Gottfried Benn. Der Mann ohne Gedächtnis - Holger Hof - E-Book

Gottfried Benn. Der Mann ohne Gedächtnis E-Book

Holger Hof

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Beschreibung

Als Dichter und Prosaist zählte Gottfried Benn (1886–1956) zu den einflussreichsten Figuren der deutschen Geistesgeschichte, ein radikaler Modernist, ein genialischer Verächter seiner Zeit, ein Übervater der jungen Nachkriegsliteratur. Durch seine Parteinahme im »Dritten Reich« kompromittiert, führte dieses »gezeichnete Ich« ein spannungsreiches »Doppelleben« zwischen dem unglamourösen Betrieb seiner Berliner Arztpraxis und den ekstatischen Höhenflügen der Literatur. Diese große umfassende Biographie Gottfried Benns berücksichtigt erstmals die Tageskalender des Dichters aus den 1940er- und 50er-Jahren und bislang unerschlossene Briefwechsel. So entsteht eine neue Sicht auf Gottfried Benn. Holger Hof hat die gesamte Forschung aufgearbeitet, seine Biographie ist wissenschaftlich auf dem neuesten Stand und wunderbar erzählt.

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Seitenzahl: 688

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Holger Hof

Gottfried Benn - der Mann ohne Gedächtnis

Eine Biographie

Impressum

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.Besuchen Sie uns im Internet: www.klett-cotta.deKlett-Cotta© 2011 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger GmbH,gegr. 1659, StuttgartAlle Rechte vorbehaltenCover: Rothfos & Gabler, HamburgUnter Verwendung einer Abbildung © ullstein bild

Datenkonvertierung:

Koch, Neff & Volckmar GmbH,

KN digital – die digitale Verlagsauslieferung Stuttgart

Printausgabe: ISBN 978-3-608-93851-7E-Book: ISBN 978-3-608-10215-4

|5|Semper talis

|11|»Auftauchen, nur im Akt vorhanden sein und wieder versinken«1

Im Bonner Plenarsaal des Deutschen Bundestags zeigte die Uhr auf 3 Uhr 38, als Bundestagspräsident Dr. Eugen Gerstenmeier zur namentlichen Abstimmung die Stimmkarten einsammeln ließ. Zum letzten Mal in dieser Nacht verlas er ein Abstimmungsergebnis: Zwölf Jahre nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands galt die Wehrpflicht wieder für alle Männer zwischen achtzehn und fünfundvierzig – Westberliner ausgenommen.

An jenem Samstagmorgen des 7. Juli 1956, gut vier Stunden später, um 8 Uhr 5, starb nach schwerem Krebsleiden im Dahlemer Oskar-Helene-Heim, Clayallee 229 –233, Gottfried Benn. Der ein Meter neunundsechzig kleine, am Ende seines Lebens knapp über achtzig Kilo wiegende Berliner Sanitätsoffizier zweier Weltkriege, Dermatologe und Dichter zweier Phasen des Expressionismus, der so unendlich bedauerte, die Höhe des Blutdrucks von Goethe und Hölderlin nicht gewusst zu haben, »ob sie pyknisch waren u. zur Dicke neigten, ob sie Durst hatten, ob sie Bier oder Wein tranken, ob sie gut schliefen«,2 hatte am Ende seines siebzig Jahre währenden Lebens einen Blutdruck von 130/80 mmHg. Das Blutbild wies einen an der oberen Norm befindlichen Wert von 10000 Leukozyten pro Mikroliter auf. Die letzte Blutsenkung war mit 34/64 mm deutlich erhöht. Der große Überlebende war tot.

Das Lebensschicksal ist ja nichts Äusseres u. kommt nicht aus der Umwelt auf uns zu, sondern es steigt aus uns selber auf, wir ziehen es heran, selbst Tod, Schicksalsschläge, naturalistischer Wirrwarr sind unsere eigenen Materialisationen u was wir Lebenslauf u. Biographie nennen, ist die Aura, die Oddschicht unseres inneren Seins, das sich Geltung u. Gestaltung schafft. So gesehn, passt |12|auch mein jetziges, nun 11 Jahre währendes Schweigen u. Verdecktsein, in meinen Stil u. meine angeborenen Linien. »Es giebt Existenzen, in die greift das Schicksal nicht ein –« …3

So schrieb der Mann mit dem Denkerschädel, dem wehen Mund, der in Sanftheit gedämpften Stimme und dem unter schweren, herabgelassenen Augenlidern entrückten Blick. Er führte ein Leben an den Rändern, wo, wie er sich selbst ausdrückte, das Dasein fällt und das Ich beginnt.4 Meist verlief es aufreizend jenseits gesellschaftlicher Anerkennung und meist in der Rolle des Outcast. Regelmäßig trafen ihn schwere persönliche Schicksalsschläge, worauf psychische oder körperliche Zusammenbrüche folgten.

Wer wie ich alle Scalen von Missstimmungen, inneren und äusseren Dyspepsieen, Verfallslagen, Gebrochenheiten, tiefsten Depressionen, unsagbaren Zerstörtheiten kennt …, der kann mitfühlen … (Je älter ich werde, umso rätselhafter wird mir, was der Mensch als zoologische Erscheinung eigentlich bedeutet. Er ist kein Tier, aber was er ist, ist so unheimlich und heimtückisch, dass ich tagelang in kein Gesicht mehr sehen kann.)5

Weil die Zusammenbrüche nicht zu ergründen waren, sondern nur zu fühlen, ergaben sich daraus Verwandlungen, Neuausrichtungen und Neuanfänge, die ohne die Bereitschaft zu Verdrängungen und Vergessen, ohne die glücklichste Gabe der Menschheit: »ihr schlechtes Gedächtnis«,6 nicht möglich gewesen wären. Besessen von Unerinnerlichkeit, schuf er das Erträgliche und aus dem Vergessen des Gestern die Neuheit der Stunde.7

Es gehört zum Schicksal der um 1890 Geborenen, zwei Weltkriege erlebt und erlitten zu haben. Die Biographie Gottfried Benns ließe sich bestimmt unter dem Aspekt persönlicher und weltgeschichtlicher Katastrophen nachzeichnen. Aber sein Leben ist nicht die Geschichte von Niedergängen. Zwar liebte er |13|Trümmer genau wie Statuen und die Katastrophen beinahe so sehr wie die Strophen, die er schrieb.8 Immer wieder sägte er die Äste ab, auf denen er nistete, und hielt »des Messers Schneide zur Hand«.9 »Gewiß, das Weltall zu besiegen, / Blickt er umher, hinab, hinan.«10 Dem West-östlichen Diwan als dichterisches Leitmotiv für Paul Hindemiths Oratorium Das Unaufhörliche entliehen, kristallisierte sich Goethes »hinab, hinan« als eines der großen Gesetze11 im Lebensschicksal des märkischen Pfarrerssohnes heraus, der als Siebzehnjähriger beschlossen hatte, nicht wie sein Vater Seelen, sondern Körper zu heilen; nicht das Wort zu deuten, sondern es zu gestalten.

Bereits früh holte den vom Gestaltungswillen Getriebenen allerdings ein anderes großes Gesetz ein, das der psychiatrisch erfahrene Arzt »die schizoide Katastrophe, die abendländische Schicksalsneurose: Wirklichkeit«12 nannte. Die Abspaltung des Ich – sie war nicht nur das quälende Symptom einer dem Untergang geweihten Epoche, sondern wurde ihm, der sich nach Ernst Kretschmers Typenlehre als »schizoid«13 bezeichnete, zum persönlichen Verhängnis.

»Jetzt oder nie, Aufstieg oder Vernichtung«?14 Benns Antwort blieb ambivalent: einerseits Aufstieg – andererseits Vernichtung. Meist lagen beide sogar dicht beieinander. Als seine Mutter unheilbar an Krebs erkrankt war und er im Norden Berlins in einem Moabiter Krankenhaus an einem Sektionskurs teilgenommen hatte, gelang ihm

ein Zyklus von sechs Gedichten, die alle in der gleichen Stunde aufstiegen, sich heraufwarfen, da waren, vorher war nichts von ihnen da; als der Dämmerzustand endete, war ich leer, hungernd, taumelnd und stieg schwierig hervor aus dem großen Verfall.15

Mit seinem Erstling, der Gedichtsammlung Morgue, war ihm im Frühjahr 1912 der fulminante Eintritt in die Welt der europäischen Literatur gelungen. Andererseits war aber auch der unumstößliche |14|Drang erwachsen, die Welt der Krankenhäuser, der Leichenhäuser und der Kasernen zu verlassen. Lieber wollte er sich »als praktischer Arzt niederlassen u. ein Weib nehmen u. meinen Garten bebauen«16 oder ferne Länder bereisen oder gar auswandern. Die Entscheidung wurde ihm am 1. August 1914 abgenommen. Der erste der Weltkriege begann, Benn nahm an der Erstürmung Antwerpens teil und lebte in der Brüsseler Etappe, bis er sich drei Jahre später in Berlin als Arzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten niederließ.

