Gut in Schuss! - Dieter Veit - E-Book

Gut in Schuss! E-Book

Dieter Veit

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Beschreibung

Die Herstellung von Textilien war seit der Antike und bis ins 20. Jh. in jeder Familie allgegenwärtig. Die Frauen spannen zuhause Garn und nähten und trafen sich dazu mit anderen zum gemeinsamen Plausch. Viele Männer verdienten ihr Geld als Weber, im Handwerk oder in der Industrie. Entsprechend fanden viele textile Begriffe den Weg in unsere Alltagssprache. Es wurde »herumgesponnen« und wenn der »rote Faden« verloren ging, dann hatte man sich »verzettelt«. Wer an der Farbe sparte, der sollte besser »klotzen, nicht kleckern«, vielleicht war er auch ein »Schönfärber«. Und wer »den Bogen raus hatte«, der beherrschte sein Handwerk. War er gar »gut betucht«, so war er »aus dem Schneider« und konnte andere für sich arbeiten lassen. Die Herkunft und Bedeutung dieser und vieler weiterer Redewendungen und Sprichwörter werden anschaulich und mit vielen Bildern erklärt.

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Gut in Schuss!

Textile Redewendungen und Sprichwörter

Dieter Veit

Impressum

Dieter Veit

Gut in Schuss!

Textile Redewendungen und Sprichwörter

1. Auflage 2024

Regionalia Verlag,

ein Imprint der Kraterleuchten GmbH,

Gartenstraße 3, 54550 Daun

Verlagsleitung: Sven Nieder

Alle Rechte vorbehalten

Korrektorat: Tim Becker

Gestaltung, Satz: Kerstin Fiebig

Umschlag: Kerstin Fiebig

ISBN E-Book 978-3-95540-426-0

ISBN Print 978-3-95540-404-8

www.regionalia-verlag.de

Inhalt

Vorwort

Fasern

Ins Blaue fahren

Flachsblond

Herumflachsen

Durchhecheln

Verheddern

Die Junk-E-mail

Ein schwarzes Schaf

Schäferstündchen

Ungeschoren bleiben

In die Wolle kriegen

Am seidenen Faden hängen

Halbseiden

Spinnen

Die spinnt doch

Eine Intrige spinnen

Der rote Faden

Alter Knacker

Sich verhaspeln

Eine Geschichte zu Ende spinnen

Den Dreh raus

Seemannsgarn spinnen

Der Geduldsfaden reißt

Kamel durch ein Nadelöhr

Ein Geschäft einfädeln

Thread

Umgarnen

Lebensfaden

Leitfaden

Bindfäden und Katzen

Fäden und Mäuse

An einem Strang ziehen

Verwirrung stiften

Knoten und Netze

Der gelöste Knoten

Gordischer Knoten

Kontakte knüpfen

Das Netz

Weben

Schlichten

Verzetteln

Etwas anzetteln

Über einen Kamm schären

Den Bogen raushaben

Gut in Schuss

Shuttle-Bus

Gut betucht

Edler Zwirn

Kleider machen Leute

In trockenen Tüchern

Am Hungertuch nagen

Auf Tuchfühlung gehen

Fadenscheinig

Schleierhaft

Webfehler

Ein Loch stopfen

Unter den Teppich kehren

Stricken

Einfach gestrickt

Mit der heißen Nadel gestrickt

Sich in etwas verstricken

Den Faden verlieren

Die Fäden in der Hand halten und im Hintergrund die Fäden ziehen

Veredlung

Blau machen und Blau sein, Ein blaues Wunder erleben

In der Wolle gefärbt

Klotzen, nicht kleckern

Etwas kaschieren

Schönfärberei

Giftgrün

Schmutzige Wäsche waschen

Mehrere Eisen im Feuer

Konfektion

Textilien in der Alltagssprache

Textile Wörter in der Alltagssprache

Textile Nachnamen

Märchen

Arachne und Athene

Faden der Ariadne (Minotaurus)

Odysseus

Rumpelstilzchen

Dornröschen

Faust

Die drei Spinnerinnen

Spindel, Weberschiffchen und Nadel

Weitere Märchen

Herkunft der Wörter für Kleidung und anderer textiler Begriffe

Anorak

Baumwolle

Bluse

Faden

Faser

Flechten

Frack

Garn

Gürtel

Hemd

Hose

Hut

Jacke

Jeans

Kappe

Kittel

Kleid

Knopf

Krawatte

Mütze

Nähen

Pullover, Pullunder

Pyjama

Rock

Sakko

Schal

Schlips

Schürze

Socke

Spinnen

Spleißen

Stoff

Strick und Stricken

Strumpf

Teppich

Tuch

Weben

Weste

Zwirn

Bildnachweis

Quellen und weiterführende Literatur

Redewendungen A–Z

Vorwort

Textilien begleiten uns ein Leben lang. Von der ersten Windel bis zum Leichentuch nutzen wir Textilien, um uns zu schützen, zu schmücken und als technische Hilfsmittel.

