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Im Sonnenuntergang genießt Sydney die Party auf einer Luxusyacht. Bis ein aufdringlicher Verehrer sie zu einem Sprung über Bord zwingt – und sie direkt im Netz des umwerfenden Hugh McGillivray landet! Der aber weiß seinen Jahrhundertfang gar nicht zu schätzen …
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Seitenzahl: 205
IMPRESSUM
Goldene Sonne über der Karibik erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© by Barbara Schenck Originaltitel: „In McGillivray’s Bed“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANABand 1657 - 2006 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg
Umschlagsmotive: mauritius images / Image Source / Matelly
Veröffentlicht im ePub Format in 06/2022.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751514743
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Es mochte noch andere Paradiese auf Erden geben.
Aber viel besser als hier, so sagte sich Hugh McGillivray, konnte es ihm eigentlich nicht gehen.
Mit einem glücklichen Seufzer lehnte er sich zurück und sah zu, wie die Sonne am Horizont rotgolden im Karibischen Meer versank.
Er saß in seinem Boot, das sanft auf den Wellen schaukelte, und hielt eine Angelschnur in der Hand. Eine zweite Leine hing im Wasser. Vielleicht biss doch noch ein Fisch an, aber im Grunde war ihm das gleichgültig. Für heute hatte er genug gefangen und einen jener Tage verbracht, an die er sich aus seiner Kindheit noch so gut erinnerte. Ein Tag, an dem sich alles Mögliche ereignen konnte oder auch gar nichts. Das eine war ebenso gut wie das andere.
Nach diesen Tagen hatte er sich gesehnt, wenn ihm als Pilot der amerikanischen Marine die dort herrschenden strengen Regeln und Bestimmungen zu viel geworden war. Diese rigiden Vorschriften waren auch ein Grund dafür, warum er vor fünf Jahren die Uniform abgelegt hatte und auf die kleine Insel der Bahamas, Pelican Cay, zurückgekehrt war. Hier gründete er sein Charterflugunternehmen Fly Guy.
An Arbeit fehlte es nicht. Er flog Passagiere und Frachtgut innerhalb der Karibik oder an die Südküste Amerikas. Das Fliegen machte ihm Spaß, er lernte interessante Menschen kennen, und es war immer etwas los, wie er seinem Bruder Lachlan erst letzte Woche versichert hatte.
Und ab und zu gab es einen dieser wundervollen Tage, an denen niemand reisen musste oder etwas zu verschicken hatte. Dann war Hugh sein eigener Herr und konnte tun und lassen, was er wollte.
So wie heute, dachte er grinsend und bewegte die Angelschnur ein wenig, für den Fall, dass sich ein Fisch in der Nähe befand. Natürlich hätte er auch zu Hause bleiben können, um seiner Schwester in der Werkstatt zu helfen oder die Buchhaltung zu erledigen. Aber die lief ihm nicht davon, und Molly arbeitete im Moment am Motor des Helikopters. Wie er sie kannte, erledigte sie das lieber ohne ihn.
Molly und er waren seit vier Jahren Geschäftspartner und kamen im Allgemeinen gut miteinander aus – sie war die Mechanikerin, er der Pilot. Nur wenn sie gemeinsam an einem Projekt arbeiteten, bekamen sie sich leicht in die Wolle. Sie war leicht erregbar und besaß, wie alle Rothaarigen, ein feuriges Temperament. Und so hatte er es vorgezogen, sie ihrem Schicksal zu überlassen, und sich mit seiner Collie-Hündin Belle auf den Weg zum Hafen gemacht, um fischen zu gehen.
Nach einem Vormittag auf dem offenen Meer und dem Besuch seiner bevorzugten Angelplätze ankerte er gegen Mittag in der kleinen Bucht einer Insel ein paar Kilometer östlich von Pelican Cay. Dort aß er sein Sandwich und trank ein Bier, während Belle das Mangrovendickicht erforschte. Danach schwammen sie beide, und als der Nachmittag zu Ende ging, machten sie sich mit der Strömung langsam wieder auf den Heimweg. Er hatte es nicht eilig.