Benns Leben, die »Oddschicht seines inneren Seins«, ließe sich auch als Abfolge von produktiven Phasen beschreiben. Die Tageskalender legen jedoch offen, dass auf Wochen, in denen er bei Tag seine Arbeitshefte vollschrieb und selbst beim allabendlichen Bier in der Kneipe die poetischen Einfälle nicht aufhörten zu sprudeln, immer wieder Wochen tiefer Depression und Apathie folgten.

Solch eine Phase tiefer und lang anhaltender Depression behandelt die Eröffnung dieses Buches – die Ereignisse vom Februar bis zum September 1945, die Monate, in denen das Weltkriegszeitalter zu Ende ging, aber auch die Monate, in denen Benn seine Arbeitskladden geschlossen hielt. Persönlich ist es die Zeit der Lösung fast aller menschlichen Bindungen: Benns Dienststelle wurde von Landsberg a. d. Warthe nach Berlin zurückverlegt, die Reichswehr befand sich im Prozess rasanter Auflösung. Die Praxis in der Bozener Straße lag in Schutt und Asche und musste wieder aufgebaut werden. Seine zweite Ehe befand sich in einer manifesten Krise, einen Freundeskreis hatte er nicht mehr. Schließlich beging seine Frau Herta im Juli 1945, nach Neuhaus an der Elbe evakuiert, aus Angst vor Übergriffen sowjetischer Truppen Selbstmord – Benn war extrem isoliert. Das einzige schriftliche Zeugnis aus dieser Zeit, neben wenigen überlieferten Briefen, ist Benns Tageskalender.

Bis zum Lebensende hielt Benn die Fakten und Eindrücke |15|des Tages in kleinformatigen Vierteljahresheften fest, die meist Geschenke von Pharmafirmen waren. In der Regel haben sie privaten Charakter und versammeln Kontostände, Einnahmen, Ausgaben, Krankheitsverläufe, Telefonate, Termine, Besuche und die Korrespondenz – bisweilen auch was Ilse, seine dritte Ehefrau, sonntags für ihn kochte.

Um ein grosser Schriftsteller zu werden, muss man vor Allem seine eigene Handschrift lesen können. Daran hat es bei mir von je gemangelt. Alle Notizen, Zettel, Diarien nützen zu nichts, wenn man nach 2 Tagen schon garnicht mehr weiss, was sie bedeuten sollen.17

39 dieser tagebuchartig geführten Kalender zwischen 1934 (ab 1944 lückenlos) und 1956 sind überliefert und werden in dieser Biographie erstmalig systematisch für die Beschreibung von Benns Leben nutzbar gemacht.

Oft sind die Eintragungen hastig und mit schlechten Stiften notiert. Wer Benns Handschrift kennt, erahnt die Schwierigkeiten bei ihrer Entzifferung. Zudem sind sie äußerst knapp, bisweilen kryptisch und nur unter Heranziehung biographischer Kontexte erschließbar. Mit Hilfe dieser Eintragungen lässt sich auch ein Bild der Monate vor und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zeichnen, die in Benns Biographie bislang eine Lücke hinterließen.

Im September 1945, wenige Tage nachdem der Zweite Weltkrieg auf dem amerikanischen Schlachtschiff »Missouri« mit der Unterzeichnung der japanischen Kapitulation sein offizielles Ende gefunden hatte, schlug Gottfried Benn sein Notizheft wieder auf.18 Mit dem Anheben eines Verses hatte Benn seine Sprache wiedergefunden: »Die Küsten singen«19, und hiermit bereits ein frühes Echo auf den Schlussvers seines ersten großen Nachkriegsgedichts Orpheus’ Tod: »die Ufer tönen –«,20 erklingen lassen. Der Wiedereintritt in die Literatur war im September 1945 nicht nur beschlossene Sache, sondern definitiv geschehen. Künftiger |16|Name des Projekts, den Benn ihm nach dem Ende von Weltkrieg II gab: Phase II. Oberarzt Dr. Werff Rönne, Alter Ego aus Phase I des Expressionismus, im Februar 1943 in Stalingrad gefallen, geopfert, war tot. Zwar konnte sein Nachlass noch vor Kriegsende gerettet werden, aber wenn es eine Fortsetzung seiner schriftstellerischen Existenz geben sollte, musste der Mensch, Gottfried Benn, neu zusammengesetzt werden: ein Doppler-Lebender besonderen Art, bedeuteten doch die Monate ohne Schreiben ein Abstandnehmen von sich selbst, eine Verringerung der Frequenz bis zur Unhörbarkeit. Jetzt war er bereit, die Distanz zu verkürzen, um wieder auf der Höhe der Eigenwahrnehmung zu sein. Benns Verstummen im Jahr 1945 ist das Durchschreiten des peripetischen Tiefpunkts seiner Existenz.

Fast scheint es so, als läge den zyklisch wieder auftretenden »Verwandlungen des Chamäläon«21 eine (spiel)triebhafte Lust zugrunde mit der einen Absicht nur: »dem Traum folgen und nochmals dem Traum folgen und so ewig – usque ad finem.«22 Und dann glaubt man manchmal, die Untergänge seien von ihm selbst inszeniert, um im Glanz phönixhafter Aufstiege um so mehr zu funkeln: »Ich wollte immer auffliegen wie ein Vogel aus der Schlucht; nun lebe ich außen im Kristall. Aber nun geben Sie mir bitte den Weg frei, ich schwinge wieder.«23

|17|I

»HERAN SCHWIRRT DER PHÄNOTYP AUS DEM WARTHEBRUCH«1(1943 – 1945)

»Ich wünsche mir einen Zusammenbruch,

einen moralischen oder körperlichen,

das wäre doch ein Wegweiser,

eine Grundlage für die Zukunft,

da könnte man Fuss fassen u. ginge

nicht mehr in die Irre.«2

|19|»Letzter Klang, immer Ende, finale Lust«3

Nie war Gottfried Benn isolierter als im letzten Jahr des Zweiten Weltkriegs. Der Schriftsteller, der zwar seit April 1938 von den Nazis mit einem Berufsverbot belegt worden war, aber während des Kriegs umso produktiver wurde, blieb nämlich stumm. Nicht nur die Schreibmaschine blieb für lange Zeit unbenutzt, auch das andere dichterische Handwerkszeug, sein wichtigstes, die Arbeitskladde, in die er täglich seine Notizen schrieb, blieb bis zum September 1945 geschlossen. Benn hatte sie mit gelegentlich einer Winternacht geschriebenen Versen zugeklappt.4

10.1.45.

Verweile weisser Abend

Es war so dunkel, die Stadt

die kein Feuer zu strahlen

und keine Träume hat

Doch die, wenn auf Dächern und Brunnen

der Schnee sich eingeweht

plötzlich in einem Raum

von tödlicher Schönheit steht

Wir längst dem Sturz verfallen

und ganz dem Nichts gebracht

Was hältst Du weisser Abend

noch eine Stunde vor Nacht.

Knapp ein und ein halbes Jahr hatten Gottfried Benn und seine Frau nun in der neumärkischen Provinz Mark Brandenburg verbracht. Ihre erste Bleibe, die sie auch im Jahr darauf als Hertas Zimmer, Ausweich- und Besucherquartier nutzten, besorgte ihnen Benns Schwester Ruth, die sich mit ihrem Mann ebenfalls |20|in Landsberg aufhielt. Für kurze Zeit wohnten sie in einem Mietshaus in der Böhmstraße 2 bei Frau Fraaß, der Frau von Ruths Schwager. Kurz danach wurde Benn Zimmer 63 im Block II der Kaserne zugewiesen, jedoch ebenfalls nur für wenige Tage, dann zog er in

eine ganz nette und manierliche 2 Z.-Wohnung mit Bad und warmem Wasser und einigermaßen wohnlich gemacht mit einigen Decken, Kissen usw. von zu Hause, was wir auch alles mit größten Schwierigkeiten und Widerständen hierhergebracht haben. Bei dem anfänglichen Einzug fanden wir die Räume dieses wahrhaft königlichen Palazzos in einem überwältigenden Kontrast zu seinem stolzen Aussehn: gänzlich verdreckt, starrend von Schmutz und – Wanzen.5

Mehrere Male fuhren Herta und Gottfried nach Berlin, »morgens um 3 Uhr auf, um abends wieder zurück zu sein und jedesmal diese lebensgefährlichen Züge, der Kampf aller gegen alle, diese hassenswerte Menschheit mit Koffern und Kindern, nervös, verhungert, verängstigt und rücksichtslos. Auch haben wir aus unserer Wohnung geholt, was wir konnten …«6