Bis zur Industrialisierung im 18. und 19. Jahrhundert wurde vor allem zuhause gesponnen, gewebt und genäht, oft gemeinschaftlich und in größeren Gruppen. So fanden zahlreiche Ausdrücke, Begriffe und Redewendungen ihren Weg in unsere Alltagssprache und prägen sie bis heute. In diesem Buch wird geklotzt und nicht gekleckert und der rote Faden ist hoffentlich gut in der Gliederung zu erkennen. Wenn Sie nicht den Faden verlierenund sich auch nicht verzetteln, dann haben Sie am Ende den Bogen raus, wenn es um die korrekte Anwendung textiler Begriffe geht. Und falls Sie sich mit einem Schönfärber in die Wolle kriegen, weil er einen Streit anzetteltund Ihnen nicht den roten Teppich ausrollt, dann reißt Ihnen zukünftig hoffentlich nicht gleich der Geduldsfaden.

Weil Textilien seit Tausenden von Jahren allgegenwärtig sind und zunächst vor allem zuhause und von jeder Familie selbst hergestellt wurden, spielen sie in der darstellenden Kunst schon immer eine herausragende Rolle. Einige der ältesten bildlichen Darstellungen, die wir kennen, zeigen die Produktion von Garnen und Geweben und auch in vielen Märchen spielt das Spinnen und Weben eine wichtige Rolle. Auch damit werden wir uns hier beschäftigen.

Abb. 1.1 _ Spinnen und Weben in Altertum, Mittelalter und früher Neuzeit (Rama, 2016; Pharos, 1017b)

Fasern

Abb. 2.1 _ Gewinnung von Wolle im 15. Jahrhundert

Bis in die frühe Neuzeit wurden in Europa große Mengen Flachs verarbeitet. Flachspflanzen sind anspruchslos und konnten daher überall angebaut werden, wo wenig Anderes wuchs. Es war allerdings mühselig, die Flachsfasern aus den Stängeln zu gewinnen und auch das Spinnen dauerte lange. Daher verbrachten vor allem Frauen und Kinder vom Herbst bis zum Frühjahr viel Zeit mit der Garnerzeugung und so beziehen sich viele Redewendungen auf die einzelnen Stufen der Flachsverarbeitung.

Ins Blaue fahren

Wer einen Ausflug ins Blauemacht, der besucht Flachsfelder, die blau blühen (Abb. 2.2). Flachsfelder gab es bis ins 20. Jahrhundert überall in Nord- und Westeuropa und entsprechend viele »Ausflugsziele«. Blau machenist etwas anderes (siehe Kap. 7).

Abb. 2.2 _ Blühendes Flachsfeld

Flachsblond

Dies bezieht sich auf die Farbe von Flachsfasern nach dem so genannten »Hechelprozess«, bei dem die Fasern aus den Stängeln gelöst werden. Sie ist eine Bezeichnung für eine Haarfarbe zwischen gelblich und bräunlich (Abb. 2.3). »Blond« bedeutet auf Französisch einfach »hell«. Echte blonde Haare sind außerhalb von Skandinavien selten und fallen daher auf. Deswegen werden wohl auch »Blondinenwitze« erzählt und keine »Brünettenwitze«.

Abb. 2.3 _ Helle Flachsfasern und flachsblonde junge Frau

Herumflachsen

Spinnen in Heimarbeit war im Mittelalter und bis in die frühe Neuzeit meistens Frauenarbeit. Es war eine Tätigkeit, die »nebenbei« durchgeführt werden konnte. Man traf sich deshalb, um gemeinsam zu spinnen und Neuigkeiten auszutauschen. Wenn beim Spinnen von Flachs, das der dominierende Faserrohstoff war, eine fröhliche Stimmung herrschte, so wurde herumgeflachst (Abb. 2.4).

Abb. 2.4 _ Spinnende und herumflachsende Frauen (Velázquez, 1644)

Anscheinend ging es beim gemeinschaftlichen Spinnen oft recht lustig zu, sodass die Behörden in manchen Regionen Spinnstubenordnungen erließen, die das Zusammenleben regelten, um auch die kirchliche Obrigkeit zu beruhigen. In Kurhessen wurden 1726 Spinnstuben sogar ganz verboten. Dies sollte »unzüchtige Umtriebe« unterbinden, wenn die jungen Burschen die ebenso jungen Mädchen nach dem Flachsen abholten und nach Hause brachten oder – noch verwerflicher – sich mit ihnen in den Spinnstuben zum Tanz u.a. trafen (Abb. 2.5).

