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STÜRMISCHE ROMANZE AUF DEN BAHAMAS von MCALLISTER, ANNE Ist die aufregende Rothaarige wirklich Fiona? Lachlan McGillivray traut seinen Augen nicht, als er bei seiner Rückkehr nach Pelican Cay diese bildschöne Frau sieht. Früher hat er sich über sie lustig gemacht. Heute will er sie. Um jeden Preis! Aber hat er noch Chancen? GOLDENE SONNE ÜBER DER KARIBIK von MCALLISTER, ANNE Im Sonnenuntergang genießt Sydney die Party auf einer Luxusyacht. Bis ein aufdringlicher Verehrer sie zu einem Sprung über Bord zwingt - und sie direkt im Netz des umwerfenden Hugh McGillivray landet! Der aber weiß seinen Jahrhundertfang gar nicht zu schätzen … PELICAN CAY - INSEL DER LIEBE von MCALLISTER, ANNE Der attraktive Joaquin Santiago muss sich verhört haben: Molly McGillivray bittet ihn, ihr die Kunst des Verführens beizubringen! Doch schon bei der ersten "Lehrstunde" am weißen Strand von Pelican Cay spürt Joaquin: Diese süße Unschuld soll kein anderer bekommen …
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Originaltitel: „McGillivray’s Mistress“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
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Originaltitel: „In McGillivray’s Bed“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
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Anne McAllister
Stürmische Romanze auf den Bahamas
1. KAPITEL
Manche behaupteten, es sei ein Kunstwerk – Lachlan McGillivray war da anderer Meinung.
Für ihn war das Ding dort unten am Strand, direkt vor seinem exklusiven Hotel Moonstone Inn, ein Albtraum – einen anderen Namen gab es nicht für diese drei Meter hohe Missgeburt aus Treibholz und allem, was das Meer sonst noch an den traumhaft schönen rosa Sandstrand von Pelican Cay spülte.
Die Presse war natürlich begeistert. „Erfrischend innovativ“ hieß es in einem Artikel der Nassauer Tageszeitung. „Außergewöhnlich und kreativ“ schwärmte ein Blatt aus Freeport. „Neu und stimulierend“ behauptete der Kunstkritiker einer weit verbreiteten Tageszeitung in Florida.
Lachlan war felsenfest davon überzeugt, dass Fiona Dunbar ihm mit ihrem sogenannten Kunstwerk lediglich eins auswischen wollte.
Es war auch nicht das erste Mal: Seit dem Tag, an dem die McGillivrays auf der kleinen Insel, die zu den Bahamas gehörte, angekommen waren, hatte sie es auf ihn abgesehen.
Damals war Lachlan fünfzehn Jahre alt gewesen, und alles, was ihm in seinem jungen Leben vorschwebte, war, im heimatlichen Virginia Fußball zu spielen und mit hübschen kleinen Blondinen auszugehen. Die Entscheidung seines Vaters, die Familie auf eine abgelegene Insel in der Karibik zu verpflanzen, um dort als Arzt zu praktizieren und gleichzeitig sein Fernweh zu stillen, hatte ihn hart getroffen. Ganz im Gegensatz zu seinen Geschwistern: Der zwei Jahre jüngere Hugh und die neunjährige Molly waren von dem Umzug begeistert gewesen.
„Was gibt’s hier schon zu tun?“, hatte Lachlan missmutig gefragt.
Worauf sein Vater den kilometerlangen leeren Sandstrand, das türkisblaue Meer und die sanften Hügel mit den pastellfarbenen Häusern, die dreihundertfünfzig Jahre alte rostige Kanone und den überwucherten Kricketrasen betrachtete und zufrieden aufseufzte. „Genau so habe ich es mir vorgestellt.“
Damals hatte Lachlan seinen Vater nicht verstanden, für ihn war die Insel der langweiligste Platz auf Erden, und er machte keinen Hehl daraus.
„Dann geh doch“, sagte die rothaarige Fiona Dunbar und streckte ihm die Zunge heraus. Fiona war Mollys Freundin und wie diese neun Jahre alt.
„Das würde ich mit dem größten Vergnügen, aber leider kann ich nicht.“
Er musste bis nach seinem achtzehnten Geburtstag warten, bevor er in die Staaten zurückkehren konnte, um vier Jahre lang an der Universität von Virginia zu studieren. Während dieser Zeit besuchte er seine Eltern ab und zu auf Pelican Cay. Dann, als er sein Studium beendet hatte, ging er nach Europa, wo er in England, Spanien und Italien Fußball spielte. Er ließ sich kaum noch auf der Insel blicken, und wenn er tatsächlich einmal kam, dann nur, um Angehörigen und Freunden vom aufregenden Leben eines Fußballprofis in der Alten Welt zu berichten.
Aber mit den Jahren kehrten seine Gedanken seltsamerweise immer öfter zu der kleinen Insel zurück. Wenn ihn in London, Madrid oder Mailand die Spatzen in aller Frühe mit ihrem Gezänk aufweckten, erinnerte er sich an den Gesang tropischer Vögel und das Wispern von Palmen in der Morgenbrise. Je hektischer sein Leben wurde, umso sehnsüchtiger dachte er an den gemächlichen Rhythmus von Pelican Cay zurück. Und so gern er auch auf der Autobahn fuhr, sosehr er sich für europäische Kunst und Geschichte interessierte, Museen und alte Schlösser besuchte, sooft er auch in französischen Restaurants essen ging und spanische Weine trank – ab und zu vermisste er die einspurigen Straßen mit ihren Schlaglöchern, das kleine Inselmuseum und die leckeren Muschelkroketten zu einem eiskalten Bier.
