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Das Verhältnis von Daten und Realität fordert uns heute besonders heraus, und nur allzu schnell fallen wir auf Fake News und Panikmache rein. Jeden Tag überbietet eine Schlagzeile die andere – oft auf Basis falscher Dateninterpretation. Der Psychologe Gerd Gigerenzer, die Datenanalyse-Expertin Katharina Schüller, der Ökonom Thomas Bauer und der Statistiker Walter Krämer diagnostizieren uns seit Jahren in ihrer »Unstatistik des Monats« eine Art Analphabetismus im Umgang mit Zahlen, mit Wahrscheinlichkeiten und Risiken. Anhand neuer spektakulärer Beispiele erklären die vier, wie wir Unsinn erkennen, Prognosen richtig einordnen, zwischen Kausalität und Korrelation unterscheiden und unsere immer komplexere Welt sinnvoll beschreiben können. Das ist unterhaltsam - und wichtiger denn je! »Dieser Greatest Hits-Band (ist) ein guter Leitfaden, um die Statistiken, mit denen uns die Medien täglich bombardieren, kritischer zu lesen.« Christoph Drösser, Zeit Wissen »Man sollte bei (Statistiken) lieber zweimal hinschauen. Dieses Buch schärft den Blick.« Bettina Gartner, Bild der Wissenschaft »Jede/r sollte ein wenig statistisches Denken beherrschen. Und da gibt es kaum einen einfacheren und amüsanteren Einstieg in die Materie als dieses Buch.« Deutschlandradio Kultur (Pressestimmen zu »Warum dick nicht doof macht und Genmais nicht tötet«)
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Seitenzahl: 226
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Thomas K. Bauer
Gerd Gigerenzer
Walter Krämer
Katharina Schüller
GRÜNE FAHREN SUV UND JOGGEN MACHT UNSTERBLICH
Über Risiken und Nebenwirkungen der Unstatistik
Campus Verlag
Frankfurt / New York
Über das Buch
Das Verhältnis von Daten und Realität fordert uns heute besonders heraus, und nur allzu schnell fallen wir auf Fake News und Panikmache rein. Jeden Tag überbietet eine Schlagzeile die andere – oft auf Basis falscher Dateninterpretation. Der Psychologe Gerd Gigerenzer, die Datenanalyse-Expertin Katharina Schüller, der Ökonom Thomas Bauer und der Statistiker Walter Krämer diagnostizieren uns seit Jahren in ihrer »Unstatistik des Monats« eine Art Analphabetismus im Umgang mit Zahlen, mit Wahrscheinlichkeiten und Risiken. Anhand neuer spektakulärer Beispiele erklären die vier, wie wir Unsinn erkennen, Prognosen richtig einordnen, zwischen Kausalität und Korrelation unterscheiden und unsere immer komplexere Welt sinnvoll beschreiben können. Das ist unterhaltsam - und wichtiger denn je! »Dieser Greatest Hits-Band (ist) ein guter Leitfaden, um die Statistiken, mit denen uns die Medien täglich bombardieren, kritischer zu lesen.« Christoph Drösser, Zeit Wissen»Man sollte bei (Statistiken) lieber zweimal hinschauen. Dieses Buch schärft den Blick.«Bettina Gartner, Bild der Wissenschaft»Jede/r sollte ein wenig statistisches Denken beherrschen. Und da gibt es kaum einen einfacheren und amüsanteren Einstieg in die Materie als dieses Buch.« Deutschlandradio Kultur(Pressestimmen zu »Warum dick nicht doof macht und Genmais nicht tötet«)
Vita
Thomas Bauer, Ökonom, ist Professor für Empirische Wirtschaftsforschung in Bochum und Vizepräsident des RWI in Essen.
Gerd Gigerenzer, Psychologe, ist Direktor des Harding-Zentrums für Risikokompetenz, Universität Potsdam, Direktor emeritus am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin und Bestsellerautor.
Walter Krämer, Statistiker, ist emeritierter Professor für Wirtschafts- und Sozialstatistik an der TU Dortmund und Autor verschiedener Bestseller.