137 Stufen mußte man steigen, wenn man von der Bahnhofstraße endlich an den Fuß des Hügels gelangt war.

Nichts Träumerischeres als eine Kaserne! Zimmer 66 [sic] geht auf den Exerzierplatz, drei kleine Ebereschen stehn davor, die Beeren ohne Purpur, die Büsche wie braunbeweint. Es ist Ende August, noch fliegen die Schwalben, doch zu den großen Zügen schon versammelt. Eine Bataillonskapelle übt in einer Ecke, die Sonne funkelt auf Trompeten und Schlagzeug, die Himmel rühmen spielt sie und Ich schieß’ den Hirsch im wilden Forst. Es ist das fünfte Kriegsjahr, und hier ist eine völlig abgeschlossene Welt, eine Art Beguinage, die Kommandorufe sind etwas Äußerliches, innerlich ist alles sehr gedämpft und still. Eine Stadt im Osten, über ihr dies |21|Hochplateau, darauf unser Montsalvat, hellgelbe Gebäude und der riesige Exerzierplatz, eine Art Wüstenfort. …

Die Blöcke stehn, die Wogen rauschen. Immer neue Wogen von Männern, neue Wogen von Blut, bestimmt, nach einigen Schüssen und Handgriffen in Richtung sogenannter Feinde in den östlichen Steppen zu verrinnen. Unbegreiflich das Ganze …7

Benns Wohnung in der Bozener Straße, in die mittlerweile Schwester Edith und Bruder Ernst-Viktor eingezogen waren, während dessen Frau Dora und die Kinder bei Bruder Stephan in Prenzlau waren, hatte bislang allen Brandbombenangriffen widerstanden. Ob er jemals wieder dorthin zurückkehren könnte, stand in den Sternen.

Bereits im Oktober, nachdem ein Privatdruck mit 22 Gedichten an die wenigen Freunde und Bekannten verschickt war,8 hatte sich Benn in der Kaserne so weit eingelebt, dass er dank der meist von Herta besorgten Bücher aus der Leihbücherei Schaeffer & Co. an der Ausdruckswelt weiterarbeiten konnte. »Mein Mann ist von einem unheimlichen Fleiss«, schrieb Herta im Juli 1944 an Leonharda Gescher, die Witwe von Joachim Ringelnatz. »Ich habe eben wieder für ihn geschrieben. Danach ist mir stets zumute wie etwa nach einer Gehirnmassage, wenn es sowas gäbe.«9

In dieser Kaserne schrieb ich: »Roman des Phänotyp«, viele Teile aus »Ausdruckswelt«, darunter »Pallas«, und aus den »Statischen Gedichten«, z. B. »Ach, das ferne Land«, »September«, »Dann –«, »Statische Gedichte« u. a.10

Für das Leben in Landsberg hatte Benn nur Spott, ja Verachtung übrig. Der Tag könnte aus zwei Nächten und einem Nachmittag bestehen: »Der Rest ist mir beschwerlich.«11 Was ihn umgab, war kurz gesagt: innen Vakuum und das Äußere kaum noch vorhanden. Er verließ die Kaserne nur noch, wenn es unbedingt sein |22|musste, und mied die »Metropole von Leben und Reiz«.12 Die »trüben Fluten« der Warthe und die »Kohlrübenatmosphäre«13 der umliegenden Felder taten ihr Übriges. Seit letztem Oktober arbeitete Herta als ehrenamtliche Bürokraft ihres Ehemannes, was einerseits den Vorteil hatte, dass sie so einer anderen Dienstverpflichtung entkam, andererseits hockten die beiden in ihren beiden »Wohn-Zimmern, die zugleich mein Büro sind«,14 so dicht aufeinander, dass sie einander zunehmend auf die Nerven gingen.

Wenn er nach Berlin kam, das mittlerweile auf das heftigste aus der Luft bombardiert wurde, nutzte er den Aufenthalt zum Haareschneiden, oder es gelang ihm, Kostbarkeiten wie Rum oder Kalbfleisch zu besorgen. Die Bozener Straße 20, in die Herta und Gottfried abwechselnd fuhren, um alles Wichtige zu retten und nach Landsberg zu transportieren, stand noch: »(einsame Insel), aber die Fenster kaputt, es ist kalt u. schmutzig, man kann nicht mehr länger als 1 Stunde da bleiben, man friert«.15

Die meiste Zeit war Benn einsilbig, reizbar und schlecht gelaunt. Wenigstens ließen sich zum Hochzeitstag und kurz darauf zu Hertas Geburtstag zwei Flaschen Bordeaux organisieren, doch trotz Bohnenkaffee und Apfelkuchen wollte keine Feierlaune aufkommen. Im Gegenteil: Es kam zu einer lautstarken Auseinandersetzung, und am nächsten Morgen verließ Herta ohne Frühstück die Wohnung. Als sie am Nachmittag »mit ihrer Tasche, am Stock, im roten Hut«16 wieder nach Hause kam, legte sie sich wortlos ins Bett. Wie beider Tagebücher zeigen, war Entzug das Mittel, sich gegenseitig zu bestrafen. In den Tagen vor Gottfrieds Geburtstag notierte Herta, dass er sie immer so hetze, während er sich ins Bett lege. Als einmal beide einen Abendspaziergang machen wollten und die Kaserne verließen, »ertönte Voralarm und G. machte kehrt und ließ mich stehen«.17

Der Winter 1943 ging zu Ende, und aus Gründen der Raumeinsparung wurden die Zimmer in der Kaserne teilweise neu verteilt. |23|Benn verrichtete den truppenärztlichen Dienst von nun an in seiner Wohnung. Wann immer er Zeit hatte, saß er jedoch am Schreibtisch und feilte an den Aphorismen für die Ausdruckswelt:

Augenblicklich bin ich in Libellenstimmung »– weder Käfer noch Schmetterling – hohe Töne, Schwirren«, nämlich: alles Inhaltliche u. Thematische wird mir immer fragwürdiger u. bedenklicher, es bleibt nur das Gegeneinanderhalten der Fassungen u. Färbungen, die Reflexe, das Spiel u. aus einem olympischen Einerseits-Andererseitsstandpunkt entwickelt sich ein neuer blitzender Stil.18

Benn war im Begriff, seinen Essaystil derart zu vervollkommnen, dass seine neuen Texte den Rahmen »seiner Fibel für Anfänger, verdummte Jugend, verwahrlostes Nachfahrensgeschlecht über die Probleme unserer Generation« sprengten und in Richtung »raffinierter Points für Fortgeschrittene«19 trieben. Als er Anfang März die wenigen, mit Libellen überschriebenen Sätze aufs Papier brachte, notierte er im Kalender: »Bedenken gegen alle diese Aphorismen –«.20 Das Bedenkliche an diesen außerordentlichen Sätzen und Absätzen war jedoch auch, dass sie das waren, was in den Essays zuvor gewissermaßen nur Programm war. Ganz plötzlich gelang ihm nahezu im Tagesrhythmus etwas, das er »Selbstentzündung, autarkische Monologie«21 nannte. Nie war Nihilismus ein größeres Glücksgefühl22 als in den Tagen im April, als »schon summarisches Überblicken, Überblättern … einen leichten Rausch«23 verschaffte. Seit dem 19. März, als der Plan eines »›Roman[s] nach Innen‹«24 gefasst war, von dem selbst der Brieffreund und literarische Vertraute F. W. Oelze nur so viel erfahren durfte, dass er buddelte und verschwand,25 verging kein Tag mehr, an dem der Roman des Phänotyp – der Titel stand bereits tags darauf fest –26 nicht bedacht wurde oder einzelne Kapitel (»Gegensatz zu Schifferkreisen«, »Stadtpark«, »Stadtpark II«) entstanden. Neben der Schreibarbeit verschlang Benn reihenweise Bücher, die ihn künstlerisch beschäftigten: Von John Dos Passos |24|las er von einem Tag auf den andern Auf den Trümmern, von James Fenimore Cooper Der rote Freibeuter, von d’Annunzio Feuer, von Carl Einstein Bebuquin,27 dem, so Benns Einschätzung, mit diesem Roman »die Möglichkeit von geordneten Worten und Sätzen als Kunst, als Kunst an sich«28 vorgeschwebt hatte. Seinen Roman des Phänotyp konzipierte Benn als »absolute Prosa«, und es ist mehr als interessant zu beobachten, dass er sich beim Schreiben dieser Prosa mit Texten umgab, deren »›Vollkommenheit durch die Anordnung von Worten‹«29 er bewunderte.

