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Marko Pogačnik eröffnet uns mit diesem Buch einen Zugang zur Tiefendimension der Märchen der Brüder Grimm – uns so bekannt und vertraut. Doch es sind Geschichten, die ursprünglich an Erwachsene gerichtet waren, und sie tragen in ihren Bildern ein Weltverständnis, das zu erschließen uns Heutigen so manche Schlüssel zur Bewältigung unserer sonst unlösbaren Herausforderungen an die Hand geben. Aus der Einleitung von Marko Pogačnik: »Märchen können in ihrer bildhaften Sprache vermitteln, was uns Menschen bewegt und welche Kräfte am Werk sind, wenn wir nach Zugängen zu den verschollenen Ausdehnungen des irdischen Kosmos suchen. Märchen wurden über Jahrhunderte von Mund zu Mund überliefert und von den kulturellen Vorstellungen verschiedener Völker geprägt. Oft enthalten sie einen unterirdischen Strom von Wissen, das in den Zeiten ihrer Entstehung von den damals vorherrschenden Kulturregeln oder religiösen Dogmen als ketzerisch angesehen und unterdrückt wurde. Das gilt auch für die Märchen der Brüder Grimm, die an der Schwelle zur Neuzeit die Erzählungen sammelten und aufschrieben, die der Volksmund jahrhundertelang überliefert hatte. Jahrhundertelang wurden diese alten Geschichten weitererzählt und von Märchenerzählern verbreitet. Wenn die Menschen auf dem Lande ihre Arbeiten auf dem Feld und in der Küche beendet hatten, kamen sie zusammen und versuchten die Geheimnisse des Lebens zu ergründen, indem sie ihre Erfahrungen austauschten und in symbolische Bilder tauchten. Die sonntäglichen Kirchenpredigten konnten diesen Wissensdurst nicht stillen, denn bei denen ging es meist nur um die Projektion der Ewigkeit auf die irdische Existenz, wobei die Ausdehnungen der irdischen Spiritualität bewusst ausgeblendet wurden. Die Volksüberlieferungen hingegen befassen sich vor allem mit der Weisheit der Erde und ihrer Lebenswelten. Die kostbaren Botschaften der indigenen Kulturen deutschsprachiger Herkunft konnten die Verstandesenge des neunzehnten Jahrhunderts überleben, indem sie in den Kindermärchen der Brüder Grimm aufbewahrt wurden. In einer Zeit, in der die rationale Sichtweise auf das Leben die Geheimnisse der Existenz zwischen Erde und Himmel fast völlig verdrängte, bewahrten die uralten Überlieferungen zwei Jahrhunderte lang ihren Zauber und ihre Kraft, indem sie in den Kinderstuben die Herzen der Kinder bewegten. Ich glaube, dass das menschliche Bewusstsein inzwischen soweit gereift und auch bereit ist, die kosmischen Urbilder hinter den Geschichten wahrzunehmen, die uns – versteckt in Kindermärchen – erreichen.«
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Seitenzahl: 180
Veröffentlichungsjahr: 2024
Marko Pogačnik
Kostbare Botschaften aus alter für die neue Zeit
Es gibt heute unbedingt viele gute Gründe, das weibliche Geschlecht wieder besser sichtbar zu machen. Dies ist seit mehr als 40 Jahren auch Anliegen unseres Verlages. Ob dies durch Gendern erreicht wird, darf man jedoch hinterfragen, immerhin geht es um unsere Muttersprache. Sicher ist, dass der grammatische Genus nichts über das Geschlecht (Sexus) aussagt. Deswegen halten wir uns als Verlag beim Gendern bewusst zurück. Ausführliche Begründung dazu unter www.neue-erde.de/derdiedas
Marko Pogačnik
UNESCO Künstler für den Frieden
Kostbare Botschaften aus alter für die neue Zeit
Übersetzung aus dem Englischen:Farah Lenser
Bücher haben feste Preise.
1. Auflage 2024
Marko Pogačnik
Grimms Märchen entschlüsselt
© für die deutsche Ausgabe Neue Erde GmbH 2024
Alle Rechte vorbehalten.
