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Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 10. April 2018 die Bewertung im Rahmen der Erhebung der Grundsteuer durch Einheitswerte für verfassungswidrig erklärt. Die Einheitsbewertung ist mit Artikel 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Dem Gesetzgeber wurde eine Frist zur Neuregelung bis zum 31. Dezember 2019 gesetzt. Bis zu diesem Zeitpunkt gelten die bestehenden Regeln weiterhin. Nach getroffener Neuregelung dürfen die beanstandeten Regelungen noch für weitere fünf Jahre ab der Verkündung - längstens aber bis zum 31. Dezember 2024 - unverändert angewendet werden. Infolgedessen einigten sich der Bund und die Bundesländer zum 26. November 2019 auf das Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (GrStRefG). Für Mieter stellt sich die Frage: Wie teuer wird die Grundsteuer ab 2025?
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Seitenzahl: 239
VORWORT
KAPITEL I. EINLEITUNG
1.1. Gegenstand der Untersuchung
1.1.1. Allgemeines
1.1.2. Historische Entwicklung
1.1.3. Veraltete Bewertung
1.1.4. Reformierte Bewertung
1.2. Zielsetzung und Forschungshypothesen
1.3. Zur gesellschaftlichen, steuerlichen und praktischen Relevanz der Untersuchung
1.3.1. Gesellschaftliche Relevanz
1.3.2. Steuerliche Relevanz
1.3.3. Praktische Relevanz
1.4. Aufbau der Analyse
Zusammenfassung von Kapitel I
KAPITEL II. FORSCHUNGSHINTERGRUND UND FORSCHUNGSSTAND
2.1. Forschungsstand
2.2. Ermittlungsverfahren
2.2.1. Erste Stufe: Einheitswertfeststellung
2.2.2. Zweite Stufe: Grundsteuermessbetragsfestsetzung
2.2.3. Dritte Stufe: Grundsteuerfestsetzung
2.3. Verfassungswidrigkeit
2.4. Gesetzgebungsverfahren
2.4.1. Grundsteuer-Reformgesetz – GrStRefG
2.4.2. Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung
2.4.3. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes
2.4.4. Zusammenfassung der Gesetzesreform.
2.5. Reformierte Ermittlungsmodelle
2.5.1. Bundesmodell
2.5.2. Modifiziertes Bundesmodell
2.5.3. Modifiziertes Bodenwertmodell
2.5.4. Flächenmodell
2.5.5. Wohnlagenmodell
2.5.6. Flächen-Lage Modell
2.5.7. Flächen-Faktor Modell
2.5.8. Zusammenfassung der Modelle
Zusammenfassung von Kapitel II
KAPITEL III. UNTERSUCHUNG
3.1. Kategorisierung
3.1.1. Objektart - Mietwohngrundstück
3.1.2. Festlegung von Inputfaktoren
3.1.3. Varianten
3.1.3.1. Standardvariante
3.1.3.2. Variation des Baujahres
3.1.3.3. Variation der Flächen
3.1.3.4. Variation der Bodenpreise bzw. der Lage
3.1.4. Methodik der Modellberechnungen: Ertragswertverfahren
3.1.5. Zusammenfassung
3.2. Analysen der Modellberechnungen
3.2.1. Objektart: Mietwohngrundstück
3.2.1.1. Analyse in Abhängigkeit vom Bundesmodell
3.2.1.2. Analyse in Abhängigkeit vom Standardmodell
Zusammenfassung von Kapitel III
FAZIT
LITERATURVERZEICHNIS
Anhänge
Liste der Tabellen
Liste der Abbildungen
Liste der Abkürzungen
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 10. April 2018 die Bewertung im Rahmen der Erhebung der Grundsteuer durch Einheitswerte für verfassungswidrig erklärt. Die Einheitsbewertung ist mit Artikel 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Dem Gesetzgeber wurde eine Frist zur Neuregelung bis zum 31. Dezember 2019 gesetzt. Bis zu diesem Zeitpunkt gelten die bestehenden Regeln weiterhin. Nach getroffener Neuregelung dürfen die beanstandeten Regelungen noch für weitere fünf Jahre ab der Verkündung - längstens aber bis zum 31. Dezember 2024 – unverändert angewendet werden.1
Infolgedessen einigten sich der Bund und die Bundesländer zum 26. November 2019 auf das Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts GrStRefG2. Die festgestellten Einheitswerte auf den 1. Januar 1935 (neue Bundesländer) und 1. Januar 1964 (alte Bundesländer) werden im Zuge der Grundsteuerreform zum 31. Dezember 2024 ihre Gültigkeit verlieren und dürfen ab dem 1. Januar 2025 nicht mehr als Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer herangezogen werden.3 Das Gesetz regelt das sogenannte Bundesmodell. Bei der Umsetzung des Bundesmodells bleibt das bisherige Verfahren zur Berechnung der Grundsteuer grundsätzlich erhalten. Gleichzeitig besteht durch die sogenannte Länderöffnungsklausel für die Bundesländer die Möglichkeit, zum Bundesmodell ergänzende Regelungen zu treffen (Art. 72 Abs. 3 Nr. 7 GG).4
Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft werden alle Länder das Bundesmodell nahezu unverändert anwenden.5 Abweichungen durch landeseigene Modelle, die zu individuellen Berechnungsmodellen führen, gibt es insbesondere für den Bereich des Grundvermögens.6 Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen folgen dem Bundesmodell und setzen damit das Bundesgesetz unmittelbar um.7 Das Saarland und Sachsen nutzen ebenfalls die Bundesregelung, weichen lediglich bei der Höhe der Steuermesszahlen ab.8, 9, 10
Die Grundsteuer ist die älteste bekannte Steuer in Deutschland und knüpft als Objektsteuer an dem inländischen Grundbesitz (sogenannter Steuergegenstand) an.11 Jedes Jahr führt sie zu Einnahmen bei Städten und Gemeinden von rund EUR 14 Mrd.12 Dieses Geld wird von den Grundstücks-, Wohnungs- bzw. Hauseigentümern gezahlt. Bei Mietwohnungen sind faktisch die Mieter mit der Aufbringung der Grundsteuer belastet, da sie grundsätzlich von den Vermietern über die Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden kann (§ 2 BetrKV). 13
Die Grundsteuer wird in drei Kategorien von A bis C unterschieden.14 Unter die Grundsteuer A fallen alle Betriebe der Land- und Forstwirtschaft.15 Zur Grundsteuer B zählen sowohl bebaute als auch unbebaute Grundstücke, die nicht der Land- und Forstwirtschaft dienen. Sie werden als Grundvermögen bezeichnet.16 Die Grundsteuer C ist mit dem Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung baureifer Grundstücke für die Bebauung wieder neu eingeführt worden.17 Grundstückseigentümer sollen mit der Grundsteuer C dazu motiviert werden, sich schneller für eine Bebauung zu entscheiden.18 Dazu können Städte und Gemeinden unbebaute baureife Grundstücke durch einen gesonderten kommunalen Hebesatz höher belasten. Die Grundsteuer C wurde bereits 1961 und 1962 erhoben, jedoch wegen ihrer geringen Steuerungswirkung – unter der Anwendung von spezifischen Einzelfallregelungen - wieder abgeschafft.19, 20
Zur Feststellung des Grundsteuerwertes sind nach § 266 BewG künftig neben der Grundstücks- und Wohnfläche der Bodenrichtwert sowie die Gebäudeart und das Baujahr des Gebäudes mit den Verhältnissen zum 1. Januar 2022 von Bedeutung.21 Die Festsetzung und die Erhebung der Grundsteuer erfolgen durch die Städte und Gemeinden auf Basis der von den Finanzämtern festgestellten Grundsteuerwerten. Mit der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist, die Reform bis Ende 2024 umzusetzen, stehen den verschiedenen Akteuren umfangreiche und teilweise neue Aufgaben bevor, die eine stringente Planung erfordern.22 Die Neubewertung führt zweifelsfrei für alle Akteure zu einem erhöhten Aufwand.
Für die Umsetzung der Grundsteuerreform sind die Finanzämter auf die Mithilfe der Grundstückseigentümer angewiesen. Diese müssen die Erklärungen zur Feststellung des Grundsteuerwerts vollständig und rechtzeitig beim Finanzamt einreichen.23 Die Auswirkungen auf die Höhe der Grundsteuern für die Grundstückseigentümer sowie indirekt auch für die Mieter bedarf einer detaillierten Analyse. Insbesondere die spezifischen Regelungen der einzelnen Bundesländer und standortindividuellen Besonderheiten erhöhen die Komplexität der Untersuchung und damit die differenzierte Notwendigkeit der Betrachtung der steuerlichen Auswirkungen der sogenannten Grundsteuer B und C für Eigentümer von Einfamilienhäusern, Geschäftsgrundstücken, unbebauten aber baureifen Grundstücken und für Mieter auf der Grundlage von Mietwohngrundstücken durch das GrStRefG vom 26. November 2019.
Eine Übersicht der wesentlichen zeitlichen Entwicklungsschritte für die Erhebung der neuen Grundsteuer stellt die nachfolgende Abbildung dar. Auf die einzelnen Ereignisse wird im weiteren Verlauf eingegangen.
Abbildung 1: Wesentliche Entwicklungsschritte zur Erhebung der neuen Grundsteuer (eigene Darstellung).
