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Hartwig Jürs

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Beschreibung

Erdöl in Norddeutschland!!! Auf dem Gebiet einer norddeutschen Kleinstadt wird Ende der 1950er Jahren nach Erdöl gebohrt. Statt auf schwarzes Gold stößt man auf eine Heilquelle, und aus Bellenhusen wird Bad Bellenhusen. 60 Jahre später wird wieder gebohrt - eine Ersatzbohrung für die Quelle wird niedergebracht. Doch dann geht alles drunter und drüber: Ein gewaltiges Erdölvorkommen wird gefunden. Aber das kleine Bad Bellenhusen hat nichts davon: Die Millionen aus der Förderabgabe, mit denen die Stadt endlich das neue Kurhaus und andere überfällige Investitionen finanzieren könnte, fließen nach Berggesetz vorbei am Stadtsäckel ans Bundesland. Das muss nicht so bleiben!, sagt sich Bürgermeister Paul Wastmann und beginnt für seine Stadt den vermeintlich aussichtslosen Kampf um die Millionen. Der Kampf führt ihn auch nach Berlin bis ins Bundesfinanzministerium, wo sich die zuständige Abteilungsleiterin als seine große Liebe aus Studententagen herausstellt. Und Ebeth eröffnet einen Nebenkriegsschauplatz, der bald keiner mehr ist: Sie kämpft um ihn. Eine Liebesgeschichte in Zeiten des Erdölfiebers in einer norddeutschen Kleinstadt mit bürokratischen Abgründen und heroischen Lokalpolitikern. Ein großer Lesespaß!

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Seitenzahl: 351

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Gut hier

Impressum

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN: 978-3-95894-282-0 (Print)

© Copyright: Omnino Verlag, Berlin / 2024

Cover: Stadtarchiv Bad Bevensen

Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen und digitalen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten.

Inhalt

Lange vorher, sehr lange

1 – Dichtung und Wahrheit

2 – Bodensprudler und Nackenduschen

3 – Drei Männer am Fluss

4 – Das nächste Schlagbaumfachgeschäft

5 – Der bei Weitem einzige Vorschlag

6 – Die letzte Flasche Bürgerbräu

7 – Diese aparte Kommilitonin

8 – Gästezimmer mit Aussicht

9 – David gegen Goliath

10 – Bundeskammer – und Vorhang!

11 – Zehn bis 15 Pressetische

12 – Chapeau, Kolleginnen und Kollegen!

13 – Ein Ortsvorsteher von der Küste

14 – Umlaufverfahren

15 – Eine realistische Einschätzung

16 – Mit Pauken und Trompeten

17 – Bier aus Berlin

18 – Etwas unrund

19 – Eine kleine Geschichte

20 – Stroke Unit

21 – In die Hand versprochen

22 – Unbekannter Teilnehmer

23 – Umdisponiert

24 – Eine Art Kompliment

25 – Ein unerfreulicher Zusammenhang

25 – Ein Schild

Einige Zeit danach

Lange vorher, sehr lange

»Halt mal an!«

»Wozu das denn?«

»Da vorn, beim Schild!«

Der Fahrer bringt den Wagen zum Stehen, direkt vor dem gelben Schild am Ortsausgang. Richtig gelb ist es nicht mehr, die Jahre haben ihm zugesetzt. Der Beifahrer steigt aus. Er tritt ans Schild und reibt mit zwei Fingern darauf herum. Dann bückt er sich und wischt seine Hand im nassen Gras des Seitenstreifens ab. Es beginnt wieder zu regnen, aber das scheint den Mann nicht zu stören. Er bleibt vor dem Schild stehen und blickt zurück zur Stadt. Als er wieder einsteigt, ist sein grauer Anzug an den Schultern dunkel vor Nässe.

»Jetzt machst du mir Flecken auf den Sitz!« Der Fahrer lenkt seinen nagelneuen Opel Kapitän – weiß lackiert, das Dach türkis – wieder auf die Landstraße. Weißwandreifen hat er sich auch gegönnt.

»Ich weiß nicht, ob wir das Schild noch mal vernünftig hinkriegen. Das muss der Bauhof sich mal angucken.«

»Aber nicht, dass das wieder dauert!«

»Ach, Heinrich ...« Der Beifahrer seufzt.

»Ist doch wahr!«

Die beiden im Fond tauschen einen Blick aus.

Ein paar hundert Meter weiter können sie schon das stählerne Monstrum sehen. Der Bohrturm ragt in den grauen Himmel. Ein paar Tage noch, dann wird die DEA ihn abbauen. Daneben die provisorische Lagerhalle, deren Tage ebenfalls gezählt sind, und das sogenannte Labor, eine bessere Bretterbude. Alles ein gutes Stück von der Straße entfernt, mitten auf einem Acker. Das Schild auf dem Dach der Halle ist groß genug, dass sie es schon von hier aus lesen könnten, aber sie wissen ja, was darauf steht: Deutsche Erdöl-Aktiengesellschaft. Da müssen sie hin, und man kann sich leicht vorstellen, in welchem Zustand sich bei diesem Wetter der Fahrweg befindet, den das Hin und Her schwerer Lastwagen in die Erde gefurcht hat. Nicht so schön für den neuen Kapitän.

Und die falschen Schuhe haben sie auch an, alle vier. Sie kommen direkt aus dem Rathaus.

»Wir hätten sowieso nichts davon gehabt, wenn sie Öl gefunden hätten. Sie wären noch ein bisschen länger geblieben, und einige von ihnen hätten wohl immer mal wieder herkommen müssen. Aber die hätten schon in Kompaniestärke anrücken müssen, am besten täglich, damit es uns bei der Gewerbesteuer ein bescheidenes Stückchen weiterbringt«, erklärt der Beifahrer.

»Und den Förderzins hätte sowieso das Land eingesackt«, ergänzt der Fahrer. »Ein hübsches Sümmchen, davon kann man ausgehen!«

»Vielleicht hätten sie uns was abgegeben«, mutmaßt einer der beiden im Fond.

»Da glaub man dran!« Die drei anderen im Chor, und alle vier müssen lachen.

»So oder so, jetzt bleibt es, wie es ist«, stellt der Fahrer fest.

»Das hat ja auch einiges für sich.« Das kommt wieder von hinten.

Der Beifahrer dreht sich um.

»Hauptsache, es ändert sich nie etwas! Willkommen in Bellenhusen! Mann, Mann, Mann!«

Alle vier schweigen, bis zu der Stelle, wo der Fahrweg von der Straße abzweigt. Der Fahrer stoppt seinen Wagen.

»Da fahr ich nicht lang!«, erklärt er kategorisch. »Nicht mit meinem Kapitän!«

Er stellt den Wagen halb auf dem Seitenstreifen ab.

»Du könntest ihn nachher ja waschen«, regt einer von hinten an. »Oder läuft er dann ein?«

Vor einer Woche hätte er sich nicht so angestellt, denkt der Beifahrer, da hatte er noch den Rekord. Er denkt mit einer gewissen Häme an die feuchten Flecken, die sie auf der Rückfahrt auf den schicken Polstern hinterlassen werden. Die Spuren ihrer Schuhe auf den farblich abgestimmten Fußmatten werden auch nicht ohne sein. Sie steigen aus und matschen durch die Nässe zum Bohrturm.

