Grundlagen des Projektmanagements - Martina Eberl - E-Book

Grundlagen des Projektmanagements E-Book

Martina Eberl

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Beschreibung

Das Projektmanagement ist heute eine ökonomische Kernkompetenz. In Unternehmen werden Projekte genutzt, um für neue, noch nicht klar definierte und nicht alltägliche Probleme passende Lösungen zu finden. Projekte stellen hohe Anforderungen an die Führung, die Projektteams und alle Beteiligten. Projektteams verändern sich schnell, werden umgestaltet, neugebildet und aufgelöst. Mit dieser Dynamik müssen sie sowohl digital als auch analog schnell produktiv arbeiten. Dabei eröffnet die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Fachleute mit unterschiedlichen beruflichen Hintergründen viele Chancen, birgt aber auch Risiken. Projekte sind deshalb mit Blick auf Führung, Teamprozesse und Zusammenarbeit schwierig. Dieses Bachelor-Lehrbuch gibt eine anwendungsorientierte Einführung in die Formierung und Steuerung von Projektteams, wobei die interkulturelle und virtuelle Projektarbeit vertiefend behandelt wird.

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Martina Eberl/Monika Huesmann

Grundlagen des Projektmanagements

Gestaltung und Führung von Projektarbeit

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

1. Auflage 2022

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-037383-9

E-Book-Formate:

pdf:           ISBN 978-3-17-037384-6

epub:        ISBN 978-3-17-037385-3

Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

Inhaltsverzeichnis

 

 

1   Einführung

2   Grundlagen des Projektmanagements

2.1   Definition und Merkmalen von Projekten

2.2   Differenzierung von Projekten

2.3   Klassische Projektphasen

2.4   Das Spannungsfeld zwischen Qualität, Zeit und Kosten

2.5   Instrumente des Projektmanagements

2.6   Ein gemeinsamer Plan für ein Projekt

2.7   Projekte in die Organisation einbinden

2.8   Projektorganisierte Organisationen

2.9   Zusammenfassung

2.10 Aufgaben

2.11 Fallstudie zur Integration von Projekten in die Organisationsstruktur

2.12 Literaturtipps

3   Arbeiten in Projekten

3.1   Rollen im Projekt

3.1.1   Grundlegende Rollen

3.1.2   Teamrollen nach Belbin

3.1.3   Teamübungen mit Belbins Teamrollenmodell

3.1.4   Rollenkonflikte in Teams

3.2   Teamarbeit und gruppendynamische Prozesse

3.2.1   Projektarbeit als Teamarbeit

3.2.2   Phasen der Teamentwicklung

3.3   Probleme der Teamarbeit

3.4   Teambuilding für Projektteams

3.4.1   Formierung (Forming)

3.4.2   Sturm (Storming)

3.4.3   Normierung (Norming)

3.4.4   Reife (Performing)

3.4.5   Auflösung (Adjourning)

3.5   Zusammenfassung

3.6   Aufgaben

3.7   Fallstudie zur Reflexion von Teamphasen

3.8   Fallstudie zur strategischen Gestaltung des Projektendes

3.9   Literaturtipps

4   Herausforderung: Personalführung in Projekten

4.1   Begriffserklärung Führung

4.1.1   Unternehmensführung

4.1.2   Mitarbeiterführung

4.2   Führungsaufgaben und Lösungsansätze für die Arbeit im Projekt

4.2.1   Ausrichtung auf Projektziele

4.2.2   Konfliktbearbeitung

4.2.3   Empowerment

4.3   Führung durch formale Organisationsmechanismen

4.3.1   Instrumentelle Organisation und Projektarbeit

4.3.2   Institutionelle Organisation und Projektarbeit

4.4   Führung durch Organisationskultur

4.5   Projektkultur als Subkultur

4.6   Zusammenfassung

4.7   Aufgaben

4.8   Fallstudie zur Führung von Projekten

4.9   Literaturtipps

5   Die Herausforderungen des Personalmanagements im Umgang mit Projekten

5.1   Einführung in die Grundidee des strategischen Personalmanagements

5.2   Personalmanagement von Projekten

5.3   Anpassung der Instrumente des Personalmanagements für Projekte

5.4   Zusammenfassung

5.5   Aufgaben

5.6   Fallstudie: Karriereprobleme

5.6   Literaturtipps

6   Kommunikation in Projekten

6.1   Das Projektinformationsmanagement

6.2   Grundlagen der zwischenmenschlichen Kommunikation

6.3   Anforderungen an die Kommunikation in Projekten

6.4   Zusammenfassung

6.5   Aufgaben

6.6   Fallstudie: Kommunikationsplanung beim Sommerfestprojekt

6.7   Literaturtipps

7   Interkulturelle Zusammenarbeit in Projekten

7.1   Landeskultur und interkulturelle Projekte

7.2   Dimensionen von Landeskulturen

7.3   Landeskultur und Organisationskulturen

7.4   Handlungsstrategien interkultureller Projektarbeit

7.5   Techniken zur Förderung interkultureller Teamarbeit

7.6   Zusammenfassung

7.7   Aufgaben

7.8   Literaturtipps

8   Agilität und Projektarbeit

8.1   Grundideen des agilen Projektmanagements

8.2   Einzelne Instrumente des agilen Projektmanagements

8.3   Selbstorganisierte Teams

8.4   Die Verbindung von traditionellem und agilem Projektmanagement

8.5   Zusammenfassung

8.6   Aufgaben

8.7   Literaturtipps

9   Digitalisierung und Projektarbeit – von virtueller Projektarbeit bis Künstlicher Intelligenz

9.1   Digitale Transformation

9.2   Virtuelle Projektarbeit

9.3   Digitale Führung in der Projektarbeit

9.4   KI in der Projektarbeit

9.5   Zusammenfassung

9.6   Aufgaben

9.7   Literaturtipps

10 Projekte als Motor für Change (Wandel)

10.1 Arten von Change und Projekte

10.2 Verläufe von (erfolgreichen) Change-Projekten

10.3 Projektmanagement und Stakeholder-Arbeit

10.4 Zusammenfassung

10.5 Aufgaben

10.6 Literaturtipps

11 Kompetenzen und Projektmanagement

11.1 Kompetenzebenen im Projektmanagement

11.2 Organisationale Kompetenzen für das Projektmanagement

11.2 Individuelle Kompetenzen für Projektarbeit

11.3 Spezialkompetenzen des Projektmanagements

11.3.1 Digitale Kompetenzen für digitale Projekte

11.3.2 Interkulturelle Kompetenzen für interkulturelle Projekte

11.3.3 Veränderungskompetenz

11.4 Zusammenfassung

11.5 Aufgaben

11.6 Literaturtipps

12 Schlussbetrachtung

13 Glossar

14 Literaturverzeichnis

1          Einführung

 

 

Was unterscheidet dieses Buch über Projektmanagement von anderen Büchern zum Thema? Unsere Antwort: die Konzentration auf das Projektteam. Projekte werden im Team bearbeitet und Teams, die mit Schwierigkeiten, Spannungen und Dysfunktionalitäten nicht umgehen, können kein optimales Projektergebnis erziehen. Dazu kommt: Das Ende des einen Projekts ist der Anfang des nächsten, es gibt immer weniger die Möglichkeit, Teamarbeit zu vermeiden.