Nach dem heißen Tag brachte die aufkommende Brise eine angenehme Kühlung. Er nippte an seinem Bier, zog ab und zu an der Angelschnur und bewunderte den farbenprächtigen Sonnenuntergang. Ein Motorboot mit einer Schar sonnenverbrannter Ausflügler, die auf dem Rückweg nach Nassau waren, überholte ihn. Sie sahen müde, aber zufrieden aus und winkten ihm zu. Er winkte zurück, ebenso zufrieden mit dem Tag, den er gehabt hatte. Jeder wie er mag, dachte er.
Niemand konnte glücklicher sein als Hugh auf seinem alten Boot. Nicht einmal die Angeber auf der schnittigen, hell erleuchteten Motorjacht, die vor Kurzem an ihm vorbeigerauscht war und an deren Bord eine Party in vollem Gang zu sein schien. Er konnte das Gelächter und die Klänge von Calypsomusik immer noch hören.
Er holte das letzte Bier aus der Kühltasche, die jetzt mit seinem Tagesfang und dem übrig gebliebenen Eis gefüllt war. Er hatte genügend Fisch für die ganze Woche, nicht nur für sich, sondern auch für Molly und Lachlans Frau Fiona.
Bei dem Gedanken an seine Schwägerin grinste er. Normalerweise war sie gertenschlank, aber jetzt erwartete sie ein Baby und befand sich, nach ihren Worten, im „Walfischstadium“. Er mochte Fiona und war überzeugt, dass sie eine wundervolle Mutter sein würde. Sich seinen Bruder als Daddy vorzustellen fiel ihm nicht so leicht – es war schwer genug gewesen, sich an Lachlan, den Ehemann, zu gewöhnen. Früher, als er noch ein internationaler Fußballprofi gewesen war, nannte man ihn nur den „tollen Torwart“, und er hatte seinem Ruf alle Ehre gemacht. Die Frauen liefen ihm scharenweise nach und täten es auch heute noch, wenn er ihnen Gelegenheit dazu geben würde. Aber jetzt hatte Lachlan nur noch Augen für Fiona. Er war zahm wie eine Hauskatze.
Was man von Hugh nicht behaupten konnte.
Als Carin Campbell vor zwei Jahren Nathan Wolfe heiratete, kam Hugh zu dem Schluss, dass ein Junggesellendasein eine Menge für sich hatte. Carins Entscheidung hatte ihn hart getroffen, obwohl er sich das nicht anmerken ließ. Niemand wusste, wie viel sie ihm bedeutete und dass er sie immer noch liebte. Sie blieben auch weiterhin Freunde, aber da er sie nicht haben konnte und keine andere wollte, sagte er sich, er könne ebenso gut seine Freiheit genießen.
Hugh mochte die Frauen, und er flirtete gern – es machte fast ebenso viel Spaß wie Fischen. Und er hatte auch nichts dagegen, wenn ein Flirt im Bett endete, solange es beim Sex blieb und keiner die Geschichte ernst nahm.
Er wünschte, Lisa Milligan würde es nicht so ernst nehmen – das Flirten, nicht den Sex. Sex mit Lisa kam nicht infrage. Hugh schlief aus Prinzip nur mit Frauen, die sich keine falschen Hoffnungen machten, und genau das war bei ihr der Fall. Man brauchte kein Gedankenleser zu sein, um das zu erkennen.
Lisa war Tonys Nichte, der Besitzer eines kleinen Restaurants in Pelican Town. Ein nettes Mädchen, naiv und noch sehr jung: neunzehn, um genau zu sein. Das reinste Kind. Sie war nach Pelican Cay gekommen, um, wie sie Hugh mitteilte, nachzudenken und sich selbst zu finden.
Und gefunden hatte sie ihn!
Sie waren sich in Lachlans exklusivem Hotel Mirabelle begegnet, wo sie während der Sommermonate an der Rezeption arbeitete. Nach alter Gewohnheit hatte er ein bisschen mit ihr geflirtet, doch das hieß noch lange nicht, dass er sie auch heiraten wollte.
Aber davon war Lisa überzeugt, wie er bald darauf von Pelican Cays größter Klatschtante Miss Saffron erfuhr.
„Sie sagt, es ist nur eine Frage der Zeit“, vertraute die alte Dame ihm an.
Hugh sah sie entsetzt an. Nicht in diesem Leben, dachte er.
Von da an ging er Lisa aus dem Weg, was nicht einfach und völlig nutzlos war. Er teilte ihr unmissverständlich mit, dass er nicht an Heiraten denke, aber auch das half nicht. Sie lächelte nur und zeigte dabei ihre entzückenden Grübchen. „Dann muss ich dich eben dazu bringen“, sagte sie.
