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Das umfassende Buch von Martin Heß liefert sowohl Einsteigern als auch erfahrenen Verhandlern eine Vielzahl wertvoller Anregungen, um erfolgreich zu verhandeln, sei es im Business-Umfeld, als Vertreter einer Gruppe von Menschen, oder in eigener Sache im privaten Bereich. Das Buch verbindet theoretische Grundlagen aus Kommunikationspsychologie, Spieltheorie, Systemtheorie und Emotionspsychologie mit praktischen Tipps und Techniken, um den Leser auf ein höheres, professionelleres Niveau der Verhandlungsführung zu heben.
Das Buch gliedert sich in zwei Teile: den Theorieteil, der den wissenschaftlichen Hintergrund des Verhandelns behandelt, und den Praxisteil, der bewährte Strategien, Taktiken und Methoden für erfolgreiche Verhandlungen präsentiert. Im Text finden die Leser Checklisten und Fragenkataloge zur professionellen Vorbereitung und Durchführung von Verhandlungen (inklusive Formulierungsvorschläge). Zudem wird ein Phasenmodell des Verhandelns vorgestellt, das als allgemeiner Orientierungsrahmen dient.
Dieses Buch ist genau das Richtige für diejenigen, die einerseits wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse über Verhandlungen interessieren und gleichzeitig aber auch ganz praktische Ratschläge für Strategien, Taktiken und Formulierungen für ihre eigenen Verhandlungen finden wollen.
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Seitenzahl: 424
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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Print ISBN: 978-3-527-51184-6ePub ISBN: 978-3-527-84720-4
Umschlaggestaltung: Torge StoffersCoverbild: James Steidl - stock.adobe.com
Cover
Titelblatt
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Verhandeln ist Gefühlssache
Begriffsbestimmung
Übersicht
Notiz
Teil I: DIE THEORIE: ZUM WISSENSCHAFTLICHEN HINTERGRUND DES VERHANDELNS
1 Die Entstehung der Verhandlungskunst
Psychologie der Emotionen
Emotionen und Bewusstsein
Emotion und Gefühl
Primäre Emotionen
Emotionen beeinflussen
Emotionen am Verhandlungstisch
Emotionsmanagement
Wut und Ärger
Deeskalation
Emotionale Manipulation
Anmerkungen
2 Das streitende Gehirn
Herdentiere
Default Mode Network
Freund oder Feind?
Selbstkontrolle
Aggressionen
Empathie
Rumpelstilzchen
Choleriker
Anmerkungen
3 Ethisch verhandeln
Prinzipien des Weltethos
Eine Anleitung zu ethischem Verhandeln
Möglichkeiten, um Ethik in Verhandlungen zu schulen
Notiz
4 Verhandlungskommunikation
Sender und Empfänger
Informationstheorie
Empfänger entscheiden
Feedback
Anmerkungen
5 Metakommunikation
Ballonperspektive
Professionelle Gesprächsführung
6 Verhandlungsrhetorik
Suchen und Finden
Rhetorik
Vom Monolog zum Dialog
Rhetorische Wirk- und Stilmittel
Notiz
7 Dialektik – Streiten in Verhandlungen
Kurze Geschichte der Dialektik
Dialektik in Verhandlungen
Dialektische Methodik
Anmerkungen
8 Argumentationsketten
Was ist ein Argument?
Lineare Argumentation
Dialektische Argumentation
Verpackung von Argumenten
9 Verhandlungskunst
10 Verhandlungstalent
Mindsight oder Theory of Mind
Tiere verhandeln nicht
11 Verhandeln Frauen anders als Männer?
12 Die vier Phasen des Verhandlungstrainings
Einstieg ins Training
Storytelling
Verhandlungstraining
Teil II: DIE PRAXIS: STRATEGIEN, TAKTIKEN UND METHODEN FÜR IHRE VERHANDLUNGEN
Richtig und falsch
Verhandeln macht Angst
Taktik
13 Das Harvard-Konzept
Vorteile des Harvard-Konzepts
Beziehungsaufbau
Kreativität
Umfassendes Verhandlungsergebnis
Nachteile des Harvard-Konzepts:
Notiz
14 Intuition am Verhandlungstisch
15 Ein Phasenmodell des Verhandelns – Einführung
16 Phase 1: Vorbereitung und Planung
Verhandlungsbereitschaft
Verhandeln als Ritual
Strategisch verhandeln
Strategiegeleitete Argumentationsketten
Notiz
17 Phase 2: Begrüßung und Eröffnungsphase
Körpersprache
Das Verhandlungsmodell von Willem Mastenbroek
Anmerkungen
18 Phase 3: Die Analyse- und Explorationsphase
Aktives Zuhören
19 Phase 4: Die Argumentation
Die Pro-und-Contra-Methode
Argumentationstypen
Preisverhandlungen
Anmerkungen
20 Phase 5: Abschluss und Vereinbarung
21 Phase 6: Abschied
Notiz
22 Jetzt wird es konkret - Tipps und Tricks aus der Verhandlungspraxis
Notiz
23 Verhandeln mit Maschinen
Anmerkungen
Der Autor
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
End User License Agreement
Kapitel 6
Tabelle 6.1: Rhetorische Mittel für Verhandlungen
Kapitel 16
Tabelle 16.1: Welche Strategie ist welcher Interessenlage angemessen
Kapitel 4
Abbildung 4.1: Kommunikationskanäle
Kapitel 12
Abbildung 12.1: Die 4 Lernphasen
Abbildung 12.2: Die vier Betrachtungsebenen beim Verhandeln
Kapitel 15
Abbildung 15.1: Die Phasen des Verhandelns
Kapitel 16
Abbildung 16.1: Die 5 typischen Verhandlungsstrategien
Kapitel 17
Abbildung 17.1: Emotional spiegeln und führen
Kapitel 18
Abbildung 18.1: Emotionale Führung
Kapitel 19
Abbildung 19.1: Aufbau der Nutzenargumentation
Cover
Titelblatt
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Verhandeln ist Gefühlssache
Begriffsbestimmung
Übersicht
Der Autor
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
End User License Agreement
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Dies ist ein Ratgeber für Praktiker, die auch an psychologischen Hintergründen und tieferen Ebenen des Verständnisses interessiert sind. Dieses Buch ist genau das Richtige für Sie, wenn Sie einerseits wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse über Verhandlungen interessieren und Sie gleichzeitig aber auch ganz praktische Ratschläge für Strategien, Taktiken und Formulierungen für Ihre eigenen Verhandlungen finden wollen.
Ich widme dieses Buch den vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern meiner Seminare und Trainings zum Thema, die ich im Laufe von mehr als dreißig Jahren als Management-Trainer unterrichten und beraten durfte. Einen Teil des Wissens, das hier niedergeschrieben ist, verdanke ich Ihnen. Vor allem aber eine riesige Sammlung interessanter Fragestellungen und Problemen aus der Praxis, die ich in diesem Buch als Ankerpunkte dafür verwende (wie im Seminar und Training), die Theorie an der Praxis zu erklären.
Als Verhandlungsexperte habe ich immer wieder festgestellt, dass Verhandeln eine der grundlegenden Fähigkeiten ist, die im Geschäftsleben, in der Politik und im täglichen Leben echte Erfolgsfaktoren darstellen. Es kann eine große Herausforderung sein, insbesondere wenn man mit schwierigen Verhandlungspartnern oder komplexen Situationen konfrontiert ist. Doch wie bei jeder Fähigkeit kann man auch beim Verhandeln immer weiter lernen und seine Fähigkeiten verbessern.
In diesem Buch werden Sie eine umfassende Einführung in die Verhandlungstechniken finden, die Ihnen dabei helfen wird, Verhandlungen erfolgreich zu führen und Ihre Ziele zu erreichen. Die Themen reichen von der Kommunikation und Strategie über Taktik und Methodik bis hin zum Emotionsmanagement und zur Spieltheorie. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der professionellen Vorbereitung. Sie werden lernen, wie Sie Verhandlungen systematisch aufbauen können und wie Sie mit schwierigen Verhandlungspartnern umgehen, Eskalationen und Deeskalationen beherrschen und ethisch sauber verhandeln können.