Zur Verbesserung von Teamarbeit und um sich selber zum »guten« Teammitglied zu entwickeln ist Reflexion das zentrale Handwerkszeug. Das bedeutet über sich selbst im Team zu reflektieren, Teamkonstellationen und -entwicklungen kritisch zu beleuchten und Ergebnisse zu hinterfragen und seinen eigenen Prozess zu durchdenken. Die Werkzeuge dafür sind Fachwissen über Projekte und Teams, Herausforderungen der Führung, des Managements und der Organisation von Projekten zu verstehen, Kommunikation und interkulturelle Zusammenarbeit gestalten zu können, neue Gestaltungsspielräume wie Agilität, Digitalisierung und Change Management wahrzunehmen und zusammenfassend Kompetenzen der Projektarbeit zu kennen, zu reflektieren und entwickeln zu können. Neben dem fachlichen Wissen gibt es in allen Kapiteln anwendungsbezogene Beispiele, Methoden, Übungen und Ideen zum Weiterdenken.

Diese Konzentration auf das Projektteam erklärt auch den Aufbau dieses Buches.

Im 2. Kapitel wird der Anfang mit den Grundlagen zum Projektmanagement gemacht. Anhand der Merkmale von Projekten, den Projektphasen, den klassischen Instrumenten und der Organisation von Projekten kann der Begriff Projekt abgegrenzt und klar definiert werden. Projekte sind heute eine Form der Aufgabenorganisation, die in allen Organisationen, sei es Unternehmen, NGO und im öffentlichen Sektor angewandt werden. Professionelles Projektmanagement ist daher wichtiges Handwerkszeug für alle Teammitglieder, aber vor allem auch für Expert:innen, Führungskräfte und Verwaltungen. Projekte werden nicht nur innerhalb einer Organisation verortet. Sie eignen sich in hohem Maße auch für Kooperationen mit verschiedenen Organisationen und/oder Einzelpersonen.

Im 3. Kapitel geht es um Arbeiten in Priojekten. Themen sind hier Rollen von Teammitgliedern, Phasen der Teamarbeit, spezifische Probleme in der Teamarbeit und Teambuilding in Projektteams. Anhand der vorgestellten Modelle und Konzepte und den anwendungsorientierten Instrumenten, Übungen und Beispielen können Teamarbeit und Teamprozesse reflektiert, analysiert und beeinflusst werden.

Im 4. Kapitel wird Personalführung in Projekten näher betrachtet. Zuerst wird der Begriff Führung geklärt und dann Führungsaufgaben und anwendungsorientierte Lösungen dazu betrachtet. Projektteams werden aber nicht nur durch Führungskräfte geführt, sondern auch durch die Organisation, die Organisationskultur und auch die Projektkultur. In diesem Kapitel werden daher auch Führungsaspekte neben formal eingesetzten Teamleitungen betrachtet, die gerade auch bei selbstorganisierten Teams wirksam sind (dies wird im achten Kapitel im Zusammenhang mit Agilität vorgestellt).

Im 5. Kapitel wird das Spannungsfeld strategisches Personalmanagement im Vergleich zwischen Projekten und der restlichen Organisation von verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Wenn die Gesamtstruktur einer Organisation mehr und mehr anhand von Projekten gestaltet wird, dann muss gerade das Personalmanagement als Querschnittsfunktion damit aktiv umgehen. Instrumente wie Arbeitszeiten, Leistungsermittlung oder Karriereplanung müssen diesen Veränderungen Rechnung tragen.

Das 6. Kapitel beschäftigt sich mit der Kommunikation in Projekten. Grundwissen über Kommunikation bietet dabei eine gute Basis zur Reflektion von Missverständnissen und Spannungen, dies wird anhand von Beispielen und einer Fallstudie zur Kommunikationsplanung aufgezeigt.

Die folgenden vier Kapiteln, von Kapitel 7 bis 10, beschäftigen sich mit Themen die gerade aktuell viel und intensiv diskutiert werden.

In Kapitel 7 wird die interkulturelle Zusammenarbeit thematisiert. Damit verbunden ist im Bereich der Internationalisierung auch die Zusammenarbeit zwischen Kulturen, Ländern, Sprachgebieten und Nationen. Die Bedeutung von interkultureller Zusammenarbeit steigt damit immer weiter und ist heute eine Notwendigkeit. Damit wächst auch der Bedarf für spezifisches Wissen und entsprechende Kompetenzen. Zuerst werden Landeskulturen betrachtet, die dann in Zusammenhang mit Organisationskulturen gebracht werden. Handlungsstrategien zur interkulturellen Projektarbeit und die anwendungsorientierte Darstellung der Förderung von interkultureller Teamarbeit runden dieses Kapitel ab.

Aglität wird in Kapitel 8 vorgestellt, zentral wird das agile Mindset vorgestellt. Es folgen Instrumente zur Umsetzung des agilen Mindsets, ausführlicher vor allem das selbstorganisierte Team. Dieses Kapitel wird abgeschlossen mit Überlegungen, wie agiles Projektmanagement und traditionelle Organisationsformen hybrid in einer Organisation bestehen können.

Kapitel 9 widmet sich der Digitalisierung von Projektarbeit, den Anfang macht die digitale Transformation, gefolgt von virtueller Projektarbeit, digitaler Führung und Ausblicken auf den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in der Projektarbeit.

Kapitel 10 nimmt eine neue Perspektive ein und beschäftigt sich mit Projekten als Motor für Veränderungsprozesse bzw. Change. Diese Verbindung von Projekten und Change sowie die typischen Verläufe von Changeprozessen werden näher betrachtet. Anschließend wird die projektspezifische Stakeholder-Power-Analyse mit ihrer Anwendung vorgestellt. Abschließend wird die transformationale Projektführung vorgestellt und diskutiert.

Abschließend werden im 11.Kapitel Kompetenzen und Projektarbeit in Zusammenhang gebracht. Zusammenfassend und aufbauend auf die vorangehenden Kapitel werden organisationale und individuelle Kompetenzen für die Projektarbeit dargestellt. Digitale und interkulturelle Kompetenzen werden aufgrund ihrer hohen und stetig wachsenden Bedeutung differenziert betrachtet.

In der Praxis der Zusammenarbeit in Projekten und im Projektmanagement kann dann gerade durch gezielte Reflexion einzelner Aspekte die Palette der Handlungsmöglichkeiten einerseits erweitert werden und andrerseits die Priorisierung ermöglicht werden. Da Projekte ihrer grundlegenden Definition entsprechend immer wieder anders und neu sind, kann es keine eindeutigen »So geht das!«-Verfahren geben. Im Projektmanagement ist es daher essenziell, in neuen, unsicheren und komplexen Situationen sowohl fokussieren als auch analysieren zu können, um anschließend adäquate Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln und zu priorisieren.

Teamarbeit, gruppendynamische Prozesse und Rollen die übernommen werden, prägen von Anfang bis Ende jedes Projekt. Das individuelle und gruppenbezogene Arbeiten, Wohlfühlen und sich weiter entwickeln sind in hohem Maße der Art und Weise der Teamarbeit geprägt. Häufig ist aber die Zusammensetzung und die Entwicklung von Teams eher zufällig als geplant, wobei viele Möglichkeiten nicht ausgeschöpft werden. Es wird immer Konflikte in Teams geben. Zentral ist, wie diese Konflikte reflektiert werden und wie konstruktiv diese gelöst werden können.

Dieses Buch über Projektmanagement verfolgt daher vor allem das Ziel, Basiswissen für die Perspektive des Projektteams im Bereich Projektmanagement zu vermitteln und anhand der thematischen Vertiefungen in den verschiedenen Kapiteln wichtige Ansatzpunkte für die Reflektion von Problemen und Chancen in Projekten zu bieten.

Bei der Erstellung dieses Buchs haben uns Janina Flege und Awin Saeid unterstützt. Wir möchten uns für die gute Zusammenarbeit und die vielen spannenden Ideen bedanken!

2          Grundlagen des Projektmanagements

 

 

In diesem Kapitel lernen Sie…

•  die Grundbegriffe des Projektmanagements,

•  das Spannungsfeld zwischen Qualität, Zeit und Kosten von Projekten zu erkennen,

•  Instrumente der Projektplanung, -gestaltung und -durchführung,

•  die Möglichkeiten der Einbindung von Projekten kennen und zu beurteilen.