Vor der Laborbude wartet der Chef des Bohrtrupps. Er winkt ihnen fröhlich zu, als stünde er da nicht im Regen. Keiner von ihnen hat jetzt wirklich Lust auf einen Gutgelaunten. Aber so ist der eben, sie kennen ihn ja, dagegen kommt man nicht an.

Am Bohrturm arbeitet niemand mehr, kein Lastwagen ist mehr zu sehen. Vor einigen Tagen ging es hier noch zu wie im Taubenschlag. Jetzt ist nur noch der Chef da. Die von der DEA können schnell sein, wenn jeder weitere Tag Geld kostet.

Die Begrüßung fällt knapp aus. Bloß erst mal dem Regen entkommen. Als sie das Labor betreten, ist da noch einer, den haben sie hier noch nie gesehen. Dem wird wohl der 200er gehören, der vor dem Labor steht – der Chef des Bohrtrupps fährt einen Taunus.

Der Mann sitzt an einem Labortisch, er ist von allen Anwesenden mit Abstand der Jüngste. Vor ihm steht ein schlankes, hohes Glasgefäß mit Wasser, leicht verschmutzt beziehungsweise trüb – falls das überhaupt Wasser ist. Daneben viele Papiere, Blätter mit Tabellen und Kurven, mehrere dicke Kladden, ein paar Geräte, deren Funktion sich ihnen nicht erschließt. Ähnliche, ebenfalls aus Glas und Metall, stehen in den Regalen. Die werden sie sicher auch bald fortschaffen.

Der Mann erhebt sich und nickt den vier Besuchern zu. Er räuspert sich etwas übertrieben.

»Ja, Entschuldigung«, sagt der Chef des Bohrtrupps, »wenn ich vorstellen darf: Herr Direktor Dr. Steiner«, er macht eine kurze Pause und wendet sich den Besuchern zu, »Herr Bürgermeister Schulze, Herr Stadtdirektor Mießner, die Herren Brandner und ...« Er zögert.

»Koslowski.«

»Bürgermeister Schulze ist gut ...« Dr. Steiner lächelt.

»Nicht wahr? Herr Brandner ist Vorsitzender der Mehrheitsfraktion in unserem Stadtrat, Herr Koslowski ist unser Anwalt.«

»Sie haben Ihren Anwalt gleich mitgebracht?«

»Man weiß ja nie!«

»Ja, meine Herren ...« Der Direktor scheint sich nicht ganz schlüssig, wie er anfangen soll. Er hat etwas vor, das spüren alle vier. Wieder dieses Räuspern.

»Herr Dr. Steiner leitet in unserer Hauptabteilung Prospektion den Arbeitsbereich Geologie«, erläutert der Chef des Bohrtrupps, der hier nichts mehr zu bohren hat.

»Steiner, das ist für einen Geologen doch auch ganz hübsch!« Stadtdirektor Mießner lächelt. Der Geologe auch.

»Ich habe Herrn Dr. Steiner hergebeten, weil Sie möglicherweise Fragen haben, die nicht in meine Zuständigkeit fallen.«

»Was für Fragen?« Stadtdirektor Mießner ist irritiert. Und auch ein wenig verärgert, weil er sich nicht durch Regen und Schlamm gekämpft hat, um sich in dieser unwirtlichen Umgebung wolkige Andeutungen anzuhören. Es ist ja nicht so, dass er im Rathaus nichts zu tun hätte.

»Wir meinten, wir sollten uns einfach mal ganz informell unterhalten, bevor sie unser offizielles Schreiben bekommen, einerseits weit vom Schuss sozusagen, andererseits aber doch direkt am Ort des Geschehens.« Der Direktor lächelt freundlich.

»Offizielles Schreiben?« Der Bürgermeister nestelt an seinem Halstuch. »Sie brauchen uns nicht zu schreiben. Sie haben kein Erdöl gefunden. Das wissen wir ja. Und fertig ist die Laube!«

»Und wenn Sie was gefunden hätten, hätten wir nichts davon gehabt.« Brandner überlegt, ob er das mit dem Förderzins noch erwähnen soll, um zu zeigen, dass er sich auskennt. Er hält sich aber lieber bedeckt, weil er sicher ist, dass der Bürgermeister auf der Rückfahrt Witze darüber machen würde.

»Das ist leider richtig«, räumt Dr. Steiner ein. »Aber unser Misserfolg könnte ein großer Schritt für Ihr schönes Bellenhusen sein.«

Der will was von uns, denkt der Stadtdirektor. Schön haben sie es hier wirklich, das stimmt schon. Das kann der Schmeichler mit dem Doktortitel aber gar nicht beurteilen.

»Das wird auch Gegenstand unseres Schreibens sein, aber zunächst, wie gesagt ...«

»Ganz informell, selbstverständlich!« Der Stadtdirektor nickt.

»Ja, es verhält sich nun so«, hebt der geologische Direktor an, »dass wir ... aber das wissen Sie ja. Alles sprach dafür, dass wir fündig werden, die Daten ließen ein absolut interessantes Vorkommen erwarten.«

»Bloß, gefunden haben Sie nix!«, stellt Bürgermeister Schulze fest.

»Das ist nun allerdings nicht ganz richtig«, korrigiert Dr. Steiner. »Es ist eben nur kein Öl, was wir unter Ihrer Stadt entdeckt haben.« Er wendet sich dem Labortisch zu. »Sondern das hier.« Er hebt das Glasgefäß mit beiden Händen vorsichtig an. »Und zwar reichlich!«

»Was ist das?« Bürgermeister Schulze guckt skeptisch.

»Probieren Sie mal!« Dr. Steiner stellt das Gefäß wieder auf den Tisch. Wie zum Beweis, dass er niemanden vergiften will, taucht er einen Zeigefinger in die Flüssigkeit und leckt ihn ab. Der Stadtdirektor tut es ihm nach. Er verzieht das Gesicht.

»Ziemlich versalzen, die Brühe, würde ich sagen«, stellt er fest.

Der Geologe nickt.

»Die Herren, bitte sehr!«

Jetzt muss jeder einen Finger eintauchen, Dr. Steiner besteht darauf. Salzig, keine Frage, sehr salzig.

»Irgendwie auch ein bisschen ... wie soll ich sagen? Metallisch?«

»Sehr gut, Herr Schulze!«, lobt Dr. Steiner.

Der Bürgermeister guckt stolz in die Runde.

»Sagen Sie mal ...« Der Stadtdirektor wirkt plötzlich sehr interessiert. Er nimmt eine zweite Probe und dann noch eine. Dann nickt er. »Ja ..., der Geschmack erinnert mich ... Gott, ist das lange her! Bald 50 Jahre! Ich habe mit meinen Eltern die Großeltern während ihrer Kur in Baden-Baden besucht ...«

»Völlig richtig!« Dr. Steiner nickt. »Baden-Baden ist das Stichwort!«

»Mineralwasser?« Bürgermeister Schulze ist elektrisiert. »Da hätte das Land schon mal nichts mit zu kriegen.«

»Mineralwasser ist es natürlich auch ...«

»Aber«, unterbricht der Stadtdirektor, »das hier«, er deutet auf das Glasgefäß, »ist noch viel besser. Sie wollen uns sagen, Sie haben eine Heilquelle angebohrt, richtig?«

»Es sieht ganz danach aus!«, bestätigt der Geologe.

