Hä? Die schönsten unübersetzbaren Wörter der Welt - Christian Koch - E-Book

Hä? Die schönsten unübersetzbaren Wörter der Welt E-Book

Christian Koch

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Beschreibung

Wussten Sie, dass es im Japanischen einen Begriff dafür gibt, ein Buch zu kaufen, es dann aber ungelesen im Regal stehenzulassen (»Tsonduko«)? Oder dass norwegische Jugendliche wegen der teuren Alkoholpreise eigentlich nur »helgefyll« sind, also wochenendbetrunken? Das Bestseller-Duo Christian Koch und Axel Krohn hat sich auf eine abenteuerliche Reise durch die menschliche Kommunikation gemacht und ist dabei auf kuriose Sprachpannen und verdrehte Übersetzungen, unübersetzbare Wörter und skurrile Sprichwörter gestoßen. Nicht selten waren sie kurz davor, sich ins Irrenhaus zu philosophieren (wofür es im Tschechischen das schöne Reflexivverb »umudrovat se« gibt). Herausgekommen ist ein kurioser Wegweiser durch den Sprachendschungel dieser Welt, der mal verblüffend, mal erhellend und vor allem das ist, wofür es in (fast) allen Sprachen der Welt ein Wort gibt: saukomisch!

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Seitenzahl: 141

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Das Buch

Age-Otori (japanisch): nach dem Friseurbesuch schlechter aussehen als vorher.

Umudovat se (tschechisch): sich selbst ins Irrenhaus philosophieren.

Tsondoku (japanisch): neue Bücher kaufen, sie dann aber ungelesen ins Regal stellen.

Sprachpannen, kuriose Redewendungen und die schönsten unübersetzbaren Wörter der Welt!

Die Autoren

Christian Koch und Axel Krohn sind auf den saftigen Wiesen Norddeutschlands groß geworden. Wenn sie nicht gerade ihren Tätigkeiten in der Werbebranche nachgehen, trifft man die beiden Kuriositätenjäger zumeist beim Durchforsten von Land und Netz auf der Suche nach den Absurditäten des Alltäglichen.

Christian Koch& Axel Krohn

HÄ?

Die schönsten unübersetzbaren Wörter der Welt... und andere Sprachkuriositäten

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Copyright © 2019 by Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München,

nach einem Entwurf von © Christian Koch

Lektorat: Doreen Fröhlich

DF • Herstellung: KW

Satz: Christian Koch

ISBN: 978-3-641-23314-3V002

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ZUM GELEIT

Es gibt Wörter, die gibt es gar nicht. Zumindest nicht im Deutschen. Wörter wie das finnische kalsarikännit, welches die interessante Beschäftigung des Sich-allein-zu-Hause-in-Unterhosen-Betrinkens beschreibt. Oder das Wort dissetato, das die Italienier verwenden, wenn sie das Gegenteil von durstig beschreiben möchten. Haben Sie jemals von dem in Lappland verwendeten Längenmaß Poronkusema gehört, welches die Entfernung beschreibt, die ein Rentier zwischen zwei Pinkelpausen zurücklegt? Das Deutsche muss an diesen Stellen passen und kann nur mit Hilfe vieler Worte umschreiben, was in anderen Sprachen mit einem einzigen Begriff zum Ausdruck gebracht wird. Das Gleiche gilt natürlich auch umgekehrt: Versuchen Sie mal, einem Griechen zu erklären, was ein Erbsenzähler ist. Oder einem Franzosen, was ein Trittbrettfahrer eigentlich den ganzen Tag so macht. Sie werden merken: Eine Erklärung dauert ein bisschen, mitunter so lange, wie es braucht, um eine Banane zu essen – eine Zeitspanne, für die es im Malaiischen das schöne Wort piszanzappra gibt.

