo-Wellness-Behandlung, die angeboten wurde.

Natascha war an diesem Morgen die einzige Teilnehmerin, die den Geistlichen im Seminarraum erwartete. Sie saß allein im Stuhlkreis und betrachtete gelangweilt ihre Fingernägel, von denen der blutrote Nagellack abblätterte.

Goettle legte seinen Mantel und seine Tasche ab und sah den Teenager fragend an. »Wo sen die andere?«

Natascha sah nicht auf und zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Beim Frühstück habe ich sie alle noch gesehen. Danach nicht mehr«, nuschelte sie. »Ist doch auch egal.«

Goettle hob ungläubig die Augenbrauen: »Du warsch beim Frühstück? Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Was hat’s denn geba?«

»Rührei mit so einem komischen grünen Zeugs drin. Für die anderen. Für mich gab es einen halben Apfel und eine Tasse Kaffee. Ich lass mich hier doch nicht mästen.«

Der Geistliche seufzte. Er verzichtete darauf, Natascha zu belehren, dass ihr Frühstück nicht ausreichend war, um einen Menschen zu ernähren. Diese Diskussion hatte er schon oft geführt, mit dem Resultat, dass der Teenager die Mahlzeiten komplett verweigerte.

»Ein halber Äpfel, immerhin. Morgen kannsch ja mal an Joghurt dazu probiera«, sagte er.

Natascha zeigte keine Reaktion auf seine Worte. Sie zog ihren Pony über das Gesicht und verbarg sich hinter den Haarsträhnen.

Goettle sah ihr einen Moment zu, dann fasste er einen Entschluss.

»I glaub, i guck mol, was da los isch. Vielleicht wissat die im Sekretariat was. Kann i di alloi lasse?«

Natascha gab keine Antwort. Goettle seufzte erneut. Dies schien ein schwieriger Tag werden zu wollen.

Willkommen in Bärbels kleiner Giftküche, www.baerbelsblog.deWissenswertes aus Fauna und Flora Brunnenkresse – Energielieferant aus der Natur

Hallo, meine Lieben,

sicher habt ihr schon darüber gelesen, dass die Brunnenkresse aufgrund ihres hohen Vitamingehalts den ganzen Organismus stärkt. Meine Erfahrung hat gezeigt: Eine Frühjahrskur mit Brunnenkresse – und die Lebenssäfte beginnen zu fließen. Zudem ist die Pflanze aufgrund ihrer angenehmen Grundschärfe ein beliebtes Würzmittel. Allerdings ist auch hier Vorsicht geboten. Allzu große Mengen sollte niemand ungekocht zu sich nehmen, sonst werden euch die Lebenssäfte kaskadenartig wieder verlassen. Wenn ihr versteht, was ich meine ;-).

Ungeübte Kräutersammler sollten vor dem Verzehr lieber den Profi fragen, denn es besteht große Verwechslungsgefahr mit dem giftigen Wasserschierling. Der trägt seinen Zusatz zu Recht, denn der Verzehr verursacht schon nach kurzer Zeit heftige Krämpfe und Übelkeit. Auch genügen bereits geringe Mengen, um daran zu sterben. Also: Augen auf beim Kräuterkauf.

Eure Bärbel

7

»Für einen Einbruch sieht es hier aber ziemlich aufgeräumt aus. Konnten Sie schon feststellen, ob etwas fehlt? Geld? Schmuck? Andere Wertgegenstände?«

Greta Gerber stand im Wohnzimmer des Einfamilienhauses in der Matthias-Erzberger-Straße und musterte den Besitzer Dietmar Ganske, der fassungslos durch die großzügig geschnittenen Räume streifte und immer wieder »Ohgottogottogott« vor sich hin murmelte. Die Kollegen der Spurensicherung hatten ihre Arbeit schon weitgehend abgeschlossen, und nach der ersten Analyse gab es keinerlei Hinweise auf die Täter. Keine Fingerabdrücke, keine verwertbaren Spuren. Hier waren Profis am Werk gewesen. Mit ein paar einfachen Handgriffen hatten sie die Alarmanlage außer Gefecht gesetzt, sich Zutritt zu der Wohnung verschafft und offenbar sehr gezielt und ohne Zerstörungsgedanken ihre Diebestour begonnen. Dabei hatten sie sich auf Gegenstände beschränkt, die sie ohne Mühe ergattern konnten. Dementsprechend hatten sie sich von Schubladen und Schränken gänzlich fern gehalten.

»Herr Ganske, es wäre gut, wenn Sie uns eine Liste der gestohlenen Gegenstände zusammenstellen könnten«, wiederholte Greta Gerber ihr Anliegen. »Womöglich versuchen die Täter, die Sachen über das Internet oder über einschlägig bekannte Händler zu versilbern. Das wäre sehr wichtig für uns.«

Ganske unterbrach sein Lamento für einen Moment, betrachtete die Hauptkommissarin, als sähe er sie zum ersten Mal, dann nickte er. »Meine Musikinstrumente, meine Schätze. Die Schweine haben meine Trompete mitgenommen. Ein Erbstück meines Onkels. Auf dem hat schon Louis Armstrong gespielt.« Der graumelierte Mittfünfziger rang um seine Fassung. »Die Original-Ukulele von George Harrison, auf der er ›My sweet Lord‹ komponiert hat. Auch weg. Die Mundharmonika, die Bob Dylan in der Royal Albert Hall 1966 dabeihatte. Ungespielt ist die, weil sich sein Schlagzeuger vor dem Auftritt draufgesetzt hatte, so dass sie ein bisschen verbeult war. Nur die Gitarre von Wolfgang Petry haben sie dagelassen. Seltsam.«

Greta Gerber fand dies nicht so außergewöhnlich. Offenbar hatten die Täter Musikgeschmack. »Und sonst fehlt nichts?«, fragte sie.

Dietmar Ganske winkte ab. »Doch, ein bisschen Bargeld. 200 Euro oder so. Und die Vase einer Erbtante meiner Frau ging zu Bruch. Aber dafür müsste ich den Tätern aus Dankbarkeit eigentlich zusätzliches Geld überweisen. Die war richtig hässlich.« Er kicherte, fand jedoch schnell in sein Selbstmitleid zurück. »Aber das ist doch alles nichts im Vergleich zu meiner Sammlung. Das sind unwiederbringliche Werte.«

Er ließ sich kraftlos in einen Sessel fallen und starrte an die Decke.

Das Klingeln von Gretas Handy unterbrach die Vernehmung. »Oli ruft an« stand auf dem Display und in froher Erwartung, die Stimme ihres Liebsten zu hören, nahm die Hauptkommissarin das Gespräch an.

»Hi«, flötete sie.

Oliver Raible räusperte sich. »Hallo«, krächzte er, »wie geht es meiner Schönen heute?«