Am 9. April 1944 drang die Rote Armee von Norden her nach Odessa ein und befreite zusammen mit Partisanen die Stadt. Benn notierte am nächsten Morgen:30 »Odessa gefallen«, und bearbeitete Anträge für Nachkuren. Mittags gab es »Essen ohne Fleisch«. Seine Mittagsmüdigkeit verscheuchte er mit einem 90-minütigen Spaziergang »hinten raus« zum Schützenplatz, wo drei Karusselle aufgestellt waren. Als er wieder nach Hause kam, las er Heinrich Manns Göttinnen und nahm einen Bildband in die Hand: Das weibliche Schönheitsideal in der Malerei. Er schlug das Buch auf, und beim Überblättern von Piero di Cosimos Tod des Procris und Venus, Mars und Amor, all der anderen Venusse von Giorgione, Jacopo Palma (d. A.) und Tizian, beim Überblättern von Rubens’ Zyklus der Katharina von Medici und der Krönung des Tugendhelden, von Francesco del Cossas Allegorie des Herbstes und Michele Pannonios Ceres »geriet ich in einen Rausch nicht etwa wegen der nackten Körper, die mich völlig kalt liessen, sondern wegen der unermesslichen Fülle an … Stofflichem, das sofort in Worte, Sätze, Rhythmen transponiert werden konnte«.31 Am nächsten Mittag zwischen zwölf und halb zwei flogen »100 Bomber«32 über die Kaserne. Gottfried Benn war immer noch berauscht und zündete zur selben Zeit »eine Bezirksbombe an Abwegigkeiten u. Excentric«:33 Innerhalb von zwei Tagen entstand mit »Summarisches Überblicken« der Prototyp absoluter Prosa »ohne Anknüpfungen u. Einführungen«, die geniale »Fluchtmöglichkeit aus dem Ich«.34

|25|Das unmittelbare Erleben tritt zurück. Es brennen die Bilder, ihr unerschöpflicher beschirmter Traum. Sie entführen. Der körperliche Blick reicht nur über den Platz bis an die Burgen, – aber die Trauer reicht weiter, tief in die Ebene hinein, über die Wälder, die leeren Hügel, in den Abend, das Imaginäre, sie wird nicht mehr heimkehren, dort verweilt sie, sie sucht etwas, doch es ist zerfallen, und dann muß sie Abschied nehmen unter dem Licht zerbrochener Himmel – –, diese aber entführen, führen weit und führen heim.35

Nie in seinem Leben war Benn dienstlich so wenig in Anspruch genommen wie hier. In seinem Fesselballon, 137 Stufen über der Stadt, war sein schriftstellerisches Gehirn auf Dauerempfang geschaltet, »fast ununterbrochen bereit, zu denken und zu kritzeln«.36

Im Sommer bekam Herta Gelenkentzündungen in beiden Knien, und die beiden verließen die Kaserne fast überhaupt nicht mehr. Abends – »Flieger kreisten u. ein angebundener Ziegenbock heulte im Nachbargarten u. ein Hund lag auf der Treppe«37 – gingen sie

meist in den kleinen sogenannten »Offiziersgarten« hinter unserem Wohngebäude. Wir sitzen dort auf unserer luftigen Höhe auf einer Bank und schauen auf die Dächer der tief unter uns liegenden kleinen Stadt, meist in einer bräunlichen Belichtung, wie Corot malte, und auf die Warthe-Landschaft. Um uns schwirren die Schwalben. Und immer auf demselben Dachgiebel sitzt unsere Freundin, die Amsel »sie singt das grosse Lied der Ariadne, das sie so lange nicht hat singen wollen; es ist die Arie, wie sie in dem Wagen des Bacchus steht«. – Also ein friedliches Dasein inmitten der so kriegerischen Umwelt, tagsüber von 4 Uhr morgens an, inmitten gebrüllter militärischer Kommandos, ohrenbetäubendem Stiefelgerassel die Treppen herauf und herunter …38

|26|Am 13. Juli fuhr Herta für sechs Wochen zur Kur nach Bad Oeynhausen, »weil es Westdeutschland ist u. sie hat dort am Ort noch Beziehungen aus früheren Jahren«.39 Genau eine Woche später, am Tag, als Oberst Graf Stauffenberg vergeblich versuchte, im Führerhauptquartier Wolfsschanze Adolf Hitler umzubringen (»Attentat!«40), brachte seine Tochter Nele Zwillinge auf die Welt (»Nele! Tine / Vilhelm«41).

Ende September mussten die Benns noch einmal umziehen. Benn wurde »Standortarzt von L.aW u. Führer der H.San.Staffel L.aW«,42 die Dienststelle in die Walter-Flex-Kaserne verlegt, und während am Nachmittag wieder Bomber tief über die Kaserne flogen, wurde das private Hab und Gut sukzessive in die Lehmannstraße 68 transportiert. Weitere zwei Wochen später erhielt Benn vom Quartieramt Berlin die Nachricht, dass zwei der Zimmer in der Bozener Straße beschlagnahmt worden seien. Noch bis zum Jahresende traf er sich mit seinen Offizierskollegen wie alle Dienstagabende zum Skatspielen, Herta legte »ihre Patience«.43 Den Silvesterabend, draußen schneite es unentwegt, verbrachte Benn mit der Biographie Dostojewskis von Mereschkowski. »10 ¾« ging er »zu Bett«.44

|27|»Ich ertrage Schweigen, Verschwiegen werden u Vergessen«45

Am 8. Januar 1945 hatte es wieder sehr stark zu schneien begonnen. Herta lag mit Fieber im Bett, während Gottfried mit der Fertigstellung des hochartifiziellen, die historischen Ereignisse reflektierenden Gedichts St. Petersburg – Mitte des Jahrhunderts beschäftigt war.

Erster Teil:

»Vom Gorilla bis zur Vernichtung Gottes«,

zweiter Teil:

»Von der Vernichtung Gottes bis zur Verwandlung

des physischen Menschen« –

Kornschnaps!

Das Ende der Dinge

ein Branntweinschluckauf

ultratief!46

An jenem Nachmittag, als am Ende der Welt Benn »das Ende der Dinge« nachzeichnete, war sein drei Jahre jüngerer Bruder Stephan, Pfarrer in Prenzlau, zu Besuch gekommen. »Verweile weisser Abend …« Noch einmal steckte Benn in jenen Tagen den poetologischen Rahmen ab, in dem er seine Lyrik ansiedelte. Die Anklänge an Fausts »Werd’ ich zum Augenblicke sagen, / Verweile doch! du bist so schön!«47 sind nicht zu überhören, und mit dem St. Petersburg-Gedichtwar Benn vielleicht das avancierteste der in Landsberg eingeläuteten Phase II seines Schreibens überhaupt gelungen. Ganz offensichtlich bereitete er sich auf das Ende vor, das er kommen sah. »Dann magst Du mich in Fesseln schlagen, dann will ich gern zugrunde gehn!«48

Eine Woche später, die Winteroffensive der Russen mit dem Großangriff der dritten weißrussischen Armee auf Ostpreußen |28|hatte begonnen, meldete sich Benn nach überstandener Grippe erstmals wieder zum Dienst zurück. Herta war seit geraumer Zeit morphiumsüchtig, litt trotz der sechswöchigen Kur im Sommer an heftigen rheumaartigen Schmerzen in den Kniegelenken und musste deshalb zeitweise am Stock gehen. An diesem Abend ging sie allein ins Kino und sah Marika Röck in Die Frau meiner Träume tanzen. Als »grosse Tänzerin« hatte Benn Herta seiner Tochter Nele im Januar 1938 unmittelbar vor ihrer Hochzeit vorgestellt.

Ihr Vater war Vortänzer beim Kaiser, als Gardeoffizier hier in Berlin, u. sie hat das Talent geerbt. Mit 3 Jahren konnte sie Spitzentanz, ist richtig ausgebildet als Tänzerin.49

Vor diesem Hintergrund muss Benns Kalendereintrag an diesem Abend gelesen werden: »Stock zerbrochen«.50 Aber ganz andere Dinge waren am Zerbrechen. Beider Leben war unmittelbar bedroht. Ungesichert erschien Benn die Existenz seiner in Landsberg entstandenen Manuskripte. Oelze hatte er zum Geburtstag bereits ein Konvolut mit Gedichten geschickt und die ihm unter den Nägeln brennende Frage gestellt: »Darf ich den Nachlass Rönne an Sie senden?«51 Wenige Tage später verließ ein dienstversiegeltes Wertpaket in Höhe von 1200 Reichsmark die Kaserne, »vorschriftsmäßig verpackt«,52 »wie Nachlässe dienstlich zu versenden sind«.53 Auch die nächsten Tage standen vollständig im Zeichen der bevorstehenden Flucht. Am 23. ging Benn zum letzten Mal in Landsberg zum Friseur, dann zur Bank, hob 3000 Mark ab und nahm Abschied von den Kollegen Simon, Foth und von Schmiedteck. Schließlich meldete er sich beim Amt der Wehrmachts-Versorgungsgruppe offiziell krank. Am 24. holte er von seiner Dienststelle Hertas Evakuierungsschein. Die erforderlichen Reisebillets erhielt er von seinem Bekannten Dr. Kops, dessen Frau an diesem Tag Geburtstag hatte, und gab für das eine wie für das andere seine letzte Flasche Rotwein.

|29|In Landsberg, dem heutigen Gorzów Wielkopolski, spitzte sich indes die Lage dramatisch zu. Dass die »roten Reiter schon ihre Rosse in der Warthe tränkten«,54 darf freilich nicht wörtlich genommen werden, denn die klirrende Kälte hatte den Nebenfluss der Oder zufrieren lassen, während Flüchtlinge aus Ostpreußen und dem Umland in die Stadt drängten. Am Bahnhof standen Hunderte von aufeinandergestapelten zurückgelassenen Schlitten, Hand- und Kinderwagen. Dort hielten die heillos überfüllten Züge aus dem Osten. Die parallel zur Bahnstrecke verlaufende Landstraße war mit einem endlosen Treck von Lastwagen und dazwischen hochbeladenen Planwagen mit vorgespannten Pferden genauso überlastet, und dann gab es auch noch das zurückdrängende Militär.