Und so wird schnell deutlich: Ein Wort sagt mehr als tausend Wörter! Und wann immer wir auf diese einzigartigen unübersetzbaren Wörter stoßen, entstehen diese ganz besonderen Hä?-Momente, in denen sich das Geheimnis eines Wortes, einer Sprache und mitunter einer ganzen Kultur offenbart. Denn sagt es nicht etwas aus, dass es nur im Deutschen Begriffe wie Erbsenzähler, Schilderwald oder Besserwisser gibt? Könnte es also sein, dass unsere Sprache uns den Spiegel vorhält und wir Deutsche alle pedantisch-korrekte Korinthenkacker sind (noch so ein Wort, welches es in anderen Sprachen nicht gibt)? Keine Sorge: Dem ist nicht so. Oder höchstens nur ein bisschen. Die Wörter stehen vielmehr für Eigenschaften, die in Deutschland besonders ausgeprägt sind und uns offenbar so wichtig erscheinen, dass unsere Sprache hierfür im Laufe der Zeit eigene Wörter herausgebildet hat. So wie es für die in Lappland lebenden Rentierzüchter eben nahelag, ein Wort für die Distanz zwischen zwei Rentier-Pinkelpausen zu erfinden. Das Tolle ist: Kulturen sind keine verschlossenen Silos, in denen Wortschätze auf ewig eingelagert sind. Im Gegenteil: Es gibt permanente Begegnungen und Austausch, und nicht selten folgt auf einen fragenden Hä?-Blick ein freudiges Lächeln. Richtig kurios wird es, wenn bei Übersetzungen von Speisekarten oder Schildern etwas schiefgeht und verdrehte Konstruktionen mit zweifelhaftem Sinn entstehen.

Mitunter kommt es vor, dass Wörter so stark sind, dass sie jeder Übersetzung trotzen und stattdessen im Originalzustand in eine andere Sprache übernommen werden. Beispiele hierfür sind der Kindergarten, der in England Kindergarden heißt, oder die Kaffeepause, die man im Finnischen niedlich klingend Kahvipaussi nennt. Wir alle wissen, was Karma bedeutet (das Wort kommt ursprünglich aus dem Indischen) und sind derzeit dabei, Wörter wie hygge (dänisch für eine besondere Art der Gemütlichkeit), low carb oder auch Selfie begeistert in unseren Wortschatz aufnehmen. Und genau so soll es sein, denn: Wenn Sprache lebt, dann leben auch wir! Drum lasst uns alle hyggelig unser Karma schwingen, gemeinsam laut Hä? rufen und uns an den einzigartigen Wörtern unserer Sprachen erfreuen! Oder wie Goethe es sagte: „Wer fremde Sprachen nicht kennt, weiß nichts von seiner eigenen.“ Hä? Hä!

Christian Koch und Axel Krohn

INHALT

ZUM GELEIT

KAPITEL I Von Mensch zu Mensch

KAPITEL II Essen & Trinken

KAPITEL III Von Kopf bis Fuß

KAPITEL IV Sinne & Synapsen

KAPITEL V Tiere & Tierfreunde

KAPITEL VI Nützliches für unterwegs

Unübersetzbare deutsche Wörter

Make Quittengelee Great Again, Mr. Trump!

KAPITEL IVon Mensch zu Mensch

Wo hört der Mensch auf, wo beginnt die Maschine? Diese postindustrielle Sinnfrage wird in Deutschland einem Affen überlassen. In anderen Ländern trennen (oder verbinden) auch mal andere Tiere „Paulinchen2000“ von ihrem Provider.

UNÜBERSETZBARES WORT #01

Wer kennt die Situation nicht: Da hat man ein neues Schwert geschenkt bekommen und ist sich nicht sicher, ob es ordentlich funktioniert. Die praktisch veranlagten Japaner haben nicht nur die Lösung für das Problem, sondern auch gleich ein eigenes Wort hierfür:

TSUJI-GIRI.

Japanisch für: ein neues Schwert an einem Passanten ausprobieren.