2.1       Definition und Merkmalen von Projekten

Im Projektmanagement wird ein Projekt nicht nur als technische Lösung betrachtet, sondern auch als zeitlich begrenzte Organisation und soziales System verstanden. Der Vorteil dieser Sichtweise ist, dass es nicht nur um den optimierenden Einsatz von Instrumenten und Methoden wie strategische Kontrolle, Budgetplanung und Erfolgskontrolle geht, sondern unter Beachtung des Projektkontextes auch die Projektorganisation, -führung und -kommunikation als wichtige Gestaltungsparameter einbezogen werden. Wie der Begriff des Projekts umschrieben werden kann, zeigen exemplarisch die folgenden zwei Definitionen:

•  »[Ein Projekt ist ein] Vorhaben, das im Wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist.« (DIN 69901)

•  »Ein Projekt ist ein Vorhaben, das zeitlich befristet ist, sich durch Neuartigkeit und Einmaligkeit auszeichnet sowie eine beachtliche Größe und einen hohen Grad an Komplexität aufweist.« (Bea et al. 2018, S. 53)

An der Definition der DIN-Norm fällt auf, wie unscharf Projekte definiert werden. Hier zeigt sich, wie weit der Begriff gefasst wird und wie viele unterschiedliche Projekte in Bezug auf Zielsetzung, fachliche Ausrichtung, organisatorische Gestaltung, Teamzusammensetzung oder Anbindung mit diesem Begriff erfasst werden. Die Definition nach Bea et al. (2018) ist zwar etwas konkreter formuliert, die in dieser Definition verwendeten Merkmale der zeitlichen Befristung, Neuartigkeit und Einmaligkeit sind aber nicht trennscharf und es muss jeweils im Einzelfall geprüft werden, ob es sich um ein Projekt handelt. Die einzelnen Merkmale werden im Folgenden näher erörtert.

Die Abgrenzung von Projekten erfolgt auf der einen Seite zu einfacheren, nicht sehr umfangreichen Aufgaben, die im Team erledigt werden und auf der anderen Seite zu dauerhaften Aufgaben, die stetig im Team bearbeitet werden. Als Beispiel kann die Einführung einer Software betrachtet werden. Wenn in einer bestehenden Anwendung ein neues Teilmodul eingegliedert wird, dann wird dies in der Regel im Team bearbeitet. Da aber die Anwendung bereits integriert ist, ist die Aufgabe in der Regel nicht sehr umfangreich. Dies würde nicht als Projekt bezeichnet werden. Wenn eine neue Anwendung, etwa ein Beschaffungsmanagement in der Personalabteilung, definiert, integriert, angepasst und umgesetzt werden soll, dann ist dies eine komplexe Aufgabe, die die Kompetenzen von unterschiedlich qualifizierten Person in Zusammenarbeit benötigt. Die Aufgabe ist zeitlich begrenzt, da die Implementierung des Beschaffungsmanagements fertiggestellt werden muss. Der Einsatz des Beschaffungsmanagements, Problembearbeitung und Anpassung ist dann kein Projekt mehr, sondern eine Routineaufgabe die dauerhaft im Team geleistet werden muss.

Die zeitliche Befristung eines Projekts (Projektlaufzeit) zeigt sich oft darin, dass es einen festgelegten Abschlusstermin gibt. So wird beispielsweise eine Gesetzesvorlage zu einem bestimmten Datum verhandelt, eine Autobahnbrücke soll an einem bestimmten Tag eröffnet werden oder ein neues IT-System soll in den Alltagsbetrieb übergehen. Die Unschärfe hinsichtlich der zeitlichen Befristung zeigt sich vor allem dann, wenn Termine verschoben werden (insbesondere »auf unbestimmte Zeit«) oder die Entwicklung eines Produktes in den Dauerbetrieb bzw. die Produktion übergeht und klare Grenzen nicht oder nur schwer gezogen werden können.

Das Merkmal der Neuartigkeit eines Projektes ist nicht immer leicht zu bestimmen, z. B. wenn es bei Unternehmensberatungen zwar immer wieder neuartige Firmenprojekte gibt, diese aber in standardisierten Routinen bearbeitet werden. Charakteristisch für Projekte generell ist jedoch, dass stets neuartige Fragestellungen bzw. Probleme auftreten und diese bestimmte Risiken bergen, die nicht immer vollständig einschätzbar sind.

Die Einmaligkeit von Projekten (Projektinhalt) ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu dauerhaften Routineaufgaben. Dabei kann eine einmalige Aufgabe auch immer in routinemäßigen Abläufen bearbeitet werden, wenn die standardisierten Abläufe unterschiedliche Ergebnisse erlauben und individuelle Anpassungen ständig möglich sind. Das Merkmal der Einmaligkeit dient auch dazu, den Übergang von der Entwicklung eines Produktes zum ständigen Einsatz zu verdeutlichen. Während bei der Entwicklung oder Anpassung einer Software stetig neue und einmalig zu lösende Probleme auftreten, sind im ständigen Einsatz die Fragen wiederkehrend und die Lösung weitgehend standardisierbar.

Einmalige und neuartige Aufgaben können auch, vor allem wenn der benötigte Ressourceneinsatz niedrig und/oder die strategische Bedeutung nicht sehr hoch ist, in Arbeitsgruppen gelöst werden und müssen nicht als Projekt organisiert werden. Ab einer bestimmten Größenordnung, abhängig von der jeweiligen Organisation, sind grundlegende Überlegungen zur Organisation, Planung und Durchführung notwendig, die durch die Bedeutung oder den Umfang der Aufgabe rechtfertigbar sind.

In Verbindung mit der Größe eines Projekts ist die Komplexität der Aufgabe zu sehen. Projektmanagement ist dann notwendig, wenn eine Gliederung in Teilaufgaben sowie deren Koordination und zeitliche Planung sinnvoll wird. Die Schwierigkeit der Aufgabe führt dann in der Regel dazu, dass unterschiedliche Kompetenzen zu ihrer Bewältigung notwendig werden, die entsprechend eingesetzt werden müssen.

Damit wird deutlich, dass weder jede zeitlich begrenzte noch jede neue auftauchende Aufgabe automatisch ein Projekt ist bzw. als Projekt bearbeitet werden sollte. Es ist individuell zu entscheiden, ob es sich um eine dauerhafte Aufgabe, eine vorübergehende Arbeitsgruppe oder ein Projekt handelt bzw. handeln soll. Damit der Einsatz von Projektmanagement betriebswirtschaftlich rechtfertigbar ist, müssen mehrere Merkmale gegeben sein. Projekte sind eine mögliche Option zur organisatorischen Gestaltung (Huesmann 2013). Je nach Charakteristika der Aufgabe (z. B. Häufigkeit, Umfang, Bedeutung, Dauer, Ressourcen, Beteiligte) wird die passende Organisationsform gewählt: Möglichkeiten sind neben der Organisation im Projekt auch die Eingliederung in die grundlegende Organisationsstruktur oder die Bearbeitung durch eine Arbeitsgruppe.

2.2       Differenzierung von Projekten

Die Projektmanagementlehre sucht nach »kritischen«, universell anwendbaren Unterscheidungsmerkmalen, die eine klar abgrenzbare Projektkategorisierung ermöglichen. Nach Gessler (2016) existieren bislang jedoch höchst unterschiedliche Ansätze nebeneinander. Neben dem Projektinhalt, der Projektgröße und der Projektlaufzeit (Kap. 2.1) gibt es eine Reihe von Dimensionen, die stärker auf Aspekte der Komplexität und Dynamik von Projekten abzielen und hieraus entsprechende Anforderungen an das Projektmanagement ableiten. Vor dem Hintergrund der Vielfalt von Projektarbeit scheint es wenig sinnvoll zu sein, ein Universalmodell für das Arbeiten in Projekten bereitzustellen. Vielmehr kann es nur darum gehen, einen Kompass für die Charakterisierung von Projekten zu entwickeln, der für das jeweils spezifische Projekt zum Einsatz kommt.