Als Hugh vor zwei Jahren auf die Insel zurückgekommen war – die McGillivrays wohnten inzwischen wieder in Virginia –, um Fly Guy, ein Transportunternehmenfür Charterflüge in der Karibik, zu starten, da dachte Lachlan, dass sein jüngerer Bruder die richtige Wahl getroffen habe.
„Ich glaube, so etwas mache ich auch“, sagte er. „Später, wenn ich pensioniert bin.“
Hugh zog die Augenbrauen hoch. „Du? Womit würdest du dich hier beschäftigen?“
Er selbst hatte nach dem Studium acht Jahre lang als Pilot bei der amerikanischen Kriegsmarine verbracht und danach der Armee, dem Drill und den Vorschriften auf immer Lebewohl gesagt. Hugh war ein Aussteigertyp und fühlte sich am wohlsten, wenn er mit einem kalten Bier in der Hängematte liegen und den Wellen zuschauen konnte.
Lachlan war anders. Als er zwölf Jahre alt war, beschloss er, später einmal „der beste Torwart aller Zeiten“ zu werden, und davon brachte ihn niemand mehr ab. Und obwohl seine Eltern diesen Plan kritisch beäugten, bewunderten sie insgeheim seine Beharrlichkeit – und natürlich seinen Erfolg.
Dreizehn Jahre lang war er einer der besten Torhüter auf der Welt, aber auch er konnte nicht ewig spielen. Als er sich im vergangenen Sommer mit vierunddreißig eine ernsthafte Knieverletzung zuzog, wusste er, dass seine Zeit abgelaufen war. Fußball war ein Sport für junge gesundeMänner. Seine Technik war so gut wie eh und je, aber seine Beweglichkeit nicht mehr die gleiche. Das bedeutete, dass er den Anforderungen eines Weltklassetorwarts nicht mehr gewachsen war, und in der zweiten Liga zu spielen kam für ihn nicht infrage. Er kannte nur einen Platz – und der war ganz oben.
Während der fetten Jahre hatte er sein Geld in Immobilien investiert, und nach einigen Überlegungen entschied er sich für die Karriere als Hotelier. Mit der ihm eigenen Zielstrebigkeit machte er sich daran, seine Pläne in die Tat umzusetzen, und erwarb als Erstes das Mirabelle, ein elegantes, kleines und bereits sehr erfolgreiches Hotel am andern Ende der Insel. Es war eine Entscheidung, die allgemein gebilligt wurde.
Bei seinem nächsten Kauf, dem heruntergekommenen Sand Dollar Hotel, schüttelte allerdings jeder den Kopf, allen voran sein Bruder Hugh.
„Was willst du mit dem alten Kasten anfangen?“, fragte er. Seiner Meinung nach war das achtzig Jahre alte Gebäude mit der eingefallenen Veranda und den Holzwänden, von denen die Farbe abblätterte, kaum mehr als eine Ruine.
„Ihn renovieren und zum besten Hotel in der Karibik machen“, erwiderte Lachlan, der vom Renovieren alter Häuser nicht die geringste Ahnung hatte. Aber das störte ihn nicht – er sah es als Ansporn, nicht als Hindernis. Er beauftragte eine Baufirma mit den Umbauten und lernte selbst so viel wie möglich, um mitarbeiten zu können.
Jetzt war das Moonstone Inn, wie er es nach der Fertigstellung getauft hatte, schon seit einem Jahr eröffnet und ging überraschend gut.
„Du wirst sehen, in ein paar Jahren ist es das Reiseziel Nummer eins auf den Bahamas“, versicherte er seinem Bruder. „Ich spreche natürlich von den anspruchsvollen Aktivtouristen, die genügend Sinn für die wahre Schönheit der Inseln haben.“
Hugh sah aus der Hängematte auf und grinste. „So wie du damals, nehme ich an.“
Lachlan ließ sich nicht beirren. „Ich bin sicher, das Moonstone wird eine Menge neue Besucher nach Pelican Cay bringen. Genau das Richtige, um die Wirtschaft anzukurbeln. Tourismus ist das A und O, mit Fischen allein ist es heutzutage nicht mehr getan.“
Hugh schloss die Augen und brummte etwas vom Eifer des Bekehrten – womit er natürlich nicht ganz unrecht hatte. Lachlan, der die Insel früher nie gemocht hatte, sah jetzt nur noch Vorzüge und Möglichkeiten.
Und ein drei Meter hohes Monster!
Er runzelte die Stirn. Seit er das letzte Mal genauer hingesehen hatte, schien sich das Ding verändert zu haben. Ein Arm, der noch nicht da gewesen war, ragte in die Luft, und an seinem Ende baumelte etwas, das er in dem dämmerigen Morgenlicht nicht erkennen konnte.
Mürrisch wandte er sich ab – es gab Dringenderes zu tun, als sich mit Fiona Dunbars „Kunstwerk“ zu befassen. Er war gestern von den Abacos im Norden der Bahamas zurückgekommen, wo seine neueste Erwerbung, das Sandpiper Inn, renoviert wurde. Auf dem Schreibtisch lagen Briefe zum Unterschreiben und die Post, die in seiner Abwesenheit eingegangen war.