Ich lade Sie ein, mit mir in die Welt der Verhandlungen einzutauchen und die Erkenntnisse und Techniken in diesem Buch für Ihren Erfolg zu nutzen. Nehmen Sie es als Ihren Werkzeugkasten, um Ihre Verhandlungsfähigkeiten zu schärfen und bessere Ergebnisse in Ihren beruflichen und persönlichen Verhandlungen zu erzielen. Gleichzeitig möchte ich mich bei all den Menschen bedanken, die mich auf meinem eigenen Weg begleitet – und die ihre Erfahrungen und Herausforderungen mit mir geteilt haben.
Ihre Rückmeldungen und Anregungen haben dazu beigetragen, diesen Ratgeber zu formen und zu bereichern. Ich hoffe sehr, dass dieses Buch Ihnen genauso viel Freude beim Lesen bereitet, wie es mir Freude bereitet hat, es zu schreiben.
Martin HeßDezember 2023
Was den exzellenten Verhandler vom Amateur unterscheidet, ist sein Gespür für die Situation und nicht nur sein explizites Wissen. Man weiß eben nie, ob es in einer bestimmten Lage für die Verhandlungsführung zum Beispiel erfolgversprechender wäre, mehr Druck aufzubauen oder aber sich konziliant zu zeigen. Man spürt es allenfalls. Man kann es auch gar nicht wissen, denn das Verhalten der anderen Seite ist abhängig vom eigenen – aber dieses eben auch wiederum umgekehrt von dem Verhalten der anderen. In einem solchen System herrscht also Rückkopplung und damit Rückbezüglichkeit. Wenn Sie in einem Excel-Sheet eine derartige Beziehung zwischen zwei Zellen herstellen, erhalten Sie eine Fehlermeldung. In logisch-mathematischer Betrachtungsweise verhält es sich damit nicht-linear und sein Verhalten kann prinzipiell nicht vorhergesagt werden. Es ist unberechenbar. Anders gesagt: chaotisch.
Zudem ist der Kontext meist komplex. Da zu viele Parameter an der Entscheidungsfindung beteiligt sind und diese miteinander wechselwirken, ist sie mit reiner Logik nicht zu durchdringen. So ließ etwa im Rahmen einer wissenschaftlichen Verhandlungssimulation der amerikanische Rechtsprofessor G. Williams 40 praktizierende Anwälte in einem Schadensersatzprozess nach dem Recht des Staates Iowa gegeneinander verhandeln. Die 20 Verhandlungsergebnisse lagen zwischen 15 000 und 95 000 $ mit erheblicher Streuung um den Mittelwert. »Bei Gericht und auf hoher See bist Du in Gottes Hand …« sagen die Juristen. Wesensmerkmal jeder Verhandlung ist die relative Unvorhersehbarkeit in Verlauf und Ergebnis. Eben darum verhandelt man ja.
Verhandeln ist immer dann das Erfolg versprechende Kommunikationsverhalten, wenn man im Erreichen der eigenen Ziele wechselseitig voneinander abhängig ist, bei gleichzeitig unterschiedlichen Interessen und einem gewissen Spielraum. Dann kann der Verhandlungsprozess zum Geben und Nehmen werden.
Das muss nicht immer Kompromiss bedeuten. Mag sein, der eine setzt sich mehr durch. Mag sein, der andere. Vielleicht gibt es sogar mehrere Sieger. Oder das Ganze scheitert. Man weiß es vorher nicht. Eben darum wird verhandelt. Wüsste man es bereits vorher, bräuchte man keine Verhandlung. Es sei denn, um den Schein zu wahren. Für die eigenen Leute zum Beispiel, in deren Auftrag man in den Ring geschickt wurde. Und das kann wirklich sinnvoll sein, denn der Maßstab für die Qualität einer Verhandlung ist die anschließend erfolgende Handlung.
Damit ein Ergebnis vor den Auftraggebern für das Handeln Bestand hat, muss es manchmal erst sichtbar erkämpft worden sein. Dann wird die Verhandlung vielleicht zum Ritual im Sinne von »vorhersehbar im Ablauf«. Aber eben zu einem bedeutsamen.
Die Vorsilbe »ver…« kommt aus dem Mittelhochdeutschen und bedeutete ursprünglich einmal vor… Verhandeln heißt also vor-handeln. Wer verhandelt, versucht eine Absprache darüber zu treffen, was in der Zukunft in die Tat umgesetzt werden soll. Diese Handlung in der Zukunft ist also der eigentliche Zweck und damit auch der Qualitätsmaßstab einer Verhandlung. Erst wenn die Handlung erfolgt ist, kann man darüber urteilen, wie gut die Verhandlung eigentlich war.
So kennt jeder wahrscheinlich Verhandlungen, die scheinbar sehr leicht und einfach verlaufen sind – zum Beispiel bekommt man sehr schnell die Zustimmung des anderen –, am Ende aber doch nicht zum gewünschten Handeln führen. Zum Beispiel ist die sprichwörtliche Tinte auf dem Vertrag kaum getrocknet, da wird schon nachverhandelt oder aber Beteiligte halten sich einfach nicht an die Vereinbarungen und brechen die Absprache. Umgekehrt verlaufen manche Verhandlungen äußerst widersprüchlich, zäh und verwirrend, sorgen aber schließlich – vielleicht auch gerade dadurch! – für Vereinbarungen, die sich als nachhaltig tragfähig und handlungsrelevant für alle Beteiligten herausstellen.
Typischerweise ist es beim Verhandeln nun so, dass dieses Handeln in der Zukunft, um das es geht, mehrere betrifft, die unterschiedliche Vorstellungen darüber haben, wie gehandelt werden soll. Die Beteiligten haben eigene Interessen, aber gleichzeitig brauchen sie einander, um diese zu wahren. Keiner kann es allein. Solch eine wechselseitige Abhängigkeit wird in der Sozialpsychologie und Ökonomie als »Interdependenz« bezeichnet.
Interdependenzen können sich auf Sachen und Werte beziehen, aber ebenso auf bestimmte Verhaltensweisen. Es gibt dabei immer verschiedene Alternativen für das Handeln, die miteinander konkurrieren, so dass das, was für den einen optimal wäre, für den oder die anderen nicht das Beste ist. Häufig ist es so, dass die Beteiligten auf einen Pool gemeinsamer Ressourcen zugreifen oder zugreifen wollen und das, was der eine sich daraus nimmt, den anderen, die es ebenfalls gerne hätten, dann nicht mehr zur Verfügung steht. Es kann auch sein, dass der Output des einen ein wichtiger Input für den anderen ist, und möglicherweise gilt das gleichzeitig auch umgekehrt.
Jedes größere Unternehmen, dessen Erfolg auf Arbeitsteilung beruht, besteht daher aus einem vielschichtigen Netzwerk miteinander verschlungener Interdependenzen. Für alle Handelsbeziehungen und Lieferketten zwischen Unternehmen, für alle sozialen und politischen Verbindungen, und schließlich auch Familien und alle Formen menschlichen Miteinanders kann man erkennen: Beziehungen beruhen auf Interdependenzen und diese haben Auswirkung auf das Verhalten in allen Situationen, auch wenn das den Beteiligten vielleicht gar nicht voll bewusst ist. Werden nur einseitige Abhängigkeiten gesehen, ist meistens bloß der Blick nicht weit genug.
Dieses Buch soll denjenigen, die immer wieder Verhandlungssituationen zu meistern haben, theoretische und praktische Unterstützung zur Verfügung stellen, um dieser Aufgabe immer besser gewachsen zu sein. Es werden dabei Erkenntnisse aus der Hirnforschung mit der persönlichen Erfahrung aus vielen Jahren Training und Coaching von professionellen Verhandlerinnen und Verhandlern vorgestellt und miteinander verknüpft. Das Ziel ist, eine Reihe von hilfreichen und praxiserprobten Faustregeln, Leitfäden, Checklisten und Praxistipps für Sie bereitzustellen. Einiges von dem hier Vorgestellten beruht auf der Beobachtung des Verhaltens erfolgreicher Verhandler.