Seitdem verfolgte sie ihn auf Schritt und Tritt. Sie kam in die Werkstatt, erwartete ihn am Hafen, und heute früh erschien sie sogar auf seiner Veranda.
„Hast du Lust, schwimmen zu gehen?“, fragte sie hoffnungsvoll.
„Ich kann nicht“, erwiderte er freundlich, aber bestimmt.
„Oh.“ Sie machte ein enttäuschtes Gesicht. „Sehen wir uns dann später?“
„Das glaube ich nicht, ich bin bis in die Nacht unterwegs.“
„Kann ich mitkommen? Heute ist mein freier Tag.“
„Tut mir leid, das geht nicht. Es ist geschäftlich.“
Und das war nicht einmal gelogen – er musste schließlich wissen, wo man am besten fischen konnte, für den Fall, dass seine Kunden danach fragten.
Er war also den ganzen Tag „geschäftlich“ unterwegs gewesen – und hatte jede Minute genossen. Ohne Lisa.
Jetzt streckte er sich genüsslich, lehnte sich zurück und unternahm einen letzten Versuch mit der Angelschnur. Er zog daran – und sah, wie sie sich plötzlich straffte.
„Na also.“ Zufrieden richtete er sich auf, ließ mehr Leine aus und holte sie wieder ein, um sicherzugehen, dass er nicht ein Büschel Algen am Haken hatte. Das Ziehen am anderen Ende wurde stärker. Hugh stieß einen Pfiff aus: Es war ein Fisch, und er war nicht klein.
„So was!“, sagte er glücklich, während er langsam die Leine einholte. „Der ist nicht von schlechten Eltern.“
Im gleichen Moment straffte sich auch die Leine am Heck.
Hugh wirbelte herum und sah, wie die Angelrute in der Halterung wild auf und nieder ging. Belle sprang auf und kläffte. „Nur keine Panik.“ Mit der freien Hand griff er nach der Rute; gleichzeitig sah er aus den Augenwinkeln, dass neben dem Boot etwas wild im Wasser zappelte.
Du liebe Güte! Er wickelte die Schnur ein paar Mal um die Hand und stemmte die Füße gegen das Deck. Was hatte er bloß am Haken? Einen Wal?
Mühsam zog er an der Leine, und im nächsten Moment durchbrach sein Fang die Wellen.
Es war eine Frau!
Sie spuckte und keuchte, dann herrschte sie ihn an: „Hören Sie endlich mit dem Zerren auf! Sie reißen mir noch das Kleid vom Leib!“
Träumte er?
Er hatte eine Frau gefangen? Unmöglich!
War es zu viel Sonne oder zu viel Bier?
Er schüttelte den Kopf, um die Vision zu vertreiben. In dem Moment fing die Hündin an zu bellen, und Hugh sah, dass sie sich über den Bootsrand lehnte und mit dem Schwanz wedelte. Es war also keine Erscheinung.
Aber was war es? Eine Meerjungfrau?
„Sei still, Belle!“ Dann fuhr er das Wasserwesen an: „Hören Sie endlich mit dem Gezappel auf!“
„Ich zapple nicht, ich versuche, den verflixten Haken aus dem Kleid zu ziehen.“ Abrupt tauchte sie unter. Verwirrt sah Hugh auf die leere Oberfläche. Er musste den Verstand verloren haben.
Belle winselte. Er packte sie beim Halsband, um zu verhindern, dass sie über Bord fiel. Die Angelschnur schnitt in seine Handfläche, als die Frau prustend wieder auftauchte. Anscheinend hatte sie den Angelhaken nicht freibekommen.
„Die blöden Pailletten!“, murrte sie.
Pailletten? Hugh blieb der Mund offen stehen, als er die silbern funkelnden Träger auf ihren Schultern bemerkte. Wer um alles in der Welt ging in so einem Kleid baden?
Sie machte noch einen Versuch, dann gab sie es auf und schwamm mit zwei Zügen zum Boot, wobei sie die Angelschnur noch mehr verhedderte.
„Haben Sie ein Messer?“
Ein Boot ohne Messer? Das war ja wie ein Haus ohne Dach.