UNÜBERSETZBARES WORT #02

Was macht die Sonne, wenn sie untergeht? Warum trägt Papi keine Windeln? Haben Flugzeuge eine Hupe? Kinder stellen Fragen. Ständig. Jeden Tag. Ohne Gnade. Am gnadenlosesten sind Mädchen im Alter von rund vier Jahren. Bis zu 400 Fragen täglich können dann schon einmal in Richtung der Erziehungsberechtigten abgefeuert werden, und in der Regel trifft es die Mama. Der Fragerei endet meist erst dann, wenn das Kind eingeschlafen ist und Kraft für den Quizmarathon am nächsten Tag schöpft. In Russland nennt man Kinder mit besonders ausgeprägten Günther-Jauch-Qualitäten

POCHEMUCHKA.

Wörtlich übersetzt bedeutet das Wort so viel wie „Warum?-Person“ (Pochemu Russisch für warum).

UNÜBERSETZBARES WORT #03

Es gehört zu den Phänomenen unserer Zeit, dass einige Dinge nicht das halten, was sie auf den ersten Blick versprechen. So mancher Holzwurmbefall bei Gartenmöbeln entpuppt sich beim genauen Hinsehen als ganz gewöhnliche Spechtplage! Auch im zwischenmenschlichen Bereich lohnt es, genau hinzuschauen. Welcher Mann kennt es nicht: Man geht eine Straße entlang, unweit vor einem läuft eine attraktive Frau. Die Gedanken sind vor Liebe schlagartig vernebelt, das Herz schlägt schneller, und der Schritt wird forciert, um dem zauberhaften Wesen näher zu kommen. Kurz vor dem Überholen droht ihr süßliches Parfüm einem die Sinne zu rauben, doch man bleibt stark, schließt beherzt zur Dame auf und wirft scheu einen Blick in ihre Richtung, nur um unversehens den Boden unter den Füßen weggezogen zu bekommen: Die Frau hat einen Bart, und beim zweiten Hinsehen wird klar, dass sie gar keine Frau mit zauberhaften Naturlocken ist, sondern ein Typ mit Dauerwelle.

Auch in Japan weiß man um das Phänomen von Schein und Sein und dass nicht alles, was von hinten glänzt, auch vorn vergoldet ist. Für diese Fälle gibt es das Wort:

BAKKUSHAN.

Japanisch für: eine Frau, die von hinten attraktiv aussieht, beim Anblick von vorne das Erwartete jedoch nicht halten kann.

DATING

Hilfe, mein Freund hat Blutgruppe B!

Freitagnacht in einer Szenebar in Tokio. Die Luft ist warm, die Musik läuft dezent im Hintergrund, ein junges Paar sitzt cocktailtrinkend an einem Zweiertisch, man schaut sich tief in die Augen.

Er: „Du bist wunderschön.“

Sie: zartes Kichern, dezenter Augenaufschlag

Er: „Was meinst du, wollen wir weiter, ich kenne da noch eine schöne Jazzbar nicht weit von hier.“

Sie: „Ich liebe Jazz.“

Er: „Ich auch! Ich habe eine großartige Plattensammlung zu Hause. Wenn du möchtest, zeige ich sie dir.“

Sie: „Das wäre so toll, oh ja.“

Er: „Wundervoll, wollen wir los?“

Sie: „Welche Blutgruppe hast du eigentlich?“

An dieser Stelle stockt dem westlichen Leser der Atem. Und zwar nicht weil der Dialog die Dame ein wenig eindimensional erscheinen lässt, sondern weil die Frage der hübschen Protagonistin völlig überraschend und deplatziert wirkt. Niemand würde sich wundern, wenn der Jüngling erstaunt seinen Eroberungsversuch aufgrund eines spontanen Romantikverlusts abbräche. In Japan hingegen würde die Frage nach der Blutgruppe keinerlei Irritationen hervorrufen. Der Dialog liefe in unverminderter Säuseligkeit fort, der Mann würde seine Blutgruppe nennen, die Angebetete in Sekundenschnelle einen Kompatibilitätsabgleich mit der eigenen Blutgruppe machen, und dann stünde – sofern alles zusammenpasst – einem amourösen Verlauf des weiteren Abends nichts mehr im Wege.