Tags darauf wurden die Koffer gepackt. Ein Teil des Gepäcks sollte von Bekannten in einem Bahntransport mitgenommen werden. Der größte Teil des Hausstands musste jedoch in Landsberg bleiben.

Herta hatte ja mit viel Mühe u. unter Beihilfe mehrerer unrechtmässigerweise gecharterter Lastautos alles Wertvolle von hier im Herbst 43 nach Landsberg geschafft, das Schlafzimmer, ihr Chippendale-Damen- bezw. Esszimmer, Wäsche, Silber, Bilder, …55

Anschließend informierte Benn seine Vermieterin Frau Christel Kretzschmer von der unmittelbar bevorstehenden Abreise Hertas. Der in der Benn-Literatur als Monsieur Desmoulin auftauchende Kriegsgefangene und Verehrer Hertas, Jérôme Demolière, findet seine letzte Erwähnung im Kalender, und noch einmal erreichte die Benns Post von Hertas Schwester Doris und Gottfrieds Bruder Stephan. Mit den wenigen Sachen, die Herta mitnehmen konnte, bestieg sie am Morgen des 26. Januar einen der Laster, die Landsberg verließen. Der brachte sie nach Berlin, von wo sie sich am späten Abend kurz vor Mitternacht telefonisch meldete – angekommen zu Hause in der Bozener Straße 20.

|30|… alles flieht, keine Eisenbahnplätze zu kriegen, für 1 Platz in einem Lastwagen werden 1000 M u ein Schinken geboten.

Ich bleibe hier. Ob die Dienststelle verlegt wird, ist unsicher. Ich bin quasi krank gemeldet, hatte kürzlich eine schwere Grippe, könnte eventuell mit dieser Begründung nach Berlin, weiss aber noch nicht, was zweckmässig ist. Ungeheizte Räume hier, die Stadt voll Flüchtlinge, ungeheure Spannung.56

Unseligerweise hielten die Behörden am Evakuierungsverbot fest, das erst am 28. Januar, also dem Tag, als Benn aus Landsberg floh, und zwei Tage vor dem Einmarsch der russischen Armee, aufgehoben wurde. Gerade noch rechtzeitig! Am Vortag hatte Benn »Briefe verbrannt usw.«,57 denn natürlich war eine Rückkehr nach Landsberg ausgeschlossen.

Und dann kam im Osten das Ende. Wenn man am 27.1.45 beim Stadtkommandanten vorsprach und fragte, was machen wir denn mit unseren Sachen, die wir mühsam seinerzeit aus Berlin hierhergeschleppt hatten, wenn die Russen kommen, antwortete der Adjutant, ein SS.-Hauptmann: wer so fragt, wird an die Wand gestellt, die Russen kommen nicht durch, möglich, daß mal ein Spähpanzer in der Ferne sichtbar wird, aber die Stadt wird gehalten, und wer etwa seine Frau nach Berlin zurückschickt, wird ebenfalls erschossen. In der folgenden Nacht um 5 Uhr war dann Alarm, Artilleriebeschuß, und wir liefen mit einer Aktenmappe im Schneesturm bei 10 Grad Kälte zu Fuß nach Hause auf den vereisten Chausseen, verstopft von den endlosen Reihen der Trecks mit ihren Planwagen, aus denen die toten Kinder fielen. In Küstrin wurden wir in einen offenen Viehwagen verfrachtet, der uns die 60 Kilometer nach Berlin in 12 Stunden unter Fliegersalven zum Bahnhof Zoo brachte. So verlief das Ende des ganzen Ostens, Stadt für Stadt. In der Wohnung waren dann fremde Leute, die Stuben leer, wir deckten uns mit meinem Soldatenmantel und Zeitungspapier zu, um aufzuwachen, als die Sirenen heulten. So klang es aus – das Blockleben, Zimmer 66.58

|31|Folgt man Benns Angaben im Kalender, stellt sich die Rückkehr nach Berlin folgendermaßen dar: Morgens um zehn wurde der Zug, Personenwaggons im Vorderteil und Güterwaggons hinten, aus Meseritz erwartet. Über Küstrin sollte es nach Berlin gehen. Die Abfahrt verzögerte sich jedoch bis zum frühen Nachmittag, ehe der Zug um 21 Uhr Küstrin verließ, um am frühen Morgen um vier den Bahnhof Zoo zu erreichen. Ob – wie Benn schreibt – in seiner Wohnung fremde Leute waren, darüber gibt der Kalender wenigstens keinen positiven Bescheid. Wahrscheinlich aber handelte es sich um Nachbarn. Was die etwa 15000 in Landsberg Gebliebenen erwartete, davon berichtet eine Bekannte der Benns, Hedwig Deutschländer:

Es war am 30. Januar 1945. Abends sahen wir scharenweise SS-Leute in kleinen Personenwagen westwärts fahren, bestens mit Pelzen ausgerüstet. Was sie noch brauchten, holten sie sich aus den Geschäften und fuhren wortlos weiter. Fast auf dem Fuße folgten ihnen die ersten Russen. … Als sie nirgendwo Widerstand fanden, drangen etwa 20 bis 25 Mann in unsere Wohnung ein und verlangten, daß ich ihnen Essen koche. Am nächsten Morgen aber war es mit der Ruhe vorbei. Scharenweise zogen Russen durch die Wohnung, verlangten »Urri-Urri«, Schmuck, Geld und Waffen. … Die Frauen und Mädchen trugen alte Mäntel und Kopftücher – nicht nur der Kälte wegen: Nun begannen die Vergewaltigungen.59

|32|»Tua res agitur«60

Nachdem die Benns Ende Januar nach Berlin geflohen waren, führte Gottfrieds erster Weg zum Truppenarzt beim Standortarzt. Schließlich war er krankgeschrieben, und das wollte er bei der bedrohlichen Lage der Dinge auch bleiben. Zum einen musste er sich in die alte Umgebung wieder einfinden und dann die eigene wie die Versorgung der zahlreich zu ihm kommenden Patienten sicherstellen. Die sowjetischen Truppen hatten mittlerweile das vierzig Kilometer östlich von Berlin gelegene Strausberg erreicht, und die Intensität der Bombardierungen nahm mit jedem Tag zu.

Am 3. Februar, also bereits am fünften Tag nach Benns Rückkehr, erreichten die Luftangriffe, denen tags darauf das Nazi-Kampfblatt Völkischer Beobachter »rein terroristischen Charakter« zusprach, ihren vorläufigen Höhepunkt: Innerhalb von nur 53 Minuten, vormittags zwischen elf und zwölf – öffentliche Luftwarnung und Fliegeralarm waren bereits erfolgt –, griffen 937 Bombenflugzeuge der 1. und 3. Luftdivision der 8. US-Airforce die Stadtteile Kreuzberg, Schöneberg und Tempelhof an. Etwa zweitausend Tonnen Spreng- und Brandbomben ließen die Häuser reihenweise bis zu den Kellern zusammenstürzen. Die durch Phosphorbomben verursachten Brände hielten die Löschtrupps tagelang in Atem. Beinahe dreitausend Menschenleben forderte der Angriff. »Auf den Bayrischen Platz allein kamen 9 Volltreffer«,61 darunter auch der U-Bahnhof, wodurch die Tunneldecke einstürzte. Dreiundsechzig Tote lagen unter den Trümmern.