Umschlag:
Zeichnung: Marko Pogačnik
Gestaltung: Dragon Design, GB
eISBN 978-3-89060-493-0
ISBN 978-3-89060-875-4
Neue Erde GmbH
Cecilienstr. 29 · 66111 Saarbrücken
Deutschland · Planet Erde
www.neue-erde.de
Einleitung
Der Froschkönig oder der Eiserne Heinrich
Dornröschen
Schneewittchen
Rotkäppchen
Der Wolf und die sieben Geißlein
Aschenputtel
Rumpelstilzchen
Hänsel und Gretel
Die Sterntaler
Rapunzel
Der Teufel mit den drei goldenen Haaren
Vom Fischer und seiner Frau
Einäuglein, Zweiäuglein, Dreiäuglein
Über den Autor
Märchen können in ihrer bildhaften Sprache vermitteln, was uns Menschen bewegt und welche Kräfte am Werk sind, wenn wir nach Zugängen zu den verschollenen Ausdehnungen des irdischen Kosmos suchen. Märchen wurden über Jahrhunderte von Mund zu Mund überliefert und von den kulturellen Vorstellungen verschiedener Völker geprägt. Oft enthalten sie einen unterirdischen Strom von Wissen, das in den Zeiten ihrer Entstehung von den damals vorherrschenden Kulturregeln oder religiösen Dogmen als ketzerisch angesehen und unterdrückt wurde. Das gilt auch für die Märchen der Brüder Grimm, die an der Schwelle zur Neuzeit die Erzählungen sammelten und aufschrieben, die der Volksmund jahrhundertelang überliefert hatte.
Bevor Sie in meine Art der Märchenerzählung eintauchen, möchte ich klarstellen, dass die Märchen der Brüder Grimm, die wir heute als illustrierte Kinderbücher kennen, ursprünglich für Erwachsene bestimmt waren. Jahrhundertelang wurden diese alten Geschichten weitererzählt und von Märchenerzählern verbreitet. Wenn die Menschen auf dem Lande ihre Arbeiten auf dem Feld und in der Küche beendet hatten, kamen sie zusammen und versuchten die Geheimnisse des Lebens zu ergründen, indem sie ihre Erfahrungen austauschten und in symbolische Bilder tauchten. Die sonntäglichen Kirchenpredigten konnten diesen Wissensdurst nicht stillen, denn bei denen ging es meist nur um die Projektion der Ewigkeit auf die irdische Existenz, wobei die Ausdehnungen der irdischen Spiritualität bewusst ausgeblendet wurden. Die Volksüberlieferungen hingegen befassen sich vor allem mit der Weisheit der Erde und ihrer Lebenswelten.
Die kostbaren Botschaften der indigenen Kulturen deutschsprachiger Herkunft konnten die Verstandesenge des neunzehnten Jahrhunderts überleben, indem sie in den Kindermärchen der Brüder Grimm aufbewahrt wurden. In einer Zeit, in der die rationale Sichtweise auf das Leben die Geheimnisse der Existenz zwischen Erde und Himmel fast völlig verdrängte, bewahrten die uralten Überlieferungen zwei Jahrhunderte lang ihren Zauber und ihre Kraft, indem sie in den Kinderstuben die Herzen der Kinder bewegten. Ich glaube, dass das menschliche Bewusstsein inzwischen soweit gereift und auch bereit ist, die kosmischen Urbilder hinter den Geschichten wahrzunehmen, die uns – versteckt in Kindermärchen – erreichen.
Ich versuche, Grimms Märchen so zu erzählen, dass ich deren Bildersprache in eine logische Sprache übersetze, die moderne Menschen verstehen und in ihre Weltsicht und ihre Beziehung zum Leben integrieren können. Während meiner geomantischen und erdheilerischen Tätigkeit in den letzten 40 Jahren erkannte ich immer wieder gewisse Urmuster, mit denen ich schon Bekanntschaft gemacht hatte, als ich meinen drei kleinen Töchtern Grimms Märchen vorlas. Später als ich einige Erfahrungen mit Naturgeistern und Elementarwesen machen konnte, war ich überrascht festzustellen, dass jede Begegnung dieser Art ein Märchen an sich war.
So begann ich, meine »märchenhaften« Erlebnisse öffentlich zu erzählen, und wob darin immer öfter Elemente meiner »Übersetzungen« von Grimms Märchen ein – bis es schließlich so viele waren, dass ich sie für dieses Buch zusammenstellte.
Wir eröffnen den Reigen mit dem Froschkönig, das Märchen, das mir zuallererst sein Geheimnis preisgab.
