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Es sind schwere Zeiten. Und in drei Tagen ist Weihnachten. Eine alleinerziehende Mutter, die als Putzfrau in einer Fabrik arbeitet, tut alles, um mit ihren acht Kindern ein schönes Weihnachtsfest zu feiern. Wenigstens an Weihnachten sollen alle satt werden...In dieser autobiographisch anklingenden Erzählung beschreibt Lise Gast liebevoll das Leben einer in Armut lebenden Familie. Nie wird die Verzweiflung so groß, dass sie zerstörend wird. Doch stets ist die Liebe so stark, dass sie als vereinende und hoffnungsvolle Triebkraft für die Familie besteht. -
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Seitenzahl: 27
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Lise Gast
Saga
Gottes Boten
German
© 1970 Lise Gast
Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen
All rights reserved
ISBN: 9788711509456
1. Ebook-Auflage, 2016
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.
SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com
Der Grudeofen im Flur rauchte, ein Zeichen, daß er nicht ausgegangen war, aber er stank ekelhaft. Ich schlug, noch in Mütze und Jacke, wie ich aus der Fabrik gekommen war, den Deckel zurück. Das Wasser im großen Topf war kurz vor dem Kochen, aber es trug auf seiner Oberfläche jenes bunte Schillern, das an Petroleum erinnert – nie habe ich herausgefunden, woran das liegt. Der jähe Heißhunger, der mich trieb, mir schnell eine Suppe aus einer roh geriebenen Kartoffel zu kochen, verging mir. Auch gut, sparten wir eine Kartoffel. Mechanisch griff ich nach der Schaufel, fuhr über die Glut hin, diese freilegend, und streute neuen Koks nach. Wenn die Grude so freundlich war, zu brennen, konnten wir heute abend etwas Warmes essen.
Übermorgen war Weihnachten. Ernst hatte für teures Geld einen Tannenbaum aus Halberstadt mitgebracht, einen kleinen, krummen – immerhin. Der nächste Wald hier war so weit, daß man keinen Baum holen konnte. Daheim hatten wir die Weihnachtstanne stets aus dem Wald holen dürfen; das war immer ein großes Fest gewesen. Ich dachte daran, während ich überlegte, wie man diesen Baum stellen könnte, damit man nicht sah, wie dürftig er war. Vielleicht in die Ecke. Kerzen hatten wir, zum Glück, und allen anderen Baumschmuck würden wir selbst basteln. Morgen ging ich nicht in die Fabrik. Das war eine große Erleichterung, obwohl ich dann natürlich keinen braunen Zucker mitbringen konnte. Aber wir hatten welchen gespart, es war ein kleiner Vorrat da. Heute gab es nochmal Zucker, den die Kinder gleich essen durften, ich trug ihn in einem Säckchen, aus einem abgelegten Dirndlkleid von Brigitte genäht, unter meiner alten Militärjacke.
Ich ging in die Küche. Die Kinder hockten um den Tisch, der dicht am Ofen stand. Er brannte, trotzdem glitzerten die Ziegelwände von einer dünnen Reifschicht, die wir nie wegbekamen. Aber es war immerhin so warm, daß man den Hauch nicht vor dem Mund sah, jedenfalls im Augenblick nicht. Ich winkte mit dem Zuckersäckchen. Ein lautes Geschrei brach aus und legte sich erst, als Elfriede, die gute Seele, Löffel ausgeteilt und den Zucker in einen Suppenteller geschüttet hatte, den sie in die Tischmitte rückte. Jeder durfte nun reihum einen Löffel Zucker nehmen. – Elfriede hatte den Kleinsten auf dem Schoß und fütterte ihn, damit er nicht zu kurz kam. Dafür kam sie selbst ins Hintertreffen ...
„Sie müssen auch essen, Fiete“, sagte ich und hängte die Jacke an den Ofen, „los, Sie sind so dünn.“
„Aber die Mutter muß auch etwas essen –.“ Sie sprach mich immer in der dritten Person an, eine Gewohnheit, die ihr nicht auszureden war. Ich lachte.
„Keine Spur. Ich habe in der Fabrik Zuckersaft getrunken, den dünnen, an den dicken kommt man nicht. Aber wenn man von dem dünnen mehr trinkt, wird man auch satt. Ich habe keinen Hunger.“