Das letzte Schreiben, das er zur Hand nahm, kam von einem Reisemagazin und kündete den Besuch eines Journalisten an. Lachlan hatte vor mehreren Wochen verschiedene Zeitschriften und Reiseveranstalter eingeladen, das Moonstonezu besuchen, um sich an Ort und Stelle von seinen Vorzügen zu überzeugen. Zwei Zusagen waren bereits eingetroffen, eine davon von dem renommierten englischen Veranstalter Grantham Cultural Tours, dessen Besitzer seinen Besuch für diese Woche ankündigte. „Die Ruhe und zurückhaltende Eleganz, von der Sie sprechen, sind genau das, was wir für unsere Kunden suchen“, teilte er Lachlan in dem Antwortschreiben mit.
Zurückhaltende Eleganz – mit einer drei Meter hohen Vogelscheuche vor dem Eingang!
„Ruhig ist es, das Ding sagt keinen Ton“, hatte Hugh unbekümmert erwidert, als Lachlan ihm den Brief gezeigt hatte.
„Das ist auch nicht nötig, diese Geschmacklosigkeit schreit zum Himmel. Und als wäre das nicht genug, muss sie außerdem noch Dudelsack spielen.“
„Wer spielt Dudelsack?“
„Fiona. Wart’s nur ab“, fügte er hinzu, als Hugh ihn ungläubig ansah. Sie saßen auf der Hotelterrasse, um den Sonnenuntergang zu beobachten.
Und richtig. Als die letzten Sonnenstrahlen Meer und Himmel rosa färbten, kamen von irgendwoher die lang gezogenen schwermütigen und nicht gerade tonrein vorgetragenen Klänge einer schottischen Ballade.
„Woher willst du wissen, dass es Fiona ist?“, fragte Hugh, nachdem er sich von seiner Überraschung erholt hatte.
„Wer sollte es sonst sein?“
Fiona Dunbar und seine Schwester Molly hatten es vom ersten Tag an darauf angelegt, ihm den letzten Nerv zu töten. Was immer er auch unternahm, wohin er auch ging, die beiden ließen ihn nicht in Ruhe. Sie quälten ihn mit Fragen, sie liefen ihm hinterher, sie spionierten ihm nach.
„Es sind kleine Mädchen“, erwiderte seine Mutter, als er sich beschwerte. „Du bist der Ältere. Sei nett zu ihnen.“
Von wegen kleine Mädchen! Kleine Hexen kam der Sache bedeutend näher. Trotz mütterlicher Ermahnungen versuchte Lachlan alles, um sie abzuschütteln. Er fauchte, schimpfte, drohte. Nichts half.
„Sie bewundern dich“, sagte Mrs. McGillivray.
„Sie machen mich wahnsinnig.“
Er wurde sie einfach nicht los – bis ihn Fiona eines Tages zu einer Blondine am Strand sagen hörte, wie unerträglich das Leben auf der Insel sei und dass er es nicht erwarten könne, in die Staaten zurückzugehen.
„Dann geh doch!“, fauchte sie ihn an, das Gesicht vor Zorn ebenso rot wie ihr Haar.
Lachlan, der ihre Anwesenheit nicht bemerkt hatte, fuhr herum und starrte sie an. „Nimm das nächste Boot und hau ab“, fuhr sie wütend fort. „Oder schwimm, das ist noch besser. Vielleicht ertrinkst du. Scher dich zum Teufel, Lachlan McGillivray!“ Sie wirbelte herum und rannte davon.
„Wer ist denn das?“, fragte die Blondine erstaunt. „Und warum regt sie sich so auf?“
„Keine Ahnung“, erwiderte Lachlan verlegen. „Sie hat nicht alle Tassen im Schrank.“ Mit Sehnsucht dachte er an den Tag, an dem er abreisen und sie nicht mehr sehen würde.
Als er Fiona ein paar Jahre später erneut begegnete, änderte Lachlan seine Meinung.
Aus dem dürren Mädchen war eine junge Frau mit einem fantastischen Körper geworden. Die einstmals orangeroten Zöpfe hatten sich in eine seidig glänzende kupferrote Mähne verwandelt, und die helle Haut war, wie es bei Rothaarigen oft vorkam, von kleinen Sommersprossen übersät, die er entzückend fand.
Wie unfair, ging es ihm durch den Kopf. Bin ich nach Pelican Cay gekommen, um nach all den Jahren wieder an Fiona Dunbar denken zu müssen? Doch ob er es wollte oder nicht, genau das war der Fall. Wo er sich auch befand, überall begegnete sie ihm, und sie war mit Abstand die schönste Frau auf der Insel. Und was er besonders aufreizend fand – im Gegensatz zu allen anderen weiblichen Wesen zeigte sie ihm die kalte Schulter.
Lachlan hielt sich nicht für einen Adonis, aber er wusste, dass er den Frauen gefiel. Seine tiefblauen Augen, das markante Gesicht und das jungenhafte Lächeln verfehlten nie ihre Wirkung. Über Mangel an Bewunderinnen konnte er weiß Gott nicht klagen. Sie setzten sich neben ihn an die Bar, gaben ihm ihre Telefonnummern oder riefen ihn zu jeder Tages- und Nachtzeit an, um ihn wissen zu lassen, dass sie verfügbar waren, wann immer er wollte. Manche boten ihm als Andenken sogar die eigene Unterwäsche an.
Ein Journalist, der zufällig Zeuge eines solchen Angebots wurde, fragte ihn, ob das öfter geschehe. Worauf Lachlan aufrichtig erwiderte: „Doch, schon.“ Um nicht arrogant zu klingen, fügte er spaßeshalber hinzu: „Aber ich behalte nur die roten.“
Der Artikel erschien in einer Zeitschrift, und danach konnte er sich vor roten Unterhöschen nicht mehr retten. Für die Skandalpresse war es ein gefundenes Fressen; fast jede Woche versicherte irgendeine Anbeterin, dass ihr Geschenk einen ganz besonderen Platz in Lachlan McGillivrays Sammlung einnahm.
