Grün mal anders -  - E-Book

Grün mal anders E-Book

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Beschreibung

Keine andere Farbe erhitzt so die Gemüter. Stand sie einst für Gelassenheit, Ruhe, Sicherheit und Fruchtbarkeit, scheint sie heute das Gegenteil von allem zu symbolisieren und das sprichwörtliche rote Tuch zu sein. Nun ja, Zeiten ändern sich. Schlagen Sie am besten dieses Büchlein auf, wandern sie mit den Autoren durch grüne Welten. Falls Sie dabei rot sehen und sich schwarzärgern: Grün ist eine Mischfarbe, da reicht eine winzige Nuance in irgendeine Richtung, um ein völlig anderes Bild zu bekommen.

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GRÜN mal anders

Inhaltsverzeichnis

Frankensteins Gemüse

Gestern / September

Leidenschaft

Betrachtung

Drei grüne Gedanken

Jahresringe

Mein Freund im Walde

Sommerende

Der kleine grüne Kaktus

Am Straßenrand

Interview mit einem Fremden

Alchemilla – es grünt so grün

Grün geärgert?!

Kunstbetrachtung

Aufgabe für eine Göttin

Zwei Schwäne

Kroatische Träume

Von Mangos und Eichenwäldern

moosgrün

Himmel

Es ist an der Zeit

Farbenspiel des Wandels

Wie man in den Wald hinein ruft ...

Das Gold der grünen Insel

Wahrheit und Traum

WalkingLene19

Nach dem Schnee

Kulinarische Katastrophe

Makarska

Hanf

Draußen im Grünen

Es grünt so grün

Das grüne Inselvolk

Handkurbelakkusolarzellenfunzel

Vitae

Jana Heidler

Frankensteins Gemüse

„Jaaa! Es lebt!“, rief er aus und ließ ein Lachen folgen, das eines verrückten Wissenschaftlers würdig war. So viele Jahre hatte er bereits geforscht, allein schon, bis er ins experimentelle Stadium eintreten konnte. So viele Niederlagen hatte er hinnehmen müssen, bis zu diesem denkwürdigen Moment.

Vor ihm auf seinem Versuchstisch lag eine Gurke. Im ersten Augenblick wirkte jene wie ein ganz normales Gemüse – grün, frisch, knackig und lecker anzusehen. Doch sie krümmte sich. Nein, sie war nicht gekrümmt, sondern sie wand und bog sich wieder und wieder wie unter Schmerzen.

Einige Minuten beobachtete er nun das Schauspiel. Zuerst stellte er nichts Ungewöhnliches fest (außer der sich bewegenden Gurke natürlich), doch mit der Zeit fielen ihm mehr und mehr Veränderungen auf: Zwei Augen öffneten sich allmählich in dem Gemüse. Ein Mund bildete sich und kleine, spitze Zähne wuchsen darin. Schließlich hörte die Gurke auf, sich zu biegen, grinste ihn breit an und zwinkerte ihm zu.

Er war vollauf begeistert, hatte er doch schon derart viele Versuche mit anderen Früchten gewagt, die allesamt fehlgeschlagen waren: Tomaten hatten sich rasch in Sauce verwandelt. Kartoffeln waren durch die Stromstöße zu Brei oder zu (zugegebenermaßen sehr bekömmlichen) Pommes frites geworden. Blumenkohl hatte lediglich gedampft und war zu Asche zerfallen.

Und jetzt endlich dieser Erfolg! Das Letzte, was er im Kühlschrank gefunden hatte, war diese Gurke. „Warum hat es damit funktioniert?“, dachte er und sprach dann zu sich selbst: „Vielleicht liegt es am Chlorophyll? Dem muss ich nachgehen! Und dann kann ich endlich meine Geliebte ins Leben zurückholen, wenn sie möglicherweise auch grün sein wird.“ Er konnte den Triumph beinahe schmecken und ließ ein weiteres Mal sein verrücktes Lachen erschallen.

Ein Grummeln in der Magengegend riss ihn aus seinen Gedanken und erinnerte ihn daran, dass er lange nichts mehr gegessen hatte. Jetzt blickte er hungrig auf die Gurke und überlegte laut: „Wenn ich die jetzt seziere, kann ich sie danach als Salat genießen.“

Das Grünzeug schien zu ahnen, was er vorhatte, und knurrte ihn leise aber entschlossen an.