Du kannst Dir nicht denken, wie der Bayrische Platz aussieht. Seit dem Tagesangriff vom Samstag steht noch heute Dienstag alles Betroffene in Flammen. … Es ist ein Wunder, daß Benns noch leben.62

|33|Während Benn die Stunden des Angriffs im Bunker des Schöneberger Rathauses verbrachte, in dem drei Wochen später – während des größten Angriffs überhaupt – durch einen Volltreffer 178 Menschen ums Leben kamen, gingen in seiner Wohnung lediglich die Fenster zu Bruch, die er am Tag darauf notdürftig mit Pappen vernagelte, denn es regnete in Strömen. Fließendes Wasser gab es ebenfalls nicht mehr. Die nächste funktionierende Pumpe war in der Helmstedter Straße: Ecke Grunewaldstraße links und dann die zweite rechts. Rußiger Rauch hing in der feuchten Luft. Schmodder klebte an den Schuhen. Als er sich in die Schlange der Wartenden einreihte, hatte er mehr Zeit, als ihm lieb war, darüber nachzudenken, was eigentlich passierte – mit ihm, seiner Stadt und seinem Land: ein »Lebensabend, wie er im Buche steht«.63 Warum sind sie nicht hier? Brecht, Werfel, Döblin, Broch, die Manns, Feuchtwanger, Bruno Frank, Hermann Kesten, Arnold Zweig … tua res agitur! Aber dann ließ er den Gedanken auch schon wieder fallen. Als Kinder hatten sie im Selliner Pfarrhaus täglich, sommers wie winters, den eisernen Schwengel so lange auf und ab gezogen, bis die Eimer voll waren und paarweise auf den Schultern ins Haus geschleppt werden mussten. Erstaunlich genug, dass hier überhaupt alles weiterging – die Patienten kamen vom ersten Tag an. Sie zahlten zwar meist in Naturalien, mal mit zwei Flaschen Grünem Veltliner aus der Wachau, mal mit Muschelsalat oder selbstgebackenem Kuchen. Auch das kannte er ja als Kind nicht anders. Zu Ostern hatte jede Familie aus der Gemeinde frische Eier abzuliefern, ganze Waschkörbe voll, und im Herbst gab es von jedem, der konfirmiert wurde, eine fette Gans. Auf dem Weg zur Pumpe musste er noch in die Jenaer Straße, Pantoponspritze, schnell wirkendes Opiat gegen Schmerzen und Angst. Zum Glück hatten Elisabeth Rexhausen und ihr Angestellter Dr. Gerhard Wilcke noch ihre Apotheke am Bayerischen Platz. Genau zehn Jahre später wird er wieder hier sitzen.

|34|… immer auf eine Bank, die nicht weit von einem kleinen Wasserbassin ist, in dem die Vögel baden. Aus grossen Gedanken mache ich mir nichts mehr, das Nippen u Plantschen genügt mir. Manchmal fliegt ein Vogel mit dem Trunk direct auf einen zu u erst kurz vor der Brust biegt er ab. … Rückweg an dem Brunnen vorbei, richtiger: Pumpe, … natürlich musste ich den Eimer selber tragen, war ja allein u das bischen Wasser schwappte auch mal über.64

Der Tagesablauf des Dr. med. Benn war vor allem von Versorgungsnöten bestimmt. Inzwischen hatte er ein funktionierendes Netzwerk aufgebaut, das ihm die überlebenswichtigen Dinge sicherte. Drei Männer, Dienstuntergebene, die sich schon in Landsberg um sein Wohl gekümmert hatten, taten dies nun auch in Berlin: Hans Wagner fuhr im letzten Kriegsjahr immer wieder nach Berlin und versorgte die Benns mit frischem Fisch und im Sommer mit Obst, Ernst Pollähne, dem Benn im Jahr zuvor zur Verleihung des Kriegsverdienstordens zweiter Klasse verholfen und eine Stellung in Landsberg verschafft hatte, sowie der Obergefreite Walter Paulat, ebenfalls Fachmann im Organisieren wichtigster Dinge, aber auch zum Reparieren der Rollos eingesetzt. Ein gewisser Göbel war Obstlieferant, Himmelsbach für Radio und Telefon zuständig und der Tabakwarenhändler Guido Königsberger für die Zigaretten. Bereits Mitte Februar hatte Benn an das Wehrversorgungsgruppenamt eine Erneuerung seiner Krankmeldung geschickt und beim Quartiersamt die Erlaubnis eingeholt, in seiner Wohnung wieder zu praktizieren.

Gegenüber Oelze fasste Benn die Ereignisse jener bitterkalten Tage, in denen es Schnee, Staub und Schmutz regnete, zusammen:

Berlin! Eine fahle Trümmerstadt am Rande der Hungersnot. Und wenn die Schlacht um Berlin beginnt, was jeden Tag bevorsteht u. schneller als die Meisten ahnen, wird Schluss sein: die Russen mit Artillerie u. die andern von oben pausenlos 48 Stunden, u. dann |35|wird alles befriedigt sein, die einen von der heroischen Verteidigung u die andern von der ebenfalls heroischen Eroberung. Meine Dienststelle versucht herauszukommen, findet aber kein Unterkommen. Mit Gen. Kdo. haben wir nichts zu tun, direkt mit OKW, aber das ändert auch nichts.

Wir schlafen auf einem Strohsack, da unser Schlafzimmer in L.aW. steht. Täglich etwa 7 –8 Stunden Lichtsperre, also im Dunkeln, da die Fenster fehlen u. vernagelt sind; 3–4 mal Alarm; wir sehn alt u. grau aus u. leben von trockenem Brod – der Lebensabend, wie er im Buche steht.65

»Und manchmal ist eine Frühlingsstimmung in der Luft, als ob Veilchen und Liebe dazugehörten …«,66 heißt es überraschend im selben Brief. Als ob Veilchen und Liebe dazugehörten. Die Liebe zu Herta, wenn es je eine gab, war erloschen. Im Kalender wird sie ignoriert oder, wenn ihr Name auftaucht, gedemütigt. Anfang März, nach sechs Wochen, notierte der Haushaltsvorstand und Ehemann: »H. plättet«.67 Das letzte Mal, dass er ihren Namen erwähnt hatte, war an ihrem Geburtstag, am 2. Februar, als sie gemeinsam bei Dramburg zum Essen waren. Wenn der Eindruck nicht täuscht, ging Hertas Evakuierung nach Neuhaus an der Elbe am 5. April eine manifeste Ehekrise voraus.

Am 9. März fuhr der aus Neuhaus stammende Hans Wagner in seine Heimatstadt. Er war es, der den Benns riet, in das von Briten besetzte Städtchen zu gehen, wo es ein »par leerstehende Katen«68 gebe. Kurz darauf kündigte Benn an:

Sollte ich hingelangen, würde ich dort noch einen Schluss zu dem Essayband schreiben: »Willkommen den literarischen Emigranten«, Bezug nehmend auf jenen »Offenen Brief an die l. E«, 1933. Ich würde sagen, dass ich meine damaligen Positionen im wesentlichen aufrecht erhalte u. dass ich auch rückblickend das Bleiben in Deutschland für das Richtigere halte. »Der Untergang eines Volkes, selbst wenn es sich um das [deutsche] handelt, ist eine ernste |36|Sache, die sich nicht mit literarischen Arabesken von Miami aus, auch nicht mit einem an sich gerechtfertigten Hass abtun lässt, hier handelt es sich um Kern- und Substanzfragen – tua res agitur!«69

Einen direkten Hinweis darauf, dass Benn mit seiner Dienststelle nach Neuhaus gehen sollte, gibt es nicht. »Packen!«70 lautete der Eintrag am nächsten Tag, doch mit der Übersiedlung des Ehepaares wurde es aus unbekannten Gründen nichts. Bis zu Hertas endgültiger Abreise dauerte es noch einen Monat: »Schön Wetter. Packen / … / H. ab Lehrter Bahnhof 352 . … / Anruf Freese, dass seine Frau fort.«71 Sie war zu diesem Zeitpunkt also nicht die Einzige, die von ihrem Mann aus Berlin evakuiert wurde. Was Benn beim Abschiednehmen am Lehrter Bahnhof nicht wusste, war, dass er seine Frau nicht mehr lebend wiedersehen würde.

Ich bleibe noch hier, … werde versuchen, nachzukommen. Die Angriffe hier sind unerträglich.

Die lit. E. werde ich wohl nicht mehr begrüssen. Es ist alles so belanglos, ob sie kommen, was sie denken, wie sie urteilen.72

Eigentlich hatte er darstellen wollen, warum das Bleiben in Deutschland das Richtigere gewesen sei. Denkbar ist auch, dass Benn in Berlin bleiben wollte, im Zentrum des Geschehens, aus dem heraus die Lage zu beurteilen er für unverzichtbar hielt. Genauso gut vorstellbar ist aber auch, dass ihn die Angst, als Deserteur erschossen zu werden, davon abgebracht hat, mit Herta zusammen die Stadt zu verlassen. Sie wechselten noch wenige Briefe, die meist Hans Wagner beförderte. Dann riss der Kontakt ab.

Am Sonntag, dem 11. März, setzte sich Benn an seinen kleinen alten Schreibtisch und begann mit den Vorarbeiten zu dem Willkommensgruß an die Emigranten, vor sich das Bild mit der Bucht |37|von Nizza, oder war es San Remo, er wusste es selbst nicht genau, daneben »eine Photographie aus dem Britischen Museum: ›Hypnos‹, (Perugia 4th. century), ein wunderbarer Kopf mit Flügeln, ein Kopf mit einem unaussprechlichen Ausdruck von Versunkenheit u. Ernst«.73 Tags zuvor hatte Himmelsbach ein Detektorradio mit Kopfhörer gebracht; die Verbindung zur Welt war wieder hergestellt, vor allem wenn der Strom, wie jetzt immer häufiger, ausfiel. Hans Wagner war auf Erkundungsreise in Neuhaus, und das sonntägliche Treffen mit den in Berlin gebliebenen Geschwistern Edith, Ernst-Viktor und Theo fand heute nicht statt. Siegfried war im Ersten Weltkrieg, der jüngere Halbbruder Hans-Christoph im Oktober 1941 gefallen. Vom Tod des 1916 geborenen Friedrich am 12. Januar hatten ihn Edith und Ernst-Viktor vor zwei Wochen unterrichtet. Stattdessen versuchte Benn an diesem Sonntag das einzige Mal – wahrscheinlich motiviert von der Vorstellung, in Neuhaus in relativer Ruhe weiterschreiben zu können –, sein schriftstellerisches Schweigen zu unterbrechen und an den Briefwechsel mit Klaus Mann und den Emigranten an der Stelle wieder anzuknüpfen, wo er ihn 1933 unterbrochen hatte.