Andere Erkenntnisse entstammen der psychologischen Fachliteratur. Die Wissenschaften vom Erleben und Verhalten des Menschen haben im Verlauf der letzten zwanzig Jahre enorme Veränderungen erfahren. Durch die Entwicklung hochauflösender Computertomographie, die in der Lage ist, Bereiche kurzfristig erhöhter Aktivität im Gehirn am Bildschirm darzustellen, ist es möglich geworden, unserem Denkorgan nahezu »bei seiner Arbeit zuzuschauen«. Wir betrachten den verhandelnden Menschen in diesem Buch auch aus der durch derartige Untersuchungsmethoden nahegelegten naturalistischen Perspektive, ohne aber in mechanistischen Reduktionismus zu verfallen.
Menschen sind keine Maschinen. Denken, Fühlen, Handeln und Erleben beruht zwar auf biologischen Prozessen, die im neuronalen Netzwerk des Nervensystems auf der Grundlage physikalischer und chemischer Gesetzmäßigkeiten passieren. Aber gerade Verhandlungssituationen führen uns vor Augen, wie aus relativ einfachen Einzelteilen durch Rückkopplung etwas entstehen kann, was unvorhersehbar, eigenwillig, interessant, lebendig und von einem ganz eigenen Geist und eigener Intelligenz geleitet ist.
Die Ergebnisse moderner bildgebender Verfahren, die bei der Erforschung der Geschehnisse in unserem Gehirn beim Verhandeln in den vergangenen Jahren eine immer bedeutsamere Rolle gewonnen haben, bestätigen dabei in vielerlei Hinsicht das, was erfahrene Verhandler schon immer wussten, aber nie anders als durch Verweis auf eben diese Erfahrungen belegen konnten. Manches intuitiv plausibel Erscheinende wird im vorliegenden Leitfaden aber auch relativiert oder gar vom Kopf auf die Füße gestellt. Doch ein endgültiges Rezept dafür, wie Verhandlungen in jedem Falle »richtig« zu führen seien, gibt es nicht und wird es auch niemals geben. Es kann daher auch von diesem Handbuch nicht geliefert werden. Und das liegt schließlich auch in der Natur der Sache selbst.
Verhandeln ist kein linear-kausales Geschehen, bei dem das Herstellen bestimmter Anfangsbedingungen und das Befolgen definierter Regeln zu einem vorhersehbaren Ergebnis führt. Was sich zwischen Menschen – ja sogar zwischen Computern – abspielt, wenn sie miteinander verhandeln, lässt sich nie mit absoluter Sicherheit vorhersehen, berechnen oder bestimmen. Man kann immer nur Vermutungen darüber anstellen und Wahrscheinlichkeiten dafür abschätzen, was die Gegenseite wohl plant und tut, wie sie agieren und reagieren wird. Die Berechnung solcher Wahrscheinlichkeiten ist das Ziel und die Aufgabe der in ihren Grundzügen von John von Neumann und Oskar Morgenstern im Jahre 1944 vorgelegten mathematischen Spieltheorie1. Doch selbst die Berechnung von Wahrscheinlichkeiten und die Abschätzung von Risiken gemäß der Spieltheorie ist auf Voraussetzungen gegründet und funktioniert nur, wenn diese auch gegeben sind. Und das ist in echten, lebendigen Verhandlungssituationen, wie sie uns im wirtschaftlichen, politischen, juristischen oder auch familiären Alltag begegnen, leider praktisch nie der Fall.
So geht die Spieltheorie beispielsweise davon aus, dass sich die Beteiligten solcher Wechselwirkungen, die sogenannten »Spieler« also, stets rational und am Eigennutz orientiert verhalten. Sie unterstellt, dass sich die Teilnehmer etwa eines Marktes oder einer bilateralen Verhandlung immer so verhalten, wie sie glauben, dass es nötig sei, um den Nutzen für sich selbst möglichst hoch ausfallen zu lassen. Doch das ist im richtigen Leben keineswegs immer der Fall!
Zum einen verhalten sich viele Menschen in vielen Situationen durchaus kooperativ und denken auch an andere, und zwar nicht immer nur, damit am Ende doch wieder der eigene Vorteil für sie dabei herausspringt. Das bittere Wort »Kratz einen Altruisten und Du siehst einen Egoisten bluten …« ist definitiv und Gott sei Dank vollkommen falsch! Menschen handeln ethisch und moralisch nicht, weil sie Strafe fürchten oder eine Gegenleistung erwarten, sondern weil sie – meist jedenfalls – ein »warmes schlagendes und fühlendes Herz in ihrer Brust« haben.
Menschliches Handeln wird stets mehr oder weniger stark von Emotionen geleitet, denn menschliches Bewusstsein selbst wird – wie wir sehen werden – aus diesen Emotionen heraus erzeugt. Der Mensch ist nicht Mensch, weil er denkt. Er kann das Denken durch Meditation oder Geistesgegenwart auch einstellen und bleibt trotzdem Mensch! Und hoch entwickelte Tiere können in Grundformen ebenfalls denken, indem sie mit mentalen Repräsentationen äußeren Geschehens versuchsweise handeln. Das ist nachgewiesen.
Und schließlich nehmen Menschen in Verhandlungssituationen sogar eigenen Schaden in Kauf (siehe »Das Ultimatum-Spiel«), um eine als unfair empfundene Situation zu korrigieren. Und wie viele bei ruhiger Betrachtung annehmbare Angebote werden in Schadenersatzverhandlungen ausgeschlagen, weil der Geschädigte den anderen aus Rache leiden lassen will und ihm die gütliche Einigung nicht gönnt. Da braucht es den Anwalt als Mittler und Profi, der seinem Mandanten rät, nach Vernunft und nicht nach Emotion zu entscheiden.
Niemand kann in einer echten Verhandlungssituation wirklich wissen, was tatsächlich das Beste wäre, denn die Akteure beeinflussen sich gegenseitig und keiner hat das Geschehen allein unter Kontrolle. Es müssen Entscheidungen getroffen werden, doch wohin sie führen, ist prinzipiell ungewiss, denn es gehört ja – mindestens – noch eine andere Partei dazu. Solch eine Situation nennt man in der Sozialpsychologie ein »Spiel«.
Dass Verhandlungen in diesem Sinne Spiele sind, heißt nicht, dass sie nicht ernst zu nehmen und wie die meisten Spiele dem Bereich der Spaß- und Freizeitaktivitäten zuzurechnen seien. Im Gegenteil: Sie gehören zum menschlichen Konflikt- und Konfliktlösungsverhalten. Es sind – im besten Fall geordnete – Auseinandersetzungen, aber wer dabei wie viel mit nach Hause nimmt, bleibt bis zum Ende ungewiss. Ja, sogar über das Ende hinaus, denn Verhandeln heißt zunächst einmal nur, Absprachen zu treffen über das, was dann später, nach der Verhandlung geschehen soll. Ob alle sich dann daran halten oder nicht, steht wieder auf einem anderen Blatt. Dann zeigt sich erst, was die Verhandlung und ihr Ergebnis wert sind.
Verhandeln bringt also immer Unsicherheit mit sich. Das hat es mit anderen Spielen gemeinsam. Bei Sport- oder Gesellschaftsspielen ist es ähnlich. Man weiß nie genau, was tatsächlich passieren wird. Eben darum schaut manch einer sich so ein Spiel auch gerne an oder spielt mit. Das macht die Sache interessant. Dass keiner sicher wissen kann, was geschehen wird, liegt hierbei nicht an unvollständigen Informationen, sondern im Wesen dieses Geschehens. Selbst wenn man alle nur vorstellbaren Informationen über jede Seite hätte – was an sich schon unmöglich ist –, wüsste man dennoch nicht, was geschieht, wenn sie aufeinandertreffen.