Deshalb wird an dieser Stelle ein Modell vorgestellt, das als ein solcher Kompass genutzt werden und so Aufschluss über besondere Führungs-, Kommunikations- und/oder Organisationsaufgaben geben kann.

Das Modell der sechs Dimensionen zur Projektdifferenzierung beruht im Wesentlichen auf Dierig (2013). Er geht von der Annahme aus, dass sich alle Projekte durch 6 Dimensionen charakterisieren lassen, die Aufschluss über den Grad der Komplexität und Dynamik eines Projektes geben. Auf einer 5-stufigen Skala von »nicht« über »mittel« bis »stark« erfolgt eine Einschätzung des Projekts im Hinblick auf die folgenden Dimensionen:

(1) Zielambiguität (Zieloffenheit): Wie genau kann das Projektziel zu Beginn definiert werden? Je weniger genau dies der Fall ist, desto stärker ausgeprägt ist die Zielambiguität.

(2) Sachlicher Vernetzungsgrad: Wie viele Elemente (z. B. Stakeholder, Abteilungen, Prozesse, Teammitglieder usw.) umfasst das Projekt und wie stark sind diese vernetzt?

(3) Dynamik der sachlichen Vernetzungen: Wie hoch ist die Veränderungswahrscheinlichkeit der sachlichen Inhalte und Rahmenbedingungen (z. B. Technologieentwicklungen bei einem Projekt »Einführung einer Standardsoftware«)?

(4) Innovationsgrad: Wie hoch ist die Neuartigkeit des Projekts für die Projektdurchführenden?

(5) Sozialer Vernetzungsgrad: Wie viele Beteiligte und Anspruchsgruppen sind potenziell im Projekt vernetzt?

(6) Dynamik der sozialen Vernetzungen: Wie dynamisch und unberechenbar sind die Einstellungen, Interessen und Handlungen der Projektstakeholder?

Die Bewertung entlang dieser Dimensionen lässt ein individuelles Projektprofil entstehen, welches wiederum Implikationen für das Projektmanagement nach sich zieht. Die folgende Tabelle gibt einige Ideen hierzu.

Dar. 1: Projektarten und Anforderungen an das Projektmanagement (Quelle: Dierig 2013, S. 41f.)

Dimensionen in hoher AusprägungAnforderungen an das Projektmanagement

Ein Blick in die Tabelle 1 zeigt, dass die Umsetzung dieser Empfehlungen an strukturelle, organisationskulturelle sowie führungsseitige Bedingungen geknüpft ist, die in vielen Fällen erst geschaffen werden müssen. Nichtsdestotrotz hilft die Dimensionierung dabei, dominante Projektmerkmale erkennen und entsprechend steuern zu können.

2.3       Klassische Projektphasen

Projekte sind durch Einmaligkeit und Neuartigkeit gekennzeichnet (Kap. 2.1) und damit ist jedes Projekt per Definition einzigartig. Dennoch kann der typische Ablauf von Projekten anhand eines klassischen Phasenablaufs beschrieben werden. Die unterschiedlichen Projektphasen sind gekennzeichnet durch unterschiedliche Aufgaben, unterschiedliche Teamanforderungen, unterschiedliche Kommunikationsbedarfe und damit sich verändernde Führungsthemen und -probleme. Anhand des folgenden Schemas (Dar. 2) werden die Herausforderungen und Ansatzpunkte der Prozessgestaltung im Projektmanagement beschrieben.

Die rekursiven Schleifen (oder auch Rückkopplungsschleifen) machen deutlich, dass diese Phasen nicht einfach sequentiell ablaufen, sondern dass immer wieder auf vorhergehende Phasen zurückgegangen werden muss, um notwendige Anpassungen vornehmen zu können. Vor allem in der Phase der Umsetzung ist es notwendig, auf alle vorher gesetzten Prämissen zugreifen zu können, um sicherzustellen, dass ein Projekt auf seine Ziele ausgerichtet bleibt.

Parallel zu allen Phasen verlaufen Aktivitäten der strategischen Kontrolle, fokussiert auf Qualitätsmanagement, Risikomanagement und projektbegleitender Zielkontrolle. Diese Aktivitäten müssen den jeweiligen Phasen entsprechend ausgewählt und umgesetzt werden, so dass sich diese zwar im Phasenablauf deutlich unterscheiden können, systematisch aber der prozessbegleitenden strategischen Kontrolle zuzuordnen sind. Alle Aktivitäten der strategischen Kontrolle beeinflussen die Aufgaben im Projekt und bestimmen die Anforderungen an die Projektleitung und das Team mit.

Dar. 2: Klassische Projektablaufphasen (Quelle: Schneider u. a. 2018, S. 24)

In der Phase der Problemfindung wird das zentrale Problem fokussiert und identifiziert. Im europäischen Kontext werden Projekte häufig über Ausschreibungen angeboten. Die erste Reaktion auf eine entsprechende Ausschreibung passt ebenfalls in diese Phase, da hier geprüft wird, ob die Ausschreibung auf jenen Problembereich ausgerichtet ist, für den eine bestimmte Organisation oder eine Gruppe von Organisationen Expertise in einer Weise anbieten kann, die sie für die Projektbewerbung qualifiziert.

Diese Phase umfasst jedoch nicht den Vorlauf eines Projektes. Der Vorlauf könnte z. B. die Analyse der Umwelt und/oder die aufgedeckten strategischen Probleme der Organisation, die Markt- und/oder Markenentwicklungen oder Auftraggeber mit spezifischen oder unklaren Problemen sein.

In dieser Phase der Problemfindung wird das Projekt gestartet. Zur Zielpräzisierung des Projekts werden erste Problemdefinitionen vorgenommen, das Projektumfeld wird analysiert und anschließend werden die zentralen Ziele des Projekts gesetzt. In diesem Rahmen können auch erste rekursive Schleifen notwendig sein, um z. B. den Auftrag zu klären, die Ziele des Projekts darauf auszurichten oder strategische Probleme fassbarer zu machen, damit z. B. Reorganisationsziele klar ausgerichtet werden können. In und bisweilen auch vor dieser Phase wird bereits das zentrale Projektteam zusammengestellt, in der Regel die Projektleitung festgelegt, werden grobe Ressourcenplanungen vorgenommen und wird die organisatorische Anbindung geklärt. Auf der Basis der Problemfindung können dann Anpassungen zur Teamzusammensetzung, Zeitplanung, zum Ressourcenbedarf usw. vorgenommen werden. Es wird ein gemeinsames Verständnis des zugrundeliegenden Problems erarbeitet. Dabei bestimmen Offenheit und Klarheit der Kommunikation darüber, ob alle Projektmitglieder auf der gleichen Informationsbasis agieren und sich in optimaler Weise eine gemeinsame Meinung bilden können. In dieser Phase benötigt das Projektteam in der Regel auch Informationen und Einschätzungen von Stakeholdern (z. B. spätere Anwenderinnen und Anwender des Softwareprogramms, Abteilungsleitungen der Bereiche, die reorganisiert werden sollen, Kundenkreise für neue Produkte, Behörden, die von neuen Regelungen betroffen sind). Damit wird hier auch mitgeprägt, wie sich Stakeholder einbezogen fühlen oder wieviel Skepsis bzw. Widerstand aufgebaut wird. In diesen Absprachen entwickeln die Stakeholder auch jene Qualitätserwartungen, die formell oder informell die Erwartungen an das Projekt prägen (Kap. 10.3).