Die Deutung der Blutgruppe ist in Japan, Südkorea sowie Taiwan ein weit verbreiteter Brauch. Hintergrund ist die Überzeugung, dass sich hieraus Rückschlüsse auf den Charakter und die Persönlichkeit einer Person ziehen lassen. Das Phänomen lässt sich gut mit der Interpretation von Sternzeichen vergleichen, wobei die Blutgruppe in Japan einen noch wichtigeren Stellenwert einnimmt als bei uns das Sternzeichen. So kennt der Japaner nicht nur seine eigene Blutgruppe, sondern auch die seines Partners und seiner Freunde. Auch die Blutgruppen von Popstars und Sportlern sind allgemein bekannt, und selbst fiktive Charaktere in Mangas oder Computerspielen werden mit A, B, AB oder auch 0 ausgestattet, um deren Persönlichkeit besser zu beschreiben. Sogar bei Bewerbungsgesprächen wird nach der Blutgruppe gefragt! Tageszeitungen veröffentlichen täglich Horoskope für verschiedene Blutgruppen, und es gilt als allgemein anerkannt, diese als wichtige Grundlage bei der Partnerwahl abzufragen. Die südkoreanische Kinoromanze „Hilfe, mein Freund hat Blutgruppe B!“ gilt in Japan als Kult.

Auch wenn noch kein einziger ernsthafter Zusammenhang zwischen Blutgruppe und Charaktereigenschaft nachgewiesen werden konnte, sind Japaner mit den Eigenschaften der Blutgruppen bestens vertraut. Sie schließen hieraus, wer mit wem zusammenpasst. Im Umkehrschluss gibt es auch Kombinationen, die nicht so gut miteinander harmonieren. Stellt sich heraus, dass die Blutgruppen zweier Interessenten nicht passen, so ist es nicht ungewöhnlich, einen Flirt spontan abzubrechen. In Japan gibt es für diese Situation das Wort Bura Hara, was so viel bedeutet wie: „jemanden wegen der falschen Blutgruppe abblitzen lassen“. Es hat eine negative Konnotation und kann so weit gehen, dass jemand wegen seiner Blutgruppe nicht nur abgelehnt, sondern sogar beschimpft wird.

JAPANISCHE BLUTGRUPPENDEUTUNG

BLUTGRUPPE A

Gute Eigenschaften

Aufmerksam, ehrlich, kreativ, einfühlsam, sensibel, zurückhaltend, geduldig, verantwortungsbewusst

Schlechte Eigenschaften

Anspruchsvoll, überehrlich, stur, angespannt, konservativ

BLUTGRUPPE B

Gute Eigenschaften

Optimistisch, wild, flexibel, aktiv, Macher, kreativ, leidenschaftlich

Schlechte Eigenschaften

Egoistisch, wankelmutig, unverantwortlich, draufgängerisch, unversöhnlich, unberechenbar

BLUTGRUPPE AB

Gute Eigenschaften

Cool, perfektionistisch, kontrolliert, rational, gesellig, wissbegierig, liest gern, kreativ

Schlechte Eigenschaften

Materialistisch, kritisch, verletzlich, unentschlossen, vergesslich, unverantwortlich

BLUTGRUPPE 0

Gute Eigenschaften

Realistisch, angenehm, verlässlich, gesellig, optimistisch, ambitioniert

Schlechte Eigenschaften

Eitel, unhöflich, eifersüchtig

#HÄ_01

Ein Schild – drei Fragen:

1. Aldi-Nord oder Aldi-Süd?

2. Wie viele Mitglieder hat wohl eine Spanferkelgruppe?

3. Fragt man „nach Elvis“ – kommt dann der Filialleiter oder „In the Ghetto“?

UNÜBERSETZBARES WORT #04

„I’m blue da ba dee da ba daa“

Geben Sie es zu: Sie können die Melodie der Songzeile da oben auch mitsingen? Ist nicht Ihre Schuld. Leider entzieht sich unser Gehirn sämtlicher Befehlsgewalt und merkt sich auch Sachen mit zweifelhaftem Nutzen – selbst Melodien aus der Kategorie Kirmes-Techno. Auf der anderen Seite vergisst es so viel, was man besser nicht vergessen sollte: die Apple ID, Muttis Geburtstag, die Pille, wo man sein Auto nun wieder geparkt hat oder die Namen aller Wikinger aus der Serie „Wickie und die starken Männer“ (Wickie, Halvar, Ylva, Ylvi, Gilby, Tjure, Snorre, Urobe, Gorm, Ulme, Faxe, Pokka, Baltac, Olaf und der schreckliche Sven). Gerade das mangelnde Namensgedächtnis führt zu Situationen, die fast jeder kennt: Sie schlendern beispielsweise gut gelaunt durch die Gegend und erblicken unverhofft ein bekanntes Gesicht, das zu einem Arbeitskollegen gehört, der bereits von Weitem und laut Ihren Namen ruft. Sie selbst kramen aber noch in Ihrem Gehirn wie in einer unaufgeräumten Sockenschublade bei Dunkelheit: „Wie war noch der verdammte Name? Wolfgang, Werner, Waldemar? Oder doch wie einer der Wikinger? Das ist doch der Dings, der Dings aus der Buchhaltung!“ Wenn Ihnen diese Situation irgendwie bekannt vorkommt, ist das kein Grund zur Sorge, denn: Sie sind nicht allein! Viele Menschen kennen das Problem eines löchrigen Namensgedächtnisses. In Schottland gibt es für das stockende Grübeln nach dem Namen einer bekannten Person sogar ein eigenes Wort:

TO TARTLE.

UNÜBERSETZBARES WORT #05

„Ja, ich bin in einer festen Beziehung, aber wir sind nicht verheiratet, ich lebe jedoch schon seit langer Zeit mit meiner Lebenspartnerin in einer Wohnung zusammen.“ Diesen recht langen Satz können Schweden viel zeitsparender ausdrücken und zwar so: Ich bin ein

SAMBO.

Die Zeitersparnis musste so groß gewesen sein, dass „Sambo“ von der Akademie der schwedischen Sprache offiziell in den Wortschatz aufgenommen wurde. Die Silbe sam bedeutet „zusammen“, und die Endung bo steht für „Bewohner“.

SPRACHGESCHICHTE

Aua, wau-wau oder da da da?

Was war eigentlich die erste Sprache, und wie, wann und wo ist diese entstanden? Sagte irgendwann einmal ein kühner Jäger „Kommt Leute, Schluss mit dem Rumhocken – lasst uns ein paar Mammuts jagen“, und alle wussten spontan Bescheid? Oder verständigte man sich zunächst mit Grunz- und Würgelauten, wie man sie noch heute in jeder guten Männerrunde beobachten kann? Die Sprachursprungsforschung hat auf diese Fragen über die Jahrhunderte hinweg keine gesicherte Antwort, aber jede Menge kuriose Theorien gefunden:

1. Im Anfang war das Wort

Wer der Bibel glaubt, hat es einfach: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ So steht es bei Johannes geschrieben (Johannes 1, 1-4) und will sagen, dass die Sprache gottgegeben ist und beim Zusammenkneten des Menschen diesem praktischerweise gleich mit einverleibt wurde.

2. Aua-, Pfui-pfui- oder Pooh-pooh-Theorie

Im Zeitalter der Aufklärung bekamen Denker wie Étienne de Condillac und Jean-Jacques Rousseau ihre Zweifel an der bis dahin geläufigen Meinung, dass die Sprache gottgegeben sei. Sie gingen davon aus, dass instinktive Gefühlsäußerungen im Zuge von zum Beispiel Schmerz (Aua!), Freude (Yeah!), Ekel (Iiih!) oder Wut (Arggh!) den Ursprung der menschlichen Kommunikation bildeten. Noch heute sind Überbleibsel dieser Äußerungen in unseren Ausruf- und Empfindungswörtern wie au, bäh, iihh oder pfui in Gebrauch.