1 Bundesverfassungsgericht, 2018, Rn. 164 ff.
2 Bundesamt für Justiz, 2021, S. 1794.
3 Bundesverfassungsgericht, 2018, Rn. 154, 169.
4 Bundesministerium der Finanzen, 2021b, S 34.
5 Ebenda, S. 34.
6 Ebenda, S. 34.
7 Bundesministerium der Finanzen, 2021b, S. 34.
8 Sächsisches Grundsteuermesszahlengesetz – SächsGrS, 2021.
9 Saarländisches Grundsteuergesetz, GrStG-Saar, 2021.
10 Bundesministerium der Finanzen, 2021b, S. 34.
11 Scheffler, 2020, S. 384.
12 Statistisches Bundesamt, 2022b.
13 Bundesministerium der Finanzen, 2022b.
14 Bundesministerium der Finanzen, 2021b, S. 34.
15 Bundesministerium der Finanzen, 2021b, S. 34.
16 Ebenda, S. 34.
17 Ebenda, S. 34.
18 Bundesministerium der Finanzen, 2019, S. 79 ff.
19 Ebenda, S. 81.
20 ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V., 2019, S. 14.
21 Bundesministerium der Finanzen, 2021b, S. 34 ff.
22 AdvoGarant, 2022.
23 Bundesministerium der Finanzen, 2021b, S. 34 ff.
Die Rechtsgrundlage für die Grundsteuer bilden:
Grundsteuergesetz (GrStG)
Grundsteuerrichtlinien (GrStR)
Grundsteuerdurchführungsverordnung (GrStDV)
Bewertungsgesetz (BewG)
Bewertungsrichtlinien Grundvermögen (BewRGr)
Die Einzelheiten der Grundsteuerpflicht, die Bemessungsgrundlage, die Festsetzung und die Entrichtung sowie den Erlass der Grundsteuer sind im Grundsteuergesetz geregelt. Die Grundsteuerrichtlinien behandeln darüber hinausgehende Auslegungs- und Zweifelsfragen zur Grundsteuer. Die Paragrafen 29 bis 33 der Grundsteuer-Durchführungsverordnung vom 1. Juli 1937 sind zusätzlich in den neuen Bundesländern zu beachten. Das Bewertungsgesetz regelt die Einzelheiten für eine Grundstücksbewertung und die sog. Bewertungsrichtlinien Grundvermögen dienen der einheitlichen Anwendung des Bewertungsgesetzes.73
Die Grundsteuer wird aufgrund des § 9 Abs. 1 und 2 des GrStG nach den Verhältnissen zu Beginn des jeweiligen Kalenderjahres am 1. Januar festgesetzt. Grundlage der jeweiligen Steuerforderung ist der Grundsteuermessbescheid des zuständigen Finanzamtes. Der Grundsteuermessbescheid hat Bindungswirkung für den Grundsteuerbescheid der jeweiligen Stadt oder Gemeinde. Das bedeutet, dass der Grundsteuerbescheid nur geändert werden kann, wenn der Grundsteuermessbescheid aufgehoben oder geändert worden ist (§ 175 Abs. 1 Nr. 1 AO).
Durch die im Jahr 2022 abzugebenden Feststellungserklärungen wurden Eigentümer von rund 36 Mio. wirtschaftlichen Einheiten mit dem Thema der deutschen Grundsteuerreform konfrontiert. Aufgrund dessen entstand im Jahr 2022 eine sehr dynamische Situation rund um die deutsche Grundsteuer. Es wurden eine Vielzahl von Publikationen veröffentlicht. Für Zwecke der Untersuchung wurden Veröffentlichungen bis zum 31. Juli 2022 berücksichtigt.
Auf der Grundlage des Grundstückswertes erfolgt die Ermittlung der Grundsteuer im Rahmen eines dreistufigen Verfahrens:
Einheitswertfeststellung
Grundsteuermessbetragsfestsetzung
Grundsteuerfestsetzung
Zunächst erlässt das zuständige Finanzamt mittels Einheitswertbescheids die Höhe des Einheitswertes. Die Einheitswerte werden grundsätzlich nach den Bestimmungen des Bewertungsgesetzes für inländischen Grundbesitz festgestellt (§ 19 Abs. 1 BewG). Das ursprüngliche Ziel dieser allgemeinen Wertermittlung war es, mehreren Steuerarten, wie etwa der Vermögensteuer, Erbschaftsteuer und der Grundsteuer, einheitliche Werte für den Grundbesitz – die sogenannten Einheitswerte - zugrunde zu legen. Nachdem einige dieser Steuern - wie die Vermögenssteuer - nicht mehr erhoben werden und für andere Steuern Sonderregelungen in das Bewertungsgesetz eingefügt wurden, ist die Einheitsbewertung als solche erhalten geblieben, aber lediglich für die Grundsteuer von Bedeutung.74 Ausgehend vom festgelegten Einheitswert erfolgt die Berechnung des Grundsteuermessbetrags.
Zur Erstellung des Grundsteuermessbescheides folgt die Multiplikation von Einheitswert und Grundsteuermesszahl. Abschließend wird der individuell festgelegte Hebesatz der Stadt bzw. Gemeinde mit dem Messbetrag multipliziert, um die Grundsteuerschuld zu ermitteln.75
Die nachfolgende Tabelle stellt das Ermittlungsschema der Grundsteuer dar:
Abbildung 4: Berechnungsschema der Grundsteuer.76