Natürlich war es reine Erfindung, doch wen interessierte das schon?
Bevor er wusste, wie ihm geschah, besaß er einen internationalen Fanclub, der zu drei Vierteln aus Frauen bestand. Ungezählte Fotos von ihm, auf denen er mit ausgestreckten Armen und Beinen einen unhaltbaren Schuss parierte, gingen um die ganze Welt.
„Sie bewundern mein Können“, erwiderte er bescheiden, wenn man ihn nach dem Grund für seine Beliebtheit fragte.
„Unsinn, sie bewundern deine Beine“, sagte Molly trocken und schüttelte den Kopf über die Dummheit ihrer Artgenossinnen. „Männer in Shorts! Da flippen sie einfach aus.“
Ob das nun stimmte oder nicht, auf Fiona Dunbar traf es nicht zu. Sie konnte ihn nicht ausstehen, wie sie ihm vor achtzehn Monaten deutlich bewiesen hatte.
Auf Hughs Einladung war Lachlan zum Jahresende nach Pelican Cay gekommen, um ein paar ruhige Tage zu verbringen. Nach einer anstrengenden Fußballsaison und einem noch anstrengenderen Weihnachtsurlaub in Monaco mit einer gewissen Lisette – oder war es Claudine? – erschien ihm eine Woche an einem einsamen Strand, ohne Partys, ohne Freundinnen, wie ein Geschenk des Himmels. Seine Teamkameraden Joaquin Santiago und Lars Erik Lindquist, deren Leben nicht minder hektisch war, begleiteten ihn.
Hugh holte sie mit seinem Wasserflugzeug in Nassau ab. Er schüttelte nur ungläubig den Kopf, als sein Bruder, noch ganz verkatert, versicherte: „Keinen Tropfen Alkohol, keine Mädchen. Nichts als Sand und Sonne und Ausruhen. Das ist mein Vorsatz fürs neue Jahr.“
Ein unglücklicher Zufall wollte, dass er gleich am ersten Tag eine tizianrote Bikinischönheit an Hughs Strandhaus vorbeistolzieren sah.
„Wow! Wer ist denn das?“
„Fiona“, erwiderte sein Bruder lässig und fügte, als er Lachlans verständnisloses Gesicht sah, hinzu: „Mollys Freundin. Erinnerst du dich nicht?“
„Das ist Fiona Dunbar? Dieses umwerfende Geschöpf?“
Hugh lächelte vielsagend. „Sie hat sich verändert, nicht wahr?“
Mühsam sog Lachlan den Atem ein. Nein, mit dem Fratz von damals hatte diese Fiona nicht die geringste Ähnlichkeit.
Er vergaß seine guten Vorsätze und begann nach ihr Ausschau zu halten. Doch obwohl er sie in den folgenden Tagen ständig auf der Straße oder am Strand erblickte, kam sie ihm niemals nahe.
Hugh erzählte, dass ihr Vater, ein ehemaliger Fischer, kurz nach ihrem Schulabschluss einen Schlaganfall erlitten hatte und sie sich seitdem um ihn kümmerte.
„Außerdem arbeitet sie in Carin Campbells Boutique und macht Skulpturen.“
„Skulpturen?“, wiederholte Lachlan zweifelnd.
„Ja. Aus Sand und Muscheln, sogar aus Metall. Sie schneidet sie aus wie Scherenschnitte und biegt sie zurecht.“
Da er sich nicht viel darunter vorstellen konnte, suchte er Carins Boutique auf, um Postkarten zu kaufen und sich Fionas Kreationen anzusehen. Er war beeindruckt: Da gab es Pelikane, Palmen mit Hängematten, Fischer in Booten und außerdem Zeichnungen und Karikaturen.
Eine witzige Skulptur, die er in Hughs Haus gesehen hatte, fiel ihm ein. Es war ein Wasserflugzeug mit Pilot beim Looping. Die muss von ihr sein, dachte er. Genau wie die Karikatur von Maurice, dem Taxichauffeur, die unten beim Zollamt hängt, und die von Miss Saffron beim Flechten von Strohtaschen.
Fiona karikierte außerdem Touristen und verkaufte ihnen die Bilder am Strand. Auch von Lars Erik und Joaquin hatte sie Zeichnungen angefertigt. Nur ihn, Lachlan, ignorierte sie. Und das ärgerte ihn – umso mehr, da er es nicht fertigbrachte, sie zu ignorieren.
Gegen Ende der Woche hatte er schließlich genug. Nicht ein einziges Mal hatte sie ihn gegrüßt, was ihn besonders wütend machte, da er seinen Freunden mitgeteilt hatte, er kenne sie schon seit Jahren.
„Wer’s glaubt, wird selig“, sagte Lars Erik.
Sie saßen im Grouper, Pelican Cays populärster Bar – sie verdankte ihren Namen einem heiß begehrten Fisch der Bahamas –, und tranken Bier, als Fiona mit ihrer Zeichenmappe hereinstolzierte und sich umsah. Sie lächelte Lars Erik zu, ohne Lachlan eines Blickes zu würdigen.
„Sie ist beleidigt, weil ich früher gesagt habe, dass ihre kostbare Insel ein langweiliges Nest ist“, erklärte er.
„Wirklich?“, meinte Lars Erik ironisch.