3. Da-Da- und Hau-Ruck-Theorie

Im Hinblick auf die Entwicklung der menschlichen Art geht die Wissenschaft heute davon aus, dass der Homo erectus vor etwa zwei Millionen Jahren von Afrika nach Südostasien auswanderte. Es ist schwer vorstellbar, dass diese weite und beschwerliche Reise ohne frühsprachliche Kommunikation bewältigt werden konnte. Man denke sich in eine Situation hinein, in der eine Gruppe Jäger auf einen großen und gefährlich dreinschauenden Büffel stößt. Ein jeder der Jäger fragt sich „Plattmachen oder wegrennen?“, und ohne einige koordinierende Gesten und Geräusche scheint es ausgeschlossen, dass am Ende ein Steak über dem Feuer brutzelt. Im Sinne der Da-Da-Theorie zeigt derjenige Jäger, der den Büffel als Erster entdeckt, wild gestikulierend in Richtung Abendbrot und macht seine Mitstreiter mit den Worten „Da da da!“ (bedeutet übersetzt in etwa: „Hey Leute, guckt mal, da steht das Vieh, lasst ihn uns umhauen und grillen") auf den Büffel aufmerksam. Und nur, wenn sich jetzt alle verstehen und gemeinsam auf den Büffel losgehen, kann das gefährliche Unterfangen gelingen. Wenn der Büffel dann erlegt ist, steht auch schon das nächste Problem im Raum: Wie soll man das tonnenschwere Urtier vor das heimische Zelt schaffen? Und hier kommt die Hau-Ruck-Theorie ins Spiel. Sie geht davon aus, dass die frühzeitlichen Menschen im Sinne der Koordination (in diesem Fall zeitgleiches Ziehen aller Jäger auf das Kommando „Ruck!“) die ersten sprachlichen Äußerungen entwickelten.

4. Wau-wau-Theorie

Diese Theorie besagt, dass die menschliche Sprache durch das Nachahmen von Tierlauten entstanden ist. Der Drang zur Lautmalerei (Onomatopoesie) ist tief im menschlichen Wesen verwurzelt. Auch heute bringen Eltern ihren Kindern das Sprechen bei, indem sie die Geräusche von Tieren oder Fahrzeugen vormachen und die Kinder motivieren, diese nachzusprechen: „Ei Cheyenne-Kiara, nun sag doch mal: Wie macht der Hund?“ Im Sinne der Kognitionswissenschaft ist es zulässig, Rückschlüsse von der Entwicklung eines Kleinkindes auf die Entwicklung der gesamten Menschheit zu finden. Der Ansatz basiert auf dem Leitsatz des Mediziners und Freidenkers Ernst Haeckel (1834–1919): „Die Ontogenese ist eine kurze Rekapitulation der Phylogenese.“ Diese so genannte biogenetische Grundregel besagt, dass die Entwicklung eines einzelnen Lebewesens (Ontogenese) eine verkürzte Wiederholung der gesamten Stammesentwicklung (Phylogenese) darstellt. Und auch wenn weder Cheyenne-Kiara noch ihre Eltern von diesem Zusammenhang etwas ahnen, so bestätigen sie diesen, wenn das kleine Mädchen die Augen ihrer Eltern mit einem niedlichen „Wau wau“ zum Leuchten bringt.

5. Chit-Chat-Theorie

Dieser Ansatz geht auf den britischen Psychologen Robin Dunbar zurück. Er sieht soziale Interaktionen als Ursprungsgrund für die Sprachentwicklung. Ab einer bestimmten Größe einer Gruppe, so die These, reicht das sich gegenseitige Flöhe ziehen zur Kommunikation nicht mehr aus, da dieses immer nur zwischen zwei Handelnden (der eine hat Flöhe, der andere pult sie ihm raus) stattfindet. Sobald es um einen komplexeren Informationsaustausch geht, hilft nur eines: ausgiebiges Tratschen. Laut Dunbar lässt sich der Übergang von der kleinen Affenhorde zur menschlichen Urgemeinschaft auf die soziale Interaktion des Klatschens und Tratschens (englisch Chit and Chat) zurückführen, da hierdurch Informationen und Wissen von einer einzelnen Person an eine größere Gruppe weitergegeben werden können.