„Natürlich.“
„Geben Sie es mir! Oder schneiden Sie die Leine durch, und ziehen Sie mich an Bord.“ Gebieterisch streckte sie eine Hand aus dem Wasser.
Sie hörte sich wie sein früherer Vorgesetzter bei der Armee an. Was fiel ihr ein, so mit ihm zu reden? Er ließ sich nicht mehr herumkommandieren, schon gar nicht von einer Nixe.
„Worauf warten Sie?“, fuhr sie ihn an, als er keine Anstalten machte, ihrer Aufforderung nachzukommen.
„Vielleicht auf das magische Wort?“
„Was in aller Welt …“ Gereizt schlug sie mit den Armen um sich.
„Das würde ich an Ihrer Stelle nicht tun. Es sei denn, Sie legen Wert auf Haifische.“
„Haie? Hier gibt es keine H…“
„Oh doch, große, hungrige … Wie in dem Film ‚Der weiße Hai‘, wenn Sie sich an den noch erinnern können.“ Dies war mit Abstand die außergewöhnlichste Situation, in der er sich je befunden hatte.
Verwirrung und Ärger spiegelten sich in ihrem Blick, dann gab sie nach: „Bitte.“
„Aber gern“, erwiderte er liebenswürdig, beugte sich hinab und zog sie aus dem Wasser. An Deck verlor sie das Gleichgewicht und fiel in seine Arme. Sie war nass und kalt wie ein Fisch, doch damit hörte die Ähnlichkeit auf.
Sie hatte runde Brüste, wohlgeformte Hüften – und Beine, keinen Schwanz, was ihn einerseits erleichterte, andererseits irritierte. Er packte sie an den Armen. „Wie kommt es, dass Sie mutterseelenallein mitten im Meer herumschwimmen?“
Sie befreite sich aus seinem Griff und strich das triefende Haar aus dem Gesicht. „Nicht zum Vergnügen, das können Sie mir glauben. Ich wollte Ihr Boot erreichen.“
„Mein Boot?“
„Sehen Sie noch ein anderes?“, fragte sie spitz.
Er sagte nichts, sondern musterte sie nur von oben bis unten: die hinreißende Figur, die langen Beine, das teure Kleid. Sie musste von der Luxusjacht, deren Lichter am Horizont noch sichtbar waren, ins Meer gefallen sein.
„Was ist passiert?“, fragte er. „Hatten Sie zu viel zu trinken?“
„Wie bitte?“ Empört sah sie ihn an.
„Sind Sie über Bord gefallen?“
Sie hob das Kinn. „Ich bin nicht gefallen, sondern gesprungen.“
„Was?“
„Ich bin gesprungen“, wiederholte sie.
„Mitten auf dem Ozean? Sind Sie wahnsinnig?“
Sie straffte die Schultern und richtete sich auf. Hugh sah, dass sie fast ebenso groß war wie er. „Natürlich nicht, ich hatte keine andere Wahl.“
Sprachlos blickte er ihr ins Gesicht, dann schüttelte er den Kopf. Entweder hatte sie in einem Anflug geistiger Umnachtung gehandelt oder unter dem Einfluss von Alkohol. Wahrscheinlich das Letztere.
„Das braucht Ihnen nicht peinlich zu sein“, sagte er. „Viele Leute trinken einen über den Durst, wenn sie im Urlaub sind.“
„Ich bin nicht im Urlaub, und ich war nicht betrunken. Bei geschäftlichen Anlässen trinke ich nie“, fügte sie entrüstet hinzu.
„Passiert es öfter, dass Sie bei geschäftlichen Anlässen ins Meer springen?“
Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu, dann schlang sie die Arme um ihre triefende Gestalt. „Glauben Sie, was Sie wollen, es ist mir völlig gleichgültig.“ Sie schwieg. „Ein Handtuch wäre mir allerdings lieb.“
Er rührte sich nicht.
Sie funkelte ihn an und fügte ungnädig hinzu: „Bitte.“
Hugh lächelte. „Sofort.“
Er fischte ein nicht ganz sauberes Handtuch aus der Kabine und hielt es ihr entgegen. „Bitte sehr.“
Sie griff danach und wischte sich das Gesicht ab. Dann sagte sie übertrieben höflich: „Sehr freundlich. Besten Dank.“
„Gern geschehen.“
Schweigend versuchte sie, das Kleid mit dem Handtuch trocken zu reiben. Hugh sah ihr fasziniert dabei zu. „Sie könnten es ausziehen“, schlug er nach einer Weile hilfreich vor.