Abb. 2.5 _ Spinnstube (Reinsberg-Düringsfeld, 1863)

Kinder, die im Herbst geboren wurden, also 9 Monate nach dem Flachsbrechen in den Spinnstuben, wurden »Brechelkinder« genannt. J.W. von Goethe formulierte ihre Entstehung 1795 in seinem Gedicht »Die Spinnerin« gewohnt poetisch wie folgt:

Als ich still und ruhig spann,

Ohne nur zu stocken,

Trat ein schöner junger Mann

Nahe mir zum Rocken.

Lobte, was zu loben war,

Sollte das was schaden?

Mein dem Flachse gleiches Haar

Und den gleichen Faden.

Ruhig war er nicht dabei,

Ließ es nicht beim alten;

Und der Faden riß entzwei,

Den ich lang’ erhalten.

Und des Flachses Steingewicht

Gab noch viele Zahlen;

Aber ach, ich konnte nicht

Mehr mit ihnen prahlen.

Als ich sie zum Weber trug,

Fühlt’ ich was sich regen,

Und mein armes Herze schlug

Mit geschwindern Schlägen.

Nun, beim heißen Sonnenstich,

Bring’ ich’s auf die Bleiche,

Und mit Mühe bück’ ich mich

Nach dem nächsten Teiche.

Was ich in dem Kämmerlein

Still und fein gesponnen,

Kommt — wie kann es anders sein? —

Endlich an die Sonnen.

Durchhecheln

Beim Hecheln werden die Flachsfasern von den letzten Resten der Pflanze befreit. Das ist mühsam und so wurde gerne über andere gelästert. Wenn jemand durchgehechelt wurde, dann redete man schlecht über ihn.

Abb. 2.6 _ Gewinnung der Flachsfasern durch Brechen (re.) und Hecheln (li.) im 18. Jahrhundert (Basedow, 1774)

Verheddern

Bei der Flachs- und Hanffasergewinnung wird der Abfall, der beim letzten Auskämmprozess übrigbleibt, als »Hede« bezeichnet. Wenn sich also etwas verheddert, dann hat es sich in diesem Kamm verfangen und wird anschließend entfernt.

Die Junk-E-mail

Der schlechteste Flachs der Antike wuchs nach dem griechischen Geschichtsschreiber Strabon in der Nähe von Amporias in Spanien und war fast unbrauchbar. Es galt als Abart des Schilfs (lat. »iuncus«). Das Endprodukt wurde als junkarisches Leinen bezeichnet und entwickelte sich über ein Slangwort der Seeleute für schadhafte Taue und Seile zu engl. »junk« (»Müll«). E-Mails, die keiner haben will, werden daher so bezeichnet.

Ein schwarzes Schaf

Abb. 2.7 _ Schwarz-braunes Schaf inmitten weißer Schafe (Solana, 2008)

Die erste Erwähnung dieses Ausdrucks findet sich in der Bibel (Genesis 30, 32), wo es sinngemäß heißt: »Ich will heute durch alle deine Herden gehen und aussondern alle gefleckten und bunten Schafe und alle schwarzen Schafe«. Als schwarzes Schaf(Abb. 2.7) werden Menschen bezeichnet, die in irgendeiner Weise negativ aufgefallen sind. Es bezieht sich darauf, dass schwarze Wolle nicht gefärbt werden kann und daher in Mischungen mit weißer Wolle eine Färbung mit hellen Farbtönen unmöglich macht. Selbst eine einzelne schwarze Faser ist im gefärbten Textil noch zu erkennen.

Nach einer NDR-Dokumentation von 2005 kann es allerdings vorteilhaft sein, in einer Herde einige schwarze Schafe zu haben, weil sich die weißen Tiere dann an die Anwesenheit schwarzer Tiere gewöhnen und nicht in Panik geraten, wenn sich nachts Wildschweine in der Nähe befinden.

Schäferstündchen

Wenn ein Wanderschäfer auf Transhumanz durch die Lande zog und Rast machte, dann konnte es vorkommen, dass er in seinem Schäferkarren (Abb. 2.8) von Mitgliedern der ortsansässigen weiblichen Bevölkerung besucht wurde. Ging die Begegnung zeitlich über die übliche Begrüßung hinaus und lernte man sich näher kennen, so sprach man von einem Schäferstündchen.

Abb. 2.8 _ Schäferkarren (Martinvl, 2016)

Ungeschoren bleiben

Dauert das Schäferstündchen länger, kann es passieren, dass der Schäfer nicht zum Scheren kommt und entsprechend bleiben seine Schafe ungeschoren, was umgangssprachlich dasselbe ist wie »unbehelligt bleiben«, also in Ruhe gelassen werden.

In die Wolle kriegen