Marko Pogačnik, Šempas, am 19. Januar 2024
Nahe des Königspalasts lag ein großer Wald. In der Mitte des Waldes befand sich ein alter, tiefer Brunnen, zu dem die jüngste Königstochter ging, wenn es im Sommer besonders warm war. Sie setzte sich an den Rand des Brunnens, und wenn sie sich langweilte, nahm sie ihre goldene Kugel und warf sie in die Luft.
Da geschah es, dass die goldene Kugel der Prinzessin nicht in ihre ausgestreckten Hände zurückfiel, sondern in der Dunkelheit des Brunnens verschwand und im Morast am Boden liegenblieb. Die Königstochter folgte ihr mit ihren Augen, doch der Brunnen war so tief, dass der Grund nicht zu sehen war. Da fing sie bitterlich zu weinen an, immer lauter und verzweifelter, nichts konnte sie trösten. Und während sie so klagte, hörte sie eine seltsame Stimme: »Was schmerzt dich so, Königstochter? Du weinst so herzerweichend, dass selbst ein Stein Mitleid hätte.«
Die Eröffnungsszene der Geschichte beschreibt sehr genau den qualvollen Zustand, in dem sich die Seelenessenz eines menschlichen Wesens befindet, das gerade dabei ist, sich in der Materie zu verkörpern. Die Königstochter mit ihrer hellen Haut und in Seidengewänder gekleidet verkörpert das menschliche Wesen, das in den Weiten der Ewigkeit existiert, bevor es sich entscheidet, in die Verkörperung und die Dichte der Materie hinabzusteigen. Die goldene Kugel, die die Prinzessin nach oben in den Himmel wirft, ist ein Symbol der Perfektion, das auf die Unbeschwertheit der Seele im uranfänglichen Raum der Ewigkeit hinweist, bevor sie sich aufmacht, um den Weg der Verkörperung zu beschreiten. Der Raum der Himmelssphären ist die vollkommenste Form, und Gold ist das wertvollste Mineral.
Der Fall aus der Sphäre des Himmels in den tiefen, engen und dunklen Brunnen beschreibt symbolisch das Ankommen der Seele im irdischen Raum, stark begrenzt durch die Dichte der Materie, wie es die Seele nach ihrer Geburt erfährt. Das Weinen und Klagen der Prinzessin zeigt die seelische Qual, die ein menschliches Wesen empfindet, nicht nur unmittelbar nach der Geburt, sondern auch oft und wiederholt in der Zeit seiner Verkörperung auf Erden. Es sehnt sich nach dem Licht, der Freiheit und der Unendlichkeit der ätherischen Räume, die es in der Zeit zwischen zwei Verkörperungen bewohnt.
Als sich die Prinzessin umschaut, um zu sehen, woher diese seltsame Stimme kommt, bemerkt sie einen Frosch und sagt: »Ach, du bist es, alter Wasserspritzer, ich weine um meine goldene Kugel, die in den Brunnen gefallen ist.« Der Frosch tröstet sie und versichert ihr, dass sie ihre Kugel, die im Morast feststeckt, zurückbekommt, fügt jedoch hinzu: »Was bekomme ich von dir, wenn ich die goldene Kugel aus dem Brunnen heraushole?«
Ich setze die Begegnung der schönen Prinzessin mit dem »hässlichen« Frosch mit der Begegnung der Seelenessenz des menschlichen Wesens, mit dem Wesen der elementaren Welt der Erde gleich. Diese Art der Begegnung nach der Geburt ist unausweichlich, weil wir die Elementarwesen mit den natürlichen Kräften und dem Bewusstsein gleichsetzen, die das Leben und die Entwicklung von Leben unter den Bedingungen der Materie erst ermöglichen. Wenn wir als Menschheit die Evolution durch unsere in verschiedenen Inkarnationen gesammelten Erfahrungen vorantreiben wollen, dann geht das nicht ohne die Hilfe der elementaren Welt. Es ist kein Zufall, dass der hockende Frosch als Symbol für das elementare Wesen gewählt wurde. Sein Körper haftet an der Erde und hat vollkommen andere Proportionen als der menschliche Körper. Der Frosch ist die ideale Verkörperung eines Erdwesens.