„Das könnte ich.“
Im nächsten Moment streifte sie die schmalen Träger von den Schultern, und langsam und anmutig schälte sie sich aus dem engen glitzernden Futteral, bis es wie eine silbern schimmernde Pfütze zu ihren Füßen lag. Darunter trug sie nichts als einen trägerlosen BH und einen winzigen Slip.
Hughs Mund wurde trocken, und eine heiße Welle durchlief seinen Körper. Er versuchte zu sprechen, aber außer einem Krächzen kam nichts aus seiner Kehle. Abrupt machte er den Mund zu.
Von all dem schien sie nichts zu bemerken. Mit einem Seufzer der Erleichterung stieg sie über das Kleid und sagte: „Gott sei Dank. Sie können sich keine Vorstellung machen, was nasse Pailletten wiegen.“
Sie hatte recht: Das konnte er nicht. Und selbst wenn er es versucht hätte, wäre er nicht weit gekommen. Die Sauerstoffzufuhr zu seinen Gehirnzellen funktionierte nicht mehr.
Wie ferngesteuert setzte er sich hin. Belle kam und legte die Schnauze auf sein Knie, doch ihr Blick ließ nicht von der Frau ab.
Hughs auch nicht.
„Da Sie so großen Wert auf gutes Benehmen legen … Mein Vater sagt, es ist unhöflich, jemanden anzustarren“, bemerkte sie rügend.
Hugh schluckte. Höflich oder nicht, er verschlang die schlanke und dennoch kurvenreiche Gestalt vor ihm mit den Augen. Sein Gehirn war immer noch wie gelähmt, dafür regte es sich umso heftiger an anderen Stellen seiner Anatomie.
„Wow!“, sagte er schließlich. Tief durchatmend drehte er den Kopf zur Seite.
„Kann ich das benutzen?“, fragte die Frau und hielt Belles Steppdecke in die Höhe.
Die Hündin wedelte mit dem Schwanz – anscheinend hatte sie nichts dagegen.
„Muss das sein?“, entfuhr es ihm. Die Idee, sie könnte diese Schätze unter einer formlosen Hülle verbergen, erschien ihm wie eine Beleidigung.
Sie warf ihm einen geringschätzigen Blick zu. „Wie wäre es dann mit Ihrem Hemd?“, fragte sie ungeduldig und fügte nach einem Moment ironisch „Bitte!“ hinzu.
Sein Hemd? Nein, das behielt er lieber an. Es war lang genug, um seinen gegenwärtigen Zustand zu verbergen.
„Nehmen Sie die Decke“, brummte er.
Sie blinzelte, dann zuckte sie mit den Schultern und wickelte sich in Belles Steppdecke. Jetzt glich sie einem übergroßen Sofakissen, aber Hugh ließ sich nicht täuschen: Er wusste, was sich darunter verbarg, und er war froh, dass er sein Hemd nicht ausgezogen hatte. Um seine Gedanken in eine andere Bahn zu lenken, fragte er: „Wie war das also mit dem Sprung ins Meer? Warum hatten Sie keine andere Wahl?“
Sie warf einen Blick über die Schulter auf die Jacht, deren Lichter man gerade noch am Horizont ausmachte. „Könnten Sie zuerst den Motor anstellen, damit wir vorankommen?“
„Um sie noch einzuholen? Ich bin nicht si…“
„Unter gar keinen Umständen!“, erwiderte sie so heftig, dass er sie erstaunt ansah. „Ich meine …“, fuhr sie ruhiger fort, „… nein, danke.“
Er zog die Augenbrauen hoch. „Sie wollen nicht auf die Jacht zurück?“
„Nein. Mir wäre es bedeutend lieber, wenn Sie die entgegengesetzte Richtung einschlagen würden.“
„Da will ich aber nicht hin.“
„Wohin wollen Sie?“, fragte sie unruhig.
Er wies mit dem Kopf nach den Lichtern von Pelican Cay.
Nach einem Blick in die angegebene Richtung nickte sie. „Das ist mir auch recht, solange wir nur losfahren.“
Interessant, ging es ihm durch den Kopf. Sie hat keine Furcht, ins Wasser zu springen, trotz Dunkelheit und Haien. Und jetzt, wo sie in Sicherheit ist, verliert sie die Nerven. Es sei denn, sie ist nicht in Sicherheit.