»Oha!« Koslowski ist nicht sicher, ob das eine gute oder eine schlechte Nachricht ist.

»Mein lieber Herr Gesangverein!« Brandner ahnt, da kommt einiges auf sie zu.

»Wie gut ist dieses Wasser hier?«

»Ich habe noch keine belastbaren Laborergebnisse, Herr Mießner. Nur das, was wir mit unseren bescheidenen Möglichkeiten hier an Ort und Stelle grob bestimmen können. Das ist mit Vorsicht zu genießen. Dennoch könnten wir es hier in der Tat mit einer überzeugenden Zusammensetzung des Thermalwassers zu tun haben. Wahrscheinlich das interessanteste Vorkommen dieser Art, das die DEA jemals irgendwo erschlossen hat! Also, natürlich nicht wir, sondern ein Tochterunternehmen, das auf so etwas spezialisiert ist. Ich vermute, dass Sie hier auf einem echten Schatz sitzen!«

»Mit aller Vorsicht!«, zitiert Bürgermeister Schulze.

»Und unter Vorbehalt!«, ergänzt der Stadtdirektor.

»Ich sehe, wir verstehen uns. Natürlich müssen noch detaillierte Analysen durchgeführt werden. Unser Zentrallabor ist schon dabei. Sie sollten das übrigens auch machen lassen!«

»Wenn Sie doch sowieso schon dabei sind ...« Bürgermeister Schulze denkt an die Finanznot der Stadt.

»Herr Dr. Steiner will darauf hinweisen, dass wir ein unabhängiges Gutachten brauchen«, erklärt der Stadtdirektor dem Bürgermeister. »Er will uns nämlich diese Heilquelle verkaufen, wenn ich das richtig sehe.«

»Nicht ich, sondern die DEA natürlich, etwaige Verhandlungen würden unsererseits durch unsere Kaufleute geführt. Außerdem können wir Ihnen das Vorkommen gar nicht verkaufen! Es befindet sich auf dem Gebiet Ihrer Stadt. Anders als im Fall von klassischen Bodenschätzen gehört es also Ihnen. Es geht um die Bohrung. Um die Technik. Falls Bellenhusen die Heilquelle nutzen will, müssen wir die Bohrung ja so herrichten, dass sie später ohne großen Aufwand wieder aktiviert werden kann.«

Und jetzt zieht Dr. Steiner die Daumenschrauben an. Innerhalb einer Woche, möglichst früher, brauche die DEA eine verbindliche Erklärung der Stadt, ob sie die Bohrung übernehmen will. Bis dahin halte die DEA sie offen, erklärt er. Sollte Bellenhusen nicht interessiert sein, werde er veranlassen, dass die Schließung der Bohrung unverzüglich in Angriff genommen würde.

»Je eher wir damit fertig sind und alles wieder abgebaut haben, desto besser! Bis dahin kostet uns jeder Tag Geld, und zwar eine beträchtliche Summe. Ich erwähne das nur, damit Sie verstehen, dass es nicht darum geht, Sie unter Druck zu setzen. Der Druck ist einfach da. Und wenn Sie uns sagen, bitte erst mal länger als eine Woche offenhalten, dann tun wir das gern für Sie! Aber das können wir Ihnen dann nicht mehr kostenfrei anbieten.«

»Das heißt in Zahlen?« Bürgermeister Schulze ist in Bellenhusen bekannt dafür, dass er sich mehr für Daten und Fakten interessiert als für Meinungen und Überzeugungen.

»Das müssen unsere Kaufleute entscheiden. Ich nehme an, unser Brief wird ein beziffertes Angebot enthalten.«

»Eine Zahl, bitte, Herr Dr. Steiner!«, schaltet Stadtdirektor Mießner sich ein. »Informell, natürlich, und unverbindlich. Wenn Sie wollen, bezeugen wir alle vier, dass wir nie über Zahlen gesprochen haben. Von welcher Größenordnung reden wir hier?«

»So um die zwei- bis dreitausend Mark pro Tag.«

»Nehmen wir mal an, wir wollen die Quelle nutzen: Sie würden uns Ihre Bohrung dann vermutlich nicht einfach schenken ...«

»Kaum!«

»Und das heißt?«

»Zahlen?«

»Zahlen! Dieselben vier Zeugen.«

»Das könnte auf 90, 100, womöglich 110.000 Mark hinauslaufen, je nachdem.«

Stadtdirektor Mießner schweigt und denkt nach. Seine Begleiter achten darauf, dass sie ihn dabei nicht stören. Das halten sie immer so, wenn es unübersichtlich wird – es hat sich bewährt.

»Zwei Wochen! Wir brauchen zwei Wochen! Dann haben Sie einen Beschluss des Stadtrats. Bis dahin hält die DEA die Bohrung auf Ihre Kosten offen.«

»Warum sollten wir das tun?«

»Weil Sie sich auf diesem Wege die Möglichkeit offenhalten, eine hübsche Stange Geld sozusagen im Vorbeigehen zu verdienen. Wenn Sie auf einer Woche beharren, kann ich Ihnen unsere Entscheidung jetzt sofort mitteilen: Machen Sie dicht, fahren Sie nach Hause und lassen Sie sich die Chance auf 80.000 entgehen!«

»100, habe ich gesagt! Mindestens!«

»Sie haben überhaupt keine Zahl genannt, Herr Dr. Steiner, dafür gibt es, wie vereinbart, vier Zeugen.«

»Fünf!« Das erste Mal, dass sich der Bohrungsleiter zu Wort meldet. Er grinst. Der Geologe schmunzelt.

»Und davon müssen wir ja auch noch die Summe abziehen, die es Sie kosten wird, wenn Sie die Bohrung endgültig dichtmachen müssen.« Mießner denkt schon mal an mögliche Verhandlungen.

»Ich kann mir nicht vorstellen, dass unsere hohen Herren sich darauf einlassen werden. Aber das ist nicht mein Problem.«

»Lassen wir es darauf ankommen! Wann informieren Sie Ihre Vorgesetzten über unsere Vorstellungen?« Der Geologe blickt auf seine Uhr.

»Wenn ich gleich losfahre, kann ich heute möglicherweise noch ein erstes Gespräch führen.«

»Vielleicht sollten Sie sich vorher noch mit einem Kännchen Filterkaffee und einem köstlichen Stück Torte für die Fahrt stärken«, regt Stadtdirektor Mießner an.