Es wird verhandelt, um etwas festzulegen, was noch nicht festgelegt ist. Wäre es das bereits, brauchte man nicht zu verhandeln. Jedes Spiel muss erst einmal gespielt werden. Selbst wenn der Ausgang sicher scheint, herrscht doch bis zur Umsetzung in die Tat eine grundlegende Unsicherheit, die Spannung erzeugt. Und das hat natürlich damit zu tun, dass der eine, selbst wenn er noch so überlegen erscheint, immer nur so weit kommen kann, wie der andere ihn lässt. Man kann sich noch so gut vorbereiten und noch so stark sein: Wenn der andere nicht mitspielt, kommt keine Einigung zustande. Man ist also beim Verhandeln immer auch dem Gegenüber ausgeliefert. Deshalb erzeugt jede Verhandlungssituation mehr oder weniger große und mehr oder weniger bewusste Angst. Die Verhandlerinnen und Verhandler reagieren wechselseitig aufeinander mit ihrem Verhalten. Der eine reagiert auf das, was der andere macht und umgekehrt.
Verhandeln ist kein lineares, sondern ein zirkuläres Geschehen. Das, was eine Partei sagt und tut, erklärt sich dabei nicht nur aus dem, was vorher war, sondern auch aus dem, was als Reaktion darauf von der anderen Seite erwartet wird.
Man agiert praktisch mit Blick auf die Vergangenheit und auf die Zukunft gleichzeitig. Dadurch entsteht Rückkopplung. Eine nicht enden wollende Feedback-Schleife, die dafür sorgt, dass das ganze System oft instabil ist, mitunter chaotisch und auch einen Hauch von Unendlichkeit erhält. Das macht es auch eigenwillig und spannend, denn so entsteht ständig etwas Neues. Doch gleichzeitig wird es dadurch auch unberechenbar, wie ein Tennismatch oder ein Börsenkurs. Man kann es nicht richtig in den Griff bekommen. Ohne faule Tricks jedenfalls nicht. Und deshalb bleibt immer eine gewisse Unsicherheit und Unordentlichkeit mit dem ganzen Geschehen verbunden. Die einzelnen Schritte lassen sich schwer planen. Was in einer solchen Situation helfen kann, ist Strategie: das Handeln also auf lange Sicht zu planen, grob nur, nicht im Detail, und getragen von einem Bewusstsein der eigenen Interessen und Werte.
Verhandeln ist überall da, wo Menschen die Zukunft verabreden wollen. Das Unbestimmte soll dem Bestimmten weichen. Wo Unsicherheit herrscht, soll Sicherheit entstehen. Und zwar im Miteinander. Verhandelt wird immer über Dinge, die mehrere betreffen. Es geht immer um das, was zwischen Menschen ist. Und so ist auch Verhandeln nichts, was der eine oder der andere tut, sondern Verhandeln spielt sich immer zwischen mehreren ab. Es beschreibt, was sie miteinander tun, wie sie miteinander kommunizieren, welche Vereinbarungen zwischen ihnen geschlossen werden und mit welchen Strategien, Taktiken und Methoden der eine jeweils versucht, auf den anderen einzuwirken, um das zu bekommen, was er will.
Verhandeln geschieht überall, wo Menschen sind. Soziale Gemeinschaft, Gesellschaft und Zusammenleben werden durch Verhandeln organisiert. Es ist ein Produkt des menschlichen Bewusstseins. Typisch menschlich eben. Zwischen Tieren ist es noch nie beobachtet worden, denn es erfordert Antizipation, gedankliche Vorwegnahme. Und das braucht erstens ein Bewusstsein, das Zeit empfinden kann, und zweitens ein abstrahierendes Vorstellungsvermögen, um über die Zukunft zu reden. Man muss sich eine Vorstellung machen können von dem, was einmal Realität werden soll. Und das können Tiere nicht.
Verhandeln ist daher schwierig. Es stellt für den menschlichen Geist und das Gefühl eine ziemlich große Herausforderung dar und wurde im Zuge der zivilisatorischen Entwicklung des Menschen erst nach und nach hervorgebracht. Insofern ist es auch eine Kulturleistung. Je höher eine Zivilisation steht, umso höher ist dort auch die Verhandlungskunst entwickelt. Zivilgesellschaft bedeutet ja gerade, strittige Themen auf dem Verhandlungsweg zu lösen, statt durch Krieg, Gewalt und Unterdrückung die Dinge zu regeln. Man kann nun nicht gerade behaupten, dass die Menschheit heute besonders stolz auf eine lange Geschichte erfolgreicher Zivilgesellschaften zurückblicken könnte. Es gibt Erfolge, kein Zweifel. Aber der Bedarf an Verhandlungskompetenz auf allen Ebenen wird wohl weiterhin zunehmen. Vielleicht kann dieses Kompendium einen kleinen Beitrag dazu leisten.
Verhandeln bietet vor allem auch eine Möglichkeit der Einflussnahme aufeinander, die frei von Tricks und Täuschungen, frei von mentaler und emotionaler Manipulation sein kann. Ausgehandelte Vereinbarungen, die in ehrlicher Absprache getroffen werden, können es Menschen ermöglichen, in schwierigen Situationen für ihre Interessen einzustehen und dabei ihre Integrität zu wahren. Kein leichtes Unterfangen, ist doch die erste, gleichsam »natürliche« Möglichkeit der Einflussnahme, die wir alle bereits mit der Muttermilch in uns eingesogen haben, die der emotionalen Manipulation.
Dem Säugling steht halt auch kein anderer Weg zur Verfügung, seine überlebenswichtigen Bedürfnisse nach Nahrung, Schutz und Zuwendung kundzutun und einzufordern. Wir alle lernen Schreien, Weinen, Wut und Angst eben nicht nur als äußeren Ausdruck von Störungen unseres inneren Gleichgewichts, der Homöostase, kennen, sondern eben auch als – in aller Regel – äußerst wirksame Methode, die Menschen in unserem Umfeld dazu zu bringen, unseren Wünschen und Bedürfnissen gerecht zu werden. Schreien vor Wut drückt nicht nur eine Befindlichkeit aus, sondern ist auch ein an andere gerichtetes Kommunikationssignal. Tränen der Trauer schwemmen keine negativen Substanzen oder Gefühle aus dem Körper, sondern sind eine Botschaft an die Mitmenschen: Hilf mir!
Emotionen haben einen Kommunikationsaspekt, und längst bevor wir Sprechen und später verbal Verhandeln lernen, erfahren wir, wie unsere Gefühlsäußerungen mehr oder weniger wirksam auf unsere Mitmenschen wirken können, um diese dazu zu bringen, zu tun, was wir uns wünschen. Diese frühkindlichen Erfahrungen sind zunächst einmal prägend und Kinder müssen durch Erziehung lernen, dass es auch anders geht, ja anders gehen muss. Eine funktionierende Gemeinschaft ist auf eine stabile Grundstimmung angewiesen. Emotionale Konflikte gefährden den Zusammenhalt. Zerfällt eine Gruppe im Streit, gerät das Individuum in massive Gefahr.
Der Mensch ist ein Gruppenwesen, kein Einzelgänger. Wir sind sozialbiologisch eben nicht mit zum Beispiel Bär oder Wiesel »verwandt«, die sich sehr gut als Einzelgänger in ihrer natürlichen Umwelt behaupten. Nein, Homo sapiens braucht die funktionierende Gemeinschaft als echten Überlebensfaktor. Wir sind wie die Wölfe und wie die Affen. Wir brauchen unsere Gruppe. Der Ausschluss, das Verstoßen-werden von der Horde, die Trennung von seinem Stamm, kam zu den allermeisten Zeiten für die allermeisten Individuen einem Todesurteil gleich. Konfliktregulierung und Zähmung eskalierender emotionaler Auseinandersetzungen war und ist für den Menschen ein echter Überlebensfaktor, kein nice-to-have. Verhandeln ist überlebenswichtig.
Erfolgreiches Verhandeln erfordert sowohl Wissen als auch Gespür für die Situation.
Verhandlungen sind unsicher und unvorhersehbar aufgrund vieler Einflussfaktoren.
Kompromisse sind nicht immer notwendig, und Verhandlungen können verschiedene Gewinner haben.
Der Erfolg einer Verhandlung hängt von Vorbereitung und Reaktion unter Druck ab.
Verhandlungen sind Spiele mit ungewissem Ausgang.
Emotionen spielen eine wichtige Rolle in Verhandlungen.