„Haben Sie etwas gestohlen?“ Er musterte sie aus zusammengekniffenen Augen.
„Gestohlen?“, erwiderte sie schockiert. „Wie kommen Sie darauf?“
„Ich frage ja nur. Erst springen Sie ins Wasser, und jetzt wollen Sie davonlaufen.“
„Ich laufe nicht davon.“
„Ach ja, richtig, Sie hatten ja keine andere Wahl. Ich frage mich nur, weshalb.“
Sie schwieg, dann sah sie ihm geradeheraus ins Gesicht. „Ich konnte nicht bleiben, das ist alles.“
„Hm.“
„Können wir nicht endlich losfahren? Ich erzähle Ihnen alles, das verspreche ich. Ich musste weg, aber nicht, weil ich etwas verbrochen habe.“ Sie sagte es ruhig und überzeugend, aber mit einer Eindringlichkeit, die nicht zu überhören war.
Vielleicht hatte sie wirklich keine Wahl, ging es ihm durch den Kopf. Er nickte und stellte den Motor an, gab aber kein Gas.
„Worauf warten wir?“
„Auf Sie.“
„Auf mich?“
„Erst will ich Ihre Geschichte hören, und das kann ich nicht, wenn der Motor auf vollen Touren läuft“, erklärte er. „Ich hoffe, sie ist hieb- und stichfest, jetzt, wo Sie mir schon den Fischfang verdorben haben.“
„Das glaube ich einfach nicht“, sagte der Mann, als Sydney geendet hatte.
Sie funkelte ihn an. Wie kam er dazu, an ihren Worten zu zweifeln? „Ob Sie mir glauben oder nicht, es ist die Wahrheit.“
„Sie behaupten allen Ernstes, dass Sie über Bord gesprungen sind, weil Sie nicht heiraten wollten?“ Seine Stimme triefte nur so vor Sarkasmus.
Sie schob das Kinn vor. „So ist es.“
„Sind Sie zu jung, um sich an den Spruch ‚Sag einfach Nein‘ zu erinnern?“
„Dabei ging es um Drogen.“
„Man kann auch zu anderen Dingen Nein sagen.“
„Zu Sauberkeit zum Beispiel“, konterte sie honigsüß mit einem Blick auf seine ungepflegte Erscheinung. Sein Bart war mindestens zwei Tage alt, die Shorts ausgefranst und verblichen, ebenso wie das lächerliche Hemd mit den Flamingos und Kokospalmen.
Er runzelte die Brauen. „Ich bin sauber, ich war heute Nachmittag baden.“
„Im Meer!“
„Wasser ist Wasser. Wechseln Sie nicht das Thema. Warum haben Sie nicht einfach Nein gesagt? Oder vielmehr …“, er lächelte, „… nein, danke?“
„Weil es …“, erwiderte sie herablassend, „… nicht effizient gewesen wäre.“ Wahrscheinlich hatte er das Wort noch nie gehört.
„Effizient“, wiederholte er. „Wie soll ich das verstehen?“
„Es wäre nicht opportun gewesen. Falls Sie wissen, was das bedeutet.“
„Ich nehme an, Sie meinen, es wäre unangebracht gewesen. Wenn Sie mich fragen, war es bei Weitem unangebrachter, mitten auf dem Ozean ins Wasser zu hüpfen.“
Ihre Wangen wurden heiß, doch sie weigerte sich, einzugestehen, wie leichtsinnig sie gewesen war. Wenn sie jetzt darüber nachdachte, bekam sie weiche Knie. „Es hat funktioniert, niemand hat mich gesehen.“
„Und das ist jetzt opportun? Wissen Sie überhaupt, was Sie getan haben? Wenn ich Sie nicht aus dem Wasser gezogen hätte, wären Sie ertrunken – oder die Haie hätten Sie gefressen.“
„Ich sah Ihr Boot.“
„Sie sahen mein Boot?“ Verständnislos betrachtete er sie, als zweifle er an ihrem Verstand. „Sie waren einen halben Kilometer entfernt. Wie kann man nur so dämlich sein!“
So, wie er es sagte, klang es irrwitzig; und doch war es ihr als die einzig sinnvolle Lösung erschienen.