Die Ideengenerierung beschreibt die Phase eines Projektes, in der die unterschiedlichen Lösungsansätze überlegt und diskutiert werden. Dabei werden Innovationsgehalt, fachliche Ausrichtung und Wirkungsgrad von Lösungsideen stark durch die Kompetenzzusammensetzung des Projektteams mitbestimmt. Wichtige Einflussfaktoren sind auch die dafür eingesetzten Ressourcen (z. B. Zeit in Form von Zeitdruck), Führungsverhalten (z. B. restriktives oder partizipatives Führungsverhalten) oder Auftraggeber, die durch Vorgaben die Breite der Lösungsideen beschränken oder erweitern können.

In der Phase der Entscheidung wird festgelegt, welche Lösungsidee für ein bestimmtes Projekt gewählt wird. Damit werden die Weichen für den weiteren Projektverlauf gestellt. Bei Ausschreibungen von europäischen Projekten wird die Lösungsidee üblicherweise in der Projektbewerbung beschrieben. Anschließend wird auf Basis dieser konkreten Projektlösungsidee die Entscheidung getroffen, wer die Ausschreibung für das Projekt gewinnt. So kann es je nach europäischer Projektart, Finanzierungsart und den Ausschreibungsbedingungen bereits bei der Bewerbung notwendig sein, das Projektteam festzulegen, einen detaillierten Terminplan einzureichen oder einen genauen Finanzverteilungsplan zu erstellen. Im Allgemeinen wird die genauere Planung des Projekts erst am Ende dieser Phase vorgenommen, wenn feststeht, welche Kompetenzen für diesen Lösungsweg benötigt werden, welche Handlungsalternativen offengehalten werden, wie der zeitliche Verlauf geplant werden kann, welche Meilensteine den Projektverlauf prägen werden und wie das Zusammenspiel von Projekt und Auftraggeber gestaltet werden kann.

Die Umsetzung der Lösungsidee beinhaltet alle Schritte, die zur Entwicklung einer konkreten Lösung notwendig sind. Diese Phase ist häufig die komplexeste Phase, da verschiedene Schritte sich zum Teil überlagern, zum Teil sequentiell ablaufen und damit hoher Koordinations- und Kommunikationsbedarf entsteht. Es muss ständig und immer wieder geklärt werden, wer welche Ergebnisse wann von wem benötigt, um selbständig arbeiten zu können, wer sich mit wem wie und warum absprechen muss und wer für welchen Schritt wann die Verantwortung übernimmt. Koordination und Logistik stellen große Anforderungen an die Kommunikation aller Teammitglieder und stellen für die Projektleitung anspruchsvolle Führungsaufgaben dar. Dazu kommt, dass in dieser Phase häufig rekursive Schleifen zu den Vorphasen notwendig sind. Während der Umsetzungsphase muss immer wieder der Bezug zu den Projektzielen hergestellt werden, um das Projekt ergebnisorientiert steuern zu können. Es können sich aber auch die Problemstellungen ändern, sodass grundlegende Anpassungen an Problemstellung, Zielformulierung und Lösungsentscheidung notwendig werden können. Zumeist müssen Anpassungen im Rahmen der festgelegten Ressourcen und Zeitplanungen bleiben, was insgesamt große Anforderungen an Projektleitung und -team stellt und unter Umständen zu Resignation und Frustration führen kann.

In der Phase der Implementierung wird die entwickelte Lösung umgesetzt. Ein neu entwickeltes Produkt wird in die Produktion gegeben, eine neue Software wird in den Alltagsbetrieb übernommen, eine neu entwickelte Form der Zusammenarbeit zwischen Behörden wird eingeführt, eine neue Konzeption wird umgesetzt oder Abteilungen werden reorganisiert. Gestaltungsmöglichkeiten befinden sich in dieser Phase vor allem in der Kommunikation von Ergebnissen und Erfolgen. Es können auch einzelne rekursive Schleifen vollzogen werden, wobei jetzt die Handlungsspielräume in der Regel kleiner geworden sind.

Diese Phase der Implementierung beinhaltet auch alle anfallenden Projektabschlussarbeiten wie die Beendigung der Dokumentation, Erstellung von Übergabeprotokollen, Abrechnung von Ressourcen meist in Form von Budgets und – mit dem Übergang in die Routinephase – die Übergabe des Projekts. Am Ende dieser Phase sollte das Gesamtprojekt im Team reflektiert werden, um aus Problemen und Fehlern zu lernen (lessons learned) und auch als Team das Projekt mit allen Höhen und Tiefen abschließen zu können.

Die Routinephase ist im Idealfall dadurch gekennzeichnet, dass bei zielgenauer, problemloser und fehlerfreier Projektarbeit keine Aktivitäten des Projektteams mehr notwendig sind. Da aber Projekte neuartig, einmalig und komplex sind, ist das Risiko von Übergangsproblemen in dieser Phase ausgesprochen groß. In der Praxis werden häufig einzelne Projektmitglieder oder Rumpfteams zur Lösung von Übergangsproblemen bestimmt.

Die Auflösung bzw. die Beendigung des Projekts kann somit in verschiedenen Phasen schrittweise erfolgen. Immer wieder zeigt es sich in der Praxis, dass Projekte aus Sicht der Projektteams mehr zufällig als planvoll beendet werden. Der Abschluss der Zusammenarbeit über reflektierte Evaluationen oder gemeinsame Veranstaltungen wird vor allem in Organisationen, die seltener Projektorganisation anwenden, wenig beachtet. Dies kann vor allem dann beobachtet werden, wenn Projekte aus den unterschiedlichen Gründen ab einer bestimmten Phase nicht weiterverfolgt werden, nicht in die Routine übernommen werden oder scheitern.

Parallel zu den Projektphasen verlaufen Aktivitäten der strategischen Kontrolle. Zentrale Aufgaben sind dabei Qualitätsmanagement, Risikomanagement und prozessbegleitende Zielkontrolle. Diese einzelnen Aufgaben werden im Folgenden beschrieben.

Das umfassende Verständnis von Qualitätsmanagement geht weit über die einfache Prüfung der Produktqualität hinaus. Ziel ist die Begleitung des gesamten Prozessablaufs, angefangen bei den Zielvereinbarungen mit den Stakeholdern des Projekts über den Erstellungsprozess bis zur Projektübergabe. Dabei werden die Bedürfnisse verschiedener Anspruchsgruppen wie des Topmanagements, der internen bzw. externen Kunden, anderer Projekte, zukünftiger Projekte, Partnerorganisationen und Netzwerke im Blick behalten. Damit adressiert das Qualitätsmanagement die gesamte Leistung von Projekten. Der Prozess des Qualitätsmanagements von Projekten umfasst die folgenden Teilprozesse:

•  Qualitätsplanung (Planung und Festlegung der Qualitätsanforderungen an das Projektergebnis und den Prozessablauf unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Stakeholder),

•  Qualitätslenkung (Möglichkeiten der Messung von Qualität in den verschiedenen Prozessphasen, Umsetzung durch Steuerung mit Soll-Ist-Analysen),

•  Qualitätssicherung (Maßnahmen von Sicherungsmaßnahmen mit Blick auf interne Prozesse und externe Anforderungen),

•  Qualitätsverbesserung (kontinuierliche Verbesserung der Messung, Umsetzung und Sicherung).