Verhandeln ermöglicht Einflussnahme ohne Tricks.
Interdependenzen zwischen Beteiligten beeinflussen den Verlauf.
Verhandeln ist eine grundlegende soziale Fähigkeit.
Verhandlungen wandeln Unsicherheit in Sicherheit um.
Es ist schwierig, Verhandlungsausgänge vorherzusagen.
Der Mensch ist von Natur aus sozial und verhandelt in vielen Situationen.
Verhandeln erfordert eine Balance zwischen eigenen Interessen und dem Gemeinwohl.
Emotionen beeinflussen Verhandlungen, und ihre Kontrolle ist wichtig.
Verhandeln ist eine Kunst, die durch Erfahrung und Verständnis verbessert wird.
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. Von Neumann, J. & Morgenstern, O. (1944). Theory of games and economic behaviour. Princeton University Press.
Wer hat's erfunden? Die Franzosen waren es! Die Entwicklung der Fähigkeit, miteinander auch in Situationen äußerster Interessengegensätze noch zu sprechen und Lösungen und Vereinbarungen auszuhandeln und dabei die Emotionen auch in konflikthaften Konstellationen kontrollieren zu können, ist eine zivilisatorische Leistung allererster Güte. Ja steht es doch für den zivilisierten Umgang miteinander, im Gegensatz zum gewaltsamen Austragen und Entscheiden von Konflikten.
Viele Kriege enden in irgendeiner Art von Verhandlung. Und umgekehrt ist der Krieg nicht selten »die Fortsetzung von Diplomatie mit anderen Mitteln«2. (Wenn dabei Ersteres erzielt und das Zweite vermieden werden soll, steht die Frage nach der emotionalen Intelligenz und Kompetenz der Verhandelnden im Zentrum.) Der Satz über die Diplomatie und den Krieg ist bekanntermaßen ein Zitat des preußischen Generals und Militärtheoretikers Carl von Clausewitz und stammt aus seinem berühmten Werk Vom Kriege (1832). Clausewitz beschreibt hier die Idee, dass Krieg in vielen Fällen das Ergebnis von scheiternden Diplomatie-Bemühungen ist und die Fortsetzung oder das Ergebnis der Verhandlungen auf andere Weise darstellt.
Er argumentiert, dass Krieg oft das letzte Mittel sei, das eingesetzt werde, wenn die Verhandlungskunst versage, und betont, dass Krieg dabei eigentlich gar kein unabdingbares Schicksal sei, sondern das Ergebnis von Entscheidungen und Handlungen der Staaten und Regierungen.
Clausewitz´ berühmter Satz bedeutet gerade nicht, dass Krieg bevorzugt oder gar als Mittel der Wahl betrachtet werden sollte. Im Gegenteil, Clausewitz sagt klar und eindeutig, dass Kriege immer vermieden und Verhandlungslösungen stattdessen angestrebt werden müssen.
Verhandlungskunst ist die Alternative, um Konflikte friedlich zu lösen und Krieg zu vermeiden. Deshalb ist ihre Entwicklung aus meiner Sicht vergleichbar mit anderen großen Errungenschaften zum Wohle der Menschheit, etwa mit der Entwicklung des Penizillins oder des Sicherheitsgurts. Der französische Diplomat De Callières war es dabei, der im Jahre 1716 das erste Buch zur guten Verhandlungsführung verfasste.
De Callières (1645-1717) war ein französischer Diplomat und Schriftsteller, der vor allem für sein Werk Die Kunst der Diplomatie bekannt ist.3 Es war eine der ersten Abhandlungen, die sich mit den Techniken und Strategien der Verhandlungsführung auseinandersetzten, und gilt noch heute als ein Klassiker auf diesem Gebiet.
In seinem Werk betonte De Callières die Wichtigkeit von Höflichkeit, Geduld und der Fähigkeit, die Perspektive des Gegenübers zu verstehen. Er argumentierte, dass erfolgreiche Verhandlungen darauf basieren, dass beide Seiten ihre Interessen erfolgreich vertreten können, ohne dass eine Seite die andere unterdrückt.
De Callières war selbst ein erfahrener Diplomat und hatte in seiner Karriere an vielen Verhandlungen teilgenommen, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Er nutzte seine Erfahrungen, um in seinem Werk praktische Tipps und Empfehlungen zur Verhandlungsführung zu geben.
Einige der wichtigsten Ideen, die De Callières in seinem Werk vorstellt, sind:
die Wichtigkeit von Höflichkeit und Respekt in Verhandlungen,
die Notwendigkeit, die Perspektive des Gegenübers zu verstehen,
die Bedeutung von Geduld und Flexibilität,
die Möglichkeit, durch Kompromisse erfolgreiche Ergebnisse zu erzielen.
De Callières` Werk hatte großen Einfluss auf die Entwicklung der Verhandlungskunst und wurde von vielen anderen Diplomaten und Verhandlungsexperten zitiert und weiterentwickelt. Es ist noch heute eine wichtige Referenz für diejenigen, die sich mit Verhandlungsführung beschäftigen, insbesondere auf diplomatischem Parkett.
Im Zentrum seiner Verhandlungstechnik stand das Emotionsmanagement. Diese Sichtweise war neu und hatte Konsequenzen. Während des amerikanischen Bürgerkrieges zum Beispiel gab es mehrere Verhandlungen, die über Flüsse hinweg geführt wurden, um einen sicheren und neutralen Ort für Gespräche zu schaffen.
Eines der bekannten Beispiele ist die Hampton Roads Conference im Jahr 1865, die am 3. und 4. Februar 1865 am James River im Bundesstaat Virginia stattfand.4 Die Konferenz war eine Reaktion auf eine wachsende Dringlichkeit, den Konflikt zu beenden, da der Krieg in seine letzte Phase eintrat und beide Seiten Verluste erlitten hatten. Präsident Abraham Lincoln und sein Verteidigungsminister, Edwin M. Stanton, trafen sich mit dem Konföderierten Vizepräsidenten Alexander H. Stephens, dem Konföderierten Außenminister Robert M. T. Hunter und dem Konföderierten General John Campbell, um über eine friedliche Lösung zu verhandeln. Obwohl beide Seiten über ein Ende des Krieges diskutierten, waren sie uneins über die Bedingungen einer Kapitulation. Die Konföderierten forderten eine unabhängige Regierung, während die Union eine Wiedervereinigung unter der Kontrolle der Bundesregierung verlangte. Da keine Einigung erzielt wurde, wurde der Krieg bis zur Kapitulation der Konföderierten im April 1865 fortgesetzt. Die Hampton Roads Conference wird trotzdem als wichtiger Schritt in Richtung eines friedlichen Endes des Konflikts angesehen und zeigt die Bedeutung und Möglichkeiten diplomatischer Verhandlungen, auch in Zeiten hoher Spannungen und Konflikte.
Je weiter wir in der Geschichte zurückblicken, umso augenfälliger wird der damalige Umgang mit Emotionen. Unkontrollierte Impulse kamen in früheren Zeiten viel häufiger vor als heute. Die Gesellschaften waren weniger zivilisiert. Verhandeln bestand im Wesentlichen darin, dass man der jeweils anderen Seite falsche Gefühle und falsche Absichten vorspielte. Die Verhandelnden hielten sich gegenseitig zum Narren und machten sich den Weg zu Vereinbarungen dadurch ungemein schwer. Dennoch stellte dieser Verhandlungsstil, der so typisch für das 18. und 19. Jahrhundert war, einen deutlichen Fortschritt gegenüber dem mittelalterlich geprägten, von dauernder Eskalation und emotionalen Konflikten durchzogenen Verhandeln dar. Beherrschte und geschauspielerte Emotionen sind allemal besser als ungebremste Wut. Aber sie sind noch nicht der Gipfel der Verhandlungskunst.
Heutzutage haben wir ein besseres Verständnis für die Rolle, die Emotionen in Verhandlungen spielen. Wir haben gelernt, dass es wichtig ist, unsere Gefühle zu erkennen und zu regulieren, um effektiv verhandeln zu können. Moderne Verhandlungstechniken zielen darauf ab, Emotionen zu nutzen, um eine Lösung zu erzielen, die für alle Parteien zufriedenstellend ist. Dieser Ansatz kann jedoch immer noch herausfordernd sein, da Emotionen oft unvorhersehbar sind und schnell die Kontrolle übernehmen können.