Dennoch setzt das Märchen den Frosch nicht nur mit der Natur gleich, sondern gibt ihm auch die Fähigkeit zu sprechen und Mitgefühl zu empfinden. Daraus können wir schließen, dass Elementarwesen nicht zu einer der verschiedenen Ausprägungen der Evolution gehören, die in der Materie verkörpert sind. Elementarwesen stehen für Bewusstsein und für die schöpferischen Handlungen, die im kausalen Hintergrund der verkörperten Welt stattfinden. Da der Frosch jedoch etwas für seine Hilfe einfordert, können wir uns Elementarwesen vor allem als Wesen des Bewusstseins vorstellen, die mit den regulierenden und transformierenden Zyklen der Lebensströme verwoben und als solche gegenüber der Mutter Erde, ihrem Ursprung, verantwortlich sind.
Während des Prozesses der Verkörperung fällt die goldene Kugel der Seelenperfektion in den tiefen Brunnen
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Die Prinzessin wünscht sich so sehnlich, die Vollkommenheit ihrer ungeborenen Seele zurückzuerlangen, dass sie bereit ist, dem Frosch dafür all ihren Reichtum zu übergeben: »Ich gebe dir all meine Kleider, meine Perlen und Juwelen, und sogar die goldene Krone, die ich trage.« Aber der Frosch erwidert: »Ich mache mir nichts aus deinen Kleidern, deinen Perlen und Juwelen oder deiner goldenen Krone, aber wenn du mich liebst und ich dein Gefährte und Spielkamerad sein darf, wenn ich bei Tisch an deiner Seite sitzen und von deinem Tellerchen essen und aus deinem Tässchen trinken und ich neben dir in deinem Bettchen schlafen darf – wenn du mir all das versprichst –, dann werde ich hinunter in den Brunnen steigen und dir deine goldene Kugel zurückbringen.« Natürlich versprach die Prinzessin alles, was der Frosch wollte, nur um die goldene Kugel zurückzubekommen, doch im Stillen dachte sie sich: »Was der dumme Frosch so redet. Alles, was er kann, ist mit anderen Fröschen im Wasser sitzen und quaken. Er kann nicht der Gefährte eines menschlichen Wesens sein.«
Diese Passage ist bemerkenswert klar und deutlich, indem sie uns verständlich macht, wie die Zusammenarbeit zwischen den Menschen und der elementaren Welt der Erde und der Natur vonstatten geht. Sie zeigt auf, dass das elementare Bewusstsein der Natur und ihre Lebenskräfte nicht nur Phänomene unserer Umwelt sind – wie es uns das rationale Bewusstsein, ausgestattet mit unzähligen wissenschaftlichen Forschungsergebnissen, glauben machen will –, sondern sie sind ein Teil von uns, und wir als verkörperte Wesen sind Teil von ihnen. Deshalb lehnt der Frosch die angebotenen Geschenke ab und verlagert die Beziehung zwischen den Menschen und den Elementarwesen ins Innere des menschlichen Wesens. Ohne Umschweife vermittelt er uns die Erkenntnis, dass das menschliche Wesen nur mit der Hilfe der Elementarwesen in der verkörperten Welt leben und die Fähigkeit erlangen kann, schöpferisch tätig zu sein.
An diesem Punkt erleben wir den Sprung auf eine andere Ebene. Der Frosch ist nicht mehr nur ein Symbol des elementaren Bewusstseins der Natur, sondern zeigt sich als ein persönliches Elementarwesen. Ebenso wie die verschiedenen Arten von Elementarwesen, die für die Bäume sorgen, für das pflanzliche Leben überhaupt, für die Steine, für die Wasserzirkulation und vieles mehr, so stellt das persönliche Elementarwesen alle Bedingungen bereit, die das individuelle Menschenwesen braucht, um die Zeitspanne seiner Verkörperung, von der Geburt bis zum Tod, in Gesundheit, schöpferischer Kraft und zufrieden und glücklich zu verbringen.
Der Frosch bestimmt genau die Bereiche, in denen das persönliche Elementarwesen die drei grundlegenden Werte des Lebens ermöglicht, damit das menschliche Wesen diese genießen kann:
»Vom selben Teller essen und aus demselben Glas trinken« bezieht sich auf die wertvolle Rolle des persönlichen Elementarwesens bei der Steuerung und dem Ausgleich der organischen Prozesse im menschlichen Körper.
Wenn ich den Ausdruck »zusammenspielen« aus den Kontext eines Märchens für kleine Kinder herausnehme, verstehe ich ihn als Teilnahme am kreativen Prozess. Es ist das elementare Bewusstsein, das es dem menschlichen Wesen ermöglicht, seine Ideen und Aktionen in materielle Formen zu übersetzen.