Risikomanagement kann als integrierter Bestandteil des Qualitätsmanagements betrachtet werden, da hier negative bzw. positive Abweichungen vom geplanten Ergebnis eingeschätzt und bewertet werden. Je nach Bewertung können hier Gefahren bzw. Risiken erkannt werden, die den Projekterfolg, die Projektorganisation, das Projektumfeld oder den Projektprozess gefährden. Es können aber auch Chancen erkannt und ggf. ergriffen werden. Risikomanagement geht daher über die Betrachtung der Prozesse in der eigenen Organisation und der direkten Kunden der Projekte hinaus. Risiken und Chancen entstehen an und um unterschiedliche Bereiche und daher erfordert Risikomanagement eine andere Perspektive auf ein Projekt. Mehrere Ansatzpunkte sind für das Risikomanagement zentral:

•  Die Projektaufgabe kann falsch eingeschätzt worden sein, z. B. in Bezug auf die benötigten personellen Kompetenzen oder Zeitvorgaben sind zu breit bzw. zu knapp bemessen.

•  Im Laufe von Projekten können fachliche oder methodische Entwicklungen dazu führen, dass Ergebnisse von Projekten nicht mehr zeitgemäß sind, auch wenn sie planmäßig ablaufen.

•  Externe oder interne Kunden können ihre Haltung gegenüber dem Projekt ändern, Akzeptanz oder Veränderungsbereitschaft sind wichtige Faktoren für die erfolgreiche Implementierung von Projekten. Dies kann z. B. durch emotionale Spannungen zwischen Projektleitung und Kunden hervorgerufen werden oder durch Bekanntwerden von Erfolgen oder Misserfolgen ähnlicher Projekte.

•  Fehlende, fehlerhafte oder unpassend eingesetzte Methoden des Projektmanagements können zu Missverständnissen und Problemen führen, z. B. wenn das Projektteam nicht ausreichend für notwendige Software geschult wird oder Kommunikationsmittel unbekannt sind bzw. dilettantisch eingesetzt werden.

•  Die organisatorische Anbindung des Projekts passt nicht oder nicht durchgehend zu den Projektzielen.

•  Die Projektleitung besitzt nicht die notwendigen Weisungsbefugnisse, Ressourcenzugriffe oder Kompetenzen für die Führung des Projekts.

•  Das Umfeld von Projekten kann sich ändern, z. B. durch den angekündigten Austritt von Großbritannien aus der EU, neue internationale Spannungen im Verhältnis zwischen der Türkei und der EU oder auch Naturkatastrophen.

Prozessbegleitende Zielkontrolle wird eingesetzt, um Abweichungen zwischen der Planung und Umsetzung systematisch zu erfassen und um ggf. Anpassungsmaßnahmen entwickeln und implementieren zu können. Dabei beginnt die Projektkontrolle bereits bei der Problemfindung und Zielformulierung, da diese die Grundlage für alle Kontrollmaßnahmen sind. Die Zielkontrolle begleitet alle Phasen des Projekts, um zeitnah und eventuell auch vorausschauend Probleme bzw. Abweichungen erkennbar zu machen. Sie hat dabei vor allem die Merkmale Qualität, Zeit und Kosten im Blick, auf die im folgenden Kapitel näher eingegangen wird.

2.4       Das Spannungsfeld zwischen Qualität, Zeit und Kosten

Die Merkmale Zeit, Kosten und Qualität werden auch als magisches Dreieck des Projektmanagements bezeichnet, z. B. von Bea et al. (2018, S. 41), Wastian et al. (2018, S. 15) oder Kerzner (2008, S. 651). Die Projektressourcen sollen im Rahmen von Zeit-, Kosten- und Qualitätsvorgaben gesteuert werden. Diese Aufgabe stellt sich aufgrund der Einmaligkeit und Neuartigkeit von Projekten in jedem Projekt neu. Qualität umfasst dabei die Gesamtheit der Leistung des Projekts.

Diese drei Merkmale wirken stark interdependent und sollten daher im Rahmen der Projektsteuerung im Zusammenhang betrachtet werden. So wirkt sich eine Zeitverkürzung üblicherweise so aus, dass die Kosten erhöht und die Leistung eher eingeschränkt wird. Das bedeutet aber nicht im Gegenzug, dass Zeitverlängerung die Kosten senkt und die Leistung erhöht. So einfach stellen sich die Zusammenhänge im Rahmen von Projekten nicht dar. Dies kann anhand von großen Bauprojekten wie dem Flughafen Berlin Brandenburg »Willy Brandt« (BER) aufgezeigt werden. Die Zeitplanung der Fertigstellung konnte nicht eingehalten werden, was zu deutlich höheren Kosten führte. Dies wirkt sich auf die Qualität aus, da versucht wurde, die steigenden Kosten durch geringeren Ressourceneinsatz wieder besser kontrollieren zu können. Aufgrund von nicht vollständig durchgeführten Planungsabsprachen kam es schließlich zu weiteren Zeitverzögerungen und folglich zu Kostensteigerungen. Wenn dieses Dreieck aus dem Gleichgewicht geraten ist, kann es nicht ohne weiteres durch einseitige Steuerungsmaßnahmen wieder in eine ausgewogene Form gebracht werden. Daher muss bei einer Veränderung einer der Merkmale die Auswirkungen auf die anderen Merkmale jeweils individuell durchdacht und berücksichtigt werden, um so das Dreieck immer wieder in eine ausgewogene Balance zu bringen.

Dar. 3: Das magische Dreieck der Projektsteuerung

Engel et al. (2008) haben für die Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement gemeinsam mit der PA Consulting Group eine Studie über Erfolg und Scheitern im Projektmanagement durchgeführt. Als Merkmale für den Erfolg von Projekten wurde vor allem Qualität und erst dann Zeit und Kosten genannt. Als Problembereiche bei gescheiterten Projekten wurden diese drei Merkmale nahezu gleich häufig genannt.

2.5       Instrumente des Projektmanagements

Zur Planung und Umsetzung von Projekten wurde eine Vielzahl von Instrumenten entwickelt, die vor allem so ausgewählt werden müssen, dass die Passung zwischen den Bedürfnissen aller Stakeholder und den Notwendigkeiten des individuellen Projekts möglichst hoch ist. Weder sollen Instrumente nur aufgrund ihrer vermeintlichen Modernität oder einfachen Verfügbarkeit eingesetzt werden noch soll auf Instrumente verzichtet werden, die für die Planung, Umsetzung und Kontrolle hilfreich und angemessen sind. Die Entscheidung für oder gegen ein Instrument kann nur im Einzelfall getroffen werden. In diesem Kapitel werden einzelne Instrumente umrissen, um so die Breite der Möglichkeiten aufzuzeigen, aber es ist weder sinnvoll noch möglich einen Gesamtüberblick zu geben. Zur Illustrierung der Möglichkeiten erfolgt die kurze Darstellung anhand der in Kapitel 2.3 vorgestellten Projektphasen.

In den Phasen der Problemfindung und Ideengenerierung können Instrumente der Problemanalyse, Innovationsanregung und Überblicksplanung angewendet werden. Beispiele sind der von Habermann (o. J.) entwickelte Over the fence-Project Canvas zur Problemanalyse, Grobplanung und interdisziplinäreren Kommunikationsunterstützung, die Techniken des Design thinking des Hasso-Plattner-Instituts (o. J.) zur Innovationsentwicklung, sowie das Raster zur Problemumfeldanalyse von Burghardt (2012, S. 47ff.) zur strategischen Problemanalyse. Bereits in dieser Phase sollte auch eine Analyse der Stakeholder vorgenommen werden (Kap. 10.3).