Sie konnte Roland Carruthers, den wichtigsten Mann im Unternehmen ihres Vaters, nicht gut als Lügner hinstellen. Nicht vor all den Direktoren und Investoren, die sich auf der Jacht befanden, um die Übernahme von Butler Instruments durch St. John Electronics zu feiern.
Roland wusste das natürlich – und weil er es wusste, hatte er, ohne ihr ein Wort zu sagen, das Mikrofon ergriffen und mit seiner rauchigen Whiskystimme vor den versammelten Gästen ihre bevorstehende Hochzeit verkündete.
Er sprach von der wundervollen Überraschung, die er für sie alle habe, von der großen St.-John-Electronics-Familie, von Simon St. Johns einziger Tochter Margaret Sydney, die heute Abend hier an Bord der Jacht mit ihm, Roland Carruthers, den Bund fürs Leben schließen würde.
Bei seinen Worten war sie totenblass geworden, aber sie schwieg. Auch als er auf sie zukam und ihr lächelnd den Arm um die Schultern legte, als wäre das Ganze auch ihre Entscheidung und nicht eine bodenlose Frechheit. Er wagte es, aus ihrer Heirat eine geschäftliche Transaktion zu machen, wohl wissend, dass sie ihn vor den Geschäftspartnern ihres Vaters nicht bloßstellen würde. Simon St. John hatte sie von klein auf gelehrt, dass das Unternehmen stets zuerst kam, und es wäre ihr nie eingefallen, sein Ansehen durch einen Skandal zu gefährden. Sie handelte stets „im Interesse der Firma“.
Damit hatte Roland gerechnet und ihr Einverständnis als selbstverständlich vorausgesetzt. Für St. John Electronics war die Ehe ideal, und Sydney wusste es ebenso wie er. Trotzdem: Sie konnte es nicht.
Nicht auf diese Art.
Rolands Mitteilung hatte sie zutiefst schockiert. Nur die jahrelange Erfahrung bewahrte sie davor, ihre Selbstbeherrschung zu verlieren. Sie wusste nicht, was sie mehr entsetzt hatte: sein anmaßendes Verhalten oder wie sie darauf reagierte. Es war etwas, worüber sie erst nachdenken musste.
Sydney hatte den heimlichen Verdacht, dass sie eingewilligt hätte, wenn er sie gebeten hätte, seine Frau zu werden. Wenn er um sie geworben und Liebe vorgetäuscht hätte. Aber nichts von all dem war geschehen. Er war ganz einfach davon ausgegangen, dass sie Ja sagen würde, weil es dem Unternehmen diente. Es war, wie gesagt, eine geschäftliche Transaktion.
Hätte ich eingewilligt, dachte sie schaudernd, dann wäre ich jetzt Mrs. Carruthers. Nein, das stimmt nicht – Roland wäre Mr. St. John Electronics. Um etwas anderes ging es ihm nicht.
Im Grunde sollte sie ihm dankbar sein: Er hatte ihr gezeigt, wo für sie die Grenze lag. Wie vorteilhaft eine solche Verbindung auch für das Unternehmen sein mochte, wie glücklich es ihren Vater auch machen würde, sie konnte es nicht. Sie würde nur aus Liebe heiraten.
Aber das konnte sie vor den Gästen natürlich nicht sagen.
Als Roland sie zu ihrer Kabine begleitete, damit sie sich für den bevorstehenden Abend umziehe, versuchte sie, ihm das verständlich zu machen.
„Das Ganze ist irrsinnig“, sagte sie. „Du warst zu lange in der Sonne.“
„Im Gegenteil, es ist genau das Richtige. Das weißt du ebenso gut wie ich, Margaret.“ Er nannte sie stets Margaret, weil ihr Vater sie so nannte. „Spiel jetzt nicht die beleidigte Leberwurst, meine Liebe. Das ist nicht deine Art.“
Womit er recht hatte. Aber ebenso wenig war es ihre Art, sich manipulieren zu lassen. Sie schlug ihm die Tür vor der Nase zu.
„Beeile dich, die Gäste warten auf uns.“
„Ich heirate dich nicht, Roland.“
„Margaret! Werde bloß nicht hysterisch“, erwiderte er, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. „Ich warte oben auf dich.“
Nun, er hatte umsonst gewartet.