Joaquin lachte. „Ich wette, du kennst sie überhaupt nicht.“
„Natürlich kenne ich sie. Sie ist mit meiner Schwester befreundet und heißt Fiona Dunbar.“ Er wandte sich an den Barmann. „Habe ich recht, Michael?“
„Ja, das ist Fiona“, bestätigte dieser mit einem bewundernden Grinsen.
„Schön, du weißt, wie sie heißt. Wenn sie wirklich eine Bekannte von dir ist, warum lädst du sie dann nicht auf einen Drink ein?“
„Weil er sie nicht kennt“, stichelte Joaquin.
Das konnte Lachlan nicht auf sich sitzen lassen. Er stand auf, ging zu Fiona hinüber, die gerade einem Pärchen eine Zeichnung verkaufte, und lud sie mit seinem charmantesten Lächeln auf ein Bier ein.
Sie blinzelte, dann schüttelte sie den Kopf. „Mit Ihnen? Wie komme ich dazu?“
Er starrte sie an. „Was soll das heißen – mit Ihnen? Erinnerst du dich nicht an mich?“
Es ärgerte ihn, dass sie seine Einladung ablehnte und ihn obendrein noch verleugnete. Und was ihn noch mehr ärgerte, war, dass er sie mit jedem Tag unwiderstehlicher fand.
„Natürlich erinnere ich mich. Gerade deshalb will ich auch nichts mit dir zu tun haben.“ Damit drehte sie ihm den Rücken zu und verließ die Bar.
Er starrte ihr nach, während Joaquin und Lars Erik in lautes Gelächter ausbrachen.
„Hallo, Darling“, säuselte eine Frauenstimme. Er drehte sich um und erblickte eine vollbusige Blondine.
„Hallo“, erwiderte er mit einem gezwungenen Lächeln.
Die Dame rutschte von ihrem Barhocker und legte ihm eine Hand auf den Arm. „Sie sind doch Lachlan, nicht wahr? Der, den man den ‚Tollen Torwart‘ nennt.“ Sie kam näher.
„Manche Leute nennen mich so“, brummte er und fuhr sich mit der Hand durch das Haar.
„Manche Leute wissen, wovon sie reden“, schnurrte die Blonde und lächelte verführerisch. „Ich wollte gerade einen kleinen Spaziergang machen. Kommen Sie mit?“
„Warum nicht?“ Besser das, als sich die Spötteleien seiner Freunde anzuhören. Er legte ihr den Arm um die Schultern, und sie verließen die Bar.
Fiona war nicht weit gekommen. Sie stand mit Carin am Eingang der Boutique und unterhielt sich. Als er an ihr vorbeiging und sie herausfordernd anstarrte, sah sie durch ihn hindurch, als wäre er Luft.
„Ist das nicht wundervoll?“, kicherte seine Begleiterin. „Ausgerechnet heute habe ich rote Unterwäsche an.“
„Nicht mehr lange“, versprach Lachlan und biss sie ins Ohrläppchen.
Später konnte er sich weder an die Unterwäsche noch an die Dame erinnern, und zwei Tage danach flog er nach England zurück. Alles, was ihm von seinem Urlaub im Gedächtnis blieb, war Fiona – lästig und provozierend.
Joaquin nannte sie „der Fisch, der nicht angebissen hat“.
„Wir werden ja sehen“, murrte Lachlan.
Ein Jahr später unternahm er einen erneuten Versuch. Diesmal kam er mit einem Segelboot, das er in Nassau gekauft hatte, weil er beabsichtigte, sich im Frühjahr für immer auf der Insel niederzulassen.
Hugh ging damals mit einem Fotomodell, und Lachlan schlug einen Abend zu viert vor, mit einem Blind Date für sich selbst.
„Wie wär’s mit Fiona Soundso?“, fragte er so ganz nebenbei.
Hugh zog die Brauen hoch. „Fiona? Die geht nicht aus, sie kümmert sich um ihren Vater.“
„Dann tut es ihr gut, einmal aus dem Haus zu kommen. Ich sage Maurice, er soll an dem Abend mit Tom Domino spielen, und du gehst sie einladen.“
Zu sagen, dass Fiona überrascht war, als Lachlan vor der Tür stand, wäre eine schamlose Untertreibung.
„Du?“, fragte sie entsetzt, dann fasste sie sich. „Ich nehme an, du willst Dad besuchen.“
„Nein, ich komme dich abholen.“
„Aber …“
„Wir treffen uns mit Hugh und seiner Freundin im Beaches.“
Sie machte große Augen. „Im Beaches!“
Es war das beste und teuerste Restaurant auf der Insel, und Lachlan hatte Hugh versprochen, dass das Essen auf seine Kosten ging. „Ich nehme an, du willst deine Freundin beeindrucken, oder?“
„Schon …“ Hugh schüttelte den Kopf. „Die Frage ist, was du mit Fiona im Sinn hast.“
Darüber war Lachlan sich noch nicht klar. Später am Abend wusste er dann genau, was er wollte …
Er bekam es nicht. Stattdessen wäre er beinahe ertrunken.
Seitdem ging er ihr aus dem Weg. Als Hugh ihn über den Tod ihres Vaters informierte, schrieb er eine Beileidskarte, ansonsten hatte er keinen Kontakt mehr mit ihr, auch nicht, nachdem er sich endgültig auf Pelican Cay niederließ. Natürlich sah er sie oft – es war unmöglich, eine Frau wie sie zu übersehen –, doch er hielt sie auf Distanz.
Fiona zeigte sich weniger diskret.