In der Phase der Entscheidung verwenden Bea et al. (2018, S. 90ff.) Machbarkeitsstudien oder Techniken des Benchmarkings. Hilfreich können laut Burghardt (2012, S. 79f.) vergleichende Projektdeckungsrechnungen sein, welche die investierten Kosten für eine Produktentwicklung den anteiligen Rückflüssen gegenüberstellt, um so die geplante Wirtschaftlichkeit des geplanten Projektes bei unterschiedlichen Alternativen vergleichen zu können. Entsprechend können Nutzwertanalysen oder Kosten-Wirksamkeitsanalysen zur Bewertung und Entscheidung erstellt werden (Kuster et al. 2011, S. 423ff.). Das Ergebnis dieser Entscheidung kann nach Kerzner (2008, S. 395) z. B. in einem Lastenheft festgehalten werden, in dem das mit dem Auftraggeber vereinbarte Endergebnis beschrieben wird.

In der Phase der Umsetzung ist es hilfreich und nötig, die Fortschritte mit den Planungen stetig abzugleichen, Probleme, Fehler und Verzögerungen möglichst früh zu erkennen und das Monitoring in Bezug auf die geplante Implementierung des Projektes mit Bezug auf die Auftraggeber durchzuführen. Hier können Instrumente wie die Project Scorecard, Review-Techniken oder Meilenstein-Trendanalysen eingesetzt werden (Kuster et al. 2011, S. 352ff.).

Die Implementierungsphase ist stark durch die Zusammenarbeit mit den Auftraggebern geprägt, seien es interne oder externe Kunden. Hier können laut Karavul (2012) Analysetools wie die Kraftfeldanalyse oder die Erstellung einer Kommunikationsmatrix hilfreich sein. Zum Abgleich der Erwartungen mit den erstellten Leistungen kann auch das Lastenheft nützlich sein. Zur Übergabe in die Routine sind häufig Projektdokumentationen, Gebrauchsanweisungen und Möglichkeiten der Übergabeberatung vorgesehen.

Die Übergabe von Projekten in die Routinephase und dem vorausgehenden Abschluss eines Projekts kann durch eine systematische Projektbeurteilung anhand eines strukturierten Fragebogens begleitet werden. Ein Beispiel anhand von Projektphasen findet sich bei Kuster er al. (2011, S. 364ff.). Einen anderen Ansatz über systematische Aufnahme der Lessons learned empfiehlt Kerzner (2008, S. 354f.).

Zu allen Phasen des Projektmanagements gibt es Studien und weitere Fachinformationen (z. B. bei der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement) und auch umfangreiche Sammlungen von verschiedenen Formularen und Instrumenten, die auf verschiedenen Internetseiten für das Projektmanagement gefunden werden können (z. B. Windolph/Blumenau o. J.a).

Zur prozessbegleitenden strategischen Kontrolle können die Ergebnisse der spezifisch für eine Phase eingesetzten Instrumente verwendet werden. Interessant sind aber aus dieser Perspektive vor allem Instrumente, die den gesamten Projektablauf begleiten und so auch als Klammer bzw. Leitschnur für den Phasenablauf dienen. Hilfreich können Instrumente der Termin- und Kostenkontrolle sein. Hier kann spezifische Software eingesetzt (z. B. MS-Project), ein differenziertes Projekt-Canvas definiert oder einzelne Instrumente je nach Projektziel und Projektteam angepasst werden. Beispiele hierfür sind die Definition von Meilensteinen, Terminpläne als Gantt-Diagramm oder Projektkostenübersichten. Da Kommunikation und Führung wichtige Erfolgsfaktoren darstellen, sollten auch für diese Funktionen solche Instrumente eingesetzt werden, die sowohl die Planung erleichtern als auch – durch die stetige Reflektion – Kommunikation und Führung im Phasenablauf planvoll begleiten können. Für die teaminterne Kommunikation kann sich z. B. Slack oder Trello anbieten, für die Kommunikation mit den verschiedenen Stakeholdern können sich regelmäßige Mailings oder systematische Berichtsupdates anbieten.

Insgesamt kann festgestellt werden, dass eine Vielzahl von Instrumenten zur Unterstützung des Projektmanagements entwickelt wurde. Die schwierige Aufgabe besteht darin, die passenden Instrumente für das jeweilige Projekt mit Blick auf das Team, die Auftraggeber, die Stakeholder und das Umfeld auszuwählen.

2.6       Ein gemeinsamer Plan für ein Projekt

In Kapitel 2.3 haben Sie einen Überblick über die Projektphasen erhalten. In Kapitel 2.5 haben Sie Instrumente kennengelernt, die zur Umsetzung der Aufgaben in den verschiedenen Phasen hilfreich sein können. Projektteams brauchen gerade am Anfang eine gemeinsame Idee für das Projekt, eine geteilte Vorstellung über Chancen und Risiken und gemeinsame Ziele. Eine interaktive, interdisziplinäre und teamorientierte Methode diesen gemeinsamen Plan für ein Projekt zu entwickeln ist der Project Canvas aus der Initiative Over the Fence.

Karen Schmidt und Frank Habermann haben Over the Fence gegründet um neue Denkansätze in Projekten Menschen frei verfügbar zu machen (overthefence.com.de). Ihr Motto für die Projektplanung ist »einfach und leistungsstark – entmystifiziert und undogmatisch« (Schmidt/Habermann 2021). Auf der Internetseite von Over the Fence werden viele Materialien kostenfrei zur Verfügung gestellt (auch in verschiedenen Sprachen). Alle Materialien, die in diesem Kapitel angesprochen werden, finden Sie dort zum Download (https://overthefence.com.de/tools/). Sie finden auch das Over The Fence-Buch zum Project Canvas auf den Internetseiten kostenfrei (https://overthefence.com.de/books/#otf-book). In diesem Buch sind alle Materialien und Tools ausführlich erläutert.

Anhand des Project Canvas kann ein gemeinsames Verständnis und Vorgehen für das Projekt entwickelt werden. In dieser Übung lernen Sie Open Source-Materialien von Over the Fence kennen, die es Ihnen ermöglichen, im Projektteam eine gemeinsame Idee für ein Projekt zu entwickeln. Dazu werden in der Diskussion die Projektideen entworfen, die grundlegenden Rahmenbedingungen einbezogen und der Kunde des Projekts, das Ergebnis und die erwartete bzw. mögliche Qualität des Ergebnisses geklärt. Das Projekt Canvas hat dafür 11 Bausteine:

(1) Kunde: Wer hat das Projekt initiiert, wer bezahlt, wer bekommt das Ergebnis?

(2) Zweck: Warum wird das Vorhaben durchgeführt?

(3) Ergebnis: Produkt oder Service oder Wissen, das geschaffen werden soll.

(4) Qualität: Welche Kriterien muss das Ergebnis erfüllen (welche Noten wollen Sie erreichen)?

(5) Zeit: Start- und Endtermine, auch Zwischentermine.

(6) Etappenziele: Wichtige Teilergebnisse, auch als Anlass zum Feiern.

(7) Umfeld: Kräfte, die das Projekt beeinflussen.

(8) Risiken und Chancen: Unsicherheiten, die das Projekt beeinflussen.

(9) Team: Menschen, die das Projekt umsetzen und die Ergebnisse erstellen.

(10) Ressourcen: Werkzeuge, Materialien, Räume, Netzwerke etc.

(11) Budget: Finanzielle Mittel, die investiert werden, auch: Zeit.

Der Projekt Canvas ist als »Projektreise« konzipiert. Der Beginn der Reise wird durch das Budget, das Team und die Ressourcen charakterisiert. Die Reise durch das Umfeld, die Etappenziele und die Chancen und Risiken. Das Ende der Reise ist durch die Qualität bestimmt und das Ergebnis, das dem Kunden übergeben wird. Jeder Baustein kann durch Fragen näher bestimmt werden. Diese Fragen finden sich auf dem Project Canvas (https://overthefence.com.de/project-canvas/). Die Fragen sich auf dem Canvas oder Fragekarten (https://overthefence.com.de/tools/fragenkarten/) vermerkt. Genauer erläutert werden der Canvas, die Reise und die Bausteine inklusive der Fragen im Buch (https://overthefence.com.de/books/).