»Sie meinen, wenn ich erst morgen wieder im Büro bin, haben Sie einen Tag mehr für Ihre Beratungen!«

»Ich meine vor allem, dass Sie etwas verpassen, wenn Sie nicht wenigstens einmal in Ihrem Leben ein Stück Torte bei Hans Mädinger gegessen haben. Sie sind jung, Herr Dr. Steiner, und schlank sind Sie auch. Nutzen Sie die Gelegenheit und nehmen Sie zwei! Bellenhusen lädt Sie ein. Café Mädinger am Marktplatz. Können Sie gar nicht verfehlen. Wir fahren schon mal vor.«

»Es geht mich ja nichts an ...«

»Sagen Sie es trotzdem, Herr Dr. Steiner!«, bittet Stadtdirektor Mießner. »Da wir Bellenhusen offenbar neu erfinden sollen, ist jede Anregung willkommen.«

»Nur so eine Überlegung, ich kenne mich da überhaupt nicht aus. Aber wenn ich das richtig sehe, wäre Bellenhusen der einzige Kurort in weitem Umkreis. Drei Großstädte nicht allzu weit entfernt. Hunderttausende von Arbeitern und Angestellten. Ich müsste mich sehr täuschen, wenn wir hier«, er hebt das Glasgefäß wieder vom Labortisch, »nicht etwas sehr Wirksames gegen manches Leiden in Händen hielten. Rücken zum Beispiel, möglicherweise Bewegungsapparat ganz allgemein. Hautgeschichten, könnte ich mir vorstellen. Und wenn’s einfach nur gegen die allgemeine Erschöpfung hilft ... Wiederherstellung der Arbeitskraft, verstehen Sie? Und, bitte, meine Herren, für die Berliner wären Sie sogar das erste Heilbad jenseits der Zone! Da würden Ihnen die Krankenkassen vermutlich Patienten in rauen Mengen schicken und Ihnen obendrein noch dankbar sein. Aber wie gesagt, nicht mein Fachgebiet ...«

»Für interessante Überlegungen sind wir immer zu haben«, Schulze nickt dem Direktor von der DEA zu, »auch wenn sie von Geologen stammen.«

»Wollen wir dann mal?«, drängt der Stadtdirektor.

»Ich komme dann nach. Mädinger, ja? Am Marktplatz?«

Es hat aufgehört zu regnen. Drüben im Westen, über der bewaldeten Anhöhe, hinter der sich in einer Senke die roten Dächer von Jarum um das Rittergut drängen, hat sich die Wolkendecke aufgetan, als wäre sie ein Theatervorhang. Dorthin blicken sie alle vier. Jeder von ihnen denkt auf seine Weise, dass es doch gut ist, hier zu leben. Sagen muss das keiner.

»Und was machen wir jetzt?« Brandner ist ein Freund lenkender Hinweise.

»Gut möglich, dass wir später einmal sagen werden: Vielleicht wäre es besser gewesen, wir hätten nie davon erfahren«, spricht der Stadtdirektor schließlich in den Himmel über Jarum.

»Du meinst, wir sollten uns ernsthaft damit beschäftigen?« Der Bürgermeister zupft an seinem Halstuch.

»Nicht damit beschäftigen, Walter! Wir machen das! Wenn es schiefgeht, haben wir es wenigstens versucht. Stellt euch vor, wir lassen es bleiben: Wir werden uns ewig fragen, was aus Bellenhusen geworden wäre, wenn wir damals zugeschlagen hätten. Und wir werden es nie erfahren. Das kann ich nicht!«

»Ja! Lasst uns das machen! Wir machen das, Leute, ja?«

Brandner und Koslowski sind weniger enthusiastisch als der Bürgermeister. Immerhin, Brandner nickt. Koslowski dann auch. Wirklich wohl ist ihnen nicht in ihrer Haut, man sieht es ihnen deutlich an.

»Dann machen wir uns jetzt mal auf den Weg«, sagt Stadtdirektor Mießner.

»Wohin auch immer der uns führen mag.« Brandner ist angesichts der neuen Zukunft seiner Heimatstadt offenbar philosophisch gestimmt.

»Na, zu Hans Mädinger natürlich!« Bürgermeister Schulze lacht.

Sie stapfen über den Acker hinauf zur Straße. Keiner von ihnen beachtet den Matsch an den Schuhen. Nicht einmal Bürgermeister Schulze nimmt Notiz von den Erdbrocken auf den nagelneuen Fußmatten in seinem nagelneuen Kapitän.

Der Bürgermeister deutet auf das Ortsschild, als sie es passieren: »Das lassen wir erst mal, wie es ist!«

»Aber wenn Urlaubsgäste mit dem Auto anreisen ... also, schön sieht das nicht aus!«, findet Brandner.

»Ach, komm! Demnächst brauchen wir doch sowieso neue!«

Stadtdirektor Mießner lächelt, Brandner und Koslowski zucken im Fond verständnislos mit den Schultern.

»Mensch, Leute!«, ruft Schulze und betätigt mehrmals das Doppeltonhorn, das er sich als Sonderausstattung geleistet hat. »Ich sage nur: Bad Bellenhusen!«

1 – Dichtung und Wahrheit

Ungefähr so könnte sich das – keine 50 Kilometer Luftlinie von der ersten Ölbohrung der Welt entfernt – damals abgespielt haben, fand Harry Luginger. An die 2.000 Bohrungen waren im Laufe der Zeit in der Gegend niedergebracht worden, aber wer wusste das heute noch ... Dass kurz hinter der Kreisgrenze immer noch Förderanlagen liefen und passable Mengen aus der Erde holten – dafür interessierte sich ja auch keiner!

Es konnte natürlich auch ganz anders gewesen sein. Die Akten im Stadtarchiv gaben einen Besuch der Verantwortlichen an der Bohrstelle nicht her, nur jede Menge Vermerke, Gesprächsnotizen, Sitzungsprotokolle, Briefwechsel und andere Unterlagen über die hektischen Aktivitäten in den beiden folgenden Wochen. Und in der dritten Woche auch – Stadtdirektor Mießners Prognose hatte sich dann doch als zu optimistisch erwiesen. Er hatte den hohen Herren der DEA aber klargemacht, dass sie auch die Kosten für die dritte Woche übernehmen mussten. Ein entsprechendes Schreiben der Stadt an die DEA lag im Archiv vor, und selbstverständlich auch der Brief, in dem die DEA sich damit einverstanden erklärt. Am Ende dieser dritten Woche waren tatsächlich alle Entscheidungen getroffen. Seither war es in Bellenhusen keine große Sache mehr, wenn jemand mit irgendetwas mal spät dran war. »Unter Verkürzung der Ladungsfrist« – das war in jenen drei Wochen zu einem Bellenhuser Schlachtruf und später zu einem geflügelten Wort geworden. Alteingesessene Bellenhuser sagten das manchmal noch, wenn etwas besonders eilig war.