Eine Woche nach Eröffnung des Moonstone Inn erschien ein Leserbrief von ihr in der Lokalzeitung, in dem sie die „bedauerliche Kommerzialisierung“ der Insel anprangerte.
Wenn man Fionas Worten glauben wollte, so war Lachlans Hotel das Ende der traditionellen einheimischen Infrastruktur. Und alles, was er getan hatte, war, ein heruntergekommenes architektonisches Juwel in ein geschmackvolles und gut gehendes Reiseziel für Besucher umzubauen, bevor Wind und Wetter Kleinholz daraus machten – welches die begabte Miss Dunbar ohne Zweifel zur Errichtung neuer „Kunstwerke“ verwendet hätte.
Er verfasste eine Antwort, in der er so taktvoll wie möglich ihre Anschuldigungen zurückwies, und sandte sie ebenfalls an die Zeitung.
Kurze Zeit später erschien ein neuer Brief – diesmal ging es um Pelican Cays jugendliches Fußballteam.
„Wäre es nicht angebracht …“, fragte die stets besorgte Miss Dunbar, „… dass diejenigen, die sich die Vorzüge der Insel zunutze machen, unseren Jungen und Mädchen ihre – wenn auch begrenzten – Talente zur Verfügung stellten?“
Wen und was sie meinte, war deutlich: Er, Lachlan McGillivray, der berühmte Torwart, sollte ihnen zeigen, wie man Fußball spielt.
„Immerhin hast du damit deine Millionen verdient“, meinte Hugh.
„Für die Kinder wäre es großartig“, sagte Carin.
Maurice und Estelle pflichteten ihr bei: Ihr Enkel wäre begeistert, mit einem richtigen Star spielen zu können.
„Vielleicht hast du Angst, dich zu blamieren“, stichelte Molly.
Danach blieb ihm nichts anderes übrig, als zähneknirschend in den sauren Apfel zu beißen und einer Horde von Zehn- bis Fünfzehnjährigen zu zeigen, wie man Fußball spielt. Sie nannten sich die Pelikane, und Weltmeister würden sie nicht werden, aber er gab zu, dass sie nach einem Monat Training bereits bedeutend besser spielten. Maurice’ Enkel Lorenzo besaß eindeutig Talent zum Torwart.
Lachlan war stolz auf sich und seine Mannschaft. Er wünschte, Fiona, die das Ganze schließlich ins Rollen gebracht hatte, würde ihnen hin und wieder beim Training zuschauen, um sich von den Fortschritten zu überzeugen. Aber sie kam nicht – und sie sagte niemals ein Wort.
Es war auch nicht nötig – ihre Skulptur sagte alles.
Er stand auf und ging ans Fenster zurück, um erneut einen Blick darauf zu werfen. Dann blieb er wie angewurzelt stehen.
Was da am Ende des neuen Arms frech im Wind flatterte, was er in der Morgendämmerung nicht erkannt hatte, war nichts anderes als ein knallrotes Bikinihöschen.
Jemand hämmerte mit der Faust gegen die Haustür und riss sie aus dem Schlaf.
Fiona blinzelte und sah auf die Uhr: zwanzig nach sieben!
Wer um alles in der Welt wollte um diese Zeit etwas von ihr? Niemand, der ihre Gewohnheiten kannte, so viel war gewiss. Für sie begann der Tag erst, wenn die Sonne hoch am Himmel stand.
Aus diesem Grund hatte sie sich auch der Bildhauerei und nicht der Malerei verschrieben, wie sie ihrer Freundin Carin immer wieder versicherte. Im Gegensatz zu Malern konnten Bildhauer bei jedem Licht arbeiten.
Ihr morgendlicher Besucher wusste natürlich nicht, dass sie bis spät in die Nacht auf gewesen war, um für die Boutique zu arbeiten. Die Touristen mochten ihre Metallfiguren und Miniaturen aus Muscheln, Glasstücken und Treibholz. Sie waren leicht zu transportieren und eine hübsche Erinnerung an die Insel. Und mit dem Geld, das sie einbrachten, bestritt Fiona ihren Lebensunterhalt und zahlte für das kleine rosa Haus, in dem sie jetzt allein wohnte.
Letzte Nacht war es besonders spät – oder vielmehr früh – geworden, denn sie hatte außer für die Boutique noch an der Skulptur am Moonstone gearbeitet. Als sie endlich im Bett lag, war es bereits vier Uhr morgens.
Das Hämmern ließ nicht nach. „Ich komme ja schon“, murrte sie vor sich hin. Sie stand auf und streckte sich, dann zog sie ein T-Shirt über den Kopf, schlüpfte in die Shorts, die auf dem Fußboden lagen, und tappte barfuß die Treppe hinab.
„Einen Moment!“
Wahrscheinlich war es jemand, der nach einer feuchtfröhlichen Nacht sein Haus nicht mehr fand …
Verdrossen riss sie die Tür auf. „Wissen Sie, wie …“
Das Ende des Satzes blieb ihr in der Kehle stecken. Vor ihr stand Lachlan McGillivray, und als sie sah, was er in der Hand hielt, konnte sie trotz seines finsteren Gesichts nur mühsam ein Grinsen unterdrücken.
„Ist das deins?“
Fiona riss ihm das Corpus Delicti aus der Hand, doch als sie die Tür zuschlagen wollte, drängte er sich an ihr vorbei ins Haus.
„He, was soll das? Ich habe dich nicht aufgefordert, hereinzu…“
„Da bin ich nicht so sicher.“ Seine Miene verfinsterte sich, und er bekam zunehmend Ähnlichkeit mit einem Haifisch, der seine nächste Mahlzeit beäugte.