2.7       Projekte in die Organisation einbinden

Eine zentrale Herausforderung ist die Integration von Projekten in die dauerhafte Organisationsstruktur und die Gestaltung der Schnittstellen zwischen Projekt und dauerhafter Organisationsstruktur. Auch wenn Projekte die Flexibilität von Organisationen steigern, so stellen sie gleichzeitig hohe Anforderungen an die Integrationsfähigkeiten aller Beteiligten und der Gesamtorganisation.

Projekte sind durch zeitliche Begrenztheit, einzigartige Lösungswege und hohe Ergebnisorientierung charakterisiert und zeichnen sich daher durch zeitlich begrenzten, interdisziplinären und ggf. organisationsübergreifenden Personaleinsatz aus. Die dauerhafte Organisationsstruktur ist zeitlich unbegrenzt, meist durch Planungszyklen, Ergebnisorientierung und abteilungsbezogenem Personaleinsatz geprägt. Die dauerhafte Organisationsstruktur ist daher durch ähnliche Kompetenzen und homogene Berufsbiografien geprägt (Huesmann 2013, S. 40f.). Projektstrukturen sind im Vergleich dazu mehr durch sich ergänzende und damit vielfältige Kompetenzen und heterogene Biografien. Die Verbindung von dauerhafter Struktur und Projektstruktur kann zu Spannung, Koordinationsschwierigkeiten und Disharmonien führen. Nicht selten arbeiten in Projekten Mitarbeitende mit zeitlich befristeten Verträgen. In der dauerhaften Organisation sind in der Regel die Mitarbeitenden zeitlich unbefristet angestellt bzw. die Arbeitsverträge werden einfacher als in Projekten in unbefristete Verträge umgewandelt. Da Projektarbeit immer zeitlich befristet ist, müssen für Mitarbeitende in Projekten neue Einsatzbereiche in anderen Projekten gefunden oder Stellen in der dauerhaften Organisationsstruktur. Dieses gegenüber von zeitlich befristeten und unbefristeten Verträgen kann zu Konflikten führen, da sich die Interessen und Machtpositionen in der Organisation deutlich unterscheiden.

Allerdings kann durch reflektierte organisationale Integration und bewusste Gestaltung der Schnittstellen zwischen Projekten und dauerhafter Organisationsstruktur das Verhältnis positiv beeinflusst werden. Grundlage für die Integration von Projekten in die dauerhafte Organisationsstruktur ist die Aufbauorganisation. Projektaufbauorganisationsmodelle zeigen das Verhältnis zwischen der Projektstruktur und der dauerhaften Organisationsstruktur. Die Vielfalt der Modelle zeigt auch die Breite der Gestaltungsmöglichkeiten. Auch hier müssen in Organisationen individuelle Lösungen gefunden werden, die zu einer möglichst guten Passung führen. Die klassischen Aufbaumodelle können dabei zur Orientierung dienen. Die Aufbauorganisation kann gut an Organigrammen, also an Illustrationen von Organisationsstrukturen erläutert werden.

Wichtige Begriffe für die Aufbauorganisation sind Linie und SDar. Als Linie wird das Leitungssystem bezeichnet, das abbildet, wer von wem in einer Organisation Anweisungen erhält kann bzw. sich Bericht erstatten lassen kann. Dargestellt werden diese Anweisungsbefugnisse in einem Organigramm durch eine einfache durchgezogene Linie.

Beim Einliniensystem ist es explizit eine Linie von der übergeordneten Stelle, die zu der Stelle führt, die der Anweisung erhaltende Mitarbeitende innehat. Wenn es nur eine Linie ist, dann kann auch nur eine vorgesetzte Person Anweisungen erteilen bzw. sich Bericht erstatten lassen. Dieses Einliniensystem bezieht sich auf die gesamte Linie der Anweisungsbefugnis von der obersten Geschäftsführung bis auf die unterste Ebene, der einzelnen Stelle der Aufbauorganisation. Stellen mit Anweisungsbefugnis werden als Rechteck dargestellt. Stabstellen können das Einliniensystem ergänzen. Stabstellen werden in Organigrammen in der Regel als Kreis oder Oval dargestellt. Stabstellen haben in der Regel beratende Funktion, sie haben keine Anweisungsbefugnis an andere Stellen, daher werden die Linien von Stabstellen zu Stellen von anderen Mitarbeitenden in der Regel gestrichelt dargestellt. Stabstellen erhalten von der Leitungsstelle (auch Instanzen genannt) Anweisungen, an die sie organisatorisch angebunden sind. Bei Mehrliniensystemen können bei einer Stelle eines Mitarbeitenden die Linien von zwei Instanzen zusammentreffen, so dass sie von zwei Vorgesetzten Anweisungen erhalten.

Die klassischen Verbindungen von Projekten und dauerhafter Organisationsstruktur sind die Stab-Projektorganisation, die Linien-Projektorganisation und die Matrix-Projektorganisation. In diesem Buch wird auch die in der Praxis häufiger auftretende Mischform der Teillinien-Projektorganisation beschrieben. In diesem Kapitel werden diese Formen kurz vorgestellt und die jeweils folgenden Konsequenzen diskutiert. Anschließend wird die organisationsübergreifende Projektorganisation, die häufig internationalen oder standortübergreifenden Projekten notwendig ist, kurz reflektiert.

Die Stab-Projektorganisation ist das Organisationsmodell mit der geringsten Selbständigkeit eines Projektes. Diese Form der Organisation wird auch Einfluss-Organisation genannt. Der Projektstab wird in die unveränderte dauerhafte Organisationsstruktur eingebettet. Die Projektleitung hat keine Weisungsbefugnis gegenüber der Linie. Mit den Mitarbeitenden werden Vereinbarungen in Absprache mit deren direkten Vorgesetzten (in der Linie) getroffen.

In Abbildung 3 ist die Stabstelle an die Leitung angebunden, nur die Leitung kann ihr damit Anweisungen erteilen. Dabei hat eine Stabstelle keine eigene Entscheidungs- oder Anweisungsbefugnis, sie übernimmt Beratungs- und Unterstützungsfunktionen und kann Entscheidungen vorbereiten. Zumeist hat sie aber ein direktes Informationsrecht, sodass sie benötigte Informationen direkt einholen kann (Schewe o. J.).

Die Mitglieder des Projektteams werden häufig von den Abteilungsleitungen eigenständig bestimmt und in der Regel nur zeitweise für Projektaufgaben freigestellt. Die Projektleitung ist von der Zusammenarbeit mit der Linie abhängig.

Dar. 4: Stab-Projektorganisation

Vorteile dieser Stab-Projektorganisation sind das hohe Maß der Flexibilität des Personaleinsatzes, da alle Teammitglieder in der dauerhaften Organisationsstruktur verbleiben. Dies führt u. a. dazu, dass keine organisatorische Umstellung erfolgen muss. Da die Projektleitung vor allem koordinierend tätig ist, verbleibt ein großer Teil der Verantwortung für den Erfolg des Projekts bei der dauerhaften Organisationsstruktur.

Nachteil dieser Organisationsform ist, dass kein durchgehendes Projektteam tätig ist und so die Identifikation mit den Projektzielen erschwert wird. Niemand ist für den Erfolg des Projektes vollständig verantwortlich, so dass Reaktionen auf Fehlentwicklungen oder Probleme schwierig sein können. Die Projektleitung kann auf die Probleme in der Zusammenarbeit mit den verschiedenen Vorgesetzten verweisen, die Vorgesetzten auf die Projektleitung. Eine projektspezifische Sichtweise ist schwer zu entwickeln, da alle Mitarbeitenden in der dauerhaften Organisationsstruktur weiterhin fest verankert sind.