Ebenfalls im Archiv, allerdings in einem Raum mit feuerfester Stahltür, in dem aufbewahrt wurde, was einer Stadt niemals abhandenkommen darf, unter keinen denkbaren Umständen, lagerte auch die Geburtsurkunde von Bad Bellenhusen, wie Bürgermeister Schulze das damals in einem Interview mit dem Anzeiger genannt hatte: der Notarvertrag über den Erwerb der Bohrung 5809 der Deutschen Erdöl-Aktiengesellschaft durch die Stadt Bellenhusen für 62.458 D-Mark. Wie es zu dieser krummen Summe gekommen war, ließ sich nicht mehr feststellen. Das erste Angebot der DEA, das der Geologe in Lugingers Geschichte angekündigt hätte, an jenem Nachmittag, an dem der Redakteur es hatte Bindfäden regnen lassen, belief sich auf 112.000 D-Mark, auch das Schreiben war selbstverständlich im Archiv verwahrt. Die DEA hatte schnell begriffen, dass Stadtdirektor Mießner völlig recht hatte: 62.000 waren besser als nichts, viel besser. Außerdem saß Mießner am längeren Hebel: Bellenhusen war naturgemäß der einzig mögliche Käufer der Bohrung.

Luginger machte sich eine Notiz. Auf diesen Umstand müsste Mießner in seiner Geschichte den Geologen noch hinweisen – falls er sich jemals daran machen würde, sie zu schreiben. Warum es ihm wichtig war, dass es an dem Tag geregnet hat, hätte Luginger gar nicht sagen können. Gut möglich, dass sich ein wolkenloser Himmel über Bohrturm, Lagerhalle und Labor gewölbt hatte.

Über die Gefühle von Bürgermeister Schulze für die Polster seines neuen Wagens fand sich im Archiv selbstverständlich auch nichts. Dass er sich kurz zuvor einen Opel Kapitän geleistet hatte, war jedoch verbürgt. Er war mit seinem Wagen auf zwei Fotos in alten Ausgaben des Anzeigers zu sehen, schwarz-weiß, versteht sich. Die Farbe des Wagens blieb also unklar, aber zweifarbig war der Kapitän nicht, das sah man deutlich, schon gar nicht weiß-türkis. Irgendetwas Dunkles eben, wie das damals üblich war, wenn man Bürgermeister war. Aber weiß, mit Dach in Türkis – davon mochte Luginger nicht lassen. Auch das hätte er nicht begründen können.

Er betrachtete ein Foto der damaligen Bohrstelle auf dem Monitor: der Bohrturm, die Halle und die Laborbaracke, zwei Lastwagen mit langer Motorhaube. Selbst wenn es damals zu einem Treffen in der Baracke gekommen sein sollte – die offiziellen Gespräche hatten selbstverständlich in Büroräumen stattgefunden, die inoffiziellen, also möglicherweise entscheidenden, wohl auch am Telefon. Diese drei Wochen waren im Archiv so gründlich dokumentiert wie keine andere Phase in der Geschichte des Heilbades, das jahrhundertelang ein Marktflecken gewesen war und viel später dann ein aufstrebender Luftkurort, so aufstrebend und betriebsam, dass Bellenhusen in den Zwanzigerjahren die Stadtrechte verliehen worden waren. Und 44 Jahre später bestätigte eine Urkunde des Innenmisters, dass die Stadt ab heutigem Datum offiziell Bad Bellenhusen hieß. Auch diese Urkunde wurde selbstverständlich hinter der feuersicheren Stahltür verwahrt. Das Blatt, das aufwendig gerahmt an der Stirnseite des Ratssaals hing, war eine Kopie.

Ihm war da in Gedanken der Anfang einer hübschen Geschichte gelungen, das fand Luginger schon. Vielleicht würde er sie tatsächlich irgendwann aufschreiben ...

Um hübsche Geschichten ging es allerdings nicht. Ein Dreiteiler im Anzeiger sollte es werden. Schöne Fotos, vor allem alte, wie das mit den beiden Lastwagen, und nicht zu viel Text. Es musste schließlich genügend Platz bleiben für Anzeigen. Die würden sich verkaufen wie geschnitten Brot, war sich der Kollege aus der Mediaberatung sicher, der Bellenhusen beackerte – und seine Augen hatten angesichts der zu erwartenden Provisionen geleuchtet. Harry Luginger machte sich also an die Arbeit, die getan werden musste und für die er bezahlt wurde. Es war nicht so, dass er Widerwillen verspürte, auch nach all den Jahren nicht. Er war immer noch gern Lokalredakteur, meistens jedenfalls. Aber er hatte doch große Lust, die kleine Geschichte weiterzuerzählen. Vielleicht konnte man daraus sogar eine große machen. Er würde sie jedenfalls im Kopf behalten. Vielleicht war das was für den nächsten Urlaub, mal sehen, wie weit man käme.

2 – Bodensprudler und Nackenduschen

Der Mann, der da drüben an einem der beiden Außenbecken der Therme saß und reglos in die Strudel starrte, fiel Harry Luginger sofort auf. Keine Körpersprache! – würden die Kollegen vom Sport schreiben. Er mochte es nicht glauben: Paul Wastmann! Der Bürgermeister! Wie der da hockte! Keine Spur von dieser federnden Spannung, mit der man ihn durch die Stadt eilen sah. Hängende Schultern, die Hände auf den Knien, als hätte er sie da für einen Moment abgelegt und dann vergessen. So hatte Luginger den Bürgermeister noch nie gesehen. Überhaupt, wieso saß der um diese Zeit im Wellnessgarten am Vitalbecken und nicht an seinem Schreibtisch im Rathaus oder in irgendeiner Sitzung? Luginger war klar, dass sich das für einen ordentlichen Lokaljournalisten nicht gehörte – aber wie der Bürgermeister dasaß ... Er tat ihm ein bisschen leid. Luginger wunderte sich selbst über diese merkwürdige Regung. Paul Wastmann war nun wirklich keiner, zu dem man als zuständiger Redakteur des Anzeigers ein anderes als ein professionell distanziertes Verhältnis haben konnte.

Luginger hatte das nicht immer so gesehen. Er hatte sich mal sehr um Wastmann bemüht, gleich nachdem der Rechtsanwalt vor elf Jahren zum ersten Mal zum Bürgermeister gewählt worden war, als Nachfolger des legendären Waldemar Kuretzki. Wir beide wissen schon, wie die Dinge hier in Bellenhusen einzuschätzen sind, nicht wahr, Herr Wastmann? – etwas in der Art hatte er ihm sagen wollen, augenzwinkerndes Einverständnis unter Profis sozusagen, so hatte er sich das vorgestellt. Mit Wastmann würde er sich verstehen, hatte er gedacht. Aber dann war der doch ganz anders als Waldemar Kuretzki – immer freundlich, aber man kam nicht an ihn heran. Trotzdem hatte er ein Jahr vor dem Ende von Wastmanns erster Amtszeit eine top professionelle Kampagne für dessen Wiederwahl im Kopf gehabt. Es hatte sich dann aber kein Gegenkandidat gefunden. Nicht mal irgendein schräger Vogel.

»Moin Herr Wastmann.«

»Ach, Herr Luginger! Was machen Sie hier um diese Zeit?«

»Und Sie?«

»Nichts.«

Das war es ja gerade!

»Was ist los?«

»Ach.« Wastmanns Blick schweifte über das Becken hinweg in den Kurpark. Es machte nicht den Eindruck, als hätte er mehr auf dem Herzen als dieses »Ach«. Aber so leicht täuschte man Harry Luginger nicht! Wenn der Bürgermeister um diese Tageszeit hier so verzagt saß, dann war vielleicht eine Geschichte für den Anzeiger drin. Der Redakteur schwieg. Es fiel ihm schwer, aber er wusste, dass er nicht ungeduldig werden durfte. Er hielt nicht lange durch.