Schnell fasste er zu und zog seine Hand umgehend mit einem Schmerzensschrei zurück. Die Abdrücke kleiner, jedoch nadelspitzer Zähne zierten seinen Zeigefinger. Blut quoll daraus hervor. Das bissige Gemüse lachte bitter und knurrte erneut. Sein Magen stimmte in das Knurren ein. Die Gurke sah aber auch zu lecker aus. Aber er wusste, dass sie ihm nicht bekommen würde.

Hätte er den Versuch doch lieber mit grünem Paprika durchgeführt. Den mochte er wenigstens nicht.

Lenard James Cropley

Gestern / September

Gestern blühten die Bäume

Heute tragen sie Früchte

Morgen wird ihr Laub fallen

September

Der Tag besteht

aus Regentropfen.

Grün und nass

kalt und grau.

Der Nebel zieht

über die Wälder.

Darin wachsen

lautlos die Pilze.

Tief atme ich

den Herbst ein.

Sina Blackwood

Leidenschaft

Was wäre, wenn der Rosenkäfer, der mich neulich im Büro besuchte, gekommen wäre, um den Locher gleicher Farbe zu entführen?

Was wäre, wenn der Locher mitgegangen wäre? Welch eine Saite in mir würde es berühren? Was wäre, wenn die beiden sich vermehrten? Metallisch grün, der Farbe gleicher Ton. Gäb‘ es dann Locher, winzigkleine? Vier braune Flügel und sechs Käferbeine? Und flögen oder kröchen sie davon?

Was wäre, wenn? Wollt Ihr es wirklich wissen? Woanders schafft man sicher Monster schon. Wenn nachts ihr ruht auf eurem Kissen, dann schleichen sie sich an in Formation ...

Lenard James Cropley

Betrachtung

Es ist schon seltsam,

in einem

Einkaufscenter

mit der Rolltreppe

hochzufahren und

eine große gelbe

Aufschrift sagt zu dir:

Spring!

Es bleibt

das mulmige Gefühl,

auch wenn es nur

die englische Deko

für den nahenden

Frühling ist ...

Iris Fritzsche

Drei grüne Gedanken

Der alte Mann

Es ist ja schon lange bekannt, dass es einen Zusammenhang zwischen Farbwahl und psychologischer Aussage gibt. Rot steht für Liebe und Wut, Gelb für Eifersucht, Blau für Ruhe. So weit so gut. Alles das sind Originalfarben. Doch wie steht es mit den Mischfarben? Nehmen wir mal Grün. Das wird aus Blau und Gelb gemischt. Ergo müsste es ein Eifersucht/Ruhe-Mix sein. Steht aber für Ausgeglichenheit. Woher ich das weiß? Tja, wie schon ein alter Schlager trällerte: „Meine Bildung hab ich aus dem Fernsehen.“ Daher hab ich auch eine Erklärung für das Zustandekommen der Farbe Grün.

Das war nämlich so: In dem Zeichentrickfilm „Die Erschaffung der Welt“ gab es einen alten Mann. Er trug Flipflops, Badelatschen oder etwas Ähnliches. Bekleidet war er mit einem langen weißen Hemd, welches ihm bis zu den Knöcheln reichte. Er hatte einen Vollbart und über dem Kopf schwebte eine runde Leuchte. Es war aber nicht zu erkennen, wie sie dort befestigt war. Sie schien zu schweben. Wie der alte Herr hieß? Weiß ich nicht mehr. Jedenfalls stand er auf einem unsichtbaren Untergrund. Neben ihm ein Eimer mit Farbe. In der Hand hielt er einen Pinsel. Damit malte er die Decke über sich in einem leuchtenden Blau an. Anschließend tauchte ein zweiter Farbeimer mit gelber Farbe auf. Damit malte er an das Blau, welches nun als Himmel erkennbar war, eine gelbe Sonne.

Bei dieser Malerei kleckerte er ganz schön. Dann stolperte er auch noch über seine Farbeimer. Und weil er ein ordentlicher Mann war, wollte er natürlich aufwischen. Dabei vermischte sich die blaue Farbe mit der gelben. Daraus bildete sich das erste Grün.

Das schien dem alten Herrn so gut zu gefallen, dass er den gesamten Boden grün anstrich. Auch die Bäume und vieles andere, was er später erscheinen ließ, erhielt einen grünen Anteil. Nur als er zum Schluss noch zwei Menschlein hinzufügte, schien ihm Grün unpassend. Was für ein Glück!