Mit einem Vorwurf wollte er sie begrüßen – tua res agitur! Um den Untergang ihres Volkes sei es gegangen, sei es auch nur das der Naziepoche. Gleich im ersten Satz wollte er ihnen mit Ironie begegnen, die moralische Überlegenheit des hier Gebliebenen demonstrieren und antizipierte damit durchaus gewollt seine erneute Rolle als Außenseiter, die ihm in seiner Vorstellung die Emigranten nach ihrer Rückkehr zuweisen würden. Natürlich würde er ihnen zugestehen, dass sie die Nazis und all ihre Unterstützer hassten, und dieser Hass sei auch berechtigt, denn

die menschliche Substanz tritt hier zu Tage.

Dass der Mensch, der gebildete, der studierte, der Hochstand der weissen Rasse, befriedigt wieder in Höhlen wohnt, stolz darauf ist, wenn er 2 Mohrrüben mehr erhält als der Nachbar, die Schauer |38|der Bombennächte vergisst, wenn ihm eine halbe Flasche Schnaps »zugeteilt« wird u er der zuteilenden Gangsterbehörde noch zum Gruss den rechten Arm hebt, dem muss man sich stellen; …74

Wer über Deutschland reden und richten will, muss hier geblieben sein.75

Trotzdem sage ich auch heute ja dazu, dass ich hier geblieben bin u versucht habe, das Deutschland, in dem ich gross geworden bin, noch einmal zu verstehen. Ein vergeblicher Versuch – teuer bezahlt!76

Wie würden sie ihm begegnen? Was ihm vorwerfen? Gemeinsame Sache gemacht zu haben mit skrupellosen Mördern, staatsrechtlichen Fälschern, ihm alle nur denkbaren moralischen Laster anhängen, ihn als Verbrecher bezeichnen, wie sie es bereits mit Furtwängler, Hamsun, Sven Hedin und Ortega versucht hatten? Mit diesen wollte und durfte er nicht über einen Kamm geschoren werden.

Es giebt Totalitäten im Menschheitsblock … an denen der Geist völlig zerschellt, die er niemals durchdringen, die er nur umgehen kann.

Das ist neu. Ich wusste es nicht. Wussten Sie es? Wusste es der Liberalismus? Ja. – Nur dann hat er sich falsch verhalten, weichlich u feige gehandelt, Sie hätten mit der Ausrottung dieser Totalitäten anders beginnen müssen, wenn Sie Deutschland liebten. Dann hätten auch Sie nicht zu emigrieren brauchen, aber das Bürgerliche hindert auch Sie, diese Dinge zu erkennen.77

Die Argumente waren fast dieselben wie vor Beginn der Nazi-Diktatur.78 1933 hatte Benn den Liberalen vorgeworfen, ihnen habe die Härte gefehlt, die neuen geschichtlichen Realitäten zu erkennen und sich darin einzurichten, jetzt war es der Vorwurf |39|bürgerlicher Weichheit und Gemütlichkeit, die politischen Realitäten 1933 nicht aktiv verändert zu haben, sondern davor weggelaufen zu sein. Selbst unter der Voraussetzung, dass das politische Urteil des Liberalismus schärfer und vorausschauender als sein eigenes war – ich wusste es nicht –, in beiden Fällen, so Benns Analyse im März 1945, war Emigration die falsche Entscheidung.

Benns blieben also vorerst in Berlin. Seine Begrüßungsrede für die Emigranten hob er sich für einen späteren Zeitpunkt auf. Die Bombardements wurden immer heftiger, am 28. März war die Altstadt Spandaus das Ziel eines schweren Luftangriffs. Drei Tage später, am Ostersamstag, fielen Danzig und Küstrin. Das Osterfest war verregnet, an Feiern dachte niemand. Glücklicherweise gab es wieder Warmwasser, während Benn stark erkältet war und Halsschmerzen hatte. Als Reichsverteidigungskommissar Goebbels anordnete, Berlin bis zur letzten Patrone zu verteidigen, was bei rund neunzigtausend in der Stadt befindlichen Soldaten, SS-Angehörigen und Mitgliedern des Volkssturms gegenüber zwei sowjetischen Armeen einer Unmöglichkeit gleichkam, brachten Patientinnen Kaffee, eine Azalee und eine Flasche Wein.

|40|»Letzte Runde, Pokerface u.keine Schips mehr auf dem Tisch«79

Gottfried Benn erlebte die Tage des Endkampfes um Berlin allein ohne seine Ehefrau. Die Verbindung zu Herta nach Neuhaus war abgerissen. Seit einem Vierteljahr war er nun wieder in der Stadt. Tochter Nele, die mit ihrem Mann Preben Topsoe und ihren im Juli geborenen Zwillingen Tine und Vilhelm in Kopenhagen lebte, hatte ihm das letzte Mal zu Weihnachten 1944 geschrieben. Diese Tage und Wochen mit ihren Erlebnissen müssen in Erinnerung gerufen werden, um die tiefe Resignation zu verstehen, die er gegenüber Oelze, sowohl was seine äußere als auch seine innere Lage betraf, zum Ausdruck brachte:

Viele Leichen gestern wieder, offenbar giebt es keine Bahren u Tragen mehr, die Toten werden an den Beinen in die nahe gelegenen Wohnungen geschleift. Aus Dresden sagte einer beiläufig: »sie liegen immer noch da, man fasst sie mit Messer u. Gabel an, da sie so weich sind«. Also, – davon abgesehn, es ist eindrucksvoll, wie dies gewiss enge religiöse Milieu selbst des Protestantismus etwas von Haltung u. Feinheit an sich hat, was mein altes Pfarrhaus sympathisch berührt. Während die Bomben fallen, unterhalte ich mich mit dem Pfarrer über das religiöse Leben in seiner Gemeinde …

Dass von den 2 ½ Millionen Menschen, die schätzungsweise noch in Berlin leben, irgendjemand arbeitet, halte ich für ausgeschlossen. Entweder sind Lichtsperrstunden oder es ist Alarm oder Voralarm, Telefon geht kaum noch irgendwo, die Verkehrsmittel sind unzuverlässig, kaum in Betrieb. Tags Staubstürme von den Trümmerhaufen, nachts fallen die Fensterscheiben heraus, die Ruinen heulen u. stürzen ein, Zeitzünder gehn hoch in grossen Massen u. die Wände zittern. Auch die noch stehenden Häuser haben soviel Erschütterungen erlebt, dass sie jeden Moment umfallen können. Eine verlorene Stadt.80

|41|Wie mir überhaupt immer klarer wird, dass überhaupt ausser Ihnen u. mir keine Menschenseele von der totalen Verwahrlosung unseres Inneren, seinen Lügen, seinen Korsettstangen, seinen Suspensorien, kurz seinen traurigen hygienischen Hilfs- u. Rettungsmitteln, Yohimbinträumen, Krücken, Urinarien, dem ganzen faulen Zauber seiner künstlichen Aufrechterhaltung etwas weiss. Sein Kern ist völliger Zusammenbruch, kein Gestern, kein Morgen, keine Ahnen, keine Enkel –81

In der Peripherie dagegen war Benn auf dem Weg der Normalisierung erstaunlich weit fortgeschritten. Seit März zahlte er wieder regulär Miete: 137 RM. Seine Konten bei der Deutschen und bei der Dresdner Bank waren geklärt, inklusive Sparstrumpf kam er bei einem Kassensturz auf 8715 RM. Er korrespondierte mit Oelze, den alten Freundinnen Alice Schuster und Else C. Kraus, Marie Diers, Alexander Lernet-Holenia und Horst Lange. Sogar der »Rhythmus des vierzehntägigen Haarschnitts«82 hatte sich wieder eingestellt.

Die Wochen seit Beginn des russischen Großangriffs waren vor allem geprägt durch den allabendlichen und -nächtlichen Bombenalarm, Nächte ohne Licht, ohne Gas und ohne Wasser, die Gottfried Benn wie all die andern entweder im Bunker, in der Kirche zum Heilsbronnen am Bayerischen Platz oder im Luftschutzkeller Meraner Straße, im eigenen Keller oder in Kleidern schlafend zu Hause verbrachte.