»Na dann!« Er stemmte sich hoch. Der Bürgermeister sah zu ihm auf.

»Haben Sie Zigaretten dabei, Herr Luginger?«

»Hier?!« Er setzte sich wieder. »Wo sollte ich welche haben? In der Badehose? Sie wollen im Wellnessgarten rauchen?«

»Du meine Güte! Sie haben natürlich recht!«

Wenn er das jemandem erzählen würde: Der Bürgermeister hatte ihn in der Therme wegen einer Zigarette angehauen! Im Wellnessgarten! Er würde es für sich behalten. In seiner Zwischenbilanz zur Halbzeit von Wastmanns erster Amtszeit hatte er im Anzeiger kommentiert: »Waldemar Kuretzki und Paul Wastmann: Nicht viele Städte können von sich sagen, dass einem Glücksfall als Bürgermeister der nächste direkt nachgefolgt ist. Bad Bellenhusen kann es.«

Wastmann deutete mit einer fahrigen Handbewegung über das Becken. »Strömungskanäle, Whirlpools, Bodensprudler, Nackenduschen, Champagnerperlen und was weiß ich, wie das alles heißt, was wir hier in den letzten Jahren eingebaut haben. Und natürlich bezahlt! Aber wem sage ich das? Sie haben ja über den ganzen Kram berichtet.«

Kram? Etwas in der Art hatte Luginger noch nie vom Bürgermeister gehört. Natürlich kostet sie uns einiges, aber was wären wir ohne unsere Therme! Das war seit Jahr und Tag Wastmanns Schlachtruf, wenn im Stadtrat anlässlich der Haushaltsberatungen jedes Jahr wieder das große Wehklagen über das Defizit anhob, das die Stadt mit der Therme machte.

»Manchmal denke ich, das ist ein Hamsterrad, wir rennen und rennen. Vor allem: Wir zahlen und zahlen. Und alles, um wenigstens einigermaßen konkurrenzfähig zu bleiben. Im Herbst geht’s schon wieder weiter. Dann wird dieses Salzwasserbassin gebaut: Schweben wie im Toten Meer. Der letzte Schrei, beziehungsweise, dank ausführlicher Bedenken unseres Stadtrats, mal wieder nur der vorletzte. In Bad Heisenthal haben sie so etwas natürlich schon. Herr Luginger?«

»Herr Wastmann?«

»Damit wir uns richtig verstehen: Dies ist ein reines Hintergrundgespräch! Genau genommen, nicht mal das!«

»Selbstverständlich!«

»Wissen Sie, wenn ich mal einen schlechten Tag erwische, beschleicht mich der Gedanke, wir werden uns niemals zurücklehnen können und einfach mal sagen: ›So, ihr Lieben, jetzt atmen wir erst mal gründlich durch! Wir lassen uns jetzt mal Zeit und überlegen in aller Ruhe, was für ein Bellenhusen wir uns eigentlich wünschen. Dann gucken wir, was wir dafür brauchen und was nicht, und dann, was davon wir uns leisten können und was nicht. Dann entscheiden wir, und dann machen wir das auch so. Und was andere Heilbäder mit ihren Thermen und Fußgängerzonen veranstalten, das geht uns in den nächsten drei Jahren am Arsch vorbei!‹«

»Heute ist so ein Tag, oder?«

Der Bürgermeister nickte.

»Wir müssen uns nun mal am Markt behaupten«, zitierte Luginger. »Der Urlauber ist ein wankelmütiges Wesen. Dem muss man was bieten. Ein bisschen warmes Heilwasser reicht da nicht. Hat mal ein Bürgermeister in einer Ratssitzung angemerkt.«

»Kluger Mann!«

Jetzt lächelte der Bürgermeister wenigstens mal kurz!

»Es genügt schon, wenn ich nur ans Kurhaus denke ...«

»Neue Katastrophenmeldungen?«

»Jetzt sind wir auch noch bei der Brandschutzprüfung krachend durchgefallen.«

»Ach du Scheiße!«

»Das können Sie laut sagen!« Wastmann seufzte. »Wenn sich der Stadtrat nicht doch noch dazu durchringt, das neue Kurhaus ernsthaft in Angriff zu nehmen, dann war’s das mit unserer Ausnahmegenehmigung. Dann feiern wir dieses Jahr noch mal eine Silvestergala, und Neujahr machen sie uns den Laden dicht. So einfach ist das!«

»Sehen Sie’s positiv! Unter diesen Umständen kriegen Sie das neue Kurhaus im Stadtrat locker durch!«

»Da muss ich nichts durchkriegen! Das ist doch allen klar, dass kein Weg daran vorbeiführt. Aber was nützt das schon? Geld haben wir immer noch keins. Sie kennen den Stand: Auch wenn wir sämtliche Förderungen bewilligt bekommen – bei uns bleiben unterm Strich immer noch zweieinhalb bis drei Millionen. Und zwar zu Preisen von vor drei Jahren!«

»Und was machen wir jetzt?«

»Wie immer: Nachdenken! Es gibt eine Lösung. Wir haben sie nur noch nicht gefunden.«

»Sind Sie sicher?«

»Bin ich! ›Ich weiß auch nicht mehr weiter‹ – das gehört nun mal nicht zum Anforderungsprofil eines Bürgermeisters.«

»Schwimmen wir eine Runde? Unser Heilwasser soll ja auch gut für die Stimmung sein.«

»Bei mir nicht – zu viele Bodensprudler und all das andere teure Zeug. Ich muss auch los.«

»Rauchen wir draußen noch eine?«

»Unbedingt!« Bürgermeister Wastmann nickte.

Zehn Minuten später standen sie auf dem Platz vor der Therme, der mal sehr schön gewesen war. Jetzt war er nur noch sauber, mehr nicht. Sie redeten noch über dieses und jenes. So in Zivil war der Bürgermeister gleich wieder ein vertrauter Anblick. Die Distanz war auch wieder da. Als er zu seinem Wagen ging, federte der Bürgermeister schon wieder ein bisschen.

3 – Drei Männer am Fluss

Was war da los?

Auf die Entfernung konnte Luginger drei Leute ausmachen, die in einem der hell erleuchteten Bürocontainer auf dem umzäunten Gelände zugange waren. Wie an vielen Abenden, seit die Ersatzbohrung für die Heilquelle eingerichtet war, machte er, wenn er aus der Redaktion kam, noch einen Schlenker vom Uferweg an der Werthe hin zum Bohrgelände, bevor er nach Hause ging. Gegen den kleinen Rest Tag am Himmel wirkte das ganze Technische auf dem Gelände, umrahmt von den gewaltigen Bäumen des Reßelwalds, wie ein abstraktes Gemälde. Manchmal stand er eine Zeit lang am Zaun und guckte, bevor er weiterging.

Um diese Zeit war das Tor im Bauzaun normalerweise geschlossen und mit zwei schweren Ketten gesichert. Es war immer alles dunkel gewesen, wenn er hier vorbeigekommen war, und jetzt brannte gleich in zwei Containern kaltes Bürolicht.