Katharina Schüller, Geschäftsführerin und Gründerin von STAT-UP, ist Expertin für Advanced Analytics, Big Data und Künstliche Intelligenz.
Cover
Titel
Über das Buch
Vita
Inhalt
Impressum
Vorwort
Teil I
Denken in Daten
1.
Warum statistisches Denken wichtig ist
Nichts für Warmduscher
Grundprinzip Nr. 1: Sicherheit ist eine Illusion
Grundprinzip Nr. 2: Prozent wovon?
Die falsche Referenzklasse
Grundprinzip Nr. 3: Relative Risiken sind nicht absolute Risiken
Grundprinzip Nr. 4: Jeder Test macht zweierlei Fehler
Grundprinzip Nr. 5: Die Grundrate im Auge behalten
2.
Wie Korrelation und Kausalität zusammenhängen
Gemeinsame Trends als Korrelationsfabrik
Wer beeinflusst wen?
Ein Positivbeispiel
Natürliche Experimente
3.
Trends und Umfragen
Hoch und runter
Das bedrohte Haselhuhn
Trügerische Trends
Vorsicht, Definition!
Vorsicht, Umfrage!
Grüne fahren SUV
Wie wird gefragt?
Macht Corona dick?
4.
Was Daten sagen und verschweigen
Mehr Daten erzeugen nicht unbedingt auch mehr Wissen
Messen wir richtig?
Messen wir das Richtige?
5.
Wie man Daten (nicht) darstellt
Säulen ohne Beine
Vorsicht, Piktogramm!
Teufelswerkzeug Doppelachse
Was wollen wir zeigen?
Teil II
Was uns Medien versprechen
6.
Wie man ewig lebt
Eine Stunde joggen, sieben Stunden länger leben
Lebenselixier Kaffee
Wie groß ist der Effekt?
Die Tragödie der Struldbrugs
Das Glück macht einen Sprung!
7.
Wie man früher stirbt
Die »Attributable Fraction«
Auf die verlorenen Lebensjahre kommt es an
Konkurrierende Risiken
Verwirrende Zahlen zur Corona-Sterblichkeit
8.
Was künstliche Intelligenz alles (nicht) kann
Falsch positiv, falsch negativ und positiver Vorhersagewert
Zahlenblinde Politiker
Sag mir, wonach du suchst, und ich sag dir, was du hast
Microsofts Suchmaschine erkennt Bauchspeicheldrüsenkrebs
Facebook-Likes identifizieren Homosexualität
9.
Warum Prognosen immer falsch sind
Der Prophet hat immer recht
Populäre Konstruktionsmuster
Affen sind die besten Investoren
Echte Prognosen
Teil III
Wie wir uns selbst betrügen
10.
Warum Grenzwerte niemals objektiv sind
Grenzwerte sind immer subjektiv
Grenzwerte als Geldmaschine
11.
Warum Früherkennung falsche Hoffnungen weckt
Irrweg Früherkennung
Weltsensation Bluttest
Rettet das Lungenkrebs-Screening Leben?
12.
Wovor wir unnötig Angst haben
Angstmache aktuell
Und was ist mit der Krebsgefahr?
Die Rolle der Grenzwerte
13.
Wie und wo wir besser leben
Eine zweite Meinung
Lust und Liebe
Ortswechsel hilft?
Traumorte in Deutschland
Ausblick: Wie wir die Zahlenblindheit überwinden
Zahlenblinde Mediziner
Wie wir die Zahlenblindheit überwinden
Anmerkungen
Corona brachte es an den Tag: Unser Verhältnis zu Zahlen ist immer noch, wie ein Eheberater sagen würde, »posttraumatisch gestört«. Das Trauma begann für viele wohl im Mathematikunterricht in der Schule. Sieben-Tage-Inzidenzen, Reproduktionszahlen, Verdopplungszeiten und Übersterblichkeiten – vielen schwirrt davon der Kopf. Anders als bei früheren Krisen sind es hier die Zahlen und nicht die Bilder, die uns Angst oder auch Hoffnung machen. Aber verstehen wir überhaupt, was die vielen Zahlen bedeuten, die uns täglich in den Medien überfluten? Die Frage ist fast schon rhetorisch. Das korrekte Interpretieren von Zahlen und Statistiken ist im Land der Dichter und Denker noch immer kein Teil der Allgemeinbildung. Viele scheinen sogar stolz darauf zu sein, damit nur schlecht zurechtzukommen. Dichten liegt uns eher als statistisches Denken.