Es ist jedoch zentral, dass Verhandlerinnen und Verhandler sich bemühen, ihre Emotionen in Verhandlungen unter Kontrolle zu halten, um eine sachorientierte und produktive Diskussion zu führen. Eine positive und konstruktive Verhandlungskultur ist wesentlich für den Erfolg in Geschäftsbeziehungen und für den Aufbau von Vertrauen und Respekt zwischen den Parteien. Emotionale Intelligenz, die die Fähigkeit umfasst, die eigenen und die Emotionen anderer zu verstehen und zu regulieren, ist ein wesentlicher Faktor für den Erfolg. Letztendlich kann eine effektive Verhandlung nur erreicht werden, wenn alle Parteien in der Lage sind, ihre Emotionen im Griff zu halten und eine Lösung zu finden, die für alle Beteiligten zufriedenstellend ist.
Ein weiterer wichtiger Faktor, wenn es um den Umgang mit Emotionen in Verhandlungen geht, ist die Kultur. In manchen Teilen der Welt werden Emotionen offen ausgedrückt und sogar erwartet, während in anderen Teilen eine gewisse Zurückhaltung gefordert ist. In asiatischen Kulturen, zum Beispiel, kann ein lautstarker Ausbruch von Emotionen eher als unhöflich und unangemessen betrachtet werden, während in westlichen Ländern hingegen eine emotionale Reaktion eher als Zeichen für Engagement und Überzeugung interpretiert wird.
Ein besserer Umgang mit Emotionen in Verhandlungen kann zu besseren Ergebnissen führen. Ein Verhandlungspartner, der in der Lage ist, seine Emotionen zu regulieren und dennoch seine Bedürfnisse und Wünsche deutlich zu äußern, ist ein starker Verhandlungspartner. Auf der anderen Seite kann ein Verhandlungspartner, der seine Emotionen nicht im Griff hat, schnell über das Ziel hinausschießen und unverhältnismäßige Forderungen stellen, was die Verhandlungen belasten kann. Es ist daher essenziell, dass Verhandlungspartner lernen, wie sie Emotionen erkennen und regulieren können.
Die Fähigkeit zur Verhandlung in Konfliktsituationen, bei gleichzeitiger Emotionskontrolle, ist eine wichtige zivilisatorische Errungenschaft.
Kriege enden oft in Verhandlungen, und Diplomatie ist ein Mittel, um Kriege zu verhindern.
Der berühmte Satz »Krieg ist die Fortsetzung der Diplomatie mit anderen Mitteln« von Clausewitz betont die Bedeutung von Verhandlungslösungen, um Kriege zu vermeiden, und rechtfertigt sie nicht etwa.
Kriege sind nicht unvermeidlich, sondern das Ergebnis von Entscheidungen der Staaten und Regierungen.
Verhandlungskunst ist eine Alternative, um Konflikte friedlich zu lösen.
De Callières war ein wichtiger Pionier in der Verhandlungsführung und betonte Höflichkeit, Geduld und Perspektivenverständnis.
Moderne Verhandlungstechniken nutzen Emotionen, um zufriedenstellende Lösungen zu finden, in dem sie gezeigt, aber nicht ausgelebt werden.
Emotionale Intelligenz, die Fähigkeit zur Emotionswahrnehmung und Emotionskontrolle, ist entscheidend für erfolgreiche Verhandlungen.
Kultur spielt eine Rolle im Umgang mit Emotionen in Verhandlungen, und unterschiedliche Kulturen haben unterschiedliche Erwartungen.
Ein besserer Umgang mit Emotionen kann zu besseren Verhandlungsergebnissen führen, indem er die Kommunikation und das Verständnis zwischen den Parteien fördert..
Emotionsmanagement ist der Kern der zivilisierten Verhandlungsführung. Insbesondere gilt dies für schwierige Verhandlungen, die sehr frustrierend sein können und bei denen deshalb typischerweise negative Emotionen ausgelöst werden. Es geht dabei darum, die eigenen Emotionen rechtzeitig zu erkennen und zu regulieren sowie die Emotionen des Verhandlungspartners zu verstehen und angemessen damit umzugehen. Dazu ist es ausgesprochen hilfreich, sich selbst und die Menschen überhaupt ein bisschen besser zu verstehen. Deshalb an dieser Stelle ein kurzer Abriss der Emotionspsychologie.
Emotionen sind komplexe und dynamische Zustände des Körpers und des Bewusstseins, die durch bestimmte Reize oder Ereignisse ausgelöst werden und sich sowohl auf das Verhalten als auch auf die körperlichen und geistigen Prozesse auswirken. Emotionen sind ein natürlicher und zentraler Teil des menschlichen Erlebens und beeinflussen, wie wir die Welt wahrnehmen und darauf reagieren. Wir blicken durch eine mehr oder weniger eingefärbte Brille auf die Welt und nehmen sie anders wahr, wenn sie »grau in grau« ist, als wenn wir sie »rosarot« sehen.
Gleichzeitig schauen wir durch Brillen aber auch hindurch, wie durch unsere eigene Augenflüssigkeit und wissen kaum, dass dem so ist. Stimmungen, Gefühle und Befindlichkeiten üben einen sehr machtvollen Einfluss auf unser Leben aus, längst bevor wir uns ihrer bewusst werden. Sie zeigen sich im Körper als muskuläre Spannungen, als Ausschüttung neuronal wirksamer Substanzen und in Form von typischen Gedankenbildern. Im Verhalten lassen sie sich an Sprache und Körpersprache ablesen und vor allem in der Stimme erkennen.
Es gibt viele verschiedene Arten von Emotionen, die in unterschiedliche Kategorien eingeteilt werden können. Die sieben zentral wichtigen sogenannten »primären Emotionen« sind Freude, Überraschung, Angst, Wut, Trauer, Ekel und Verachtung. Über die Frage, ob das Schuldgefühl zu diesen primären Emotionen zu rechnen sei, herrscht etwas Uneinigkeit. Wir rechnen sie dazu, mit dem Argument: Auch unser Hund zeigt Schuld und Reue, wenn er etwas ausgefressen hat. Insofern scheint es eine primäre Funktion des Limbischen Systems zu sein und bedarf keiner gedanklichen Reflexion.
Emotionen können positiv (Freude) als auch negativ (Angst) wahrgenommen und bewertet werden und treten auf, ohne dass wir direkte Kontrolle darüber hätten. Wenn wir sie bemerken, sind sie schon da, und wir können uns allenfalls noch entscheiden, was wir damit tun, aber nicht mehr, ob wir sie haben wollen oder nicht.
Emotionen entstehen durch die Aktivierung bestimmter Bereiche im Gehirn, insbesondere im sogenannten Limbischen System, das für die Verarbeitung von emotionalen Reizen und die Steuerung von Verhaltens- und körperlichen Reaktionen verantwortlich ist. Sie beeinflussen auch die Aktivität von Hormonen und Neurotransmittern im Körper, was zu körperlichen Veränderungen wie Herzklopfen, Schwitzen, Muskelspannung und anderem führen kann. Es ist wichtig, dass Emotionen eine zentrale Rolle in unserem Leben spielen und uns helfen, die Welt um uns herum zu verstehen und uns auf die unterschiedlichsten Situationen einzustellen. Sie können uns helfen, Prioritäten zu setzen, unsere Entscheidungen in hilfreicher Weise zu beeinflussen und uns auf unsere Ziele zu konzentrieren.
Antonio Damasio, ein US-amerikanischer Neurologe und Neurowissenschaftler, und einer der führenden Emotionsexperten unserer Zeit, hat in seinen Arbeiten eine besondere Betonung auf die Beziehung zwischen Emotionen und Bewusstsein gelegt. Damasio zeigt, dass Emotionen und Gefühle eine zentrale Rolle in der Entstehung und Aufrechterhaltung des Bewusstseins spielen5. Emotionen und Gefühle sind ein integraler Bestandteil der kognitiven Prozesse und eng mit dem Bewusstsein verbunden. Sie sind nicht nur eine Reaktion auf äußere Reize, sondern auch eine Art von innerer Wahrnehmung, die es uns ermöglicht, die Welt um uns herum zu interpretieren und zu verstehen.