Luginger trat durch das Tor. Ein bisschen kannte er sich hier aus. Er hatte eine größere Geschichte im Anzeiger gehabt, als sie begonnen hatten, die Ersatzbohrung niederzubringen, und dann noch mal eine über den Fortgang der Arbeiten, in der Saure-Gurken-Zeit, als es kaum mehr zu berichten gab, als dass die Sache planmäßig voranging. Eine ganze Seite hatte der Chefredakteur ihm aufs Auge gedrückt! Aber mit der Anekdote über die Entdeckung der Heilquelle als Ergebnis der Suche nach Erdöl und einem Infokasten über die Zusammensetzung des weithin gerühmten Heilwassers – dazu ein paar Versatzstücke aus dem Archiv und ein bisschen »Bad Bellenhusen damals und heute« war das weiter kein Problem gewesen. Man war schließlich nicht erst seit gestern im Geschäft.

Er brauchte gar nicht direkt an den Container heranzutreten, um zu sehen, dass zwar überall Licht brannte, sich aber tatsächlich nur die drei Männer dort aufhielten, die er schon vom Zaun aus gesehen hatte. Zwei kannte er: den Leiter der Bohrung, witzigerweise hieß der Mergeler, und den jungen Ingenieur, mit dem er ausführlich gesprochen hatte, als er zum ersten Mal hier gewesen war. Jetzt saß zwischen den beiden einer mit grauem Bart. Den hatte er hier noch nie gesehen. Vermutlich gehörte dem der Wagen, der neben dem Container stand. Auswärtiges Kennzeichen, reichlich auswärtig!

Die drei saßen vor Monitoren, ließen Zahlenkolonnen laufen und schoben bunte Diagramme hin und her. Und sie redeten aufeinander ein, deuteten auf diese Zahl und jene Kurve, verglichen etwas mit etwas, blätterten auch mal in Ausdrucken und legten sie wieder zur Seite.

Hier lief etwas entschieden anders als geplant! Interessant, dass man drei Menschen, die man nur von hinten sah, deutlich anmerken konnte, wie angespannt sie waren. Die hatten da irgendein dickes Ding am Wickel! Um das zu wissen, brauchte Luginger nicht zu hören, was sie redeten. Hatten die womöglich ins Leere gebohrt? Das Ganze ein Fehlschlag? Kein zweiter Zugang zur Heilquelle, und auch keine weitere da unten? Bellenhusen hätte ein dickes Problem! Nicht von jetzt auf gleich und wohl auch noch nicht in zwei Jahren, aber irgendwann schon. Damals hatte man sogar damit gerechnet, dass sich die Rohre schon nach etwa 30 Jahren weitgehend zugesetzt hätten. Niemand wusste, wann dieser Tag wirklich kommen würde, aber sehr fern konnte er nicht mehr sein, das sagten alle, die etwas davon verstanden. Deshalb hatte er die Stadt in einem Kommentar im Anzeiger sehr dafür gelobt, dass sie unter Mühen das Geld für die Ersatzbohrung lockergemacht hatte.

Das war doch nicht möglich, dass die sich beim Bohren vertan hatten! Das waren doch erfahrene Leute! Das Unternehmen bohrte in der ganzen Welt! Und wenn doch? Dann wäre vermutlich mindestens eine weitere Bohrung erforderlich, und diese hier war schon teuer genug! Und wenn es mit der dann auch wieder nichts war?

Eine starke Geschichte für den Anzeiger, wie es aussah. Eine Scheißgeschichte allerdings für Bellenhusen, anders konnte man das nicht sagen! Er wollte keine Story, die darauf hinauslief, dass Bellenhusen am Ende kein Heilbad mehr war. Er wollte, dass es dem Städtchen, in dem er lebte, halbwegs gut ging. Das war ja wohl nicht zu viel verlangt!

Er stieg die drei Metallstufen zum Eingang hinauf und öffnete die Tür.

»’n Abend allerseits!«

Drei Köpfe flogen herum.

»Sieh an, der Redakteur!« Bohrungsleiter Mergeler nickte ihm zu.

»Was will der hier? Wer hat den informiert?« Der Bärtige musterte ihn ausgiebig.

»Niemand! Ich habe Licht gesehen. Das ist ungewöhnlich um diese Zeit. Und erzählen Sie mir nicht, das hier ist Routine!«

»Merkwürdiger Zufall ...« Der Bärtige versenkte die Hände tief in den Manteltaschen.

»Nun mal langsam!«, beschwichtigte Mergeler. »Dass du hier bist, könnte Herrn Luginger genauso merkwürdig vorkommen.«

Was hatte der hier überhaupt zu suchen? Der gehörte doch gar nicht zu denen!

»Hätte ja sein können ...«, lenkte der Bärtige halbwegs ein.

»Harry Luginger vom Heide-Anzeiger«, stellte er sich vor.

»Dr. Schlaghorn.« Leute, die sich mit Doktortitel vorstellen, mochte Luginger nicht.

»Werner ist ein guter Freund«, erklärte Mergeler. »Wir haben unter anderem in Kuwait und Aserbeidschan zusammengearbeitet.«

Was vermutlich hieß: Zusammen tiefe Löcher gebohrt.

»Und auch noch hier und da sonst«, ergänzte Schlaghorn vage.

»Werner ist der Beste, den ich kenne, wenn es um ungewöhnliche Formationen geht. Und da er gerade frei war ...«

»Ungewöhnliche Formationen?«

»Zum Beispiel Gesteinslagen in einer Region, wo sie eigentlich nicht hingehören.«

»Als ich Sie neulich angerufen habe, ob es etwas Neues gibt, haben Sie gesagt, es gehe unter uns in der Tiefe erwartungsgemäß simpel zu, geradezu langweilig. Das war Ihre Aussage, Herr Mergeler!«

»Und Sie haben gesagt: ›Warum sollte es da unten interessanter sein als hier oben?‹«

Der Geologe lachte. »Mögen Sie Bad Bellenhusen nicht, Herr Luginger?«

»Ganz im Gegenteil, Herr Schlaghorn ... Dr. Schlaghorn! Und jetzt ist es da unten nicht mehr langweilig?«

»Als wir telefoniert haben, war die Situation noch so, wie ich sie Ihnen geschildert habe, da waren wir bei 1.800 Metern.«

»Und jetzt?«

»2.290.«

»Das heißt?«

»Das heißt, dass es da unten ab etwa 2.100 Metern richtig interessant geworden ist!«

»Haben Sie vielleicht eine Version für interessierte Laien?«

Mergeler blickte fragend zum Doktor hinüber. Der sah Harry Luginger an. Dann nickte er.