Zu essen hatte er in den letzten zwei Wochen vor dem Ende genug. Von Frau Wirth bekam er Marmelade, bei Herrn Paulat Wurst, ins Restaurant »Böse« ging er noch bis zum 19. April, er aß bei Frau Büttner oder Herrn Himmelsbach. Als der Endkampf bevorstand, wurde der Ladenschluss aufgehoben. Benn musste bei starkem Regen »Extrazuteilungen holen«, aber man teilte sich auf, »Herr Kraus besorgt mir Brod u Bohnen«.83 Dies war der Tag, als in Berlin permanente Standgerichte eingerichtet wurden (auf Kochstromverbrauch stand jetzt die Todesstrafe) |42|und mit der Zauberflöte am Gendarmenmarkt die letzte Oper aufgeführt wurde. Bis auf wenige S-Bahnen gab es keinen öffentlichen Verkehr mehr. Und immer wieder Fliegerangriffe: Anfangs hörte man noch das stechende Summen der englischen Mosquito-Flugzeuge; als die nicht mehr flogen, Abwürfe von russischen Bombenteppichen, Kanonenschläge, Granaten, Feuerüberfälle, nicht aufhörenden Beschuss durch Tiefflieger, Artillerie, die Motoren der heranrückenden Panzer und das vergebliche Flakfeuer.

Am 23. April wurde für Benn die Lage dramatisch: »Artilleriebeschuss. / Kein Wasser mehr / Kein Gas, kein Alarm.«84 Er beschloss, seine Wohnung in der Bozener Straße zu verlassen, und blieb in seiner Dienststelle im Reservelazarett 114 am Barbarossaplatz. In diesen Tagen sah man sich unentwegt Luftangriffen ausgesetzt. In den Hausfluren lagen Soldaten in Deckung. Auf die Straßen traute sich kaum jemand. Überall wurden Barrikaden errichtet und Minen darin versteckt. Die letzten deutschen Truppen sammelten sich an wenigen Punkten der Stadt. Wer sich weigerte, wurde verfolgt, einige sogar öffentlich gehängt. Der Platz in Benns Kalender reichte kaum aus, um festzuhalten, was ihm an diesem 23. April, dem vorletzten Tag der Bombardierungen, notierenswert erschien:

Schön Wetter / zum Res Lz 114, mittags schwerer russischer Luftangriff! / Lagebesprechung. Berlin eingeschlossen. Dann in Bozenerstr Bombe in Dramburgs Haus / 5h zurück / Schwerer Luftangriff 5–7 abends / 3 Volltreffer im Laz / Im Keller geschlafen. Nachts wieder Angriff Park auf Bayerischer Platz85

Der Angriff auf das Eckhaus Bozener / Grunewaldstraße, in dem sich Benns Stammlokal Dramburg befand, forderte vier Todesopfer. Nachdem am 27. eine »Granate ins Mittelzimmer« eingeschlagen war, kehrte Benn zurück in seine Wohnung: »Flucht aus Res Lz 114«.86 Dann ging alles sehr schnell. Die Sowjettruppen |43|drangen in die Innenstadt vor. Keiner verließ mehr das Haus, wenn er nicht musste. Die Straßen waren keine Straßen mehr, sondern überschüttete Furchen inmitten von Ruinen. Zum Zeitpunkt, als der Führer erfuhr, dass der Duce del Fascismo, Benito Mussolini, öffentlich hingerichtet worden war, standen der Oberstarzt Benn und sein Nachbar Wündisch abends Wache.

Grauer Himmel, 8° C. Mittwoch, 2.5.1945 – Gottfried Benns 59. Geburtstag. Die von Marschall Schukow angeführten sowjetischen Truppen hatten die deutsche Hauptstadt eingeschlossen und vollständig besetzt. In der Nacht des 16. April hatte der Großangriff, der von der Oder aus in zwei Keilen vorgestoßen war, begonnen. Stadtteil für Stadtteil war erobert worden. Tag für Tag, zehn Tage lang, waren die Russen dem Bayerischen Platz näher gekommen. Am frühen Morgen des 29. April hatten sie das Schöneberger Rathaus besetzt und die Vorräte des Ratskellers geplündert.

Tags darauf schließlich waren Rotarmisten mit Maschinenpistolen in der Hand und Granaten am Gürtel, die Taschen voller Armbanduhren und anderem Silber- und Goldschmuck, durch die Bozener Straße gelaufen: »8h die ersten beiden Russen gesehn. / Uhren / … / Abends betrunkene R an der Haustür«.87 Fünftausend Berliner hatten im vergangenen Monat Selbstmord begangen. Dass Hitler sich an diesem Nachmittag das Leben genommen hatte und auf dem Reichstag die rote Fahne gehisst worden war, hatte Benn am Abend darauf am Radio gehört, als er mit seinen Nachbarn, dem Polizeipräsidenten im Ruhestand Ernst Wündisch und dem Bankkaufmann Freiherr Georg von dem Busche-Haddenhausen, zusammensaß. Emotionslos notierte er: »Hitler †«.88

Der 2. Mai war der Tag der Stürmung des Führerbunkers, der Tag der Kapitulation Berlins und der Tag, an dem jeder Mann, der eine Uniform trug, gefangen genommen wurde. Aber es war auch der Tag des Beginns der Aufräumarbeiten: Vierzig Prozent |44|des Wohnraums waren vernichtet, jedes fünfte Gebäude zerstört. In dreihundertundsechzig Luftangriffen waren fünfzigtausend Berliner getötet worden. Die Bevölkerungszahl von zweieinhalb Millionen war beinahe halbiert. Gerade eintausendfünfhundert Juden lebten noch hier, nachdem seit 1933 neunzigtausend Stadt und Land hatten verlassen müssen und von 1941 bis 1943 fünfundfünfzigtausend, meist nach Theresienstadt oder Auschwitz, deportiert und ermordet worden waren.

»Ruhige Nacht mit viel Schiessen«,89 notierte Benn. Die zehn Funktionäre der Gruppe Ulbricht begannen damit, die KPD, die Gewerkschaft und eine funktionsfähige Verwaltung aufzubauen. Jetzt, am Morgen seines Geburtstages, war es wirklich still, keine Stalinorgeln, keine Granateinschläge, keine Maschinengewehrsalven, überhaupt kein Schuss mehr war zu hören: die Straßen, selbst der Kurfürstendamm – wie ausgestorben.

Zweimal verließ Gottfried Benn an diesem »trostlosen Tag«90 das Haus: erst um eine Patientin in der Kufsteiner, dann eine andere in der Bozener Straße aufzusuchen. Von seiner Familie besuchte ihn an diesem Tag niemand. »Sehr down. Tiefe Trübsal.«91 Sein jüngerer Bruder Ernst-Viktor war vor zwei Wochen noch an die Front geschickt worden, Ruth und Stephan waren nicht in Berlin, seine kleine Schwester Edith und Elsbeth, die Frau seines Bruders Theodor, mit dem er kaum verkehrte, kamen tags darauf und brachten das größte Geschenk mit, das sie in diesen Tagen machen konnten: Bohnenkaffee.

Persönlich gratulierten nur Zahnarzt Freese und Wündischs, die ihn zur Feier des Tages zum Essen einluden. Einen funktionstüchtigen Herd gab es in seiner Wohnung nämlich nicht mehr. Noch nicht! Himmelsbach, ein Bekannter aus der Nachbarschaft, zuständig im Versorgungsnetzwerk Benns für Elektrosachen und Reparaturarbeiten in der Wohnung, mauerte zu Benns 59. Geburtstag auf dem Küchenfußboden einen Herd aus Ziegelsteinen mit einer Tür zur Feuerstelle, aus der es ab jetzt qualmen konnte. Brennmaterialien gab es genug.

|45|»Ich bin etwas erstarrt von all den Erlebnissen des letzten Jahres«92

Wann Gottfried Benn seine Uniform abgelegt und gegen Straßenanzug, Mantel und Herrenhut eingetauscht hat, wissen wir nicht. Benns Ehrentag wurde einen Tag verspätet gefeiert, aber in der allgemeinen Erleichterung über das Ende der Kämpfe machte das niemandem etwas aus. Gemeinsam gingen sie zur Kommandantur. Tote Soldaten lagen zwischen den ausgebrannten Häusern. Aus den verwaisten Räumen, die einmal Läden waren, drang der Gestank der Verwesung von Pferdekadavern. Das Elend von Raub, Plünderung und Vergewaltigung war nicht zu übersehen. Heute wollten sie den Aushang des Stadtkommandanten studieren. Später waren dort die Lebensmittelkarten abzuholen und in einer Woche die Schreibmaschine anzumelden. Als provisorische , so stand zu lesen, sahen die neuen Machthaber vor. Patientenbesuche standen an, dringende Reparaturarbeiten in der Wohnung, und Wasser musste vom Brunnen am Bayerischen Platz geholt werden. Jeden dieser unendlich anstrengenden Tage beschloss Benn mit dem Eintrag:

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