Bedeutsam bei Antonio Damasio ist die begriffliche Trennung von »Emotionen« (emotions) und »Gefühlen« (feelings). Während Emotionen automatisch ablaufende körperliche Prozesse sind, die auf Reize aus der Umwelt oder dem Körper reagieren, sind Gefühle das bewusste Erleben dieser Veränderungen im Körper und ihre Interpretation. Er argumentiert, dass Emotion und Gefühl eng miteinander verbunden, aber nicht dasselbe sind.
Emotionen sind automatische Reaktionen des Körpers auf bestimmte Reize, die ohne bewusste Kontrolle ablaufen, wie zum Beispiel ein erhöhter Herzschlag oder eine erhöhte Ausschüttung von Stresshormonen in einer Bedrohungssituation.
Gefühle hingegen sind die Wahrnehmung dieser körperlichen Reaktionen. Wenn man beispielsweise in einer bedrohlichen Situation ist und eine schnelle Herzfrequenz und feuchte Hände bekommt, so ist dies die Emotion. Das Gefühl von Angst entsteht aber erst durch das bewusste Erleben dieser körperlichen Reaktionen und ihre Interpretation im Kontext der jeweiligen Situation. So kann ein erhöhter Puls vor einer »schwierigen« Verhandlung am Vormittag als unangenehmes Lampenfieber erlebt und verstanden werden. Die gleiche Pulsfrequenz am Abend während des Kinobesuchs aber als durchaus erwünschte Reaktion auf einen »spannenden« Film gedeutet werden.
Damasio betont, dass Gefühle nicht nur passiv wahrgenommen werden, sondern dass sie aktiv unser Denken und Handeln beeinflussen, da wir sie im Zusammenhang einer Situation mit Bedeutung aufladen. So wirken positive Gefühle wie Freude oder Glück als psychologische Verstärker und können uns dazu motivieren, bestimmte Handlungen zu wiederholen, die uns diese Gefühle bereiten, während negative Gefühle wie Angst oder Trauer uns dazu bringen können, bestimmten Situationen auszuweichen oder sie zu vermeiden.
Insgesamt hebt Damasio die Bedeutung von Emotionen und Gefühlen für unser alltägliches Leben hervor und betont, dass sie nicht nur automatische Reaktionen sind, sondern auch eine wichtige Rolle bei der Gestaltung unserer Gedanken, Handlungen und Entscheidungen spielen. Er zeigt, wie Emotionen und Gefühle uns helfen, schnell zu entscheiden und zu handeln, indem sie uns eine Art von »kurzem Gedächtnis« der Erfahrungen und ihrer Ergebnisse bieten. Diese Erfahrungen werden in Form von Emotionen gespeichert, die uns helfen, schneller und effektiver auf ähnliche Situationen in der Zukunft zu reagieren. Er geht dabei davon aus, dass Emotionen die zentrale Rolle bei der Erzeugung von Bewusstsein spielen und dass eine Unterdrückung oder Fehlfunktion von Emotionen und Gefühlen dazu führen, dass das Bewusstsein erheblich beeinträchtigt wird.
Ein Mensch, dessen Emotionsschaltkreise – aus welchen Gründen auch immer – weitgehend inaktiv sind, ist bewusstlos. Bewusstsein, Wachheit, setzt Emotionen voraus. Die Notwendigkeit von Emotionen und Gefühlen für ein vollständiges und funktionsfähiges Bewusstsein ist eine neurologische Tatsache, und das Verstehen dieser Beziehungen zwischen Emotionen und Bewusstsein ist der Schlüssel zum Verstehen des menschlichen Verhaltens und des kognitiven Prozesses.
Paul Ekman ist ein amerikanischer Psychologe, der sich auf die Erforschung der Emotionen spezialisiert hat.6 Eine seiner wichtigsten Erkenntnisse ist, dass es universale Ausdrucksformen für bestimmte Emotionen gibt, die sich über Kulturen und Gesellschaften hinweg sehr stark ähneln. Er hat gezeigt, wie bestimmte Muskelbewegungen im Gesicht und im Körper Emotionen anzeigen und dass diese Ausdrücke unbewusst erfolgen. Daraus entwickelte er das Konzept der »micro expressions« und zeigte, dass kurze, flüchtige Ausdrücke von Emotionen, die oft nur für ein paar Millisekunden zu sehen sind, Hinweise auf die wahren Gefühle einer Person geben können.
Paul Ekman hat in seiner langjährigen Forschungsarbeit wirklich neue, wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse über die Emotionen gewonnen, die als hoch komplexe und diffuse psycho-physiologische Phänomene so schwer zu fassen und zu beschreiben waren. Einige seiner wichtigsten Entdeckungen sind:
Universale Ausdrucksformen: Ekman hat gezeigt, dass bestimmte Emotionen, wie Freude, Wut, Angst, Trauer und Überraschung, in allen Kulturen und Gesellschaften sehr ähnlich ausgedrückt werden. Diese Ausdrücke sind in den Gesichtsmuskeln und im Körper verankert, spiegeln sich in der Stimme wider und ermöglichen es uns, die Emotionen anderer zu erkennen und zu verstehen. Menschen empfinden überall auf der Welt Angst oder Freude aus ganz unterschiedlichen Gründen. Doch wenn sie sie empfinden, zeigt sich das in denselben körperlichen Anzeichen. Und so können wir Emotionen auch über kulturelle und sprachliche Grenzen hinweg eindeutig erkennen, selbst wenn wir die Sprache nicht verstehen. (Wenn eine südamerikanische Mutter mit ihrem Kind schimpft, so wird dies auch ein Nordvietnamese eindeutig erkennen, selbst wenn er nichts vom Inhalt des Tadels versteht, aber er wird diesen nicht etwa mit einem Lob verwechseln.)
Unbewusste Ausdrücke: Ekman hat auch gezeigt, dass viele der Ausdrücke von Emotionen unbewusst sind und dass Menschen oft nicht wissen, dass sie diese Ausdrücke zeigen. Wir geben alle sehr viel mehr Informationen über uns preis, als uns bewusst ist.
Micro expressions: Ekman hat das Konzept der »micro expressions« entwickelt, die flüchtige Ausdrücke von Emotionen beschreiben, die oft nur für ein paar Millisekunden zu sehen sind. Diese Ausdrücke können aber wichtige Hinweise auf die wahren Gefühle einer Person geben und sind häufig schwerer zu kontrollieren und zu verbergen als andere Ausdrücke von Emotionen.
Emotionale Kompetenz: Ekman hat auch gezeigt, dass die Fähigkeit, die Emotionen anderer zu erkennen und zu verstehen, eine wichtige Fähigkeit ist, die sowohl in persönlichen als auch in beruflichen Beziehungen von großer Bedeutung ist. Er entwickelte dazu eine Methode namens »Facial Action Coding System (FACS)«, die es ermöglicht, die Muskelbewegungen im Gesicht zu kodieren und zu analysieren und so Emotionen zu erkennen und zu klassifizieren.7
»Primäre Emotionen« sind Emotionen, die als grundlegend und universell angesehen werden und die schnell und automatisch auf bestimmte Reize reagieren. Sie werden als natürliche Reaktionen auf bestimmte Ereignisse im Leben betrachtet und als unvermeidlich und unveränderlich angesehen. Paul Ekman hat eine Liste von sieben primären Emotionen identifiziert: Freude, Wut, Angst, Trauer, Überraschung, Ekel und Verachtung.
Freude
ist die positive Reaktion auf ein angenehmes Ereignis, wie zum Beispiel ein Geburtstagsgeschenk oder ein Treffen mit einem Freund.
Überraschung
ist die Reaktion auf etwas Unerwartetes oder Unvorhergesehenes.
Angst
ist die negative Reaktion auf eine drohende Gefahr oder ein unsicheres Ereignis.
Wut
ist die negative Reaktion auf eine Bedrohung oder eine Ungerechtigkeit.