»Haben wir zwar nicht, aber Sie machen ja einen ganz verständigen Eindruck.« Er wandte sich an Mergeler: »Das musst du entscheiden. Ich bin ja gar nicht hier. Ich schätze, du kannst es riskieren. Präziser kriegen wir das erst mal sowieso nicht.«

»Aber wenn wir doch schiefliegen ...? Wir würden ganz schön blöd dastehen!«

»Wir liegen nicht schief!«

Mergeler zog einen Stuhl heran und postierte ihn vor dem größten der Monitore. Luginger nahm Platz. Der Bohrungsleiter legte etwas Grafisches auf den Bildschirm: allerlei Linien, einige horizontal, andere stürzten plötzlich steil ab, manche waren wie am Lineal gezogen, aber es gab auch geschwungene und gezackte, farbige Flächen und allerlei Rätselhaftes mehr – alles völlig unverständlich, ästhetisch aber durchaus reizvoll, abgesehen von der Tabelle am linken und der Skala am äußersten rechten Rand der Darstellung. Dass es sich um Erdschichten handelte, war angesichts der Umstände nicht schwer zu erraten.

»So sieht das hier unter uns aus, Herr Luginger. Von da, wo der Bohrturm steht, bis minus 2.100 Meter. Darauf ist Bad Bellenhusen gebaut.«

Mergeler schob eine andere Grafik heran und platzierte sie neben der ersten.

»Na?«

»Was, ›na‹?«

»Das ist der Bereich der Altbohrung. Sehen Sie, worauf ich hinauswill?«

»Identisch, würde ich sagen.«

»Nicht ganz, versteht sich, aber sogar für uns ein geradezu verblüffender Grad an Übereinstimmung!« Der Bohrungschef legte die zweite Grafik über die erste.

»Hier weicht es leicht ab, und da auch ein bisschen, wenn ich das richtig sehe. Und hier!« Luginger deutete mit seinem Kugelschreiber auf den Monitor. »Hier ist auch noch was, glaube ich, oder?«

So sah das also aus, was Bellenhusen trug.

»Nicht schlecht für einen Lokalredakteur!« Schlaghorn nickte.

»Und wo soll jetzt der Witz sein?«

»Augenblick!« Der Bohrungsleiter zog die beiden Schaubilder wieder auseinander und gab ein paar Zahlen ein. Die Grafik arbeitete sich auf dem Bildschirm in tiefere Schichten vor. Auf der Skala liefen Zahlen mit. Bei minus 2.260 blieben sie stehen. Dasselbe machte er mit der Darstellung der neuen Bohrung. Es war nicht nötig, die beiden Bilder wieder übereinanderzulegen. Luginger sah auch so, dass es da ab minus 2.100 Unterschiede gab, die von Meter zu Meter größer wurden. Und bei 2.290 schien das eine mit dem anderen reinweg gar nichts mehr zu tun zu haben. Als bohrten sie jetzt ganz woanders.

»Wenn ich das richtig sehe, haben Sie bei 2.290 nicht mehr weitergemacht?«

»Wir haben die Bohrung heute Morgen nicht wieder aufgenommen.«

»Und in welcher Tiefe liegt unsere jetzige Quelle?«

»Das hier ist Ihr Vorkommen.« Mergeler zeigte mit seinem Stift auf eine blau eingefärbte Struktur in der zweiten Grafik: In 2.348 Metern Tiefe hatten sie damals die Heilquelle angebohrt.

»Keine Heilquelle?«

»Nein!«, bestätigte Mergeler.

»Verdammte Tat! Und jetzt? Ein neuer Versuch ein Stück entfernt?«

»Erst mal müssen wir was klären.«

Wieso hatten sie die Bohrung überhaupt gestoppt? Auch wenn das da unten ganz anders aussah, als alle angenommen hatten, es konnte doch nicht die Welt kosten, da noch 80 oder zur Sicherheit auch 120 Meter tiefer zu gehen, wenn der ganze Kram schon mal aufgebaut war. Einfach gründlich nachsehen, ob da unten für Bad Bellenhusen wirklich nichts zu holen war.

»Wieso haben Sie nicht weitergemacht? Dann wüssten wir doch in ein paar Tagen definitiv, ob wir mit Zitronen gehandelt haben. So stelle ich mir das als Laie jedenfalls vor.«

Mergeler nickte. »Komm, Werner, mach du mal weiter!« Er räumte seinen Stuhl. »Das lassen wir uns mal lieber vom Spezialisten vorführen.«

Der Geologe nahm Mergelers Platz ein. Auch er betrachtete die Darstellung auf dem Monitor so konzentriert, als sähe er sie zum ersten Mal.

»Okay! Die Show beginnt!« Er schob die Darstellung der alten Bohrung in die unergründlichen Weiten irgendeines Servers und holte eine andere Grafik auf den Schirm. Er legte sie neben die der neuen Bohrung. Diese Darstellung reichte ebenfalls bis minus 2.100.

»Völlig anders!«, stellte Luginger fest, dafür genügte ein flüchtiger Blick.

Der Geologe nickte. Dann erweiterte er die Darstellung nach unten, bis die Skala bei minus 2.290 stehen blieb.

»Oha!«

»Das können Sie laut sagen!«, bestätigte Mergeler.

Zwischen minus 2.100 und minus 2.290 wurden sich die beiden Darstellungen immer ähnlicher. Bei 2.290 waren kaum noch Unterschiede zu erkennen.

»Wo gibt’s denn so was?«

»Nirgendwo, dachten wir bisher!« Schlaghorn war immer noch verblüfft. »Die obere und die tiefere Situation gehören einfach nicht zueinander. Das passt hinten und vorne nicht!«

»Messfehler vielleicht?«

»Könnte man meinen. Nur dass diese Darstellungen nicht auf Messungen beruhen, sondern dass wir die entsprechenden Bohrkerne dafür haben. In beiden Fällen. Sie verstehen? Was Sie hier sehen, sind keine Interpretationen, das ist die Realität. Aus der Erde herausgebohrt und fein säuberlich in Hunderten von Glasröhren für die Lagerung aufbereitet, damit man immer noch mal nachschauen kann, wenn man Anlass dazu hat.«

»Und was lerne ich jetzt daraus?«

»Sie müssen sich das ungefähr so vorstellen, als läge Ihre Stadt bis in eine Tiefe von 2.100 Metern genau dort, wo sie hingehört, und weiter unten ganz woanders.«

»Wo denn?«

»Er hat’s!« Schlaghorn nickte anerkennend.

»Gar nichts habe ich! Wenn hier bis sozusagen da unten Bellenhusen ist, und noch weiter unten haben Sie dann etwas angebohrt, was eigentlich irgendwo anders hingehört, was ist dann das Problem? Außer natürlich, dass wir da unten offenbar kein Heilwasservorkommen haben. Das ist allerdings Problem genug!«

»Das Problem ist nicht, was da unten nicht ist, sondern auf was wir stoßen werden, wenn wir weiter runtergehen.«

»Sehr wahrscheinlich jedenfalls ...«, warf der Bohrungsleiter ein.

»99 Prozent!« Der Geologe war sich seiner Sache offenbar sehr sicher.

Luginger rechnete eins und eins zusammen.

»Woher stammt dieser Bohrkern hier?« Er fuchtelte mit dem Kugelschreiber vor der Darstellung herum, die der Geologe auf dem Monitor neben die der aktuellen Bohrung gelegt hatte. Der Geologe und der Bohrungsleiter sahen sich an.