Alltag

Ich liege auf dem Sofa und genieße das Wochenende. Dazu gehört Musik von einer Schallplatte. „Es grünt so grün ...“, trällert das Blumenmädchen Elisa Doolittle aus der Operette My fair Lady. Ich mag Operetten. Diese habe ich vor vielen Jahren in Cottbus auf der Bühne gesehen. Daher weiß ich, für Elisa ist es eine Stimmübung, die ihre Aussprache verbessern soll. Doch sie hat absolut recht! Grün ist eine der am häufigsten in der Natur vorkommenden Farben. Klar, das hängt mit den biologischen Dingen zusammen, Photosynthese und so. Haben wir ja alle in der Schule gelernt.

Aber das Grün als Begriff kommt auch sonst recht häufig in unserem Sprachgebrauch vor. Worte wie „bist ja noch grün hinter den Ohren“ oder „er ist dir nicht grün“ hat sicher jeder schon einmal vernommen. Warum aber spielt gerade Grün für uns so eine große Rolle? Nun, es umschließt ein immenses Spektrum zwischen Unreife und Schönheit.

Nehmen wir nur den Frühling. Für viele die schönste Jahreszeit. Nach dem langen, kalten Winter mit seinem tristen Weiß kommt wieder Farbe in die Welt. Blätter sprießen. Das Wachstum der Früchte beginnt. Alles in Grün. Später wechselt es in viele andere Farben.

Nur die Gurke bleibt grün! Sie hat es nicht nötig, ihre Farbe zu verändern, um uns zu sagen, dass sie reif ist. Hier setzt unser uraltes Wissen über den Lauf der Natur ein. Es signalisiert uns anhand der Größe die Essbarkeit und den Reifezustand. Die Gurke muss sich dabei keine Mühe geben. Schließlich essen wir sowohl kleine als auch große Gurken. Und das in vielerlei Geschmacksrichtungen, sauer eingelegt, geschmort oder sogar roh. Na ja, viel Eigengeschmack hat sie ja eh nicht. Den erzeugen wir erst durch verschiedene Würzungen. Deshalb ist nicht schlimm, dass die Gurke grün bleibt.

Dafür gibt es andere Früchte, die zwar im Reifezustand nicht so aussehen, aber grün schmecken. Wie grün schmeckt? Also ich würde es, als stumpf quietschig beschreiben. Beißt zum Beispiel mal in eine Sternfrucht. Dann wisst ihr vielleicht, was ich meine.

Klar gibt es auch andere Früchte, die grün aussehen, trotzdem gut schmecken. Dazu fällt mir meine Lieblingsapfelsorte ein. Granny Smith heißt sie. Grasgrün, aber voll lecker und saftig.

Nicht vergessen sei auch das aktuelle Superfood Algen. Die werden schon oft verwendet. Ich habe sie am liebsten als Salat von der Fischtheke. Doch sie finden auch gemahlen als Zusatz in verschiedenen Mehlen Verwendung. Alles Früchte oder Gemüse in Grün!

Im Tierreich ist die Farbe meiner Meinung nach nicht so oft zu finden. Also mir fallen da nur Frösche, Papageien und einige Fischarten ein.

Technisch gesehen gibt es grüne Ampeln, Autos, Zäune, Haus- und andere Türen, Stühle, Tische, Sofas. Und auf Letzteres werde ich mich jetzt wieder legen und über die Farbe Grün nachdenken, bis ich Grünspan ansetze.

Cinema

Nachdem ich letztens diesen Film im Fernsehen gesehen hatte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Die Psychologen logen! (Ja, ich weiß. Der Witz hat `nen langen Bart. Passt aber immer wieder.) Genau wie die Meteorologen. Nur Letztere sind dieses Mal ausnahmsweise unschuldig.

Doch zurück zu den Psychologen. Wie ich darauf komme, dass sie logen? Ganz einfach, bei der Zuordnung der Farben. Die haben doch da so ein System, wo sie Farben verschiedene Wirkungen auf die menschliche Psyche zuordnen. Hab ich schon mal erwähnt. Muss es aber an dieser Stelle erneut tun.

So soll Rot eine warme Farbe sein und Blau eine Kühle ausstrahlen. Und Grün? Wofür stand das? Angeblich für eine beruhigende Wirkung. Aber genau das kann nicht stimmen!