„Wie kommst du dazu …“
„Wie kommst du dazu, dieses Monster vor meinem Hotel aufzustellen?“
„Er ist kein Monster.“
„Das ist Ansichtssache. Warum ausgerechnet vor dem Moonstone?“
„Der Strand gehört allen, ich kann meine Skulptur aufstellen, wo ich will.“
„Eben. Und du wolltest, dass sie genau dort steht, wo sie jetzt ist. Oder täusche ich mich?“
„Und wenn schon.“ Sie hob das Kinn. „Anstatt herumzuschreien, solltest du dankbar sein, dass ich etwas für das künstlerische Image deines Hotels tue.“
„Richtig – die ‚bedauerliche Kommerzialisierung‘ und so weiter. Wie konnte ich das nur vergessen?“
Fiona kreuzte die Arme vor der Brust. „In meinen Augen …“
„Und in meinen erreichst du mit dieser Vogelscheuche nur, den Besuchern die Insel mieszumachen.“
„Das ist nicht wahr! Ich würde nie etwas tun, was Pelican Cay schadet. Das ist meine Heimat, ich bin hier geboren. Ich war nicht diejenige, die davongelaufen ist.“
„Und das bedeutet natürlich, dass du etwas Besseres bist als alle anderen.“
„Natürlich nicht.“
„Besser als ich auf alle Fälle.“
„Dir hat es hier nie gefallen.“
„Das war damals. Zum Kuckuck, Fiona, ist das so schwer zu verstehen? Ich war fünfzehn, und meine Eltern haben mich hierher geschleppt, wo ich keine Freunde hatte und nicht Fußball spielen konnte.“
Sie presste die Lippen zusammen. Was er sagte, machte Sinn, auch wenn sie es damals nicht verstanden hatte. Für sie war seine Kritik ein persönlicher Affront gewesen.
„Du brauchtest ja nicht zurückzukommen“, erwiderte sie störrisch.
„Ich bin hier, weil ich es will.“
Aber sie wollte es nicht. Für sie war das Thema Lachlan McGillivray abgeschlossen. Zumindest hatte sie das geglaubt – bis zu jenem Abendessen im Beaches.
„Und ich habe nicht die Absicht zu gehen“, fuhr er erbittert fort. „Ich bin hier, und das Moonstone ist hier, ob es dir nun gefällt oder nicht.“
„Gegen das Hotel habe ich nichts.“ Aber gegen seine Anwesenheit hatte sie etwas. Das einzig Gute war, dass er nicht lange bleiben würde.
Lachlan gehörte zum Jetset. Er hatte in England, Spanien und Italien gelebt, mit gekrönten Häuptern diniert und Supermodels als Freundinnen gehabt. Er war nicht der Typ, der sich auf Dauer auf einer verschlafenen karibischen Insel wohlfühlen würde. Was sie betraf, so wünschte sie nichts mehr, als dass er so schnell wie möglich wieder verschwinden würde.
Anscheinend konnte er Gedanken lesen, denn er schüttelte den Kopf. „Mach dir keine Hoffnung. Ich bleibe, aber diese Skulptur verschwindet.“
Sie schob das Kinn vor. „Nein.“
„Fiona! Ich verstehe Spaß, genau wie jeder andere. Aber …“
„Das ist kein Spaß.“
„Nein? Und das da?“ Er zeigte auf das Höschen.
„Das … Das habe ich am Strand gefunden, obwohl du mir das natürlich nicht glaubst. Die Skulptur besteht nur aus Strandgut. Das ist es doch gerade, was sie so interessant macht, kannst du das nicht verstehen?“
„Nein.“
Natürlich nicht. Wie sollte er auch?
„Es ist die … die Schwierigkeit, die …“
„Ich habe schon genug Schwierigkeiten und brauche keine neuen.“
„Von dir spreche ich nicht, sondern von mir.“
„Anscheinend ist dein Leben nicht schwierig genug.“
Sie schwieg und fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. Bisher hatte sie mit niemandem über ihre Bildhauerei gesprochen, auch jetzt erschien es ihr anmaßend. Sie war keine richtige Künstlerin, hatte niemals Unterricht gehabt. Was sie machte, war keine Kunst, sondern Kunsthandwerk. Dennoch faszinierte es sie.
„Ich … Es hilft mir zu lernen.“
„Der Müll, den du aufsammelst? Was willst du damit lernen? Recyceln?“ Spöttisch sah er sie an.
„Nein. Komposition und … und Bewegung. Kreativität … Es gibt mir neue Ideen.“ Wie sollte sie ihm erklären, was sie empfand, wenn sie an der Skulptur arbeitete?
„Aha!“
Was er davon hielt, war nicht schwer zu erraten. Sie unternahm einen erneuten Anlauf.
„Das, was ich jetzt mache – die Souvenirs für Carin –, das ist nur ein Anfang. Was ich wirklich möchte, ist, Bildhauerin zu werden. Ich meine, richtig.“
Sie fühlte sich wie eine Hochstaplerin, und dennoch war es seit vielen Jahren ihr innigster Wunsch. Ihr Traum. Vor langer, langer Zeit hatte sie sogar einmal geglaubt, dass er Wirklichkeit werden und sie Kunst studieren würde …
Doch das war, bevor ihr Vater den Schlaganfall erlitten hatte. Danach gab sie die Hoffnung auf und fand sich damit ab, auf Pelican Cay zu bleiben. Sie begnügte sich mit dem, was sie tat, benutzte das, was die Insel ihr bot, lernte damit, was sie konnte, und verlangte nicht mehr.