»Im selben Bett schlafen« ist gleich »im selben Körper wohnen«. Gemeint ist damit die fortlaufende Koexistenz der menschlichen Seele und des elementaren Wesens im selben Körper, die schon beim Prozess der menschlichen Empfängnis beginnt und bis zur Vollendung des Lebens nach dem Tod andauert. Da Elementarwesen in einer feinstofflichen Form existieren, ist es möglich, dass sie sich als eine Art Körperintelligenz permanent durch den Körper bewegen und für seine möglichst vollkommene Entwicklung sorgen.
Am nächsten Tag, als die Prinzessin zusammen mit dem König und den Höflingen zu Tisch sitzt und von ihrem goldenen Teller isst, klopft es an der Tür und eine Stimme ruft: »Prinzessin, jüngste Prinzessin, öffne mir die Tür!« Die Prinzessin rennt los, um zu sehen, wer da geklopft hat, aber als sie die Tür öffnet und den Frosch vor der Tür sitzen sieht, wirft sie die Tür wieder zu und kehrt an den Tisch zurück. Der König bemerkt ihre Aufregung, und als er erfährt, was sie dem Frosch versprochen hat, verlangt er von ihr, das Versprechen zu halten. Sie muss den Frosch hineinlassen und ihn auf den Esstisch heben, da sagt der Frosch: »Schiebe dein Tellerchen näher zu mir, damit wir zusammen essen können.«
Hier stoßen wir auf ein traumatisches Muster, das für den modernen Menschen charakteristisch ist und Ausdruck seiner Entfremdung von der Natur, der Erde und von sich selbst. Das rationale Bewusstsein, das sich in den letzten zwei oder drei Jahrtausenden entwickelt hat, verschließt sich gegenüber der Vorstellung, dass Menschen mit den Naturwesen kooperieren können. Es versteht Natur als Umwelt, die die Zivilisation umgibt, und betrachtet die Lebensprozesse im menschlichen Wesen selbst als eine Art von organischem Automatismus. Es mag die Vorstellung nicht, dass Leben das Resultat einer Kooperation, einer gegenseitigen Verständigung ist und der Gemeinschaft zweier verschiedener Arten von Bewusstsein und Wesen entspringt, die sich gegenseitig ergänzen und auf der Basis von beiderseitigem Respekt und Liebe zusammenarbeiten, auch wenn sie sich essenziell unterscheiden.
Natürlich besteht die Koexistenz der menschlichen und elementaren Wesen nicht auf der materiellen Ebene. Um sie bewusstseinsmäßig und emotional zu begreifen, müssen wir uns bewusst machen, dass diese Kooperation auf einer sehr subtilen Ebene stattfindet, wo sich menschliche Seele und Elementarwelt begegnen. Das Märchen übersetzt die Zusammenarbeit der beiden Welten auf die Ebene der Verkörperung, damit die Zuhörenden begreifen können, wie fatal und gefährlich es für den modernen Menschen sein kann – das gilt auch für seine Gesundheit –, wenn er sich weigert, die Beziehung zum elementaren Bewusstsein zu empfinden, besonders wenn sie im eigenen Innern erscheint.
Abscheu und Ekel gegenüber einem Wesen der anderen Art – auch wenn es uns überhaupt erst ermöglicht, in der verkörperten Welt zu leben –, erreichen ihren Höhepunkt, als der Frosch bei der Prinzessin im Bett schlafen will. Die Prinzessin ist so wütend, dass sie den Frosch gegen die Wand wirft und ausruft: »Bist du jetzt endlich ruhig, abscheulicher Frosch?« In diesem Moment geschieht eine wundersame Verwandlung. Der Frosch verwandelt sich in einen Prinzen mit freundlichen und wunderschönen Augen. Auf der Stelle verliebt sich die Prinzessin in ihn und will ihn heiraten.
Der Frosch sagt: »Hebe mich auf den Tisch, damit wir zusammen essen können.«
Die Quantenphysik hat für diese wundersame Verwandlung einen zeitgemäßen Begriff: Sie spricht von einem Quantensprung. Was auf einer Ebene als Tod erscheint, ermöglicht einen Sprung und eine Wiedergeburt auf der nächsthöheren Ebene der Existenz. Mit dem Verschwinden des Frosches kann seine höhere Seinsform enthüllt werden; nun ist er der Prinzessin ebenbürtig. Die elementare Essenz seines Naturwesens kann mit der königlichen Würde gleichgesetzt werden, vergleichbar mit der Seelenessenz des menschlichen Wesens. Ein solches Erkennen der spirituellen Gleichwertigkeit zweier Wesen, die zu zwei unterschiedlichen Evolutionszweigen gehören, führt zu einer Koexistenz in Frieden und Liebe. Das Märchen kennzeichnet diese glückliche beiderseitige Anerkenntnis mit einer Hochzeitsfeier.