Also, um noch mal auf den Film zurückzukommen. Die Story erzählte von einem Wissenschaftler, der eine ganz tolle Entdeckung gemacht hatte. Es handelte sich um eine Flüssigkeit. Dann gab es einen Laborunfall und er kam mit seiner Superflüssigkeit körperlich in Kontakt. Zuerst passierte gar nichts. Als er sich aber dann wegen etwas fürchterlich aufregte, veränderte er sich. Er wurde ganz GRÜN! Und wütend, platzte aus den Sachen und kriegte Mega-Muckis. Anschließend lief er durch die Stadt und zerdepperte alles, was ihm in den Weg kam.

Das dauerte solange, bis er ausgepowert war und sich wieder beruhigte. Danach kehrte er in seine normale Gestalt zurück. Als er sich erneut aufregte, ging das ganze Spiel von vorne los. Der Kerl in Grün nannte sich übrigens Hulk. Na egal. Der Name ist dabei nur Beiwerk.

So viel zu der beruhigenden Wirkung von Grün!

Nun steht für mich die Frage im Raum: Könnte so etwas auch außerhalb der Filmwelt passieren? Man weiß ja nie, was da so alles an Chemie im Essen drin ist. Und es gibt mehr als genug Situationen, in denen auch ich mich fürchterlich aufrege. Hat sich irgendwann vielleicht die richtige Dosis chemisches Zeugs in meinem Körper angesammelt, um eine ähnliche Reaktion auszulösen?

Lenard James Cropley

Jahresringe

Ihr hegt und pflegt mich

und ich spende euch Schatten.

Die Kinder und Enkel derer,

die mich pflanzten,

ernten nun meine Früchte.

Wie könnt ich all den Regen,

die Hitze, den Schnee, das Leid

und die Freude vergessen?

Gemeinsam feierten wir:

im Frühjahr, Sommer

und Herbst, selten im Winter.

Und wir weinten um die,

die einst den Tod fanden.

Die Spechte und Drosseln,

die Hasen und Füchse

erzählten mir von der Ferne,

die ich nie erreichen werde.

So sehr ich mich auch bemühe, meine

Äste in den Himmel wachsen zu lassen.

Nah meinen Wurzeln esst ihr und lacht.

So tanzt ihr denn auch, ich stehe da und

weiß nicht, wie viele Kerzen für mich

leuchten könnten.

Und ihr werdet es nur

herausfinden, wenn ihr Axt und Beil

holt, um sie in meine Rinde zu schlagen.

Dann welkt mein Laub ein letztes Mal.

Arno Zirm

Mein Freund im Walde

Hab mich ja heut ein wenig beeilen müssen. War ich doch ermahnt worden, nur ja pünktlich zu sein. Nun denn, seinen Freund lässt man nicht warten. Auf gehts in den grünen Wald. Sitze nun also hier oben bei ihm, zur rechten Zeit, doch heftig atmend. Kurz nur und formlos war die Begrüßung, wie es sonst nicht seine Art ist.

Und heftig hervorgestoßen sind nun die Worte.

„Da! Hab ich es nicht gesagt? Da ist er wieder! Geht nun wohl schon die zweite Woche so. Kommt heraus aus dem Städtchen in nervtötender Regelmäßigkeit. Her zu uns hier in den Wald. Und spricht Gewichtiges. Ha! Seit ein paar Tagen ist Neues in Arbeit. Über mein Volk. Das solltest du hören. Nun aber! Sieh ihn dir an! Hübsch zerzaust ist er, nicht wahr?“

Wie er es immer tut, wenn er aufgeregt ist, hüpft mein gefiederter Freund nach einer Handvoll Sätzen auf einen anderen Ast. Wie immer erschreck ich ein wenig.

„Aber nicht das ist es, was mich so aufregt. Hören musst Du ihn. Hööören! Trriiillltiktik!“

Eine bestimmte Bewegung muss es wohl sein, die ich mache, wenn er in seine Sprache fällt. Ein Blick ist ihm eigen für so etwas. So versteh‘ ich ihn alsbald wieder.

„Stell dir vor, da käme einer daher und schwärmte dir von der Schönheit des Lebens auf einer Eisscholle im Norden. Sehen möcht ich dich dann, Frostbeule, die du bist!“

Ich ... halt den Mund dann doch lieber zu. Hat ja recht, mein bunter Freund.

Und noch mehr zu zetern:

„Der aber kommt her und brüllt heraus, was er Verse nennt, dass es in den Ohren gellt. Von der Stille des Waldes und dergleichen. Murmelnde Bäche ...“

Schwupp - mitten im Satz - der Ast über mir wippt. So muss ich denn halt ein Weilchen hochschauen.