Trauer
ist die negative Reaktion auf einen Verlust oder eine Enttäuschung.
Abscheu oder
Ekel
ist die negative Reaktion auf etwas, das als unangenehm oder abstoßend empfunden wird.
Verachtung
ist eine soziale Emotion, die nur anderen Menschen gegenüber empfunden werden kann. Wir strafen jemanden mit Verachtung, wenn wir den Menschen oder sein Verhalten missbilligen.
Schuldgefühl ist eine komplexe Emotion, die auftritt, wenn eine Person glaubt, etwas Falsches getan oder unterlassen zu haben, was gegen ihre eignen moralischen Werte, ethischen Grundsätze oder sozialen Normen verstößt.
Es gibt eine Vielzahl von Theorien über die Anzahl und die Art der primären Emotionen. Die Liste von Ekman kann variieren je nach dem Kontext und der Theorie. Es gibt eine Reihe von Hinweisen darauf, dass auch das Schuldgefühl zu den primären, nicht steuerbaren Emotionen gehört.
Emotionen sind komplexe Zustände, die Verhalten, körperliche und geistige Prozesse beeinflussen, und entstehen als Reaktion auf bestimmte Reize oder Ereignisse.
Sie manifestieren sich physisch und mental, zum Beispiel durch muskuläre Spannungen, Ausschüttung neuronal wirksamer Substanzen und typische Gedankenbilder.
Es gibt unterschiedliche Emotionen, wobei Freude, Überraschung, Angst, Wut, Trauer, Ekel und Verachtung als primäre Emotionen betrachtet werden, die unbewusst und automatisch auftauchen.
Emotionen entstehen durch die Aktivierung bestimmter Gehirnbereiche, insbesondere des Limbischen Systems, und beeinflussen die Ausschüttung von Hormonen und Neurotransmittern.
Antonio Damasio unterscheidet zwischen »Emotionen«, als automatischen körperlichen Reaktionen, und »Gefühlen«, als bewusster Wahrnehmung und Interpretation dieser Reaktionen.
Gefühle sind nicht nur passiv, sondern beeinflussen aktiv unser Denken und Handeln, indem sie in situativen Kontexten Bedeutung erlangen.
Emotionen und Gefühle spielen laut Damasio eine zentrale Rolle in der Entstehung des Bewusstseins und sind für ein vollständiges und funktionsfähiges Bewusstsein notwendig.
Der Psychologe Paul Ekman hat herausgefunden, dass es universale Ausdrucksformen für bestimmte Emotionen gibt, die kulturübergreifend ähnlich sind, und entwickelte das Konzept der »micro expressions«.
Ekmans Forschung betont die Bedeutung emotionaler Kompetenz,und er entwickelte das »Facial Action Coding System (FACS)« zur Analyse von Gesichtsmuskelbewegungen und Emotionserkennung.
Die primären Emotionen, wie von Ekman identifiziert, sind automatische und als universell betrachtete Reaktionen auf bestimmte Stimuli, mit charakteristischen Ausdrücken und Wirkungen auf das Verhalten.
Obwohl primäre Emotionen als unvermeidlich und unveränderlich angesehen werden, gibt es immer noch Schritte, die man unternehmen kann, um sie zu verändern. Einige dieser Schritte können sein:
Emotionale Selbstregulation: Man kann lernen, die Intensität und Dauer von Emotionen zu regulieren, indem man Atemtechniken, Entspannungsübungen oder positive Ablenkungen anwendet.
Emotionale Aufrichtigkeit: Es ist wichtig, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein über die eigenen Gefühle und sie zuzulassen, anstatt sie zu unterdrücken oder zu leugnen.
Emotionale Intelligenz: Emotionale Intelligenz beinhaltet die Fähigkeit, die eigenen und die Emotionen anderer zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren. Dies ist notwendig, um die Verhandlungsergebnisse zu verbessern und Konflikte zu vermeiden.
Problemlösung: Emotionen können uns helfen, Probleme zu identifizieren und Lösungen zu finden. Sie können Warnsignale und Belohnungen sein. Es ist meist hilfreich, die Gründe für bestimmte Emotionen zu identifizieren und dann realistische Schritte zu unternehmen, um das zugrunde liegende Problem zu lösen.
Emotionale Ausdrucksfähigkeit: Eine gesunde Art, Emotionen auszudrücken, kann helfen, sie besser zu verstehen und zu verarbeiten. Dies kann durch Schreiben, Malen, Musik machen oder durch das Sprechen mit Freunden oder Therapeuten geschehen, wenn es um private Emotionen geht. Am Verhandlungstisch aber sitzt einem die Ursache für Emotionen meist gegenüber, und es gehört in die Authentizität der Beziehung, dass diese zum Vorschein kommen und gesehen werden. Emotionen müssen ausgedrückt werden, aber in zivilisierter Form, »im Sonntagsanzug« sozusagen. Und das heißt – grob gesagt –, sie auszudrücken anstatt auszuleben ist die Herangehensweise mit den größten Erfolgsaussichten.
Kontrollierte Lockerung der Kontrolle: Dies meint die Fähigkeit, die eigenen Emotionen bewusst wahrzunehmen und zu akzeptieren, ohne sie vollständig zu unterdrücken oder zu ignorieren. Es beinhaltet auch die Fähigkeit, die eigenen Emotionen bewusst ein wenig zu zeigen und im eigenen Verhalten durchscheinen zu lassen, ohne aber sich ihnen völlig hinzugeben. Man ist insofern authentisch, als man zum Beispiel nicht so tut, als sei einem eine Provokation gleichgültig, wenn man sich darüber ärgert, was ein Verhandlungspartner gesagt hat, sondern die eigene Verärgerung durchaus erkennbar werden lässt, ohne jedoch zu übertreiben oder sich im Ärger zu verlieren.
Es ist wichtig zu sehen, dass jeder Mensch anders auf Emotionen reagieren kann und es keine »richtige« oder »falsche« Art gibt, mit ihnen umzugehen. Es kann auch ausgesprochen sinnvoll sein, einfach einmal verschie dene Techniken auszuprobieren und zu sehen, was am besten funktioniert.
Auch hier gibt es weit mehr als eine Antwort. Wenn eine Emotion entsteht, werden ganz bestimmte Bereiche und Netzwerke in unserem Gehirn aktiv, doch wie es dazu kommt, kann unterschiedliche Ursachen haben und alle können im Verhandlungskontext auftreten. Typische Ursachen sind:
automatische Bewertung,
reflektierte Bewertung,
erinnerte Emotion,
fantasierte Emotion,
beschriebenes Ereignis,
Empathie,
gelernte Reaktion,
verletzte Norm,
Simulation.
Eine automatische Bewertung ist eine schnelle und automatische Reaktion auf eine Situation oder ein Ereignis. In Verhandlungen kann eine automatische Bewertung beispielsweise entstehen, wenn ein Angebot als unfair empfunden wird oder wenn das Gegenüber eine aggressive Verhaltensweise zeigt. Diese blitzschnell und unkontrollierbar erfolgende Bewertung kann dann zu einer emotionalen Reaktion wie Wut oder Ärger führen, die die Verhandlungsergebnisse mehr oder weniger stark beeinflusst.
Reflektierte Bewertungen hingegen basieren auf einer bewussten Analyse von Fakten und Informationen. Wenn zum Beispiel ein Verhandlungspartner einen Vorschlag macht, kann eine Bewertung basierend auf vergleichbaren Angeboten und Marktbedingungen vorgenommen werden. Diese Art der Bewertung kann zu Emotionen wie Freude oder Trauer führen, die wiederum die Wahrnehmung der Situation beeinflussen.
Erinnerte Emotionen entstehen, wenn eine gegenwärtige Situation eine Erinnerung an eine vergangene Erfahrung oder Emotion auslöst. Wenn ein Verhandlungspartner einen beispielsweise an eine frühere Erfahrung erinnert, bei der man sich unwohl gefühlt hat, kann das zu Angst oder Misstrauen führen, obwohl derjenige, der einem jetzt gegenübersteht, gar nichts damit zu tun hat.
Fantasierte Emotionen