Schlagzeilen wie »Grünen-Wähler fahren gern SUV« oder »Jede Stunde Joggen schenkt dir 7 Stunden Lebenszeit!« lassen sich konsumieren wie Kartoffelchips. Sie enthalten kaum Substanz, sind angereichert mit Geschmacksverstärkern – und sie machen uns auf Dauer krank. Zahlenblindheit ist so etwas wie eine geistige Pandemie. Übertragen wird sie durch die Medien und das Aufrechterhalten von Bildungssystemen, die Lesen und Schreiben lehren, aber kaum statistisches Denken.
Erinnern Sie sich noch, als die Bild-Zeitung eine »Weltsensation« versprach, einen Bluttest der Universität Heidelberg, der Brustkrebs früh mit einer 75-prozentigen Trefferrate erkennt? Deutschland war beeindruckt – bis wir ein paar Tage später in einer Unstatistik klarstellten, dass diese Zahl ohne Falsch-Alarm-Rate nichts besagt. Am Ende stellte sich heraus, dass dieser Test bei fast der Hälfte aller gesunden Frauen zu Unrecht einen Verdacht auf Brustkrebs festgestellt hätte. Inzwischen befasst sich die Staatsanwaltschaft mit dem Fall. Ein weiteres Beispiel ist die Meldung des Handelsblatts, dass die Wirksamkeit der Impfung mit AstraZeneca bei älteren Menschen bei nur 8 Prozent liege – dies hätte die Redaktion aus Kreisen der Bundesregierung erfahren. Kurz darauf wurde diese Impfung regierungsamtlich nur für diese Altersgruppe angeregt. Wie sollen sich Otto und Uta Normalverbraucher da noch zurechtfinden? (Wie sich herausstellte, waren die 8 Prozent nicht die Wirksamkeit, sondern der Anteil der Älteren in der Wirksamkeitsstudie.)
Viele der von uns aufgegriffenen Fehler und Pannen geschehen vermutlich ohne Absicht. Umso schlimmer, könnte man sagen. Aber wie die Ärzte wissen: Die Diagnose ist der erste Schritt zur Therapie. Und um diese Diagnose geht es uns hier (und ein paar Therapievorschläge machen wir auch). Mit unserem Buch Warum dick nicht doof macht und Genmais nicht tötet hatten wir 2014 einen ersten Befund erstellt, der viele Defizite ans Licht bringt. Und die traurige Wahrheit ist, dass es diese Defizite zu guten Teilen immer noch gibt. Noch immer feiert man den »Equal Pay Day« am falschen Tag, und noch immer hält man Männer und Frauen unkritisch zu Krebsfrüherkennungsuntersuchungen an, obgleich die medizinische Forschung vor einigen dieser Untersuchungen mit Nachdruck warnt. Noch immer werden Zufallsfunde als »statistisch signifikante« Ergebnisse verkauft, Messpunkte so gewählt, dass ein vorher gewünschtes Ergebnis herauskommt, medizinische Tests falsch eingeschätzt oder lokale Trends sinnlos in die Zukunft fortgeführt, um nur die häufigsten unabsichtlichen Schlampereien oder absichtlichen Manöver aufzuzählen. Das alles geschieht nicht im privaten Kämmerlein, sondern wird in wissenschaftlichen Journalen und in unseren Zeitungen, im Rundfunk, im Fernsehen und im Internet verbreitet.