Ihre Brüder Michael und Paul versuchten, sie nach Dads Ableben zu einem Studium zu überreden.
„Warum probierst du es nicht?“, fragten sie.
Fiona schüttelte den Kopf. „Dafür bin ich zu alt. Mein Leben ist hier auf der Insel.“
„Du solltest es wenigstens versuchen. Dad hätte nicht gewollt, dass du seinetwegen auf alles verzichtest.“
„Das tue ich doch nicht“, protestierte sie. „Ich wollte bei ihm sein.“
„Das wissen wir, Fiona, und wir können dir nie dankbar genug dafür sein. Aber jetzt könntest du doch neu anfangen.“
Das war vor drei Monaten gewesen, und seitdem hatte sie nichts unternommen. Sie sagte sich, dass es noch zu früh sei, dass sie noch um ihren Vater trauerte. Dass sie mehr Zeit brauchte … und die richtige Motivation.
In der Skulptur am Strand hatte sie diese Motivation gefunden, die Arbeit daran kam ihr wie ein Weckruf vor. Dass sie McGillivray damit außerdem auf die Zehen trat, betrachtete sie als einen Bonus.
„Du willst Bildhauerin werden?“, fragte Lachlan jetzt ungläubig.
„Ja.“
„Und du glaubst ernsthaft, dass du mit diesem … Ungetüm etwas lernst?“
„Er ist kein Ungetüm. Ich nenne ihn den Strandkönig.“
Lachlan verzog den Mund. „Seit Wochen fummelst du daran herum. Wird dir das nicht langweilig?“
„Nein. Ich verändere ihn ständig.“
„Warum denkst du dir nicht etwas Neues aus?“
„Zum Beispiel?“
„Woher soll ich das wissen? Du willst doch Bildhauerin werden.“
„Das stimmt. Aber für ein neues Projekt brauche ich anderes Material. Wenn ich lernen möchte, muss ich etwas ausprobieren, was ich bisher noch nicht versucht habe. Eine neue Technik.“
Lachlan betrachtete sie nachdenklich. Er wippte auf den Fußsohlen, ballte die Fäuste, öffnete sie wieder. Und ließ Fiona die ganze Zeit nicht aus den Augen.
„Wenn ich richtig verstehe, würdest du etwas Neues anfangen, wenn du die Möglichkeit dazu hättest. Stimmt das?“
„Ich …“
„Und du würdest das Monster am Strandverschwinden lassen?“
„Er ist kein …“
„Was auch immer, ich will ihn nicht mehr sehen. Wenn du das, was du mir gerade erzählt hast, wirklich meinst … wenn es kein leeres Gerede ist, dann mache ich dir jetzt einen Vorschlag.“
„Und der wäre?“ Misstrauisch sah sie ihn an.
„Du möchtest bildhauern. Gut. Eine neue Technik ausprobieren. Umso besser. Dann sage mir, was du im Sinn hast, und ich stelle die Mittel bereit. Ein bisschen Kunst kann der Insel nicht schaden. Als Gegenleistung erwarte ich, dass du das Mon…, ich meine den Strandkönig, wegnimmst. Einverstanden?“ Erwartungsvoll sah er sie an.
Fiona zögerte. Träume, Hoffnung und Angst wirbelten ihr durch den Kopf.
„Aber vielleicht …“, fuhr Lachlan mit einem provozierenden Lächeln fort, „… ist das alles nur Geschwätz. Vielleicht willst du nicht wirklich Bildhauerin werden.“
Sie versteifte sich, dann sah sie ihn trotzig an. „Hast du gesagt, ich kann bestimmen, was ich machen möchte?“
„Ja.“
„Ohne Einschränkungen?“
Er blickte sie an – siegesgewiss. „Was immer dein Herz begehrt.“
„Also gut. Dann möchte ich eine Tonskulptur von dir machen. Nackt.“
2. KAPITEL
Mit offenem Mund starrte Lachlan ihr ins Gesicht. Darauf war er nicht vorbereitet.
„Oder traust du dich nicht?“, fragte Fiona ungerührt.
Hatte sie wirklich nackt gesagt? Er musste sich verhört haben. Und selbst wenn sie es gesagt hatte, es konnte nicht ernst gemeint sein. Es war ein Scherz. Sie machte sich über ihn lustig.
Aber sie sah nicht so aus, als machte sie einen Scherz, obwohl ihre grünen Augen provokant glitzerten.
Laut ausatmend schloss Lachlan den Mund. Seit wann hatte sie das Verlangen, ihn nackt zu sehen? An jenem Abend nach dem Essen im Beaches wären sie beinahe ertrunken, um ebendas zu verhindern. Und jetzt …
Er wandte sich zur Tür. „Sehr komisch, haha.“
„Angsthase!“
Mit einem Ruck blieb er stehen und fuhr herum. Schweigend erwiderte sie seinen Blick. Er sah die Entschlossenheit, aber gleichzeitig einen Anflug von etwas anderem, das er nicht verstand. Fast hätte man meinen können, von … Hilflosigkeit.
Unmöglich! Sie war ebenso hilflos wie eine Giftschlange.
Was führte sie im Schilde?
Ein dunkelgrauer Kater strich plötzlich vorbei und sprang auf eine Kommode. Sie griff nach ihm und nahm ihn auf den Arm, ohne Lachlan aus den Augen zu lassen. Da standen sie, wie die Hexe mit ihrem Helfer, und musterten ihn mit dem gleichen grünen Blick.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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