Nachdem das menschliche und das elementare Wesen erkannt haben, dass sie sich gegenseitig ergänzen und lieben, lädt der Prinz die Prinzessin ein, sich mit ihm in seinem Königreich zu vermählen. Ein Kutscher namens Heinrich lässt das Brautpaar in der bequemen Kutsche Platz nehmen, während er auf einem Tritt hinter dem Wagen steht, die Zügel hält und den Wagen lenkt, der von acht weißen Pferden gezogen wird.
Schon auf dem Weg hört der Prinz ein lautes krachendes Geräusch hinter sich, als ob etwas zerbrochen sei. Er dreht sich um und ruft: »Heinrich, der Wagen bricht!« »Nein, Herr«, antwortet Heinrich, »es ist nicht der Wagen. Es ist ein Reifen um mein Herz, der zerbrochen ist!«
Sie sind wieder auf ihrem Weg, als der Prinz erneut einen lauten Knall hinter sich hört, als ob etwas zerbrochen sei. Er dreht sich zu Heinrich um und ruft. »Heinrich, der Wagen bricht!« »Nein, Herr, es ist nicht der Wagen. Gerade ist der zweite Reifen um mein Herz zerbrochen!«
Sie fahren weiter, als der Prinz erneut einen lauten Knall hinter sich hört, als ob etwas zerbrochen sei. Er dreht sich zu Heinrich um und ruft. »Heinrich, der Wagen bricht!« »Nein, Herr, es ist nicht der Wagen. Gerade ist der dritte Reifen um mein Herz zerbrochen!«
Glück entsteht, wenn das elementare Wesen und das menschliche Wesen als ebenbürtig erkannt werden
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Jahrelang habe ich die Geschichte vom Froschkönig erzählt und dabei die Geschichte mit dem Eisernen Heinrich ausgelassen, weil ich diesen Teil des Märchens für unwesentlich hielt. Das änderte sich in dem Augenblick, als ich im August 2014 auf der Insel Gotland mitten in der Ostsee eine geomantische Werkstatt durchführte. Als wir die Ruinen des einst mächtigen Klosters Buttle Änge erforschten, entdeckte ich eine Schar kleiner elementarer Wesen. Ich spürte, dass sie mir als Vertreter der Menschheit etwas erzählen wollten, aber ich konnte sie nicht verstehen. Sie versuchten es wieder und wieder, und plötzlich erinnerte ich mich an die Geschichte des Eisernen Heinrichs mit den eisernen Ringen um sein Herz. Endlich verstand ich, dass sie meine Aufmerksamkeit auf die drei Hauptblockaden lenken wollten, die den wirklichen Kontakt zwischen der Menschheit und den Elementarwesen, den Wesen der Erde und der Natur verhindern. Im folgenden beschreibe und übersetze ich, wie die »Frösche« von Gotland die Bedeutung der drei eisernen Ringe um das menschliche Herz in mein Bewusstsein einschrieben:
Die Menschen verleugnen sich selbst, indem sie es ablehnen, sich selbst als einen Teil der Natur und der elementaren Welt der Erde anzunehmen. Wir haben uns in unserer menschlichen Welt eingeschlossen.
Die Menschen versklaven andere Wesenheiten der Erde, indem sie den Pflanzen, den Tieren und der mineralischen Welt das Recht auf ein eigenes Bewusstsein und einen eigenen Lebenszweck absprechen.
Die Menschen schließen die Wesen der Parallelwelten, sichtbare und unsichtbare, in die Enge ihrer eigenen mentalen Muster ein und hindern uns alle daran, als freie Wesen zu existieren, als die, die wir wirklich sind. Mehr noch, nur die materialisierten Wesen der Natur dürfen sich im Tageslicht zeigen. Alle anderen, subtileren Ausdehnungen der Natur müssen hinter dem Schleier der manifestierten Welt versteckt bleiben.