Aber es gibt Hoffnung, denn die Bereitschaft der Medien wächst, sich auf statistische Argumente einzulassen. So lässt etwa Capital die »Experten der Unstatistik« erklären, warum die positiven Effekte einer veganen Ernährung bei der Abwehr von Diabetes II erheblich geringer sind, als eine Studie vermuten lässt. Und die Wirtschaftszeitschrift fordert, dass Statistiker bei Corona-Tests ein Wörtchen mitreden sollten. »Statistik muss genutzt werden, um Schlimmeres für Menschen und Wirtschaft zu verhindern«, sekundierte die Zeit und lud uns ein, eine Unstatistik zu Corona als Gastbeitrag zu veröffentlichen. In der Folge bat Focus Online die Unstatistikerin Katharina Schüller in Dutzenden Artikeln um ihre Einschätzungen und kürte sie zur »Corona-Erklärerin«. Auch Bild und Bild am Sonntag fragen gelegentlich bei uns an, und der Stern bat uns um eine Einschätzung, was es mit der Corona-Blutgruppen-Studie auf sich habe. Blutgruppe A bedeute ein hohes Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken? Auch die internationalen Medien sind neugierig geworden, wie Beiträge in Bloomberg.com, HealthNewsReview, der lateinamerikanischen Ausgabe der Chicago Tribune, der türkischen Hürriyet und der Economic Times Now in Indien zeigen.
Parallel zu diesem Medienerwachen hat auch die Skepsis wissenschaftlicher Fachjournale gegen den Unfug mit Signifikanztests zugenommen, ebenso wie die Schar der Mitstreiter, die unsere im Jahr 2011 begründete »Unstatistik des Monats« (unstatistik.de) durch Hinweise und Recherchen unterstützen. So unterhält etwa die Deutsche Statistische Gesellschaft seit Kurzem eine Arbeitsgruppe »Statistical Literacy«, geleitet von unserer Autorin Katharina Schüller, die mit Vorträgen, Publikationen und akademischen Lehrveranstaltungen statistisches Denken populärer macht. Hierher gehört auch der Studiengang Wissenschaftsjournalismus der TU Dortmund, bei dem seit einigen Jahren eine Statistikvorlesung zum Pflichtprogramm gehört. Einer der Autoren dieses Buches hat diese über Jahre hinweg angeboten. Nicht hoch genug einzuschätzen sind auch die Initiative »Mediendoktor« des Journalistikprofessors Holger Wormer, das Programm »Wissenschaft und Datenjournalismus« der Volkswagen-Stiftung, der Einsatz der Organisation Cochrane Deutschland für mehr Sachlichkeit bei Gesundheitsdaten und die Aufklärungsarbeit des Harding-Zentrums für Risikokompetenz (hardingcenter.de). Dieses wurde von einem Londoner Investmentbanker gestiftet, sozusagen als Entwicklungshilfe, denn Radioprogramme wie More or Less von BBC 4, die erklären, was hinter den Zahlen steht, gibt es in Deutschland bisher nicht.
Auf diese republikweite Allianz für bessere und besser verständliche Statistik kommen wir am Ende des Buches nochmals zurück. Zunächst rekapitulieren wir kurz das kleine Einmaleins der Datenetikette und benennen die grundsätzlichen Denkfehler, die sich in den Beispielen, die dann folgen, in abwechselnder Verkleidung wiederholen. Denn trotz der zunehmenden Medienbereitschaft, Daten intelligenter und skeptischer zu interpretieren, gehen uns die Beispiele nicht aus. Viele davon wurden uns von treuen Lesern unserer Unstatistiken zugetragen. Besonders zu Dank verpflichtet sind wir Heiner Barz, Silvio Borner, Friedrich Breyer, Gunter Frank, Georg Keckl, Uwe Knop, Dieter Köhler, Alexander Morell und Peter Morfeld sowie den Gastautoren der Unstatistik Tabea Bucher-Koenen, Axel Börsch-Supan, Björn Christensen, Jörg Peters, Felix Rebitschek, und Christoph M. Schmidt. Letzterer hat uns zusammen mit Wim Kösters auch wertvolle Kommentare zu einer ersten Version dieses Buches gegeben. Eine weitere Dankschuld tragen wir gerne ab an Sabine Weiler, Kai-Robin Lange und Ina-Marie Berendes, die uns seit langen Jahren bei Recherchen helfen. Es versteht sich von selbst, dass verbleibende Fehler und Unklarheiten allein uns vier Autoren anzulasten sind.
Essen, Berlin, Dortmund und München, im Frühjahr 2022
Teil I
Denken in Daten