Seit Jahrhunderten treibt die Menschheit die Frage um, wie es möglich sein konnte, dass wir uns in einem Zeitalter zunehmender Entfremdung wiederfinden, nicht nur voneinander, sondern auch von den Wesen der Erde und den Elementarwesen der Natur. Dornröschen gibt uns eine Antwort, versteckt in der Form eines Märchens.
Es waren einmal ein König und eine Königin, die sich beide sehnlichst ein Kind wünschten. Und so geschah es, dass die Königin eines Tages in einem nahegelegenen Teich schwimmen ging. Als sie aus dem Wasser stieg, erschien ein Frosch auf einem Lorbeerblatt und sagte: »Dein Wunsch soll in Erfüllung gehen, noch bevor ein Jahr vergeht, wirst du eine Tochter gebären.«
Ich möchte darauf hinweisen, dass es in alten Erzählungen oft um königliche Familien geht, das ist jedoch nicht nur auf einen mittelalterlichen Einfluss zurückzuführen, sondern diese märchenhafte Sprache deutet darauf hin, dass die Königin oder der König für eine vollkommenere oder »höhere« Ebene des menschlichen Seins steht, die Ebene der ewigen Seele. Zusammen mit Prinzen und Prinzessinnen verweisen sie auf die sogenannte kausale Dimension der Welt, die jenseits von Zeit und Raum existiert. Dort pulsieren die Muster, die Blaupausen von allem, was existiert. Sie sind der Ursprung all dessen, was wir in der verkörperten Natur und Kultur kennen. Im Gegensatz dazu stehen die Bauern, die Müller und die Handwerker in diesen Märchen für die verkörperte Ebene des alltäglichen Lebens.
Wir haben bereits den Frosch als Symbol für die unsichtbare und kausale Elementarwelt der Natur aus dem Märchen »Der Froschkönig« kennengelernt. Und hier erzählt uns die Geschichte von »Dornröschen« sehr direkt und gleich zu Beginn, dass eine Empfängnis nur durch die Mitwirkung eines Elementarwesens möglich ist. Unabhängig davon, wie sehr sich der König und die Königin ein Kind wünschen, Dornröschens Seele kann sich nicht ohne die Berührung eines Frosches oder der Mitwirkung der elementaren Welt auf der Erde inkarnieren, weil letztere für den Prozess der Inkarnation verantwortlich ist.
Und wirklich, es geschah, wie der Frosch vorhergesagt hatte, die Königin gebar ein kleines Mädchen. Dieses Kind war so schön, dass der König seine Freude kaum fassen konnte, und er ordnete eine große Feier an. Er lud jedoch nicht nur Verwandte und Bekannte ein, sondern auch weise Frauen, Parzen genannt, die den Schicksalsfaden der Neugeborenen spinnen, denn er wollte sie gegenüber dem Kind geneigt machen. In seinem Königreich lebten dreizehn von ihnen, doch hatte er nur zwölf goldene Teller, von denen sie essen sollten, und so musste eine der Parzen zu Hause bleiben.
Als das Fest seinem Ende entgegen ging, traten die weisen Frauen an die Wiege, um dem Mädchen ihre magischen Geschenke zu überreichen. Eine verlieh ihr Tugend, eine andere Schönheit, eine dritte Reichtum, und so ging es weiter mit allem, was man sich auf Erden nur wünschen kann.
Doch glaubt nicht, dass der König keinen dreizehnten goldenen Teller hatte! Die Zurückweisung der dreizehnten Parze stellt einen wichtigen Schlüssel dar, um das Geheimnis dieser Ära der Menschengeschichte zu entschlüsseln, die uns noch heute bedrängt. Ich beziehe mich hier auf die Zeitepoche, die durch das rigide männliche Prinzip der Dominanz und durch männliche Kräfte geprägt wird. Zwölf ist die Zahl des Sonnenjahres mit seinen zwölf Monaten, und die Zahl dreizehn steht symbolisch für ein Jahr, das den Mondphasen des zu-und abnehmenden Mondes folgt. Diesem Zyklus lag das Prinzip der Göttin zugrunde und war älteren Kulturen wohl vertraut.
Denn eigentlich gibt es dreizehn Monate, doch patriarchal geprägte Kulturen wollten den dreizehnten Monat auf die anderen zwölf aufteilen, um ihn abzuschaffen und vor unseren Augen zu verstecken, so wie der König die Existenz der dreizehnten Parze leugnete.